FAIRNESS BMF-Monatsbericht - März 2021 - Bundesfinanzministerium

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BMF-Monatsbericht
März 2021

       FAIRNESS
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Monatsbericht des BMF
März 2021
FAIRNESS BMF-Monatsbericht - März 2021 - Bundesfinanzministerium
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Editorial
          Editorial                                                                      Monatsbericht des BMF
                                                                                                     März 2021

                                                            Um die gemeinsame Rückzahlung zu sichern, sollen
                                                            ab Mitte des Jahres neue Einnahmemöglichkeiten ge-
                                                            prüft und möglichst bis 2023 eingeführt werden. Am
                                                            17. März hat das Kabinett zudem ein Paket an Gesetz-
                                                            entwürfen zur Stärkung des Europäischen Stabilitäts-
                                                            mechanismus (ESM) eingebracht. Das Krisenmanage-
                                                            ment dieses dauerhaften „Euro-Rettungsschirms“
                                                            wird dadurch entscheidend verbessert und die Steu-
                                                            erzahlerinnen und Steuerzahler noch besser davor
                                                            geschützt, für Probleme im Bankensektor einsprin-
                                                            gen zu müssen. Der ESM wird zukünftig u. a. als letzte
                                                            Sicherungslinie (Common Backstop) Kredite an den
                                                            europäischen Bankenabwicklungsfonds bereitstellen
                                                            können, um Banken in Schieflage abzuwickeln – ein
Liebe Leserinnen, liebe Leser,                              entscheidender Beitrag zur Wahrung der Finanzsta-
                                                            bilität in der Eurozone. Die Rückzahlung der Kredite
die Corona-Pandemie ist eine globale Krise und kann         wird durch Abgaben der Banken sichergestellt.
daher auch nur durch internationale Kooperation
überwunden werden. Diese Überzeugung stand im               Auf nationaler Ebene hat Bundesfinanzminister Olaf
Mittelpunkt des virtuellen Treffens der G20-Finanz-         Scholz Anfang Februar einen Sieben-Punkte-Plan
ministerinnen und -minister, das Ende Februar erst-         zur Reform der Bundesanstalt für Finanzdienstleis-
mals unter italienischem Vorsitz stattfand. Die G20         tungsaufsicht (BaFin) vorgestellt. Der Fall Wirecard
betonten, dass es neben der Aufrechterhaltung der           hat offenbart, dass die Finanzaufsicht mehr Kompe-
stabilisierenden Maßnahmen nun auch darum gehen             tenzen und Eingriffsmöglichkeiten bei der Bilanz-
müsse, die wirtschaftliche Erholung mit Investitionen       prüfung braucht. Künftig soll die BaFin gestärkte
in nachhaltige Entwicklung und digitalen Fortschritt        Zugriffsrechte und mehr kompetentes Personal er-
zu unterstützen. Im Fokus standen auch die Verhand-         halten, um Bilanzen besser prüfen und Bilanzbetrug
lungen über die Besteuerung der digitalisierten Wirt-       aufdecken zu können. Mit diesen und einer Reihe
schaft, einschließlich der Einführung einer globalen        weiterer Verbesserungen, auch bei der Leitungs-
effektiven Mindestbesteuerung. Die Bundesregierung          struktur der BaFin, soll die Aufsicht schlagkräftiger,
ist zuversichtlich, dass die politische Einigung auf        straffer und wirksamer aufgestellt werden. Einige Ele-
ein konkretes Modell wie geplant bis Mitte 2021 er-         mente des Sieben-Punkte-Plans finden bereits Ein-
reicht werden kann, auch dank der positiven Signale         gang in das Ende vergangenen Jahres im Kabinett be-
der neuen US-Administration. Der Schlaglichtartikel         schlossene Finanzmarktintegritätsgesetz (FISG), mit
befasst sich ausführlich mit dem Thema Besteuerung          dem die maßgeblichen Konsequenzen aus dem Fall
der digitalisierten Wirtschaft.                             Wirecard gezogen werden sollen, u. a. durch die Be-
                                                            seitigung zentraler Schwachstellen bei der Kontrolle
Auch für die wirtschaftliche Erholung in Europa und         der Unternehmensbilanzen.
die Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion
wurden wichtige Fortschritte erzielt. Um die Krise in       Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und
ganz Europa so schnell und gut wie möglich zu über-         bleiben Sie gesund!.
winden, nimmt die Europäische Union (EU) erstmals
in großem Umfang gemeinsam Finanzmittel am
Markt auf – und wird diese auch gemeinsam zurück-
zahlen. Die Bundesregierung hat das Gesetz, das die
Zustimmung Deutschlands zu dieser Neuerung er-              Wolfgang Schmidt
möglicht, Ende Februar in den Bundestag eingebracht.        Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen

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FAIRNESS BMF-Monatsbericht - März 2021 - Bundesfinanzministerium
FAIRNESS BMF-Monatsbericht - März 2021 - Bundesfinanzministerium
Inhaltsverzeichnis

      Inhaltsverzeichnis
      Internationale Unternehmensbesteuerung________________________7
      Internationale Unternehmensbesteuerung________________________________________________________________ 8
      Im Interview: Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger___________________________________________________________ 14

      Analysen und Berichte___________________________________________19
      Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2020__________________________________________ 20
      Briefmarken – Deutschlands kleinste Kulturbotschafter__________________________________________________ 27
      Das Münz-Jahresprogramm 2021________________________________________________________________________ 35
      Neue Standorte für die Aus- und Fortbildung des Zolls___________________________________________________ 39

      Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage____________________________43
      Überblick zur aktuellen Lage_____________________________________________________________________________ 44
      Konjunkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht______________________________________________________ 45
      Steuereinnahmen im Februar 2021______________________________________________________________________ 52
      Entwicklung des Bundeshaushalts im Februar 2021______________________________________________________ 57
      Kreditaufnahme des Bundes und seiner Sondervermögen________________________________________________ 62
      Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik_____________________________________________________________ 69

      Aktuelles aus dem BMF__________________________________________75
      Termine_________________________________________________________________________________________________ 76
      Publikationen___________________________________________________________________________________________ 77

      Statistiken und Dokumentationen_______________________________79
      Übersichten zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 80
      Übersichten zur Entwicklung der Länderhaushalte_______________________________________________________ 81
      Gesamtwirtschaftliches Produktionspotenzial und Konjunktur­komponenten des Bundes________________ 81
      Kennzahlen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 82
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Schlaglicht:
Internationale
  Internationale Unternehmensbesteuerung

Unternehmens­
besteuerung
Internationale Unternehmensbesteuerung            8

Im Interview: Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger   14
FAIRNESS BMF-Monatsbericht - März 2021 - Bundesfinanzministerium
Internationale Unternehmensbesteuerung                                          BMF-Monatsbericht
                                                                                                 März 2021

Internationale Unternehmensbesteuerung

     ● Die Steuereinnahmen des Staates finanzieren unser Gemeinwesen, z. B. moderne Straßen, gute
       Schulen und ein stabiles soziales Sicherungssystem. Auch die Corona-Krise hat gezeigt, wie
       wichtig es ist, dass der Staat finanziell handlungsfähig ist. Nur so kann er auf Krisensituationen
       kraftvoll reagieren, Betroffene finanziell unterstützen und sich gegen einen drohenden Wirt-
       schaftsabschwung stemmen.

     ● Zur Finanzierung des Gemeinwesens soll jeder und jede einen angemessenen und fairen Beitrag
       leisten. Es ist unfair und gefährdet die Akzeptanz unseres Gemeinwesens, wenn einige wenige sich
       ihrem Beitrag für die Solidargemeinschaft entziehen. Das gilt für Privatpersonen wie für Unter-
       nehmen gleichermaßen. Wenn etwa international tätige Konzerne versuchen, ihre Steuerschuld
       zu verringern, indem sie Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagern, widerspricht das dem Ge-
       rechtigkeitsempfinden vieler Bürgerinnen und Bürger. Denn auf diese Weise werden Gelder auf
       Kosten der Allgemeinheit am Fiskus vorbeigeschleust – Gelder, die dem Staat zur Finanzierung
       des Gemeinwesens fehlen.

     ● Dieser aggressiven Steuergestaltung internationaler Unternehmen durch Gewinnkürzungen und
       Gewinnverlagerung gilt es entschieden entgegenzutreten. Auf der Ebene der Organisation für
       wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der G20 wurde deshalb vor knapp zehn
       Jahren ein Prozess etabliert, der diese Herausforderungen international koordiniert angeht. In
       diesem Rahmen wird aktuell auch an konkreten Modellen für die Besteuerung der digitalisierten
       Wirtschaft und an einer globalen effektiven Mindestbesteuerung gearbeitet. Dies sind zwei ganz
       wesentliche Vorhaben im Kampf gegen internationale Steuervermeidung. Dieser Schlaglichtarti-
       kel soll einen knappen Überblick über dieses politisch bedeutende Vorhaben geben.

   Für eine gerechte                                      Problem darstellt, kann es nur international ge-
   internationale Besteuerung                             meinsam angegangen werden.
   grenzüberschreitend tätiger
                                                          Der Bundesregierung ist deshalb ein multinatio-
   Unternehmen                                            nales Vorgehen sehr wichtig. Einseitig umgesetzte
                                                          Maßnahmen führen zu einer Zersplitterung der
Es ist ein weltweites Problem, wenn Unternehmen           internationalen Steuerlandschaft. Dies kann nie-
ihre Steuerzahlungen durch unerwünschte Strate-           mand wollen. Denn eine Fragmentierung des in-
gien zur Steuervermeidung minimieren. Sie rech-           ternationalen Steuerrechts bringt nicht nur höhere
nen ihre Gewinne herunter oder verschieben große          bürokratische Belastungen für die Unternehmen,
Teile der Gewinne an Tochterunternehmen in Staa-          sondern schafft wiederum fast zwangsläufig wei-
ten und Gebiete mit niedrigen Steuersätzen. Teil-         tere Steuerschlupflöcher. Zudem können unein-
weise führen solche aggressiven Steuergestaltun-          heitliche Lösungen rasch zu einem schädlichen
gen so weit, dass große Konzerne in den Sitzstaaten       Steuerwettbewerb führen, in dem Staaten und Ge-
ihres Mutterunterunternehmens keine oder nur              biete mit niedrigen Steuersätzen um die sehr mobi-
minimale Steuern zahlen, obwohl die Unterneh-             len steuerpflichtigen Gewinne konkurrieren.
men höchst profitabel sind. Da dies ein globales

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Internationale Unternehmensbesteuerung                                           BMF-Monatsbericht
          Internationale Unternehmensbesteuerung                                                  März 2021

Um Steuervermeidung international bekämpfen                  Steuerverwaltungen ausgetauscht. Die Eu-
zu können, haben sich 2012 alle Staaten der Orga-            ropäische Kommission hat Anfang 2016 vor-
nisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und              geschlagen, diese Berichte innerhalb Euro-
Entwicklung (OECD) und der G20 sowie außer-                  pas auch der Öffentlichkeit zugänglich zu
dem eine Reihe von Entwicklungs- und Schwellen-              machen. Das BMF unterstützt diesen Vor-

                                                                                                               Schlaglicht
länder dem BEPS-Projekt (Base Erosion and Profit             schlag. Wegen einer fehlenden Einigung im
Shifting) angeschlossen. Dieses entwickelt Antwor-           Ressortkreis hat sich die Bundesregierung in
ten auf Steuervermeidung durch Gewinnverkür-                 dieser Frage bislang zwar enthalten. Die nö-
zung und Gewinnverlagerung. 15 konkrete Akti-                tige Mehrheit der EU-Staaten hat sich am
onspunkte wurden in dem Projekt erarbeitet und               25. Februar 2021 aber für ein öffentliches
zum großen Teil schon umgesetzt. So wurden z. B.             Country-by-Country Reporting ausgespro-
Regeln für einen besseren internationalen Infor-             chen; nun beginnen die Beratungen mit dem
mationsaustausch zu Gewinnverlagerungen einge-               Europäischen Parlament und der Europä­
führt sowie die Zusammenarbeit nationaler Steu-              ischen Kommission, um dieses Gesetzesvor-
erbehörden deutlich verbessert. Ein konkretes                haben zu einem Abschluss zu bringen.
Instrument ist der zwischenstaatliche Informati-
onsaustausch über die sogenannten länderbezo-
genen Berichte (Country-by-Country Reports). Das         Überwacht wird die Umsetzung der BEPS-Empfeh-
Country-by-Country Reporting liefert den Finanz-         lungen durch das „Inclusive Framework on BEPS“,
behörden wichtige Informationen hinsichtlich der         dem sich mittlerweile 139 Staaten angeschlossen
grenzüberschreitenden Konzernstruktur und Ge-            haben, darunter zahlreiche Schwellen- und Ent-
schäftstätigkeiten der Unternehmen. Darüber hi-          wicklungsländer, die gleichberechtigt mitarbeiten.
naus wurden beispielsweise Regelungen erarbeitet,        Die Bundesrepublik Deutschland ist aktives Mit-
mit denen Gewinnkürzungen begrenzt und unge-             glied des Inclusive Framework und führt derzeit
rechtfertigte Zinsabzüge beendet wurden. Auch das        den Vorsitz dieses Gremiums.1
Problem der sogenannten doppelten Nichtbesteu-
erung und die Hinzurechnungsbesteuerung wur-          Die Ergebnisse des BEPS-Projekts sind ein echter
den wirksam angegangen.                               Meilenstein der internationalen Steuerpolitik. Mit
                                                      der Umsetzung der vereinbarten Aktionspunkte in
                                                      den einzelnen Staaten entstehen neue Standards
    Country-by-Country Reporting                      und konkrete Regeln, die Lücken in der interna-
    Inländische Unternehmen, deren im Kon-            tionalen Besteuerung und Schlupflöcher für Un-
    zernabschluss ausgewiesene konsolidier-           ternehmen schließen. Gleichwohl hat sich gezeigt,
    te Umsatzerlöse im vorangegangenen Wirt-          dass bestimmte BEPS-Probleme noch nicht gelöst
    schaftsjahr mindestens 750 Mio. Euro              sind, sodass es immer noch Spielräume für aggres-
    betragen haben und mindestens ein auslän-         sive Steuergestaltungen gibt.
    disches Unternehmen oder eine ausländi-
    sche Betriebsstätte umfassen, sind verpflich-
    tet, bestimmte Unternehmenskennziffern
                                                      1    Nähere Informationen zu den Details
    in einem Bericht zusammenzufassen. Die-                des BEPS-Projekts finden sich unter
    se Berichte werden seit 2017 zwischen den              http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20210301

                                                     9
Internationale Unternehmensbesteuerung                                         BMF-Monatsbericht
          Internationale Unternehmensbesteuerung                                                März 2021

   Besteuerung der digitalisierten                     von digitalisierten Geschäftsmodellen ist, dass das
   Wirtschaft und globale                              Unternehmen in diesem Staat eine erhebliche wirt-
   Mindestbesteuerung                                  schaftliche Tätigkeit entfalten kann, auch wenn
                                                       keine oder nur eine geringfügige physische Präsenz
Deshalb befindet sich derzeit ein weiteres Projekt     in einem Staat vorhanden ist. Unternehmen kön-
aus dem BEPS-Prozess im Fokus der internationa-        nen so auch in einem anderen Staat tätig werden
len Steuerpolitik. OECD- und G20-Staaten wollen        und dort teilweise hohe Profite erzielen.
bis Mitte 2021 Lösungen für zwei elementare Fra-
gen erarbeiten:                                        Da es sich bei der Verteilung von Besteuerungs-
                                                       rechten um ein komplexes Problem von weltwei-
1. wie kann eine zeitgemäße Antwort auf die            ter Bedeutung handelt, erfordert es eine globale
zunehmende Digitalisierung der Geschäftsmodelle        Lösung, auf die sich alle Staaten einigen können.
gefunden werden und                                    Entwickelte jeder Staat eine eigene Strategie zur
                                                       Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft, ent-
2. wie lassen sich die verbliebenen BEPS-Risiken       stünde ein Nebeneinander von unterschiedlichen
nachhaltig und grundlegend adressieren, um mehr        steuerlichen Maßnahmen mit unterschiedlichen
Steuergerechtigkeit in der Welt herzustellen?          Anwendungsbereichen. Neben der steigenden bü-
                                                       rokratischen Belastung für Unternehmen und po-
Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, hat        tenziellen neuen Besteuerungslücken wäre dies auf
die OECD das sogenannte Zwei-Säulen-Projekt            europäischer Ebene kontraproduktiv für die Stär-
ins Leben gerufen. Säule 1 betrifft die Neuvertei-     kung des EU-Binnenmarkts.
lung der zwischenstaatlichen Besteuerungsrechte.
Säule 2 umfasst den deutsch-französischen Vor-            Säule 2: Einführung einer globalen effektiven
schlag für eine globale effektive Mindestbesteue-         Mindestbesteuerung
rung. Durch das Zusammenwirken dieser beiden
Säulen soll die Besteuerung international agieren-     Mit der Säule 2 soll ein weiterer Meilenstein der inter-
der Konzerne fairer gestaltet werden, indem aus        nationalen Steuerkooperation erreicht werden: eine
steuerrechtlicher Sicht gleiche Wettbewerbsbedin-      gemeinsame Festlegung auf eine weltweit geltende
gungen für alle Unternehmen hergestellt werden         funktionierende Mindestbesteuerung von multi-
und der durch Verlagerung von Gewinnen getrie-         national operierenden Unternehmen. Deutschland
benen Steuerflucht ein Riegel vorgeschoben wird.       und Frankreich haben im Jahr 2018 diese Initiative
                                                       einer globalen effektiven Mindestbesteuerung in die
   Säule 1: Besteuerung der digitalisierten            internationale Diskussion eingebracht. Damit sol-
   Wirtschaft                                          len etwaige Lücken in der internationalen Besteue-
                                                       rung von Unternehmen geschlossen werden. Denn
Digitale Geschäftsmodelle erfordern eine Neuaus-       auch wenn alle auf OECD-Ebene vereinbarten Re-
richtung der internationalen Besteuerung. Bis-         geln umgesetzt sind und wenn sich alle Staaten und
lang gilt der Grundsatz, dass die Gewinnbesteue-       Gebiete an die neuen Regeln halten, bleiben Risi-
rung nur in den Staaten erfolgen kann, in denen        ken der Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerun-
das Unternehmen eine physische Präsenz hat. Im         gen bestehen. Trotz des beschriebenen Erfolgs des
20. Jahrhundert war dieses Vorgehen auch sachge-       BEPS-Prozesses verbleiben noch steuerliche Gestal-
recht: Unternehmen mussten, um in einem Staat          tungsspielräume, die zu unfairem Steuerwettbewerb
ihre Produkte oder Dienstleistungen zu vermark-        und aggressiven Steuergestaltungen führen können.
ten, in der Regel über ein Mindestmaß an physi-        Eine effektive Mindestbesteuerung würde die Mög-
scher Präsenz verfügen. Diese etablierten Besteue-     lichkeiten der unerwünschten Steuervermeidung
rungsprinzipien werden durch die Digitalisierung       internationaler Unternehmen grundlegend und
vermehrt infrage gestellt. Denn Wesensmerkmal          dauerhaft adressieren.

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Internationale Unternehmensbesteuerung                                         BMF-Monatsbericht
           Internationale Unternehmensbesteuerung                                                März 2021

Die zugrundeliegende Idee ist einfach: Die Gewinn-           Beispiel: Die A-GmbH zahlt für die Überlas-
verlagerung in Staaten und Gebiete mit niedrigen             sung eines Patents eine Lizenzgebühr an die
Steuersätzen darf sich nicht mehr „lohnen“. Kon-             B-Ltd., eine in einem anderen Staat gelegene
kret bedeutet das: Wird ein Gewinn einer Tochter-            Gesellschaft, die zum selben Konzern gehört.
gesellschaft im Ausland unterhalb eines bestimm-             Die Lizenzgebühr wird auf Ebene der B-Ltd.

                                                                                                                 Schlaglicht
ten Mindeststeuersatzes besteuert, darf der Staat, in        nicht besteuert. Die Neureglung führt dazu,
dem die Muttergesellschaft ihren Sitz hat, die Dif-          dass die Betriebsausgaben im Zusammen-
ferenz zwischen dem niedrigen Steuersatz im Aus-             hang mit der Lizenzgebühr auf Ebene der
land und dem global vereinbarten Mindeststeuer-              A-GmbH vollumfänglich nicht mehr steuer-
satz nachversteuern.                                         lich abziehbar sind.

   Beispiel: Die in Staat A ansässige Mutter-                Aktueller Stand der Umsetzung
   gesellschaft des A-Konzerns hat eine Toch-
   tergesellschaft in Staat B, welcher Unter-             Bereits im Herbst 2020 hatte die OECD die soge-
   nehmensgewinne nur mit einem effektiven                nannten Blaupausen („Blueprints“) vorgelegt, die
   Steuersatz in Höhe von 5 Prozent belastet.             eine umfassende Darstellung der Ausgestaltungs-
   Der globale effektive Mindeststeuersatz liegt          möglichkeiten für beide Säulen enthalten und auf
   annahmegemäß bei 15 Prozent. Durch die                 deren Grundlage nun an einer Einigung gearbeitet
   Neuregelung im Rahmen von Säule 2 würde                wird. Beim virtuellen Treffen am 14. Oktober 2020
   der niedrigbesteuerte Gewinn der Toch-                 haben die G20-Finanzministerinnen und -minister
   tergesellschaft auf Ebene der Muttergesell-            diese Eckpunkte gebilligt. Dem schloss sich ein öf-
   schaft in Staat A in Höhe von 10 Prozent-              fentlicher Konsultationsprozess an. Bei der OECD
   punkten nachversteuert werden.                         bestand für die Fachöffentlichkeit die Gelegenheit
                                                          zur Stellungnahme bis zum 14. Dezember 2020.
                                                          Am 14. und 15. Januar 2021 fand außerdem eine öf-
Darüber hinaus sollen Zahlungen nicht oder nur            fentliche Anhörung statt. Insgesamt bestand gro-
anteilig als Betriebsausgaben abziehbar sein, wenn        ßes öffentliches Interesse an der Konsultation und
die entsprechenden Erträge im Empfängerstaat ei-          es wurden über 200 schriftliche Beiträge mit einem
ner Besteuerung unterhalb des vereinbarten Min-           Umfang von insgesamt mehr als 3.500 Seiten ein-
deststeuerniveaus unterliegen. Dadurch wird ei-           gereicht. Die öffentliche Anhörung konzentrierte
nerseits die steuermotivierte Gewinnverlagerung           sich auf die Schlüsselfragen, die in den schriftli-
weniger attraktiv und andererseits wird das Steuer-       chen Eingaben aufgeworfen worden waren. Bis
aufkommen in den Quellenstaaten gesichert. Dies           spätestens Mitte 2021 wollen sich die 139 Staa-
gilt insbesondere für Zins- und Lizenzzahlungen an        ten und Gebiete, die dem Inclusive Framework on
verbundene Unternehmen.                                   BEPS angehören, auf einen globalen Lösungsvor-
                                                          schlag einigen.

                                                          Am Rande der jüngsten Sitzung des Inclusive
                                                          Framework on BEPS am 27. und 28. Januar 2021
                                                          fand eine vielbeachtete Panel-Diskussion statt, an
                                                          der auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz teil-
                                                          nahm. Er machte dabei erneut deutlich, wie wichtig
                                                          eine internationale Einigung bis Mitte dieses Jah-
                                                          res ist, und appellierte an die Kompromissbereit-
                                                          schaft aller Beteiligten. Die Bundesregierung strebt
                                                          mit Nachdruck eine internationale Lösung an. Und

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Internationale Unternehmensbesteuerung                                      BMF-Monatsbericht
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diese kann nur zum Erfolg führen, wenn zu beiden        nationaler Ebene zahlreiche Maßnahmen vorange-
Säulen konkrete Ergebnisse erzielt werden. Diesem       bracht, mit denen für mehr Steuergerechtigkeit ge-
Ziel ist die internationale Gemeinschaft kürzlich       sorgt wird:
ein großes Stück nähergekommen. Die Finanzmi-
nisterinnen und -minister der G20-Staaten haben         ● Beim Onlinehandel wird Umsatzsteuerbetrug
bei ihrem virtuellen Treffen am 26. Februar 2021          nun wirksam bekämpft. Für Unternehmen au-
die Notwendigkeit einer internationalen Einigung          ßerhalb der EU wurde 2019 beim Handel auf
bis Mitte 2021 betont. Zusätzliche Dynamik ent-           elektronischen Plattformen der Umgehung der
steht durch die Übereinkunft der G20-Staaten, dass        Umsatzsteuer ein Riegel vorgeschoben. Seit Ja-
die Überlegung, die neuen Regelungen bei Säule 1          nuar 2019 sind alle Betreiber elektronischer
optional auszugestalten, nicht länger verfolgt wer-       Marktplätze verpflichtet, bestimmte Daten der
den soll. Dieser Ansatz hätte eine globale Konsens-       Verkäufer zu erfassen, um eine Prüfung der
findung bis Mitte 2021 erschwert; in den kommen-          Steuerbehörden zu ermöglichen. Außerdem
den Wochen sollen die internationalen Arbeiten            können Betreiber für nicht entrichtete Umsatz-
nun engagiert fortgesetzt werden, um die verblie-         steuer aus dem Handel über ihre Plattform in
benen offenen Punkte zügig zu lösen.                      Haftung genommen werden. Damit wird nicht
                                                          nur die Steuergerechtigkeit in Deutschland ge-
   Umsetzung auf europäischer Ebene                       stärkt, sondern die Regeln schützen auch ehr-
                                                          liche Unternehmen vor Wettbewerbsverzer-
Nach der internationalen Einigung Mitte 2021 sol-         rungen. Diese gesetzlichen Regelungen werden
len die Ergebnisse des OECD-Prozesses in der Euro-        aufgrund der nationalen Umsetzung des so-
päischen Union (EU) umgesetzt werden.                     genannten Mehrwertsteuer-Digitalpakets mit
                                                          Wirkung zum 1. Juli 2021 modifiziert. Die bis-
Auf dem Weg dahin konnten unter deutscher                 herigen Grundsätze, dass Betreiber Daten der
EU-Ratspräsidentschaft im vergangenen Jahr                Verkäufer zu erfassen haben und unter be-
wichtige Fortschritte erzielt werden. So ist es ge-       stimmten Voraussetzungen in Haftung ge-
lungen, auf EU-Ebene umfassende Ratsschlussfol-           nommen werden können, haben jedoch wei-
gerungen für die Architektur einer fairen und ef-         terhin Bestand.
fektiven Besteuerung zu verabschieden, u. a. auch
zur internationalen Besteuerung. Die EU-Mitglied-       ● Seit dem 1. Juli 2020 gilt eine Mitteilungs-
staaten bekräftigen darin ihre Unterstützung des          pflicht für grenzüberschreitende Steu-
internationalen Prozesses und erklären sich grund-        ergestaltungsmodelle. Damit sind u. a.
sätzlich zur anschließenden Umsetzung der Ergeb-          Kreditinstitute, Steuerberatungsbüros, Rechts-
nisse in der EU bereit. Die Finanzministerinnen           anwaltsbüros sowie Wirtschaftsprüferinnen
und -minister der Europäischen Union haben dies           und Wirtschaftsprüfer dazu verpflichtet, Steu-
am 16. März 2021 noch einmal bekräftigt. Auch die         ergestaltungsmodelle an das Bundeszentralamt
Staats- und Regierungschefs und -chefinnen wer-           für Steuern (BZSt) zu melden. Die eingehenden
den beim Europäischen Rat am 25. März 2021 den            Mitteilungen werden automatisch mit den an-
aktuellen Stand bewerten.                                 deren EU-Mitgliedstaaten ausgetauscht. Mittei-
                                                          lungspflichtig sind dabei insbesondere Gestal-
                                                          tungsmodelle, welche hauptsächlich deshalb
   Weitere Maßnahmen der                                  gewählt wurden, um Steuern zu sparen. Nur
   Bundesregierung für mehr                               bei schneller Kenntnis von Umgehungsmög-
   Steuergerechtigkeit                                    lichkeiten kann der Gesetzgeber reagieren, um
                                                          Steuerausfälle zu verhindern.
Neben diesen Bemühungen auf europäischer und
internationaler Ebene hat die Bundesregierung auf

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Internationale Unternehmensbesteuerung                                    BMF-Monatsbericht
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● Die Einrichtung einer neuen Sondereinheit           ● Die Bundesregierung geht künftig noch
  zur Bekämpfung von kapitalmarktbezogenen              stärker gegen Steueroasen vor. Das BMF hat
  Steuergestaltungen beim BZSt wurde zügig              deshalb am 15. Februar 2021 die Ressortab-
  umgesetzt. Die Sondereinheit hat ihre Tätigkeit       stimmung zum Entwurf des Steueroasen-Ab-
  bereits zum 1. März 2020 aufgenommen. Sie             wehrgesetzes eingeleitet. Personen und Un-

                                                                                                           Schlaglicht
  übernimmt nun eine koordinierende und un-             ternehmen sollen durch gezielte Maßnahmen
  terstützende Funktion bei der Aufklärung be-          davon abgehalten werden, Geschäftsbezie-
  kannter Steuergestaltungen am Kapitalmarkt            hungen zu nicht kooperativen Staaten und
  sowie eine koordinierende Funktion bei der            Steuergebieten (Steueroasen) fortzusetzen oder
  Prävention von kapitalmarktbezogenen Steu-            neu aufzunehmen. So sollen künftig Betriebs­
  ergestaltungen. Hierzu gehören auch mögliche          ausgaben und Werbungskosten, die in Zusam-
  Gestaltungen mit Investmentfonds.                     menhang mit Steueroasen stehen, nicht mehr
                                                        steuerlich geltend gemacht werden dürfen.
● Der Kampf gegen illegale Beschäftigung und            Auch für Einkünfte von Zwischengesell-
  Sozialleistungsbetrug wurde gestärkt. Es ist          schaften in Steueroasen sollen schärfere Regeln
  ein zentrales Anliegen der Bundesregierung, il-       gelten und Steuerpflichtige, die Geschäftsbezie-
  legale Beschäftigung, Schwarzarbeit und Sozi-         hungen mit Bezug zu Steueroasen unterhalten,
  alleistungsbetrug wirksam einzudämmen und             müssen künftig strengere Auskunftspflichten
  die Einhaltung der zwingenden Mindestar-              gegenüber dem Finanzamt erfüllen.
  beitsbedingungen zu sichern. Mit dem Ge-
  setz gegen illegale Beschäftigung und Sozial-       ● Anti-Steuervermeidungsrichtlinie. Mit der
  leistungsmissbrauch vom 11. Juli 2019 werden          Anti-Tax-Avoidance-Directive (ATAD) werden
  Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor                wichtige BEPS-Empfehlungen in der EU um-
  Ausbeutung und Bezahlung unterhalb des                gesetzt. Die Mitgliedstaaten der Europäischen
  Mindestlohns geschützt sowie der Staat vor            Union haben sich auf schärfere Regelungen
  hinterzogenen Steuern und Sozialleistungsbe-          gegen aggressive Steuergestaltungen und Ge-
  trug. Dafür wurde der Zoll massiv gestärkt und        winnverlagerungen von multinationalen Un-
  gleichzeitig seine Arbeit erleichtert. Konkret        ternehmen verständigt. Die Umsetzung der
  wurde die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS)         ATAD ist mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz
  der Zollverwaltung durch erweiterte Befug-            vorgesehen. Der Gesetzentwurf enthält u. a.
  nisse und mehr Personal deutlich gestärkt. So         Änderungen bei der Hinzurechnungsbesteu-
  kann die FKS nunmehr bereits bei der Anbah-           erung von niedrigbesteuerten Einkünften,
  nung von Schwarzarbeit auf sogenannten Tage-          den steuerlichen Konsequenzen der Verlage-
  löhnerbörsen, auf Onlinedienstleistungsplatt-         rung von Betriebsvermögen ins Ausland (so-
  formen oder in Fällen tätig werden, in denen          genannte Entstrickungsregeln) sowie der Be-
  ein Arbeitsverhältnis oder eine selbstständige        steuerung bestimmter gestaltungsanfälliger
  Beschäftigung nur vorgetäuscht wird. Die FKS          Finanzierungs- oder Gesellschaftskonstrukti-
  hat außerdem die notwendigen Kompetenzen              onen. Damit werden Gestaltungsinstrumente
  erhalten, um gegen ausbeuterische Arbeitsbe-          multinationaler Unternehmen eingeschränkt
  dingungen (insbesondere Menschenhandel,               und das Unternehmensteuerrecht in der EU
  Zwangsarbeit und Ausbeutung der Arbeitskraft)         wird weiter harmonisiert.
  vorgehen zu können. Darüber hinaus wurden
  auch Maßnahmen für die bessere Vernetzung
  der beteiligten Behörden und Regelungen zur
  Vermeidung der unangemessenen Inanspruch-
  nahme von Kindergeld geschaffen.

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  Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger (Archivbild)
  © Bundesministerium der Finanzen/photothek

Im Interview: Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger
   Die Digitalisierung hat viele                        In meinem Arbeitsalltag wird der digitale Wandel
   Lebensbereiche rasant ver-                           besonders deutlich. Videokonferenzen sind bei in-
   ändert. In welchen Bereichen                         ternen Gesprächen, Veranstaltungen, Gesprächen
                                                        mit Regierungen anderer Staaten oder Verhand-
   spüren Sie dies auch privat                          lungen auf OECD- und EU-Ebene mittlerweile
   ganz besonders deutlich? Wo                          Standard. Natürlich bietet das nicht immer einen
   fällt es Ihnen im Arbeitsleben                       gleichwertigen Ersatz zu den persönlichen Kontak-
   besonders auf?                                       ten während einer kurzen Sitzungspause oder dem
                                                        Smalltalk bei einem Kaffee. Aber: Zahlreiche Flug­
Die COVID-19-Krise hat die Digitalisierung im-          reisen entfallen. Das spart Zeit und Reisekosten.
mens beschleunigt. Sie ist zu einem Katalysator der     Und es ist ein Beitrag zur Schonung der Umwelt.
digitalen Gesellschaft geworden. Dadurch hat sie
den Wandel in der Wirtschaft, in der Bildung und        Allerdings freue auch ich mich schon darauf, wenn
natürlich auch im Privatleben beschleunigt: On-         ich meine Eltern und meinen Freundeskreis wie-
lineshopping, Click and Collect, digitales Bezahlen,    der unbeschwert persönlich treffen kann. Das fehlt.
das Smartphone als alltäglicher Begleiter bis hin       Videokonferenzen können nur ein besserer Ersatz
zum digitalen Planen von Arztbesuchen.                  sein.

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Internationale Unternehmensbesteuerung                                             BMF-Monatsbericht
           Im Interview: Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger                                            März 2021

   Es gibt nicht die „digitale                                Dabei lässt man bei einer Vielzahl digitalisierter
   Wirtschaft“, sondern die                                   Geschäftsmodelle außer Acht, dass die Wertschöp-
   Digitalisierung durchdringt alle                           fung in erster Linie unter Mitwirkung der Nutze-
                                                              rinnen und Nutzer und deren Interaktion unter-
   Branchen, alle Wirtschafts­                                einander entsteht. Wir stehen bei der Besteuerung

                                                                                                                     Schlaglicht
   bereiche. Ganz neue Geschäfts­                             der digitalisierten Wirtschaft vor der Herausforde-
   modelle sind entstanden, etwa                              rung, die Verteilung der Besteuerungsrechte so an-
   soziale Netzwerke, die sich                                zupassen, dass Unternehmen mit digitalisierten
                                                              Geschäftsmodellen nicht nur in ihrem Ansässig-
   aus Werbeeinnahmen und                                     keits-, sondern auch in ihren Marktstaaten ihren
   Datenverkäufen finanzieren.                                fairen Beitrag leisten und damit an der Finanzie-
   Welche steuerlichen                                        rung staatlicher Leistungen mitwirken.
   Herausforderungen sind aus
                                                              Es gibt noch einen weiteren Aspekt: Ein Merkmal
   Ihrer Sicht daraus erwachsen?                              digitalisierter Geschäftsmodelle ist, dass immate-
                                                              rielle Werte häufig zu den wichtigsten Werttrei-
Die Pandemie hat eines deutlich gezeigt: Unter-               bern zählen. Der Erfolg einer Onlinesuchmaschine
nehmen, die Prozesse aktiv und systematisch di-               hängt zum Beispiel stark davon ab, wie leistungsfä-
gitalisieren oder sogar auf ein rein digitales Ge-            hig der zugrundeliegende Algorithmus ist. Bei sol-
schäftsfeld setzen, kommen deutlich besser durch              chen IP-basierten Geschäftsmodellen ist es leichter,
diese schwierige Zeit. Wir müssen uns nur an-                 gezielte Steuerplanung zu betreiben. Immaterielle
schauen, welche Gewinne digitale Unternehmen                  Werte sind weltweit mobil. Sie lassen sich einfa-
wie Amazon, Microsoft oder Apple im vergangenen               cher in andere niedrig besteuernde Staaten trans-
Jahr erwirtschaftet haben. Das sind Rekordergeb-              ferieren. Bei einem Maschinenpark geht das nicht.
nisse. Und hier sind wir gleich bei der Herausforde-          Wir wollen aber, dass digitale Unternehmen einen
rung für die Steuerpolitik: Wie besteuere ich wo die          angemessenen, fairen Beitrag in Form von Steuern
Gewinne dieser Unternehmen? Bisher war das ein-               leisten.
fach. Besteuert wird dort, wo produziert wird. Der
Ort der Wertschöpfung und der Ort der Produktion              Deswegen hat der Minister den Vorschlag einer
fallen hier zusammen.                                         globalen Mindestbesteuerung eingebracht. Die
                                                              globale Mindestbesteuerung soll einer aggressi-
Durch die zunehmende Digitalisierung haben sich               ven Verlagerung von Gewinnen multinationaler
aber nicht nur bestehende Geschäftsmodelle ver-               Unternehmen die Grundlage entziehen. Die glo-
ändert. Es sind auch zahlreiche Geschäftsfelder völ-          bale Mindestbesteuerung soll grundsätzlich für die
lig neu entstanden. Wesensmerkmal von digitali-               gesamte digitale Wirtschaft gelten, nicht nur für
sierten Geschäftsmodellen ist, dass Unternehmen               große IT-Konzerne.
in dem Land, in dem sich die wirtschaftliche Tä-
tigkeit entfaltet, häufig nicht oder nur geringfügig
präsent sind. Sie zahlen daher wenig bis keine Steu-
ern, nutzen aber Infrastrukturen oder andere Leis-
tungen, die der Staat kostenlos zur Verfügung stellt.
Eine bloße „Onlinepräsenz“ löst aber kein Besteue-
rungsrecht in dem betreffenden Staat (Marktstaat)
aus.

                                                            15
Internationale Unternehmensbesteuerung                                                    BMF-Monatsbericht
          Im Interview: Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger                                                   März 2021

   Daher arbeiten Sie derzeit                                    Können Sie uns einen kleinen
   zusammen mit Ihren Kollegen                                   Einblick geben, wie wir uns
   und Kolleginnen aus den                                       die Verhandlungen auf OECD-
   OECD-Mitgliedstaaten                                          Ebene vorstellen dürfen? Ist
   intensiv an einem Projekt zur                                 Ihnen eine besonders knifflige
   Besteuerung der digitalisierten                               Situation im Gedächtnis
   Wirtschaft. Warum ist es                                      geblieben, die Sie gerne mit
   aus Ihrer Sicht so wichtig,                                   uns teilen möchten?
   dass hier ein Konsens auf
   internationaler Ebene                                     Bei dem Zwei-Säulen-Projekt ist Transparenz eine
   gefunden wird?                                            der wesentlichen Voraussetzungen für eine globale
                                                             Lösung. Da es sich um eine grundlegende weltweite
Wie gesagt: Die zunehmende Digitalisierung stellt            Reform handelt, müssen wir Wirtschaft, Wissen-
die bestehende Steuerrechtsordnung in einer glo-             schaft und Zivilgesellschaft einbinden. Daher hat
balisierten Wirtschaft vor große Herausforderun-             die OECD im Oktober 2020 den Stand ihrer Arbei-
gen. Daher brauchen wir globale Lösungen. Natio-             ten bekanntgemacht und die sogenannten Blau-
nale Lösungen führen nicht weiter.                           pausen (Blueprints) zu beiden Säulen vorgelegt,
                                                             welche die wesentlichen Elemente der neuen Re-
Deshalb arbeitet die Organisation für wirtschaftli-          gelungskonzepte enthalten.
che Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisa-
tion for Economic Co-operation and Development,              Am 14. und 15. Januar 2021 fand dazu eine öffent-
OECD) im Auftrag der G20 an einer umfassenden                liche Anhörung statt. Das Interesse an der öffentli-
Lösung, bei der 139 Staaten gleichberechtigt mit-            chen Konsultation war groß: 200 schriftliche Bei-
wirken. Wir sind uns einig: Wir müssen uns auf ein-          träge auf mehr als 3.500 Seiten. Außerdem tagte das
heitliche steuerliche Regelungen verständigen, die           Inclusive Framework on BEPS am 27. und 28. Ja-
für alle Staaten eine faire Lösung darstellen.               nuar 2021 erstmalig weitgehend öffentlich (virtu-
                                                             ell), um den Prozess sichtbarer und transparenter
Das Projekt selber umfasst zwei Bereiche, die wir            zu machen.
als sogenanntes Zwei-Säulen-Projekt bezeich-
nen. Säule 1 betrifft die Neuverteilung der zwi-             Die Verhandlungen auf technischer Ebene werden
schenstaatlichen Besteuerungsrechte. Hier geht es            im Inclusive Framework on BEPS1 durchgeführt.
um die Entwicklung einer gemeinsamen Bemes-                  Vorschläge werden dann in großer Runde disku-
sungsgrundlage der globalen Mindestbesteuerung.              tiert. Die politische Haltung der Staaten zu techni-
Säule 2 umfasst den deutsch-französischen Vor-               schen Ausgestaltungselementen wird zunächst in-
schlag für eine globale effektive Mindestbesteue-            tern evaluiert, bevor die Position gegenüber den
rung. Sie baut auf Säule 1 auf: ohne Bemessungs-             anderen Staaten vorgebracht wird. Kompromisse
grundlage keine Besteuerung. Aus unserer Sicht ist           werden dann ausgelotet. Deutschland hat hier den
daher ein Konsens zur Säule 1 zwingend notwen-               Vorsitz. Der Prozess wird von Martin Kreienbaum
dig. Anderenfalls wäre mit einer Zunahme nicht               moderiert und vorangetrieben. Er und sein Team
abgestimmter nationaler Maßnahmen zu rechnen.                haben hier bisher einen exzellenten Job gemacht.
Diese würden zu mehr Rechtsunsicherheit führen
und neue steuerliche Gestaltungsspielräume eröff-
nen. Handelskonflikte zwischen Staaten wären die
Folge. Aber genau das wollen wir mit einer globalen          1   Base Erosion and Profit Shifting (Gewinnkürzung und
Mindestbesteuerung verhindern.                                   Gewinnverlagerung).

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Internationale Unternehmensbesteuerung                                            BMF-Monatsbericht
             Im Interview: Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger                                           März 2021

Knifflige Situationen können in internationalen                    Die Welt wird sich auch
Verhandlungen dieser Dimension immer vorkom-                       weiterhin rasant verändern.
men. Hinzu kommt, dass die Einschränkungen und
                                                                   Und der Wandel selbst
Reiseverbote infolge der Corona-Pandemie dazu
geführt haben, dass die internationalen Verhand-
                                                                   beschleunigt sich sogar.

                                                                                                                      Schlaglicht
lungen neu konzipiert werden mussten. Auch das                     Bleibt die Digitalisierung als
musste sich auch erst einmal einspielen. Es ist ein                großer Treiber? Was denken
Marathon und kein Sprint. Aufgrund der positiven
                                                                   Sie, werden die kommenden
Signale auch von der US-Seite in jüngster Zeit sind
wir noch zuversichtlicher, dass eine Einigung bis
                                                                   großen Herausforderungen im
Mitte 2021 gelingen kann.                                          internationalen Steuerrecht
                                                                   sein? Kann sich das
                                                                   Steuerrecht genauso schnell
                                                                   wandeln wie die Welt?

                                                                Ich glaube, dass wir durch das Zwei-Säulen-Pro-
                                                                jekt eine solide Grundlage für die zukünftigen in-
                                                                ternationalen Herausforderungen des Steuerrechts
                                                                schaffen werden. Mit der globalen Mindestbesteue-
                                                                rung entsteht ein völlig neuartiges Konzept der in-
                                                                ternationalen Besteuerung. Wir sind damit bestens
                                                                gewappnet, um auch künftigen Risiken durch ag-
                                                                gressive Steuergestaltungen entgegenzutreten.

                                                                Das Steuerrecht muss sich den globalen Herausfor-
                                                                derungen stellen. Es muss sich dem Wandel stel-
                                                                len. Nationale Antworten helfen hier nicht, son-
                                                                dern globale, gemeinsame Entscheidungen. Auch
                                                                im Bereich der grenzüberschreitenden Verwal-
                                                                tungszusammenarbeit oder fortschreitenden Digi-
                                                                talisierung: Wir bleiben engagiert und mit großem
                                                                Einsatz dabei.

  Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger
  © Bundesministerium der Finanzen/photothek

                                                              17
Analysen
und Berichte
Analysen und Berichte

Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2020   20

Briefmarken – Deutschlands kleinste Kulturbotschafter        27

Das Münz-Jahresprogramm 2021                                 35

Neue Standorte für die Aus- und Fortbildung des Zolls        39
Analysen und Berichte                                                              Monatsbericht des BMF
                                                                                                            März 2021

Der Finanzausgleich zwischen Bund und
Ländern im Jahr 2020

       ● Der bundesstaatliche Finanzausgleich, der im Jahr 2017 mit Wirkung zum 1. Januar 2020 ge-
         ändert wurde, leistet einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung der den Ländern gesetzlich
         zugewiesenen Aufgaben.

       ● Die Aufteilung der von den Ländern vereinnahmten Umsatzsteuer und der vom Bund verein-
         nahmten Einfuhrumsatzsteuer (im Weiteren: Umsatzsteuer) zwischen dem Bund einerseits und
         den Ländern und Gemeinden andererseits erfolgt durch die Anwendung prozentualer Quoten
         sowie durch die Zuweisung von Festbeträgen an Länder und Gemeinden. Der Bund erhielt im
         Ergebnis 43 Prozent des bundesweiten Aufkommens aus der Umsatzsteuer.

       ● Die Durchführung des horizontalen Finanzkraftausgleichs erfolgt seit 2020 durch die Zuweisung
         oder Erhebung eines Zu- oder Abschlags zum oder vom Anteil eines Landes an der Umsatz-
         steuer. Der Ausgleich beträgt jeweils 63 Prozent der Unter- beziehungsweise Überdeckung der
         Ausgleichsmesszahl eines Landes. Diese Umverteilung, die ausschließlich zwischen den Ländern
         erfolgt, wurde im Jahr 2020 in einem Volumen von 14,8 Mrd. € vorgenommen.

       ● Die nach dem Finanzkraftausgleich weiterhin leistungssschwache Länder im Sinne von § 9 Abs. 1
         Satz 4 MaßstG i. V. m. § 11 Abs. 2 Satz FAG erhielten über Bundesergänzungszuweisungen weitere
         8 Mrd. €, was in einigen Fällen zu einer Überschreitung der Ausgleichsmesszahl und zu Änderun-
         gen in der Finanzkraftrangfolge der Länder führte.

       ● Zusätzlich wurden Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen an leistungsschwache Länder
         zum Ausgleich bestimmter Sonderbedarfe geleistet. Diese Sonderzuweisungen betrugen insge-
         samt noch einmal rund 0,9 Mrd. €.

       ● Aufgrund der im Jahr 2020 geänderten Berechnungen sind direkte Vergleiche mit den Ergeb-
         nissen des Ausgleichsjahres 2019 im Sinne einer Interpretation hinsichtlich einer Angleichung
         der Finanzkraftverhältnisse nur eingeschränkt sinnvoll. Die Betrachtung der rein fiskalischen
         Wirkungen ist jedoch von den konkreten Berechnungsmethoden nicht berührt und erlaubt wei-
         terhin eine auch im Vorjahresvergleich aussagekräftige Darstellung vertikaler und horizontaler
         Verteilungs- und Umverteilungsleistungen.

    Bundesstaatlicher                                                Grundgesetzes (GG) für die örtliche und sachliche
    Finanzausgleich                                                  Zuordnung des Steueraufkommens und seiner Ver-
                                                                     teilung. Neben der Auflistung der Steuerarten, die
Der bundesstaatliche Finanzausgleich1 be-                            jeweils dem Bund, den Ländern und den Gemein-
ruht auf den Vorgaben der Art. 106 und 107 des                       den ausschließlich zustehen, werden Bund und Län-
                                                                     dern gemeinsam Einkommensteuer, Körperschaft-
1   Betrags- und Prozentangaben in diesem Aufsatz sind gerundet.     steuer und Umsatzsteuer (Gemeinschaftsteuern)

                                                                   20
Analysen und Berichte                                                                               Monatsbericht des BMF
          Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2020                                                      März 2021

zugewiesen, die diese untereinander aufzuteilen                              Der Finanzkraftausgleich unter den
haben. Grundsatz der Aufteilung ist die gleich-                              Ländern
mäßige Deckung der notwendigen Ausgaben, die

                                                                                                                                               Analysen und Berichte
dem Bund und den Ländern entstehen, im Rah-                              Der Ausgleich der Finanzkraft unter den Ländern
men einer mehrjährigen Finanzplanung. Dabei ha-                          wird als horizontaler Umverteilungsmechanismus
ben der Bund und die Länder ihre jeweiligen De-                          weitgehend analog zu dem bis 2019 gültigen Län-
ckungsbedürfnisse so aufeinander abzustimmen,                            derfinanzausgleich durch den Vergleich landesin-
dass ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelas-                     dividueller Finanzkraft- und Ausgleichsmesszah-
tung der Steuerpflichtigen vermieden und die Ein-                        len berechnet.
heitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesge-
biet gewahrt werden (Art. 106 Abs. 3 GG). Nähere                         Durch Summierung der in § 7 FAG aufgezählten
Ausgestaltung erhält das System durch das Zerle-                         ausgleichsrelevanten Einnahmen eines Landes
gungsgesetz, das Maßstäbegesetz und das Finanz-                          und eines Anteils der in § 8 FAG aufgezählten aus-
ausgleichsgesetz (FAG).                                                  gleichsrelevanten Einnahmen seiner Gemeinden
                                                                         ergibt sich seine Finanzkraftmesszahl. Der Anteil,
Seit dem 1. Januar 2020 ist für den Finanzkraftaus-                      mit dem die Gemeindeeinnahmen eines Landes in
gleich der staatlichen Ebenen das FAG in seiner                          seiner Finanzkraft berücksichtigt werden, beträgt
durch das „Gesetz zur Neuregelung des bundes-                            mit der Rechtsumstellung nunmehr 75 Prozent
staatlichen Ausgleichssystems ab dem Jahr 2020                           statt des bis 2019 gültigen Anteils von 64 Prozent.2
und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschrif-
ten“ vom 14. August 2017 geänderten Fassung                              Zur Ermittlung der landesbezogenen Ausgleichs-
anzuwenden.                                                              messzahl werden zunächst die Einwohnerzahlen
                                                                         der Stadtstaaten sowie anschließend die Einwoh-
Die neue Fassung des FAG wurde an zahlreichen                            nerzahlen Sachsen-Anhalts, Brandenburgs und
Stellen geändert, behält dabei jedoch wesentliche                        Mecklenburg-Vorpommerns mit sogenannten Ein-
Grundlagen der Finanzausgleichsberechnung bei.                           wohnergewichten versehen, die deren Einwohner-
Materiell entfallen ist durch die Gesetzesänderung                       zahlen rechnerisch vergrößern. Die Einwohnerwer-
der Umsatzsteuervorwegausgleich in seiner al-                            tungen gemäß § 9 FAG sind im Vergleich zu dem
ten Form. Ebenfalls entfallen ist der Länderfinanz­                      bis 2020 geltenden Rechtsrahmen unverändert ge-
ausgleich („Finanzausgleich im engeren Sinn“),                           blieben: 135 Prozent für Berlin, Hamburg und Bre-
welcher zum Ausweis von Zahlungen der „Geber-                            men, 105 Prozent für Mecklenburg-Vorpommern,
länder“ sowie von Einnahmen der „Empfängerlän-                           103 Prozent für Brandenburg und 102 Prozent für
der“ in den jeweiligen Landeshaushalten führte.                          Sachsen-Anhalt. Sodann wird für jedes Land ein
Der seit Jahresbeginn 2020 durchzuführende Fi-                           Anteil an der Summe der ausgleichsrelevanten
nanzkraftausgleich ersetzt den Länderfinanzaus-                          Einnahmen aller Länder entsprechend dem An-
gleich. Seine Berechnung entspricht im Wesent-                           teil dieses Landes an der Summe der gewichteten
lichen der des Länderfinanzausgleichs, sodass es
sich bei dem „Wegfall“ des Länderfinanzausgleichs
in der Sache darum handelt, dass seine Ergebnisse                        2   Die bergrechtliche Förderabgabe, die bis 2019 vollständig
                                                                             in den Messzahlen zu berücksichtigen war, wird durch die
nunmehr formalrechtlich in die Umsatzsteuerver-                              Rechtsänderung nur noch zu 33 Prozent berücksichtigt. Für
teilung einbezogen werden. Diese Umdeklarierung                              diese Änderung, welche die Finanzkraftsumme im Jahr 2020
                                                                             um 73 Mio. € herabgesetzt hat, war eine Verfassungsänderung
hat zur Folge, dass die Ergebnisse dieser nunmehr
                                                                             erforderlich (Ergänzung in Art. 107 Abs. 2 GG). Die Finanzkraft
als „Finanzkraftausgleich“ zu bezeichnenden Um-                              eines Landes ist weiterhin gemäß § 7 Abs. 3 FAG um
verteilungsstufe nicht mehr in den Landeshaushal-                            einen Betrag zu vermindern, der von der im Vergleich zum
                                                                             Durchschnitt aller Länder erzielten Steigerungsrate seiner
ten ausgewiesen werden.                                                      Einnahmen abhängt. Die Regelung ist unverändert.

                                                                       21
Analysen und Berichte                                                                      Monatsbericht des BMF
           Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2020                                             März 2021

Einwohnerzahlen errechnet. Ebenso wird mit den                            Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Bun-
Einnahmen der Gemeinden jedes Landes verfah-                              desgebiet zusätzlich.
ren, wobei hier, wie oben beschrieben, nur 75 Pro-
zent der Summe angesetzt werden. Die Summe die-                           Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen (BEZ)
ser beiden für das Land und für seine Gemeinden                           unterstützen leistungsschwache Länder im Sinne
ermittelten Werte ergibt die Ausgleichsmesszahl                           von § 9 Abs. 1 Satz 4 MaßstG i. V. m. § 11 Abs. 2
dieses Landes.                                                            Satz FAG, bei denen der Zuschlag in Höhe von
                                                                          63 Prozent der Unterdeckung ihrer Ausgleichsmes-
Zur Berechnung des Umsatzsteueranteils eines                              szahl nicht ausreicht, um ihre Finanzkraftmesszahl
Landes sowie des von dem jeweiligen Land erhobe-                          bis auf 99,75 Prozent an ihre Ausgleichsmesszahl
nen Abschlags beziehungsweise des ihm zu gewäh-                           anzunähern. Gemäß § 11 Abs. 2 FAG erhalten sie
renden Zuschlags wird zunächst der Anteil dieses                          80 Prozent der zu 99,75 Prozent verbliebenen Dif-
Landes an der Umsatzsteuer berechnet, der seinem                          ferenz vom Bund.
Anteil an der bundesweiten Einwohnerzahl ent-
spricht. Die Finanzkraftmesszahl des Landes wird                          Darüber hinaus erhalten leistungsschwache Län-
sodann mit der landesindividuell berechneten                              der, in denen die kommunalen Steuereinnahmen
Ausgleichsmesszahl verglichen. Die Differenz zwi-                         pro Einwohner weniger als 80 Prozent des bun-
schen Finanzkraft- und Ausgleichsmesszahl wird                            desweiten Durchschnitts aller Gemeinden betra-
zu konstant 63 Prozent durch Zuschläge zu bezie-                          gen, weitere Ergänzungszuweisungen in Höhe von
hungsweise Abschläge von dem sich aus der reinen                          53,5 Prozent des Fehlbetrags, der zu 80 Prozent des
Einwohnerzahl des Landes ergebenden Umsatz-                               bundesweiten Durchschnitts besteht. Diese Er-
steueranteil ausgeglichen. Aus dem Einwohneran-                           gänzungszuweisungen wurden im Rahmen der
teil und dem Zu- beziehungsweise Abschlag des                             Neuregelung des Finanzausgleichs als neuer § 11
Landes zu beziehungsweise von diesem Anteil er-                           Abs. 5 FAG (sogenannte Gemeindesteuerkraft-Bun-
gibt sich der Umsatzsteueranteil einschließlich des                       desergänzungszuweisungen, GStK-BEZ) eingeführt.
Finanzkraftausgleichs.
                                                                          Ebenfalls neu eingeführt wurden Bundesergän-
Die Ergebnisse dieser Berechnung für das Jahr 2020                        zungszuweisungen zum durchschnittsorientier-
sind in Tabelle 1 dargestellt. In der dritten Zeile                       ten Forschungsförderungsausgleich (doF-BEZ)
der Tabelle würde die Quote aus Finanzkraft- und                          in einem neuen § 11 Abs. 6 FAG. Durch sie erhal-
Ausgleichsmesszahl 100 Prozent betragen, wenn                             ten leistungsschwache Länder, die bei der Vergabe
die Finanzkraftmesszahl eines Landes exakt sei-                           der Forschungsförderungsmittel nach Art. 91b GG
ner Ausgleichsmesszahl entspräche. Übersteigt sie                         nur unterdurchschnittlich berücksichtigt wer-
100 Prozent, wird von dem betreffenden Land ein                           den konnten, zusätzliche Mittel. Diese unterliegen
Abschlag von seinem Umsatzsteueranteil erhoben,                           ebenso wie alle anderen BEZ keiner Zweckbindung.
liegt sie darunter, erhält das betreffende Land einen
Zuschlag.                                                                 Weitere Zuweisungen gewährt der Bund in einer
                                                                          betraglich vordefinierten Höhe.

   Ergänzungszuweisungen des                                              So erhalten die ostdeutschen Flächenländer zum
   Bundes an die Länder                                                   Ausgleich von Sonderlasten durch strukturelle
                                                                          Arbeitslosigkeit jährlich zwischen 34 Mio. € und
Durch die Zuweisung ergänzender Mittel an die                             85 Mio. € gemäß § 11 Abs. 3 FAG. Die Höhe dieser
Haushalte leistungsschwacher Länder verbessert                            Sonderzuweisungen wird jeweils im Abstand von
der Bund die Einnahmesituation dieser Länder                              drei Jahren überprüft und für das dann folgende
im Rahmen seiner Gesamtverantwortung für die                              Jahr angepasst.

                                                                        22
Analysen und Berichte                                                                       Monatsbericht des BMF
          Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2020                                              März 2021

Schließlich erhalten die Länder Berlin, Branden-                         zwischen den Ländern im Vergleich zu einer reinen
burg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rhein-                             Pro-Kopf-Verteilung der Umsatzsteuer betrug im
land-Pfalz, das Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt,                       Jahr 2020 rund 14,8 Mrd. € (2019: 18,7 Mrd. €). Ins-

                                                                                                                                  Analysen und Berichte
Schleswig-Holstein und Thüringen wegen über-                             besondere die Länder, die 2019 von dem nunmehr
durchschnittlich hoher Kosten politischer Füh-                           entfallenen Umsatzsteuervorwegausgleich belastet
rung dieser Länder gemäß § 11 Abs. 4 FAG zwischen                        worden waren (Nordrhein-Westfalen, Bayern, Ba-
47 Mio. € und 81 Mio. € im Jahr. Die Vergabe ist in                      den-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Berlin
einem Abstand von fünf Jahren durch Bund und                             und Hamburg), erhielten – mit Ausnahme Berlins –
Länder im Hinblick auf die Vergabe im dann über-                         im Jahr 2020 höhere Umsatzsteuereinnahmen (in
nächsten Jahr zu überprüfen. Die Werte wurden im                         Mio. €: Nordrhein-Westfalen +832, Bayern +1.418,
Rahmen der jüngsten Überprüfung im Jahr 2020                             Baden-Württemberg +857, Hessen +567, Rhein-
angepasst und um insgesamt 114 Mio. € zugunsten                          land-Pfalz +167 und Hamburg +296), während die
der Länder erhöht.                                                       Einnahmen aus der Umsatzsteuer in den anderen
                                                                         Ländern zum Teil deutlich zurückgingen (in Mio. €:
                                                                         Niedersachsen -82, Sachsen -1.111, Sachsen-An-
   Ergebnisse 2020                                                       halt -736, Schleswig-Holstein -102, Thüringen -680,
                                                                         Brandenburg -420, Mecklenburg-Vorpommern
Im Vergleich zum Jahr 2019 sank das Aufkommen                            -511, Saarland 187, Berlin -178 und Bremen -147).
aus der Umsatzsteuer um -23,8 Mrd. € beziehungs-
weise -9,8 Prozent und betrug 219,4 Mrd. €. Hier-                        Abschläge waren 2020 von den Ländern Bay-
von erhielten der Bund 43 Prozent (2019: 48,9 Pro-                       ern (-7,8 Mrd. €; 2019: -9,2 Mrd. €), Baden-Würt-
zent), die Länder 52,9 Prozent (2019: 47,7 Prozent)                      temberg (-3,7 Mrd. €; 2019: -4,5 Mrd. €), Hessen
und die Gemeinden 4,1 Prozent (2019: 3,4 Prozent).                       (-2,5 Mrd. €; 2019: -3,1 Mrd. €), Nordrhein-Westfa-
                                                                         len (-0,6 Mrd. €; 2019: -1,5 Mrd. €) und von Ham-
Die den Ländern direkt zufließenden Steuern san-                         burg (-0,2 Mrd. €; 2019: -0,5 Mrd. €) zu erhe-
ken 2020 durchschnittlich um -4,9 Prozent. Den                           ben. Zuschläge erhielten demgegenüber Berlin
stärksten Rückgang verzeichneten Hamburg mit                             (3,5 Mrd. €; 2019: 3,6 Mrd. €), Sachsen (2,7 Mrd. €;
-9,4 Prozent und Hessen mit -7,1 Prozent im Ver-                         2019: 3,8 Mrd. €), Sachsen-Anhalt (1,6 Mrd. €; 2019:
gleich zum Vorjahr, am wenigsten betroffen waren                         2,3 Mrd. €), Thüringen (1,6 Mrd. €; 2019: 2,2 Mrd. €),
Mecklenburg-Vorpommern mit -0,6 Prozent und                              Niedersachsen (1,5 Mrd. €; 2019: 1,6 Mrd. €), Meck-
das Saarland mit -1,1 Prozent.                                           lenburg-Vorpommern (1,2 Mrd. €; 2019: 1,7 Mrd. €),
                                                                         Brandenburg (1,1 Mrd. €; 2019: 1,6 Mrd. €), Bre-
Im Vergleich der Pro-Kopf-Steuereinnahmen                                men (0,7 Mrd. €; 2019: 0,9 Mrd. €), das Saarland
der Länder untereinander lagen Hamburg, Bay-                             (0,4 Mrd. €; 2019: 0,6 Mrd. €), Rheinland-Pfalz
ern, Hessen, Baden-Württemberg und Berlin über,                          (0,3 Mrd. €; 2019: 0,2 Mrd. €) und Schleswig-Hol-
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schles-                            stein (0,2 Mrd. €; 2019: 0,3 Mrd. €).
wig-Holstein, Niedersachsen, das Saarland und
Bremen sowie alle ostdeutschen Flächenländer un-                         Die ostdeutschen Flächenländer erhielten zusam-
ter dem Durchschnitt.                                                    men 8,2 Mrd. € (2019: 11,6 Mrd. €). Nach der Ver-
                                                                         teilung der Umsatzsteuer überstieg die Finanzkraft
Im Vergleich mit den Ausgleichsergebnissen des                           jedes Landes 90 Prozent seiner Ausgleichsmesszahl
Jahres 2019, dem Jahr vor der Berechnungsumstel-                         (vergleiche Tabelle 1).
lung, ergaben sich im Hinblick auf die Einnahmen
aus der Umsatzsteuer zwischen den Ländern zum                            Die allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen,
Teil erhebliche Unterschiede. Das der Angleichung                        die alle zuschlagsberechtigen Länder vom Bund
der Finanzkraft der Länder im Rahmen der Umsatz-                         erhielten, betrugen in der Summe 6,6 Mrd. € und
steuerverteilung dienende Umverteilungsvolumen                           führten zugunsten dieser Länder zu einer weiteren

                                                                       23
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