Swiss Issues Immobilien Immobilienmarkt 2008 Fakten und Trends
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Impressum Herausgeber Credit Suisse Economic Research Uetlibergstrasse 231, CH-8070 Zürich Kontakt immobilien.economicresearch@credit-suisse.com Telefon +41 (0)44 334 74 19 Autoren Ulrich Braun Fredy Hasenmaile Philippe Kaufmann Martin Neff Thomas Rieder Mitwirkung Dr. Patrick Muhl Yves-Denis Schönenberger Jonas Zeller Druck Birkhäuser+GBC AG, Römerstrasse 54, CH-4153 Reinach Telefon +41 (0)61 716 26 26, info@birki.ch Titelbild Berufsschule und Gymnasium Marcelin, Morges (Architekten: Laurent Geninasca und Bernard Delefortrie, Neuchâtel) Photograph: Thomas Jantscher, Colombier (www.jantscher.ch) Redaktionsschluss 15. Januar 2008 Bestellungen Direkt bei Ihrem Kundenberater oder bei jeder Credit Suisse Geschäftsstelle. Einzelexemplare über EBIC Fax +41 (0)44 333 37 44 oder E-Mail an daniel.challandes@credit-suisse.com Interne Bestellungen via Netshop mit Mat.-Nr. 1511451. Abonnements mit Publicode ISD (HOST: WR10). Besuchen Sie uns auf dem Internet www.credit-suisse.com/research (Schweizer Immobilienmarkt) Disclaimer Dieses Dokument wurde vom Economic Research der Credit Suisse hergestellt und ist nicht das Ergebnis einer/unserer Finanzanalyse. Daher finden die «Richtlinien zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Finanzanalyse» der Schweizerischen Bankier- vereinigung auf vorliegendes Dokument keine Anwendung. Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken. Die darin vertretenen Ansichten sind diejenigen des Economic Research der Credit Suisse zum Zeitpunkt der Druck- legung (Änderungen bleiben vorbehalten). Die Publikation darf mit Quellenangabe zitiert werden. Copyright 2008, Credit Suisse.
| 3 Inhalt Editorial 5 Die Eigenheiten des Gutes "Immobilie" 7 Wohnflächen 9 Nachfrage 9 Angebot 16 Marktergebnis 20 Ausblick 25 Exkurs: Die Immobilienbranche im Wandel der Zeit 26 Büroflächen 30 Nachfrage 30 Angebot 34 Marktergebnis 35 Ausblick 40 Verkaufsflächen 41 Nachfrage 41 Angebot 43 Marktergebnis 46 Ausblick 47 Immobilie als Anlage 48 Renditeentwicklung indirekter Immobilienanlagen 2007 48 Immobilienfonds 48 Immobilien-Aktiengesellschaften 52 Sekuritisierung von Pensionskassenimmobilien 54 Ausblick für Immobilienanlagen 2008 56 Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 4 Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 5 Editorial Es war ein turbulenter Jahreswechsel und ein denkwürdiger Start ins 2008. Zunächst war es nur der eine oder andere Funkenschlag, doch dann – exakt zum Jahresauftakt – wurde der Subprime-Markt in den USA schliesslich zum Auslöser eines hoffentlich vorübergehenden Flä- chenbrandes, der den Börsen weltweit mächtig einheizte. Zum Redaktionsschluss sah es im- merhin danach aus, dass das überraschend heftige Eingreifen der Amerikanischen Notenbank Schlimmeres zu verhindern vermochte und die Märkte beruhigt hat. Noch ist es aber bedeckt und die Wolken haben sich nicht vollends verzogen. Eine erste Aus- wertung der Schäden des Unwetters ergibt, dass die US-Konjunktur doch ärger in Mitleiden- schaft gezogen wird, als ursprünglich erwartet. Man spricht inzwischen nicht mehr nur unter vorgehaltener Hand vom Rezessionsrisiko. Die Nervosität und die damit einhergehende hohe Volatilität an den Börsen ist ein guter Gradmesser der derzeitigen weltweiten Verunsicherung. Dennoch trauen wir der Schweizer Wirtschaft 2008 ein BIP-Wachstum von knapp unter 2% zu und bleiben damit unserer Herbstprognose treu. Einerseits hat die Konjunktur in der Schweiz heute noch so viel Fahrt, dass sie auch ohne zusätzlichen Schub weit ins 2008 hinein mit an- gemessener Geschwindigkeit weiterrollen dürfte. So lange die Aussichten intakt bleiben, ist an- gesichts der hohen Kapazitätsauslastung und der Engpässe am Arbeitsmarkt eine Wachstums- verlangsamung in der Schweiz gar nicht so unwillkommen. Andererseits würde sich die Schwei- zer Volkswirtschaft einer Rezession in den USA kaum entziehen können. Dies ist das unmiss- verständliche Ergebnis einer jüngst von uns durchgeführten Untersuchung der Transmission konjunktureller Impulse aus den USA. Auf Basis der per Mitte Januar verfügbaren Indikatoren lässt sich zumindest für die Schweiz Entwarnung geben, denn die Rezessionswahrscheinlichkeit liegt hier im tiefen einstelligen Prozentbereich. Wir sind uns sicher, dass am schweizerischen Hypothekarmarkt ein ähnliches Debakel wie in den USA auszuschliessen ist. Hierzulande haben fast alle aus der Immobilienkrise der Neunzi- gerjahre ihre Lehren gezogen. Dies ist ein zusätzlicher Grund, weshalb wir an unserer Konjunk- turprognose festhalten. Ein Credit-Crunch ist in der Schweiz nicht zu erwarten. Als Ökonomen haben wir es derzeit ähnlich schwer wie Meteorologen, wenn ein Gewitter im Anzug ist. Gibt es Schäden und erfolgte keine Warnung, ist der Katzenjammer gross. Doch eine Fehlwarnung kann im Extremfall sogar zu Panik führen. Unsere Prognose für das schweizeri- sche Wirtschaftswetter lautet daher: Einzelne Tiefausläufer dürften, vom stürmischen Westen kommend, den Atlantik überqueren und vorübergehend unser Wetter beeinflussen. Lesen Sie in unserer diesjährigen Studie, wie sich diese Wetterkapriolen auf die Schweizer Im- mobilienmärkte auswirken. Fakten und Trends zu den Immobilienmärkten der 26 Schweizer Kantone finden Sie wie gewohnt in dem separat als Druckversion verfügbaren regionalen Teil. Dieser ist genauso wie die Hauptstudie auch online verfügbar (www.credit-suisse.com/immobi- lienstudie). Eine angenehme Lektüre wünscht Ihnen das Autorenteam des Credit Suisse-Immobilienresearch. Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 6 Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 7 Die Eigenheiten des Gutes "Immobilie" Es sind letztlich Güter, die aus volkswirtschaftlicher Sicht die Wohlfahrt bestimmen. Der ökono- misch definierte Nutzen, den ein Gut stiftet, leitet sich dabei direkt aus seinen Eigenschaften ab. Das Gut Immobilie unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht von anderen Gütern. Wie schon sein Name zum Ausdruck bringt, ist das Gut "immobil". Diese und weitere Eigenheiten bestimmen massgeblich die Funktionsweise der Immobilienmärkte. Ein genauerer Blick auf die Besonderheiten von Immobilien erlaubt uns, die Mechanismen dieser Märkte besser zu verste- hen, zumal die Immobilien bei der Bedürfnisbefriedigung der Menschen eine grosse Rolle spie- len. Standortgebundenheit Das Gut Immobilie unterscheidet sich von den anderen Gütern vor allem durch seine Standort- gebundenheit. Kein zweites Gut ist dermassen mit den Eigenschaften des Standortes verknüpft wie ein Haus oder eine Wohnung. Zu den direkten wertbestimmenden Faktoren einer Immobilie gesellen sich daher noch solche des Standortes. Letztere lassen sich als Mikro- sowie Makrola- ge eines Objektes beschreiben. Zur Mikrolage zählen Charakteristiken, die durch die unmittelba- re Lage der Immobilie bestimmt werden. Hangneigung, Aussicht, Lärmimmissionen, Beson- nung, Zufahrtswege und Nähe zu öffentlichen Verkehrsmitteln sind Bestimmungsfaktoren der Mikrolage. Eigenschaften, welche den Standort grossräumig charakterisieren, bestimmen die Makrolage einer Liegenschaft. Zu diesen zählen die Nähe zu Zentren, die Steuerbelastung, die Qualität der Infrastruktur vor Ort etc. Der Nutzen, den eine Immobilie stiftet, ist durch die Orts- gebundenheit sehr eng mit den Qualitäten des Standortes verknüpft. Wie anders ist zu erklären, dass eine Wohnung im Oberengadin den rund dreimal höheren Wert aufweist als eine ver- gleichbare Wohnung im Entlebuch? Die meisten Faktoren der Standortqualität sind naturräumlich bedingt und zumeist unverrückbar. Auf die Steuerbelastung trifft dies – speziell im föderalen System der Schweiz – nicht zu. Wir widmen daher der räumlichen Verteilung der Steuerbelastung in dieser Studie erhöhtes Augen- merk. Die enge Beziehung zwischen Steuerbelastung und Wohnungspreisen ist letztendlich auch Ausdruck davon, dass sich Immobilien nicht von einem Ort an den anderen verschieben lassen. Die Immobilität verhindert, dass dieses Gut an den Ort wandern kann, an dem es die produktivste Verwendung erfährt oder den höchsten Nutzen stiftet. Diese Tatsache wird nicht zuletzt auch vom Fiskus ausgenutzt, der Eigentümer von Liegenschaften auf vielfältige Art und Weise zur Kasse bittet. Regionale Marktungleichgewichte können dadurch nicht gleich rasch abgebaut werden, wie dies bei mobilen Gütern der Fall ist. Die hohe Nachfrage nach Zweitwoh- nungen in den Top-Tourismusdestinationen der Schweiz führt beispielsweise zu starken Preis- anstiegen, da die Angebotsseite vergleichsweise unelastisch ist. Innerhalb von kleinen Räumen lassen sich daher grosse Unterschiede feststellen, und der Immobilienmarkt der Schweiz zerfällt aufgrund der Unbeweglichkeit von Immobilien in eine Vielzahl von regionalen Teilmärkten. Heterogenität Die Verknüpfung der direkten Eigenschaften einer Immobilie wie Grösse, Zimmerzahl, Ausbau- standard, Qualität der Aussenbereiche etc. mit den Eigenschaften des Standortes hat zur Folge, dass kaum ein Objekt mit einem anderen vergleichbar ist. Die fehlende Homogenität von Immo- bilien trägt mit dazu bei, dass keine einheitliche Markttopographie besteht, sondern dass ver- schiedene Marktsegmente existieren, die miteinander je nach Grad der Substituierbarkeit ver- bunden sind. Die Heterogenität der Immobilien zieht nach sich, dass einzelne Objekte schwierig miteinander zu vergleichen sind, was die Preisbildung erheblich erschwert. Der Markt ist deswe- gen durch Illiquidität geprägt, was zu grossen Preisschwankungen führen kann. Auch professio- nelle Schätzungen einer Immobilie können gut und gerne zu Bewertungen gelangen, die um bis zu 20% voneinander abweichen. Die Einzigartigkeit einer jeden Immobilie lässt den Verkaufsprozess Formen einer Auktion an- nehmen, bei welcher typischerweise die Zahlungsbereitschaft des Nachfragers weitgehend ab- geschöpft werden kann. Der Preis ist in der Regel Verhandlungssache und steht nicht zum vornherein fest. Was in der Auktionstheorie als "Winner's Curse" beschrieben wird, trifft somit in gewisser Weise auch auf den Kauf eines Eigenheims oder einer Stockwerkeigentumswohnung zu. Als Winner's Curse, zu Deutsch der "Fluch des Siegers", wird das Phänomen bezeichnet, dass der Käufer dazu neigt, das Objekt zu überzahlen. Typischerweise kennen die Bietenden Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 8 den Marktpreis des Objektes nicht. Dieser kann als Durchschnittspreis aller Bietenden aufge- fasst werden. Daraus folgt, dass der Bieter mit dem höchsten Angebot Käufer des Objektes wird, dafür aber einen Preis bezahlt, der den Marktpreis übersteigt. Keiner der Mitbietenden wä- re bereit gewesen, so viel zu bezahlen. In der Schweiz, wo die Knappheiten ausgeprägt sind, traditionellerweise ein Verkäufermarkt herrscht und einige Hot Spots – Regionen, wo eine star- ke Nachfrage auf ein begrenztes Angebot trifft – existieren, ist das Phänomen des Winner's Curse besonders ausgeprägt. Aufgrund von zyklischen Schwankungen ist es aber sowohl histo- risch als auch örtlich immer wieder auch zu Abweichungen von diesem grundsätzlichen Muster gekommen, das folglich nicht in jeder Marktsituation Gültigkeit besitzt. Unvermehrbare Ressource Jede Immobilie beansprucht zwangsläufig den Inputfaktor Boden. Beim Gut Boden handelt es Boden sich um eine Ressource, welche im Gegensatz zu vielen anderen Gütern nicht vermehrbar ist. Nur selten gelingt es – beispielsweise wenn dem Meer oder einem See mittels Aufschüttungen ein Stück Land abgetrotzt wird –, Boden zu vermehren. In der Regel ist das Gut Boden nicht nur unvermehrbar, sondern auch nur beschränkt verfügbar. Beides macht aus dem Gut Boden eine sehr knappe Ressource. Solche Knappheiten treten umso intensiver auf, je grösser der Bevöl- kerungsdruck wird. Im Abschnitt über die Bevölkerungsentwicklung wird auf Seite 12 näher auf die unterschiedliche Beanspruchung des knappen Gutes Boden eingegangen. Dort wo der Siedlungsdruck zunimmt, erfährt der Boden automatisch Wertsteigerungen, da eine grössere Zahl von Menschen sich dieselbe Menge von Boden teilen muss. Teures Gut In marktwirtschaftlichen Systemen werden Knappheiten durch die Preise widerspiegelt. Der Preis des knappen Gutes steigt damit im Einklang mit dem wachsenden Wohlstand, weshalb Immobilien teure Güter sind und auch bleiben. Wir haben in der letztjährigen Ausgabe dieser Studie gezeigt, dass ein Haushalt rund das Achtfache seines Einkommens für den Kauf eines Eigenheims aufwenden muss. Kaum ein anderer Kaufentscheid hat eine ähnliche Tragweite auf die finanziellen Verhältnisse und Risiken eines Haushalts wie der Immobilienkauf. Entsprechend intensiv versuchen Käufer und Verkäufer Informationen zusammenzutragen, um die Entschei- dung optimal zu treffen. Sie werden dabei von einer Vielzahl von Dienstleistungserbringern bera- ten, die als eine eigene Branche firmieren. In einem Exkurs am Ende des nächsten Kapitels nehmen wir die Immobilienbranche etwas näher unter die Lupe. Lange Lebensdauer Die hohen Preise für Immobilien sind aber auch Ausdruck eines hohen Sachwertes. Immobilien sind Massivbauten, welche eine Lebensdauer von über 100 Jahren aufweisen können. Da sich deren Nutzenabgabe über eine lange Zeit erstreckt, zählen Immobilien zu den Gebrauchsgütern. Über die Zeit müssen entsprechend dem Gebrauch Abschreibungen vorgenommen werden, um den Wertverlauf der Immobilie abzubilden. Die lange Lebensdauer setzt das Gut Immobilie auch der Demodierung aus. Darunter wird die Entwertung des Gutes verstanden, weil es aufgrund von technischen, gesellschaftlichen oder kulturellen Veränderungen als veraltet gilt. Je nach Tempo dieses Wandels können Objekte schneller veralten und trotz gut erhaltener Bausubstanz an Wert verlieren. Beispielsweise wird dem Nassbereich heutzutage eine viel grössere Bedeu- tung zugemessen als noch vor 10 Jahren. Vom zweckmässigen Ort der Körperreinigung hat sich das Badezimmer zum Refugium der Entspannung gewandelt. Häuser mit engen, fensterlo- sen, schlecht geheizten Badezimmern werden daher heute mit einem Abschlag bedacht. Lange Produktionszeit Die abschliessende Eigenschaft betrifft den Produktionsprozess. Immobilien weisen nicht nur eine lange Lebensdauer auf, sie erfordern auch eine lange Zeit für ihre Herstellung. Von der Planung bis zur schlüsselfertigen Übergabe der Immobilie vergehen schnell einmal zwei Jahre. Tritt Unvorhergesehenes ein, kann sich diese Spanne erheblich erhöhen. Die Angebotsseite re- agiert somit vergleichsweise träge auf Marktsignale. Die Markträumung nimmt entsprechend Zeit in Anspruch, weshalb Marktungleichgewichte über einen längeren Zeitraum Bestand haben können. Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 9 Wohnflächen Nachfrage Steuerbelastung als wichtige Standorteigenschaft Die einzelnen Gebietskörperschaften in der Schweiz verfügen aufgrund des föderalistisch aus- gestalteten Staatswesens über eine relativ weitgehende Steuerkompetenz. Das Steuerharmoni- sierungsgesetz von 2001 hat zwar eine Vereinheitlichung bezüglich der Besteuerungsgrundsät- ze gebracht, die Ausgestaltung der Steuertarife und die Festlegung der Steuerfreibeträge liegen aber unverändert in den Händen der Kantone. Zudem können die Gemeinden mit der Festle- gung der Steuerfüsse ebenfalls einen massgeblichen Einfluss auf die Gesamtsteuerbelastung von Unternehmen und Personen ausüben. Steuerpolitik ist damit ein wichtiges Instrument nicht zuletzt von ressourcenschwachen Kantonen, um ihre Standortqualität aufzuwerten. Viel Bewegung in der Steu- Derzeit ist in der Steuerlandschaft der Schweiz viel Bewegung auszumachen. Der warme Geld- erlandschaft der Schweiz regen, der aus den Golderlösen der SNB auf die Kantone niederging, sowie die Neugestaltung des Finanzausgleichs haben in nicht wenigen Kantonen den finanzpolitischen Spielraum erhöht. Die neue Bewegungsfreiheit wird für Steueroffensiven genutzt, um die eigene Standortqualität zu verbessern. Eine nähere Aufstellung der kürzlich erfolgten bzw. geplanten Steuergesetzrevi- sionen ist im separat verfügbaren, regionalen Teil der Immobilienstudie zu finden (Swiss Issues Immobilien: Immobilienmarkt 2008 – Regionen). Steuerpolitische Erfolgs- Die steuerpolitische Erfolgsgeschichte des Kantons Zug, welcher als erster Kanton der Schweiz modelle finden Nachahmer konsequent auf eine hohe Steuerattraktivität setzte, sowie ermutigende Ergebnisse von Kanto- nen wie Nidwalden oder Schwyz, welche auf eine ähnliche Strategie setzten, finden immer mehr Nachahmer. Das ist nicht weiter verwunderlich, geraten doch Kantone, welche ihre Steuersitua- tion nicht verbessern, zunehmend unter Druck. Geringere Erfolge bei der Ansiedlung von Steu- erzahlern – sowohl von juristischen wie natürlichen Personen – sind Zeichen dafür, dass ein Kanton im Steuerwettbewerb ins Hintertreffen geraten ist. Allein das Bevölkerungswachstum derjenigen Kantone in der Schweiz, welche eine überdurchschnittliche Steuerattraktivität auf- weisen, liegt mit jährlich 0.8% im Mittel der letzten fünf Jahre um 0.2% über der steuerlich we- niger attraktiven Hälfte der Schweiz. Auch Obwalden, jüngstes Mitglied in der Gilde der Kanto- ne, die mit Steuerentlastungen ihre Standortqualität zu verbessern trachten, kann bereits an- sehnliche Anfangserfolge bei der Zahl der Neuzugänge von Firmen und Privatpersonen vorwei- sen. Steuerwettbewerb mit Der sich aus der weitgehenden Steuerautonomie der Gebietskörperschaften ergebende Hand- regional unterschiedlicher lungsspielraum ist die Grundvoraussetzung für einen lebhaften Steuerwettbewerb. Der Wettbe- Intensität werb spielt jedoch nicht überall mit derselben Intensität. Insbesondere in der Zentral- und der Ostschweiz wird der Kampf um Steuerzahler heftig ausgetragen. Dagegen ist in der westlichen Hälfte der Schweiz zumindest auf Stufe der Kantone keine vergleichbare Dynamik auszuma- chen, weil u.a. die Steuerbelastungsunterschiede insgesamt kleiner ausfallen. Da sich die meis- ten Wanderungsbewegungen auf engem Raum abspielen, ist es beispielsweise für den Kanton Neuenburg unerheblich, ob der Kanton Obwalden seine Steuern senkt. In der Tat sind Wohn- sitzverlagerungen typischerweise ein kleinräumiges Phänomen. 44% aller Umziehenden in der Schweiz bleiben in derselben Gemeinde wohnhaft, 71% bleiben der angestammten Region treu und gar 84% der Migrationsbewegungen verlaufen nicht über die Kantonsgrenzen hinweg. Die- ses Migrationsverhalten ist auf steigende Wanderungskosten in Form von Verlusten des sozia- len Beziehungsnetzes und sinkender Vertrautheit mit der neuen Region zurückzuführen, die um- so gewichtiger ausfallen, je grösser die Migrationsdistanz ist. Somit besteht ein gewisser Dis- tanzschutz, der dem Sog tiefer Steuern entgegenwirkt. Daraus folgt, dass für die Attraktivität einer Gemeinde neben der Höhe der eigenen Steuerbelastung insbesondere das Steuergefälle zu den benachbarten Regionen und Gemeinden relevant ist. Steuergefälle als Mass für Auf Basis unserer jährlich erhobenen Steuerbelastungsindizes haben wir erstmals eine Kennzif- die komparativen Steuer- fer für das Steuergefälle einer Gemeinde gebildet. Dabei werden die Steuerbelastungsdifferen- vorteile zen zu allen übrigen Gemeinden der Schweiz zusammengezählt. Um dem Distanzschutz Rech- Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 10 nung zu tragen, wird eine gewichtete Summe gebildet, welche sowohl die Distanz zwischen den einzelnen Gemeinden berücksichtigt als auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Wande- rung über eine solche Distanz kommt. Letztere kann aufgrund des im Zeitraum 1995–2000 be- obachteten Wanderungsverhaltens in der Schweiz relativ genau ermittelt werden. Das derart be- rechnete aggregierte Steuergefälle kann als Mass dafür angesehen werden, wie stark eine Ge- meinde durch tiefere Steuerbelastungen in der für sie massgeblichen näheren Umgebung kon- kurrenziert wird. Flaches Steuergefälle im In Abbildung 1 markieren die dunkelblauen Flächen Standorte, an denen ein hohes positives Alpenraum Steuergefälle besteht. Diese Gemeinden setzen sich relativ zu ihrer Umgebung durch eine be- sonders attraktive Steuerbelastung ab. Umgekehrt kennzeichnen dunkelgraue Flächen Gemein- den, deren Steuerbelastung viel höher ausfällt als in den umliegenden Nachbargemeinden, was wir als ein hohes negatives Steuergefälle bezeichnen. Ein intensives positives Gefälle ist im Wirtschaftsraum Zürich und Teilen der Innerschweiz zu beobachten. Die gesamte Alpenregion ist dagegen durch eine eher flache Verteilung des Steuergefälles geprägt. Einerseits lassen die topographischen Verhältnisse nur wenig Spielraum für reduzierte Ausgaben, die für ambitiöse Steuerstrategien unabdingbar sind, andererseits sind die Erfolgsaussichten solcher Strategien im teilweise von Abwanderungsbewegungen geplagten Alpenraum natürlich weniger gross. Abbildung 1 Positives und negatives Steuergefälle der Gemeinden in der Schweiz 2007 Index der nach Distanz und Umzugsrayon gewichteten, aggregierten Steuerbelastungsdifferenzen Index 2007 > 125 100 - 125 75 - 100 50 - 75 25 - 50 0 - 25 -20 - 0 -40 - -20 -60 - -40 < -60 Quelle: Credit Suisse Economic Research, Tribut AG, Geostat Arg unter Druck sind die St. Galler Gemeinden am oberen Ende des Zürichsees, die Gemein- den im Kanton Neuenburg, viele Standorte im Westen des Kantons Freiburg sowie vereinzelte Gemeinden im zentralen Mittelland, zumeist an der Grenze zum eher steuergünstigen Kanton Aargau. Trotz durchschnittlich deutlich höherer Steuerbelastung in der westlichen Hälfte der Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 11 Schweiz sorgt der Distanzschutz für ein einigermassen erträgliches Steuergefälle. Die Existenz der Sprachgrenze sowie durchschnittlich grössere Kantone, in denen dasselbe Steuerregime gilt, haben in der westlichen Schweiz vermutlich ebenfalls dazu beigetragen, dass der Steuer- wettbewerb auf einer niedrigeren Stufe spielt und sich nur vereinzelt Oasen mit hohem positi- vem Steuergefälle herausgebildet haben. Signifikant höheres Bevöl- Zahlreichen Untersuchungen1 ist es in der Vergangenheit nicht gelungen, empirisch einen signi- kerungswachstum korre- fikanten Zusammenhang zwischen dem Wanderungsverhalten und der Steuerbelastung zu iden- liert mit positivem Steuer- tifizieren, obwohl gerade die zunehmende Intensität des Steuerwettbewerbs auf der Existenz gefälle dieses Zusammenhanges beruht. Dies mag damit zusammenhängen, dass unterschiedliche steuerliche Belastungen bei geringen Einkommen weniger ins Gewicht fallen und die steuerli- chen Vorteile zumeist durch höhere Immobilienpreise respektive Mieten aufgewogen, wenn nicht gar überkompensiert werden. Unabhängig davon liefert die Entwicklung einer Masszahl für das Steuergefälle eine relative Grösse, die den Zusammenhang möglicherweise besser erklärt. Eine der wenigen Studien, welche einen signifikanten Zusammenhang nachweisen konnten, stützte sich ebenso auf eine relative Steuerbelastungsgrösse2. Es wird interessant sein, den Zusam- menhang erneut zu untersuchen. Eine erste Auswertung zeigt, dass das Bevölkerungswachs- tum an den Standorten mit einem positiven Steuergefälle in den letzten 5 Jahren rund doppelt so gross ausgefallen ist als in den Gemeinden mit einem negativen Steuergefälle. Bevölkerungsentwicklung Die Wohnraumnachfrage ist eng mit der Bevölkerungsentwicklung verknüpft. Genauere Kennt- nisse der Bevölkerungsbewegungen erlauben folglich ein besseres Verständnis der Wohnungs- nachfrage. Dynamisches Bevölke- Die Zahl der Einwohner hat im Laufe des Jahres 2006 die Schwelle von 7.5 Mio. überschritten. rungswachstum Damit trat eine leichte Beschleunigung des Bevölkerungswachstums ein, das sich mit 0.67% positiv vom schwachen Wachstum der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre abhebt. Europaweit gilt dies als stattliches Wachstum, das mit Ausnahme von Liechtenstein von keinem der Nach- barstaaten erreicht wird. Unterdessen ist eine weitere Beschleunigung eingetreten, so dass an die Werte zu Beginn des neuen Jahrtausends oder gar an die hohe Bevölkerungsdynamik Ende der Achtzigerjahre angeknüpft werden kann. Erheblicher Zuwande- Getragen wird das Bevölkerungswachstum gegenwärtig zu vier Fünfteln von der Zuwanderung. rungsschub Der Einwanderungsüberschuss lag 2006 mit 39'400 Personen um 8.8% über demjenigen von 2005 (36’200). Diese Zahl hat 2007 eine sprunghafte Zunahme auf geschätzt 70'000 Perso- nen erfahren. Auch im laufenden Jahr dürfte die Zuwanderung hoch bleiben. Die Ursache die- ser Zuwanderungswelle ist der guten konjunkturellen Situation sowie der Aufhebung der Kon- tingentsregelung am 1. Juni 2007 zuzuschreiben, die in den fünf Jahren zuvor lediglich eine be- schränkte Zahl von 15'000 Daueraufenthaltern und 115'500 Kurzaufenthaltern pro Jahr zu- liess. Seither ist gegenüber den alten EU-Staaten, Malta, Zypern und den Ländern der EFTA die volle Personenfreizügigkeit realisiert. Eine Schutzklausel würde es erlauben, ab Juni dieses Jahres wieder Kontingente einzuführen, allerdings nur bis 2011. Als Folge dieses Zuwande- rungsschubes dürfte sich das Bevölkerungswachstum 2007 auf schätzungsweise 1.1% erhöht haben. Solche Werte besitzen Seltenheitswert. Letztmals konnte die Schweiz zu Beginn der Neunzigerjahre ein ähnlich hohes Wachstum verzeichnen. Damals lieferte jedoch der Geburten- überschuss einen grösseren Beitrag, als dies heute mit noch knapp 15'000 mehr Geburten als Sterbefällen der Fall ist. Da das Bevölkerungswachstum tendenziell der Konjunkturentwicklung hinterherhinkt, dürfte auch bei einer Abschwächung der Konjunktur für 2008 mit einer über- durchschnittlichen Zunahme der Bevölkerung gerechnet werden. Unterstellt man die durch- schnittliche Belegungsdichte in der Schweiz, welche gegenwärtig knapp unter 2.2 Personen pro Wohnung liegt, so schafft allein die letztjährige Zunahme der Einwanderung eine Mehrnachfrage von 13'700 Wohnungen. 1 Z.B. Lars P. Feld (1999): Steuerwettbewerb und seine Auswirkungen auf Allokation und Distribution: Eine empirische Analyse der Schweiz, Dissertation, Universität St. Gallen. 2 Sara Carnazzi Weber / Sylvie Golay (2005): Interne Migration in der Schweiz, Vertiefungsanalyse der Volkszählung 2000, Bundesamt für Statistik (BFS). Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 12 Die ausländische Wohnbevölkerung verteilt sich ungleich über die Schweiz und konzentriert sich stark auf städtisch geprägte Regionen. Zwei von fünf Ausländern wohnten Ende 2006 in den Kantonen Zürich, Genf und Waadt. Entsprechend bekommen die städtisch geprägten Kantone die Zuwanderungswelle in Form eines erhöhten Bevölkerungswachstums stärker zu spüren. Überlagert wird der Einfluss der internationalen Zuwanderung bedeutungsmässig von der Bin- nenwanderung. Im Jahr 2006 wurden in der Schweiz 413'900 Binnenwanderungen registriert. Zumeist handelt es sich um Wohnortswechsel zwischen zwei Gemeinden in derselben Region und damit um Wanderungen über nur kurze Distanzen. Über die Kantonsgrenzen hinweg wur- den im Jahr 2006 nur 116'000 Wohnsitzverlegungen gezählt. Diese vermögen dennoch in ein- zelnen Kantonen die Wanderungsbilanzen erheblich zu verändern. So wird der positive internati- onale Wanderungssaldo in standortschwachen Kantonen wie Uri, Glarus und Neuenburg aber auch in Basel-Stadt erheblich vermindert oder gar in ein Wanderungsdefizit umgewandelt. Da- gegen ist ein wesentlicher Anteil des überdurchschnittlichen Bevölkerungswachstums der Kan- tone Schwyz, Obwalden, Freiburg, Aargau und Wallis auf positive Binnenwanderungssaldi zu- rückzuführen (Abbildung 2). Abbildung 2 Wanderungsbewegungen nach Kantonen 2006 Wanderungssalden in Prozent der ständigen Bevölkerung 1.2% International 1.0% Interkantonal Total 0.8% 0.6% 0.4% 0.2% 0.0% -0.2% -0.4% -0.6% -0.8% AG ZG SZ ZH AR SO AI VD SG BL GL SH FR VS GR BS OW GE BE TG UR NW LU JU NE TI Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS) Siedlungsdichte als Mass Die Konzentration der Bevölkerung äussert sich in unterschiedlichen Bevölkerungsdichten. Für für den Bevölkerungsdruck die Schweiz gilt ein Mittelwert von 187 Einwohnern pro Quadratkilometer. Unproduktive Flä- chen, welche keiner Nutzung als Siedlungsfläche zugeführt werden können, wie beispielsweise Wälder, Gewässer oder Felslandschaften, gehen ebenfalls in die Berechnung der Bevölke- rungsdichte ein und geben kein genaues Mass für den vorherrschenden Bevölkerungsdruck. Für unsere Zwecke interessiert die Zahl der Einwohner, welche sich die nutzbare Bodenfläche teilen müssen. Wir haben daher im Nenner nur diejenigen Flächen berücksichtigt, welche rein theoretisch maximal für Siedlungsflächen nutzbar wären, und berechnen daraus die Siedlungs- dichte. Diese beläuft sich auf 638 Personen pro Quadratkilometer nutzbare Fläche. Extremwer- te lassen sich in Städten wie Basel und Zürich beobachten, wo die Siedlungsdichte gegen 6'000 Personen pro Quadratkilometer Nutzfläche strebt. Eine extensive Besiedelung weisen Regionen wie der Jura, das Entlebuch oder die Region La Broye auf, wo die Siedlungsdichte Werte zwischen 150 und 200 Einwohner pro Quadratkilometer annimmt. Erstaunlich hohe Sied- Abbildung 3 gibt einen Überblick über den Bevölkerungsdruck auf die theoretisch verfügbare lungsdichte im Wallis und Siedlungsfläche in der Schweiz. Ein hoher Siedlungsdruck herrscht rund um den Zürichsee, in im Tessin der Stadt Zürich, den nahegelegenen Satellitenstädten Baden und Winterthur und den Korrido- ren dazwischen. Grundsätzlich heben sich die Städte erwartungsgemäss ab. Gross ist der Sied- lungsdruck aber auch im Tessin, wo aufgrund der topographischen Verhältnisse die nutzbare Fläche stark beschränkt ist. Wider Erwarten hoch ist die Siedlungsdichte auch im Kanton Wallis, Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 13 wo nur die Regionen Leuk und Goms eine eher extensive Besiedelung kennen. Es lassen sich aber auch Regionen identifizieren, in denen gemessen an der verfügbaren Fläche die Bevölke- rung noch nicht sehr zahlreich ist. Liegt eine solche Region im Einzugsbereich einer grossen und dynamischen Agglomeration, ist damit zu rechnen, dass der Bevölkerungsdruck über die kommenden Jahrzehnte spürbar zunehmen wird. Dies gilt für das Fricktal, das Freiamt, das Knonaueramt sowie die Regionen Morges und Aigle. Abbildung 3 Siedlungsdichte 2006 Einwohner pro Quadratkilometer Nutzfläche; Nutzfläche = Gesamtfläche – unproduktive Fläche Einwohner pro km2 Nutzfläche 1'400 - 6'070 850 - 1'400 750 - 850 650 - 750 550 - 650 450 - 550 350 - 450 250 - 350 150 - 250 Veränderung der Siedlungsdichte bis 2015 Rückgang < -2% Anstieg > 5% Quelle: Credit Suisse Economic Research, Bundesamt für Statistik (BFS), Geostat Einkommen Ob und wie stark sich der Bedarf nach Wohnraum auf dem Immobilienmarkt manifestiert, ent- scheidet in erster Linie das Einkommen. Das stetig steigende Bedürfnis nach mehr Wohnraum kann so lange nicht befriedigt werden, wie die Budgetrestriktion eine höhere Nachfrage verhin- dert. In Zeiten steigenden Einkommens, wie wir sie gegenwärtig erleben, können die aufgestau- ten Bedürfnisse realisiert werden, weshalb die Nachfrage sprunghaft zunimmt. Wohnausgaben steigen mit Langfristige Vergleiche offenbaren, dass mit steigender Wohlfahrt die Ausgaben für Wohnen in dem Wohlstand ähnlichem Ausmass ansteigen. Zusätzliches Einkommen wird – zumindest teilweise – auf dem Immobilienmarkt wieder ausgegeben. Aus Abbildung 4 geht hervor, dass trotz erheblicher Wohlstandserhöhungen die Haushalte in der Schweiz stets rund 15% bis 18% ihres Einkom- mens zu Wohnzwecken ausgaben. Im Gegensatz zu den Nahrungsmittelausgaben ist dieser An- teil über Jahrzehnte hinweg recht konstant geblieben. Er steigt gegen den aktuellen Rand ten- denziell sogar an. Diese Beziehung lässt sich mit ähnlichem Ergebnis bis fast zum Beginn des Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 14 letzten Jahrhunderts zurückverfolgen. Wohnen steht damit weit oben auf der Pyramide der Be- dürfnisbefriedigung. Dies zeigt auch der steigende Flächenverbrauch pro Kopf. Die Haushalte sind demnach darauf bedacht, zusätzliches Einkommen für eine Verbesserung der Wohnsitua- tion auszugeben, was sich in einem höheren Bedarf nach Wohnfläche niederschlägt. Steigt das Einkommen, ist daher mit Mehrausgaben für Wohnbelange, sprich mit einer erhöhten Nachfra- ge nach Wohnungen und Häusern zu rechnen. Abbildung 4 Wohnkosten im langfristigen Vergleich und zunehmender Flächenverbrauch Wohnkosten in Prozent des Einkommens (linke Skala), Flächenverbrauch in Quadratmetern pro Person (rechte Skala) 50% 46.8 50 Flächenverbrauch in Quadratmeter pro Kopf (rechte Skala) 45% 42.2 45 40% 37.6 40 Ausgaben für Nahrungsmittel in 35% Prozent des Einkommens 32.2 35 30% 26.7 30 25% 25 20% 20 15% 15 Wohnkosten* in Prozent 10% des Einkommens 10 5% 5 0% 0 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 ** * Kosten für Wohnen und Energie ** Prognose Quelle: Credit Suisse Economic Research, Bundesamt für Statistik (BFS) Arbeitseinkommen als zen- Da es sich bei den Nachfragern um Haushalte und nicht Personen handelt, stehen die Struktur trale Einkommensquelle und Entwicklung der Haushaltseinkommen im Vordergrund. Das Haushaltseinkommen umfasst sämtliche Einkommen, die in irgendeiner Form dem Haushalt zufliessen. Hauptsächlich stammt das Haushaltseinkommen von den Arbeitseinkommen der Erwerbstätigen eines Haushaltes. Die traditionellen Einverdienerhaushalte werden zunehmend von Mehrverdienerhaushalten abgelöst. In 37% der Haushalte sind mehr als eine Person erwerbstätig. Zum Erwerbseinkommen aus Arbeit zählen neben dem Grundlohn auch der 13. Monatslohn sowie andere jährliche Zulagen. Neben dem Erwerbseinkommen, das im Mittel 72.9% zum Haushaltseinkommen beiträgt, sind die Transfereinkommen mit 23.2% die zweite wesentliche Einkommensquelle. Unter Transfer- einkommen fallen Pensionskassengelder, AHV-Renten sowie andere Sozialleistungen. Als dritte Quelle sind Einnahmen aus Vermietung sowie weitere Vermögenseinkommen wie Zinsen, Divi- denden etc. zu nennen. Im Mittel tragen die Vermögenseinkommen 3.9% zum Haushaltsein- kommen bei. Ausweitung der Beschäfti- Im Jahr 2005 – dem jüngsten Jahr, über welches genaue Haushaltsdaten vorliegen – sind die gung, Aufstieg in besser Bruttoeinkommen der Haushalte um 5.4% angestiegen. Da auch die obligatorischen Ausgaben bezahlte Stellen und stei- angestiegen sind, verbleibt beim verfügbaren Einkommen noch eine Zunahme von 4%, die sich gende Löhne als Einkom- bei einer Teuerung von 1.2% auf einen realen Anstieg von 2.8% reduziert. Nach Einkommens- menstreiber einbussen in den Jahren 2003 und 2004 konnte damit wieder an die Phase steigenden Wohlstands zu Beginn des neuen Jahrtausends angeknüpft werden. Die Zunahme des Brutto- einkommens ist dabei nur teilweise auf Lohnerhöhungen zurückzuführen. Ein ebenso grosses Gewicht kommt der erhöhten Arbeitsleistung zu. Die gute Konjunkturlage hat ein Beschäfti- gungswachstum ausgelöst, von dem die Haushalte profitieren, indem die Erwerbstätigen ihren Beschäftigungsgrad erhöhen oder bisher erwerbslose Personen des Haushalts eine Erwerbstä- tigkeit aufnehmen. Im Jahr 2006, als das Beschäftigungswachstum einsetzte, wurden auf Voll- zeitbasis 66'000 Stellen geschaffen. Bereits nach drei Quartalen wurde diese Zahl im letzten Jahr übertroffen. Insgesamt kann im Jahr 2007 von rund 75'000 neuen Stellen ausgegangen werden, für das Jahr 2008 von einem anhaltenden, jedoch nicht mehr so dynamischen Be- Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 15 schäftigungsanstieg. Das Beschäftigungsplus dürfte etwa 1.4% erreichen, was rund 46'000 Stellen entspricht. Die Rahmenbedingungen sind daher günstig, so dass die Haushaltseinkom- men auch 2008 nochmals überdurchschnittlich zulegen dürften. Abbildung 5 Entwicklung der realen Bruttoeinkommen 1991–2007 Bruttoerwerbseinkommen: Median, real in CHF, ausschliesslich Vollzeiterwerbstätige; BIP: Wachstumsraten in Prozent 78'000 BIP-Wachstumsrate 4% Reales Brutto-Erwerbseinkommen 76'000 (linke Skala) 3% 74'000 2% 72'000 1% 70'000 0% 68'000 -1% 66'000 -2% 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), Seco, Credit Suisse Economic Research Einkommenswachstum Die Einkommen bei unverändertem Beschäftigungsgrad haben erst mit einiger Verzögerung auf geht weiter den Aufschwung reagiert. In den beiden Jahren 2005 und 2006 haben die Reallöhne mit Wachstumsraten von -0.2% und +0.1% stagniert. Im Zuge des kräftigen Beschäftigungsan- stiegs hat sich die Situation aufgehellt. Die Arbeitslosenraten sind im letzten Jahr unter die Schwelle von 3% gesunken und dürften im laufenden Jahr im Mittel bei 2.6% liegen. Damit herrscht in der Schweiz Vollbeschäftigung. Zahlreiche Branchen sehen sich einem zunehmend ausgetrockneten Arbeitsmarkt gegenüber, bekunden wachsende Schwierigkeiten bei der Per- sonalrekrutierung und sind froh über die im Rahmen der Personenfreizügigkeit erhöhte Zuwan- derung, welche die Probleme bei der Stellenbesetzung lindert. Unter diesen Umständen sind Betriebe vermehrt bereit, höhere Löhne zu bezahlen. Abbildung 6 Veränderung der Branchenstruktur Anteil der Beschäftigten, welche einer gewissen Lohnkategorie zugeordnet werden können, in Prozent Durchschnittliche jährliche Lohnkategorien Relativer Anteil Veränderung 1991 2004 1991–2004 Hohe Löhne 15.8% 20.3% 1.8% Mittlere Löhne 53.8% 50.2% -0.7% Niedrige Löhne 26.0% 25.1% -0.4% Quelle: Credit Suisse Economic Research Die Reallöhne dürften im laufenden Jahr wie schon 2007 im Mittel um gegen 1% zulegen. Im späten, aber spürbaren Anstieg der in Abbildung 5 dargestellten Einkommen im Jahr 2007 hat diese Entwicklung bereits Niederschlag gefunden. Wie der Grafik zu entnehmen ist, folgen die Erwerbseinkommen eines Vollzeiterwerbstätigen mehr oder weniger der Konjunktur, wobei eine zeitliche Verzögerung von fast drei Jahren auftritt. Hinter der Zunahme der realen Bruttoein- kommen verbergen sich neben Reallohnerhöhungen auch Veränderungen in der Beschäfti- gungsstruktur. Indem die Beschäftigten in besser entlöhnte Stellen aufsteigen, was oftmals mit Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 16 einem Branchenwechsel einhergeht, können sie ebenfalls ihre Einkommensströme verbessern. Abbildung 6 weist nach, dass der Anteil der Beschäftigen, welche einer hohen Lohnkategorie angehören, im Zeitraum von 1991 bis im Jahr 2004 von knapp 16% auf über 20% angestie- gen ist. Ein Teil der Zunahme des Erwerbseinkommens, wie in Abbildung 5 dargestellt, lässt sich daher auf strukturelle Veränderungen des Arbeitsangebotes zurückführen. Angebot Zenit im Wohnungsbau Die zentrale Grösse auf der Angebotsseite ist der Reinzugang an Wohnungen. Er umfasst die überschritten neuerstellten Wohnungen, bereinigt um die Zu- und Abgänge, welche durch Umbauten und Abbrüche bedingt sind, und bestimmt das Wachstum des Wohnungsbestandes. Unsere letztjäh- rige Schätzung, wonach sich der Wohnungsbestand im Jahr 2006 um rund 42'000 Wohnun- gen erhöhen dürfte, hat sich als ziemlich treffsicher erwiesen. Exakt 42'654 Wohnungen sind per Saldo dem Markt zugeführt worden. Der Reinzugang an Wohnungen hat sich entsprechend seinem Höhepunkt genähert und diesen im letzten Jahr mit geschätzt 44'000 Einheiten er- reicht. Der Zenit ist damit überschritten, und der Wohnbauboom verliert an Fahrt. Die Produktion verbleibt Die Abschwächung verläuft allerdings moderat. Von einem Einbruch der Produktion kann nicht jedoch auf hohem Niveau die Rede sein. Im Gegenteil, sie verharrt weiterhin auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Gegen Ende des dritten Quartals 2007 befanden sich 62'700 Wohnungen im Bau. Ein Re- kordniveau, welches seit Beginn der Erhebung im Jahr 1994 noch nie gemessen wurde. Der Grossteil dieser Wohnungen wird in diesem, der Rest im kommenden Jahr auf den Markt ge- langen, da in der Schweiz nach Baubeginn kaum ein Wohnbauprojekt noch gestoppt wird. Allein die hohe Zahl der in Bau befindlichen Wohnungen wird die Produktion für eine Weile noch auf ansprechendem Niveau sicherstellen. Für das Jahr 2008 rechnen wir mit einem erneut hohen Reinzugang von 42'000 Einheiten (Abbildung 7). Abbildung 7 Reinzugang und Wohnungsbestand Gestrichelte Linie: Schätzung/Prognose; helle Balken: Schätzung/Prognose 4'000'000 60'000 3'750'000 50'000 3'500'000 40'000 3'250'000 30'000 3'000'000 20'000 2'750'000 10'000 2'500'000 0 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 Wohnungsbestand Reinzugang (rechte Skala) Quelle: Credit Suisse Economic Research, Bundesamt für Statistik (BFS) Nullwachstum in einigen Die Zunahme des Wohnungsbestandes verläuft nicht überall gleichmässig. In den letzten sechs Gemeinden Jahren hat die Zahl der Wohnungen in 14 Gemeinden gar abgenommen. In weiteren 74 Ge- meinden entstand keine einzige Wohnung neu, oder Abgänge aufgrund von Abbrüchen bzw. Umbauten wogen die geringe Zahl neuerstellter Wohnungen auf. Die meisten dieser Gemein- den befinden sich ausserhalb der Agglomerationen, weisen eine unterdurchschnittliche Erreich- barkeit auf und zählen zu den agrarischen Gemeinden, in denen dem Primärsektor noch ein ho- her Stellenwert zukommt. Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 17 Höchstes Wachstum an den Zahlenmässig am meisten Wohnungen werden in den suburbanen Gemeinden ausserhalb der Agglomerationsrändern Zentren geschaffen, gefolgt von den Städten, in denen sich seit 2003 Reurbanisierungstenden- zen in einer steigenden Zahl von neugeschaffenen Wohnungen bemerkbar machen. Die höchs- te Wachstumsrate ist hingegen insgesamt in den periurbanen Gemeinden festzustellen. Hierbei handelt es sich um die äusseren Gemeindegürtel der Agglomerationen, welche den Übergang zum ländlichen Raum kennzeichnen. Bauland ist an diesen Orten noch eher verfügbar und günstiger als im suburbanen Teil der Agglomerationen. Zudem ist dank des Ausbaus der Ver- kehrsinfrastruktur die Erreichbarkeit höher als im ländlichen Raum. Das Wachstum hat in allen Gemeindetypen zugelegt. Einzig die einkommensstarken Gemeinden, in welchen neben den Zentren die höchsten Bodenpreise bezahlt werden, verzeichnen eine Wachstumsverlangsa- mung, da hier Abgänge aufgrund von Abbrüchen zahlreich sind. Dort werden immer wieder Ein- familienhäuser trotz intakter Bausubstanz abgerissen, um Platz für ein Gebäude mit zwei bis drei Stockwerkeigentumswohnungen zu schaffen. Abbildung 8 Abbildung 9 Agglomerationsgemeinden mit hohem Reinzugang Zunahme vermehrt ausserhalb der Agglomerationen Reinzugangsquoten in Prozent des Wohnungsbestandes 2000–2006 Reinzugangsquoten in Prozent des Wohnungsbestandes Agglomeration Genf 1.2% Bellevue Crassier Agglomerationsgemeinden Plan-les-Ouates 1.1% Gemeinden ausserhalb der Agglomerationen Aire-la-Ville Agglomeration Freiburg 1.0% Givisiez Corminboeuf Neyruz (FR) 0.9% Hauterive Agglomeration Zürich 0.8% Islisberg Bassersdorf Neerach 0.7% Eglisau Buchs (ZH) 0.6% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), Credit Suisse Economic Research Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS) Ungebremster Trend zur Unter den rund drei Dutzend Gemeinden, welche in den letzten sechs Jahren die höchsten Zersiedelung Reinzugänge zu vermelden hatten, befinden sich auffallend viele Standorte, die sich einer der drei Agglomerationen Genf, Freiburg oder Zürich zuordnen lassen. Der Wohnungsbestand die- ser Gemeinden ist seit dem Jahr 2000 zwischen 20% und beinahe 50% angestiegen (Abbildung 8). Mehr als die Hälfte der Gemeinden mit dem höchsten Wachstum lässt sich er- staunlicherweise keiner Agglomeration zuordnen. Dies obwohl rund 73% aller Wohnungen in den Agglomerationen stehen, sprich in der städtischen Schweiz. Über alle Gemeinden betrach- tet fällt das Wachstum des Wohnungsbestandes – gemessen anhand der Reinzugangsquote, welche die Reinzugänge in Prozent des Wohnungsbestandes ausweist – ausserhalb der Agglo- merationen neuerdings wieder höher aus (Abbildung 9). Von einem Trend hin zu verdichtetem Bauen kann daher nicht die Rede sein. Die Zersiedelung geht ungebremst weiter. Graduelles Auslaufen des Der Blick auf die Zahl der Wohnungen, für welche ein Baugesuch gestellt oder eine Baubewilli- Wohnbaubooms gung erteilt wurde, erlaubt es, den weiteren Verlauf der Wohnbauproduktion besser abzuschät- zen. Im Verlaufe des Jahres 2007 ist die Zahl der baubewilligten Wohnungen um 8.4% gefal- len. Dagegen ist die Zahl der Gesuche nur um 1% gesunken. Die im Herbst 2006 von den Medien angekündigte Trendwende hat – jedenfalls wenn man die aussagekräftigere Zahl der Wohnungen und nicht nur die Zahl der Gesuche analysiert – eigentlich erst im Sommer 2007 stattgefunden. Wie dem rollenden 12-Monats-Vergleich der Abbildung 10 entnommen werden kann, ist der Wachstumstrend von einem Seitwärtstrend abgelöst worden. Dies gilt für die Ge- suche der Mehrfamilienhäuser, wozu die Miet- und Stockwerkeigentumswohnungen zählen. Nur die Gesuche bei den Einfamilienhäusern weisen eine deutlich rückläufige Tendenz auf. Diese Entwicklung kann als langsamer Kurswechsel der Angebotsseite oder als graduelles Auslaufen des Wohnbaubooms interpretiert werden. Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 18 Steigende Zahl von Projek- Die Abschwächung betrifft in erster Linie den Kanton Zürich sowie die Nordwest- und Zentral- ten wird überarbeitet oder schweiz. In diesen Grossregionen bilden sich nicht nur die Bewilligungen zurück, sondern auch gestoppt die Zahl der Wohnungen, für welche ein Baugesuch eingereicht wurde. Eine Scherenbewegung lässt sich im Kanton Tessin beobachten. Während die Zahl der baubewilligten Wohnungen im 2007 gegenüber dem Vorjahr um 15% einbrach, hat die Zahl der Gesuche im Tessin ihren Wachstumstrend unbeirrt fortgesetzt. Diese Diskrepanz lässt sich teilweise mit einer erhöhten Tendenz erklären, Gesuche zu überarbeiten, das heisst zu redimensionieren, oder gar ganz zu- rückzuziehen. Die Schere zwischen den Baubewilligungen und den Baugesuchen öffnet sich auch auf nationaler Ebene. Die Zinsanstiege haben die Refinanzierung verteuert und den Bar- wert einiger Wohnbauprojekte ins Negative gedrückt, wodurch die Investoren keinen Anreiz mehr für eine Fortsetzung des Projektes haben und das Gesuch sistieren. Die Unsicherheit auf- grund der US-Immobilienmarktkrise mag ebenfalls zu einem verstärkten Risikobewusstsein bei- getragen haben. Die Aufgabe von Bauvorhaben kann auch Projekte betreffen, für welche be- reits eine Baubewilligung vorliegt. Im langjährigen Mittel werden nur rund 85% der bewilligten Häuser und Wohnungen auch tatsächlich gebaut. Vor allem Trendwenden an der Zinsfront be- einflussen die Realisierungsquote spürbar. Mit der Abkehr der Hypothekarzinsen vom tiefen Ni- veau der Jahre 2003 bis 2005 in Richtung der historischen Mittelwerte fällt einer der wichtigs- ten Treiber des Wohnbaubooms weg. Abbildung 10 Baubewilligungen und Baugesuche in der Schweiz Anzahl Wohneinheiten, gleitende Summe über 12 Monate; EFH: Einfamilienhäuser, MFH: Mehrfamilienhäuser 45'000 Gesuche EFH Bewilligungen EFH Gesuche MFH Bewilligungen MFH 40'000 35'000 30'000 25'000 20'000 15'000 10'000 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Quelle: Schweizer Baublatt, Credit Suisse Economic Research Demographische Gründe Die ungebrochene Zunahme der Gesuche im Tessin ist auch Ausdruck des anhaltenden Wohn- als Treiber des Zweitwoh- baubooms in der Südschweiz. Dieser kann partiell auf die hohe Dynamik im Zweitwohnungsbau nungsbaus zurückgeführt werden. Wie in der letztjährigen Studie aufgezeigt, wächst gegenwärtig die Popu- lation der 45- bis 68-Jährigen am kräftigsten. In dieser Altersklasse rücken Zweitwohnungen in den Vordergrund. Das Vermögen steigt aufgrund von Erbschaften oder geringerer Ausgaben für die erwachsenen Kinder am stärksten und sorgt für den notwendigen finanziellen Spielraum. Zuweilen verschafft auch der Umzug aus dem Einfamilienhaus in eine Stockwerkeigentums- wohnung überschüssiges Kapital, das in eine Ferienwohnung investiert wird. Die Wohnungen dienen der Familie als Ferienwohnung oder werden bereits im Hinblick auf eine beabsichtigte Verlagerung des Wohnsitzes im Rentenalter erworben. Eine erneute Zunahme der Baugesuche kann auch in den beiden anderen Tourismuskantonen Wallis und Graubünden beobachtet wer- den. Eine Fortsetzung erfährt der Wohnbauboom ebenfalls im Genferseeraum und in der Ost- schweiz. Hinter der Entwicklung im Genferseeraum steht ein hoher Nachfragedruck, ausgehend vom dynamischen Wirtschaftsraum Genf/Lausanne. In der Ostschweiz ist es insbesondere der Kanton Thurgau, der im Mehrfamilienhausbau eine kräftige Zunahme der Projekte verzeichnet. Der Aufschwung im Wohnungsbau scheint hier eine neue Stufe zu zünden (Abbildung 11). Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 19 Abbildung 11 Veränderung der Baubewilligungen und Baugesuche nach Grossregionen Anzahl Wohneinheiten, Veränderung zwischen 2006 und 2007 15% Ostschweiz 10% Région lémanique 5% 0% -5% Zentralschweiz Espace Mittelland -10% Schweiz Nordwestschweiz -15% Tessin -20% Bewilligungen Zürich Gesuche -25% Quelle: Schweizer Baublatt, Credit Suisse Economic Research Dem allgemeinen Trend hin zu einer sinkenden Zahl von Baugesuchen können sich nicht nur einzelne Regionen, sondern generell auch die Zentren entziehen. Im Zuge der oben erwähnten massiven Zuwanderung steigt die Nachfrage nach Wohnraum besonders in den Zentren. Denn sie sind die bevorzugten Standorte der Zugezogenen, was ein Ausländeranteil von 28% doku- mentiert. Allein die Städte und die inneren Agglomerationsgürtel beherbergen annähernd drei Viertel aller Ausländer in der Schweiz. Von der strukturelle Veränderungen der Immigration, wel- che dem Land einen verstärkten Zustrom von hochqualifizierten und gut bezahlten Arbeitskräf- ten beschert, profitieren tendenziell die Zentren mehr als die suburbanen Gemeinden, welche eher die bevorzugten Wohngegenden der weniger zahlungskräftigen Zuzüger sind. Auf die ver- änderte Zusammensetzung der Zuwanderer reagiert auch das Angebot in den einkommensstar- ken Gemeinden, wo die Zahl der Baugesuche entgegen dem Trend um 5% angestiegen ist. Abbildung 12 Verteilung der Baubewilligungen nach Wohnformen Anzahl Wohneinheiten, gleitende Summe über 12 Monate 25'000 Einfamilienhäuser Mietwohnungen 20'000 Stockwerkeigentum 15'000 10'000 5'000 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Quelle: Schweizer Baublatt, Credit Suisse Economic Research Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
| 20 Stockwerkeigentum wei- Trotz der steigenden Zahl von Baugesuchen in den Zentren, bei welchen es sich mehrheitlich terhin Stütze des Woh- um Mietwohnungen handelt, hat der Mietwohnungsbau seine Rolle als Wachstumstreiber ein- nungsbaus gebüsst. Abbildung 12 zeigt anhand der Verteilung der Baubewilligungen nach Wohnform, dass das Stockwerkeigentum den Wohnungsbau stützt und mit über 44% unangefochten dominiert. Den Rückgang im Einfamilienhaussegment führen wir auf das mittlerweile hohe Preisniveau be- sonders von Bauland zurück. Acht Jahre ununterbrochenes Preiswachstum haben den Traum vom Einfamilienhaus für viele Haushalte in weite Ferne gerückt. Der Baukostenanstieg von über 11% in den letzten drei Jahren war dem Wunsch nach den eigenen vier Wänden genauso we- nig förderlich. Ein Teil dieser Nachfrage verlagert sich ins Stockwerkeigentum und dürfte dort zur anhaltenden Angebotsausweitung auf hohem Niveau beitragen. Abbildung 13 Abbildung 14 Reinzugang nach Zimmern Angebotsziffern nach Zimmern Zahl der neuerstellten Wohnungen bereinigt um Zu-/Abgänge Basierend auf der Zahl der inserierten Wohnungsangebote 18'000 1-Zimmer 2-Zimmer 5.0% 1-Zimmer 2-Zimmer 3-Zimmer 4-Zimmer 3-Zimmer 4-Zimmer 16'000 4.5% 5-Zimmer 6-Zimmer 5-Zimmer 6-Zimmer 14'000 4.0% 12'000 3.5% 10'000 3.0% 8'000 2.5% 6'000 2.0% 4'000 1.5% 2'000 1.0% 0 0.5% -2'000 0.0% 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2004 2005 2006 2007 Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), Credit Suisse Economic Research Quelle: Immovista, Credit Suisse Economic Research Unveränderte Angebots- Typischerweise werden kleine Wohnungen öfter am Markt angeboten. Deren Nutzer sind häufi- quote gegenüber dem Vor- ger Veränderungen beruflicher oder persönlicher Art ausgesetzt, was sich in einer tieferen Ver- jahr weildauer bzw. einem höheren Umschlag solcher Wohnungen niederschlägt. Man spricht dem- zufolge bei kleinen Wohnungen von einem liquideren Markt. Die Angebotsziffer, welche die Zahl der Angebote zum Bestand in Beziehung setzt, ist daher umso höher, je kleiner die Wohnung ist (Abbildung 14). Interessanter ist die Veränderung der Angebotsquoten über die Zeit. Im Zuge steigender Reinzugänge in den letzten Jahren (Abbildung 13) ist die Angebotsquote im Markt von 2.7% im Jahr 2004 auf aktuell 3.2% angestiegen. Trotz erneut höherer Produktion im letz- ten Jahr hat sich die Angebotsquote auf diesem Niveau stabilisiert. Das parallele Anziehen der Nachfrage hat einen weiteren Anstieg verhindert. Alle Wohnungsgrössen verzeichnen unverän- derte Angebotsquoten gegenüber dem Vorjahr mit Ausnahme der 1-Zimmer-Wohnungen. De- ren Quote ist dem Trend dieser Wohnungsgrösse entsprechend leicht gesunken. Marktergebnis Gleichlauf von Angebot und Die eingangs dieser Studie beschriebenen Eigenschaften des Gutes Immobilie, namentlich des- Nachfrage sen Standortgebundenheit sowie lange Produktionszeiten, verhindern eine rasche Räumung der Immobilienmärkte. Dadurch können Marktungleichgewichte länger Bestand haben, was mit ein Grund für die im Vergleich mit anderen Konsum- oder Gebrauchsgütern hohe Preisvolatilität von Immobilien ist. Im Vorjahr stand der Immobilienmarkt noch unter dem Eindruck des hohen Out- puts von Wohnungen. Das im Laufe des letzten Jahres immer freundlichere Konjunkturbild hat eine von Zuwanderung und Einkommenszuwächsen getragene, kräftige Nachfrage geschaffen. Das üppige Wohnungsangebot stiess somit auf eine robuste Nachfrage, wodurch praktisch die gesamte Angebotsausweitung absorbiert werden konnte. Die prognostizierte moderate Erhö- hung der Leerwohnungsziffer ist zwar eingetreten, sie war mit nur gerade 700 zusätzlichen Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Immobilien – Fakten und Trends 2008
Sie können auch lesen