Fledermausschutz im Schatten der Windenergie - Deutschlands Experten vermissen Transparenz und bundesweite Standards in den Genehmigungsverfahren ...
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Marcus Fritze et al., Fledermausschutz im Schatten der Windenergie Fledermausschutz im Schatten der Windenergie Originalarbeit Deutschlands Experten vermissen Transparenz und bundesweite Standards in den Genehmigungsverfahren Von Marcus Fritze, Linn S. Lehnert, Olga Heim, Oliver Lindecke, Manuel Roeleke und Christian C. Voigt Eingereicht am 05. 07. 2018, angenommen am 21. 08. 2018 Abstracts Im Zuge des Ausbaus der erneuerbaren Energien in Deutschland Bat conservation in the shadow of wind energy – Germany’s experts wurden in der letzten Dekade zunehmend Konflikte mit dem miss transparency and nationwide standards in approval proce- Artenschutz evident, da gesetzlich geschützte Fledermäuse re- dures gelmäßig an Windenergieanlagen (WEA) getötet werden. Oft Over the past decade, the expansion of energy production from werden Bau und Betrieb von WEA erst durch Minderungsmaß- renewable sources has led to increasing conflicts, which are most nahmen, wie z. B. Abschaltzeiten bei hoher Fledermausaktivität, evident in the relatively high numbers of bats killed at wind genehmigungsfähig. Wie häufig solche Maßnahmen in Fachgut- turbines (WT). In many cases, operation of a WT is only granted achten vorgeschlagen und inwieweit diese in der Praxis umge- under species-specific mitigation measures, such as WT curtail- setzt werden, war Gegenstand einer bundesweiten Experten- ments to minimize bat collisions. Here, we present a nationwide umfrage, an der Behördenmitarbeiter, Fachgutachter, Vertreter stakeholder survey about the content and implementation of von Umweltschutzorganisationen, Windkraftvertreter und Wis- suggested mitigation schemes for the operation of WT. Stake- senschaftler teilnahmen (167 Antworten). Die Antworten der holder groups included conservation authorities, consultants, Teilnehmer waren heterogen, wobei sich die Angaben der Wind- wind energy representatives, NGO and volunteer bat experts, kraftvertreter oft stark von denen der Behörden- und der Gut- as well as researchers in this field (167 responses). In general, achtervertreter unterschieden. responses were heterogeneous and answers of members of the Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer schätzte, dass der Anteil wind energy sector were often contrasting with those of author- der Fachgutachten, welche Abschaltzeiten empfehlen, unter 50 % ities and consultants. liegt. Auch die Anzahl der Gemehmigungen mit beauflagten Most experts estimated that less than 50 % of the reports sug- Abschaltzeiten scheint relativ niedrig zu sein. Daraus lässt sich gested curtailments. Also, the number of commissioned curtail- ableiten, dass die Zahl der Schlagopfer vermutlich höher ist als ments seems to be relatively low. Thus, collision risks may not erwartet. be sufficiently reduced and the number of bats killed at WT may Zudem scheint die Umsetzung der Genehmigungsauflagen be higher than anticipated. Further, experts criticized the lack durch die Behörden nur bedingt kontrolliert zu werden. Die of monitoring of implementation of commissioned operating Anzahl von Rechtsstreiten über beauflagte Abschaltzeiten scheint schemes for WT. Additionally, experts confirm a relatively high hoch zu sein. Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer hielt gene- number of lawsuits about commissioned curtailments. Most re- relle WEA-Abschaltzeiten mit saisonaler und/oder regionaler spondents favoured a general, nationwide WT curtailment with Anpassung für sinnvoll. seasonal and regional restrictions to reduce bat fatality. 1 Einleitung beeinträchtigt werden und ob sich (2) sicherheiten bei der Datenerhebung zu durch den Betrieb der WEA das Tötungs- begegnen und Abschaltzeiten anzupassen Windenergieanlagen (WEA) stellen welt- risiko von Fledermausindividuen in signi- („adaptives Management“). weit eine der größten anthropogenen Ge- fikanter Weise erhöhen könnte (Lukas Mit Hilfe der hier vorgestellten bundes- fährdungsquellen für Fledermäuse dar 2016). Wird im Ergebnis solcher Gutachten weiten Expertenbefragung soll ein quanti- (Arnett et al. 2016, O’Shea et al. 2016) erwartet, dass Fledermäuse in signifikanter tativer Überblick darüber erfolgen, wie und (Abb. 1). In Deutschland sind alle vorkom- Weise gestört oder getötet werden, müssen in welchem Umfang die gängigen Schutz- menden Fledermausarten nach § 7 des spezielle Vermeidungs- oder Minderungs- maßnahmen in Genehmigungsverfahren Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) maßnahmen durchgeführt werden, damit gefordert, beauflagt und umgesetzt wer- besonders und streng geschützt und genie- das WEA-Vorhaben genehmigungsfähig den. Hierzu wurden involvierte Gruppen ßen nach § 44 BNatSchG artenschutzrecht- wird (Lukas 2016). (Behördenvertreter, Fachgutachter, Ver- liche Zugriffsverbote. Das Aufstellen von Häufig werden in Gutachten zwei Maß- treter der Windenergie u. a.) befragt. WEA bedarf immissionsschutzrechtlicher nahmen für den Betrieb von WEA vorge- Genehmigungsverfahren, die auch eine schlagen, und zwar (1) pauschale Abschalt- 2 Methoden artenschutzrechtliche Prüfung in Form von zeiten für die WEA, wenn die prognosti- Artenschutzgutachten (hier: Fledermaus- zierte lokale Aktivität von Fledermäusen Die Umfrage wurde im Zeitraum vom gutachten) beinhalten. In diesen soll über- es erfordert, und (2) eine betriebsbeglei- 03.05.2016 bis 27.05.2016 über die Online prüft werden, ob (1) die lokal vorkommen- tende Datenerhebung (im Folgenden als Plattform SurveyGizmo (https://www. den Fledermäuse durch den Bau und den Monitoring bezeichnet), um unzureichen- surveygizmo.com/) durchgeführt. Der Fra- Standort der WEA in ihrem Lebensraum de Daten zu ergänzen, methodischen Un- gebogen beinhaltete sowohl Fragen mit 20 N ATU RS C H U TZ u nd L and s ch af ts pla nu ng | 51 (01) | 2019
Marcus Fritze et al., Fledermausschutz im Schatten der Windenergie Mehrfach-Auswahl-Antworten zum Ankli- Abb. 1: Totfund einer Originalarbeit cken als auch Textboxen mit der Option Rauhautfledermaus für frei formulierte Texte. Der Link zur (Pipistrellus nathusii) während der Zugzeit an Umfrage wurde an ungefähr 1000 E-Mail- einem Windkraft-Stand- Adressen versandt, mit der Bitte um Wei- ort mit vermeintlich terleitung an potenzielle Teilnehmer (Kol- niedriger Fledermaus- leginnen und Kollegen). Unter Einschrän- aktivität. kung der uns verfügbaren E-Mail-Adressen © Christian C. Voigt konnten wir etwa 500 Behördenvertreter (Umweltämter, Naturschutzbehörden), 300 Fachgutachter und Landschaftsplaner (Fachgutachterbüros, freie Fachgutachter, Planungsbüros; im Folgenden als Gutach- ter zusammengefasst), 100 Vertreter oder Assoziierte der WEA-Industrie (Interessen- verbände, Ingenieurbüros, Rechtsanwälte, Betreiber, im Folgenden als Windkraftver- treter zusammengefasst), 50 Vertreter von Umweltschutzorganisationen und ehren- amtlich Tätige (z. B. NABU, BUND, im Fol- genden als NGO & Ehrenamt zusammen- gefasst) sowie 50 Wissenschaftler univer- sitärer und außeruniversitärer Einrichtun- gen erreichen. Teilnehmer, die die Frage „Kommen Sie beruflich mit dem Thema Fledermäuse und Windkraft in Kontakt?“ verneinten, wurden anhand ihrer Angaben zur ehrenamtlichen Tätigkeit im Flederm- ausschutz überprüft und der Gruppe „NGO & Ehrenamt“ zugeordnet. Alle Fachexperten erhielten die gleichen Fragen, die in drei Blöcke unterteilt waren. In der vorliegenden Arbeit fassen wir die de, Webcode 2231). Am stärksten beteilig- Die zweite Frage thematisierte die Re- Ergebnisse des Blocks „Fledermausgutach- te sich Behördenvertreter (47 % aller Ant- alisierung von Abschaltzeiten in der Praxis. ten und Genehmigungsverfahren“ zusam- worten), gefolgt von Gutachtern (34 %). Konkret fragten wir, wie hoch der Anteil men (s. die in Tab. 1 aufgeführten Fragen). 9 % aller Antworten entfielen auf die Grup- der Genehmigungen ist, die Abschaltzei- pe NGO & Ehrenamt und 6 % auf die Wind- ten beauflagen. Behördenvertreter und 3 Ergebnisse und Diskussion kraftvertreter. Die wenigsten Beantwortun- Windkraftvertreter schätzten diesen Anteil gen lieferten Wissenschaftler (4 %). im Vergleich zu den Gutachtern tendenzi- 3.1 Rücklauf und Verteilung über ell höher ein (Abb. 2b). Damit lässt sich geografische Regionen und 3.2 Praxis der Genehmigungsverfahren feststellen, dass die Behörden tendenziell Interessensgruppen mehr beauflagen, als die Gutachter fordern. Abschaltzeiten stellen aufgrund ihrer Wirk- Folgt man der Publikation von Gebhard Insgesamt wurden 168 Fragebögen voll- samkeit eine allgemein akzeptierte Maß- und Kollegen (2016), in der die Qualität ständig beantwortet. Nach Überprüfung nahme dar, um das Tötungsrisiko für Fle- der Gutachten als heterogen eingeschätzt der Validität der Umfrageteilnehmer muss- dermäuse an WEA zu senken (Arnett et wird, wäre eine plausible Erklärung für te ein ausgefüllter Fragebogen aussortiert al. 2011, Biehl et al. 2017, Lindemann et unser Ergebnis, dass Behörden bei qualita- werden, da er keiner der o. g. Gruppen al. 2018). Mit unserer ersten Frage baten tiv schlechten Gutachten korrigierend ein- zugeordnet werden konnte. Unter der kon- wir um eine Schätzung des relativen An- greifen müssen, weil sie den Schlussfolge- servativen Annahme, dass lediglich ein Teil teils an Gutachten, die Abschaltzeiten rungen der Gutachter nicht folgen. Die der von uns angeschriebenen Adressaten empfehlen (Frage 1, Tab. 1). Die Antwor- Gründe hierfür können vielfältig sein und an der Umfrage teilnahm, betrug die Rück- ten der Gutachter, Behördenvertreter und reichen von mangelhafter Qualifizierung laufrate 17 %. Zwar gehen wir davon aus, Windkraftvertreter zeichneten ein hetero- bzw. fehlender Zertifizierung/Akkreditie- dass einige der Adressaten unserer Bitte genes Bild. Die Hälfte der Windkraftvertre- rung der Gutachter bis hin zu finanziellen nachkamen und die Umfrage an weitere ter gab an, dass zwischen 75 % und 100 % Aspekten wie qualitätsmindernde Kosten- Teilnehmer verschickten, allerdings konn- aller Gutachten Abschaltzeiten für den senkungen („Preisdumping“) seitens der ten wir dies aufgrund der Anonymisierung Betrieb von WEA empfehlen. Zu einer ähn- Gutachter (Gebhard et al. 2016). In der nicht nachverfolgen. lichen Einschätzung kamen lediglich 15 % Tagespresse ist des Öfteren sogar von Ba- Den größten Rücklauf erhielten wir aus der Behördenvertreter und 7 % der Gut- gatellisierungen der Artenschutzbelange Nordrhein-Westfalen (14,1 % aller Antwor- achter. Insgesamt gab etwa die Hälfte der in den Gutachten die Rede, bei denen ver- ten), gefolgt von Hessen (11,2 %) und beiden letztgenannten Gruppen an, dass einzelt Gutachter unter Verdacht stehen, Baden-Württemberg (10,7 %; s. Tab. A1 im weit weniger als 50 % der Gutachten diese in sogenannten Gefälligkeitsgutachten das Online-Supplement unter www.nul-online. Maßnahme empfehlen (Abb. 2a). tatsächliche Gefährdungspotenzial im Sin- 51 (01) | 2019 | NAT UR SCHUTZ und L andschaf tsp l a n un g 21
Marcus Fritze et al., Fledermausschutz im Schatten der Windenergie Tab. 1: Zusammenfassung der in Themenfeld „Block III Auflagen im Genehmigungsbescheid“ der Rechtslage. Vor einigen Jahren noch wur- Originalarbeit Umfrage gestellten Fragen. de ein Monitoring beauflagt, um später per In Gutachten werden in der Regel Maßnahmen vorgeschlagen, die eine Störung und ein signifikantes Auflagenvorbehalt Abschaltzeiten festzu- Tötungsrisiko vermeiden sollen. Basierend auf diesen Vorschlägen kann die zuständige Behörde Auflagen legen, falls im Ergebnis erhöhte Aktivitäten in die Genehmigungsbescheide aufnehmen. Folgende Fragen beziehen sich auf das Bundesland, in dem Sie hauptsächlich aktiv sind. von Fledermäusen festgestellt werden, die im Gutachten vorab methodisch nicht hin- 1) Bitte schätzen Sie den relativen Anteil von Gutachten, die Abschaltzeiten fordern. (Antworten: < 5 %, 5–25 %, 26–50 %, 51–75 %, 76–100 %, Ich kann es nicht einschätzen) reichend erfasst werden konnten. Nach derzeit gültigem Recht hingegen ist es nicht 2) Bitte schätzen Sie den relativen Anteil von Genehmigungsverfahren, die Abschaltzeiten beauflagen. (Antworten: < 5 %, 5–25 %, 26–50 %, 51–75 %, 76–100 %, Ich kann es nicht einschätzen) mehr gestattet, Erfassungsdefizite aus vo- rangegangen Gutachten mittels Monitoring 3) Bitte schätzen Sie den relativen Anteil von Gutachten, die ein betriebsbegleitendes Monitoring als Auflage zu kompensieren. Es müssen fordern. (Antworten: < 5 %, 5–25 %, 26–50 %, 51–75 %, 76–100 %, Ich kann es nicht einschätzen) hinreichend gesicherte Erkenntnisse aus 4) Bitte schätzen Sie den relativen Anteil von Genehmigungsbescheiden, die ein betriebsbegleiten- der Erfassung der Fledermäuse am Stand- des Monitoring beauflagen. (Antworten: < 5 %, 5–25 %, 26–50 %, 51–75 %, 76–100 %, Ich kann es nicht einschätzen) ort existieren („hinreichender Anfangsver- dacht“), um eine Abschaltung in Verbin- 5) In welchen Zeiträumen halten Sie ein solches Monitoring für sinnvoll, um die Abschaltzeiten dung mit Monitoring als Auflage zu begrün- anzupassen, bzw. festzulegen. (Antworten: Anpassung/Festlegung 1 Jahr nach Betriebsbeginn, Anpassung/Festlegung 2 Jahre nach Betriebsbeginn, Anpassung/Festlegung 3 Jahre nach den (OVG-Magdeburg 2013). Folglich Betriebsbeginn, Anpassung/Festlegung nach [Vorschlag], Regelmäßige Untersuchung und besteht das Dilemma in der Genehmigungs- Anpassung in folgenden Zeitabständen [Vorschlag], halte ich nicht für sinnvoll, keine Angaben) praxis, dass eine Tötungsrisikoabschätzung 6) Bitte schätzen Sie den relativen Anteil von Genehmigungsverfahren, bei denen ein betriebsbeglei- vor dem Bau der WEA nur bedingt möglich tendes Monitoring zu Abschaltzeiten geführt hat. ist, da Erfassungen meist auf Bodenniveau (Antworten: < 5 %, 5–25 %, 26–50 %, 51–75 %, 76–100 %, Ich kann es nicht einschätzen) erfolgen und nicht zwangsläufig die Fleder- 7) Bitte schätzen Sie den relativen Anteil von WEA, für die letztendlich Abschaltzeiten gelten. maus-Aktivitäten in Gondelhöhe wider- (Antworten: < 5 %, 5–25 %, 26–50 %, 51–75 %, 76–100 %, Ich kann es nicht einschätzen) spiegeln (Lintott et al. 2016, Müller et 8) Wissen Sie, wo Sie Informationen über die Anzahl der beauflagten Anlagen einholen können? al. 2013), andererseits jedoch der Anfangs- (Antworten: Ja, Nein) verdacht hinreichend mit Daten belegt 9) Wenn „Ja“, wo können Sie Informationen über die Anzahl der beauflagten WEA einholen? werden muss, um ein Gondel-Monitoring (Antwort: Möglichkeit der freien Eingabe) (in Verbindung mit Abschaltzeiten) recht- 10) Wird die Einhaltung von Auflagen Ihrer Meinung nach ausreichend und regelmäßig überprüft? fertigen zu können. (Antworten: Ja, Nein, Ich weiß es nicht) Ein relativ neuer Ansatz lautet deshalb: 11) Bitte schätzen Sie den relativen Anteil von Genehmigungsverfahren, bei denen es nach der „Umkehr der Beweislast“ – ein Verfahren, Beauflagung von Abschaltzeiten zu einem Rechtsstreit gekommen ist. bei dem ein Anfangsverdacht für das Vor- (Antworten: < 5 %, 5–25 %, 26–50 %, 51–75 %, 76–100 %, Ich kann es nicht einschätzen) kommen von kollisionsgefährdeten Fleder- 12) Halten Sie bundesweit einheitlich geltende Abschaltzeiten für WEA (z. B. während der Migrations- mäusen immer besteht und damit bestimm- phasen) für sinnvoll? (Antworten: Ja, Nein, Ja unter folgender Bedingung [Vorschlag], ich weiß es te Abschaltzeiten pauschal nach dem Vor- nicht) sorgeprinzip erforderlich sind. Wenn der 13) Gibt es in dem Bundesland, in dem Sie hauptsächlich tätig sind, einen Leitfaden zum Umgang WEA-Investor oder -Betreiber diese Ab- mit Windkraftprojekten in der Planungspraxis? (Antworten: Ja, Nein, Mir nicht bekannt) schaltzeiten reduzieren will, muss er mit- 14) Wenn „Ja“, nutzen Sie diesen Leitfaden bei Ihrer Arbeit? (Antwort: Ja, Nein, Keine Angabe) tels Gutachten nachweisen, dass am Stand- 15) Wie aktuell ist dieser Leitfaden? (Antwort: Aktuell [Erschienen 2014 oder später], Erschienen- ort der WEA nur eine geringe Fledermaus- zwischen 2011 und 2013, Erschienen vor 2011, Ich weiß es nicht, Keine Angabe) aktivität besteht. Dieses Verfahren wurde in der „Arbeitshilfe zur Berücksichtigung 16) Gibt es in diesem Leitfaden Empfehlungen zum Untersuchungsumfang und zu Methoden für die Erfassung von Fledermäusen? (Antwort: Ja beides; Ja, aber nur zum Umfang; Ja, aber nur zu des Fledermausschutzes bei der Genehmi- Methoden; Ist mir nicht bekannt) gung von Windenergieanlagen in Thürin- 17) Gibt es in diesem Leitfaden Empfehlungen zur Auswertung der Erfassungsergebnisse gen“ (Dietz et al. 2015) erstmals umge- (z. B. Schwellenwerte für Abschaltzeiten)? (Antwort: Ja, Nein, Ist mir nicht bekannt, Keine Angabe) setzt. Einige Behörden außerhalb Thürin- gens wenden diesen Ansatz auch so an, 18) Schätzen Sie, in welchem Maße der empfohlene Untersuchungsumfang den tatsächlichen Unter- suchungsbedarf bei Windkraftvorhaben abdeckt. (Antwort: 1–5, Nach Schulnotenprinzip) dass der Investor per Selbstverpflichtung Abschaltzeiten beantragt (wodurch er im Gegenzug Voruntersuchungen einspart) ne des Auftraggebers herunterzuspielen che an, dass 75 bis 100 % der Gutachten und durch nachfolgendes Monitoring die (vgl. Bahn 2016, Dietel 2017, Nabu 2017, ein Monitoring fordern, das später auch in Möglichkeit eingeräumt wird, die Abschalt- Wasmund 2014). einem ähnlich hohen Anteil der Genehmi- zeiten zu reduzieren (mündliche Mitteilun- In zwei weiteren Fragen thematisierten gungsbescheide beauflagt wird (s. Abb. A2a gen von Behördenvertretern aus Mecklen- wir das betriebsbegleitende Monitoring und b im Online-Supplement unter www. burg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt). (Tab. 1). Konkret fragten wir, wie hoch nul-online.de, Webcode 2231). Die Ein- Eine solche betriebsbegleitende Anpassung der relative Anteil von Gutachten ist, die schätzung der Behördenvertreter und der von Abschaltzeiten wird auch als „adapti- ein Monitoring empfehlen (Frage 3) und Gutachter unterschied sich von derjenigen ves Management“ bezeichnet und als Mög- wie hoch der Anteil von Genehmigungs- der Vertreter der Windenergiebranche. In lichkeit gesehen, den Windenergieausbau bescheiden ist, die ein Monitoring be- der Summe scheinen die Behörden das unter gleichzeitiger Berücksichtigung von auflagen (Frage 4). Wie schon bei den Monitoring jedoch weniger häufig zu be- Naturschutzbelangen zu beschleunigen ersten beiden Fragen gaben auch hier die auflagen, als es die Fachgutachter fordern. (Biehl et al. 2017, Bulling & Köppel 2017, Hälfte der Vertreter der Windenergiebran- Der Grund hierfür liegt in der geänderten Köppel et al. 2014). 22 N ATU RS C H U TZ u nd L and s ch af ts pla nu ng | 51 (01) | 2019
Marcus Fritze et al., Fledermausschutz im Schatten der Windenergie Originalarbeit 2a 2b Abb. 2: Prozentuale Verteilung* der Antworten auf Tab. 2: Zusammenfassung der genannten Bedingungen für die Zustimmung zu bundeseinheitlich gelten- (a) die Frage 1: Bitte schätzen Sie den relativen Anteil den WEA-Abschaltzeiten (zur Vereinheitlichung wurden Antworten durch die Autoren interpretiert und von Gutachten, die Abschaltzeiten empfehlen und zusammengeführt; ausführliche Antworten s. Tab. A2 im Online-Supplement unter www.nul-online.de, (b) die Frage 2: Bitte schätzen Sie den relativen Anteil Webcode 2231). von Genehmigungsbescheiden, die Abschaltzeiten beauflagen; in den vorgegebenen Kategorien, Bedingung Gruppe (Anzahl) Gesamt A: < 5 %, B: 6–25 %, C: 26–50 %, D: 51–75 %, Regionale bzw. standortspezifische Behörde (7), Fachgutachter (6), NGO & 15 E: 76–100 % und F: Ich kann es nicht einschätzen. Differenzierung Ehrenamt (2) (* Die relative Breite der Spalten in diesen und den folgenden Kastendiagrammen entspricht der Zahl Vereinheitlichung/Klärung von Recht und Behörde (4), Fachgutachter (1), NGO & 7 der Antworten, die Höhe der Kategorien dem Pro- Untersuchungsstandards Ehrenamt (1), Windkraftvertreter (1) zentsatz der Antworten.) Bundesweiter Mindeststandard mit möglicher Behörde (3), NGO & Ehrenamt (1) 4 Erweitung/Verminderung Klimatische Parameter als Prognose für Fleder- Behörde (2) 2 In unserer Umfrage stellten wir deshalb mausaktivität die Frage: „Halten Sie bundesweit ein- Dauerhafte Anpassung durch betriebs- Behörde (1), Fachgutachter (1) 2 heitlich geltende Abschaltzeiten für WEA begleitendes Monitoring (z. B. während der Migrationsphasen) für sinnvoll?“ (Frage 12). Hierbei stimm- te die Mehrheit der Behördenvertreter mit hinreichend bekannt (Lehnert et al. 2014, gen eine permanente Anpassung vor. Ein „Ja“ bzw. „Ja, unter bestimmten Bedingun- Voigt et al. 2012, 2016). weiterer großer Teil der Teilnehmer (ca. gen“ (s. Abb. 3 und Tab. 2 für die Aufzäh- In Frage 5 unserer Umfrage baten wir 50 %) gab an, dass die Anpassung nach ein lung der genannten Bedingungen). Dieser um eine Einschätzung, in welchen Zeit- bis drei Jahren sinnvoll sei, was gängiger Meinung waren auch mehr als die Hälfte räumen ein Monitoring für sinnvoll er- Praxis entspricht (Biehl et al. 2017). der NGO-Vertreter und Ehrenamtliche so- achtet wird, um Abschaltzeiten anzupas- Mit Frage 6 erkundigten wir uns nach wie ca. 50 % der Gutachter, während die sen bzw. festzulegen. Ein Großteil der dem relativen Anteil von Genehmigungs- Mehrheit der Windkraftvertreter mit „Nein“ Teilnehmer befürwortete eine Anpassung verfahren, bei denen ein Monitoring zu antwortete. Als Bedingung für eine Befür- in regelmäßigen Abständen (Abb. A3 im Abschaltzeiten führte. Nach heutiger wortung wurde am häufigsten angegeben, Online-Supplement unter www.nul-online. Rechtsprechung ist dies nur noch im Falle dass die regionale bzw. standortspezifische de, Webcode 2231), drei Teilnehmer schlu- eines „Repowerings“ (Ersetzen alter WEA Eigenheit des WEA-Standortes berücksich- tigt bleiben soll (Tab. 2), sodass die Mög- lichkeit besteht, Abschaltzeiten und Unter- suchungen anzupassen. In Anbetracht der kürzlich vom Bundesamt für Naturschutz veröffentlichten Studie ist eine solche Re- Abb. 3: Prozentuale Verteilung der Antwor- gelung auch sinnvoll, da sich die besonders ten auf die Frage 12: kollisionsgefährdeten, saisonal ziehenden Halten Sie bundesweit Fledermäuse in einem Breitfrontzug durch einheitlich geltende Deutschland zu bewegen scheinen (Me- Abschaltzeiten für WEA schede et al. 2017). Dadurch ist zumindest (z. B. während der Mig- für den saisonalen Fledermauszug jedes rationsphasen) für sinn- voll?; in den vorgege- Windkraftprojektgebiet betroffen bzw. be- benen Kategorien steht zumindest zur Migrationszeit stets A: Ja, B: Ja, unter be- der Anfangsverdacht (Abb. 1). Die beson- stimmten Bedingungen, dere Gefährdung der migrierenden Fleder- C: Nein und D: keine mausarten ist auch aus anderen Studien Einschätzung. 51 (01) | 2019 | NAT UR SCHUTZ und L andschaf tsp l a n un g 23
Marcus Fritze et al., Fledermausschutz im Schatten der Windenergie Originalarbeit 4 5 Abb. 4: Prozentuale Verteilung der Antworten auf die Frage 7: Bitte schätzen Sie den relativen Anteil von WEA, für die letztendlich Abschaltzeiten gelten.“ in den vorgegebenen Kategorien A: < 5 %, B: 6–25 %, C: 26–50 %, D: 51–75 %, E: 76–100 % und F: Ich kann es nicht einschätzen. Abb. 5: Prozentuale Verteilung der Antworten auf die Frage 8: Wissen Sie, wo Sie Informationen über die Anzahl der beauflagten Anlagen einholen können? in den vorgegebenen Kategorien Ja, Nein oder Ich kann es nicht einschätzen. Abb. 6: Prozentuale Verteilung der Antworten auf die Frage 10: Wird die Ein- haltung von Auflagen Ihrer Meinung nach ausreichend und regelmäßig über- prüft? in den vorgegebenen Kategorien A: Ja, B: Nein oder C: Ich kann es nicht einschätzen. 6 durch neue) möglich, da hier schon wäh- der WEA, die in ihrem Umfeld unter Auf- angaben, dieser Anteil sei gering (< 5 %), rend der Voruntersuchung ein Gondel- lagen betrieben werden, finden können. schätzten ihn etwa 40 % höher ein Monitoring an den Alt-WEA durchgeführt Den Antworten folgend kennt ein Großteil (Abb. 7a). werden kann (s. o.). Während die Mehrheit keine solche Ansprechstelle (Abb. 5). Die- Nach Auswertung der Beantwortung der Windkraftvertreter schätzt, dass ein jenigen Umfrageteilnehmer, die wussten, getrennt nach Bundesländern wird deut- Monitoring in mehr als 75 % der Fälle zu wo sie Informationen bekommen, gaben lich, dass es hinsichtlich der Anzahl der Abschaltzeiten führt, meinte die Mehrheit diverse Ansprechstellen an, die vermutlich Rechtstreite regionale Unterschiede zu der Behörden und Gutachter, der Prozent- zwischen den Bundesländern variieren. geben scheint (Abb. 7b). Dies könnte mit satz sei wesentlich geringer. Mehr als 20 % Die Mehrheit der befragten Behörden- der Verteilung der WEA-Genehmigungs- dieser beiden letztgenannten Gruppen vertreter und Gutachter und ein Drittel der verfahren zusammenhängen, da der WEA- schätzten sogar, dass dies weniger als Windkraftvertreter gab bei Frage 10 an, Ausbau in den Bundesländern nicht gleich 5 % der Fälle betrifft (Abb. A4 im Online- dass die Einhaltung der Auflagen nicht verteilt ist. In Anbetracht der hohen Anzahl Supplement unter www.nul-online.de, regelmäßig überprüft wird, während we- an Genehmigungsverfahren legen die ge- Webcode 2231). niger als 10 % der erstgenannten Interes- schätzten Prozentzahlen eine hohe abso- In Frage 7 erkundigten wir uns, wie sengruppen und gut 60 % der Vertreter der lute Anzahl an Rechtstreiten nahe. Dieses hoch der geschätzte relative Anteil von Windenergiebranche meinten, solche Über- Ergebnis zeigt einen hohen Bedarf an ju- WEA ist, für die letztendlich Abschalt- prüfungen würden tatsächlich durchge- ristischer Aufarbeitung des Themas Rechts- zeiten gelten. Der größte Anteil der Um- führt (Abb. 6). Aus den Antworten geht sicherheit von WEA-Genehmigungsauf- frageteilnehmer (40–50 %) schätzt, dass hervor, dass ein Großteil der WEA hinsicht- lagen auf. weit weniger als 25 % der in Deutschland lich der Einhaltung von Auflagen nicht gebauten WEA mit Abschaltzeiten laufen, kontrolliert wird. 3.3 Wie viele Fledermäuse sterben während knapp ein Drittel der Windener- In Frage 11 erkundigten wir uns, wie pro Jahr in Deutschland durch gievertreter meint, dieser Anteil betrage hoch der relative Anteil der Genehmi- WEA? mehr als 75 % (Abb. 4). gungsverfahren geschätzt wird, bei de- Mit den Fragen 8 und 9 erkundigten wir nen es nach der Beauflagung von Ab- Die erhobenen Daten bieten eine theoreti- uns, ob die Umfrageteilnehmer wissen, wo schaltzeiten zu einem Rechtsstreit kam. sche Grundlage, um die Zahl der getöteten sie Informationen bezüglich der Anzahl Während ca. 30 % der Umfrageteilnehmer Fledermäuse unter Berücksichtigung der 24 N ATU RS C H U TZ u nd L and s ch af ts pla nu ng | 51 (01) | 2019
Marcus Fritze et al., Fledermausschutz im Schatten der Windenergie geschätzten Häufigkeit von Abschaltauf- Originalarbeit lagen abzuschätzen. Diese Überlegungen unterliegen einer hohen Fehlerrate, da es vermutlich regional große Schwankungen in den tatsächlichen Schlagopferzahlen gibt. f Nach Rydell und Kollegen beträgt die durchschnittliche Schlagopferzahl in Deutschland 5,7 Individuen pro WEA und Jahr (Rydell et al. 2012). f Die staatliche Vogelschutzwarte Bran- denburg, die eine Datenbank für Kollisi- onsopfer an WEA unterhält, errechnete für ihr Bundesland eine durchschnittliche Schlagopferzahl von 24,5 Fledermäusen pro WEA und Jahr (Dürr 2015). f Brinkmann und Kollegen gehen bundes- weit durchschnittlich von etwa 10–12 toten 7a Fledermäusen pro WEA und Jahr aus, so- fern keine Abschaltung beauflagt wurde (Brinkmann et al. 2011). Da der letztgenannte Wert zwischen den Maximal- und Minimalwerten liegt, ziehen wir die Zahl 10 in unseren Überlegungen ohne Abschaltzeiten heran und die Zahl 2 für WEA mit Abschaltauflagen (Behr et al. 2016). Sofern man davon ausgeht, dass bundesweit weniger als 25 % der WEA un- ter Auflagen betrieben werden, wie es von der Mehrheit der Umfrageteilnehmer ge- schätzt wurde, ergäbe sich bei einer aktu- ellen Anzahl von etwa 30 000 WEA in Deutschland (Rohrig 2018) jährlich eine absolute Schlagopferzahl von mindestens 240 000 toten Fledermäusen. Wenn alle aktuell betriebenen WEA unter standard- mäßigen Abschaltauflagen laufen würden, würde der Schätzwert 60 000 betragen. Zu einer Unterschätzung der tatsächli- chen Kadaverzahl führt möglicherweise der Umstand, dass Fledermausschlagopfer in 7b keiner Statistik aufgeführt werden, wenn sie sich an WEA nur ein leichtes Barotrau- Abb. 7: Prozentuale Verteilung der Antworten auf die Frage 11: Bitte schätzen Sie den relativen Anteil von Ge- nehmigungsverfahren, bei denen es nach der Beauflagung von Abschaltzeiten zu einem Rechtsstreit gekommen ma zuziehen (Baerwald et al. 2008), an ist; in den vorgegebenen Kategorien A: < 5 %, B: 6–25 %, C: 26–50 %, D: 51–75 %, E: 76–100 % und F: Ich kann dem sie erst später verenden. Es ist drin- es nicht einschätzen; a) Angaben nach Interessenvertretern, b) Angaben nach Bundesländern (Herkunft der gend zu diskutieren, wie man mit jährli- Interessenvertreter). chen Schlagopferzahlen in dieser Größen- ordnung umgehen soll. Auf eine ethische Fledermausschutzmaßnahmen in den Gut- Frage 13, Abb. A5 im Online-Supplement Bewertung von Zehntausenden oder gar achten und deren Umsetzung in den Ge- unter www.nul-online.de, Webcode 2231). Hunderttausenden Schlagopfern sei an nehmigungsauflagen bundesweit vorhan- Hinsichtlich der fachlichen Qualität dieser Stelle verzichtet. Aus artenschutz- den ist (Abb. A1 im Online-Supplement und Vollständigkeit der Inhalte solcher fachlicher Sicht sind aufgrund der kumu- unter www.nul-online.de, Webcode 2231). Leitfäden gibt es unterschiedliche Auffas- lativen Schlagopferzahl der letzten Dekade, Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, sungen, die vermutlich auf die unterschied- die im Bereich der Millionen liegen könnte, dass erhebliche Unterschiede in den Leit- liche Aktualität der Leitfäden zurückzufüh- bereits Populationseffekte denkbar (Linde- fäden der einzelnen Bundesländer existie- ren sind (Frage 15, Abb. 9). Immerhin mann et al. 2018). ren, die die Fachexperten für ihre Arbeit gaben die meisten Umfrageteilnehmer an, nutzen (Hurst et al. 2015). Mehr als 80 % die Leitfäden beinhalteten sowohl Empfeh- 3.4 Die Rolle von Leitfäden in der der Behörden und Gutachter gaben an, dass lungen zum Untersuchungsumfang als Genehmigungspraxis sie einen in ihrem Bundesland existieren- auch zu Methoden für die Erfassung von den Leitfaden nutzen, ungefähr 20 % mach- Fledermäusen (Frage 16, Abb. A6 im On- Eine Evaluierung nach Bundesländern hat ten keine Angabe dazu; vermutlich weil in line-Supplement unter www.nul-online.de, ergeben, dass die o. g. Heterogenität in den ihren Bundesländern gar kein gültiger Webcode 2231). In Frage 18 wird jedoch Aussagen bezüglich der Forderungen nach Leitfaden existiert (vgl. Frage 14, Abb. 8; deutlich, dass aus Sicht der Behörden und 51 (01) | 2019 | NAT UR SCHUTZ und L andschaf tsp l a n un g 25
Marcus Fritze et al., Fledermausschutz im Schatten der Windenergie Abb. 8: Prozentuale Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen Verteilung der Antwor- (RENEBAT II). Umwelt und Raum, n. 7, Hanno- Originalarbeit ten auf die Frage 14: ver: Institut für Umweltplanung. Wenn „Ja“, nutzen Sie Biehl, J., Bulling, L., Gartman, V., Weber, J., diesen Leitfaden bei Dahmen, M., Geissler, G., Köppel, J. (2017): Ihrer Arbeit?; in den Vermeidungsmaßnahmen bei Planung, Bau und vorgegebenen Katego- Betrieb von Windenergieanlagen. Naturschutz rien Ja, Nein oder Keine und Landschaftsplanung 49 (2), 63-72. Einschätzung. Brinkmann, R., Behr, O., Niermann, I., Reich, M. (2011): Entwicklung von Methoden zur Unter- suchung und Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen. Umwelt und Raum Göttingen: Cuvillier Verlag, 457 S. Bulling, L., Köppel, J. (2017): „Adaptive Manage- ment“ in der Windenergieplanung – Eine Chan- ce für den Artenschutz in Deutschland? Natur- schutz und Landschaftsplanung 49 (2), 073-079. BWE (2016): Anzahl der Windenergieanlagen in Deutschland [Online]. Bundesverband Wind- Energie e.V. (https://www.wind-energie.de/ infocenter/statistiken/deutschland/windenergie anlagen-deutschland [Zugriff 22.11.2017 2017]) Gutachter der empfohlene Untersuchungs- Bewertungen von Untersuchungsergebnis- Dietel, B. (2017): Windkraft: Zweites Gutachten umfang in den Leitfäden den tatsächlichen sen und folglich von Einschätzungen zum sieht sehr hohes Konfliktpotenzial durch die ge- planten vier Anlagen in Lorch. Wiesbadener Untersuchungsbedarf bei Windkraftvorha- Gefährdungspotenzial von WEA. Kurier vom 17.01.2017, Mainz: VRM GmbH & ben nicht genügend abdeckt, denn nur Zusammenfassend ist festzustellen, dass Co. KG. knapp 40 % der Umfrageteilnehmer geben offenbar einzig den Naturschutzbehörden Dietz, M., Krannich, E., Weitzel, M. (2015): Ar- den Leitfäden diesbezüglich die Schulnoten als letzte Kontrollinstanz die Prüfung der beitshilfe zur Berücksichtigung des Fledermaus- 1 und 2 (Abb. 10). Einen Mangel scheint Gutachten hinsichtlich methodischer Voll- schutzes bei der Genehmigung von Windener- gieanlagen (WEA) in Thüringen. Seebach: Thü- es auch hinsichtlich der Empfehlungen zur ständigkeit, adäquater Ergebnisinterpreta- ringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie Auswertung der Untersuchungsergebnisse tion und daraus abgeleiteter Risikoein- im Auftrag des Thüringer Ministeriums für Um- zu geben (Frage 17), denn weniger als die schätzung obliegt. Die sogenannte natur- welt, Energie und Naturschutz, 121 S. Hälfte der Umfrageteilnehmer gab an, es schutzfachliche Einschätzungsprärogative Dürr, T. (2015): Zentrale Fundkartei über Anflugo- gebe solche Hinweise in den Leitfäden der Genehmigungsbehörde muss somit das pfer an Windenergieanlagen (WEA). Landesamt für Umwelt Abteilung Naturschutz – Staatliche (Abb. A7 im Online-Supplement unter Fehlen fachlicher Standards kompensieren Vogelschutzwarte. (http://www.lugv.branden- www.nul-online.de, Webcode 2231). Da- (Gellermann 2014, Lukas 2016). burg.de/cms/detail.php/bb1.c.321381.de [Zu- raus resultieren erhebliche qualitative Un- griff 22.11.2017 2017]) terschiede in den Interpretationen und Dank FA Wind (2016): Nachträgliche Anpassung immis- sionsschutzrechtlicher Genehmigungen aufgrund artenschutzrechtlicher Belange. Berlin: FA Wind. Wir danken den zahlreichen Umfrageteil- Gebhard, F., Kötteritzsch, A., Lüttmann, J., Kie- Fazit für die Praxis nehmern für die Beantwortung der um- fer, A., Hendler, R., Veith, M. (2016): Fördern fangreichen Fragebögen sowie Fachexper- Arbeitshilfen die Qualität von Fachgutachten? • Aus den Ergebnissen der bundesweiten ten für die hilfreichen und anregenden Naturschutz und Landschaftsplanung 48 (6), Interessenvertreter-Befragung geht Kritik 177-183. an der derzeitigen Situation der Genehmi- Gespräche. Gellermann, M. (2014): Zugriffsverbote des Ar- gungspraxis hervor, die Einheitlichkeit tenschutzrechts und behördliche Einschätzungs- und Transparenz vermissen lässt. Literatur prärogative. Natur und Recht 36, 597-605. • Es fehlt an bundeseinheitlichen Leitlinien, Arnett, E.B., Baerwald, E.F., Mathews, F., Rod- Hurst J., Balzer, S., Biedermann, M., Dietz, C., Dietz, M., Höhne, E., Karst, I., Petermann, R., standardisierten Genehmigungsverfahren rigues, L., Rodríguez-Durán, A., Rydell, J., Schorcht, W., Steck, C., Brinkmann, R. (2015): und den gesetzlichen Rahmenbedingun- Villegas-Patraca, R., Voigt, C.C. (2016): Im- Erfassungsstandards für Fledermäuse bei Wind- gen, um eine flächendeckende, effektive pacts of Wind Energy Development on Bats: A kraftprojekten in Wäldern. Natur und Landschaft Implementierung von Fledermausschutz- Global Perspective. In: Voigt, C.C. & Kingston, 90, 157-169. maßnahmen zu gewährleisten. T. (Eds.): Bats in the Anthropocene: Conserva- Köppel, J., Dahmen, M., Helfrich, J., Schuster, • Die Anzahl der WEA mit fledermaus- tion of Bats in a Changing World, Springer Inter- national Publishing, 295-323. E., Bulling, L. (2014): Cautious but committed: moving toward adaptive planning and operation freundlichen Abschaltzeiten scheint zu –, Huso, M.M.P., Schirmacher, M.R., Hayes, J.P. strategies for renewable energy‘s wildlife impli- niedrig, was vermutlich zu einer hohen (2011): Altering turbine speed reduces bat mor- cations. Environ. Manage. 54, 744-755. jährlichen Schlagopferzahl führt. Ein tality at wind-energy facilities. Frontiers in Ecol- Lehnert, L.S., Kramer-Schadt, S., Schönborn, S., quantitativer Überblick, wie viele WEA ogy and the Environment 9, 209-214. Lindecke, O., Niermann, I., Voigt, C.C. (2014): tatsächlich mit Minderungsmaßnahmen Baerwald, E.F., D‘Amours, G.H., Klug, B.J., Bar- Wind farm facilities in Germany kill noctule bats laufen, fehlt bislang. clay, R.M. (2008): Barotrauma is a significant from near and far. PLoS One 9, e103106. • Als wirksamste Fledermausschutzmaß- cause of bat fatalities at wind turbines. Curr. Biol. 18: R695-696. Lindemann, V.C., Runkel, V., Kiefer, A., Lukas, A. (2018): Abschaltalgorithmen für Fledermäuse nahme spricht sich die Mehrheit der Um- Bahn, W. (2016): Windpark „An den Bärenlö- an Windenergieanlagen. Naturschutz und Land- frageteilnehmer für bundesweite Ab- chern“: Verwaltungsgericht weist Klage eines schaftsplanung 50 (11), 418–425. schaltzeiten an WEA aus, die durch lokale Investors ab. Mitteldeutsche Zeitung vom Lintott, P.R., Richardson, S.M., Hosken, D.J., Anpassungen und betriebsbegleitendes 25.10.2016, Halle. Fensome, S.A., Mathews, F. (2016): Ecological Monitoring am WEA-Standort optimiert Behr, O., Brinkmann, R., Korner-Nievergelt, F., impact assessments fail to reduce risk of bat werden sollten. Nagy, M., Niermann, I., Reich, M., Simon, R. casualties at wind farms. Curr. Biol. 26, R1135- (2016): Reduktion des Kollisionsrisikos von R1136. 26 N ATU RS C H U TZ u nd L and s ch af ts pla nu ng | 51 (01) | 2019
Marcus Fritze et al., Fledermausschutz im Schatten der Windenergie of wind farms for European bats: A plea for in- ternational regulations. Biological Conservation Originalarbeit 153, 80-86. Wasmund, N. (2014): Gefälligkeitsgutachten für Windkraft? SHZ vom 20.11.2014, Flensburg: Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG. KO N TA K T Marcus Fritze arbeitete nach dem Studium an der TU Berlin und der Ernst-Moritz-Arndt- Universität Greifswald in einer Unteren Naturschutzbehörde, v. a. im Bereich Genehmigungs- verfahren für Windkraftbauvor- haben. Seit 2015 als Doktorand am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin mit Naturschutz- und Grundlagenforschung beschäftigt. Darüber hinaus 9 ehrenamtliches Engagement in verschiedenen Gremien. > fritze@izw-berlin.de Linn S. Lehnert ist Wildtierbio- login und forscht zur Ökologie von Fledermäusen und marinen Säugern. Nach dem Studium Arbeiten zur Habitatnutzung und Abundanz von Walen in der Antarktis sowie der Nord- und Ostsee an der Universität Kiel und der Tierärztlichen Hoch- schule Hannover. Seit 2013 am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung tätig, wo sie sich im Rahmen Ihrer Doktorarbeit intensiv mit dem Wanderverhalten von Fledermäusen und dem Spannungsfeld zwischen Windkraft und Fleder- mäusen beschäftigt hat. > lehnert@izw-berlin.de Dr. Olga Heim ist Wildtierbiolo- 10 gin und untersucht die Ökologie von Fledermäusen in Agrarland- Abb. 9: Prozentuale Verteilung der Antworten auf die Frage 15: Wie aktuell ist dieser Leitfaden?; in den vor- schaften. Nach dem Studium an gegebenen Kategorien A: Aktuell (Erschienen 2014 oder später), B: Erschienen zwischen 2011 und 2013, C: Er- der Universität Ulm arbeitete schienen vor 2011, D: Ich kann es nicht einschätzen oder E: Keine Angabe). sie von 2012 bis 2017 am Leib- Abb. 10: Prozentuale Verteilung der Antworten auf die Frage 18: Schätzen Sie, in welchem Maße der empfoh- niz-Institut für Zoo- und Wild- lene Untersuchungsumfang den tatsächlichen Untersuchungsbedarf bei Windkraftvorhaben abdeckt; in den tierforschung in Berlin und vorgegebenen Antwortmöglichkeiten von 1 (= gut) bis 5 (= schlecht). promovierte an der Universität Potsdam zur Ökologie von Fledermäusen in intensiv bewirtschafteten Landschaften. Anschließend Lukas, A. (2016): Vögel und Fledermäuse im Arten- OVG-Magdeburg (2013): Artenschutzrechtliches verbrachte sie Forschungsaufenthalte an der Yunnan- schutzrecht. Naturschutz und Landschaftspla- Tötungsverbot: Keine Umkehr der Beweislast bei Universität in China, an der Universität Tokyo in nung 48 (9), 289-295. Anfangsverdacht. ZNER 3, 328-331. Japan und an der Universität Turku in Finnland. Meschede, A., Schorcht, W., Karst, I., Bieder- Rohrig, K. (2018): Windenergie Report Deutsch- mann, M., Fuchs, D., Bontadina, F. (2017): land 2017. (Hrsg. Durstewitz, M., Behem, > heim@izw-berlin.de Wanderrouten der Fledermäuse. BfN-Skripten G., Berkhout, V., Buchmann, E., Cernusko, 453, BfN, 237 S. R., Faulstich, S., Hahn, B., Lutz, M.-A., Pfaf- Oliver Lindecke, Leibniz-Institut für Zoo- und Wild- Müller, J., Brandl, R., Buchner, J., Pretzsch, fel, S., Rehwald, F., et al.) Kassel: Fraunhofer tierforschung, Berlin H., Seifert, S., Strätz, C., Veith, M., Fenton, Verlag. > lindecke@izw-berlin.de B. (2013): From ground to above canopy-Bat Rydell, J., Engström, H., Hedenström, A., Lars- activity in mature forests is driven by vegetation en, J.K., Pettersson, J., Green, M. (2012): The Manuel Röleke, Leibniz-Institut für Zoo- und Wild- density and height. For. Ecol. Manage. 306, effect of wind power on birds and bats – A syn- tierforschung, Berlin 179–184. thesis report. n. 6511, Stockholm: Swedish En- NABU, Kreisverband Schaumburg (2017): „Ener- vironmental Protection Agency. > roeleke@izw-berlin.de giewende muss verträglich gestaltet werden“. Voigt, C.C., Lindecke, O., Schönborn, S., Kram- Focus, München: FOCUS Magazin Verlag GmbH. er-Schadt, S., Lehmann, D. (2016); Habitat use PD Dr. Christian C. Voigt,Leiter der Abteilung Evolu- O’Shea, T.J., Cryan, P.M., Hayman, D.T.S., Plow- of migratory bats killed during autumn at wind tionäre Ökologie am Leibniz-Institut für Zoo- und right, R.K., Streicker, D.G. (2016): Multiple turbines. Ecol. Appl. 26, 771-783. Wildtierforschung, Berlin mortality events in bats: a global review. Mam- Voigt, C.C., Popa-Lisseanu, A.G., Niermann, I., > voigt@izw-berlin.de mal Review 46, 175-190. Kramer-Schadt, S. (2012): The catchment area 51 (01) | 2019 | NAT UR SCHUTZ und L andschaf tsp l a n un g 27
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