Flexiblen Rahmen für mobiles Arbeiten si- chern

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Flexiblen Rahmen für mobiles Arbeiten si- chern
Flexiblen Rahmen für mobiles Arbeiten si-
chern
Gesetzlicher Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten widerspricht arbeits-
rechtlichen Grundsätzen

September 2020

Zusammenfassung
                                                 Solche Maßnahmen wären dazu geeignet
Die aktuelle Krisensituation aufgrund der        den bereits heute hohen Anteil von Home-
Corona-Pandemie zeigt, dass Arbeitgeber          office und mobiler Arbeit noch weiter zu stei-
und Beschäftigte auch zum Zweck des Infek-       gern. Ein starrer Rechtsanspruch mit bürokra-
tionsschutzes die Möglichkeiten des mobilen      tischen Begründungspflichten, warum Home-
Arbeitens verantwortungsvoll nutzen. Diese       office nicht möglich ist, würde dagegen die
positive Entwicklung darf nicht als Begrün-      Akzeptanz entsprechender Instrumente hin-
dung dafür dienen, wie von Bundesarbeitsmi-      dern.
nister Heil angedeutet, einen bürokratischen
Rechtsanspruch auf „Homeoffice“ einzufüh-        In verschiedenen Branchen haben auch die
ren.                                             Tarifpartner eine Reihe teils sehr unterschied-
                                                 licher Gestaltungsansätze für mobiles Arbei-
Ein gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice wi-     ten in einem Betrieb gefunden, die den Inte-
derspricht den Grundzügen des Arbeits-           ressen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern
rechts. Die Ausgestaltung des Arbeitsortes       gleichermaßen gerecht werden. Eine Stan-
muss sich ebenso wie die Arbeitszeit grund-      dardlösung gibt es nicht. Die jeweilige Ausge-
sätzlich nach den Wünschen und Anforderun-       staltung von mobilem Arbeiten liegt in der Ver-
gen der Kunden richten. Sie stellen durch ihre   antwortung der Arbeitsvertragsparteien, die
Nachfrage den Betrieb und auch die Arbeits-      dabei durch die Sozial- und Betriebspartner
leistung sicher. Die betrieblichen Erforder-     unterstützt werden können.
nisse müssen stets Berücksichtigung finden.
                                                 Neben unterstützenden Maßnahmen gibt es
Das Weisungsrecht des Arbeitgebers hin-          bereits zahlreiche Handlungsempfehlungen
sichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit   der Unfallversicherungsträger, Verbände und
ist konstitutiv für die Arbeitsbeziehungen und   praxisnahen Forschungsinstitute für die Un-
verfassungsrechtlich abgesichert. Ein Eingriff   ternehmen, wie mobiles Arbeiten bzw. Home-
in dieses Recht durch einen Anspruch auf         office gut und gesundheitserhaltend zu ge-
mobiles Arbeiten oder Homeoffice wäre ein        stalten ist. Die Unternehmen sind demnach in
schwerwiegender Eingriff in die Unternehmer-     Fragen der Arbeitsgestaltung bereits gut auf-
freiheit und mit höherrangigen verfassungs-      gestellt und können auf praktikable Empfeh-
rechtlichen Erwägungen nicht vereinbar. Statt    lungen zurückgreifen.
eines starren Anspruchs auf mobiles Arbeiten
sind nachhaltige Maßnahmen in Erwägung zu        Im Einzelnen
ziehen, die die Bereitschaft der Vertragspar-
teien steigern können, entsprechende Instru-     Durch die Digitalisierung kann Arbeit heute in
mente zu nutzen.                                 vielen Bereichen unabhängig von Ort und Zeit
erbracht werden. Mobiles Arbeiten schafft da-                   Die Berücksichtigung der Interessen der Be-
mit ein hohes Maß an Flexibilität für Beschäf-                  schäftigten ist umfassend gesichert, da die
tigte z. B. zur besseren Vereinbarkeit von Be-                  Ausübung des Weisungsrechts „nach billigem
ruf und Privatleben, zur Reduzierung von                        Ermessen“ erfolgen muss. Dies setzt voraus,
Pendel- und Präsenzzeiten, aber auch zur                        dass die wesentlichen Umstände des Falles
Optimierung des Kundenkontakts vor Ort.                         abgewogen und die beiderseitigen Interessen
Das erhöht die Produktivität und Mitarbeiter-                   angemessen berücksichtigt werden. Hierzu
zufriedenheit, wovon auch Arbeitgeber profi-                    gehören auch die sozialen Lebensverhält-
tieren.                                                         nisse der Beschäftigten, wie familiäre Pflich-
                                                                ten und Unterhaltsverpflichtungen.
Wichtig ist, zwischen den unterschiedlichen
Arten möglicher Vertragsgestaltung zu unter-                    Großes Angebot mobilen Arbeitens
scheiden. Das ist besonders relevant beim
Unterschied zwischen mobilem Arbeiten, und                      Insgesamt bieten 61 % aller Unternehmen in
des Homeoffice auf der einen sowie Telear-                      Deutschland ihren Beschäftigten, für die das
beit auf der anderen Seite. Hier bestehen                       möglich ist, die Option zum mobilen Arbeiten
zentrale Unterschiede. Beim mobilen Arbei-                      an. Der Anteil der Unternehmen steigt mit der
ten soll und kann die Arbeitsleistung generell                  Unternehmensgröße. Während 60 % der
von wechselnden Orten erbracht werden.                          Kleinstunternehmen (1 bis 9 Beschäftigte)
werden. Mobiles Arbeiten kann teilweise oder                    mobiles Arbeiten einrichten, sind es 65 % der
vollständig von zu Hause im Homeoffice erfol-                   kleinen Unternehmen (10 bis 49 Beschäf-
gen. Beim Einsatz im Homeoffice wird ver-                       tigte). Bei 83 % der mittelgroßen Unterneh-
traglich geregelt, dass und in welchem Um-                      men (50 bis 249 Beschäftigte) ist mobiles Ar-
fang der Beschäftigte die Arbeitsleistung bei                   beiten möglich. Bei den großen Unternehmen
sich zu Hause erbringt. Arbeit im Homeoffice                    (250 und mehr Beschäftigte) beträgt der An-
ist damit eine Gestaltungsform der mobilen                      teil 94 % (Destatis 2017).
Arbeit. Dies wird auch in der Covid19-Arbeits-
schutzregel zutreffend beschrieben. Telear-                     Die gegenüber dem mobilen Arbeiten engere
beit liegt demgegenüber dann vor, wenn der                      Beschäftigungsform des Homeoffice bieten
Arbeitgeber selbst den Arbeitsplatz in den                      35 % der Betriebe an (IAB 2017). Verglichen
Räumlichkeiten des Arbeitnehmers fest ein-                      mit dem Stand vor der Corona-Pandemie
richtet, die Gestaltung des Arbeitsplatzes also                 könnten sogar noch einmal bis zu 30 Prozent
unmittelbar auf ihn zurück zu führen ist. Die-                  der Beschäftigten aus dem Bereich der klas-
ser Fall ist in der Praxis eher selten.                         sischen Bürotätigkeiten von zu Hause arbei-
                                                                ten. In der Gruppe der Spezialisten und Ex-
Mobiles Arbeiten schafft Chancen                                perten voraussichtlich noch mehr (IAB 2020).
                                                                Das IAB hat auch festgestellt, dass beispiels-
Der Arbeitgeber muss im Wettbewerb mit an-                      weise 64 % der Beschäftigten, die bisher kein
deren Unternehmen die Erfüllung der Kun-                        Homeoffice genutzt haben, dies nicht möch-
denwünsche gewährleisten. Die Zufrieden-                        ten, weil eine Trennung von Beruf und Privat-
heit seiner Kunden entscheidet über den Er-                     leben gewünscht ist.
folg des Unternehmens und damit auch über
die Sicherheit der Arbeitsplätze. Betriebliche                  Diese Zahlen zeigen, dass es keines gesetz-
Erfordernisse müssen umfassend berück-                          geberischen Anstoßes bedarf, um mobiles Ar-
sichtigt werden. So kann beispielsweise die                     beiten zu fördern. Im Gegenteil, dort, wo mo-
Zusammenarbeit von Teams im Rahmen agi-                         biles Arbeiten möglich ist, gehört ein entspre-
ler Arbeitsmethoden die gemeinsame Arbeit                       chendes Angebot an die Beschäftigten zum
vor Ort erfordern. Daher ist es sachgerecht,                    Gesamtpaket, um als Arbeitgeber in Zeiten
dass er Ort und Zeit der Arbeitsleistung (§ 106                 des demografischen Wandels und Fachkräf-
Satz 1 Gewerbeordnung) bestimmt. Aufgrund                       temangels attraktiv insbesondere für junge
dieses Weisungsrechts legt der Arbeitgeber                      Fachkräfte sein zu können.
fest, ob die Beschäftigten ihre Arbeitsleistung
im Betrieb oder auch mobil erbringen.

                   Gesetzlicher Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten widerspricht arbeitsrechtlichen Grundsätzen
                   September 2020

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Dass es keines Anschubs von Homeoffice                          Zudem würde ein Rechtsanspruch bei Be-
durch einen Rechtsanspruch bedarf zeigen                        schäftigten, die diesen nicht in Anspruch neh-
auch die Erfahrungen anderer Länder: in Dä-                     men können, zusätzlich zur ohnehin oft be-
nemark, Norwegen und Finnland ist der                           sonders beanspruchenden Tätigkeit, zu zu-
Homeofficeanteil beispielsweise noch höher                      sätzlicher Unzufriedenheit führen, ein Aspekt,
als in Deutschland und auch hier gibt es kei-                   der angesichts der aktuellen gesellschaftli-
nen Anspruch auf Homeoffice – so wie auch                       chen Herausforderungen nicht unterschätzt
sonst in keinem Land, selbst die vielzitierten                  werden sollte. Gerade vor dem aktuellen Hin-
niederländischen Regelungen zum mobilen                         tergrund der Pandemiesituation aber auch
Arbeiten enthalten keinen Rechtsanspruch.                       darüber hinaus birgt ein Rechtsanspruch auf
                                                                Homeoffice die Gefahr der Spaltung der Be-
Zu prüfen sind im Rahmen der Diskussion                         legschaft und hat damit auch die Gefährdung
schließlich die gesamtgesellschaftlichen Fol-                   des Betriebsfriedens zur Folge, weil oftmals
gen zunehmender mobiler Arbeit. So wird                         gerade die Beschäftigten, deren Tätigkeiten
z. B. aus dem Vereinigten Königreich von ei-                    zur Bewältigung der Krise unentbehrlich sind,
ner teils existenzbedrohenden Verödung der                      diese Tätigkeit nicht im Homeoffice ausführen
Innenstädte berichtet, die auch grundsätzli-                    können.
che Folgen für Wirtschaft, Gesellschaft und
Kultur mit sich bringt.                                         Zudem können auch technische Hürden mo-
                                                                biles Arbeiten erschweren, wenn z. B. Inter-
Mobiles Arbeiten nicht überall möglich                          netverbindungen nicht mit ausreichender
                                                                Bandbreite zur Verfügung stehen (IAB 2020).
Ob die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten, ge-                   26% Prozent der aktuell Befragten (2017:
geben ist, hängt ganz überwiegend von der                       21%) gaben an, aufgrund mangelnder techni-
Art der Tätigkeit ab. In denjenigen Bereichen,                  scher Voraussetzungen wie z. B. einer man-
die derzeit von den Einschränkungen des öf-                     gelnden Breitbandversorgung nicht mobil ar-
fentlichen Lebens ganz oder stark betroffen                     beiten zu können (IAB 2020).
sind – wie etwa Gastronomie und Einzelhan-
delsgeschäfte, Sportstätten und Unterhal-                       Die auf der Positivliste der Bundesagentur für
tungsbetriebe, ist Homeoffice weitgehend                        Arbeit ausgewiesenen Mangelberufe z. B. im
nicht möglich (IAB 2020). Aber auch 66% der                     Pflegebereich sind von wenigen Ausnahmen
Beschäftigten aus den Funktionsbereichen                        abgesehen überwiegend solche, die nicht
Produktion und Dienstleistungen bleiben eher                    mobil oder im Homeoffice ausgeführt werden
an ihrem Arbeitsplatz (IAB 2020). In einer ak-                  können. Ein Rechtsanspruch auf Homeoffice
tuellen Befragung gaben 80% der Beschäftig-                     kann dazu führen, dass diese Tätigkeiten für
ten, ohne die Möglichkeit mobil zu arbeiten                     Beschäftigte an Attraktivität verlieren, ein
an, dass ihre Tätigkeit hierfür nicht geeignet                  Rechtsanspruch auf Homeoffice birgt daher
sei.                                                            die Gefahr einer empfindlichen Verschärfung
                                                                des Fachkräftemangels.
Es liegt auf der Hand, dass ein Krankenpfle-
ger keinen Schichtdienst von zu Hause aus                       Koalitionsvertrag sieht Förderung vor
machen kann und eine Monteurin in der Pro-
duktion muss zwangsläufig im Werk an der                        Auch der Koalitionsvertrag der Regierungsko-
Fertigungsstraße ihrer Beschäftigung nach-                      alition bietet keine Grundlage für einen ge-
gehen. Die Pflicht zur Begründung, dass mo-                     setzlichen Anspruch auf mobile Arbeit. Dort
biles Arbeiten nicht möglich ist, würde in die-                 heißt es vielmehr:
sen Bereichen nur zu sinnloser Bürokratie für
die Arbeitgeber führen. Dies stünde im klaren                   „Wir wollen mobile Arbeit fördern und erleich-
Widerspruch zum vom Koalitionsausschuss                         tern. Dazu werden wir einen rechtlichen Rah-
am 22. April 2020 beschlossenen Belastungs-                     men schaffen. Zu diesem gehört auch ein
moratorium.                                                     Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer gegen-
                                                                über ihrem Arbeitgeber über die Entschei-

                   Gesetzlicher Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten widerspricht arbeitsrechtlichen Grundsätzen
                   September 2020

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dungsgründe der Ablehnung sowie Rechtssi-                        auch weiter in der Verantwortung der Tarifver-
cherheit für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber im                     tragsparteien, der Betriebspartner und der Ar-
Umgang mit privat genutzter Firmentechnik.                       beitsvertragsparteien liegen. Ein gesetzlicher
Auch die Tarifpartner sollen Vereinbarungen                      Anspruch griffe in diese Regelung ein und
zu mobiler Arbeit treffen.“                                      würde – entgegen dem Koalitionsvertrag –
                                                                 Tarifautonomie schwächen, statt sie zu stär-
Aus diesen Formulierungen folgt keineswegs,                      ken.
dass die Koalitionspartner sich auf die Einfüh-
rung eines gesetzlichen Homeofficean-                            Mobiles Arbeiten verändert Führung
spruchs geeinigt haben, rechtlicher Rahmen
für mobiles Arbeiten kann ebenso bedeuten,                       Vertrauen in die Leistung und Einsatzbereit-
dass Aufzeichnungspflichten der Arbeitszeit                      schaft der Beschäftigten ist eine zentrale Vo-
vom Arbeitgeber auf die Beschäftigten dele-                      raussetzung für Führungskräfte, um mobiles
giert werden können und die Vertragsfreiheit                     Arbeiten erfolgreich umzusetzen. Führung auf
hinsichtlich der Nutzung der Arbeitsmittel klar-                 Distanz anstatt Führung „face to face“ setzt
gestellt wird.                                                   neue Kommunikationswege verbunden mit
                                                                 klaren Strukturen voraus. Mobiles Arbeiten
Gestaltungsspielräume für Tarifverträge                          erfordert für Führungskräfte mehr Abspra-
und Betriebsvereinbarungen notwendig                             chen, einen noch engeren Kontakt zu den Mit-
                                                                 arbeitenden und somit einen höheren Kom-
Die Tarifpartner haben die große Bedeutung                       munikations- und Organisationsaufwand. Die
einer flexibleren Arbeitszeitgestaltung mit In-                  Führungskräfte hierfür zu befähigen ist Auf-
strumenten wie mobilem Arbeiten erkannt. In                      gabe und im ureigenen Interesse der Unter-
verschiedenen Branchen wurden eine Reihe                         nehmen. Auch dies lässt sich durch Gesetz
teils sehr unterschiedlicher Lösungsansätze                      nicht verordnen, sondern nur auf betrieblicher
gefunden, die den Interessen von Arbeitge-                       Ebene entwickeln.
bern und Arbeitnehmern gleichermaßen ge-
recht werden. Tarifverträge können einen                         Mobile Arbeit durch Reformen bei der Ar-
Rahmen bieten, um mobile Arbeit bei dafür                        beitszeit unterstützen
geeigneten Tätigkeiten in einem Betrieb um-
zusetzen.                                                        Mobiles Arbeiten und flexible Arbeitszeitge-
                                                                 staltung gehen zunehmend mit einer Auswei-
Tarifregelungen zu mobilem Arbeiten gibt es                      tung veränderter Arbeitszeitgestaltung ein-
u. a. in der Metall- und Elektroindustrie, in der                her. Gestaltung und Einteilung der Arbeitszeit
chemischen Industrie, in der Papierindustrie                     wird stärker von den Beschäftigten bestimmt.
oder der Versicherungswirtschaft, sowie in                       Die Beschäftigten erledigen ihre Aufgaben in
zahlreichen Unternehmen, z. B. bei der Deut-                     einem verabredeten Zeitraum eigenverant-
schen Bahn AG oder der Telekom AG. Bei der                       wortlich. Deshalb entfällt vielfach eine formale
Volkswagen AG bestehen beispielsweise be-                        Zeiterfassung ebenso wie die Anwesenheits-
triebliche Vereinbarungen, die bereits vor der                   kontrolle.
Coronakrise von 24.000 Beschäftigten in An-
spruch genommen wurden. Im Zusammen-                             Für Beschäftigte bedeutet dies vor allem,
spiel von Betriebs- und Tarifpartnern ist daher                  dass sie ihre Arbeitszeit unkompliziert, flexi-
bereits heute ein hohes Maß an Flexibilität                      bel und vor allem weitgehend eigenständig
möglich und wird auch „gelebt“.                                  einteilen und so Beruf und Privatleben optimal
                                                                 vereinbaren können.
Das eine „Standardmodell“ gibt es nicht. Bei
allen Gestaltungsansätzen ist vielmehr zu be-                    Für den Arbeitgeber ist es im Rahmen der
rücksichtigen, dass die Heterogenität von                        Vertrauensarbeitszeit z. B. im Homeoffice da-
Branchen und Betrieben spezifische und                           her kaum möglich, die Einhaltung der Auf-
passgenaue Lösungen erfordert. Die Ausge-                        zeichnungspflichten zu gewährleisten. Will
staltung von mobilem Arbeiten muss daher                         der Gesetzgeber mobiles Arbeiten und
                                                                 Homeoffice zusätzlich fördern, so sollte das

                    Gesetzlicher Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten widerspricht arbeitsrechtlichen Grundsätzen
                    September 2020

                                                                                                                   4
Arbeitszeitgesetz dahingehend angepasst                         Vertragsfreiheit beim Einsatz der Arbeits-
werden, dass der Arbeitgeber die Verpflich-                     mittel stärken
tung zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten ab-
schließend auf die Beschäftigten übertragen                     Arbeitgeber und Arbeitnehmer – ebenso wie
kann.                                                           Sozialpartner – müssen darin frei bleiben,
                                                                vertragliche Vereinbarungen über die Nut-
Zur zusätzlichen Flexibilität für Unternehmen                   zung vom Arbeitgeber oder vom Beschäftig-
und Beschäftigte würde auch die mit den eu-                     ten gestellter Arbeitsmittel und mögliche Kos-
ropäischen Vorgaben im Einklang stehende                        tenerstattungen zu treffen. Viele Beschäftigte
Umstellung der täglichen auf eine wöchentli-                    bevorzugen die Nutzung eigener Arbeitsmittel
che Arbeitszeit und die Möglichkeit der An-                     im Rahmen von „Bring your own device“
passung der Ruhezeit durch die Sozialpartner                    (BYOD). Es ist daher geboten, Vorgaben zu
beitragen.                                                      unterlassen, die vertragliche Absprachen in
                                                                diesem Bereich einschränken. Eine gesetzli-
Arbeits- und Datenschutz müssen zur mo-                         che Erstattungspflicht für eine beschränkte
bilen Arbeit passen                                             Anzahl von Arbeitnehmern würde eine Spal-
                                                                tung von Belegschaften forcieren und den Be-
Beim mobilen Arbeiten und Homeoffice ist                        triebsfrieden gefährden.
mehr denn je die Eigenverantwortung und
Gestaltungskompetenz der Beschäftigten ge-
fragt, den eigenen Arbeitsalltag sinnvoll zu
strukturieren, Pausen selbstständig einzuhal-                   Ansprechpartner:
ten und auch ergonomische Gestaltungsas-
pekte zu beachten.                                              BDA | DIE ARBEITGEBER
                                                                Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber-
                                                                verbände
Schon heute stellen Arbeitgeber den Be-
schäftigten entsprechende Informationen zur                     Arbeits- und Tarifrecht
Verfügung (beispielsweise durch Schulun-                        T +49 30 2033-1203
gen), wie mobiles Arbeiten und Homeoffice                       arbeitsrecht@arbeitgeber.de
gesundheitsgerecht zu gestalten sind. Eine
generelle Kontrolle der Arbeitsbedingungen
ist ihm demgegenüber nicht möglich.

Ebenso wie der Arbeitsschutz sollte der Da-
tenschutz, den Einsatz moderner Technolo-
gien und damit mobiler Arbeit unterstützen.
Arbeitgeber und Betriebsrat kommt dabei
auch im Rahmen der Datenschutzgrundver-
ordnung eine wichtige Rolle zu. Betriebsver-
einbarungen können den Einsatz dieser
Techniken unterstützen und dürfen ihn nicht
behindern. So muss z. B. die Integration
neuer und modifizierter Programme in ange-
messener Zeit umgesetzt werden können.
Dazu müssen Verzögerungspotentiale im Be-
triebsverfassungsgesetz identifiziert und ab-
geschafft werden.

 Die BDA organisiert als Spitzenverband die sozial- und wirtschaftspolitischen Interessen der
 gesamten deutschen Wirtschaft. Wir bündeln die Interessen von einer Million Betrieben mit
 rund 20 Millionen Beschäftigten. Diese Betriebe sind der BDA durch freiwillige Mitgliedschaft
 in Arbeitgeberverbänden verbunden.

                   Gesetzlicher Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten widerspricht arbeitsrechtlichen Grundsätzen
                   September 2020

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