Forschung und Aktivitäten April bis Juni 2021

 
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Forschung und Aktivitäten April bis Juni 2021
2|2021

Forschung und
Aktivitäten
April bis Juni 2021
––––––––
Forschung und Aktivitäten April bis Juni 2021
Inhalt

Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Forschungsprojekte und -ergebnisse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
   App gibt Tipps für umweltfreundliches Leben  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
   Wirtschaftaufbau mit grünen Elementen, aber kein grüner Aufschwung . . . . . . . . . . . . . 5
   Dem Mikroplastik auf der Spur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
   Ressourcenschonend durch Circular Economy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
   Hans Sauer Award für Kieler Zero-Waste-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Tagungen/Forschungstransfer  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
  Jubiläumsfeier setzt Zukunftsimpulse und richtet Blick nach vorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
  Best-of der Konferenz online anschauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
  Podcast-Episode zum Jubiläum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
  Wie sieht unser Leben in der Stadt der Zukunft aus?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
  Gründungspräsident erhält NRW-Landesverdienstorden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  11
  Wege in eine klimagerechte Wirtschaftspolitik – Bringt Green Recovery
  einen Paradigmenwechsel?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
  Woche der Umwelt: Wuppertal Institut beteiligt sich als Aussteller und mit Fachforen . . . 13
  Transnationaler Klimaclub für die Stahlindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Forschungsprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
  Die Umwelt- und Klimaziele sind gesteckt, jetzt kommt die Zeit der Umsetzung  . . . . . . 14
  Ein Plädoyer für gerechte Mobilität  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
  Just Transition Platform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
  Transformative Innovationen: Die Suche nach den wichtigsten Hebeln
  der Großen Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
  Grundlegende Transformation der Weltwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
  Industrieübergreifende Zusammenarbeit bietet großes Potenzial für
  die Skalisierung der Circular Economy in Deutschland  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
  Der Digitale Produktpass: Ein Lückenloser Lebenslauf für Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
  Vielfalt als Chance zum Erfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
  Angleichung an Paris: Freiwillige Märkte im Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  20
  Zweckorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  20
Anhang  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
   Personalveränderungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
   Neue Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
   Veranstaltungen und Vorträge  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  24
   Publikationen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Impressum
Der Quartalsbericht erscheint vierteljährlich mit einer
Darstellung von Höhepunkten der Aktivitäten des
Wuppertal Instituts in den vorangegangenen drei Monaten.

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Quartalsbericht 2/2021

Geschäftsführung: Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick,
(wissenschaftlicher Geschäftsführer) und Michael Dedek,
(kaufmännischer Geschäftsführer)
Redaktion: Christin Hasken, Anna Riesenweber
Döppersberg 19, 42103 Wuppertal
Fotos: siehe Bildlegenden,
Titelseite + Editorial: Wuppertal Institut/L. Schenk
Telefon: +49 202 2492-0, Fax: -108
E-Mail: info@wupperinst.org, Internet: wupperinst.org
Forschung und Aktivitäten April bis Juni 2021
Liebe Leserinnen und Leser,

am 23. Juni 2021 feierten wir mit der wissenschaftlichen      Bereichen Energie und Industrie, Stadt und Mobilität,
Konferenz „Zukunftswissen: innovativ, transformativ           nachhaltige Konsummuster und Kreislaufwirtschaft zu
und krisensicher die Zukunft gestalten“ das 30-jährige        veranschaulichen, fanden nachmittags parallel vier
Bestehen des Wuppertal Instituts. Höhepunkte des hy­          Workshops in inter­aktiven Formaten statt.
briden Kongresses waren unter anderem die Grußworte           Auch in den kommenden Jahren werden wir uns mit
von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft,      voller Kraft dafür einsetzen, Lösungsbeiträge für die
Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes            großen Herausforderungen zu entwickeln und mit­
Nordrhein-Westfalen, Prof. Dr. Uwe Schneidewind,              helfen, diese umzusetzen und voranzutreiben. Gerade
Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal, und Prof. Jim          jetzt kommt es auf den Gestaltungswillen und den Mut
Skea, Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe III des Welt­         zum Handeln an. Denn dieses Jahrzehnt ist entschei-
klimarates (IPCC), der den globalen Charakter der Insti-      dend dafür, ob die gesetzten Klimaziele überhaupt
tutsarbeit und deren gleichzeitige „Erdung“ durch die         erreicht werden können.
Mitarbeit an der Ausgestaltung der Transformation auf         Wir bedanken uns herzlich bei der Stadtsparkasse Wup-
regionaler Ebene lobte.                                       pertal, der Stiftung Mercator und der Vereinigung der
Die Jubiläumsfeier bot den mehr als 500 digital zuge-         Freunde des Wuppertal Instituts e. V. für die starke
schalteten Gästen einen Einblick in die vergangenen           Unterstützung, durch die diese Konferenz als hybrides
30 Jahre und richtete den Blick besonders auf die zu-         Format erst möglich wurde!
künftigen Herausforderungen der nächsten Jahre. Neben
den filmischen Beiträgen der Wuppertaler Bühnen, die          Eine spannende Lektüre wünschen
das knapp sechsstündige Event kurzweilig gestalteten,
freuten wir uns zudem über die zahlreichen Glückwün-
sche von Förderern, Partnerinnen und Partnern und
langjährigen Weggefährten.
Prof. Dr. Andreas Pinkwart bedankte sich für die heraus-
ragende Arbeit des Wuppertal Instituts, die wir in den        Manfred Fischedick und Michael Dedek
vergangenen drei Jahrzehnten für die Forschung und            (wissenschaftlicher Geschäftsführer und
Beratung im Bereich von Klimaschutz und Energie­              kaufmännischer Geschäftsführer)
wende leisteten sowie dafür, vor drei Jahren die Initiative
IN4climate.NRW mit ins Leben gerufen zu haben. In der
Initiative arbeiten Wissenschaft, Wirtschaft und Politik
gemeinsam an der Frage, wie sich die energieintensive
Industrie klimaneutral aufstellen lässt und zugleich
weiter wettbewerbsfähig agieren kann. Hierfür gelte es,
sich über die Möglichkeiten von Transformationspfaden
auszutauschen, gemeinsame Strategien zu entwickeln
und schließlich umzusetzen. Die Wasserstoff-Roadmap
für NRW sei ein Beispiel dafür.
Zum Abschluss des Vormittagsprogramms diskutierten
die geladenen Gäste – darunter Christoph Dammer-
mann, Staatssekretär des Ministeriums für Wirtschaft,
Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes
Nordrhein-Westfalen und Aufsichtsratsvorsitzender des
Wuppertal Instituts – unter anderem über den Struktur-
wandel im Rheinischen Revier und die Rolle neuer
Technologien und Strategien. Sie diskutierten insbeson-
dere über den Einsatz von Wasserstoff, aber auch über
die Notwendigkeit der Bündelung der Kräfte und einer
konzertierten Ak­tion aller relevanten Akteurinnen und
Akteure. Um die Transformativen Innovationen in den

                                                                        Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021 3
Forschung und Aktivitäten April bis Juni 2021
Forschungsprojekte
      und -ergebnisse

App gibt Tipps für
umweltfreundliches Leben
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„Iss Kartoffeln und Nudeln statt Reis“,                                                    Die Web-App SUSLA, was für „Sustainable
„Wenn du umziehst, ziehe in eine kleinere                                                  Lifestyles Accelerator“ steht, soll Men-
Wohnung“, „Verbringe einen Wochen-                                                         schen den Umstieg auf nachhaltige Lebens-
endurlaub zu Hause“ – Tipps wie diese                                                      stile erleichtern. Dafür berechnet die
gibt die Nachhaltigkeits-App „SUSLA“                                                       Browseranwendung den CO2- und Res-
ihren Nutzerinnen und Nutzern, indivi-                                                     sourcen-Fußabdruck des jeweiligen
duell an ihren Lebensstil angepasst. Die                                                   Lebensstils und schlägt auf dieser Basis
Webanwendung zeigt, wie klima- und          Bienge, Entwicklerin der App und Co-           Methoden für einen nachhaltigeren
ressourcenfreundliche Lebensstile aus­      Leiterin des Forschungsbereichs Produkt-       Alltag vor. Aus diesen Ideen können die
sehen können. Die bis dato ausschließ-      und Konsumsysteme am Wuppertal Ins­            Nutzerinnen und Nutzer passende aus-
lich englischsprachige App ist nun auch     titut. „Mithilfe der deutschen Anwendung       wählen und in einem individuellen Mas-
auf Deutsch, Spanisch, Katalanisch,         können wir nun mehr Interessierte errei-       terplan auch angeben, wie lange und ab
Dänisch, Finnisch und Schwedisch ver-       chen. Unser Ziel ist es, dass noch in diesem   wann sie die Tipps ausprobieren. SUSLA
fügbar. „Weltweit haben schon fast 2.500    Jahr 70.000 Menschen die Browser-App           berechnet, wie viele Emissionen und
Menschen die App getestet“, sagt Katrin     nutzen.“                                       Ressourcen mit der jeweiligen Aktion
                                                                                           eingespart werden und erinnert per
                                                                                           E-Mail daran, die guten Vorsätze auch
                                                                                           einzuhalten. Das Projekt zeigt, dass
                                                                                           schon einfache Maßnahmen bis zu
                                                                                           30 Prozent des Klimafußabdrucks ein-
                                                                                           sparen können.
                                                                                           Das Wuppertal Institut entwickelte die
                                                                                           Coaching-App gemeinsam mit den sechs
                                                                                           Partnerinstitutionen D-Mat, University
                                                                                           College Copenhagen, Design your action,
                                                                                           Indraprasatha Institute of Information
                                                                                           Technology, Universitat Politècnica de
                                                                                           Catalunya und future.camp aus Finnland,
                                                                                           Dänemark, Mexiko, Indien, Spanien
                                                                                           und der Schweiz. > mehr

                                                            Quelle: Getty Images

4 Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021
Forschung und Aktivitäten April bis Juni 2021
„        Das einmalige Investitionspaket, das eigentlich eine
                                                      Investition in die nächste Generation sein sollte,
                                                      birgt stattdessen die Gefahr, eine nachhaltige
                                                      Zukunft für künftige Generationen zu verbauen.“
                                             		 Helena Mölter, wissenschaftliche Mit­arbeiterin im Forschungsbereich
Wirtschaftsaufbau mit                           Strukturwandel und Innovationen am Wuppertal Institut
grünen Elementen, aber kein
grüner Aufschwung
––––––––
 Vergangenen Sommer haben sich die            Pläne erfüllen derzeit nicht das Kriterium   Strukturwandel und Innovationen am
 EU-Staats- und Regierungschefs auf Kon-      eines grünen Ausgabenanteils von min-        Wuppertal Institut. Obwohl die Mitglied-
 junkturpläne geeinigt, die den grünen        destens 37 Prozent. Ein erster Überblick     staaten die Gelegenheit genutzt haben,
 Wandel vorantreiben müssen. Diese sol-       zeigt, dass die Pläne in Spanien (31 Pro-    dringend benötigte Investitionen in Ener-
 len mindestens 37 Prozent der Ausgaben       zent), Finnland (42 Prozent), Belgien        gieeffizienz, erneuerbare Energien und
 der Klimaziele verpflichtend unterstüt-     (35 Prozent) und der Slowakei (30 Pro-        saubere Transportlösungen zu tätigen,
 zen, während der Rest dem „do no sig-        zent) zu denjenigen gehören, die beim        gehen diese Investitionen selten über
 nificant harm“-Prinzip der EU-Taxono-        Anteil der grünen Ausgaben besser ab-        inkrementelle Maßnahmen hinaus. Zu-
 mie folgen soll. Bis zum 30. April 2021      schneiden als andere. Polen (18 Prozent),    dem wurden die meisten Investitionen
 mussten die EU-Mitgliedsstaaten dafür        Portugal (19 Prozent) und Slowenien (5       bereits vor den RRPs geplant – wodurch
 ihre Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF)    Prozent) gehören zu den Ländern, die we-     die Möglichkeit vertan wurde, die zu-
– auch Recovery and Resilience Plans          niger gut abschneiden.                       sätzlichen Mittel aus der Wiederaufbau-
 (RRP) – einreichen, um die 672,5 Milliar­   „Das einmalige Investitionspaket, das         und Resilienzfazilität zu nutzen, um die
 den Euro schwere Konjunktur- und             eigentlich eine Investition in die nächste   grüne Transformation einen bedeuten-
 Resilienzfazilität zu erhalten.              Generation sein sollte, birgt stattdessen    den Schritt voran zu bringen, ergänzt
 Der „Green Recovery Tracker“, ein gemein-    die Gefahr, eine nachhaltige Zukunft für     die Wissenschaftlerin.  > mehr
 sames Projekt des Wuppertal Instituts        künftige Generationen zu verbauen“,
 und E3G in enger Zusammenarbeit mit          sagt Helena Mölter, wissenschaftliche
 nationalen Expertinnen und Experten,         Mit­arbeiterin im Forschungsbereich
 hat die nationalen Pläne analysiert, um
 zu prüfen, ob diese den Ambitionen
 gerecht werden. Bislang wurden 14 der
 RRPs analysiert – darunter Frankreich,
 Deutschland, Spanien, Portugal, Bul­ga­
 rien, Lettland, Polen, die Slowakei, Slo-
 wenien, Rumänien, Belgien, Estland,
 Finnland und Tschechien. Die Analyse
 der 14 Länder zeigt jedoch, dass der An-
 teil grüner Ausgaben an den Konjunktur-
 maßnahmen in der EU nur 24 Prozent
 beträgt, wobei von 422 Milliarden Euro
 nur 68 Milliarden Euro in Aktivitäten
 fließen, die den grünen Übergang voll-
 ständig unterstützen. Mindestens acht

                                                                                      Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021 5
Forschung und Aktivitäten April bis Juni 2021
Ressourcenschonend
                                                                                                      durch Circular Economy
                                                                                                      ––––––––
                                                                                                      Welche Circular-Economy-Ansätze gibt
                                                                                                      es im Gebäude- und Automobilsektor?
                                                                                                      Welches Potenzial bieten mögliche Hand-
                                                                                                      lungsfelder? Und wie können diese im
                                                                                                      Rahmen des Projekts CEWI realisiert
                                                                                                      werden? Das Wuppertal Institut hat das
                                                                                                      in einer Studie analysiert und alle Interes-
                                                                                                      sierten zur Präsentation der Ergebnisse
Quelle: GettyImages
                                                                                                      einge­laden. Marina Fecke und Lucie Hop-
                                                                                                      fensack, beide Junior Researcherin im
                                                                                                      Forschungsbereich Stoffkreisläufe am
                                                                                                      Wuppertal Institut, und Dr. Henning
           Dem Mikroplastik                                                                           Wilts, Leiter der Abteilung Kreislaufwirt-
           auf der Spur                                                                               schaft am Wuppertal Institut, erläuterten
                                                                                                      am 19. und 28. Mai 2021 in je einem
           ––––––––                                                                                   Online-Seminar die Chancen und Risiken
                                                                                                      der Umsetzung einer klimaneutralen
           Mikroplastik besteht aus maximal fünf         Zunächst identifizieren und untersuchen      und ressourceneffizienten Circular Eco-
           Millimeter kleinen Kunststoffpartikeln,       die Projektbeteiligten dafür verschiedene    nomy für den Gebäude- und Automobil-
           die sich etwa beim Waschen aus der Klei-      Datenquellen und bewerten diese hin-         sektor. Die Teilnehmenden hatten die
           dung lösen und sich im Abwasser oder          sichtlich ihrer Verfügbarkeit, Qualität      Möglichkeit Fragen zu stellen und mit
           Kläranlagen, im Boden und in der Luft         und Anwendbarkeit. Dazu betrachten sie       dem gesamten CEWI-Team interaktiv zu
           wiederfinden. Bislang standen vor allem       unter anderem den Reifenabrieb von           diskutieren.
           Körperpflegeprodukte und Kosmetika im         Fahrzeugen. Anhand der Daten entwi-          Am 10. Juni 2021 fand zudem die digitale
           Fokus der Mikroplastik-Debatte – doch es      ckeln die Wissenschaftlerinnen und Wis-      Auftaktveranstaltung des CEWI-Projekts
           gibt weit mehr Verursacher. Ausgehend         senschaftler ein prototypisches Modell.      statt. Zusammen mit spannenden Gästen
           davon, dass Mikroplastik negative Aus-        Wie die wirtschaftliche Nutzbarkeit aus-     aus Politik und Wirtschaft diskutierten
           wirkungen auf die Umwelt hat, kann sich       sieht, beleuchten sie anschließend in        die Teilnehmenden die aktuelle Entwick-
           das mangelnde Wissen über das lokale          sogenannten Business Cases. Städte und       lung der Circular Economy in Deutsch-
           Vorkommen von Mikroplastik-Emissio-           Verkehrsbetriebe unterstützen fortlau-       land und wie das CEWI-Projekt sie voran-
           nen auch nachteilig auf die Umwelt und        fend die Entwicklung des Modells und         bringen kann.
           Gesellschaft auswirken. Daher gilt es         identifizieren besonders belastete Orte.     Die kombinierte Betrachtung des Klima-
           frühzeitig zu verstehen, wo Mikroplastik      Im Rahmen der Forschungsinitiative           und Ressourcenschutzes ist zentraler
           im städtischen Raum vorkommt.                 mFUND fördert das BMVI seit 2016 For-        Bestandteil des Verbundvorhabens „Cir-
           Das will das Wuppertal Institut gemeinsam     schungs- und Entwicklungsprojekte rund       cular Economy als Innovationsmotor für
           mit dem FIR an der RWTH Aachen inner-         um datenbasierte digitale Anwendungen        eine klimaneutrale und rohstoffeffiziente
           halb des nun gestarteten und vom Bundes-      für die Mobilität 4.0. Neben der finanzi-    Wirtschaft“ (CEWI) und leistet einen
           ministerium für Verkehr und digitale Infra-   ellen Förderung unterstützt die Initiative   Beitrag zur unternehmerischen Umsetzung
           struktur (BMVI) geförderten Projekts          mit verschiedenen Veranstaltungsfor­         einer Circular Economy in Deutschland.
           „mMEU – Digitales, datenbasiertes Modell      maten die Vernetzung zwischen Akteu-         Das Verbundvorhaben der Stiftung 2° –
           aus Umgebungsdaten zur Ermittlung loka-       rinnen und Akteuren aus Politik, Wirt-       Deutsche Unternehmer für Klimaschutz,
           ler und temporärer Mikroplastikemissio-       schaft und Forschung sowie den Zugang        dem WWF Deutschland und des Wupper-
           nen in der Umwelt“ herausfinden. Ziel des     zum Datenportal mCLOUD. > mehr               tal Instituts wird vom Bundesministeri-
           Projekts ist die Entwicklung eines datenba-                                                um für Umwelt, Naturschutz und nukleare
           sierten Modells, das die Emissionen von                                                    Sicherheit (BMU) für drei Jahre geför-
           Mikroplastik im Verkehr, der Verkehrsinfra-                                                dert. > mehr zu CEWI
           struktur und der Abfallentsorgung ermit-
           telt. Dabei gehen die beiden Institute der
           Frage nach, wie sich mobilitätsbedingte
           Mikroplastikemissionen anhand von Daten
           lokal bestimmen lassen. Stehen derartige
           Daten zur Verfügung, lassen sich vorbeu-
           gende Maßnahmen ergreifen, um so den
           Umweltschutz zu verbessern.

           6 Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021
Forschung und Aktivitäten April bis Juni 2021
Hans Sauer Award
für Kieler Zero-Waste-Konzept

Im Herbst 2018 beschloss die Stadt Kiel, die erste   Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut,
Zero-Waste-Stadt Deutschlands zu werden.             betont: „Insbesondere die Workshops mit den
Dafür hat das Wuppertal Institut zusammen mit        Bürgerinnen und Bürgern waren ein tolles Erleb-
Projekt-Partnerinnen und -Partnern im Auftrag        nis und zeigten, wie engagiert die Kielerinnen
der Landeshauptstadt das Kieler Zero-Waste-          und Kieler bei der Abfallvermeidung bereits jetzt
Konzept erstellt. Nun wird das Konzept mit dem       schon sind.“
Hans Sauer Award 2021 ausgezeichnet. Mit dem         Das Wuppertal Institut erstellte zusammen mit
Preis werden europaweit Ideen und Projekte           Stakeholder Reporting und Dr. Norbert Kopytziok
prämiert, um Innovation und Kreativität im Ein-      vom Büro für Umweltwissenschaften das Kon-
klang mit dem ökologischen und gesellschaft­         zept und unterstützte das Kieler Zero-Waste-
lichen Nutzen zu fördern.                            Team mit methodischen Vorgehensweisen wie
Unter dem Titel „Circular Cities. Designing Urban    der Entwicklung von Zielen und der Berechnung
Communities of Tomorrow“ („Kreislaufstädte.          eines Zero-Waste-Szenarios.
Urbane Städte der Zukunft gestalten“) suchte         Teil des Zero-Waste-Vorhabens ist auch die Zer-
der Hans Sauer Award 2021 partizipative Lösungs-     tifizierung als erste deutsche Zero.Waste.City
wege für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft        bei dem internationalen Netzwerk Zero Waste
in Städten. Im Fokus des Wettbewerbs standen         Europe. Damit folgt Kiel einer international
soziale Aspekte und eine sektorenübergreifende       wachsenden Zero-Waste-Bewegung, der sich
Zusammenarbeit, die die Transformation zu            europaweit bereits knapp 400 Kommunen
zirkulären, urbanen Gesellschaften stärken. Die      angeschlossen haben. Die Landeshauptstadt
Landeshauptstadt Kiel erhält gemeinsam mit           möchte eine Vorbildrolle einnehmen und hofft,
dem Wuppertal Institut und dem Verein „Zero          weitere Kommunen und Städte für das Thema
Waste Kiel“ die Auszeichnung in der Kategorie        begeistern zu können. > mehr
Strategien für das gemeinsam erstellte Kieler
Zero-Waste-Konzept.
Der Preis wird seit 2012 von der Hans Sauer Stif-
tung mit wechselnden Themenschwerpunkten
vergeben und ist in diesem Jahr mit einer Förder­­
summe von 20.000 Euro für die insgesamt
fünf Siegerinnen und Sieger in den Kategorien
Strate­gien, Ideen sowie Best Practice dotiert.
Die Kieler Bewerbung erhält 4.000 Euro.
Mit dem Konzept als Fahrplan zur Zero.Waste.
City will die Landeshauptstadt das Abfallauf-
kommen deutlich verringern, Ressourcen scho-
nen und das Klima durch geringere Emissio­nen
schützen. Kiel möchte damit der globalen Her-
ausforderung der zunehmenden Ressourcenver-
knappung auf lokaler Ebene begegnen.
Das Zero-Waste-Konzept wurde gemeinsam mit
mehr als 450 Kielerinnen und Kielern entwickelt
und im Sommer 2020 fertiggestellt. Carina
Koop, Leiterin des Projekts „Zero Waste Kiel“
und wissenschaftliche Mitarbeiterin im For-          Cover des Kieler Zero-Waste-Konzepts.
schungsbereich Stoffkreisläufe in der Abteilung      Quelle: Gunnar Dethlefsen / 3KOMMA3

                                                               Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021 7
Forschung und Aktivitäten April bis Juni 2021
Tagungen
  Forschungstransfer
Jubiläumsfeier setzt
Zukunftsimpulse und richtet
Blick nach vorn
––––––––
Die wissenschaftliche Konferenz an-              tes zu Beginn der Konferenz den globa-    des Wuppertal Instituts, die in den ver-
lässlich des 30. Geburtstags des Wup-            len Charakter des Wuppertal Instituts     gangenen Monaten entstanden sind.
pertal Instituts stand unter dem Motto           – ob als Autorinnen und Autoren in den    Dazu zählen insbesondere sogenannte
„Zukunftswissen: innovativ, transfor-            Berichten des Weltklimarates oder als     Transformative Innovationen – also der
mativ und krisensicher die Zukunft ge-           gefragte Expertinnen und Experten in      Blick auf Schlüsselinnovationen, die
stalten“. Folgende Fragen wurden da-             internationalen Netzwerken. Anschlie-     uns wirklich in eine andere Dimension
bei aufgegriffen: Wie kann die Trans-            ßend bedankte sich Prof. Dr. Andreas      in der Gestaltung der notwendigen
formation zu einer sozial und                    Pinkwart, Minister für Wirtschaft, In-    Wenden bringen, klug miteinander ver-
ökologisch gerechten Welt gelingen? In           novation, Digitalisierung und Energie     knüpft werden und nicht nur technolo-
welchen Bereichen braucht es Transfor-           des Landes Nordrhein-Westfalen, für       gische, sondern auch soziale Innovatio-
mative Innovationen und wie lassen               die herausragende Arbeit des Wupper-      nen umfassen müssen. Dies sei ein An-
sich diese umsetzen? Welchen Beitrag             tal Instituts in Forschung und Beratung   satz, der in diese Zeit passe und
kann die Wissenschaft zur Krisenprä-             im Bereich von Klimaschutz und Ener-      Brücken zwischen unterschiedlichen
vention leisten? Was können wir aus              giewende in den vergangenen drei          gesellschaftlichen und politischen Pers-
der Covid-19-Pandemie lernen und wie             Jahrzehnten. Zudem dankte Pinkwart        pektiven baue.
können wir uns zukünftig krisenfester            dem Wuppertal Institut. Prof. Dr. Uwe     Nach den Keynotes von Prof. Dipl.-Ing.
aufstellen?                                      Schneidewind, Oberbürgermeister der       Christa Reicher, Universitätsprofesso-
Prof. Jim Skea, Co-Vorsitzender der Ar-          Stadt Wuppertal und ehemaliger Präsi-     rin am Lehrstuhl und Institut Städtebau
beitsgruppe III des Weltklimarates (IP-          dent des Wuppertal Instituts, zeigte      und Entwerfen der RWTH Aachen, und
CC), lobte im Rahmen seines Grußwor-             sich begeistert von den neuen Arbeiten    Prof. Dr. Dirk Messner, Präsident des
                                                                                           Umweltbundesamts, griff Prof. Dr.-Ing.
                                                                                           Manfred Fischedick in seiner Keynote
                                                                                           zentrale Highlights aus der Institutsge-
                                                                                           schichte auf und ging auf die entschei-
                                                                                           denden Bausteine der zukünftigen
                                                                                           Arbeit ein. „Die Arbeiten des Wuppertal
                                                                                           Instituts haben sich in den letzten drei
                                                                                           Jahrzehnten sehr stark verändert. In den
                                                                                           1990er Jahren stand das wissenschafts-
                                                                                           basierte Agenda Setting im Vordergrund,
                                                                                           da Themen wie Klima- oder Ressourcen-
                                                                                           schutz in Politik, Wirtschaft und Gesell-
                                                                                           schaft noch nicht verankert gewesen
                                                                                           sind. In den 2000er Jahren kam die Er-
                                                                                           stellung von Konzepten und Bewertungs-
                                                                                           methoden hinzu und im letzten Jahr-
                                                                                           zehnt die Transformationsforschung.
                                                                                           Heute arbeitet das Institut mit seinen
                                                                                           Auftraggebern zusammen an der konkre-
                                                                                           ten Umsetzung von Transformationspro-
                                                                                           zessen und stellt dafür Ziel-, System- und
                                                    Quelle: Wuppertal Institut/L. Schenk
                                                                                           Transformationswissen als wichtigen
                                                                                           Orientierungsrahmen bereit.“
Auf dem Podium diskutierten (von links): Prof. Dr. Christa Reicher, Prof. Dr. Dr. h. c.
Lambert T. Koch, Prof. Dr. Dirk Messner, Dr. Tanja Busse, Christoph Dammermann
                                                                                           Auf dem Podium diskutierten zum
und Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick.                                                     Abschluss des Vormittagsprogramms

8 Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021
Forschung und Aktivitäten April bis Juni 2021
Quelle: Wuppertal Institut/L. Schenk

Workshop-Zusammenfassung auf dem Podium mit Abteilungs- und Forschungsbereichs­leitenden
des Wuppertal Instituts (von links): Prof. Dr. Stefan Lechtenböhmer, Prof. Dr. Christa Liedtke,
Moderatorin Dr. Tanja Busse, Dr. Henning Wilts und Anja Bierwirth.

Prof. Dr. Christa Reicher, Prof. Dr.
Dr. h. c. Lambert T. Koch, Rektor der
Bergischen Universität Wuppertal,                           Jubiläumskonferenz
Prof. Dr. Dirk Messner, Dr. Tanja                           und Best-of online
Busse, Journalistin und Moderatorin                         anschauen
der digitalen Veranstaltung, Chris-
toph Dammermann, Staatssekretär                             Für alle, die den Jubiläumskongress nicht mitverfolgen konn-
des Ministeriums für Wirtschaft, In-                        ten: Der komplette Mitschnitt ist im YouTube-Kanal des Wup-
novation, Digitalisierung und Ener-                         pertal Instituts verfügbar. Neben der spannenden Podiums-
gie des Landes Nordrhein-Westfalen,                         diskussion enthält er auch alle Grußworte sowie die Keynotes
und Prof. Dr.-Ing. Manfred Fische-                          der Vortragenden. Während der virtuellen Geburtstagsfeier
dick über die anstehenden Transfor-                         wurden außerdem Statements der Diskutantinnen und Disku-
mationsherausforderungen, etwa                              tanten aufgezeichnet, die in einem filmischen Best-of mit
den Strukturwandel im Rheinischen                           Blick hinter die Kulissen festgehalten wurden.
Revier und die Rolle neuer Techno-                          > zur Jubiläumskonferenz
logien und Strategien sowie beson-                          > zum Best-of
ders über den Einsatz von Wasser-
stoff im Rahmen der Energiewende.
Um die transformativen Innovatio-
nen in den Bereichen Energie und                            Jubiläums-Episode
Industrie, Stadt und Mobilität, nach-                       des Podcasts Zukunftswissen.fm
haltige Konsummuster und Kreis-
laufwirtschaft zu veranschaulichen,                         Vor dem Jubiläum erschien die Episode „30 Jahre Wuppertal
fanden nachmittags parallel vier ver-                       Institut – damals und heute“ des Podcasts Zukunftswissen.
schiedene Workshops in interaktiven                         fm, in der die Journalistin Dr. Tanja Busse mit den Instituts-
Formaten statt.                                             mitgliedern Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, Dr. Maria Jolanta
> zum Jubiläums-Nachbericht                                 Welfens, Senior Expert im Forschungsbereich Produkt- und
                                                            Konsumsysteme, Dr. Henning Wilts, Leiter der Abteilung
                                                            Kreislaufwirtschaft, und Luisa Lucas, stellvertretende Presse-
                                                            sprecherin und Eventmanagerin am Wuppertal Institut, über
                                                            die Anfänge des Instituts spricht und auf die ersten Jahre mit
                                                            dem Gründungspräsidenten Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker
                                                            und die weitere Entwicklung eingeht. Daneben teilen sie
                                                            ihre Erlebnisse, Geschichten und persönlichen Eindrücke aus
                                                            drei Jahrzehnten und wagen auch einen Blick in die Zukunft.
                                                            > zur Podcast-Episode

                                                                                        Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021 9
Forschung und Aktivitäten April bis Juni 2021
Wie sieht unser Leben in der
Stadt der Zukunft aus?
                                                   „          Von der Erhitzung der Atmosphäre bis zur
                                                              Abfischung der Meere: Wir sind die Generation,
––––––––                                                      die nicht kapiert hat, dass es einen Widerspruch
Was macht das Leben in der Stadt lebens-
                                                              gibt zwischen Thunberg und Thunfisch.“
wert? Der Kölner Kabarettist Jürgen Becker
                                                    		 Jürgen Becker, Kabarettist
verbindet damit vor allem, dass man Men-
schen trifft, mit denen man sich nicht verab-
redet hat. Doch wie hat sich das Leben in
der Stadt durch die Corona-Pandemie ver-       Zukunft aus? Über diese und weitere span-   Stadt Köln werfen beide einen Blick
ändert? Welche Änderungen etablieren           nende Fragen diskutieren Anja Bierwirth,    auf nachhaltige Innovationen anderer
sich langfristig? Wie kann bezahlbarer         Leiterin des Forschungsbereichs Stadt-      Städte und Länder.
Wohnraum geschaffen werden? Welche             wandel am Wuppertal Institut, und           Die Fridays-for-Future-Bewegung habe
Möglichkeiten ergeben sich durch die           Jürgen Becker in der fünften Episode        laut Jürgen Becker den Ausschlag für
Digitalisierung in den Städten? Und wie       „Die Zukunft der Städte“ des Podcasts        sein neues Programm „Die Ursache liegt
sieht nachhaltiges Leben in der Stadt der      Zukunftswissen.fm. Am Beispiel der          in der Zukunft“ gegeben. Denn: „Von der
                                                                                           Erhitzung der Atmosphäre bis zur Abfi-
                                                                                           schung der Meere: Wir sind die Generation,
                                                                                           die nicht kapiert hat, dass es einen Wider-
                                                                                           spruch gibt zwischen Thunberg und Thun-
                                                                                           fisch.“ Die zweite Staffel „Die Transfor-
                                                                                           mationsarenen des Klimaschutzes“ des
                                                                                           Podcasts Zukunftswissen.fm widmet sich
                                                                                           dem Klimaschutz als zentralem Thema
                                                                                           der heutigen Zeit und beleuchtet, warum
                                                                                           er so wichtig und notwendig ist und wie
                                                                                           die Zukunft aussehen muss, damit das
                                                                                           Leben auf der Erde auch für zukünftige
                                                                                           Generationen lebenswert ist. > mehr

                                              Quelle: Wuppertal Institut/M. Meyer

Der Kölner Kabarettist Jürgen Becker (l.) sprach mit Anja Bierwirth (r.), Leiterin
des Forschungsbereichs Stadtwandel am Wuppertal Institut, unter anderem über die
Stadt der Zukunft und wie das Leben in dieser nachhaltiger gestaltet werden kann.

10 Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021
Gründungspräsident
erhält NRW-Landesverdienstorden
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet hat
am 28. Juni 2021 den Verdienstorden des Landes Nordrhein-
Westfalen an elf nordrhein-westfälische Persönlichkeiten
verliehen. Mit dem Orden ehrt die Landesregierung traditio-
nell gesellschaftlich besonders engagierte Bürgerinnen und
Bürger für ihre herausragenden Verdienste am Gemeinwohl
und am Land Nordrhein-Westfalen. Die Verleihung fand
im Schloss Eller in Düsseldorf und damit zum ersten Mal in
diesem Jahr in Präsenz statt.
Der Gründungspräsident des Wuppertal Instituts, Prof. Dr.
Ernst Ulrich von Weizsäcker, erhielt den Landesverdienstorden
                                                                                                  Foto: Land NRW / Günther Ortmann
für seinen unermüdlichen Einsatz für die Umwelt sowie sein
Wirken am Wuppertal Institut. Daher ist die Auszeichnung         Ministerpräsident Armin Laschet überreicht Prof. Dr.
auch für das Wuppertal Institut eine große Ehre. Stellvertre-    Ernst Ulrich von Weizsäcker (r.) am 28. Juni 2021 den
tend für das Institut begleitete Christin Hasken, Leiterin der   Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.
Kommunikation und Pressesprecherin am Wuppertal Institut,
Ernst Ulrich von Weizsäcker zur Verleihung.
Armin Laschet: „Wir sind stolz, dass wir das auch auf Grund-
lage Ihrer Forschungen tun können und dass Sie uns ein
Institut hinterlassen haben, das seit seiner Gründung dazu
beträgt, der größten Herausforderung unserer Zeit, dem
Klimawandel, entgegenzusteuern.“
Schon lange fordert Ernst Ulrich von Weizsäcker, die Öko­
systeme zu entlasten und Ressourcen effizienter zu nutzen.
Unter seiner Leitung entwickelte das Wuppertal Institut
Konzepte wie der „Ökologische Rucksack“, der darstellt, wie
stark oder wie wenig ein bestimmtes Produkt bei Herstellung,
Gebrauch und Entsorgung die Umwelt belastet oder Faktor 4,
doppelter Wohlstand mit halben Naturverbrauch. Prof. Dr.-
Ing. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer
des Wuppertal Instituts, beglückwünscht Ernst Ulrich von
Weizsäcker zur Auszeichnung: „Vor genau 30 Jahren hat
Ernst Ulrich von Weizsäcker als Gründungspräsident die
Grundlagen für die erfolgreiche Institutsarbeit gelegt – in
einer Zeit, in der Klimaschutz und Ressourceneffizienz noch
nicht auf der politischen und gesellschaftlichen Agenda stan-
den. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, das Institut zu
einem der heute führenden internationalen Think Tanks im
Bereich der Nachhaltigkeitsforschung zu machen. Wir freuen
uns sehr, dass Ernst Ulrich von Weizsäcker für sein Engage-
ment passend zu unserem 30. Jubiläum mit dem Landesver-
                                                                                               Quelle: Prof. Dr. Dr. h.c. Lambert T. Koch
dienstorden ausgezeichnet wurde.“ > mehr
                                                                 Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker (l.) mit Christin Has-
                                                                 ken, Leiterin der Kommunikation des Wuppertal Instituts.

                                                                        Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021 11
Wege in eine klimagerechte
Wirtschaftspolitik – Bringt Green Recovery
einen Paradigmenwechsel?
––––––––
Als vor etwa einem Jahr die ersten Coro-    schiedener Länder wirklich? Das Wup-        plätze und Klimaschutz kein Wider-
na-Konjunkturprogramme entwickelt           pertal Institut und E3G werten dafür lau-   spruch sind, was heißt das für die zu-
worden sind, wurde sehr schnell der Ruf     fend die neuesten Entwürfe der Konjunk-     künftige Wirtschaftspolitik? Wie könnte
nach einer Green Recovery laut – also       turprogramme aus und stellen diese auf      eine klimagerechte Wirtschaftspolitik
dem Wunsch, die notwendige, kurzfristi-     greenrecoverytracker.org dar.               aussehen – gerade auch in den Sektoren,
ge Wirtschaftsförderung mit anderen,        Vor diesem Hintergrund lud das Wupper-      die nicht offensichtlich zur Green Econo-
langfristigen Politikzielen wie dem Kli-    tal Institut zum Wuppertal Lunch zum        my zählen? Mit welchen Instrumenten
maschutz zu verbinden. Die Europäische      Thema „Wege in eine klimagerechte           kann Klimaschutz und Wirtschaft effizi-
Union hat diesen Wunsch mit klaren Ziel-    Wirtschaftspolitik – Bringt Green Reco-     ent gefördert werden? Oder brauchen
vorgaben verbunden: 37 Prozent der          very einen Paradigmenwechsel?“ ein, der     wir ein neues Verständnis vom Zusam-
Aufbau- und Resilienzfazilität – auch Re-   am 14. Juni 2021 als digitaler Zukunfts-    menspiel von Staat und Wirtschaft?
covery and Resilience Facility genannt –    salon stattfand. Die Veranstaltung gab      Timon Wehnert, Leiter des Büro Berlin
sollen in den Klimaschutz fließen. Die      einen Überblick über den aktuellen          am Wuppertal Institut, übernahm die
Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten      Stand und richtete daneben auch den         Begrüßung und moderierte die Veran-
gehen jetzt in ihre heiße Phase. Doch wie   Blick nach vorne; folgende Fragen stan-     staltung. Anschließend folgte eine virtu-
grün sind die Konjunkturprogramme ver-      den dabei im Mittelpunkt: Wenn Arbeits-     elle Podiumsdiskussion mit Reinhard
                                                                                        Stuth, Geschäftsführer der HanBao Neue
                                                                                        Energien GmbH und früher Staatsrat und
                                                                                        Senator, und Michael Knoll, Leiter politi-
                                                                                        sche Grundsatzfragen im Verein Berliner
                                                                                        Kaufleute und Industrieller (VBKI).
                                                                                        > mehr

                                                         Quelle: Getty Images

12 Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021
Woche der Umwelt: Wuppertal
Institut beteiligt sich als
Aussteller und mit Fachforum
––––––––

 Während der Woche der Umwelt, die unter
 dem Motto „So geht Zukunft“ am 10. und
 11. Juni 2021 weitgehend digital stattfand,
 präsentierten die Ausstellenden innovative
 Ideen und Projekte und diskutierten rund
 um die Themen Umweltschutz und Nach-
 haltigkeit. Auch das Wuppertal Institut war       Quelle: SKZ
 in diesem Jahr digital dabei, stellte die bei-
 den Projekte „Di-Plast“ und „PuR“ vor und        Die Abbildung zeigt Kunststoff-Flakes, die nach weiterer Aufbereitung für neue
 veranstaltete ein Fachforum zum Thema            Produkte wiederverwendet werden können.
„Pandemieresiliente Quartiers- und Stadt-
 planung“. Die Umweltmesse des Bundes-
 präsidenten in Zusammenarbeit mit der
 Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)
 fand bereits zum sechsten Mal statt. Sie
 wurde aufgrund der Corona-Pandemie aus                    Transnationaler Klimaclub
 Juni 2020 verschoben und fand digital                     für die Stahlindustrie
 statt.
 Alle Ausstellenden stellten sich deshalb                  Im Vorfeld der Amtseinführung von US-Präsident Joe Biden
 virtuell mit einem persönlichen Steckbrief                sammelte das US-amerikanische Projekt „Clean Economy
 sowie ausführlichem Text-, Bild- und                      Employment Now“ – kurz CLEEN – bei Wissenschaftlerinnen
 Tonmaterial vor. Auch die Johannes-Rau-                   und Wissenschaftlern und zivilgesellschaftlichen Organisa­
 Forschungsgemeinschaft, der das Wupper-                   tionen die besten Ideen für die Umsetzung eines Green New
 tal Institut angehört, präsentierte während               Deal. Das CLEEN-Projekt bereitete diese Ideen in Form
 der digitalen Umweltmesse Projekte der                    einer Datenbank auf und übergab das Ergebnis der neuen
 Mitgliedsinstitute.                                       US-Regierung. Auch das Wuppertal Institut war an dem
 Die Abteilung Kreislaufwirtschaft des                     Projekt beteiligt und reichte Ideen ein. Prof. Dr.-Ing. Manfred
 Wuppertal Instituts stellte zwei Projekte zu              Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal
 den Themen Recycling, Abfallvermeidung                    Instituts, fungiert als Beirat der Initiative.
 und Digitalisierung vor. Wie beherrschend                 Eine der eingereichten Ideen des Wuppertal Instituts wurde
 das Thema Kreislaufwirtschaft ist, zeigt                  als Top 3 im Bereich „Internationale Partnerschaften für eine
 sich am Abfall, der zu den großen Lasten                  globale Dekarbonisierung“ ausgezeichnet. Dr. Lukas Herm­
 der Konsumgesellschaft gehört. Vor allem                  wille, Senior Researcher im Forschungsbereich Internationale
 Kunststoff findet sich überall: Statt eines               Klimapolitik am Wuppertal Institut, schlug vor, dass das
 geschlossenen Kunststoffkreislaufs landet                 Weiße Haus zentrale Akteure zusammenbringen solle, um
 immer mehr Plastik in Meeren, Flüssen,                    einen sektoralen Klimaclub zu gründen. Neben der US-Regie-
 Wäldern und auf Straßen. Die Kreislauf-                   rung wären internationale Partner wie die Europäische Union,
 wirtschaft will dieses Problem lösen, denn                Indien, China oder gegebenenfalls subnationale Regierungen
 Kunststoff ist ein wertvoller Rohstoff, aus               etwa von einzelnen Bundesstaaten Teil des Clubs. Auch füh­
 dem wieder neue Produkte entstehen kön-                   rende Unternehmen der Stahlindustrie sollten eingebunden
 nen. > mehr                                               werden, ebenso wie Unternehmen, die Maschinen und Anlagen
                                                           für die Stahlindustrie produzieren, und Unternehmen mit
                                                           großer Nachfrage für Stahl – etwa aus der Automobilbranche.
                                                           > mehr

                                                                                    Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021 13
Forschungs
     -produkte
Die Umwelt- und Klimaziele
sind gesteckt, jetzt kommt die
Zeit der Umsetzung
––––––––
Die kommende Bundesregierung muss aus            Mit der Anpassung des Klimaschutzge-         Ihre Kernempfehlungen:
ambitionierten Zielen eine erfolgreiche          setzes in Folge des Urteils des Bundesver-
Ressourcen- und Klimapolitik machen und          fassungsgerichtes von Ende April 2021           Für die Energiewende:
dabei alle Bürgerinnen und Bürger mitneh-        hat die Bundesregierung schnell reagiert.    Mindestens eine Verdopplung der Ge-
men – so das Fazit des Zukunftsimpulses          „Um auf den Weg zum Klimaneutralitäts-       schwindigkeit beim Ausbau der erneu-
des Wuppertal Instituts zur Bundestags-          ziel 2045 einzuschwenken, muss die kom-      erbaren Energien, die intelligente Inte-
wahl 2021. Es zeigt, welche Maßnahmen            mende Regierung die Weichen in einem         gration von flexibler Nachfrage und
notwendig sind, um die Transformation in         100-Tage-Sofortprogramm stellen“, for-       Speichern, der Ausbau der Infrastruk-
eine klimafreundliche und ressourcenleich-       dert Fischedick. „Die nächste Legislatur-    tur für Wasserstoff und ein deutliches
te Zukunft jetzt konsequent einzuleiten.         periode ist die entscheidende Zeit, um       Vorziehen des Kohleausstiegs. Darüber
„Die nächste Bundesregierung steht vor einer     die 2020er Jahre zu einer Dekade der         hinaus für den Gebäudebereich ein
Jahrhundertaufgabe. Sie muss den geforder-       Umsetzung zu machen und den Klima-           Sofortprogramm für eine größere Sa-
ten Klimaschutz konkret umsetzen – und da-       schutzpfad unumkehrbar zu betreten“,         nierungstiefe und -rate für bestehende
bei vor allem auch auf soziale Gerechtigkeit     erklärt er.                                  Gebäude sowie Klimaneutralität als
und Möglichkeit zur Teilhabe achten“, erklärt    Zur Bundestagswahl im September 2021         Anforderung an den Neubau. Gebäude­
Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissen-       zeigen die Wissenschaftlerinnen und          eigentümerinnen und -eigentümer
schaftlicher Geschäftsführer des Wupper-         Wissenschaftler des Wuppertal Instituts      müssen zur Lösung des Vermieter-Mie-
tal Instituts. „Es geht aber nicht nur um Kli-   entlang von sieben zentralen Transfor-       ter-Dilemmas an den CO2-Kosten antei-
maschutz, sondern das Denken in größeren         mationsarenen mit Blick auf alle Berei-      lig beteiligt werden und staatliche För-
Zusammenhängen und ein Adressieren aller         che von Gesellschaft, Wirtschaft und Po-     derung muss helfen, die Kosten des
relevanten Nachhaltigkeitsdimensionen“, er-      litik die jetzt notwendigen Schritte auf.    Umbaus zu tragen.
gänzt Prof. Fischedick.

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                                                                                              Quelle: GettyImages
„         Die nächste Bundesregierung steht vor einer Jahrhundert-
                         aufgabe. Sie muss den geforderten Klimaschutz konkret
                         umsetzen – und dabei vor allem auch auf soziale Gerechtigkeit
                         und Möglichkeit zur Teilhabe achten.“
               		 Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer
                  des Wuppertal Instituts

   Für die Ressourcenwende: Ein Über-            Für die Industrielle Wende: Industrie        Für die Konsumwende: Die Bundes-
gang von der Einweg- zur ressourcenleich-     braucht Energie – versorgungssicher, kon-    regierung sollte Experimentierräume für
ten und klimaneutralen zirkulären Materi-     kurrenzfähig und erneuerbar. Dazu müs-       nachhaltige Konsum- und Produktions-
alwirtschaft durch klare Nachhaltigkeits-     sen Ökostrom und Power-to-X-Angebote         muster schaffen. Dafür sollte sie verstärkt
standards, das Design von recyclingfähigen    ausgebaut, die dafür notwendigen Infra-      Reallabore und Living Labs fördern und
und ressourcenleichten Produkten und          strukturen geschaffen und die internatio-    Verbraucherinnen und Verbraucher ge-
durch Digitalisierung einen Schub für ein     nale Vernetzung vorangetrieben werden.       zielt zu Umwelt- und Klimaauswirkungen
besseres Management von Abfallströmen.        Gleichzeitig muss die kommende Regie-        informieren, beispielsweise durch die
                                              rung den Unternehmen helfen, klimaver-       Einführung einer Produktkennzeich-
   Für die Ernährungswende: Die kon-          trägliche Prozesse und Verfahren unter       nungsstelle und eines digitalen Produkt-
sequente Unterstützung einer nachhalti-       globalen Wettbewerbsbedingungen um-          passes. > mehr
gen Außer-Haus-Verpflegung und des            zusetzen und Märkte für grüne Produkte
Einzelhandels sowie des Übergangs auf         zu initiieren. Abgaben auf Primärmaterial
eine ökologische Agrarwirtschaft. Sensi-      und energieintensive Stoffe sind dafür
bilisierung für eine gesündere, klimaver-     ebenso sinnvolle Optionen wie Quoten
trägliche, fleischärmere Ernährung, un-       und Standards – etwa im Rahmen der
ter anderem durch Förderung von               öffentlichen Beschaffung.
Fleisch-Ersatzprodukten.

   Für die Urbane Wende: Städte und Ge-
meinden sind die Orte, an denen mehrere
                                                                                                        Zu
                                                                                                       kunf

                                                           Zeit für den Kurswechsel:
                                                                                                         ts
                                                                                                              impuls

Wenden aufeinandertreffen: Der öffentli-              hin zu einer klimagerechten,
che Verkehr und Radwege – auch in Klein-                ressourcenleichten Gesellschaft
städten – müssen schnell und deutlich aus-
gebaut werden. Statt Flächen zu versiegeln,
sollten Grünflächen geschützt und die                                                           Beitrag für die
Mehrfachnutzung von Gebäuden erleich-                                                           politische Debatte
                                                                                                im Wahljahr 2021
tert werden. Im Fokus eines schärferen Ge-
bäudeenergiegesetzes sollten Bestandsge-
bäude Vorrang vor Neubauten haben.

   Für die Verkehrswende: Für eine öko-               Zukunftsimpuls 17 | Mai 2021

logische und sozial gerechte Verkehrs-
wende müssen die Wege kürzer, der Um-
stieg auf Elektromobilität schneller um-
                                                    Cover des Zukunftsimpulses „Zeit für den Kurswechsel:
gesetzt und die Alternativen zum Auto               hin zu einer klimagerechten, ressourcenleichten Gesellschaft“.
und Lkw attraktiver werden. Den Zugang              Quelle: Wuppertal Institut
zu öffentlichen und privaten Mobili-
tätsangeboten muss die kommende Bun-
desregierung sozial gerecht für möglichst
alle Menschen ermöglichen.

                                                                                      Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021 15
Ein Plädoyer                                  Just Transition
für gerechte Mobilität                        Platform
––––––––                                      ––––––––
Das Leitbild der autogerechten Stadt ist      Die Kohleregionen Europas befinden
längst überholt. Dabei müssten Klima-         sich aufgrund von Mechanisierung,
schutz und Lebensqualität im Vorder-          kostengünstigen Energiealternativen
grund stehen statt einer fortgesetzten        und klimapolitischen Entscheidungen
Bevorzugung zunehmend hochgerüsteter          mitten in einem Strukturwandelpro-
Autoflotten, die für Millionen Menschen       zess, der die Regionen vor große Her-
ohne Auto Belastungen und Mobilitäts-         ausforderungen stellt. Die „Initiative
nachteile bedeuten. Städte wie Kopen­         for Coal Regions in Transition“ der         sowie weitere Stakeholder darüber hin-
hagen, Paris, Oslo oder Freiburg machen       Europäischen Kommission (EU) unter-         aus über die neuesten Entwicklungen
es vor: Sie planen eine moderne und           stützt die Kohle- und kohlenstoffinten-     der „EU Just Transition Strategie“, die
zukunftsgerichtete Mobilität, die den         siven Regionen beim Übergang zu             Beschäftigungseffekte von grünen
Menschen gerecht wird und setzen sie          einer CO2-neutralen Wirtschaft. Ziele       Technologien und die Potentiale des
konsequent um. Aber wie lässt sich das        der Kohleregionen sind verringerte          Aufbaus von Batterie-Wertschöpfungs-
Verkehrssystem sozial-ökologisch und          Umweltverschmutzung und Gesund-             ketten. Die Regionen berichteten von
gleichzeitig fair für alle umgestalten? Das   heitsrisiken, bessere Lebensbedingun-       ihren Erfahrungen im Zusammenhang
Autorenteam des neuen Buchs „Nach­            gen sowie sicherere und sauberere           mit Strukturwandelprozessen und des-
haltige Mobilität für alle“ ist sich einig:   Arbeitsplätze. Das Wuppertal Institut       sen Gestaltungsmöglichkeiten.
Vor allem der öffentliche Nah- und Fern­      ist Teil des internationalen Konsor­        Am 28. April 2021 hat Timon Wehnert,
verkehr, Sharing-Systeme sowie der            tiums, das das Sekretariat der Initiative   Leiter des Büro Berlin und Senior
Rad- und Fußverkehr müssen massiv             betreibt.                                   Researcher im Forschungsbereich
ausgebaut und gefördert werden. Wenn          Wissenschaftlerinnen und Wissen-            Strukturwandel und Innovationen am
dadurch weniger Menschen auf das Auto         schaftler des Wuppertal Instituts haben     Wuppertal Institut, die Session „Coal
angewiesen sind, ließe sich der Auto­         für das Sekretariat das Toolkit „Techno­    power plants: case studies of repur­
verkehr halbieren. Das neue Buch des          logy Options: Transforming industries in    posing“ moderiert. Am letzten Veran-
Wuppertal Instituts und der Beratungs-        coal regions for a climate-neutral eco-     staltungstag stellte er außerdem das
firma Büro Ö-quadrat erscheint im             nomy“ erarbeitet. Darin werden ver-         Toolkit vor. > mehr
oekom-Verlag und ist seit Mai 2021 im         schiedene Technologien in Bezug auf
Handel erhältlich. > mehr                     die Nachnutzungsmöglichkeiten von
                                              Kohlekraftwerken, die technologischen
                                              Entwicklungen nachhaltiger Stahl­
                                              erzeugung und die Herausforderungen
                                              und Möglichkeiten der Umstellung auf
                                              eine Wasserstoffwirtschaft erläutert.
                                              Während der viertägigen Online-Konfe-
                                              renz „Just Transition Platform – Coal
                                              Regions Virtual Week and Carbon-
                                              intensive Regions Seminar“, die vom
                                              26. bis 29. April 2021 stattfand, disku-
                                              tieren Vertreterinnen und Vertreter der
                                              Regionen, der Politik und Wissenschaft,

Cover des Buchs „Nachhaltige
Mobilität für alle“. Quelle: oekom

16 Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021
Transformative Innovationen:
Die Suche nach den wichtigsten Hebeln
der Großen Transformation
Tag für Tag werden die Probleme sichtbarer, die durch das Über-
schreiten der planetaren Grenzen entstehen. Die Herausforderungen
des Klimaschutzes sind dafür nur ein Beispiel. Sie machen deutlich,
wie dringend notwendig die Große Transformation ist. Klar ist aber                             Transformative
auch, dass ein Gegensteuern nicht einfach ist und strukturelle Verän-                          Innovationen
derungen erfordert. Es braucht eine Kombination aus neuen techni-
schen Ansätzen, mutigen und konsequenten politischen Prozessen,
aber auch individuelle Verhaltensanpassungen, um die erforderlichen
                                                                                               Die Suche nach den wichtigsten Hebeln
Veränderungen zu initiieren und hinreichende Transformationskräfte                             der Großen Transformation

auszulösen. Nur so lässt sich eine nachhaltige Zukunft gestalten, be-                          —
                                                                                               Manfred Fischedick              Sascha Samadi

tont das Wuppertal Institut in seinem neuen Zukunftsimpuls „Trans-
                                                                                               Hans Haake                      Dietmar Schüwer
                                                                                               Karin Arnold                    Melanie Speck
                                                                                               Thomas Götz                     Felix Suerkemper

formative Innovationen – Die Suche nach den wichtigsten Hebeln der                             Lena Hennes
                                                                                               Jan Kaselofsky
                                                                                                                               Stefan Thomas
                                                                                                                               Johannes Venjakob
                                                                                               Thorsten Koska                  Justus von Geibler
Großen Transformation“.                                                                        Anna Leipprand                  Henning Wilts

Er beschreibt den Grundgedanken der „Transformativen Innovationen“
und ihre Notwendigkeit und stellt erste Kandidaten für solche Trans-                           Zukunftsimpuls 18 | Juni 2021

formativen Innovationen aus diversen Arbeitsbereichen des Wupper-
tal Instituts vor. Er dient vor allem als Einladung, gemeinsam mit dem
                                                                                         Cover des Zukunftsimpulses
Wuppertal Institut über solche Innovationen zu diskutieren, die ir-                     „Transformative Innovationen“.
gendwo zwischen den großen Utopien und kleinen Nischenaktivitä-                          Quelle: Wuppertal Institut
ten liegen. Denn es braucht nicht immer den ganz großen Wurf, um
Veränderungen in Gang zu setzen. > mehr

Grundlegende Transformation
der Weltwirtschaft
––––––––
Die Nationale Akademie der Wissen-         Um die Transformation zu realisieren,        betont Professor Manfred Fischedick.
schaften Leopoldina und der Rat            setzen die Autorinnen und Autoren auf        Eine zentrale Aussage des Positions­
für Nachhaltige Entwicklung (RNE)          den CO2-Emissionshandel als Leitins­         papiers ist zudem, dass Klimaschutz
legten das gemeinsame Positionspapier      trument, eingebettet in eine klimapoli-      europäisch nur im Rahmen des Euro-
„Kli­ma­neutralität – Optionen für eine    tische Gesamtstrategie, die weitere          pean Green Deal und letztendlich
am­­bi­tionierte Weichenstellung und       regulatorische Rahmenbedingungen             global die nötige Wirksamkeit entfalte.
Um­setzung“ vor, das Wege zur Klima­­-     und eine zielorientierte Förder- und         Die Autorinnen und Autoren behandeln
neu­tralität bis 2050 aufzeigt. Das        Ordnungspolitik beinhaltet. Hinzukom-        neben Optionen des marktpolitischen
Positions­papier, an dem auch Prof. Dr.-   men müsse eine breite Mobilisierung          Handelns auch Fragen der Finanzie-
Ing. Manfred Fischedick, wissenschaft-     privaten Kapitals. Dazu sei vor allem        rung, der außenpolitischen Dimension,
licher Geschäftsführer des Wuppertal       langfristige Investitionssicherheit erfor-   der internationalen Solidarität, des
Instituts, mitschrieb, führt Handlungs-    derlich. „Ein politikfeld- und sektoren-     sozialen Ausgleichs und der Bildung.
optionen für die erforder­lichen Verän-    übergreifender integrierter Ansatz sowie     > mehr
derungen in Gesellschaft, Politik und      eine konsequente und wirkungsvolle
Wirtschaft auf, die angesichts der gro-    Klimaschutzpolitik in allen Transforma-
ßen Dringlichkeit und der historischen     tionsbereichen ist zwingend notwendig.
Dimension der anstehenden Transfor-        Dies schließt eine absolute Verminderung
mation erforderlich sind.                  des Ressourcenverbrauchs über eine kon-
                                           sequente Orientierung auf eine Circular
                                           Economy als Zielsetzung ebenso ein wie
                                           eine umfassende Effizienzsteigerung
                                           beim Endenergieverbrauch und dessen
                                           Abdeckung über einen ausreichend
                                           schnellen Ausbau erneuerbarer Energien.
                                           Dafür sind in der nächsten Legislatur­
                                           periode die zentralen Weichen zu stellen“,

                                                                                  Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021 17
Industrieübergreifende
Zusammenarbeit bietet
großes Potenzial für die
Skalierung der Circular
Economy in Deutschland
––––––––                                        Germany’s Tansition
                                                to a Circular Economy
                                                How to Unlock the Potential of
Um von einer linearen zu einer zirku­           Cross-Industy Collaboation

lären Wirtschaft zu kommen, ist jetzt
gemeinsames Handeln von Regierungen,
                                                                                    Cover der Studie „Germany‘s
Unternehmen und Zivilgesellschaft                                                   Transition to a Circular Economy
gefragt. Industrie und Unternehmen                                                 – How to Unlock the Potential of
spielen eine bedeutende Rolle in der                                                Cross-Industry Collaboration“.
zirkulären Transformation, können                                                   Quelle: econsense

diese Herausforderung in einer ver-
netzten Kreislaufwirtschaft aber nicht
allein stemmen. Deshalb werden zur
weiteren Skalierung der Circular
Economy (Kreislaufwirtschaft) in
Deutschland mehr industrieübergrei-
fende Kollaborationen gebraucht.             Der digitale Produktpass:                    mas Adisorn und Lena Tholen aus dem
Die Studie „Germany‘s Transition to          Ein lückenloser Lebenslauf                   gleichen Forschungsbereich greifen
a Circular Economy – How to Unlock                                                        im Wuppertal Report Erkenntnisse zu
the Potential of Cross-Industry Colla­bo­
                                             für Produkte                                 verschiedenen bestehenden Produkt-
ration“, die econsense, Accenture und        ––––––––                                     pass-Ansätzen auf und stellen den
das Wuppertal Institut Mitte Juni vor-                                                    aktuellen Diskussionsstand zu diesem
stellten, zeigt zum einen, inwieweit          Herstellerfirmen und Recyclingunter­        Thema dar. Sie skizzieren darüber
Unternehmen in Deutschland bereits            nehmen können anhand des digitalen          hinaus erste Ansätze für eine mögliche
heute Zirkularität in ihre Geschäftsmo-       Produktpasses den Ursprung der              Umsetzung eines breit anwendbaren
delle integriert haben. Zum anderen           Rohstoffe und die genaue Zusammen­          digitalen Produktpasses. Die Kurzstudie
beleuchtet sie auf Basis von Umfragen         setzung erfahren und so sicherstellen,      soll damit insbesondere neue Impulse
und vertiefenden Interviews mit Exper-        dass dabei ökologische und soziale          und Anknüpfungspunkte für weiter­
tinnen und Experten den Status quo            Standards eingehalten werden. Konsu-        führende politische Initiativen auf natio­
und das Potenzial von Circular-Economy-       mentinnen und Konsumenten könnten           naler und europäischer Ebene zur
Kollaborationen zwischen zwölf deut-          in Zukunft dann auch mittels einer App      konkreten Umsetzung des digitalen
schen Industriesektoren. Dabei zeigt          mehr zu den Produktionsbedingungen          Produktpasses liefern. > mehr
sich, dass das Potenzial vieler Industrie-    erfahren, um bewusstere und nachhal-
kollaborationen nicht voll ausgeschöpft       tigere Kaufentscheidungen zu treffen.
wird. Während knapp zwei Drittel der          Bislang hat sich ein breit anwendbarer
untersuchten Industriekollaborationen         digitaler Produktpass in der Praxis           20_Wuppertal Report | März 2021

                                                                                            Der Digitale Produktpass
ein großes Potenzial für die Skalierung       noch nicht etabliert. „Zwar existieren        als Politik-Konzept
der Circular Economy in Deutschland           erste Ansätze, diese haben jedoch oftmals                          Kurzstudie im Rahmen der

aufweisen, wird dieses Potenzial bisher       keine einheitlichen Standards oder die                             Umweltpolitischen Digitalagenda des
                                                                                                                 Bundesministeriums für Umwelt, Natur-
                                                                                                                 schutz und nukleare Sicherheit (BMU)

nur in 43 Prozent der Fälle genutzt.          Daten sind nicht zentral in einer Daten-                           Thomas Götz

> mehr                                        bank verfügbar“, sagt Thomas Götz,
                                                                                                                 Thomas Adisorn
                                                                                                                 Lena Tholen

                                              Co-Leiter des Forschungsbereichs Ener-
                                              giepolitik in der Abteilung Energie-,
                                              Verkehrs- und Klimapolitik am Wupper-
                                              tal Institut. Hier setzt die Kurzstudie
                                             „Der Digitale Produktpass als Politik-
                                              Konzept“ an, die nun als Wuppertal
                                              Report im Rahmen der Umweltpoliti-
                                              schen Digitalagenda des Bundesminis-
                                              teriums für Umwelt, Naturschutz und
                                              nukleare Sicherheit (BMU) erschienen
                                                                                          Cover des Wuppertal Papers „Der
                                              ist. Thomas Götz und die beiden wis-        Digitale Produktpass als Politik-
                                              senschaftlichen Mitarbeitenden Tho-         Konzept“. Quelle Wuppertal Institut

18 Wuppertal Institut – Quartal 2 | 2021
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