Forum E: Literalität, Familie und Mobilität - AlphaDekade

Die Seite wird erstellt Thorsten Kuhn
 
WEITER LESEN
Forum E: Literalität, Familie und Mobilität - AlphaDekade
Forum E: Literalität, Familie und Mobilität
Präsentation der LEO-Ergebnisse und wissenschaftlicher Kommentar
Christopher Stammer, Universität Hamburg
Prof. Dr. Carola Iller, Universität Hildesheim, LEO-Beirat
Dr. Franziska Schwabe, Technische Universität Dortmund

Moderation
Johanna Thon, Bundesamt für Familie und
zivilgesellschaftliche Aufgaben

Reflexion aus der Praxis
Kajo Wintzen, Katholische Erwachsenenbildung
Rheinland-Pfalz
www.alphadekade.de
Christopher Stammer

          Literalität, Familie und Mobilität
AGENDA
 Einführung
 Haushaltszusammensetzung
 Literalität in der Familie
 Wissenschaftlicher Kommentar Dr. Franziska Schwabe
 Schriftverkehr
 Mobilität
 Wissenschaftlicher Kommentar Prof. Dr. Carola Iller

                                                        3
EINFÜHRUNG

 Grundsätzlich geht es in allen Teilaspekten um die Frage, inwieweit
  Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben von der Teilhabe im Alltag
  ausschließen.
 Mit den Fragen im Bereich Familie wollen wir u.a. erfahren, wie sich das Home
  Literacy Environment (HLE) darstellt:
   Wie interagieren die Generationen im literalen Kontext miteinander?
   Wer übt literale Praktiken und Kompetenzen im lebensweltlichen Alltag aus?

                                                                                  4
Haushaltszusammensetzung

                           5
 Eine Reihe von Sachverhalten, wie das Home Literacy Environment, betreffen
  die Ebene von Haushalten und nicht die Ebene von Individuen.
 LEO 2018 erfasst die Struktur des Haushalts und nur bedingt die Struktur der
  Familie. Der Haushalt stellt für uns den entscheidenden Raum für
  Habitualisierung dar.

                                                                                 6
ANZAHL DER EIGENEN KINDER
Frage:                         100%

                                90%
Sind bei gering                 80%
literalisierten Erwachsenen     70%
Abweichung vom                  60%

Bevölkerungsdurchschnitt        50%

zu erwarten?                    40%         36,7% 38,4%
                                                                                                      27,2%
                                30%
                                                                             20,4%           25,4%
                                                                    18,9%
                                20%
                                                                                                                      11,9% 9,7%
                                10%                                                                                                             6,9% 4,0%
                                 0%
                                             kein Kind                  1 Kind                 2 Kinder                 3 Kinder           4 und mehr Kinder
                                                                             Alpha 1-3         Gesamtbevölkerung

                              Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität.
                              Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre), n=7.192, gewichtet. Die Kategorie „keine Angabe“ ist grafisch nicht dargestellt.
                                                                                                                                                            7
ANZAHL DER KINDER (0-17 JAHRE) IM HAUSHALT
Frage:                         100%

                                90%
Sind bei gering                 80%
literalisierten Erwachsenen
                                              62,0% 64,0%
                                70%
Abweichung vom                  60%

Bevölkerungsdurchschnitt        50%

zu erwarten?                    40%

                                30%

                                20%                                          16,3% 17,9%                    13,9% 13,4%
                                                                                                                                            7,8%
                                10%                                                                                                                  4,7%
                                 0%
                                                kein Kind                        1 Kind                        2 Kinder                3 Kinder und mehr
                                                                             Alpha 1-3         Gesamtbevölkerung

                              Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität.
                              Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre), n=7.192, gewichtet. Die Kategorie „keine Angabe“ ist grafisch nicht dargestellt.
                                                                                                                                                            8
Literalität in der Familie

                             9
 LEO 2010 aber auch PIAAC und PISA haben verdeutlicht, dass die formale
  Schulbildung der Eltern in einem Zusammenhang mit der Literalität der Kinder
  steht.
 In LEO 2018 wird darüber hinaus das Verhältnis zwischen Erwachsenen und
  Kindern in Bezug auf literale Praktiken genauer untersucht.

                                                                                 10
VORLESEN VON BÜCHERN
Frage:                         100%
                                90%
Lesen gering literalisierte     80%

Erwachsenen seltener den        70%

Kindern im Haushalt             60%
                                50%                   44,8%
Bücher vor?
                                40%
                                             30,7%                          28,5% 25,8%
                                30%
                                                                                                                                        20,6%
                                20%                                                                       15,4%                                  16,3%
                                                                                                                  10,1%
                                10%
                                 0%
                                             Mindestens                    Mindestens                 Seltener als einmal                     Nie
                                            einmal am Tag              einmal in der Woche               in der Woche
                                                                            Alpha 1-3         Gesamtbevölkerung
                              Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität.
                              Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre) mit Kindern im Haushalt unter 12 Jahren, n=1.909, gewichtet. Die Kategorie „keine
                              Angabe“ ist grafisch nicht dargestellt.
                                    n
HILFE BEI DER VORBEREITUNG AUF KLASSENARBEITEN
Frage:                           100%

                                  90%
Leisten gering literalisierte     80%                                      75,1%
Erwachsenen seltener              70%
                                                          61,4%
familiale Unterstützung           60%

dieser Art?                       50%

                                  40%

                                  30%                                                                                  26,8%
                                  20%                                                                                                   16,5%
                                  10%

                                   0%
                                                                     Ja                                                         Nein
                                                                              Alpha 1-3         Gesamtbevölkerung
                                Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität.
                                Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre) mit Kindern im Haushalt zwischen 7 und 17 Jahren, n=1.753. Die Kategorien „keine
                                Angabe“ und „Trifft nicht zu“ sind grafisch nicht dargestellt.
                                      n
BESUCH VON BIBLIOTHEKEN MIT KINDERN VON 0-11 JAHREN
Frage:                         100%

                                90%
Gehen gering literalisierte     80%
Erwachsene seltener mit         70%
Kindern in Bibliotheken?        60%                                                      55,3%
                                50%                           46,4%
                                                                                                     40,7%
                                40%
                                                 32,2%
                                30%

                                20%
                                                                                                                                  12,4%      12,4%
                                10%

                                 0%
                                                         Ja                                     Nein                               Trifft nicht zu
                                                                            Alpha 1-3         Gesamtbevölkerung
                              Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität.
                              Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre) mit Kindern im Haushalt unter 12 Jahren, n=1.909, gewichtet. Die Kategorie „keine
                              Angabe“ ist grafisch nicht dargestellt.
                                    n
Wissenschaftlicher Kommentar

             Prof. Dr. Nele McElvany vertreten durch Dr. Franziska Schwabe

             Berlin, 07. Mai 2019
Einführende Überlegungen
Einführende Überlegungen
   Schriftsprachkompetenz als Voraussetzung für schulischen und beruflichen Erfolg sowie
    lebenslanges Lernen (Artelt, McElvany et al., 2005)
   Substantieller Anteil der Bevölkerung mit Bedarf an Alphabetisierung und Grundbildung
   Aktuelle Befunde: Anteil gering Literalisierter an Gesamtbevölkerung (vgl. LEO 2018)

   Vielfältige Maßnahmen für gering Literalisierte im Erwachsenenalter
   Vorschlag: Perspektivenerweiterung auf die Familie
          präventiver Ansatz (neben Schule)

   Relevante Befunde der aktuellen LEO-Studie

                                                                                            18
Rolle der Familie
Rolle der Familie: Ausgangssituation
   Systematischer Erwerb der Lese- und Schreibkompetenz regulär in der Schule verortet
ABER 1: Voraussetzungen bereits vor Schulbeginn im familiären Kontext erworben
ABER 2: Familie auch während Schulzeit wichtiger Bedingungsfaktor

                                         Grundschule
                                                       Weiterführende
                           Kita / KiGa                     Schule

                         Vorschulische                 Außerschulische
                          Aktivitäten                    Aktivitäten

                                           Familie

                                                                                          20
Familie in der Biographieforschung zum funktionalen Analphabetismus
   Häufig unzureichende Unterstützung
   Vielmals ohne zielführende Handlungsmuster zur Unterstützung schulischer Probleme
   Oft nicht in der Lage, notwendige Schritte z.B. für eine Lerntherapie einzuleiten
   Schriftsprache kein hoher Stellenwert
   Finanzielle Probleme/Armut
   (Zerrüttung, Alkoholmissbrauch, Gewalt, hohe Geschwisterzahl, frühe
    Verantwortungsübernahme)
                                                                    (Löffler, 2014; Rosenbladt & Bilger, 2011)

 Strukturmerkmale vs. Prozessmerkmale (McElvany, Becker & Lüdtke, 2009)

                                                                                                            21
Wirkmodell: Familie und Schriftspracherwerb
           Familiäre           Familiäre                Individuelle
           Struktur-           Prozess-                  Merkmale
           merkmale            merkmale

                                                         Motivation
              Sozio-            Kulturelle              z.B. Leselust
          ökonomischer         Ressourcen
          Status Familie       z.B. Bücher
                                                       Selbstkonzept
                                                            z.B.                     Kompetenz
          Bildung Eltern    Kulturelle Praxis
                                                         Verbales                     -erwerb
                            z.B. Gespräche
                                                       Selbstkonzept
                             und Aktivitäten
         Migrationsstatus
                                                         Verhalten
                              Einstellungen
                                                    z.B. Lesehäufigkeit
                            z.B. Vorbild Eltern

                             Unterstützungs-
                            kompetenz Eltern
                                                  (Baumert, Watermann, & Schümer, 2003; Möller &
                                                  Schiefele, 2004; McElvany, Becker & Lüdtke, 2009)

                                                                                                      22
Zusammenhang distale familiäre Strukturmerkmale mit proximalen
Prozessmerkmalen
                                     Sozioökonom.                                                Familien-
                                                                Schulabschluss
                                      Hintergrund                                                 sprache
                                                                (Eltern, Abitur)
                                         (HISEI)                                                 (Deutsch)
         Buchbesitz                          +++                         +++                        ++
         Gespräche und
                                               +                          ++                         -
         Aktivitäten
         Einstellung zum
         Lesen                                ++                          ++                        +

         Kompetenz
         Förderung                             +                         +(+)                       ++

         Anmerkung: +++ = r ≥ .5, ++ = r ≥ .3, + = r ≥ .1; p < .05 außer (+) p < .10; N = 766.

                                                                                                             23
Potential der Familie
Potential der Familie

             Familie „die früheste und schon aus diesem Grunde wichtigste
                   Instanz der Lesesozialisation“ (Hurrelmann, 1994)
                      (vgl. Helmke & Weinert, 1997; Hurrelmann, 2001; McElvany, Becker & Lüdtke, 2009;
                                      Stubbe, Buddeberg, Hornberg & McElvany, 2007)

            Sprach-, Welt- und                                                                 Sprachentwicklung
          inhaltliches Vorwissen                                                            z.B. Ennemoser & Schneider, 2004
           z.B. Kintsch & van Dijk, 1978

                                                                                                 Wissen über
                                                                                             Funktionen des Lesens
           Metasprachliche                                                                         z.B. Purcell-Gates, 1989

            Kompetenzen
           z.B. Schneider et al., 1994
                                                                          Wissen über Konzepte
                                           Wertschätzung des                 und Schemata
                                                Lesens                         z.B. Oerter, 1999
                                         z.B. Groeben & Schroeder, 2004

                                                                                                                               25
Potentiale und Herausforderungen Förderung in Familien

                           Potential:
         • Intensität der Förderung
                                                            Allerdings auch:
         • Vorbild Eltern
          (Bandura, 1977; Vygotski, 1978)               Eltern ≠ Erziehende/
         • Direktes Feedback                           Lehrende
         • Dauer & „Auffrischung“                       Eltern-Kind Beziehung
         • Nachhaltigkeit                                (Grolnick, 2003)
          ( Kulturelles Kapital, kulturelle Praxis,
                                                        Alltag
          Bourdieu, 1983)
         • Sozio-kulturelle Angemessenheit             …
          (Kağıtçıbaşı, 1999; van Tuijl, Leseman &
          Rispens, 2001)
         • Praktische Aspekte
           …

                                                                                 26
Bedeutung innerfamiliäre Förderung

   Positive Zusammenhänge Vorlesen mit relevanten Kompetenzen wie z.B. Wortschatz (u.a. Niklas et al.,
    2016; Senechal et al., 1996)
   Metaanalyse (Bus et al., 1995)

   Frage der Lesestoffe, Angebotsvielfalt in Bibliotheken (Valtin, 2006)

   Systematische Förderung: kleine, aber signifikante Effekte (Metaanalyse zu Family Literacy Programs: Steensel,
    McElvany et al., 2011)
   Konkreter Ansatz: Dialogic reading (Morgan & Meier, 2008; Whitehurst & Longigan, 1998; aktuelle Metaanalyse:
    Flack, Field & Horst, 2018)

                                                                                                                   27
Befunde aus LEO 2018: Lesebezogene Praktiken

Bereich innerfamiliäre Förderung (Prozessmerkmale): Vorlesen gering literalisierter
Erwachsener und Bibliotheksbesuch

Vorlesen
 Mindestens 1x am Tag: 30.7 Prozent vs. 44.8 Prozent Gesamtbevölkerung

 Nie: 20.6 Prozent vs. 16.3 Prozent Gesamtbevölkerung

Bibliotheksbesuch
 Ja: 32.2 Prozent vs. 46.4 Prozent Gesamtbevölkerung

 Nein: 55.3 Prozent vs. 40.7 Prozent Gesamtbevölkerung

                                                                                      28
Befunde aus LEO 2018 im Spiegel des Forschungsstands

Bereich innerfamiliäre Förderung (Prozessmerkmale): Vorlesen gering literalisierter
Erwachsener und Bibliotheksbesuch

   Systematische Unterschiede in den Aktivitäten – erwartbar auch in der
    Anschlusskommunikation
   Damit systematisch unterschiedliche Förderung von Kindern
   Im Sinne des Modells aus familiären Struktur- und Prozessmerkmalen möglicherweise
    hinderlich für Schriftspracherwerb in nachfolgender Generation

   Ansatzpunkte für Förderung im Sinne von Prävention

                                                                                        29
Befunde aus LEO 2018: Schulbezogene Unterstützung

Bereich Unterstützung schulische Belange: Hilfe bei Vorbereitung auf Klassenarbeiten durch
gering literalisierte Erwachsene

   Ja: 61.4 Prozent vs. 75.1 Prozent Gesamtbevölkerung
   Nie: 26.8 Prozent vs. 16.5 Prozent Gesamtbevölkerung

   Auch hier systematische Unterschiede in den Aktivitäten
   Damit systematisch unterschiedliche Unterstützung von Kindern bei direktem Schulbezug
   Ansatzpunkte für Förderung im Sinne von Prävention

                                                                                             30
Zusammenfassung
Zusammenfassung I

                                                    • Wortschatz
                                      Kognitiv      • Dekodierfähigkeit
                                                    •…

                                                        • Lesemotivation
                      Familiäre         Motivational-
                                                        • Selbstkonzept
                                         emotional
                    Unterstützung                       •…

                                                   • Leseverhalten
                                    Behavioral     • Hausaufgabenroutine
                                                   •…

                                                                           32
Zusammenfassung II
   Familiäre Struktur- und Prozessmerkmale relevant für Kompetenzentwicklung
   Familie bedeutsamer Faktor bei Entstehung von geringer Literalität und fehlender
    Grundbildung

   Familie potentieller Ansatzpunkt zur Prävention

   Befunde aus LEO 2018 bieten wichtige, deskriptive Hinweise

                                                                                       33
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

       Kontakt:
       nele.mcelvany@tu-dortmund.de
       franziska.Schwabe@tu-dortmund.de
Schriftverkehr

                 35
 In Haushalten entstehen vielfältige Anlässe, für die schriftsprachliche
  Kompetenzen erforderlich sind (Kommunikation mit Behörden, Krankenkassen,
  Versicherungen).
 Frühere Befunde legen nahe, dass schriftsprachliche Aufgaben häufig an
  Personen mit höheren literalen Kompetenzen abgeben werden, dies gilt
  insbesondere für familiäre Zusammenhänge (Egloff 1997; Döbert und Hubertus 2000;
  Riekmann und Buddeberg 2016).

                                                                                     36
WER KÜMMERT SICH UM DEN SCHRIFTVERKEHR IM HAUSHALT?
                                           (MEHRFACHNENNUNGEN MÖGLICH)
Frage:                         100%
                                90%
                                                             81,4%
Geben gering literalisierte     80%
                                                 69,9%
Erwachsenen den                 70%

anfallenden Schriftverkehr      60%
                                50%
ab?                                                                                       37,3%       38,2%
                                40%
                                30%
                                20%
                                                                                                                                    9,6%       8,2%
                                10%
                                 0%
                                                     Ich selbst                              Partner*in                            Ein anderes
                                                                                                                                 Haushaltsmitglied
                                                                            Alpha 1-3          Gesamtbevölkerung
                              Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität.
                              Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre), n=7.192, gewichtet. Die Kategorien „keine Angabe“, „Trifft nicht zu“ und „Eine
                              andere Person“ sind grafisch nicht dargestellt.
                                                                                                                                                        37
ANTRAG BEI DEN SOZIALBEHÖRDEN AUSGEFÜLLT…
Frage:                          100%

                                 90%
Füllen gering literalisierte     80%
                                                              71,5%
Erwachsenen Anträge eher         70%
mit Unterstützung aus?           60%

                                 50%              46,0%
                                 40%
                                                                                           30,0%
                                 30%
                                                                                                      21,8%                        23,8%
                                 20%

                                 10%                                                                                                           6,7%
                                  0%
                                                  … selbstständig                … manchmal mit Unterstützung               … immer mit Unterstützung
                                                                             Alpha 1-3         Gesamtbevölkerung
                               Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität.
                               Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre), die in den letzten 12 Monaten einen Antrag bei Sozialbehörden gestellt haben,
                               n=1.398, gewichtet. Die Kategorie „keine Angabe“ ist grafisch nicht dargestellt.
                                     n
WER HAT DEN ANTRAG ZUR ANMELDUNG AN DER SCHULE AUSGEFÜLLT?
                                         (MEHRFACHNENNUNGEN MÖGLICH)
Frage:                          100%

                                 90%
Füllen gering literalisierte     80%
Erwachsenen Anträge              70%
                                                          67,7%
                                                                           61,3%
seltener selbst?                 60%

                                 50%
                                                                                                                        38,8%
                                 40%                                                                                                     35,3%
                                 30%

                                 20%

                                 10%

                                  0%
                                                                 Ich selbst                                                   Partner*in
                                                                              Alpha 1-3         Gesamtbevölkerung
                               Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität.
                               Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre) mit Kindern im Haushalt zwischen 7 und 17 Jahren, n=1.753, gewichtet. Die
                               Kategorien „Ein anderes Haushaltsmitglied“, „Eine andere Person“, „Trifft nicht zu“ und „keine Angabe“ sind grafisch nicht dargestellt.
                                                                                                                                                           39
Mobilität

            40
 Datenlage zur Mobilität von geringer literalisierten Erwachsenen ist
  ausbaufähig.
 Gering literalisierte Erwachsene nutzen häufiger den ÖPNV als einen privaten
  PKW (Rosenbladt 2011).
 Trotz geringer Datenbasis wird vor allem der Fahrkartenkauf als besondere
  Problemsituation für gering literalisierte Erwachsene hervorgehoben (z.B. Döbert
  und Hubertus 2000).

                                                                                     41
IM BESITZ EINES FÜHRERSCHEINS
Frage:                           100%

                                  90%                                       85,8%
Sind gering literalisierte        80%
Erwachsenen seltener im           70%
                                                           62,4%
Besitz eines Führerscheins?       60%

                                  50%

                                  40%
                                                                                                                        37,6%

                                  30%

                                  20%                                                                                                    14,2%
                                  10%

                                   0%
                                                                      Ja                                                          Nein
                                                                               Alpha 1-3         Gesamtbevölkerung

                                Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität. Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre), n=7.192,
                                gewichtet.
                                                                                                                                                           42
HÄUFIGES NUTZEN DER VERKEHRSMITTEL
               (TÄGLICH ODER MINDESTENS EINMAL PRO WOCHE; MEHRFACHNENNUNGEN MÖGLICH)
Frage:                           100%
                                  90%
Sind gering literalisierte        80%
                                                        77,9%                                                                               77,8% 79,2%

Erwachsenen insgesamt             70%
                                  60%
                                                57,5%
seltener mobil?
                                  50%                                                  43,3%
                                  40%
                                                                              29,6%                          31,1%
                                  30%                                                                                 23,2%
                                  20%
                                  10%
                                   0%
                                         Auto, Motorrad, Moped                    Fahrrad              Busse, Bahnen, Fähren Wege ausschließlich zu
                                                                                                               (ÖPNV)                Fuß
                                                                               Alpha 1-3         Gesamtbevölkerung
                                Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität. Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre), n=7.192,
                                gewichtet.
                                                                                                                                                           43
HÄUFIGER KAUF VON FAHRKARTEN FÜR VERKEHRSMITTEL
                            (HÄUFIG ODER EHER HÄUFIG; MEHRFACHNENNUNGEN MÖGLICH)
Frage:                               100%
                                      90%
Favorisieren gering
                                      80%
literalisierte Erwachsene             70%
eine Face-to-Face Option              60%

beim Fahrkartenerwerb?                50%
                                      40%
                                      30%                                                 25,5%
                                                                                  20,6%                         21,5%
                                      20%                   16,9%                                                        14,9%                  12,1% 10,7%
                                      10%
                                                    7,3%
                                       0%
                                                 Online oder mit App+         Fahrkartenautomat          im Verkehrsmittel selbst              Schalter oder im
                                                                                                                                                  Reisebüro
                                                                                  Alpha 1-3         Gesamtbevölkerung

                                    Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität.
                                    Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre), n=7.192, + „Online oder mit App“ n=6.894, gewichtet.
                                          n
ZUSAMMENFASSUNG

 Gering literalisierte Erwachsene …
  …leben in nahezu identischen Haushaltskonstellationen wie die Gesamtbevölkerung.
  …üben seltener literale Praktiken mit den Kindern im Haushalt aus.
  …kümmern sich seltener selbst um den Schriftverkehr.
  …füllen Sozialanträge öfter mit Unterstützung aus.
  …besitzen seltener einen Führerschein.
  …bevorzugen öfter den Face-to-face Kontakt beim Kauf einer Fahrkarte.

                                                                                      46
Wissenschaftlicher Kommentar
Prof. Dr. Carola Iller

                               47
KOMMENTAR

Welche Rolle spielt die Familie für die Ausübung literaler Praktiken?
  Vorbemerkung: Haushalt oder Familie? Ein historisches und zugleich modernes
   Verständnis von „Familie“
  gering Literalisierte nehmen häufiger Unterstützung in Anspruch: das schafft
   Abhängigkeit von Familienmitgliedern. Besonders ambivalent ist die
   Unterstützungsleistung durch Kinder zu beurteilen.
  Auch Personen über Alphalevel 4 nehmen Unterstützung in Anspruch. Von einer
   Vereinfachung des Schriftverkehrs würden alle profitieren.

                                                                                  48
KOMMENTAR

 Welche Bedeutung hat Literalität für Mobilität ?
    Auffällig ist die unterschiedliche Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, aber auch
     die Häufigkeit von Fußwegen (knapp 60% der Personen auf Alphalevel 1-3 legen täglich
     Wege ausschließlich zu Fuß zurück).
    Eingeschränkte Mobilität verschärft sich bei geringer Gemeindegröße: eingeschränkte
     Versorgung vor Ort, z.B. mit (Weiter-)Bildungseinrichtungen erhöht Abhängigkeit von
     Verkehrsmitteln.

                                                                                              49
GEMEINDEGRÖßEN NACH BEVÖLKERUNGSZAHL
Frage:                         100%

                                90%
Leben gering literalisierte     80%
Erwachsenen seltener in         70%
Gemeinden mit                   60%

bestimmten Größen?              50%
                                                      40,5%
                                40%           36,9%
                                                                            32,1% 29,9%
                                30%
                                                                                                                                          18,4% 15,5%
                                20%                                                                        12,7% 14,0%
                                10%

                                 0%
                                               bis 19.999                  20.000 - 99.999              100.000 - 499.999             500.000 und mehr
                                                                             Alpha 1-3         Gesamtbevölkerung

                              Quelle: Universität Hamburg, LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität. Basis: Deutsch sprechende Erwachsene (18-64 Jahre), n=7.192,
                              gewichtet.
                                                                                                                                                         50
KOMMENTAR
 Welche Bedeutung hat Literalität für Mobilität ?
    Auffällig ist die unterschiedliche Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, aber auch
     die Häufigkeit von Fußwegen (knapp 80% der Personen auf Alphalevel 1 legen täglich
     Wege ausschließlich zu Fuß zurück).
    Eingeschränkte Mobilität verschärft sich bei geringer Gemeindegröße: eingeschränkte
     Versorgung vor Ort (z.B. mit (Weiter-)Bildungseinrichtungen) erhöht Abhängigkeit von
     Verkehrsmitteln.
    Forschungsbedarf: Vermutung liegt nahe, dass geringe Literalität die Mobilität
     einschränkt und dies wiederum Einfluss auf Teilhabe an Arbeit, Bildung und Kultur hat.
     Vor dem Hintergrund regionaler Disparitäten in der öffentlichen Versorgung wäre es
     gut, dies genauer zu untersuchen.
                                                                                              51
LITERATUR

   Döbert, M. & Hubertus, P. (2000). Ihr Kreuz ist die Schrift. Analphabetismus und Alphabetisierung in Deutschland (1. Aufl). Münster [u.a.]:
    Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V.
   Egloff, B. (1997). Biographische Muster "funktionaler Analphabeten". Eine biographieanalytische Studie zu Entstehungsbedingungen und
    Bewältigungsstrategien von "funktionalem Analphabetismus". Frankfurt/M: DIE, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung.
   Riekmann, Wibke; Buddeberg, Klaus (2016): Hilfe und Lernen im mitwissenden Umfeld. In: Wibke Riekmann, Klaus Buddeberg und Anke Grotlüschen
    (Hg.): Das mitwissende Umfeld von Erwachsenen mit geringen Lese- und Schreibkompetenzen. Ergebnisse aus der Umfeldstudie. Münster [u.a.]:
    Waxmann (Alphabetisierung und Grundbildung, 12), S. 107–130.
   Rosenbladt, Bernhard von (2011): Lernende Analphabetinnen und Analphabeten. Wen erreicht das Kursangebot der Volkshochschulen? In: Birte Egloff
    und Anke Grotlüschen (Hg.): Forschen im Feld der Alphabetisierung und Grundbildung. Ein Werkstattbuch. Münster, Westf. [u.a.]: Waxmann
    (Alphabetisierung und Grundbildung, 7), S. 89–99.

                                                                                                                                                      52
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

www.alphadekade.de
Sie können auch lesen