Forum Verkehr - Deutsches Verkehrsforum
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forum Verkehr Magazin für Mobilität . Ausgabe 4 . Winter 2021 Foto: © Deutsche Bahn AG Mobilität der Zukunft beginnt im Kopf! Wie die Trendwende bei den Emissionen speziell im Personen ver kehr gelingen kann . Seite 10 Seite 2 Wirksame Cybersicherheit braucht enge Kooperation zwischen Wirtschaft und Behörden Seite 5 Fit-for-55- Paket soll Mobilität auf klimaneutralen Pfad bringen Seite 6 Onlinezugangs- und Planungsbeschleunigungsgesetze noch ohne spürbare Wirkungen Seite 8 Hafen Magdeburg setzt auf Digitalisierung Seite 9 Im Gespräch mit Agnes Heftberger: In Zukunft digital Seite 12 Mehr Fortschritt wagen ist nötig
W I R K SA M E Foto: © Adobe Stock CYBERSICHERHEIT B R AU C H T E N G E KO O P E R AT I O N Z W I S C H E N W I RT S C H A F T U N D BEHÖRDEN Mit der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung der Verkehrsmittel und Infrastruktur entsteht eine neue Gefahr von Hackerangriffen auf die Transportbranche. Mit Blick auf die Ausfallsicherheit kritischer Infrastrukturen wurde die NIS-Richt - linie auf der europäischen Ebene sowie das IT-Sicherheits - gesetzt 2.0 und die KRITIS-Verordnung auf Bundesebene gesetzt. Bei der DVF-Veranstaltung »Welche Cybersicherheit braucht die Mobilität?« waren sich Vertreter aus Wirtschaft und Behörden einig, dass die Bedrohung durch Cyberattacken eine enge Kooperation aller Beteiligten erfordert. Foto: © Adobe Stock L aut Stefan Kölbl, Mitglied des Präsi- ken. Allerdings kann die Prüfung dieser tät, Service und Komfort bieten. Selbst- diums, Deutsches Verkehrsforum (DVF), Systeme auf Plausibilität allein durch das verständlich muss das mit einem Höchst- Vorsitzender der Vorstände, DEKRA Bundesamt für Sicherheit in der Informa- maß an Sicherheit einhergehen«, postu- e.V. und DEKRA SE ist es erschreckend, tionstechnik BSI nicht mit der Zertifizierung lierte Eva Kreienkamp, Vorstandsvor- wie hoch die Schäden durch Cyberattacken durch eine unabhängige Prüfstelle gleich- sitzende, Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), in der Wirtschaft sind: »Neun von zehn gesetzt werden. Zudem ist es wichtig, dass AöR. »Bei der Cybersicherheit machen wir Unternehmen sind mittlerweile Opfer von Mobilitätswirtschaft, Behörden und Prüf- keine Abstriche. Dafür brauchen wir eine Hackerangriffen, im Grunde genommen institutionen die kritischen Sicherheits- gegenseitige Unterstützung aller Beteiligten, die gesamte Wirtschaft. Die Schäden be- bereiche identifizieren.« also Unternehmen, Behörden und Politik.« » Deshalb ist Cybersicherheit im Verkehr eine Redundanz und die Dezentralisierung von nicht verhandelbare Grundbedingung und wird Rechenzentren seien Bausteine zum Schutz vor Cyberangriffen, so Julia Miosga, Senior zum neuen Megathema.« Expertin Corporate Public Affairs, Deutsche [Stefan Kölbl] Post DHL Group, Konzernrepräsentanz Berlin. DPDHL als global agierender Kon- laufen sich in diesem Jahr auf 223 Milliar- Mit der europäischen Regulierung für kriti- zern sei in 220 Ländern tätig und brauche den Euro – doppelt so viel wie noch vor sche Infrastrukturen, der NIS-Richtlinie und vor allem harmonisierte und standardisierte einem Jahr.« deren Umsetzung in Deutschland durch Regularien, die sich an internationalen das IT-Sicherheitsgesetz und die BSI-KRITIS- Standards orientieren. Miosga lobte den »Für den Verkehrsbereich hängt die Sicher- VO wurde auch der Transportsektor einer bestehenden Austausch zwischen Wirt- heit hauptsächlich von zwei Dingen ab: Regulierung unterworfen. Die Wirtschafts- schaft und Behörden, sah hier aber auch Erstens von zeitgemäßen regulatorischen vertreter sahen hier noch Nachbesserungs- noch Potenziale für eine stärkere Koope- Rahmenbedingungen und zweitens von bedarf. ration. verbindlichen und überprüfbaren techni- schen Standards«, so Kölbl weiter. »Ein Kooperation wichtiges Element für Kostenbelastung für Unternehmen wirksamer Rechtsrahmen kann zudem ein Cybersicherheit Informationssicherheit sei die Vorausset- Mehrwert für den Verbraucherschutz sein »Wir wollen mit zeitgemäßen und innova- zung einer erfolgreichen Digitalisierung und das Vertrauen in digitale Systeme stär- tiven Angeboten ein Höchstmaß an Mobili- und so selbstverständlich wie Arbeitsschutz 2 verkehrsforum.de
forum Verkehr EDITORIAL Cybersicherheit neu denken Für die Beförderung von Menschen und Gütern in einer vernetzten Mobilitätswelt mit allen Verkehrsträgern und intelligenter Infrastruktur muss Cybersecurity eine Grundbedingung werden – das ist nicht verhandelbar. Daher muss Cybersicherheit in der Mobilität ab sofort ganzheitlich betrachtet und geprüft werden. Und das gilt für alle Beteiligten wie etwa Fahr- zeughersteller (OEM), Zulieferer und Dienstleister über den kompletten Lebens- zyklus der Fahrzeuge und auch für die zunehmend konnektive Verkehrsinfra- struktur. Jetzt heißt es, die neuen Vorschriften zur Cybersicherheit rechtssicher umzusetzen. Manche bedeuten einen echten Paradig- menwechsel für die Fahrzeugindustrie: Es wird nicht wie früher nur das Endprodukt Fahrzeug getestet und zugelassen, son- dern bereits der Entwicklungsprozess und auch der Hersteller selbst werden darauf- hin geprüft, ob die Organisation in der Lage ist, die neuen Vorschriften zu erfül- und Arbeitssicherheit, so Dr. Timo Hauschild, Fachbereichsleitung Cyber- len. Wir setzen uns dafür ein, das Know- Sicherheit für Kritische Infrastrukturen, Bundesamt für Sicherheit in der Infor- how der Wirtschaft bei der Gestaltung mationstechnik (BSI). »Daher stellt die Umsetzung der Informationssicherheit und Umsetzung gesetzlicher Vorgaben keinen erheblichen Mehraufwand dar. Die gesetzliche Regulierung ist lediglich zu nutzen. eine Überprüfung, ob der Stand der Technik auch umgesetzt wird.« Wir stehen am Anfang eines neuen Für BVG-Chefin Kreienkamp stellt sich die Realität allerdings anders dar: Weges, dessen Dimension sich zwar ab- »Zurzeit tragen die Unternehmen die volle Last der Mehraufwendungen, die zeichnet, dessen Ziel jedoch beweglich ist. im schlechtesten Fall auf die Kundenpreise abgewälzt werden müssen. Die Wir müssen an vielen Stellen völlig neu Verantwortung für das gemeinsame Ziel: digitaler Fortschritt mit maximaler denken und handeln. Für die erfolgreiche Sicherheit – sollten wir aber auch gemeinsam schultern.« Nach den Worten Durchsetzung von Cybersicherheit müssen von Kreienkamp könnten die Anbieter und Dienstleister ihren Teil beitragen, Mobilitätswirtschaft, Behörden und unab- indem sie mehr »IT-Security by design and default« liefern würden. Vom hängige Prüforganisationen im ständigen Gesetzgeber wünschte sie sich, »dass er den Unternehmen die gewollte und Erfahrungsaustausch stehen. geforderte Eigenverantwortung auch zugesteht.« Hauschild wies darauf hin, dass das BSI und weitere öffentlichen Institutionen Stefan Kölbl die Betreiber Kritischer Infrastrukturen auch in den Bereichen Prävention, DVF-Präsidiumsmitglied #fastlanemobilität 3
TERMINE Lenkungskreise 17.02.2022 | Berlin | Güterverkehr und Logistik 05.04.2022 | Berlin | Straßenverkehr Veranstaltungen 10.01.2022 | Berlin | Parlamentarischer Abend »Mobilität für Deutschland« Vortragende unter anderem: Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, DVF- Foto Seite 3: (V. l.) Moderatorin Jana Kugoth, Präsidiumsvorsitzender; Dr. Richard Tagesspiegel Background Verkehr & Smart Mobility; Kölbl; Kreienkamp; Dr. Hauschild; Lutz, Vorsitzender des Vorstands, Dr. Heike van Hoorn, DVF-Geschäftsführerin; Deutsche Bahn AG und DVF-Präsi- Nikolaus von Peter, Innere Sicherheit / diumsmitglied; Hildegard Müller, Digitalisierung, Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland; Miosga; Präsidentin, Verband der Automobil- Dr. Florian Eck, DVF-Geschäftsführer industrie e.V. (VDA) und DVF-Präsi- diumsmitglied; Dr. Stefan Schulte, (V. l. o. n. l. u.) Von Peter, Dr. Hauschild, Vorsitzender des Vorstands, Fraport Kreienkamp AG und DVF-Präsidiumsmitglied Detektion und Reaktion unterstützten. »Es Mobilitätswirtschaft geht es dabei auch Frühjahr 2022 | Berlin | leistet damit einen entscheidenden Betrag darum, Hinweise für eine Weiterentwicklung Parlamentarischer Abend zur Steigerung der Informationssicherheit des Regulierungsrahmens aufzugreifen. Luftverkehr Vortragende: Christina auch von Kritischen Infrastrukturen.« Foerster, Vorstandsmitglied, Ressort Miosga: »Wir handeln in unserem höch- Kölbl sagte abschließend: »Die öffentliche Customer, IT & Corporate sten Eigeninteresse, wenn wir uns als welt- Hand hat die Aufgabe, einen wirksamen Responsibility, Deutsche Lufthansa AG weit führender Logistiker an den höchsten Rechtsrahmen im Bereich Cybersicherheit und DVF-Präsidiumsmitglied 28. April 2022 | Berlin | 38. Mitgliederversammlung Deutsches Verkehrsforum Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, DVF- » Für mich heißt das auch, dass die öffentlichen Stellen einerseits regulieren und fordern, ander- seits aber auch fördern und kompen- sieren.« Präsidiumsvorsitzender [Eva Kreienkamp] internationalen IT-Sicherheitsstandards zu etablieren, der einen Mehrwert für orientieren.« Verbraucherschutz bietet und Vertrauen in digitale Systeme schafft. Dies erfordert Hier erhalten Sie mehr Die Experten waren sich einig, dass die es, dass in den nächsten Jahren bestehen- Informationen zu unseren Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und de gesetzliche Vorgaben unter Einbezie- VERANSTALTUNGEN Sicherheitsbehörden im Rahmen der UP- hung unabhängiger Prüforganisationen KRITIS ausbaufähig ist. Ein gemeinsames angepasst werden. Nur so können wir ein Verständnis und ein regelmäßiger Austausch höchstmögliches Maß an Cybersicherheit Impressum über die Abläufe im Mobilitätssektor, mög- ermöglichen, beispielsweise beim IT-Sicher- Redaktion: liche Gefahren und vorbeugende Maßnah- heitskennzeichen.« ❚ Ingrid Kudirka, Pressesprecherin men seien wichtig. Nach Auffassung der Herausgeber: Deutsches Verkehrsforum Klingelhöferstraße 7, 10785 Berlin Tel. 030-26 39 54-0 Fax 030-26 39 54-22 www.verkehrsforum.de e-mail: info@verkehrsforum.de » Hier stellt sich immer wieder die Gegenfrage: Wie hoch ist der Schaden, wenn wir den Mehraufwand nicht betreiben?« [Julia Miosga] 4 verkehrsforum.de
Foto: © MOIA F I T - F O R - 5 5 - PA KE T S O L L M O B I L I TÄT AU F KL I M A N E U T R ALE N P FA D B R I N G E N Unter dem Titel »Fit for 55« hat die Europäische Kommission ein umfangreiches Gesetzespaket vorgelegt, um die CO2-Senkung besonders im Verkehrsbereich deutlich zu beschleunigen. Beim Lenkungskreis Straßen- verkehr haben sich Vertreter der Verkehrswirtschaft und Mitglieder des Europäischen Parlaments insbeson- dere über die Vorschläge ausgetauscht. Ein wichtiges Thema war dabei die geplante Aufnahme des Straßen- verkehrs in das Europäische Emissionshandelssystem ETS. D as DVF begrüßt es, dass die EU-Kommission im Juli 2021 Verkehrs hervor. Er sprach sich gegen ein Verbot von Verbrennungs- mit »Fit for 55« ein systematisches, umfassendes und motoren aus. Der Lösungsbeitrag von E-Fuels sei notwendig. Auch langfristig angelegtes Konzept für den Klimaschutz vor- müsse der Ansatz überprüft werden, die Elektromobilität nur nach gelegt hat. Beim Blick auf die Details ergab sich im Lenkungskreis dem »Tailpipe Approach« zu beurteilen, also nur nach dem Schad- Straßenverkehr jedoch ein differenziertes Bild in den Stellung- stoffausstoß ohne Berücksichtigung der Produktionskette. nahmen der EU-Parlamentarier. Dr. Peter Liese MdEP, Koordina- Gegen den Emissionshandel im Straßenverkehr sprach sich Bas tor der EVP-Fraktion im Umweltausschuss ENVI des EU-Parlaments, Eickhout MdEP, stellv. Vorsitzender der Fraktion Grüne/EFA und sprach sich für die Koordinator im » Einbeziehung des Umweltausschuss Das ETS ist notwendig, um die Umstellung Straßenverkehrs in ENVI, aus. Die Unter- den europäischen des Fahrzeug bestands auf saubere Antriebe zu schiede zwischen Emissionshandel aus. flankieren und die Nutzung sauberer Kraft- den Mitgliedstaaten Die Elektromobilität stoffe zu fördern.« und den Regionen sei der zentrale Bau- [Dr. Peter Liese MdEP] beim Ausstoß von stein für die Trans- CO2 und der Finan- formation des Straßenverkehrs. Der Staat müsse Investitionsanreize zierungskraft seien zu groß. Im Maßnahmenpaket »Fit for 55« und Ziele setzen, aber nicht über die Antriebstechnologie ent- komme die übergreifende Vision für den Verkehrssektor – Stich- scheiden. worte: Verkehrsverlagerung und Tempolimit – zu kurz. Eickhout hinterfragte kritisch die Maxime der Technologieneutralität. Ohne Jan-Christoph Oetjen MdEP, Mitglied der Fraktion Renew klare technologische Festlegung werde es auch die erforderliche Europe und stellv. Vorsitzender des Verkehrsausschusses TRAN, Infrastruktur nicht geben. hob die Notwendigkeit einer CO2-neutralen Stromproduktion bei Ismail Ertug MdEP, stellv. Vorsitzender der S&D-Fraktion und gleichzeitiger Technologieoffenheit für die Dekarbonisierung des Mitglied im Verkehrsausschuss TRAN, hob die notwendige Zu- #fastlanemobilität 5
(V. l.) Diemer; Rainer Schätzlein, Mitglied der DVF-Geschäftsleitung, Häfen/Schifffahrt, Luftverkehr, Straßenverkehr; Gerhard Hillebrand, Vorsitzender des Lenkungskreises, Verkehrspräsident, Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. (ADAC); Jansen Ladeinfrastruktur sei notwendig und die Einbeziehung des Straßenverkehrs in das ETS sei ein guter Schritt. Ein Grenzaus- gleichsmechanismus, wie ihn die EU-Kommission vorgeschlagen habe, sei notwendig. Aus Sicht der Deutschen Post DHL berichtete Mitra Qurban, Leiterin der Konzernrepräsentanz Brüssel, der Konzern wolle bis 2030 sieben Milliarden Euro in emissionsneutrale Logistik investie- kunftssicherung der Arbeitsplätze und der industriellen Wert- ren. Im Straßengütertransport sollten 30 Prozent der genutzten schöpfung hervor. Die EU-seitig geplanten 72 Milliarden Euro Treibstoffe nachhaltig sein. Dafür müsse die Logistik kurz- und für den Klimasozialfonds, der für den Zeitraum von 2025 bis 2032 mittelfristig auch auf Biokraftstoffe zurückgreifen, bevor die lang- vorgesehen ist, hielt Ertug für nicht ausreichend. Er stand der Auf- fristig präferierten Wasserstoff-Lkw marktverfügbar seien. Der nahme des Straßenverkehrs in das ETS ebenfalls skeptisch gegen- Emissionshandel sei für die Straße das richtige Instrument zur über und befürchtete eine Vervielfachung der Nutzerkosten und CO2-Bepreisung. Dabei müssten allerdings Doppelbelastungen daraus resultierende Akzeptanzprobleme. verhindert werden. Positionen aus der Praxis Neue Anforderungen durch EU-Taxonomie Ralf Diemer von der eFuel Alliance riet dringend dazu, auf das Andrea Bardens, Partnerin der PricewaterhouseCoopers GmbH, Null-Emissions-Flottenziel für 2035 zu verzichten. Anderenfalls skizzierte im Lenkungskreis die Anforderungen und den Umset- werde der Pfad für grünen Wasserstoff und für E-Fuels versperrt. zungsstand der EU-Taxonomie. Die Taxonomie stattet Dienst- Die EU müsse dringend wirkungsvolle Anreize für den Hochlauf leistungen und Produkte aus praktisch allen Wirtschaftsbereichen strombasierter Kraftstoffe setzen. Zusätzlich sei eine CO2-Orien- mit klimapolitischen, ökologischen und sozialen Labeln aus. Diese tierung der Kraftstoffbesteuerung erforderlich. Wenn es eine »All- Bewertungen sollen auf dem Finanzmarkt für potenzielle Investo- electric«-Strategie gebe, dann werde der Straßenverkehr in jedem ren sichtbar gemacht werden. Unternehmen, die der Taxonomie- Fall – nämlich über die Strombereitstellung – in das EU-ETS-System Verordnung unterliegen, müssen den Umsatzanteil, Investitions- einbezogen. ausgaben und Betriebskosten offenlegen, die den in der Taxono- Michael Jansen, Leiter VW-Konzernrepräsentanz Berlin, bekräf- mie aufgeführten Nachhaltigkeitsanforderungen genügen. Die tigte die positive Bewertung des Fit-for-55-Pakets durch die Volks- Taxonomie-Regelung ist sehr umfangreich, komplex und noch wagen AG. Die Flottenziele seien ambitioniert, aber machbar. Der nicht abgeschlossen. Auch weite Teile des Verkehrssektors sind Wechsel zu einer verpflichtenden Verordnung für den Ausbau der davon betroffen. ❚ ONLINEZUGANGS- UND P L A N U N G S B E S C H LE U N I G U N G S G E S E T Z E N O C H O H N E S P Ü R BA R E W I R KU N G E N Der Ausbau der digitalen Infrastruktur und Perspektiven der Smart Urban Mobility standen im Mittelpunkt der Sitzung des Lenkungskreises Digitale Vernetzung. Obwohl seitens der Gesetzgebung Fortschritte zu verzeichnen sind, bewegt sich im Netzausbau in der Praxis noch zu wenig. Die Gründe dafür sehen Parlamentarier in der Komplexität von Abstimmungsprozessen der Exekutive, Komplexität der Ausschreibungen für Investitionsvorhaben und Zeitverzögerungen durch Klagen vor Verwaltungsgerichten. A uch die nächste Regierung steht vor der Herausforderung, die Hürden für die Digitalisierung der Verwaltung zu beseiti- gen und Prozesse effizienter zu gestalten, so die Einschätzung Digitale Wirtschaft und Start-ups. Mit dem Onlinezugangsgesetz sei ein wichtiger Schritt in Richtung Digitalisierung des Verwaltungs- apparats getan worden. Doch aktuell fehlten Anwendungsbei- von Thomas Jarzombek MdB und Beauftragter des BMWi für spiele wie der elektronische Identitätsnachweis eID. Ein Beispiel 6 verkehrsforum.de
forum Verkehr für Projekte, die aus Sicht Jarzombeks am geweitet werden. In einer App gebündelte Fördergelder, wie Burkhard Mende, Ge- stockenden Mittelabfluss kranken, ist das Mobilitätsangebote vom ÖPNV bis hin zu schäftsführer der MIG, berichtete. Anhand mit 12 Mrd. Euro ausgestattete Bundes- Sharingmöglichkeiten könnten dann als der Kriterien Bevölkerung, Nutzfläche und förderprogramm Breitbandausbau, welches Basis für einen »Mobilpass« dienen, ein Verkehrsinfrastruktur werde eine Priorisie- das Netz im ländlichen Raum voranbringen erster Schritt in Richtung eines deutsch- rung der Fördergebiete festgelegt. In den soll. Den Grund für die schleppende Um- landweiten Tickets. ersten sieben Jahren würden 90, in Aus- setzung von Vorhaben sieht Jarzombek nahmefällen sogar 99 Prozent der Investi- unter anderem im hohen Abstimmungs- Hochleistungs-Glasfasernetz und tions- und Betriebskosten gefördert. DVF- bedarf zwischen den Ministerien. Die Bünde- Ausbau des Mobilfunknetzes Geschäftsführer Dr. Florian Eck merkte lung des Digitalisierungsbereichs bei einem Ein Zukunftsprojekt stellte Dr. Klaus an, dass eine gemeinsame Förderung von Ministerium könne Schnittstellen abbauen Kremper vor, CEO der OneFiber Inter- Breitband- und Mobilfunkausbau ange- und Prozesse beschleunigen. connect Germany GmbH. Mit einem Glas- strebt werden sollte, um Synergien auszu- fasernetz von mehr als 27.000 Kilometern schöpfen. Die Bündelung des Digitalisierungsbereichs beabsichtigt OneFiber ein Glasfaserver- über Ressorts hinweg sei auch für Die sorgungsnetz entlang des bestehenden Perspektiven der Smart City Mobility Grünen ein Thema, berichtete Stefan Schienennetzes in Deutschland zu errich- Im Kompetenzzentrum ITS Vienna Region Gelbhaar MdB, der Bundestagsfraktion ten. Die angestrebte Bauzeit von rund wird ein Echtzeitinformationssystem flächen- Bündnis 90/Die Grünen. Die geringe Um- sechs Jahren würde dadurch begünstigt, deckend mit Ereignismeldungen versorgt setzungsgeschwindigkeit lastete er insbe- dass Genehmigungsverfahren und zusätzli- und gibt Auskunft über die aktuelle Ver- sondere den komplexen Ausschreibungs- che Bauarbeiten entfallen. Über die beste- kehrslage sowie erstellt Prognosen anhand prozessen an, die häufig externe Kompe- henden Bahnhöfe und Haltestellen sollen von Floating Car Data. Gernot Lenz, Ko- tenz bei der Bearbeitung erfordere. Für die mehr als 5.500 Zugangspunkte ins Netz ordinator Verkehrsmanagement und Ver- Praxis bereichsübergreifender Zusammen- errichtet werden. Da vier Fünftel der Bevöl- kehrslichtsignalanlagen der Stadt Wien, arbeit in der öffentlichen Verwaltung wies kerung in weniger als fünf Kilometern Ent- präsentierte das Projekt »Verkehrsmana- Gelbhaar darauf hin, dass mit Open-Data fernung von diesen Zugangspunkten leben, gement 2.0«, das die Entwicklung eines und Open-Source die Transparenz erhöht, könne so die Breitbandanbindung in der autarken und zukunftsorientierten Verkehrs- Kooperationen verbessert, Abhängigkeiten Fläche deutlich verbessert werden. steuerungssystems vorsieht. Der Verkehrs- reduziert – und so insgesamt Barrieren und durchsatz soll gesteigert und die verkehrs- Hürden für einen effizienten und effektiven Die Anfang 2021 gegründete Mobilfunk- bedingten Emissionen sollen reduziert wer- Einsatz von Ressourcen beseitigt werden infrastrukturgesellschaft MIG hat den Auf- den. Udo Heidl, Head of Modelfactory, könnten. trag, die weißen Flecken in der Mobilfunk- Competence Center Mobility der PTV versorgung mit 4G zu beseitigen. 1,1 Mrd. Group, erläuterte den Einsatz digitaler Für die kommende Legislaturperiode sah Euro an Bundesfördermitteln stehen hierfür Zwillinge im Projekt »Smart Cities«. Dabei Jarzombek die Einführung von verbindli- zur Verfügung, um 5.000 neue Standorte ist der Digital Twin ein virtuelles Abbild der chen Abbiegeassistenten für Lkw und die mit Mobilfunkmasten auszustatten. Dabei physischen Objekte im urbanen Raum. Digitalisierung der Parkraumbewirtschaftung übernimmt die MIG sämtliche Vorarbeiten Anwendung finden Digital Twins bereits in als wichtig an. Er betonte die Rolle Künst- für die Netzausbauplanung, für die Durch- der Verkehrsplanung zur Simulation von licher Intelligenz für eine vernetzte Mobili- führung und Administration von Mobil- Verkehrsabläufen, dem Austesten neuer tät. Der »Datenraum Mobilität« müsse aus- funkförderverfahren und den Abfluss der Technologien und Infrastrukturen. ❚ DAS GLEISFASERNETZ ALS BASIS FÜR DEN 5G AUSBAU »Kurze Meile« > 5.500 Zugangspunkte Cyber-Sicherheit Höchste Geschwindigkeit Das Netz konzentriert sich nicht Kostengünstiger Anschluss bis Das sichere, homogene Gleis- Mit modernsten Technologien nur auf städtische Gebiete, son- in den ländlichen Raum durch fasernetz als Rückgrat für 5G wird höchste, symmetrische dern reicht wie das Schienen- mehr als 5.500 Zugangspunkte Netze macht den Kern des Datenübertragung erreicht, die netz bis tief in den ländlichen im Open-Accessmodell Funknetzes deutlich schwerer 5G im ländlichen Raum erst Raum angreifbar ermöglichen. [Quelle: OneFiber, Das Gleisfasernetz, Dr. Klaus Kremper] #fastlanemobilität 7
H A F E N M AG D E B U RG S E T Z T AU F D I G I TAL I S I E R U N G Der DVF-Lenkungskreis Häfen/Schifffahrt hat in Magdeburg die Optimierung von Hafenprozessen durch Digitalisierung und Automatisierung erörtert. Die Thematik wird vom Hafen Magdeburg und dem Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF mit den Projekt PortForward vorangetrieben. Außerdem waren nachhaltige Kraftstoffe und Antriebe ein Schwerpunkt der Sitzung. Die Dringlichkeit von Emissionssenkungen wächst. Für die Umstellung ist ein wettbewerbsneutraler Rahmen nötig. und Anwendungen wie ein dyna- Witte, Sustainability Manager bei Hamburg misches Lagerflächenmonitoring Süd, ging auf die Strategie der Maersk- und Asset-Tracking entwickelt. Gruppe für den Einsatz nachhaltiger Kraft- Sven Haller, neuer Staatssekretär stoffe ein. Maersk will 2023 ein erstes mit im Ministerium für Infrastruktur grünem Methanol angetriebenes Schiff in und Digitales des Landes Sachsen- Betrieb nehmen. Ab 2024 sollen weitere Dreeke, Dr. Maly, Prof. Arlinghaus (linke Anhalt, unterstrich die Zielsetzung der sieben methanolfähige 16.000-TEU-Schiffe Seite), Dr. Poenicke, Sts Haller (rechte Seite) Landesregierung, den Logistikstandort dazu kommen. In der Gesamtschau sei weiter zu stärken. Die Digitalisierung sei Methanol derzeit der beste saubere Kraft- Dr. Heiko Maly, Geschäftsführer der nicht nur für die Unternehmen, sondern stoff. Langfristig würden andere Optionen TRANSPORTWERK Magdeburger Hafen auch für die öffentliche Verwaltung unver- hinzukommen. Allerdings seien nicht nur GmbH, skizzierte das Leistungsspektrum zichtbar. die Beschaffung, sondern auch die Kosten des größten Binnenhafens in den neuen eine erhebliche Herausforderung und nur Bundesländern. Magdeburg verfüge über Frank Dreeke, Vorsitzender des Lenkungs- mit einer CO2-Bepreisung und einem wett- eine etablierte trimodale Anbindung, aber kreises und Vorstandsvorsitzender der BLG bewerbsfähigen Regulierungsrahmen zu auch über wertvolle Ausbauflächen und Logistics Group, appellierte an Bund und erreichen sei. Entwicklungspotenzial. Maly betonte die Länder, grundlegende Maßnahmen zur Nach Einschätzung von Achim Wehr- ganzjährige Befahrbarkeit und die beson- Planungsbeschleunigung umzusetzen. mann, Leiter der Unterabteilung Schiff- dere Eignung des Hafens für Schwerlast- Dies sei nicht nur zur Sicherung der Wett- fahrt im BMVI, tritt die EU mit »Fit for 55« güter. In den Ausbau und die Verbesse- bewerbsfähigkeit des Hafenstandortes, in eine klimapolitisch entscheidende Phase rung der Infrastruktur würden aktuell 50 sondern auch für die klimapolitisch ge- ein. Das komplexe Regulierungspaket ent- Millionen Euro investiert. Mit der Anschaf- wünschte Verlagerung von Verkehren auf halte auch für die Schifffahrt wichtige fung von Hybridloks, der Einrichtung von die Schiene zwingend erforderlich. Niklas Weichenstellungen. ❚ Landstromanschlüssen und einem neuen Bahnterminal bewege sich Magdeburg außerdem aktiv in Richtung »Green Port«. Die Leiterin des IFF Prof. Dr. Julia C. Arling- haus erläuterte im Lenkungskreis den Bei- trag des IFF zur Weiterentwicklung des Logistikstandortes und der Häfen. Bereits in der Vergangenheit habe das IFF erfolg- reich mit dem Hafen Magdeburg an Pro- jekten wie Tracking and Tracing, Cyber- security und virtuellen digitalen Modellen gearbeitet. Dr. Olaf Poenicke, Fraunhofer- Institut IFF, ging näher auf das daraus ent- standene Projekt PortForward ein. Im Rah- men des Projektes hat das IFF einen virtu- ellen Zwilling des Magdeburger Hafens [Quelle: Olaf Poenicke, Fraunhofer IFF] 8 verkehrsforum.de
I N Z U KU N F T D I G I TAL Agnes Heftberger verantwortet seit März 2019 als Vice President den Bereich Ver- trieb der IBM in Deutschland, Österreich und der Schweiz und ist seit Juni 2019 Mitglied der Geschäftsführung der IBM Deutschland. Zur IBM kam Agnes Heft- berger 2001. Das DVF wollte von der Mana- gerin wissen, wie Digitalisierung die Mobili- tät und unser Mobilitätsverhalten verändert und wie die Zukunft aussehen könnte. Digitalisierung dürfte eines der Kernthemen Welche Rolle spielen Künstliche Intelligenz, Cloud und Blockchain einer künftigen Bundesregierung sein. Wie kann, bei der Digitalisierung? wie muss der Staat unterstützen? Die sind die Basis. Und die Unternehmen sind bereit, diese Technologien Zunächst sollte Politik einmal so ambitioniert sein, einzusetzen. Das haben die vergangenen Jahre bewiesen. einen Quantensprung in der Digitalisierung des Ver- kehrs machen zu wollen. Und dafür braucht es eben Die Wirtschaft selbst scheint sich allerdings noch sehr zurückzuhalten, die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Sektoren, was den Ausbau der von Ihnen geforderten Netzwerke und den von der öffentlichen Hand bis hin zur Telekommuni- Austausch von Datenschätzen angeht. kation. Diese Handlungsnotwendigkeit zu erkennen, Der Start war zweifellos etwas verhalten, aber nicht aus Angst vor der Tech- das wäre der wichtigste Punkt. Und dann gäbe es nologie. Das sind unternehmerische Entscheidungen. Die Unternehmen haben mehrere klare Felder, die ambitionierter und synchron den Wert ihrer Daten erkannt. Aber inzwischen gibt es ja interessante Ansätze angegangen werden müssen, wie den Ausbau der etwa bei Plattformen zur weltweiten Abwicklung von Frachttransporten. Eine Glasfasernetze, die Vernetzung von Datenpools oder gewisse Bereitschaft zur Kooperation und ein Vertrauen in die Datensicher- die Überarbeitung der Datenschutz-Grundverordnung. heit muss es allerdings geben. Jetzt sind wir auf einem Pfad, auf dem das Diese Notwendigkeiten hat das Deutsche Verkehrs- nicht nur erkannt ist, sondern auf dem auch agiert wird. forum in seinem Maßnahmenpaket für eine Digital- wende ausführlich formuliert. Auch Nutzer sind skeptisch. Etwa wenn es um die Einführung autono- mer Fahrzeuge oder Datensicherheit geht. Verkehr und Digitalisierung sind weiter in einem Die Pandemie hat das digitale Konsumverhalten – und damit meine ich jetzt Ministerium. Wie bewerten Sie das? nicht Netflix, sondern beispielsweise digitale Services – stark nach oben ge- Das kommt auf die Ausgestaltung an. Es gibt klare trieben. Da sind die Menschen offener geworden. Grundsätzlich muss Digi- Synergien für die intelligente Mobilität. Es gibt aber talisierung immer vom Nutzer ausgehen, ob das Beschäftigte in einem Hafen auch viele Überschneidungen mit den Zuständigkeiten sind oder Arbeiter in der Wartung von Güterwaggons. Nur wenn man diese anderer Ministerien. Darum kommt das facettenreiche Nutzer im Kopf hat, dann hat man auch eine Chance auf Akzeptanz. Alles Thema Digitalisierung ohne eine Steuerungskompe- was wir in der Digitalisierung tun, muss vom Menschen aus gedacht tenz des Verkehrs- und Digitalministers innerhalb der werden. ❚ Bundesregierung nicht voran. Ohne Weisungsbefugnis geht es nicht, das würde im Übrigen auch für ein rei- nes Digitalministerium gelten. #fastlanemobilität 9
tätsbereich seine Rolle bei der Dekarboni- sierung nicht erfüllen können.« Alexan- der Möller, Senior Partner Transportation, Roland Berger GmbH, wies darauf hin, dass die Verkehrswende Teil einer industri- ellen Revolution sei. Politik und Gesellschaft müssten sich bewusst sein, dass diese industrielle Revolution Investitionen erfor- dere und sich dies auf den Preis auswirke. Mindset, Emotionalität und Verhalten »Im Jahr 2030 will keiner mehr über Fahr- pläne und Tarifsysteme sprechen. Auch das Trennen zwischen motorisiertem Indi- vidualverkehr und öffentlichem Personen- verkehr ist für die Menschen kein Thema«, so Henrik Falk, Vorstandsvorsitzender, Hamburger Hochbahn AG. Die Akteure, also Mobilitätsanbieter, würden oftmals zu kompliziert denken. Hier müsse sich der Mindset ändern und zu mehr Kooperation untereinander führen. »Im Mittelpunkt M O B I L I TÄT D E R Z U KU N F T steht der Mensch, für den ein klimaneu- trales, leicht nutzbares und sicheres System B E G I N NT I M KO P F ! aus ÖPNV, on-demand-Verkehren und weiteren zur Verfügung stehen muss«, skizzierte Falk die Zukunftsaufgabe. Die Messe MES Expo – Mobility Electronic Suppliers Expo – ist eine Internationale Fachmesse für die Elektronikzuliefererindustrie der Möller stimmte zu, dass eine konsequente Mobilitätsbranche. Das DVF begleitete die diesjährige Messe mit der Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Men- Veranstaltung »Nachhaltig – vernetzt – bezahlbar. Was ist der Bench - schen die Aufgabe sei und nicht die Er- mark für die Mobilität der Zukunft?« Der Fokus lag auf dem Wandel wartungshaltung, dass die Menschen ihr und der technischen Entwicklung im Mobilitätsmarkt der letzten Denken verändern. Mobilität müsse als Jahre. Mit Technik allein wird die Verkehrswende nicht zu bewältigen Ganzes gedacht und nicht künstlich in MIV sein, so die einhellige Meinung der Experten auf dem Podium. und ÖPNV getrennt werden. »Angebote der öffentlichen Mobilität müssen effizient CO2 einsparen. Sie müssen gleichzeitig die D er Verkehrssektor kann sich in nehmen, denn Mobilität beginnt im Kopf. Kundenbedürfnisse wecken und bedienen. puncto Klimaschutz nicht über Vernetzte Verkehrsangebote sind kompli- Klimaschutz durch öffentliche Mobilität ist zu wenige Herausforderungen zierter und oftmals auch unbequemer als deshalb viel stärker in den Fokus zu neh- beklagen: Bis 2030 müssen 65 Prozent der Individualverkehr – das muss man durch men als Klimaschutz in der öffentlichen CO2-Emissionen gegenüber 1990 einge- einen einfachen Zugang und eine einheit- Mobilität«. spart, bis 2040 satte 88 Prozent und bis liche Bezahlung wett machen. Zweitens 2045 Klimaneutralität erreicht werden. gilt es, die bereits vorhandenen innovati- Als Hamburger Zukunftsprojekt stellte Falk »Das bedeutet, dass die Dekarbonisierung ven Lösungen großflächig und schneller den 5 Minuten-Takt vor. Dieses Versprechen der Mobilität mehr Fahrt aufnehmen muss. umzusetzen und drittens müssen wir die könne der ÖPNV alleine gar nicht abbilden, Und dazu braucht es starke Partner«, sagte Sektoren Verkehr, Energie und Digitalisie- so dass Berechnungen zufolge mindestens DVF-Geschäftsführer Dr. Florian Eck zur rung synchronisieren. Ohne grünen Strom 15 Prozent on-demand-Angebote nötig Eröffnung des Diskussionsforums auf der und eine flächendeckende Versorgung mit wären. Mit diesem Ziel würden die ande- MES Expo. Um die Trendwende bei den Breitband und Mobilfunk wird der Mobili- ren Anbieter Teil der Lösung und man Emissionen speziell im Personenverkehr zu schaffen, sind nach den Worten von Eck drei wesentliche Maßnahmen nötig: »Erstens müssen wir die Menschen mit- » Die Verkehrswende fängt beim Denken der Menschen an, die Mobilitätsangebote nutzen.« [Henrik Falk] 10 verkehrsforum.de
forum (V. l.) Hänsel, Taubenreuther käme Schritt für Schritt zu mehr Koope- rationen und integrierten Angeboten. Laut Christoph Ziegenmeyer, Head of Communications, MOIA GmbH, müssten während dieses definierten Hamburgtaktes gemäß der erstellten Begleitforschung rund 5.000 Fahrzeuge mehr eingesetzt werden. Der individuelle Verkehr würde entsprechend um etwa 5 Prozent sinken Platzeffizienz, schnelle Ladedauer und Vertriebsleitung, LogPay Financial Services und insgesamt für die Stadt Hamburg eine sichere Stromversorgung seien die drei GmbH. Die Arbeitgeber können als Hebel Entlastung mit sich bringen. Zum Ticketing wesentlichen Faktoren für die Verkehrs- für die Mobilitätswende genutzt werden, sagte Ziegenmeyer: »Im Rahmen einer Ko- unternehmen bei der Flottenumstellung, indem sie den Mitarbeitern ein Budget zur operation mit dem öffentlichen Nahver- so Möller. Hier müssten Kommunen und Verfügung stellen, mit dem jedes Verkehrs- kehr kann eine tarifliche Integration abso- Netzbetreiber kooperieren. mittel genutzt werden könne, also Bus, lut sinnvoll sein.« Sharingangebote, Mietauto oder Leihrad. Mirko Taubenreuther, Fachbereichsleiter Die Verkehrswende könne auch über einen Elektrisch und automatisch Automated Driving Functions, IAV GmbH, neuen Mehrwert angereizt werden, so Simon Weiher, Leiter Portfoliomanage- stellte das fahrerlose Shuttle HEAT (Ham- Hänsel. ment und Produktmarketing, Hitachi Energy, burg Electric Autonomous Transportation) Ziegenmeyer: »Multimodalität braucht stellte Innovationen im Ladebereich für Fahr- ín Zusammenarbeit mit der Hamburger zunächst einmal einen rechtlichen Rah- zeuge vor. Wichtig sei die Skalierbarkeit Hochbahn vor. Dieser autonome Shuttle men, der innovative Mobilitätsservices der Lösungen. Ein angepasstes Lademana- sei in der Hamburger Innenstadt erfolg- neben den etablierten Angeboten zulässt gement müsse daher berücksichtigen, ob reich gefahren. Automatisiertes Fahren und ausreichend Spielraum für einen wirt- ein Bus an der Haltestelle schnell nachge- ermögliche einen optimalen Verkehrsfluss schaftlichen Betrieb lässt. Ohne entspre- laden werden müsse oder im Depot die und ein effizientes Gesamtverkehrssystem. chende Services sind intermodale Reise- ganze Nacht zur Verfügung stehe. Spannend werde das Thema autonomes ketten nicht abbildbar.« Fahren vor allem im ländlichen Raum, um Laderoboter könnten den Ladevorgang dort den Anschluss etwa an die Bahnen zu Falk sah im Mobilitätsbudget einen wesent- automatisieren und flexibler gestalten. Falk ermöglichen. Alle Beteiligten bestätigten, lichen Treiber für die kommenden Jahre, bestätigte, dass es für Betriebe ein großer dass autonomes Fahren ein wesentlicher forderte dabei jedoch die steuerliche Umstellungsprozess sei, die Flotten auf Faktor für eine erfolgreiche Verkehrs- Gleichsetzung dieses Mobilitätsbudgets e-Mobilität umzustellen. Von größeren wende sei. zum Dienstwagen, also eine Pauschal- und anders strukturierten Betriebshöfen versteuerung. Die Menschen könnten bis hin zu neuen Kooperationen mit Ener- Mobilitätsbudget dann über eine digitale Plattform sämt- gieanbietern. Es brauche ein Umdenken in Richtung liche Mobilitätsangebote nutzen und aus Mobilitätsbudget, forderte René Hänsel, dem Guthaben bezahlen. ❚ MOBILITÄTSWENDE ÜBER NEUE BENEFITS Mobilitätswende Neue Benefits Multimodalität Unternehmen stellen Mitarbeitern monatlich einen bestimmten Anstieg der Nutzung von Sharing-Angeboten, festen Betrag in Form eines Guthabens zur Verfügung, den diese On Demand Mobilität etc. flexibel für Mobilitätsdienstleistungen verwenden können. Alternative zu Firmenwagen Ausschüttung und Verwaltung der Guthaben/Gutscheine durch Alternative zu starren Abo-Modellen (Jobticket, Netzkarte usw.) die Unternehmen individuell nach den Bedürfnisse des Mitarbeiter/ Kunden [Quelle: LOGPAY | Mobility Payments & Services | René Hänsel] #fastlanemobilität 11
Foto: © Thomas Trutschel/photothek.de gie und die Einführung des Emissionshandels im Straßenverkehr M E H R F O RT S C H R I T T sind richtige Entscheidungen, die wir begrüßen. WAG E N I S T N ÖT I G An einigen Stellen bleibt der Koalitionsvertrag vage: So muss die beabsichtigte Digitalisierung von Schienenfahrzeugen und -infra- Erst vor wenigen Tagen hat sich eine neue Bundes- struktur entschieden forciert und durchfinanziert werden. Der In- regierung gebildet. Die Koalitionäre haben sich vorge- vestitionshochlauf muss durch Fondsmodelle, etwa bei Schiene nommen, mehr Fortschritt zu wagen. Das ist – gerade und Wasserstraße, langfristig abgesichert werden. Ohne eine im Verkehrsbereich – wirklich nötig, denn die Zeit wird Stärkung des Bundes beim Datenschutz werden wir bundesweit knapp. Wenn Deutschland seine selbstgesteckten einheitliche Standards bei der Anwendung des Rechtsrahmens Klimaziele einhalten will, so brauchen wir gegenüber nicht garantieren können. Die angestrebte Technologieoffenheit heute die dreifache Veränderungsgeschwindigkeit. muss durch einen ambitionierten und flächendeckenden Ausbau Es gilt, die gedankliche Trennung zwischen Energie, von alternativer Tank- und Ladeinfrastruktur sowie durch geeigne- Verkehr und Digitalisierung aufzuheben und eine te Rahmenbedingungen sichergestellt werden. Dies alles verlangt gesamtheitliche Strategie für Deutschland zu ent- enorme Anstrengungen von Wirtschaft und Politik. wickeln. Dabei müssen neben der Schnelligkeit Ver- lässlichkeit und Akzeptanz gleichwertige Rollen spie- Das DVF wird auch der neuen Bundesregierung ein verlässlicher len. Ohne diese drei werden wir die Klimaziele nicht Partner und eine gewichtige Stimme der Mobilitätswirtschaft sein. erreichen, die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts Wir werden gemeinsam die Veränderung weiter gestalten. Für nicht erhalten und eine moderne Mobilitätskultur nicht Ihre treue Unterstützung dabei bedanke ich mich im Namen des Präsidiums, der Geschäftsführung sowie der Mitarbeiterinnen und Dass die neue Regierung sich zum Investitionshochlauf und zur Mitarbeiter des DVF. Wir wünschen den Mitgliedern und Unter- Einführung von Finanzierungskreisläufen für Klimaschutzmaßnah- stützern alles Gute und viel Erfolg für das Jahr 2022! men im Verkehr bekennt, dass sie Voraussetzungen zur weiteren Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung bereits im ersten Regierungsjahr schaffen will und mit dem geplanten Klimageld und Festhalten am BEHG-Preispfad bis 2025 Sensibilität für die Nutzer zeigt, sind wichtige Elemente des Koalitionsvertrags. Auch Ihr Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner die weitreichenden Vorhaben zur Bereitstellung Erneuerbarer Ener- Vorsitzender des Präsidiums 12 verkehrsforum.de
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