Freitagskonzert 6 Im Spiegel 3 - Beethoven Orchester Bonn

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Freitagskonzert 6 Im Spiegel 3 - Beethoven Orchester Bonn
Freitagskonzert 6   Im Spiegel 3
Freitagskonzert 6 Im Spiegel 3 - Beethoven Orchester Bonn
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                          Planeten

Arnold Schönberg 1874—1951        Saxophon-Quartett clair-obscur
Fünf Orchesterstücke op. 16       Jan Schulte-Bunert→
                                  Sopransaxophon
Vorgefühle
                                  Maike Krullmann→Altsaxophon
Vergangenes
                                  Christoph Enzel→Tenorsaxophon
Farben
                                  Kathi Wagner→Baritonsaxophon
Peripetie
Das obligate Rezitativ            Damen des Philharmonischen
                                  Chors der Stadt Bonn e. V.
Philip Glass *1937                Paul Krämer→Einstudierung
Konzert für Saxophon-Quartett     Beethoven Orchester Bonn
und Orchester                     Dirk Kaftan→Dirigent
I = 100
                                  Freitagskonzert 6
II = 168
                                  Freitag 22 / 03 / 2019 20:00
III = 92
                                  Opernhaus Bonn
IV = 168
                                  19:15 Konzerteinführung
Pause                             Dirk Kaftan und Tilmann Böttcher

Gustav Holst 1874—1934
Die Planeten op. 32
Mars, the Bringer of War
Venus, the Bringer of Peace
Mercury, the Winged Messenger
Jupiter, the Bringer of Jollity
Saturn, the Bringer of Old Age
Uranus, the Magician
Neptune, the Mystic
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                    Unerhörte Welten

Arnold Schönberg 1874—1951        Axel Brüggemann
Fünf Orchesterstücke op. 16       Damen des Philharmonischen
( Ausschnitte )                   Chors der Stadt Bonn e. V.
                                  Paul Krämer→ Einstudierung
Vorgefühle
                                  Beethoven Orchester Bonn
Vergangenes
                                  Dirk Kaftan→Dirigent
Farben
Peripetie
                                  Im Spiegel 3
Das obligate Rezitativ
                                  Sonntag 24 / 03 / 2019 11:00
                                  Opernhaus Bonn
Im Gespräch:
Axel Brüggemann
Dirk Kaftan

Gustav Holst 1874—1934
Die Planeten op. 32
( Ausschnitte )
Mars, the Bringer of War
Venus, the Bringer of Peace
Mercury, the Winged Messenger
Jupiter, the Bringer of Jollity
Saturn, the Bringer of Old Age
Uranus, the Magician
Neptune, the Mystic
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                             Luft von
                         anderen Planeten

Arnold Schönberg beschritt mit den            seinen Planeten, der nicht nur den Blick
Fünf  Orchesterstücken op. 16 im Jahr         auf Holsts späteres Schaffen, sondern
1909 Wege, die auf bisher noch nie            gerade auch auf die Planeten selbst als
betretenes Terrain führten. Für Gustav       Zyklus versperrte.
Holst sei eine Aufführung dieser                     Vielleicht können im heutigen
Orchesterstücke die Initialzündung zur       Konzert zwei genau entgegengesetzte
Komposition seiner Planeten, ursprüng­        Strategien die Annäherung an die beiden
lich Seven Pieces for Large Orchestra        Kolosse leichter machen, im besten Fall
genannt, gewesen. Zwei Werke vom             zu der spirituellen Erfahrung führen, die
Anfang des 20. ­Jahrhunderts, auf der         sich die Komponisten erhofften?
Suche nach einer neuen musikalischen                 Bei Arnold Schönberg sich im
Sprache, nach einem neuen Ausdruck.          Augenblick versenken. Wie in der
       Die Planeten: in Auszügen gehö­       ­fernöstlichen Meditation Vergangenheit
ren sie zum Bekanntesten, was das Jahr­       und Zukunft vergessen, um die Fünf
hundert an Sinfonik hervorgebracht hat.       Orchester­stücke in ihrer ganzen Wucht
Schönbergs Fünf Orchesterstücke: Auch         und in ihrer Gesamtheit zu erleben.
nach über 100 Jahren immer noch neu,                 Bei Gustav Holsts Planeten im
ungewohnt, für so manchen verstörend.         farbigen Getümmel immer wieder die
       Schönberg wollte dem Augenblick        Erinnerung auf das bereits Erlebte
neue Bedeutung geben: Traumgleich,            und den Geist auf das noch vor einem
die großen Konstruktionen verwerfend,         liegende zu richten, um die einzelnen
ein Roman in einem Blitzlicht auf­            Planeten als Teil eines großen Ganzen
scheinen lassen. Holst litt zeitlebens        wahrzunehmen.
unter dem Erfolg der » Greatest Hits « aus
Freitagskonzert 6 Im Spiegel 3 - Beethoven Orchester Bonn
Ich strebe an: Vollständige Befreiung von allen Formen.
— von allen Symbolen — des Zusammenhangs und —
der Logik. — also: — weg von der » motivischen Arbeit «
— Weg von der Harmonie, als — Cement oder Baustein
einer Architektur. — Harmonie ist Ausdruck — und
nichts anderes als das. — Dann: — Weg vom Pathos !
— Weg von den 24-pfündigen Dauermusiken; von den
— gebauten und konstruierten — Thürmen, Felsen und
sonstigen ­gigantischem Kram. — Meine Musik muß —
kurz sein. — Knapp! in zwei Noten: nicht bauen, sondern
» ausdrücken « !! — Und das Resultat, das ich erhoffe:
— keine stylisierten und  sterilisierten Dauergefühle. —
Das giebts im Menschen nicht: — dem Menschen ist es
unmöglich nur ein Gefühl gleichzeitig zu haben. — Man
hat tausende auf einmal. Und diese tausend summieren
sich sowenig, als Äpfel und Birnen sich summieren.
Sie                  gehen                   auseinander.
                                   Brief Arnold Schönberg
                                     an Ferruccio Busoni,
                                 13. ( oder 18.? ) August 1909
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                                 Klang
                              gewordene
                                Träume
Wo stehen wir, 107 Jahre nach der Urauf­    wo 1907 mit einem Paukenschlag der         unmittelbar in jedem Augenblick zum         1. Vorgefühle
führung der Fünf Orchesterstücke von        Kubismus auf der Bildfläche erschien:      Hörer sprechen. So, wie Gefühle einan­      Eigentlich wollte Schönberg seinen
Arnold Schönberg? Dass es soweit ist,       Picasso löste Perspektiven, Vorder- und    der unvorhersehbar ablösen und über­        ­Stücken keine Titel geben. Auf Drängen
dass man heute seine Musik » von den        Hintergründe mit einem Schlag auf.         lagern. Es soll eine darunterliegende        des Verlegers überlegte er sich doch
Dächern pfeife «, wie es sich der Kompo­           Und vor allem, und mit Auswir­      musikalische Logik geben, die uns in        welche, wies aber darauf hin, dass sie
nist vorgestellt hat, wird wohl niemand     kungen auf alle anderen Bereiche des       der direkten Einsicht verwahrt bleibt, so    kein inneres Programm bezeichneten,
unterschreiben. Warum ist das so?           Denkens: Die Psychoanalyse hatte die       wie im Traum scheinbar unzusammen­           sondern eher auf technische Vorgänge
        Schönbergs Orchesterstücke          Vorstellung von der Unteilbarkeit der      hängende Bilder doch ein großes Ganzes      verwiesen. Diese technischen Vorgänge
scheinen uns heute noch modern. Expe­       menschlichen Seele zerstört – der Blick    ergeben und unsere Psyche spiegeln.          aber, so muss man sicher ergänzen, sind
rimentell. Wenn man sie voller Aufmerk­     in das Innere des Menschen faszinierte             Es gibt die unterschiedlichsten      alleine im Sinne des Ausdrucks entstan­
samkeit hört: Verstörend. Aufregend.        und erschreckte Wissenschaftler und        Analysen der Orchesterstücke, die zei­       den. Im ersten Stück handelt es sich um
Hier pfeifen keine Spatzen, hier tönt der   Künstler. Träume und ihre Deutung          gen, dass die herkömmlichen Analyse­         eine Art » Etüde über motivische Zusam­
Himmel und faucht die Hölle.                erhielten eine völlig neue Bedeutung       verfahren immer wieder an ihre Grenzen       menhänge «. Es sind keine Motive, die
        Wenn wir uns in das erste Jahr­     in Bezug auf die Betrachtung des           stoßen. Einige übergeordnete Themen          sich zu Themen formen, die wiederum
zehnt des 20. Jahrhunderts zurückver­       Menschen und seiner Psyche. Tiefen­        jedoch können benannt werden, die            miteinander ringen, wie das bei Beet­
setzen, dann stoßen wir auf eine Zeit,      schichten wurden ahnbar, die den Begriff   ein differenzierteres Hören der Stücke       hoven geschieht. Die zentralen Motive
die in jeglicher Beziehung in Abgründe      der Realität radikal in Frage stellten.    schon beim ersten Mal fördern. Klar          sind kurz: Es sind Gesten, mehr nicht.
schaute: Nach innen, außen, oben,                  Hier setzt die Geschichte der       ist, dass die Tonalität, obwohl sie so      Zwei auftaktige Dreiton-Gruppen in den
unten – und, ohne es zu wissen, auch in     Orchesterstücke op. 16 von Arnold          oft in den Vordergrund des Interesses       Celli, ein herabfahrender Blitz in den
der Zeit … Um 1900 fiel die Vorstellung     Schönberg, geschrieben 1909, an. Dass      gerückt wird, nur einer der Parameter       Holzbläsern. Und fertig ist das Grund­
von der Unteilbarkeit des Atoms, das        sie sich ihre Modernität bewahrt haben,    ist, die Musik ausmachen. In den Fünf        material, aus dem heraus unendlich viel­
bis dahin als kleinstes Teilchen gegolten   dass sie auch nach über 100 Jahren auf     Orchesterstücken arbeitet sich Schön­       fältig und farbig, völlig unvorhersehbar
hatte. Der Ton in der internationalen       uns wie eine Naturgewalt einstürmen,       berg an allen Parametern ab: Harmonik,       gearbeitet wird. Am Schluss bleibt die
Politik wurde rauher, Konfliktherde         liegt eher an den Ideen dahinter, als an   Rhythmus, Melodie, Klangfarbe. Die fol­      umgekehrte Dreiton-Gruppe: abge­
flammten überall auf. In der Literatur      der Tatsache, dass Schönberg hier die      genden Blitzlichter auf die Stücke sollen    brochen, abgerissen – ein Ausschnitt
suchte man genauso nach neuen Wegen         Pfade der Tonalität verlassen hat.         einen Hör-Hinweis geben, jegliche Art        des Lebens, ein Traum-Fragment.
( Anfang 1909 forderten die Futuristen             Die grundlegende Idee ist die,      von Analyse würde den Rahmen völlig
die Zertrümmerung der bisherigen lite­      dass die Wucht der Töne, des Ausdrucks,    sprengen.
rarischen Ideale von Schönheit, Lineari­    uns unvermittelt treffen soll. Schönberg
tät usw. ) wie in der bildenden Kunst,      möchte nicht, konstruieren, sondern
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2. Vergangenes                               so stark individualisiert, dass sie im    5. Das obligate Rezitativ
Ob der Titel des Stücks sich auch auf        Gesamteindruck fast zum Erliegen          Im letzten Stück ist nur noch eines stabil:
seine Form bezieht? Vergangenes ist das      kommen, dass eine Klangfläche oder        Die Melodie, die Sprache oder Rede des
vielleicht traditionellste der Stücke, ist   ein Klangnebel entsteht. Fast kammer­     Stücks läuft durch. Ohne Unterbrechung,
doch eine scheinbare Zweiteilung des         musikalisch werden Klänge durch die       springt von einem Instrument zum
Stücks hörbar: Eine lange Schlaufe in        Gruppen gereicht, der Tutti-Klang des     anderen, gleitet durch die Gruppen des
der Celesta kehrt wieder, ein Kreisen um     gesamten Orchesters ist die große Aus­    Orchesters wie ein Fisch durchs Wasser.
einen Akkord, um eine Tonfolge. ( Die        nahme.                                    Immer präsent, stets in Gefahr, verloren
wahrscheinlich genaueste Aufteilung                                                    zu gehen, aufblitzend aus dem großen
des Stückes ist eine große Dreiteilung,  4. Peripetie                                  Ganzen. Der Komponist Anton Webern
die Teile sind von äußerst unterschied­  Im vierten Stück steht der Rhythmus           spricht von totaler Freiheit, von der
licher Länge, so dass sie vermutlich beimim Mittelpunkt von Schönbergs                 Abwesenheit jeder traditionellen Form.
ersten Hören nicht offensichtlich abzu­  Klang- und Ausdrucks-Studien. Ein             Der Begriff der » musikalischen Prosa «
grenzen sind. ) Der Ton d und Akkorde,   Dreier-Rhythmus, eine Triole wird in all      wird eingeführt. Eine unverständliche
die sich auf ihm aufbauen, spielen hier  ihren Möglichkeiten untersucht: Von           oder wundersam sinnhafte Rede, der wir
eine große Rolle. Das Stück ist durch­   den kleinsten Notenwerten bis zu takt­        uns komplett hingeben müssen, wollen
gängig in zarten Farben gehalten, ein    übergreifenden Gruppen. Mit Untertei­         wir sie erfassen.
einziger Höhepunkt gegen Ende bricht     lungen, die den übergeordneten Dreier                Auch zu Beginn des 21. Jahrhun­
heraus.                                  wiederum in Vierer gliedern. Gestoßen,        derts wissen wir nicht, was Träume sind.
                                         gebunden, abgesetzt. Vollständig und          Wir erleben und vergessen sie, einzelne
3. Farben                                mit Pausen anstelle einzelner Noten.          Bilder bleiben in unser Gedächtnis
Eine Etüde über die Farben des Orches­ Der Umschwung, der Wendepunkt, die              eingebrannt. Sie beschäftigen uns,
ters könnte man das dritte Stück nennen. Peripetie erfolgt aber nicht wie im klassi­   bemächtigen sich unser und wir wissen
Unmerklich sollen, so hat Schönberg      schen Drama einmal am entscheidenden          meistens nicht, warum. Dies könnte
verfügt, die Wechsel zwischen den Ins­   Punkt, sondern ein Umschwung folgt            ein Zugang zu Schönbergs immer
trumenten und Gruppen sich vollziehen. dem anderen, ein Bruch gebiert den              noch neuer Musik sein, vor Frustration
Ein- und derselbe Akkord wird immer      nächsten. Sicherheit gibt es in diesem        bewahrend, auf große Augenblicke vor­
wieder neu beleuchtet, die Farbwechsel Stück noch weniger als in den voran­            bereitend.
sind häufiger als die der Tonhöhen, der  gegangenen.
Harmonien, Rhythmen und Puls werden
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                         Konzert hoch vier

 Das Raschér-Saxophone-Quartet                vier Solisten gemeinsam vor stetig sich
 bestellte bei Philip Glass in den 80er         änderndem Hintergrund und einem
 Jahren ein Konzert zum eigenen               Wirbel aus Takt-Wechseln für einen
 Gebrauch. Und zwar mit und ohne              turbulenten Schluss.
 Orchester. Glass schrieb beide Versio­                Philip Glass ist einer der
 nen – in der Version mit Orchester wer­       renommiertesten und erfolgreichsten
 den einzelne Linien, die die vier Saxo­      Komponisten unserer Tage. Er kam früh
 phonisten in der Quartett-Version alleine     mit indischer Musik in Verbindung und
 tragen müssen, vom Orchester geliefert,       ­entwickelte eine Art zu komponieren,
 getragen, aufgenommen. So ergibt sich          die mit der Komponente » Zeit « völlig
 eine noch größere klangliche Flexibilität:     anders umgeht, als man es bis dahin
 Die Farbe als Qualität bekommt eine           gewöhnt war. Unendliche Flächen
 größere Bedeutung.                            bringen kaum wahrnehmbare Verän­
        Jeder der vier Sätze hat einen          derungen, » minimalistisch « strömt die
 anderen Focus: Der erste, fließende,         Musik, die in der Folge » Minimal Music «
 bringt ein berückend schönes Thema            genannt wurde.
 des Sopran-Saxophons, das von den                     Glass, der vor Kurzem seinen
 restlichen Beteiligten begleitet wird.        80. Geburtstag feierte, schrieb und
 Der  mitreißende, synkopierte zweite           schreibt in allen Genres: Kammer­
 Satz featured das Bariton-Saxophon.           musik, Sinfonisches, Oper und Tanz.
 Der  dritte, liedhafte Satz stellt das       Außerdem komponierte er erfolgreiche
­Tenor-­Saxophon in den Vordergrund           Film-Scores, u. a. für Koyaanisquatsi,
 mit einem gesanglichen, schlichten           The ­Illusionist, Francis Ford Coppolas
Thema. Und im vierten Satz sorgen alle        ­Dracula und zuletzt für die Fantastic Four.
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                             Reisen ins
                         innere Universum

John Williams ließ sich in seiner Star         gehört zwar eine erkleckliche Anzahl
Wars-Filmmusik von ihnen beeinflussen.         seiner Werke zum Kanon, dennoch litt
Wenn Isengards Orks marschieren, ist           er zeitlebens unter dem Erfolg eines
die musikalische Verwandschaft nicht          Werkes, das er zwar als gelungen, aber
zu leugnen. Ihre Musik zieht durch die         doch nur als Momentaufnahme seines
Filmmusiken von Batman und Gladiator           künstlerischen Schaffens ansah. Holst,
und stand Pate für Teile des Soundtracks       der 1874 geboren wurde, arbeitete nach
von Ice Age. Die Planeten von Gustav           dem Musikstudium als Posaunist, Pianist
Holst gehören zu den bekanntesten              und Musiklehrer, ab 1905 in einer festen
unbekannten großen sinfonischen               Anstellung an einer Mädchenschule im
Werken des 20. Jahrhunderts. Bekannt,         Westen Londons, später sogar an meh­
weil sie nicht nur in zahllosen Filmen         reren Schulen parallel. Wie der dirigie­
zitiert werden, sondern auch Jazzer            rende Gustav Mahler war er gezwungen,
und Rocker ( darunter Iron Maiden und          seine Zeit zum Komponieren außerhalb
Manfred Mann ) inspirierte. Unbekannt,         der eigentlichen Arbeitszeit zu suchen
weil die Zerstückelung seit Anbeginn           und seine Tochter erinnerte sich, wie sie
Teil ihrer Geschichte ist: Die meisten         ihn an Wochenenden in seinem Studier­
Menschen, die behaupten, die Planeten         zimmer zum Tee besuchte. Er schrieb
zu kennen, kennen den Mars, den Jupiter,      Musik in unterschiedlichen Genres und
die Venus. Vielleicht noch Merkur und          begann, sich einen Namen zu machen,
eventuell Uranus. Aber wer kennt den           seine Stücke wurden aufgeführt.
Saturn, wer den Neptun? Und vor allem:                Es gibt unterschiedliche
Wer hat einen Eindruck von dem gewal­         ­Erzählungen darüber, wann und wes­
tigen Werk in seiner Ganzheit?                 halb in dem vielseitig interessierten
        Gustav Theodore von Holst,             und vielbeschäftigten Komponisten die
der während des Ersten Weltkriegs              Idee eines fünfzigminütigen Riesen-­
das Adelsprädikat aus seinem Namen             Orchesterwerks entstanden sein
strich, da es » zu Deutsch « klang, ist für    könnte. Holst hat 1912 Schönbergs Fünf
uns in Deutschland heute ein » One-            Orchester­stücke in London gehört und
Hit-­Wonder «. In seinem Heimatland            war tief beeindruckt – der Arbeitstitel
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der Planeten war S ­ ieben Stücke für         ditionellen Sätzen wie bei den ersteren,      Gelassenheit, von Spannung zu Entspan­     Alter müssen den Prozess reifen lassen –
großes Orchester.                             kein außermusikalisches, poetisch sich        nung. Dabei bricht er die traditionelle    Saturn, der Bringer des Alters, schreitet
        Erste Skizzen entstanden 1914 –       durchziehendes Programm wie beim              Harmonik auf, die Tonarten bestimmte       ein –, und schließlich muss auch noch
der Satz Mars lag als erster vor – und        letzteren. Was aber ist das Werk, was         Funktionen in einem Konzept zuweist:       das Magische, Übernatürliche seinen
das Werk war 1916 fertig gestellt. Es         ist sein » Inhalt «, wenn man von einem       In einem Stück in C-Dur ist C-Dur          Teil dazu tun ( Uranus, der Magier ), um
kam zu privaten Vor-Aufführungen              solchen sprechen mag?                         Ausgangspunkt und Hafen, genannt:          Erleuchtung und Auflösung zu erlangen:
und der große Dirigent Sir Adrian Boult               Gustav Holst war stark interessiert   Tonika. G-Dur wird im Laufe des Stückes    Neptun, der Mystische ist erreicht.
gab in Abwesenheit des Komponisten            an Astrologie. In seiner Bibliothek findet    erreicht als Augenblick höchster Span­
mehrere Konzerte mit einer Auswahl            sich ein Buch von Alan Leo: What is a         nung, weit von der Tonika entfernt – die   Mars
von vier der sieben Sätze. Der Erfolg         horoscope and how is it cast? Also: Was       Bezeichnung dafür ist Dominante. Mit       Gewaltiger, unregelmäßiger Fünf-
war gemischt. Großes Aufsehen erregte         ist ein Horoskop und wie stellt man es?       den Beziehungen zwischen Tonika            Viertel-Takt. Damit ließe sich schlecht
die erste vollständige Aufführung des         Holst behauptete, die Charaktere seiner       und Dominante lässt sich die gesamte       marschieren, in diesem Werk aber wird
gesamten Werks am 15. November 1920           Planeten seien aus seinen astrologischen      abendländische Musik von etwa 1500         damit alles niedergewalzt: 1 – 2 – 3 – 4 –
in London: Das Publikum war begeistert,       Studien entstanden. Es handele sich bei       bis um 1900 analysieren. Holst demons­     5, 1 – 2 – 3 – 4 – 5, 1 – 2 – 3 – 4 – 5 … Das
die Kritiker waren geteilter Ansicht, mit     Mars, Venus & Co. nicht um » die Plane­       triert mit seinen Planeten neue Wege. Er   ungewöhnlichste Intervall, das schon
negativer Tendenz. Auch das begleitet         ten « an sich, sondern um die Charaktere,     bringt Tonarten, die umeinander kreisen,   seit Jahrhunderten mit dem Teufel in
die Planeten bis heute: Es fällt Kritik und   die ihnen zugeschrieben werden, um            in neue Konstellationen. Und es dauert     Verbindung gebracht wird, spielt eine
Musikwissenschaft schwer, ein Werk            ihre Bedeutung für die Menschen,              sieben Stücke, sieben Planeten, sieben     zentrale Rolle: Der Tritonus, » diabolus
zu würdigen, das schon zum Zeitpunkt          letzten Endes also: Die Reise durchs          Anläufe lang, bis eine neue, gelassene     in musica «. Er ist schräg, quer, verlangt
des Erscheinens nicht zur Avant-Garde         All entpuppt sich als eine Reise durch        Ordnung erreicht ist.                      nach Auflösung, sticht in alle Richtungen.
gehörte, das effektvoll ist und vom           den menschlichen Charakter und seine                 In Mars und Venus als größtmög­     Die Orchestrierung ist massiv, die Blech­
Publikum gefeiert wird.                       Möglichkeiten. Das lässt die Reihenfolge      lichen Gegensätzen macht er sich auf       bläser spielen eine große Rolle. Immer
        Die ablehnende Haltung der Kritik     leichter verstehen, in die Holst die Pla­     den Weg: In Krieg und Frieden, Tod und     wieder wälzt sich eine Schlange glän­
liegt sicherlich auch daran, dass einem       neten gebracht hat, sind doch Mars und        Eros liegen Spannungen begründet,          zender Akkorde durch den Satz und wird
Werk aus sieben einzelnen Sätzen stark        Merkur vertauscht. ( Nur der Vollständig­     die  durch Merkur, den Wandelbaren,        abgewürgt. Ohne echte Auflösung fallen
unterschiedlicher Charakteristik mit          keit halber: Die Erde fehlt völlig, der für   in Unordnung und in neue Zusammen­         wir ins Nichts. Der Titel » The ­Bringer
einem Analyse-Werkzeug, das anhand            über 70 Jahre als Planet bezeichnete          hänge gebracht werden. Jupiter, der        of War « ist der erste von mehreren, in
von Beethoven und Brahms oder anhand          Pluto war noch nicht entdeckt. )              Freudevolle, bringt einen vorläufigen      denen Holsts eigene Agenda in Bezug
von Liszt entstanden war, nicht beizu­                Auf mehreren Ebenen unternimmt        Abschluss. Dieser ist aber noch nicht      auf die geistigen Hintergründe deutlich
kommen ist. Keine Vierteilung mit tra­        Holst eine Reise von Aggressivität zu         zufriedenstellend: Die Zeit und das        wird. In Leos Buch, in der Astrologie, ist
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dieser oder ein ähnlicher Beiname für      Jupiter                                     Uranus
den Mars nicht üblich. Holst grenzt sich   In etlichen Aufführungen als Schluss­       Anscheinend hatten Paul Dukas und
also von der traditionellen Astrologie     satz einer viersätzigen Suite gebraucht.    Gustav Holst ähnliche Vorstellungen
ab, um der Charakterzeichnung mehr         The Bringer of Jollity: Der Bringer von     davon, wie ein Magier sich zu verhalten
Gewicht zu verleihen, den Menschen         Fröhlichkeit. Holst nutzt nicht ein         habe: Der Zauberlehrling des Franzosen
und sein Inneres in den Vordergrund zu     englisches Substantiv, das sich näher       beginnt ebenfalls mit magischem
rücken.                                    an den Gott Jupiter angelehnt hätte,        Zauberspruch und lässt dann die Besen
                                           nämlich Joviality. Dieses hätte eher die    im 6/8-Takt hetzen. Ebenso Holsts magi­
Venus                                      göttliche Heiterkeit evoziert. Dieser       scher Planet.
Scheinbar das krasse Gegenteil: Hell       Satz aber sprudelt, er platzt beinahe vor
und licht, langsam und zart, keine Blech­ Freude. Der ruhige Mittelteil wurde zur      Neptun
bläserkolonnen, sondern flimmernde         bekanntesten Melodie von Holst, als         Das Weltliche wird zurück gelassen.
Flötenvorhänge. Wo im Mars die Blöcke Auskopplung vertextet zur patriotischen          Abstand, Gelassenheit, Welt-Vergessen­
unversöhnlich nebeneinander standen,       Hymne I vow to thee, my country.            heit herrschen vor. Holst betritt mit die­
kommt jetzt Kommunikation zwischen                                                     sem abschließenden Satz musikalisches
den Instrumenten in Gang: man redet        Saturn                                      Neuland. Beinahe könnte man auch hier
miteinander, fragt und antwortet. Holst Holsts Lieblings-Satz. Das » Old Age «,        von einer Klangfarbenkomposition spre­
spricht von mystischer Atmosphäre. Und das hohe Alter nicht als Hinfälligkeit, als     chen: Harmonische Fortschreitungen,
tatsächlich finden sich musikalische       Schmerz, sondern als ernstzunehmender       ein traditioneller Verlauf, eine » musi­
Verbindungen, quasi unterirdisch, zum      transformatorischer Prozess mit positi­     kalische Grammatik « ( Richard Greene )
letzten Satz, Neptun. Doch bis dahin ist ven Aussichten. » Der Saturn regiert den,     sind nicht erkennbar. Die menschliche
noch ein weiter Weg zu gehen.              der ihm untersteht «, so heißt es, « mit    Stimme, als das ätherischste, zugleich
                                           Ruhe und Bedacht ein Leben lang. « Ver­     aber als das » menschlichste « Instrument
Merkur                                     bindungen zum Mars sind unüberhörbar.       verleiht dem Schluss der Suite, der Auf­
Der geflügelte Bote. Unstet. Das engli­    Gewaltige Klangballungen und Pauken­        lösung, überirdischen Glanz.
sche Wort Mercury bezeichnet auch das schläge, große Glocken, die wild läuten:
flüchtige Element Quecksilber. Harmo­      und doch, im Gegensatz zum Mars gibt
nisch, in seinen schnell dahinfliegenden es hier einen Ausweg, eine Lösung, die
Triolen nicht zu fassen: Der dritte Satz   aus der größten Dissonanz hinausführt
wirbelt alles durcheinander, öffnet Türen. ins helle Licht.
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                          clair-obscur
                       Saxophon-Quartett

Seit der Renaissance bezeichnet der                  Und die Kammermusik ist den
Begriff clair-obscur in der Kunst den        Musikern von clair-obscur nicht genug:
Einsatz extremer Hell-Dunkel-Kontraste.      Als Solisten spielen sie originale Solo­
Ziel dieser Technik ist die dramatische       konzerte für Saxophonquartett und
Steigerung des Ausdrucks. Seit der            Sinfonieorchester. In mehreren eigenen
Gründung des Quartetts vor 15 Jahren         Theaterproduktionen sind sie Musiker
ist größtmöglicher Ausdruck das Ziel der      und Schauspieler zugleich. Sie spielen
vier Saxophonisten von clair-obscur.          regelmäßig als Orchestermusiker bei
       Im Kammermusikstudium an der           den Berliner Philharmonikern, dem MDR
HfM Hanns Eisler lernten sie bei ihrem        Sinfonieorchester, der Staatskapelle
Mentor Prof. Friedemann Weigle vom           Berlin, sie spielen in der Carnegie Hall,
Artemis Quartett alle Feinheiten der          beim Luzern Festival oder beim Privat­
Kammermusik, sozusagen das Hand­              konzert im Haus am See. Zudem geben
werk, um die musikalischen Dimensio­          sie ihre Erfahrung auf Kursen und an
nen ihrer Besetzung in allen Extremen         diversen Hochschulen an die nächste
auszuschöpfen. Das Repertoire von            Generation weiter.
clair-obscur ist scheinbar unerschöpf­               Natürlich spiegelt sich die
lich. Es gibt nichts, was die vier Musiker   Vielseitigkeit des Ensembles auch in
über die Originalliteratur hinaus nicht       einer Vielzahl von Veröffentlichungen
ausprobieren. In teils wagemutigen            wider: Neben fünf Kammermusik CDs
Bearbeitungen spielen sie Klaviermusik        mit Werken Barock bis Avantgarde
und Streichquartette, lassen die ver­         entstanden eine CD mit Saxophon­
schiedenen Klangfarben eines großen           quartett und ­Symphonieorchester, ein
Symphonieorchesters auf ihren Saxo­          Hörbuch mit dem Schauspieler Boris
phonen lebendig werden.                      Aljinovic, ein Kinderbuch mit CD ( Wer
                                              ist der M
                                                      ­ ächtigste mit Text von Wolfram
                                             Berger ), sowie jüngst eine CD mit
                                             ­Saxophonquartett und Blasorchester.
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                       Axel Brüggemann

Axel Brüggemann ist Journalist,            der Sendung Ich trage einen großen
Moderator und Autor. Er war Textchef       Namen ( SWR ). Außerdem moderiert
bei der Welt am Sonntag, hat für die       er die Kino-Live-Übertragungen der
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung    ­Bayreuther Festspiele und an der Seite
geschrieben und arbeitet unter anderem     von Olaf Schubert oder Wigald Boning
für Cicero, Jüdische Allgemeine und        die Open-Airs der Semperoper Dresden.
 crescendo.                                        Brüggemann hat zahlreiche
        Als Filmautor hat er zahlreiche    Bücher verfasst, unter anderem die
 Dokumentationen für die Sender            Musikgeschichte Wie Krach zu Musik
 arte, ZDF, 3sat geschrieben und           wird ( Belz & Gelberg ), Biografien über
gedreht, unter anderem die vierteilige     Richard Wagner und Wolfgang Ama­
Serie Epochen der Musikgeschichte,         deus Mozart, aber auch Essays über
Filme über Mozarts Zauberflöte oder        gesellschaftliche Themen wie Landfrust
­Prokofjeffs Peter und der Wolf und die    ( Rowohlt ) oder Wir holen uns die Politik
 Doku Der H ­ eilige und der Papst mit     zurück ( Eichborn ). Für seine CD-Serie
Rolando Villazón. Brüggemann tritt         Der kleine Hörsaal wurde Brüggemann
bei arte als Moderator und Talk-Gast­      mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet
geber auf und ist Mitglied im Rateteam     ( Deutsche Grammophon ).
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                   Philharmonischer Chor

                                                                                        Mach mit
                    der Stadt Bonn e. V.

Der Philharmonische Chor der Stadt
Bonn wurde bereits 1852 als » Städtischer
                                            in Köln und Düsseldorf geben davon
                                            Zeugnis. Dabei hat der » PhilChor « mit     beim
                                                                                            Beethoven
Gesangsverein « gegründet und kann auf      namhaften Dirigenten wie Esa-Pekka
eine bewegte Geschichte zurückblicken.      Salonen, Christoph von Dohnányi und
Als semiprofessionelles Ensemble ist er     Markus Stenz sowie Spitzenorchestern

                                                                                        Shooting
der Pflege des chorsinfonischen Reper­      wie dem Philharmonia Orchestra
toires seiner Tradition treu geblieben.     ­London, dem Gürzenich-Orchester oder
Die Mitwirkung bei den städtischen           dem Orchestre Philharmonique Royal

                                                                                        07 / 04
Chorkonzerten unter der Leitung des          de  Liège zusammengearbeitet.
Bonner Generalmusikdirektors sieht der              Seit 2016 ist Paul Krämer künst­
Chor als seine Hauptaufgabe an. Darü­        lerischer Leiter des Philharmonischen
ber hinaus wirkt er häufig beim Interna­     Chores Bonn. Er studierte Dirigieren bei

                                                                                             08 / 04
tionalen Beethovenfest mit und gestaltet     Prof. Marcus Creed und Peter Dijkstra
eigene kammermusikalische Konzert­           an der Hochschule für Musik und Tanz
reihen. Großer Beliebtheit erfreuen sich     Köln. Weitere Impulse erhielt er auf
die im Sommer stattfindenden Benefiz­        internationalen Musikakademien sowie
konzerte und musikalischen Führungen         in der Zusammenarbeit mit Dirigenten
auf dem Alten Friedhof in Bonn, durch        wie Hartmuth Haenchen, Christoph           Wir suchen Bonner, die sich für das
dessen Flair die Darbietungen einen          Prick und Timothy Brown. Neben dem         Beethovenjahr in unserem Spiegel-B
ganz eigenen Charakter entwickeln.           » PhilChor « leitet Paul Krämer auch die   fotografieren lassen. Von 1 bis 111, o
                                                                                                                             ­ bdachlos
       Als musikalischer Botschafter der     Kartäuser Kantorei in Köln. Gemeinsam
Beethovenstadt Bonn wird der Philhar­        werden beide Chöre im Juli  2018 in der
                                                                                        bis Bürgermeister, ­­­Beet­hoven-Fan bis
monische Chor gerne zu Gastkonzerten         Tonhalle Düsseldorf auf der Bühne ste­     Metalhead, Priester, Boxer, Mama, Kinder,
im In- und Ausland eingeladen. Konzert­      hen und Mahlers Sinfonie Nr. 8 unter der   Seemann – seid alle dabei am 7. und 8. April!
reisen nach England, Frankreich, Belgien     Leitung von Adam Fischer aufführen.        Denn wir sind Beethoven.
und in die Schweiz sowie Gastspiele

                                                                                        11:00—19:00          Anmeldung
                                                                                        Bonner Kunstverein   Spontan kommen
                                                                                        Hochstadenring 22    oder anmelden:
                                                                                        53119 Bonn           beethoven.jetzt
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                  Thomas Plümacher
               Mein Beethoven Orchester

Die Bratsche: Das ist wirklich meine        mit sogenannten Amateuren. Im Bekann­      frage wegfällt. Die Gedanken an diese
Leidenschaft. Als Bratscher sitze ich       tenkreis, in der Nachbarschaft werde ich   Bedrohung belasten uns als Musiker bei
im Zentrum des Orchesters. Zwischen         heute öfter auf das Orchester angespro­    dem, wofür wir eigentlich angestellt sind:
Melodie und Bass, man kann ganz viel        chen als noch vor fünfzehn Jahren.         beim Musikmachen. Meine persönliche
beeinflussen. Wir sind es, die die Terzen           Auch innerhalb des Orchesters      Herausforderung ist, eben dieser täg­
spielen dürfen und dadurch beeinflus­       ist die Atmosphäre deutlich besser         lichen Arbeit immer wieder neu gerecht
sen, ob ein Akkord Moll oder Dur ist …      geworden. Man zeigt Engagement             zu werden: Ich bin jetzt 54, die jüngsten
Uns Orchester ist ein Organismus im         über den Dienst hinaus, betätigt sich      KollegInnen sind im Alter meiner Töchter
stetigen Wandel: Als ich 1992 kam,          im Ehrenamt. Ich selber bin Delegierter    … Wie halte ich mich fit? Wie bleibe ich
war gerade der Hauptstadtbeschluss          unserer Gewerkschaft, der Deutschen        dabei? Kammermusik ist für mich da
gefallen. Alle waren davon überzeugt,       Orchestervereinigung. Manchmal             ganz wichtig: Damit schafft man Verbin­
dass nun alles den Bach hinunter gehen      befinde ich mich im Konflikt zwischen      dungen sogar im Orchesterspiel. Ich sehe
würde: Stellenabbau, Verkleinerung …        einer Aktivität, die über den Tarif-Ver­   den ersten Geiger dort hinten und weiß,
und dann? Aber wir haben uns entwi­         trag hinausgeht und den Interessen der     wie er oder sie tickt – und das ist schön!
ckelt und entwickeln uns noch zu einem      Kollegen, gerade auch der Sorge um und
Orchester in der modernen Stadtgesell­      für ihre Gesundheit. Durch die Tätig­
schaft. Seit und mit Stephan Blunier        keit habe ich viel Kontakt zu anderen      Thomas Plümacher, Bratschist beim
geschieht das massiv: über alle Grenzen     Orchestern. Ein spannender Blick über      Beethoven Orchester Bonn
hinweg, in andere Stile hinein. Vernetzt    den Tellerrand!
sein, das ist wichtig! Auch persönlich              Wenn ich in die Zukunft blicke,
erlebe ich das durch das Musizieren in      hoffe ich, dass endlich einmal die
Kirchen, in Musikschulen, gemeinsam         Dauerbelastung der Finanzierungs­
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                                Dirk Kaftan
                                 Dirigent

Seit dem Herbst 2017 ist Dirk Kaftan          und ist in großen Häusern gern gesehe­
Generalmusikdirektor des Beethoven            ner Gast, zuletzt unter anderem bei den
Orchester Bonn und der Oper Bonn.             Bremer Philharmonikern, beim Bruckner-­
 In seiner ersten Spielzeit dirigierte        Orchester Linz und beim Ensemble
 er zahlreiche erfolgreiche Konzerte,         Modern. Aus den Neu-Produktionen
 unter anderem mit Solisten wie Nicolas       der letzten Jahre seien hervorgehoben
Altstaedt und Martin Grubinger und            der Freischütz in Kopenhagen 2015,
 initiierte außergewöhnliche Projekte,        die  Bohème an der Oper Frankfurt,
zum Beispiel mit der türkischen Band          sowie Vorstellungs-Serien in Berlin und
Kardeş Türküler oder mit 130 Jugend­          Dresden. Bei aller Freude an der Gastier­
 lichen bei b+. Darüber hinaus leitete er     tätigkeit steht für Dirk Kaftan immer die
Neuproduktionen von Otmar Schoecks            Arbeit im eigenen Haus im Mittelpunkt,
Penthesilea und von Mozarts Figaro. In        sowohl in der Ensemble-Pflege, als auch
 der laufenden Spielzeit dirigiert er u. a.   in der Auseinandersetzung mit Orches­
Janáčeks Die Sache Makropulos und             ter und Chor. Diese Berufsauffassung
Wagners Lohengrin. Highlights im Kon­         hat ihn seit seinen ersten Stellen an den
zert sind Mahlers V. im Beethovenfest,        Theatern in Trier, Bielefeld und Münster
Konzerte mit der Popgruppe Brings,            begleitet, erst recht als erster Kapell­
 sowie Produktionen zum Gedenken an           meister in Dortmund und Graz und
 den Waffenstillstand 1918 mit der Tokyo      bei seiner Tätigkeit als Generalmusik­
Oratorio Society und Ben Becker.              direktor in Augsburg und Graz. Seine
         Dirk Kaftans Repertoire ist breit    Arbeit wird von Publikum und Kritik
 und reicht von stürmisch gefeierten          gleichermaßen geschätzt, hochgelobte
Beethoven-Sinfonien bis zu Nonos              CD-Produktionen zum Beispiel von
­Intolleranza 1960, von der Lustigen          Jenůfa und Die griechische Passion,
Witwe bis zu interkulturellen Projekten,      sowie, als erste Produktion mit dem
 die ihn mit Musiker*innen aus Europa         Beethoven Orchester, von Beethovens
 und dem Vorderen Orient zusammen             Egmont liegen vor.
führten. Dirk Kaftan konzertiert weltweit
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                                 Vorschau                               Der richtige Ton.

19/04/2019                           22/06/2019
Freitag 7                            Grenzenlos 3
Unvollendet                          Balkanfieber
Freitag 19 /04 /2019 19:00 (!)       Samstag 22 / 06 / 2019 20:00
Opernhaus Bonn                       Kameha Grand Bonn

Richard Wagner 1813—1883             Werke von
Karfreitagszauber                    Stevan Hrstić 1885—1958
+                                    +
Krzysztof Penderecki *1933           George Enescu 1881—1955
Kaddisz                              u. a.
+                                    +
Franz Schubert 1797—1828             Songs aus dem Repertoire
Sinfonie Nr. 7 h-Moll D 759          von Lopicic Superstvar
Unvollendete
+                                    Sandy Lopicic Superstvar
Arnold Schönberg 1874—1951           Sandy Lopicic→Klavier, Akkordeon
Ein Überlebender aus Warschau        und musikalische Leitung
op. 46                               Beethoven Orchester Bonn
                                     Dirk Kaftan→Dirigent
Matteo de Monti→Sprecher
                                     In Kooperation:
Anna Princeva→Sopran                 Kameha Grand Bonn
Barry Mehler→Kantor
Herren des Philharmonischen
Chors der Stadt Bonn e. V.
Paul Krämer→Einstudierung
Beethoven Orchester Bonn
Jurek Dybał →Dirigent
34

                               Impressum

Beethoven Orchester Bonn                    Hinweise
Wachsbleiche 1 53111 Bonn                   Wir möchten Sie bitten, während des
0228 77 6611                                gesamten Konzertes Ihre Mobiltelefone
info@beethoven-orchester.de                 ausgeschaltet zu lassen.
beethoven-orchester.de
                                            Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir
Generalmusikdirektor →Dirk Kaftan
                                            Konzertbesucher, die zu spät kommen,
Redaktion →Tilmann Böttcher
                                            nicht sofort einlassen können. Wir
Gestaltung →nodesign.com
                                            bemühen uns darum, den Zugang
Bilder→Cover/Rückseite: Marc
                                            zum Konzert so bald wie möglich zu
Dirkmann; Planten: nasaimages.org,
                                            gewähren. In diesem Fall besteht jedoch
S. 22: Boris Streubel; S. 24: Stefan
                                            kein Anspruch auf eine Rückerstattung
Fürtbauer; S. 29: Magdalena Spinn;
                                            des Eintrittspreises.
S. 30: Irene Zandel
Druck → Druckerei Engelhardt GmbH           Wir machen darauf aufmerksam,
                                            dass Ton- und / oder Bildaufnahmen
Texte
                                            unserer Aufführungen durch jede Art
Die Texte sind Originalbeiträge
                                            elektronischer Geräte strikt untersagt
von Tilmann Böttcher für dieses
                                            sind. Zuwiderhandlungen sind nach
Programmheft. Das Gespräch mit
                                            dem    Urheberrechtsgesetz strafbar.
Thomas Plümacher als Grundlage für
Mein Beethoven Orchester führte             Das Beethoven Orchester Bonn behält
Tilmann Böttcher.                           sich notwendige Programm- und
Literatur: Zu Philip Glass, abgerufen       Besetzungsänderungen vor.
14.03.2019: musicsalesclassical.com.
Siglind Bruhn: Schönbergs Musik
                                                                                                                                                                                              te
1899—1914, Freiburg, 2015. Richard                                                                         en Sie rechne
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Greene: Holst – The Planets, Cambridge,                                               Seite an Seite                 rtr au en Sie  un                           en un d  in st
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                                                                                                          ? Dann ve                           an zie re n, pl an                ar tu ng un d
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1995. Alain Poirier: Les Cinq Pièces pour                                                               nn Pl us Wär m                      en wi r di e re                      ale und die
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                                                                                                         Da rü be r hi na us                     eine monatlic
                                                                                                                                                                   he
                                                                                                                                                                                     n Si e au f
Orchestre op. 16 d’Arnold Schoenberg,                                                 ne ue An lag e.                          hl en  ein fa ch                         zu  fin  de
                                                                                            lic he  Re pa ra turen. Sie beza       te n. Al  le In fo rm at io ne n da
                                                                                       mög                                 m ekos
Paris, 2016.                                €2                                                           hä ng ig en Wär                 Internet.
                                                                                       ve rb ra uc hs ab        de /neueheizung im
                                                                                                   ke  -b on n.
                                                                                       stadtwer
Planeten                       Unerhörte Welten

                  save the date:
                   19 / 04 / 2019
                Freitagskonzert  7
                   Unvollendet

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