FREIWILLIG & ENGAGIERT - Schlachthof Bremen

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FREIWILLIG & ENGAGIERT - Schlachthof Bremen
JUL
                                                                     AUG
                                                                     21

                    F Ü R     S T A D T K U L T U R

                                        RAUSGEHEN
                                        Konzerte, Theater und Lesung
                                        in der Arena
                                        BREMINALE DEZENTRALE
                                        Endlich wieder

FREIWILLIG    Das Gap Year
              nach der Schule

   & ENGAGIERT
         T HE M A       Ha l b z e i t w i s s e n   Fre i z e i t
FREIWILLIG & ENGAGIERT - Schlachthof Bremen
inhalt                                                                                                                                     editorial
           AUS’M                                                                                                                         THEMA                                         FÜR STADTKULTUR
           HAUS              VON GUDRUN GOLDMANN

                                                                                    04                      F reiwillig & engagi ert
                                                                                                          4 Zwischen den Zeiten – das GAP Year
Wir freuen uns.                                                                                             | Interview mit Jan-Hendrik Kamlage /
                                                                                                            Gudrun Goldmann
Zuerst zu unserem Covergirl: Wir freuen uns, dass Marina                                                  6 Der Freiwilligendienst – ein Paket fürs Leben
Makarova aus St. Petersburg nun ein Jahr lang als                                                           | Interview mit Bjørg Rühs / Nona Reinke

                                                                                                                                                                                       EIN MAGAZIN
Freiwillige im Schlachthof sein wird. In Kooperation mit                                                  7 Schule aus? Und jetzt?
dem Verein NaturKultur haben wir uns beim Europäischen                                                    8 Freiwilligendienste im Ausland – wem helfen sie?

                                                                                                                                                                                       MACHT
Solidaritätskorps als Aufnahmeorganisation beworben                                                         | Nicole Moosmüller
und einige hundert (gefühlt) auszufüllende Seiten später                                                  9 Dein Jahr für Deutschland

                                                                                                                                                                                       STADTKULTUR
konnten wir unsere Ausschreibung in der Datenbank                                                           | Sina Poppe
hinterlegen. Es gab sehr viele Bewerbungen und Marina                                                                                    HALBZEIT
hat das Rennen gemacht. Sie wird in allen Bereichen tätig
sein, ihre Schwerpunkte aber sind Kindertheater und
                                                                                                                                                                             Nach der Schule direkt an die Uni oder in die Ausbildung? Das klingt für viele
Instagram.                                                                          11                    11 Drei Bücher zur Pandemie
                                                                                                             Reader’s corner | Benjamin Moldenhauer                          junge Menschen nicht wirklich verlockend. Sie haben genug vom Lernen
Da wird sie mit einer weiteren neuen Kollegin zusammen-                                                                                                                      aus Büchern und Diskussionen mit Lehrenden. Aber so ganz erwachsen fühlt
arbeiten, denn Social Media gehört zu PR- und Öffentlich-
keitsarbeit und den Bereich verantwortet ab dem 1. Juli                                                                                                                      man sich auch nicht, von daher darf die eigene Haushalts- oder WG-Grün-
Elena Tüting. Sie ist Literaturwissenschaftlerin, hat als                                                                                                                    dung ruhig noch etwas warten. Etwas ›Halb-Erwachsenes‹ tun im sogenann-
Redaktionsassistentin bei Radio Bremen gearbeitet und
                                                                                                                                                                             ten Gap Year, das wäre jetzt das Passende. Und da kommen die verschiede-
die Öffentlichkeitsarbeit von verschiedenen Literatur-
projekten verantwortet.                                                                                                                                                      nen Freiwilligendienste genau richtig. Man entscheidet sich je nach Neigung
                                                                                                                                         FREIZEIT
                                                                                                                                                                             und Interesse für einen Dienst im sozialen, kulturellen, politischen oder
                                                                                                                                                                             ökologischen Bereich und los geht’s. Man hat eine Aufgabe, auch Verantwor-
                                                                                    14                      Juli                                                             tung, aber man nimmt niemandem einen Arbeitsplatz weg, sondern ist
                                                                                                          12 Endlich wieder Breminale | Mohamed
                                                                                                             Amjahid | Kindertheater in der Arena
                                                                                                                                                                             überall für das ›Extra‹ zuständig, das es sonst in der Kita, im Museum oder
                                                                                                             | We are One · World Music Night| Music                         der Ökologiestation eben nicht geben würde. Eine klassische Win-Win-
                                                                                                             Camp for Kids
                                                                                                                                                                             Situation – wenn denn alles passt.
                                                                                                            August                                                               Eine, bei der es wunderbar gepasst hat, ist unsere Illustratorin Bjørg Rühs.
                                                                                                          14 Mal Élevé | Farbklang Dschungel | Frei raus!                    Im Interview, das übrigens von der Freiwilligen Nona Reinke geführt wurde,
                                                                                                             – Klappe, die Zweite | Ist das Müll oder kann
                                                        Foto : H olger An k l a m

                                                                                                             das weg? | Filmfestival ›Hinschauen: Arbeit‹                    erzählt sie von ihrer Zeit in einem deutsch-dänischen Industriemuseum. Wer
                                                                                                                                                                             weiter hinaus in die Welt möchte, kann sich auch für einen Freiwilligendienst
                                                                                                                                                                             im Ausland bewerben. Das kann allerdings zu einer Herausforderung werden,
                                                                                                                                         KULTURGUT                           wenn man Europa verlässt und sich am Einsatzort mit der Kolonialgeschich-
Elena ist zwar noch nicht im Haus (Mitte Juni), aber die                            Wege in die Zukunft
                                                                                    von Bjørg Rühs                                                                           te des Landes konfrontiert sieht. In diesen Fällen sind eine gute Vorberei-
Werbetrommel müssen wir trotzdem rühren, denn es geht
ja wieder was – veranstaltungstechnisch gesehen. Vor                                                                                                                         tung und Begleitung sehr wichtig, betont Nicole Moosmüller in ihrem Beitrag.
allem unter freiem Himmel wollen wir unsere Gäste                                                                                                                                Und dann haben wir uns noch mit der Bundeswehr beschäftigt, denn
wieder unterhalten und haben deshalb die Arena etwas
umgebaut, damit zumindest Equipment und Künstle-
                                                                                                                                                                             die ist auf den Zug der Freiwilligendienste mit ihrem ›Dein Jahr für Deutsch-                             zett@
r*innen immer im Trockenen sind. Das sieht, nun ja,                                                                                                                          land‹ aufgesprungen, Sina Poppe (eine weitere Freiwillige) hat einen                                   schlachthof-
sagen wir gewöhnungsbedürftig aus, erfüllt aber auf
                                                                                                                                                                             kritischen Blick auf das Prgramm geworfen. Außerdem haben wir Jan-
                                                                                                                                                                                                                                                                                      bremen.
jeden Fall seinen Zweck. Bisher konnten wir dort nur                                                                                                                                                                                                                                     de
selten veranstalten, weil es in Bremen einfach zu oft                                                                                                                        Hendrik Kamlage interviewt, der zu Engagement und Partizipation forscht.
regnet. Auch die Vorhersagen noch so kurzer Schauer
führten bisher immer zu spontanen Absagen, weil die                                                                                                                             Gudrun Goldmann (Chefredakteurin)
Technik dann abgebaut werden musste. Dieses Jahr wird
das anders, darauf freuen wir uns. Und wir bitten euch/
Sie eventuelle Sichteinschränkungen gelassen hinzu-
nehmen, denn das ist nun mal der Preis dafür, dass es
überhaupt geht.
                                                                                                                                                                                                             Bei dem 7. und 8. ICMA International Creative Media Award wurde
                                                                                                                                                                                                             das Z-Magazin für das grafische Konzept und für die Covergestaltung
                                                                                                                                                                                                             mit den Awards of Excellence ausgezeichnet.
                                                                                                                                                                                                                                                                                   Foto: Thomas Schäfer
                                                                                                                                                               HERAUSGEBER             Vi si t
FREIWILLIG & ENGAGIERT - Schlachthof Bremen
THE    4                                                                                                                                                                                              5
                     MA          I N T E RV I E W: G U D R U N G O L D M A N N
                                                                                 Der Begriff ›Lücke-Jahr‹ wird sich bei uns wohl

     ZWISCHEN
                                                                                                                                                                    Nach meiner Wahrnehmung war es früher bei den Zivildienstleisten-
                                                                                 kaum durchsetzen, wobei Gap Year genau so zu                                       den unbestritten, dass die eine wichtige Arbeit machen und dass
                                                                                                                                                                    es in den Krankenhäusern und Pflegeheimen quasi ohne die ja gar
                                                                                 übersetzen ist. Aber es klingt negativer, weniger
                                                                                                                                                                    nicht mehr ging. Hatten die eine andere öffentliche Wertschätzung

                                                                     DEN
                                                                                 cool und das passt nicht zu diesem Jahr nach                                       als die FSJler*innen im Moment?

      ZEITEN
                                                                                 der Schule, wo es für die jungen Leute doch um                                     Kamlage: Der Zivildienst hatte eine besondere Stellung, denn er hing

                   GAP
                                                                                                                                                                    immer an der Bundeswehr. Und dadurch, dass sich die Bundeswehr
                                                                                 Orientierung, Weichenstellung und Abklärung
                                                                                                                                                                    verändert hat, musste sich zum Glück auch der Zivildienst verändern.
                                                                                 gehen soll. Man macht in der Regel nicht ein                                       Das war ja kein Dienst fürs Gemeinwohl im Sinne von sozialen Tätigkeiten,
                                                                                 Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in einer Kita weil                                sondern es war eigentlich nur ein Ersatz für den Dienst an der Waffe. Und
                                                                                                                                                                    das war auch die einzige Möglichkeit, diesen Eingriff in die Freiheitsrechte
                                                                                 einem sonst nichts Besseres einfällt, sondern weil
                                                                                                                                                                    überhaupt zu rechtfertigen: die Landesverteidigung. Und ich bin heilfroh,
                                                                                 man sich nicht sicher ist, ob die Idee, Erzieher*in                                dass wir nicht mehr über diesen Weg gehen, sondern dass wir heute über
                                                                                 zu werden, wirklich die richtige ist. Oder Förster,                                die Freiwilligkeit kommen und es gelungen ist, den Zwangsdienst abzu-
                                                                                                                                                                    schaffen.
                                                                                 Eventmanagerin, Pastorin … Denn das FSJ gibt es
       DAS

                                                                                                                                                                       Den Zivildienst dann nachträglich zu heiligen, im Sinne von, die jungen
                                                                                 inzwischen nicht nur im sozialen Bereich, sondern                                  Menschen haben doch wichtige Dinge getan und gelernt, finde ich
                                                                                 auch mit dem Zusatz Ökologie, Sport, Kultur,                                       schwierig. Der Zivildienst wurde lange auch durch die Wohlfahrtsverbände
                                                                                                                                                                    argumentativ gestützt, weil die sich einfach nicht vorstellen konnten, dass
                                                                                 Schule, Politik sowie pastoral.
                                                                                                                                                                    sie ohne die Zivis ihre Tätigkeiten aufrechterhalten können. Der Wandel

                               YEAR
                                                                                                                                                                    hat dann aber gezeigt, dass es sehr wohl geht.

                                                                                   Herr Kamlage, Sie beschäftigen sich mit der gesellschaftlichen                   Die Bundeswehr versucht jetzt mit einem Bundeswehr-Light-Pro-
                                                                                   Bedeutung des Ehrenamts. Welche Bedeutung messen die jungen                      gramm Freiwillige zu akquirieren. Dieses ›Jahr für Deutschland‹ wird
                                                                                   Freiwilligen selbst ihrer Aufgabe zu?                                            im Gegensatz zu anderen Freiwilligendiensten sehr gut bezahlt.
                                                                                   Jan-Hendrik Kamlage: Da muss man ein Stück weit ausholen und erst                Kann man der Bundeswehr das vorwerfen?
                                                                                   einmal sagen, was überhaupt Freiwilligendienste sind. Es ist eine besondere      Kamlage: Da würde ich nicht tun, ehrlich gesagt. Ich finde, dass es da
                                                                                   Form des bürgerschaftlichen Engagements. Und das sowohl für junge                auch um verschiedene Dinge geht und es geht nicht immer nur ums
                                                                                   Menschen als auch nach der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes für         Geld verdienen. Wenn man sich die Motivation für die Freiwilligendienste
                                                                                   Menschen ab 27 Jahren. Was den Unterschied zu anderen Engagement-                anschaut, dann sind das oft persönliche Überzeugungen. Menschen
                                                                                   formen ausmacht, ist einfach: Es handelt sich um einen Dienst handelt,           engagieren sich freiwillig sozialökologisch oder es geht um berufliche
                                                                                   das heißt, der ist verpflichtend für eine gewisse Zeit. Aber das Ziel ist, zum   Weiterentwicklung. Das gilt besonders für Menschen, die über 27 in diese
                                                                                   Gemeinwohl beizutragen und das Gemeinwesen aktiv zu gestalten.                   Dienste einsteigen, um zu schauen, was kann ich noch tun? Oder eben
                                                                                      Und was die jungen Menschen davon erwarten, dazu gibt es ganz gute            auch die jungen Menschen, denen es um Orientierung geht. Oder Leute,
                                                                                   Studien. Sie wünschen sich Erfahrungen und Orientierung, bezogen auf einen       die einfach nur in ihrem Leben eine Pause wollen. Das sind ja spezifische
                                                                                   zukünftigen Beruf, sozusagen als Orientierungsphase, und sie erhoffen sich       Motivlagen, die dahinterstehen. Ich habe Zweifel, dass man das eins
                                                                                   Qualifizierung. Kurz gesagt: Die Menschen erwarten von ihrem Dienst, dass        zu eins auf die Bundeswehr übertragen kann. Insofern glaube ich, da gibt
                                                                                   sie die Möglichkeit bekommen, die Gesellschaft mitzugestalten. Zumindest         es genug junge Menschen mit unterschiedlichsten Motiven und die
                                                                                   ein bisschen.                                                                    Bundeswehr hat da genauso ihren Platz, wie die Freiwilligendienste in
                                                                                                                                                                    ihrer Vielfältigkeit.
                                                                                  Da hake ich mal kurz ein. Gehen die jungen Leute davon aus, dass sie
                                                                                  damit Dienst für die Gesellschaft machen? Oder ist es mehr etwas für              Es gibt auch die Möglichkeit, das Gap Year im Ausland zu verbringen.
                                                                                  sie selbst?                                                                       Und gleichzeitig gibt es die Kritik, dass sich damit neokoloniale
                                                                                  Kamlage: Es ist beides. Man kann und sollte das nicht gegeneinander               Strukturen verfestigen. Wie sehen Sie die Situation?
                                                                                  ausspielen. Also zum Beispiel geben nach einer Befragung aus dem Jahr 2012        Kamlage: Ich bin da kein Experte, aber es gibt ja verschiedenste
                                                                                  90 Prozent der Befragten ab 27 an, dass sie im Rahmen des Freiwilligen-           Programme von weltwärts bis zum Europäischen Freiwilligendienst. Aus
                                                                                  dienstes gebraucht werden und dass sie da ihre Zeit sinnvoll einsetzen. Sie       meiner Sicht muss man da genau hingucken, die einzelnen Bereiche
                                                                                  erwarten auch, dass sie etwas über gesellschaftliche Zusammenhänge                und Tätigkeitsfelder anschauen und dann kann man vielleicht eher eine
Dr. Jan-Hendrik Kamlage                                                           erfahren, das sagen immerhin 77 Prozent. Das ist jetzt erstmal kein per se        Bewertung vornehmen. So pauschal würde ich das überhaupt nicht teilen.
arbeitet an der Ruhr-Uni-                                                         egoistisches Motiv, sondern hat immer auch starke Gemeinwohlbezüge.               Da geht es um Öffnung für Erfahrungen in anderen Ländern, darum, dass
versität Bochum als Leiter                                                                                                                                          Kontakte entstehen, dass man andere Kulturen wahrnimmt, aber auch
der Forschungsgruppe                                                              Gleichzeitig gibt es diese Gratwanderung, dass keine Stelle im Freiwilli-         natürlich die Tätigkeiten selber, die dann vor Ort unternommen werden.
Partizipation und Trans-                                                          gendienst eine normale Arbeitsstelle ersetzen darf. Sie dürfen also               Daraus jetzt pauschal etwas abzuleiten, das in diese Richtung geht, finde
formation. Er engagiert                                                           keine wirklich notwendigen Arbeiten machen und trotzdem sagen Sie,                ich schwer nachvollziehbar. Mir sind auch keine Studien bekannt, die in
sich zudem in Bremen im                                                           dass sie etwas beitragen.                                                         diese Richtung argumentieren oder die dafür empirisches Material liefern
Vorstand des Sozialen                                                             Kamlage: Das gilt erstmal für alle Engagementformen, die freiwilliger Natur       würden.
Friedensdienstes (sfd                                                             sind und die in Vereinen oder anderen Organisationen stattfinden. Da geht
Bremen). Früher war er                                                            es um die Frage der Verdrängung regulärer Arbeitsverhältnisse und das             Sie haben früher Zivildienst gemacht, da gab es das FSJ noch gar
dort als Zivildienstleisten-                                                      Verhältnis von Ehrenamt zu Hauptamt. Das ist ein schmaler Grat. Das lässt         nicht, aber wenn Sie das heute machen könnten, welches Format
der im Einsatz, hat also                                                          sich auch nicht leugnen. Und es hängt davon ab, wie man die Menschen              würden Sie wählen?
praktische Erfahrungen                                                            dazu befähigt, das auch kritisch in Frage zu stellen, die das Gefühl haben,       Kamlage: Ich würde aus meiner Perspektive von heute einen internatio-
und wissenschaftliches                                                            ausgenutzt zu werden. Die Träger haben natürlich den Auftrag, die Rechte der      nalen Dienst anstreben, weil ich finde, diese Erfahrung, andere Länder,
Know-how.                                                                         jungen Menschen im Blick zu behalten und auf deren Dienststellen darauf           andere Kulturen kennenzulernen, die Unterschiede, auch die Relativität
                                                                                  zu achten, dass dort keine Situationen entstehen, wo sie Arbeit verdrängen        unserer Ansätze hier in Deutschland, das ist eine große Möglichkeit
                                                                                  oder wo sie ausgebeutet werden.                                                   der Horizonterweiterung.
  Foto: Thoma s Sch äfer
FREIWILLIG & ENGAGIERT - Schlachthof Bremen
THE        6                                                                                                                                                                                                                                              7
                                            MA

                                                                                                                                                                                                                                                       Und jetzt?
                            I N T E RV I E W: N O NA R E I N K E

                            DER FREIWILLIGENDIENST –                                                                                                                                  SCHULE AUS?
                            EIN PAKET FÜRS LEBEN                                                                                                                                  Die wichtigsten
                                                                                                                                                                                  Freiwilligen-Programme:
                                                                                                                                                                                                                                                             Die zentralen Anbieter*innen
                                                                                                                                                                                                                                                             von Freiwilligendiensten in
                                                                                                                                                                                                                                                             und für Bremen sind:
                            Bjørg Rühs arbeitet als Illustratorin für das Z-Magazin. Nach dem Abitur                                                                              Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ):
                            hat sie sich für einen Freiwilligendienst in einem Museum entschieden.                                                                                In einem FSJ arbeitet man in einer sozialen Einrichtung oder               www.freiwilligendienste-bremen.de
                            Im Interview berichtet sie über die Erfahrungen, die sie dort gesammelt                                                                               einer Bildungseinrichtung, also zum Beispiel in Kindergärten,
                            hat und ihre heutige Sicht auf ihr Freiwilliges Kulturelles Jahr (FKJ).                                                                               Schulen, Kirchengemeinden, Krankenhäusern, Wohngemein-
                                                                                                                                                                                                                                                             sfd Bremen
                                                                                                                                                                                                                                                             www.sfd-bremen.de
                                                                                                                                                                                  schaften und Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigung
                                                                                                                                                                                                                                                             Angebote: FSJ, BFD, FÖJ, FSJ-Kultur, FSJ-Politik, EFD
                                                                                                       Was hat dir in dem Jahr besonders gut gefallen?                            et cetera. Die Arbeitszeit liegt regulär bei 39 Stunden die Woche.
                                                                                                       Bjørg Rühs: Definitiv die Museumspädagogik mit aufzubauen.                 Die Höhe des Taschengelds variiert von Anbieter zu Anbieter,               Diakonie Bremen
                                                                                                       Außerdem hat es mir gut gefallen, eine eigene Meinung äußern zu            sie liegt bei mindestens 360 Euro im Monat. Es gibt aber auch              www.diakonie-bremen.de
                                                                                                       dürfen und Verantwortung zu tragen. Weil alles neu war, ging es            Anbieter, deren Einsatzstellen 430 Euro im Monat zahlen.                   FSJ, BFD, FÖJ
                                                                                                       auch ganz viel um die Werbung und ich immer überall mitreden und           Während des FSJ finden Seminare statt, die von den jeweiligen
                                                                                                       mitgestalten, das war total schön. Am liebsten mochte ich die              Trägern angeboten werden. Die Altersgrenzen unterscheiden                  Verbund Bremer Kindergruppen
                                                                                                       Menschen, die da mitgearbeitet haben. Fest angestellt waren nur            sich von bei den Stellen geringfügig, aber im Prinzip ist es               www.verbundbremerkindergruppen.de
                                                                                                       meine Chefin und ich als FKJlerin und der Rest von den Mitarbeitern        möglich, im Alter zwischen 16 und 27 Jahren ein FSJ zu machen.             FSJ, BFD
                                                                                                       waren Ehrenamtler, überwiegend Rentner, das waren sehr freundliche                                                                                    Internationaler Bund
                                                                                                       Leute. Da habe ich auf jeden Fall wunderbare Menschen kennen-              Bundesfreiwilligendienst (BFD)                                             https://www.internationaler-bund.de
                                                                                                       gelernt, die mich sehr geprägt haben.                                      Die Bedingungen im BFD sind im Großen und Ganzen dieselben                 FSJ, BFD
                                                                                                                                                                                  wie im FSJ. Es gibt keine Unterschiede in der Organisation und
                                                                                                       Was denkst du heute über deinen Freiwilligendienst?                        den internen Abläufen. Anders als das FSJ hat der Bundesfrei-              Deutsches Rotes Kreuz
                                                                                                       Björg Rühs: Für mich war das sehr wichtig, weil ich viel Zeit hatte,       willigendienst keine Altersgrenze.                                         www.drk-lv-bremen.de
                                                                                                       um über meinen eigenen Schatten zu springen und mich Herausforde-                                                                                     FSJ, BDF, IFD
                                                                                                       rungen zu stellen. Mit Leuten telefonieren war damals für mich super       Freiwilliges Kulturelles Jahr (FSJ-Kultur)
                                                                                                                                                                                                                                                             AWO Bremen
                                                                                                       aufregend, genauso wie selbstbewusst zu werden, weil ich meine             Die Rahmenbedingungen sind die gleichen wie beim FSJ, nur
                                                                                                                                                                                                                                                             www.awo-freiwillich.de
                                                                                                       ganze Schulzeit über sehr schüchtern war. Dort musste ich mich dem         dass das FSJ-Kultur in Kultureinrichtungen stattfindet, zum
                                                                                                                                                                                                                                                             FSJ, BFD
                                                                                                       quasi stellen und es wurde mit der Zeit viel einfacher. Das hat            Beispiel in Theatern, Bürgerhäusern, Hochschulen, Bibliotheken
                                                                                                       tatsächlich mein Leben verändert, weil ich seitdem meinen Mund             und Museen.                                                                Johanniter Unfallhilfe
                                                                                                       aufmachen und reden kann. Das ist das, was ich am stärksten daraus                                                                                    www.johanniter.de/mitarbeiten-lernen/
                                                                                                       mitgenommen habe.                                                          Freiwilliges Politisches Jahr (FSJ-Politik)                                freiwilligendienste
                                                                                                                                                                                  Selber Fall wie im FSJ-Kultur, nur dass die Einsatzstellen hier            FSJ, BFD
                                                                                                       Ein verpflichtender Freiwilligendienst nach dem Schulabschluss             politische Einrichtungen wie Gewerkschaften, Parteistiftungen,
                                                                                                       wird immer wieder diskutiert, was denkst du darüber?                       Bürgerschaftsfraktionen oder Ortsämter sind.                               Technische Jugendfreizeit- und Bildungsgesellschaft
                                                                                                       Bjørg Rühs: Das sehe ich eher kritisch. Ich finde es eigentlich ganz                                                                                  www.einstieg-statt-auszeit.de
                                                                                                       schön, dass einem aktuell diese Entscheidung offensteht, obwohl            Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ)                                       FSJ, BFD
                                                          Ich stand dem Ganzen am Anfang auch          es gesellschaftlich besser wäre, wenn es mehr Leute gäbe, die daran        Das FÖJ findet in ökologischen Einrichtungen wie zum Beispiel              Arbeiter-Samariter-Bund
                                                          ein wenig kritisch gegenüber und             interessiert sind. Ich habe die letzten Jahre gehört, dass es oft wenig    auf Kinder- und Jugendfarmen, Forschungseinrichtungen,                     www.asb-bremen.de
                                                          wurde dann eines Besseren belehrt,           Bewerbungen gab und das finde ich schade. Ich stand dem Ganzen             Kinderbauernhöfen, beim BUND, in Umwelt- und Lernwerk-
                                                          auch durch die Seminare.                     am Anfang auch ein wenig kritisch gegenüber und wurde dann eines           stätten oder beim Bund für Umwelt- und Naturschutz statt.
                                                                                                                                                                                                                                                             FSJ, BFD

                                                                                                       Besseren belehrt, auch durch die Seminare. Deswegen mache ich                                                                                         Internationale Jugendgemeinschaftsdienste
                            Warum hast du dich dazu entschieden, nach dem Abitur einen                 dafür auch immer viel Werbung bei jüngeren Leuten, weil es schade ist,     Europäischer Freiwilligendienst (EFD) /                                    www.ijgd.de
                            Freiwilligendienst zu machen?                                              dass das nicht so angenommen wird. Es ist wirklich schwierig, ich          Internationale Freiwilligendienste (IFD):                                  FSJ, BFD
                            Bjørg Rühs: Für mich war ausschlaggebend, dass ich noch nicht so           glaube aber es ist besser, wenn man sich frei entscheiden kann, ob         Freiwilligendienste im Ausland werden unter verschiedenen
                                                                                                                                                                                                                                                             Gemeinnützige Gesellschaft für bürgerschaftliche
                             wirklich von zuhause wegwollte und noch ein Jahr brauchte, um mich        man das macht oder nicht.                                                  Bezeichnungen angeboten. Die Angebote und Rahmenbedingun-
                                                                                                                                                                                                                                                             Freiwilligendienste, pädagogische Begleitung,
                             an den Gedanken zu gewöhnen, woanders hinzugehen. Ich wusste auch                                                                                    gen sind von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich.
                                                                                                                                                                                                                                                             Aus- und Fortbildung
                              noch nicht so richtig, was ich nach dem Abitur machen möchte. Das        Du hast schon etwas dazu gesagt, aber würdest du jungen
                                                                                                                                                                                                                                                             www.fsj.bpa.de
                              sind meine Hauptgründe gewesen, obwohl ich dem Freiwilligendienst        Menschen empfehlen, den gleichen Weg zu gehen?
                                                                                                                                                                                                                                                             FSJ, BFD
                               gegenüber erstmal skeptisch war.                                        Bjørg Rühs: Auf jeden Fall! Vor allem wenn man noch Zeit braucht,
                                                                                                       um sich selbst besser kennenzulernen und über seinen eigenen                                                                                          Malteser Hilfsdienst
                                Was hast du bei deinem Freiwilligen Kulturellen Jahr genau             Schatten zu springen, das war für mich sehr prägend. Irgendwie kriegt                                                                                 www.malteser-bremen.de
                                gemacht, was waren deine Aufgabenbereiche?                             man so ein ganzes Paket fürs Leben mit. Das Schöne ist, dass man da                                                                                   FSJ, BFD
                                Bjørg Rühs: Ich war im Industriemuseum Kupfermühle, das ist ein        an die Hand genommen wird zum Einstieg in das ›Erwachsenenleben‹,
                                                                                                                                                                                                                                                             Caritas Bremen
                                 deutsch-dänisches Museum. Ich war die erste FKJlerin damals und       als Orientierungsjahr ist das wirklich super. Die Welt steht einem quasi
                                                                                                                                                                                                                                                             www.caritas-bremen.de
                                 weil das Museum zu der Zeit neu eröffnet wurde, habe ich den          offen. Ich hatte die Zeit, um zum Beispiel den Mappenkurs zu machen,
                                                                                                                                                                                                                                                             FSJ, BFD
                                  Bestand neu aufgenommen und dokumentiert. Mir wurde auch der         mich dann an der Kunsthochschule zu bewerben, ganz viel Organisa-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Foto: T ho m as S ch äfe r
Fo to : Th om as Schäfe r

                                  Aufgabenbereich zugewiesen, die Museumspädagogik mit aufzubau-       tion nochmal neu zu lernen und das erste Mal so einen richtigen                                                                                       Weltwärts
                                   en, das war mein Lieblingsteil an der ganzen Arbeit in dem Jahr.    Vollzeitjob zu machen und dafür ein Gefühl zu kriegen. Seitdem weiß                                                                                   www.weltwaerts.de
                                   Da ging es darum, Führungen für Kinder und Schulklassen zu          ich auch was Feierabend heißt, das lernt man in der Schule nicht                                                                                      IFD
                                    machen und mitzugestalten. Es war alles sehr vielseitig, ich saß   so gut, da ist immer was los, deshalb war es auch irgendwie ein
                                    auch viel am Telefon und habe Büroarbeit gemacht.                  Verschnaufungsjahr.
FREIWILLIG & ENGAGIERT - Schlachthof Bremen
THE         8                                                                                                                                                                                                                                                                 9

                                                                                                                                                                                                                                              b
                                             MA
                            NICOLE MOOSMÜLLER

                            FREIWILLIGENDIENSTE IM
                            AUSLAND – WEM HELFEN SIE?

                                                                                                                                                                                                      HEIMAT SCHUTZ
                                                                                                                                                                                            Das neue Konzept der Bundeswehr:                                                                                           SINA POPPE

                                                                                                                                                                                            DEIN JAHR FÜR DEUTSCHLAND
                                                                                                                                                                                                 Zehn Jahre nach dem Austausch der Wehrpflicht gegen den Freiwilligen
                            ›Ich bin jung und brauche die Welt. Und die                                        wie wenig […] über strukturelle Zusammenhänge und historische                     Wehrdienst gibt es nun ein neues Programm, um Leute an die Bundeswehr
                            Welt braucht dich und dein Engagement‹ – so                                        Entwicklungen erzählt wird‹. Viele der Erfahrungsberichte Ehemaliger              heranzuführen: ›Dein Jahr für Deutschland.‹
                            der aktuelle Werbeslogan des Freiwilligendiens-                                    stünden gar im Gegensatz zu den von den Organisationen und Förder-
                            tes weltwärts. Neben dem Schriftzug eine ju-
                            gendlich wirkende Person in einer dynamisch-                                       programmen kommunizierten Zielsetzungen: ›Menschen und Länder                     Gemeint ist damit eine Art Freiwilliges Jahr bei der Bundeswehr   Da es durch private und berufliche Verhältnisse nicht zu jedem
                            athletischen Position. Der Blick fällt auf die                                     des globalen Südens‹ würden ›überwiegend stereotyp und rassistisch                unter dem Gesichtspunkt des ›Heimatschutzes‹. Teilnehmen          Zeitpunkt möglich ist, zu den Fahnen zu eilen, ist jede Ein-
                            dunkle Sohle eines orangefarbenen Turnschuhs,                                      dargestellt – sei es bewusst oder unbewusst. Manche Berichte lesen sich           können alle zwischen 17 und 60 Jahren – sofern sie die all-       berufung freiwillig – es wird jedoch an das Pflichtbewusstsein
                            Kopf und Torso bleiben verdeckt. Hinter der                                        gar wie koloniale Reiseberichte.‹ Dies sei allerdings keineswegs ein auf          gemeine Tauglichkeitsuntersuchung bestehen. Geplant ist,          der Soldat*innen appelliert.
                            Person das weiß-türkisene Abbild eines Globus.                                     junge Freiwillige beschränktes Phänomen, sondern vielmehr Ausdruck                jeweils zu Beginn des Quartals eine neue Truppe auf den Weg          Doch grade der Bezug auf das Freiwillige Jahr stößt im
                            Einmal mit Anlauf rückwärts um die Welt                                            eines historisch gewachsenen Machtgefälles. Auch der sich als Infor-              zu schicken und so knapp 1000 Freiwillige im Jahr aufzuneh-       Zusammenhang mit dem Militär auf Unmut bei den Trägern,
                            drehen und dabei einen Fußabdruck hinter-                                          mations- und Austauschplattform für Freiwillige verstehende Verein                men. Am 6. April dieses Jahres haben die erste Rekrut*innen       die für den Bundesfreiwilligendienst und das Freiwillige Soziale
                            lassen?                                                                            Brückenwind bemängelt die fehlende Nachhaltigkeit der Projekte, das               ihren Dienst angetreten.                                          Jahr zuständig sind. Diese Freiwilligendienste sind Teil des
                                                                                                               Schaffen neuer Abhängigkeitsverhältnisse, die Unterhöhlung lokaler                    Das Bundeswehr-Jahr ist dabei in sieben Monate Präsenz-       bürgerschaftlichen Engagements der Zivilgesellschaft und
                            G E M E I N S A M F Ü R D I E E I N E W E LT ?                                     Organisationen und Strukturen sowie das Fehlen der für die Tätigkeits-            phase und fünf Monate Reservedienst eingeteilt, welcher           haben nichts mit militärischem Handeln zu tun. Nicht umsonst
                            Programme wie der im Jahr 2008 vom BMZ ins Leben gerufene entwick-                 felder eigentlich notwendigen Kompetenzen und Sensibilitäten.                     innerhalb der folgenden sechs Jahre verpflichtend abgeleistet     haben sich viele Träger der Freiwilligendienste für die
                            lungspolitische Freiwilligendienst weltwärts sind seit einigen Jahren eine                                                                                           werden muss. Die Rekrut*innen werden darauf geschult, im          Abschaffung der Wehrpflicht eingesetzt, so Andreas Rheinlän-
                             beliebte Option für junge Menschen, insbesondere Abiturient*innen                 AUSWEGE AUS DEM                                                                   Ernstfall Einrichtungen militärisch zu schützen, aber eben auch   der, Geschäftsführer des Sozialen Friedensdienst Bremen e.V.
                             zwischen 18 und 20 Jahren, die sich entscheiden, ein Gap Year einzulegen.                                                                                           in Krisensituationen – wie aktuell die Corona-Pandemie – l           Auf finanzieller Ebene haben die Programme noch weniger
                              Die in der Regel ein Jahr dauernden Programme werben damit, Menschen             ›WHITE SAVIOR COMPLEX‹?                                                           okal die ansässigen Hilfswerke zu unterstützen. Während der       gemein: Während der Bundesfreiwilligendienst in Deutschland
                              aus Deutschland, Asien, Afrika und Lateinamerika zusammenzubringen               Wie also umgehen mit dem hier zum Ausdruck kommenden ›White Savior                gesamten Dienstzeit steht es den Anwärter*innen offen, eine       mit 426 Euro vergütet wird, erhält man bei der Bundeswehr
                               und dadurch entwicklungspolitisches Engagement, Globales Lernen und             Complex‹ – dem westlichen Retter*innen-Narrativ, das dazu führt, dass             andere Laufbahn beim Bund einzuschlagen.                          knapp 1.400 Euro im Monat. Dazu wird jeder aktive Tag im
                               Begegnung auf Augenhöhe zu ermöglichen. Zu den Tätigkeitsfeldern                sich Menschen kraft Herkunft, Erziehung und (Aus-)Bildung in einem                    Damit aus den Rekrut*innen ›Heimatschützer*innen‹             Reservedienst mit mindestens 87 Euro vergütet, hochgerech-
                                zählen Bildungs- und Jugendarbeit, Not- und Übergangshilfe, Menschen-          Land des Globalen Nordens dazu berufen fühlen, in Ländern des globalen            werden, bekommen sie neben der dreimonatigen Grundausbil-         net auf einen Arbeitsmonat ist das etwa ein Gehalt von 1.700
                                 rechte und Demokratie, Gesundheit, Umweltschutz und Landwirtschaft.           Südens Volunteer- ›Entwicklungs- oder Hilfsarbeit‹ zu leisten, um die dort        dung noch eine Spezialausbildung. Hier erhalten sie unter dem     Euro. Ansonsten wirbt der Bund mit Slogans wie ›Stärkung
                                 Spezifischere Qualifikationen oder Vorerfahrungen in entsprechenden           Lebenden ›aufzuklären‹ und zu ›retten‹?                                           Schwerpunkt Objektschutz eine Waffenausbildung, die eine          des Allgemeinwohls‹ oder ›Schutz der Heimat als gesamtgesell-
                                  Praxisfeldern sind nicht erforderlich, eine Vor- und Nachbereitung              Vereine wie Glokal e.V. und Brückenwind setzen hier vor allem auf              Ausbildung an der Panzerfaust, sowie vertiefte Kenntnisse an      schaftliche Aufgabe‹ für den sozialen Aspekt des Dienstes.
                                  erfolgt in Seminaren.                                                        Denkanstöße und Bildungsräume, die die Analyse von Schieflagen in                 Handfeuerwaffen umfasst.                                              Wobei sich eine Frage für viele junge Menschen damit
                                       Trotz der im Einzelnen sehr unterschiedlichen Einsatzorte,              Nord-Süd-Organisationen ermöglichen und die Reflexion und Entwicklung                Am Ende der Ausbildung geht es für die Rekrut*innen für        automatisch stellt: Wieso noch als Freiwillige*r in zivilen Ein-
                                   Tätigkeitsfelder und Erlebnisse lassen sich die meisten Erfahrungs-         von Handlungsstrategien anstoßen sollen, um auf diese Weise eine                  ein Teilmodul in das jeweilige regionale Landeskommando, um       richtungen einen Dienst leisten, wenn ich dies beim Bund für
                                    berichte ehemaliger Freiwilliger mit ›An Grenzen stoßen, sich              allmähliche Transformation von Machstrukturen anzuregen.                          dort spezifisch für die betreffende Region auf Krisenfälle        mehr Geld machen kann? Die Bundeswehr selbst schreibt
                                    sprachlich und persönlich weiterentwickeln und sich an eine neue              Einen etwas anderen Vorschlag hat hingegen die Journalistin und                vorbereitet zu werden. Hier leisten sie in den folgenden Jahren   zwar in ihrem ›Q&A‹ zum Programm, sie wolle ›nicht […] den
                                     Lebenssituation anpassen‹ zusammenfassen. Zuweilen finden sich            Netzaktivistin Fabienne Sand: ›Wer helfen will […] spende doch bitte              zusammen mit anderen Rekrut*innen ihren Reservedienst ab.         Konkurrenzkampf um die Freiwilligen und Ehrenamtlichen
Fo to : Th om as Schäfe r

                                     auch nachdenkliche Worte über die Teilnahme an Freiwilligendiens-         direkt an die Kommunen, an lokale Initiativen und Projekte, die unabhän-          Diese Kompanien sind speziell auf Reservist*innen ausgelegt       schüren‹w, doch bei einem Pay-Gap von 1.000 Euro denkt man
                                      ten als Ausdruck der eigenen Privilegien oder die Erkenntnis, dass       gig der westlichen Hand funktionieren‹ und sich ›selbstständig um neue            und werden vornehmlich herangezogen, um die aktiven               schon zweimal nach, wo man sich bewirbt. Die Bezahlung gibt
                                       das eigene Engagement wohl kaum die Welt retten dürfte. Dabei           Arbeitskräfte und ausgebildetes Fachpersonal kümmern, ohne dass                   Truppen bei Schutz- und Sicherungsaufgaben zu entlasten.          einem das Gefühl einer gewissen Wertigkeit – und schon hier
                                       sei einer Analyse des Vereins glokal e.V. zufolge jedoch ›auffallend,   jemand um die halbe Welt fliegen muss‹.                                           Angestrebt ist mindestens eine Einberufung pro Jahr, um die       zeigt sich ein Problem, das im sozialen Bereich leider immer
                                                                                                                                                                                                 erlernten Kompetenzen für den Ernstfall zu erhalten.              wieder auftritt.
FREIWILLIG & ENGAGIERT - Schlachthof Bremen
HALB             10                                                                                                                                                                 11
         ZEIT
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                        FÜR STADTKULTUR

                                                                                                                         READER’S
                              b e n j a m i n m o l d e n h au e r                                                       CORNER
                              Drei Bücher zur Pandemie
                              Die Diskussion um die Corona-Maßnahmen lief lange          flüsse organisiert. Zugleich treten in der Krise die
                              polarisiert zwischen denen, die das Regierungshandeln      Widersprüche scharf zutage. Seeßlen: ›Freiheit (die
                              unterstützten, und freidrehenden Querdenkern. Dazu         subjektive Freiheit des Neoliberalismus) ist das
                              kamen die Stimmen, die aus ökonomischen Interessen         Gegenteil von Gerechtigkeit und Solidarität.‹ Wohlge-
                              Cafés, Geschäfte et cetera wieder weitgehend öffnen        merkt: Das liegt nicht in der Natur der Sache, sondern
                              oder einfach nur die schöne Normalität aus der Zeit vor    daran, dass in einer kapitalistisch verfassten Ökonomie
                              der Pandemie zurückhaben wollten. Analysen von             Solidarität und ›Freiheit‹ nicht zusammengehen,
                              Autor*innen, die die Notwendigkeit von Maßnahmen           sondern Gegensätze bleiben müssen.
                              anerkannten, aber trotzdem nicht vergessen haben,              Thomas Ebermann schließlich beschreibt die
                              dass der Staat nicht zum Wohle aller agiert, waren         Corona-Toten, die vermeidbar gewesen wären in sei-
                              selten (eine Ausnahme bildete die Initiative ZeroCovid).   nem Buch ›Störung im Betriebsablauf‹, als Tote, die
                                  Inzwischen sind einige Bücher erschienen, die eine     in gewisser Weise für die so weit wie möglich weiter
                              andere Perspektive vorschlagen. Der ziegelsteindicke       laufende Profitmaximierung und die Lieferketten
                              Band ›Die Welt nach Corona‹ ist die soweit ich sehe        geopfert wurden. Eine Politik, die Ausgangssperren
                              beste Einführung ins Thema. Die Kapitel beschäftigen       akzeptabel findet, so lange nur der Weg zur Arbeit
                              sich u.a. mit den auf Profitabilität getrimmten Gesund-    weiterhin möglich bleibt, findet ihre Entsprechung in
                              heitssystemen und den sozialen Ungleichheiten, die         der Verhärtung derer, die trotz allem weiter in die
                              dazu führen, dass Arme und Prekarisierte von dem           Büros und Produktionsstätten wollen. ›Das Bescheid-
                              Virus ungleich härter getroffen wurden und werden.         wissen darüber, dass es die Alten und Behinderten, die
                              Herausgeber D. F. Bertz gibt in seiner Einleitung eine     Obdachlosen und Ausgespuckten ohne hin häufiger
                              präzise Zusammenfassung der Geschehnisse bis Ende          trifft, tut das Übrige; es spiegelt die Verachtung der
                              2020 und kritisiert die Einseitigkeit der Regierungsmaß-   Leistungsschwachen.‹
                              nahmen im Wesentlichen am selben Punkt wie die                 Das Bild, das alle drei Bücher zeichnen ist düster.
                              ZeroCovid-Initiative: ›Ausgangssperren plus Arbeits-       Und leider realistisch
                              zwang sind epidemiologischer Klassenkampf von                  D.F. Bertz: Die Welt nach Corona. Von den Risiken
                              oben.‹ Die rund 50 Beiträge decken thematisch nahezu           des Kapitalismus, den Nebenwirkungen des Ausnah-
                              alles ab, was im Zusammenhang mit Corona disku-                mezustands und der kommenden Gesellschaft.
                              tiert wurde. Besonders klärend sind die Texte über die         Berlin: Bertz + Fischer 2021.
                              Situation in den nicht-europäischen Ländern, die               Georg Seeßlen: Coronakontrolle. Nach der Krise,

                                                                                                                                                              Fo to: Th om as S ch ä fe r
                              hierzulande in den Medien kaum präsent waren.                  vor der Katastrophe. Wien: bahoe books 2020.
                                  In Georg Seeßlens Essay ›Coronakontrolle‹ erscheint        Thomas Ebermann: Störung im Betriebsablauf.
                              die Corona-Krise als ein weiterer Schritt auf dem Weg          Systemirrelevante Betrachtungen zur Pandemie.
                              in eine Postdemokratie, in der der Staat nur noch die          Hamburg: Konkret Literatur Verlag 2021.
                              Voraussetzungen für möglichst reibungslose Kapital-

LOCOMOTIVE BREATH –                                                                              Garten Schloss Schönebeck
                                                                                                 Im Dorfe 3–5, 28757 Bremen
Eine Musikrevue                                                                                  Anmeldung erforderlich unter
                                                                                                 www.arbeitnehmerkammer.de/veranstaltungen

28. August 2021, 21 Uhr

                                                                                                                                      Fo to : T ho m as S chäfe r

Foto: Thomas Herbrich
FREIWILLIG & ENGAGIERT - Schlachthof Bremen
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   freizeit
                                                                                                                                                               0 2 JULI F R / / S C H L A C H T H O F                                                                      11 & 18 JULI S O / / S C H L A C H T H O F

                                                                                                                                                                                                                       Fo to : © M . H ein ke / Pip er Verla g
                                                                                                                                             Mohamed Amjahid:                                                                                                    Kindertheater
Endlich wieder                                                                                                M I 21 – S O 2 5 J U L I / /
                                                                                                                                             Der weiße Fleck
                                                                                                                                             LESUNG IN ›FRÖHLICHER‹ RUNDE
                                                                                                                                             Die Lesereihe ›In fröhlicher Runde‹ will nach Monaten mit sehr, sehr vielen
                                                                                                                                                                                                                                                                 in der Arena
                                                                                                                                                                                                                                                                 IM RAHMEN VON SOMMER SUMMARUM
                                                                                                                                                                                                                                                                 Der Kultursommer Summarum gehört zu den Ideen, mit denen 2020 auf
BREMINALE DEZENTRALE                                                                                                                         Online-Veranstaltungen die Begegnung zwischen Autor*innen und dem                                                   die Pandemie reagiert wurde und die hoffentlich auch in der Zeit nach
                                                                                                                                             Publikum wieder ermöglichen. Für den ersten Abend haben wir den Jour-                                               Corona erhalten bleiben werden. 2020 ging alles ganz schnell: Innerhalb
Die Geschichte der Breminale ist lang und bewegt. Und sie zeugt          Das Programm stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest,           nalisten Mohamed Amjahid eingeladen. Sein zweites Buch ›Der weiße                                                   von 14 Tagen wurde organisiert, wofür man sonst 14 Monate eingeplant
von der unerschöpflichen Kreativität der in den letzten dreißig wird aber ab dem 1. Juli online unter www.breminale-festival.de ab-          Fleck‹ zeigt mit Witz und analytischer Klarheit, was es heißt, als                                                  hätte, erzählte Organisatorin Renate Heitmann, die Leiterin der Shakes-
Jahren mehrfach wechselnden Veranstalterteams. Das Festival an rufbar sein. Aber die Spielorte sind bereits klar. Die FLUT-Bühne             Angehörige*r einer Minderheit in einer Gesellschaft zu leben, in der struk-                                         peare Company, damals dem Weser Kurier. ›Wir alle leben von unseren
der Weser, das es jährlich auf inzwischen über 200.000 Be- zum Beispiel wird im LichtLuftBad aufgebaut, Bremen NEXT be-                      tureller Rassismus ständig präsent ist, von vielen nicht direkt Betroffenen                                         Zuschauern‹, ergänzte ihr Kollege Peter Lüchinger. ›Aber das Publikum
sucher*innen bringt, gehört zu den schönsten in Norddeutschland. spielt die Pusdorf Studios, die Kinderbreminale findet im Sportgar-         aber nicht als solcher wahrgenommen wird.                                                                           braucht auch uns.‹ Und so fanden denn im Sommer 2020 erstaunlich viele
Und für alle offen ist es auch: Der Eintritt ist frei.                ten statt und der Sommerhafen am Hansator und die Arena des               Die Themen, über die Mohamed Amjahid schreibt, polarisieren, und er                                              Lesungen, Konzerte, Theaterperformances und Sonstiges unter freiem
   Zur Geschichte der Breminale gehören auch die Turbulenzen – Schlachthofs werden ebenfalls bespielt.                                       selbst tut es auch. Allerdings speist sich die Aufregung weniger aus dem                                            Himmel statt – wie Bremen überhaupt in dieser Zeit nicht nur bei der
das über viele Jahre wirklich legendär schlechte Wetter (2018            ›Breminale Dezentrale‹ heißt auch: Sollte die Infektionslage sich   Geschriebenen selbst, sondern aus den Empfindlichkeiten vieler biodeut-                                             Organisation der Impfzentren, sondern auch bei der Unterstützung und
musste gar ein Festivaltag wegen Unwetterwarnung vorzeitig been- wider Erwarten in den nächsten Wochen doch noch einmal ekla-                scher Leser*innen, die auf die Infragestellung des für sie Selbstverständli-                                        Ermöglichung von Kultur unter Pandemiebedingungen bundesweit auffäl-
det werden), finanzielle Schwierigkeiten und so weiter. Aber irgend- tant verschlechtern, können die Konzerte auch mit wenig bis gar         chen in vielen Fällen sehr aufgekratzt reagieren – in einer Zeit, in der die                                        lig gut organisiert war und ist. In diesem Jahr also wieder: an die frische
wie ist das Umsonst-und-draußen-Festival nicht kaputtzukriegen – keinem Publikum stattfinden und würden dann eben ›nur‹ übertra-             Sensibilität und das Bewusstsein auch für unterschwelligen Rassismus                                                Luft und rein ins Konzert.
auch durch eine Pandemie nicht. 2020 musste die Breminale wie gen werden. Aber auszugehen ist von Live-Konzerten. Wir erinnern               nicht nur bei der jüngeren Generation wächst. Zuletzt war wieder Aufre-                                                 Oder eben auch ins Theater: Der Schlachthof ist mit zwei Kinderthea-
so vieles ausfallen, jetzt geht es wieder los, mit einem an die neuen uns voller Wehmut: Menschen machen Musik und wir können ih-            gung auf Twitter, als die Bundeszentrale für politische Bildung den von                                             ternachmittagen in der Arena beim Sommer Summarum dabei. Am Sonn-
Bedingungen angepassten Konzept und unter dem Namen ›Bremi- nen dabei zuschauen, weil wir im selben Moment vor der Bühne                     Amjahid vorgeschlagenen Begriff ›Süßkartoffel‹ zitiert hat. Mit diesem ei-                                          tag, den 11. Juli steht das Clownstheater ›Kurt und Wilma gehen an Bord‹
nale Dezentrale‹. ›Wenn wir das Publikum nicht auf den Osterdeich- stehen. Es wird wirklich wieder Zeit. MARTIN STEINERT                     gentlich ja recht zärtlichen Wort sind Angehörige der deutschen Mehr-                                               auf dem Programm. Kurt und Wilma wollen verreisen. Sie wissen nicht
wiesen versammeln können, dann müssen wir es dort erreichen, ➟ Alle Infos unter: www.breminale-festival.de                                  heitsgesellschaft gemeint, die sich für Nichtweiße einsetzen. Die Bild-Zei-                                         wohin und vor allem auch nicht womit sie sich auf den Weg machen kön-
wo es sich unter Einhaltung von Hygiene- und Abstandregeln auf-                                                                              tung wurde aufmerksam und schlug Alarm. Es war wieder einmal ein                                                    nen. Zum Glück entdecken sie ein großes Papierboot. Mit Fantasie, Neu-
halten kann‹, schreibt das Team. ›Im Zweifelsfall ist das zu Hause,          Breminale Dezentrale in der Schlachthof-Arena                   larmoyantes Trauerspiel. Dabei ist es gar nicht so kompliziert: In ›Der wei-                                        gier und Unternehmungslust gelangen sie immerhin an Bord. Mal schauen,
auf dem Balkon, im Park mit Freunden, im Auto, auf der Arbeit.‹              Mi 21                        Fr 23                              ße Fleck‹ werden genau die blinden Flecken bestimmt, die nach wie vor                                               wohin die Reise geht. Das Stück ist für Kinder ab vier Jahren gedacht.
Heißt: In der Zeit vom 21. bis 25. Juli werden anstelle des Oster-           [unperformEigenproduktion]   Sparkasse in Concert/              geblieben sind. Und das Buch zeigt außerdem sehr konkret, wie erlernter                                                 Und am Sonntag, den 18. Juli spielt das Trio Schlösser/Röder/von
deichs Locations in der ganzen Stadt bespielt.                               Demarchie Rap-Oper           Bremen Zwei:                       Rassismus auch wieder verlernt werden kann.                                                                         Schönberg das für Kinder ab fünf Jahren konzipierte Tanztheaterstück
   Auch wenn an einigen Orten ein Zuschauer*innen-Beitrag ge-                in drei Akten                Wyvern Lingo (IRL)                                                                                                                                     ›Wenn Farben lebendig werden‹. Das Stück dreht sich um Fragen wie ›Was
                                                                                                                                                                                                   MARTIN STEINERT
nommen wird, bleibt das Konzept ›Umsonst & Draußen‹ so weit es               Do 22                        Sa 24                              ➟A
                                                                                                                                               rena, 20 Uhr // Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem                                                  macht Farbe mit mir?‹, ›Wie kommen Farben in unsere Welt?‹ und ›Wes-
geht erhalten: Alle Konzerte werden digital aufbereitet und über             Someday Jacob                Postford                            Bremer Rat für Integration und dem Focke Museum statt und                                                          halb fühlt sich Rot gefährlich an?‹. Im Anschluss an die Vorstellung ist eine
                                                                             Flo Mega                     Echoschleife
Internet-Showcases zur Verfügung gestellt, per Livestream. Alle,                                                                              wird gefördert im Rahmen von Neustart Kultur, von der Beauftragten                                                 Mitmachstation aufgebaut, das junge Publikum ist eingeladen, rund um
die nicht vor Ort sein können, können also trotzdem die Musik hö-                                         So 25                               der Bundesregierung für Kultur und Medien durch den Deutschen                                                      das Thema Farben zu experimentieren.
ren; alles, was von der Breminale an Melodie und Rhythmus ins                                             Goodyeah Collective                 Literaturfonds e.V.                                                                                                                                                       MARTIN STEINERT
                                                                                                          We had to Leave
Internet gespeist wird, wird auf der Festival-Website gebündelt.                                                                                                                                                                                                 ➟ Arena, 15 Uhr // Tickets und Infos: www.sommer-summarum.de
FREIWILLIG & ENGAGIERT - Schlachthof Bremen
14                                                                                                                                                                                                                                                                         15

                             freizeit                                                                                                                                                                                                                                                                                                    St re ik
                                    17 JULI SA / / S C H L A C H T H O F                                              13 AUG F R / / S C H L A C H T H O F

                                                                                                                                                                                                                     Filmfestival ›Hinschauen: Arbeit‹
                                                                                                                                                                                                                     100 Jahre Arbeitnehmerkammer Bre
                                                                                                                                                                                So rr y W e M
                                                                                                                                                                                              is se d Yo u
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  men
       We are One · World Music Night Mal Élevé                                                                                                                                       Zu ihrem Jubiläum hat die Bremer Arbeitnehmerkammer eine Reihe
         MIT DEM DAMASCUS STRING QUINTET                                                          R É S I STA N C E M O N D I A L E 2 0 21                                            mit Filmen auf die Beine gestellt, die vom Arbeiten erzählen. Es ist
                                                                                                                                                                                      schon auffällig, wie selten sich das Kino alles in allem mit Lohnarbeit
        Das 2015 in Berlin gegründete Damascus String Quintet ist das weltweit                    Siebzehn Jahre lang war Mal Élevé Frontmann der legendären und                      und Arbeitsverhältnissen beschäftigt hat. Und vielleicht nur dadurch                                                           Schlachthof
        erste syrische Streichquintett. Es führt neben klassischer Musik auch Wer-                schmerzlich vermissten Irie Révoltés. Die Heidelberger Band steht für po-           zu erklären, dass Kino immer auch als Freizeit und Entlastung nach
        ke syrischer Komponist*innen, traditionelle syrische, arabische und orien-                litisch bewusste, antifaschistische und dabei immer radikal partytaugli-            Feierabend funktionieren muss – man will nach der Schicht nicht                                                                                We ste rn
        talische Stücke sowie zeitgenössische Musik auf. Die Musiker*innen sind                   che Musik. Und Mal Élevé geht den mit seiner Ex-Band begonnenen Weg                 gleich die nächste Schicht auf der Leinwand sehen. Aber betrüblich
        außerdem Teil des Syrian Expat Philharmonic Orchestra, ein Orchester, de-                 auf seinem 2020 erschienenen Solo-Album ›Resistance Mondiale‹ konse-                ist es doch, weil damit ein zentraler (und sehr umkämpfter, konflikt-
        ren Mitglieder in der Europäischen Union und in der Diaspora als ›syrisches               quent weiter. Textlich sowieso, aber auch musikalisch: Versatzstücke aus            reicher) Teil des Lebens aus den Erzählungen ausgeschlossen wird.
        Exilorchester‹ leben. Das SEPO bringt 75 syrische Musiker*innen zusam-                    Reggae, Dancehall, HipHop und Punk werden zu einer beglückend-bro-                  Zumal unter den Filmen, die Maloche, Streik und Arbeitskampf
        men und versucht, die Musik des Landes angesichts der großen kulturellen                  delnden Mischung destilliert. Für ›Resistance Mondiale‹ gilt das gleiche            zeigen, sehr großartige Sachen dabei sind. Das Programm zum Ar-
        und zivilisatorischen Zerstörung in Syrien zu retten. Organisiert von der                 wie für Irie Révoltés: Fundamental neu ist das musikalisch nicht – aber             beitnehmerkammer-Jubiläum jedenfalls besteht nur aus Perlen. Und
        Gambian Charity Organisation e.V. und der Deutsch-Indischen Gesellschaft                  doch so durchschlagend und melodienreich, dass man bei jedem Stück                  im Anschluss gibt es Filmgespräche (wenn der Film zweimal gezeigt
        Bremen e.V.                                                     H A NS A S T              meint, man höre dergleichen zum ersten Mal.                   H A NS A S T          wird, immer bei der ersten Vorführung). Die Vorführungen finden im
       ➟ Arena, 20 Uhr // 		                                                                     ➟ Arena, 20 Uhr                                                                   CITY 46 /  Kommunalkino Bremen und in der Arena des Schlachthofs
                                             Im Rahmen von Neustart Programm, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.                               (in Kooperation mit der Medienwerkstatt) statt. Infos sind unter
                                                                                                                                                                                      www.arbeitnehmerkammer.de/filmreihe zu finden.

                                                                                                                                                                                     06 & 07 JULI Di & Mi                              19 AUG Do                                            24 & 25 AUG Di & Mi
                                                                                                                                                                                     A Fábrica de Nada Regie: Pedro Pinho              In den Gängen Regie: Thomas Stuber                   Hidden Figures –
Workshops im Sommer

                                                                                                                                                                                         Publikumsgespräch mit                            3   Arena Schlachthof, 21.30 Uhr                  Unerkannte Heldinnen Regie: Theodore Melfi
                             2 6 – 31 JULI MO–SA / / S C H L A C H T H O F                              0 2 – 0 6 AUG M O– F R / / S C H L A C H T H O F
                                                                                                                                                                                         Benjamin Moldenhauer (Z-Magazin)                                                                      Publikumsgespräch mit
                                                                                                                                                                                                                                       20 AUG Fr
                      Music Camp for Kids                                                        Farbklang Dschungel                                                                     3 CITY 46 / Kommunalkino Bremen,
                                                                                                                                                                                                                                       Western Regie: Valeska Grisebach
                                                                                                                                                                                                                                                                                               Mechthild Schrooten (HS Bremen)
                                                                                                 Graffiti-Workshop für Jugendliche                                                       Di 20 Uhr / Mi 18 Uhr                                                                                 3 CITY 46 / Kommunalkino Bremen,
                      Für Kinder zwischen 11 und 14 Jahren                                                                                                                                                                                3   Arena Schlachthof, 21.30 Uhr
                                                                                                 Manche Menschen hören Töne und sehen gleichzeitig Farben. Oder sie                                                                                                                            Di 20 Uhr / Mi 18 Uhr
                      Für alle, die Musik cool finden und selbst gerne einmal in einer Band                                                                                                                  A F á b r i ca de Na da
                      spielen wollen. Und die Zeit und Lust haben, Gitarre, Schlagzeug,          sehen Farben und haben einen besonderen Geschmack im Mund. Was sich                                                                   21 AUG Sa
                                                                                                                                                                                                                                                                                            7 SEP Di
                      Bass und Gesang auszuprobieren oder auch noch mehr dazulernen              merkwürdig anhört, nennt sich Synästhesie. In dem ›Farbklang Dschungel‹-                                                              Arbeiten für Deutschland –
                                                                                                                                                                                                                                                                                            Arbeit in Bremen Regie: Daniel Tilgner
                      wollen. Wer zwischen 11 und 14 Jahren alt ist, kann sich anmelden –        Workshop können die Teilnehmer*innen gemeinsam mit Stefanie Beulshau-                                                                 Ein Stahlwerk und ›seine‹ Ausländer
                                                                                                                                                                                                                                                                                               Im Anschluss Gespräch mit dem Regisseur
                      ganz egal, ob solo oder in einer Band, mit oder ohne Vorerfahrung. In      sen und Johannes Graf in ein Klangbild eintauchen, die Wechselwirkung                                                                 Regie: Ulrich Scholz/Eike Hemmer
                                                                                                                                                                                                                                                                                               3 CITY 46 / Kommunalkino Bremen, 20 Uhr
                      Kooperation mit: ›Die Friese e.V.‹                                         zwischen Gehörtem, Gesehenem und Gefühltem erforschen und das Ergeb-                                                                  Merhaba mein Stahl –
                      ➟ Alle weiteren Infos findet ihr unter www.schlachthof-bremen.de          nis mit Dosen, Pinsel und Rollen an die Wand bringen. Teilnehmen können                                                               Deutsche und Türken auf der Klöckner                 21 & 22 SEP Di & Mi
                                                                                                 Jugendliche ab 11 Jahren. Der Workshop findet täglich von 10 bis 15 Uhr                                                               Stahlhütte in Bremen                                 Jede Menge Kohle Regie: Adolf Winkelmann
                                                                                                 statt. Der Workshop findet in Kooperation mit dem KUBO e.V. statt.                                                                    Regie: Ulrich Scholz/Eike Hemmer                        Im Anschluss Gespräch mit dem Regisseur
                             0 9 – 13 AUG MO–FR / / S C H L A C H T H O F                                                                                                                                                              Heimaterde Regie: Orhan Çalışır und
                                                                                                 ➟ Anmelden kann man sich unter www.kubo.de.                                                                                                                                                  3 CITY 46 / Kommunalkino Bremen,
                      frei raus! – Klappe, die Zweite                                                                                                                                                                                  Dirk Meißner. Publikumsgespräch mit den                 Di 20 Uhr / Mi 18 Uhr
                                                                                                                                                                                     27 & 28 JULI Di & Mi                              Regisseuren Ulrich Scholz und Orhan Çalışır
                      Kurzfilm-Workshop für Jugendliche                                             2 3 – 2 7 AUG M O– F R / / G Ü T E R B A H N H O F                               Workingman’s Death                                                                                     12 & 13 OKT Di & Mi
                                                                                                                                                                                                                                          3 Arena Schlachthof, 21 Uhr
                      Der erste frei-raus-Workshop 2021 der Medienwerkstatt fand in den
                      Osterferien statt und war ein voller Erfolg. Auch in der zweiten Auflage
                                                                                                 Ist das Müll oder kann das weg?                                                     Regie: Michael Glawogger                                                                               Streik Regie: Stéphane Brizé
                                                                                                                                                                                        Publikumsgespräch mit Gertraud                                                   I n den G ä ngen      Publikumsgespräch mit Ute Buggeln
                      werden die Teilnehmer*innen in fünf Tagen die verschiedenen Aspekte        Skulpturen-Workshop für Jugendliche
                                                                                                                                                                                       Gauer-Süß (BIZ)                                                                                         (IG Metall Vorsitzende)
                      des Filmschaffens, von der Idee bis zum fertigen Film, kennenlernen:       Kann man mit kaputtem Spielzeug, ausrangierter Kleidung und überflüssi-
                                                                                                                                                                                        3 CITY 46 / Kommunalkino Bremen,                                                                       3 CITY 46 / Kommunalkino Bremen,
                      Wie man eine spannende Geschichte erfindet, ein kleines Drehbuch           ger Deko noch irgendetwas anfangen? Na klar! Was einem im Kopf umher-
                                                                                                 schwirrt, kann mit Materialien jeglicher Art sichtbar gemacht werden – ob              Di 20 Uhr / Mi 18 Uhr                                                                                  Di 20 Uhr / Mi 18 Uhr
                      schreibt, Kamera und Regie führt oder eine Rolle spielt. Das alles ler-
                      nen die Teilnehmer*innen bei der gemeinsamen Produktion eines Kurz-        das ein Garten, eine Geisterbahn, eine Modekollektion oder die Architek-            10 & 11 AUG Di & Mi                                                                                    19 & 20 OKT Di & Mi
                      films, der am Ende des Workshops Premiere vor Eltern, Geschwister          tur der Zukunft ist. Im Workshop mit Anja Fußbach und Frank Bertodi wird            Sorry We Missed You Regie: Ken Loach                                                                   Losers and Winners
                      und Freund*innen feiern wird. Teilnehmen können alle, die zwischen         erforscht, wie vermeintlicher Abfall für künstlerische Arbeit genutzt werden            Publikumsgespräch mit                                                                                 Regie: Ulrike Franke und Michael Loeken
                      14 und 16 Jahren alt sind. Der Workshop findet täglich von 10 bis 16       kann. Teilnehmen können Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren. Der                      Thomas Warner (ver.di) und                                                                            Publikumsgespräch mit Klaus Hering
                      Uhr statt. Teilnahmegebühr: 70 und 120 € (nach Selbsteinschätzung),        Workshop findet täglich von 10 bis 16 Uhr statt. Teilnahmegebühr: 80 und                Marion Salot (Arbeitnehmerkammer)                                                                     (Betriebsratsvorsitzender) und Michael Loeken
                      ermäßigt bei 40 €. Finanziell unterstützt von der Sparkasse Bremen.        120 € (nach Selbsteinschätzung),ermäßigt bei 40 €.                                      3 CITY 46 / Kommunalkino Bremen,                                                                      3 CITY 46 / Kommunalkino Bremen,
                      ➟ Interessierte können sich bis zum 28. Juli unter medien@schlachthof-    ➟ Anmeldung bis zum 11. August unter medien@schlachthof-bremen.de
                                                                                                                                                                                         Di 20 Uhr / Mi 18 Uhr                                                                                 Di 20 Uhr / Mi 18 Uhr
                         bremen.de oder telefonisch unter 0421/3777533 anmelden.                    oder unter 0421/3777533. // Gefördert von Aktion Mensch
FREIWILLIG & ENGAGIERT - Schlachthof Bremen
JULI/AUGUST 2021                                     schlachthof
                                                                                                       JULI
                                                                                             Fr 02 Lesung in ›fröhlicher‹ Runde:
                                                                                                   | Mohamed Amjahid | Arena, 20 Uhr
                                                                                             So 11 Kurt und Wilma gehen an Bord
                                                                                                         | Kindertheater | Arena, 15 Uhr
                                                                                             Sa 17 Damascus String Quintet (DSQ)
                                                                                                         We are One – World Music Night |
                                                                                                         Arena, 20 Uhr
                                                                                            So 18 Wenn Farben lebendig werden …
                                                                                                         | Tanztheater für Kinder | Arena, 15 Uhr
                                                                                            Mi 21 Breminale Dezentrale
                                                                                               bis Mi 21 [unperformEigenproduktion] Demarchie Rap-Oper in drei
                                                                                            So 25 Akten | Do 22 Someday Jacob / Flo Mega
                                                                                                         | Fr 23 Wyvern Lingo (IRL) | Sa 24 Postford/Echoschleife
                                                                                                         | So 25 Goodyeah Collective / We had to Leave | Arena
                                                                                           Mo 26 Music Camp for Kids | Workshop für
                                                                                              bis
                                                                                           Sa 31 Jugendliche von 11–14 Jahren
                                                                                                                AUGUST
                                                                                           Mo 02 Farbklang Dschungel | Graffiti-Workshop
                                                                                               bis
                                                                                            Fr 06 | Außengelände, 10 bis 15 Uhr
                                                                                           Mo 09 frei raus! | Filmworkshop
                                                                                               bis
                                                                                            Fr 13 | Außengelände, 10 bis 16 Uhr
                                                                                             Fr 13 Mal Élevé | Konzert | Arena, 20 Uhr
                                                                                            Do 19 In den Gängen | Open-Air-Kino im Rahmen des
                                                                                                          Festivals ›Hinschauen: Arbeit!‹ | Arena, 21.30 Uhr
                                                                                             Fr 20 Western| Open-Air-Kino im Rahmen des Festi-
                             i st das mü l l oder ka n n da s weg ?
                             s k u l ptu r e n - wor kshop 23. –27. August
                                                                                                         vals ›Hinschauen: Arbeit!‹ | Arena, 21.30 Uhr
                                                                                            Sa 21 Arbeiten für Deutschland
                                                                                                          Ein Stahlwerk und ›seine‹ Ausländer / Merhaba mein Stahl –
                                                                                                          Deutsche und Türken auf der Klöckner Stahlhütte in
                                                                                                          Bremen / Heimaterde // Open-Air-Kino im Rahmen des
                                                                                                          Festivals ›Hinschauen: Arbeit!‹ | Arena, 21 Uhr

                                                                                           Mo 23 Ist das Müll oder kann das weg?
                                                                                               bis
                                                                                            Fr 27 | Skulpturen-Workshop | Güterbahnhof,
                                                                                                         10 bis 16 Uhr
fre i raus !
film wor k s h o p   0 9 .– 13 . Aug u st                                                   Sa 28 We are One | World Music Night
                                                                                                         | Arena, 20 Uhr
    // I M P R E S S U M
                                                                                                                                                                            Schlachthof
   Hera usgebe r : Kulturzentrum Schlachthof e.V., Findorffstraße 51, 28215 Bremen, Büro: Mo–Fr: 10–19 Uhr, Fon: 04 21/37 77 50, Fax: 3 77 75 11, zett@schlachthof-bremen.de,
   Z-Magazin im Internet: www.schlachthof-bremen.de Re d a kt i on : Gudrun Goldmann (V.i.S.d.P.) c/o. Kulturzentrum Schlachthof e.V., Findorffstraße 51, 28215 Bremen,
   Jörg Möhlenkamp, Benjamin Moldenhauer, Marlis Schuldt G ra f i s ch e G estalt ung: Jörg Möhlenkamp, Marlis Schuldt B e i t r ä ge : Hans Ast, Nicole Moosmüller, Sina Poppe,
   Nona Reinke, Martin Steinert F o t o s / I l l u st r a t i o n : Thomas Schäfer (Titel), Bjørg Rühs (Kulturgut), Holger Anklam, Breminale Marco Fischer, M. Heinke, Falko Hönisch,
   Beate C. Köhler, F. Müller, Thomas Schäfer | Die Bildrechte liegen, wenn nicht anders vermerkt, bei den Künstlern/Veranstaltern/Urhebern Nament lich gekennzeichnete
                                                                                                                                                                                          Z-Magazin
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