Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa - Positionspapier zur Europawahl 2019 - EPN ...
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Impressum Herausgeber: Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e. V. (VENRO) Stresemannstr. 72 10963 Berlin Telefon: 030/2 63 92 99-10 Fax: 030/2 63 92 99-99 E-Mail: sekretariat@venro.org Internet: www.venro.org Mit Beiträgen von: Lukas Goltermann, Dr. Sonja Grigat, Sven Harmeling, Dr. Pedro Morazán, Bodo von Borries Redaktion: Anke Kurat, Claus Körting Endredaktion: Janna Völker Fotonachweis: Craig Stennett/Alamy Stock Foto Layout: just in print Druck: dieUmweltDruckerei GmbH Auflage: 1.500 Exemplare Diese Broschüre wurde klimaneutral mit Druckfarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe auf 100 % Recyclingpapier gedruckt. Nachdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers Berlin, April 2019 Dieses Positionspapier wurde im Rahmen des VENRO-Projekts Agenda 2030 entwickelt. Dieses ist gefördert durch Engagement Global mit Mitteln des BMZ.
Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa 3 Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa Positionspapier zur Europawahl 2019 Am 26. Mai 2019 wählen die Bürgerinnen und Bürger Uns ist es ein zentrales Anliegen, nationale Egois- in Deutschland für die kommenden fünf Jahre ein neues men zu überwinden und den europäischen Einigungspro- Europäisches Parlament. Seit der letzten Europawahl im zess weiter voranzubringen. Das Europäische Parlament als Jahr 2014 hat sich global, regional und national viel ver- einzige direkt gewählte Institution der EU sollte gestärkt ändert. Auf internationaler Ebene haben die Agenda 2030 werden und das Recht erhalten, eigene Gesetzesvorschläge für nachhaltige Entwicklung, das Pariser Klimaabkommen einzubringen. und die Globalen Pakte zu Migration und Flucht neue Rah- Zu den Herausforderungen gehört auch, dass die EU menbedingungen für die multilaterale Zusammenarbeit ihrer globalen Verantwortung gerecht wird. Im Vertrag von geschaffen. Auf regionaler Ebene schwächen der Austritt Lissabon, der Anfang Dezember 2009 in Kraft trat, hat die Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) und die EU die weltweite Beseitigung der Armut als eines ihrer Ziele Uneinigkeit der Mitgliedsstaaten im Umgang mit Flucht und formuliert. Die europäische Entwicklungspolitik ist der Migration den Integrationsprozess. Selbst in einem großen Armutsbekämpfung fest verpflichtet. Bei der Erarbeitung und bisher stabilen Mitgliedsstaat wie Frankreich wachsen der Agenda 2030 mit ihren globalen Zielen für nachhaltige die gesellschaftlichen Spannungen – auch aufgrund von so- Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) und zialer und wirtschaftlicher Ungleichheit. des Pariser Klimaabkommens hat die EU eine positive und Die erstarkten rechtspopulistischen Strömungen auf vorwärtsweisende Rolle gespielt. Sie hat gezeigt, dass sie ge- nationaler Ebene schüren Fremdenfeindlichkeit, Abschot- meinsame Positionen zu zentralen Zukunftsfragen finden tung und Nationalismus und agitieren gegen die Gleichstel- kann. Doch leider mangelt es an der praktischen Umsetzung lung der Geschlechter. Zentrale europäische Werte wie Tole- beider Abkommen. Statt sie zu befördern, konterkarieren ranz und Weltoffenheit werden infrage gestellt, die Wahrung die EU und auch ihre Mitgliedsstaaten mit ihrer Politik oft- der Menschenrechte und der Grundfreiheiten versteht sich mals die nachhaltigen Entwicklungsziele. VENRO erwartet nicht mehr von selbst, die Prinzipien von Demokratie und von den neu gewählten Mitgliedern des Europäischen Parla- Rechtstaatlichkeit sind in Gefahr. Damit steht die EU vor ments, dass sie sich für ein nachhaltiges, faires und solida- großen Herausforderungen. Die Wahl zum Europäischen risches Europa einsetzen. Die folgenden zehn Kernthemen Parlament ist eine Richtungsentscheidung. sind dabei für uns zentral. 1. Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung umsetzen 2. Migrationspolitik menschenwürdig ausrichten 3. Militarisierung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik stoppen 4. Humanitäre Hilfe stärken 5. Klimagerechtigkeit umsetzen 6. Agrar- und Handelspolitik entwicklungsfördernd gestalten 7. Wirtschaft, Arbeit und Soziales an den Menschenrechten ausrichten 8. Rechte von Frauen, Kindern, Menschen mit Behinderungen und Minderheiten durchsetzen 9. EU-Beitrag zur Finanzierung nachhaltiger Entwicklung sichern 10. Zivilgesellschaftliche Organisationen stärken
4 Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa 1 Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung umsetzen Eine erfolgreiche Umsetzung der Agenda 2030 setzt voraus, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT dass nachhaltige Entwicklung das Leitbild aller relevanten SOLLTE SICH FÜR FOLGENDES EINSETZEN: politischen Organe und Institutionen auf europäischer Ebene ist. Um die globalen Entwicklungsziele zu erreichen, ist eine gute Koordination zwischen den EU-Institutionen Eine neue EU-Nachhaltigkeitsstrategie zur Umsetzung der und den Mitgliedsstaaten notwendig. Gemeinsam müssen Agenda 2030 mit Maßnahmen und Indikatoren muss er- Union und Mitgliedsstaaten in allen Politikfeldern die Um- arbeitet und umgesetzt werden. setzung der SDG stärken und potenzielle negative ökologi- sche, soziale und ökonomische Wirkungen von EU-Politi- Der Jahreswachstumsbericht der EU soll durch einen »Jah- ken identifizieren und vermeiden. resbericht über die nachhaltige Entwicklung« ersetzt wer- Dafür reichen die existierende EU-Nachhaltigkeits- den, der Prioritäten für die EU und deren Mitgliedsstaaten strategie und die Strategie Europa 2020 für Wachstum und für das kommende Jahr identifiziert. Beschäftigung nicht aus. Denn obwohl sie zusammen auf eine nachhaltige Entwicklung der EU abzielen, hat die poli- Die EU und ihre Mitgliedsstaaten müssen dafür Sorge tische Praxis gezeigt, dass die ökonomischen Ziele oftmals tragen, dass durch ihre politische Praxis andere Länder zulasten der ökologischen und sozialen Ziele vorangetrie- in keiner Hinsicht eingeschränkt oder daran gehindert ben wurden. werden, eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Um Der Europäische Konsens über die Entwicklungs- dies sicherzustellen, muss die EU exante Folgenabschät- politik von 2017 enthält ein klares Bekenntnis zur Umset- zungen der von ihr initiierten Maßnahmen vornehmen zung der Agenda 2030. Darin wird eine gemeinsame Vision und im Rahmen ihrer Umsetzung regelmäßig deren ent- entwickelt, wie Armut beseitigt und eine nachhaltige Ent- wicklungsrelevanten Wirkungen prüfen. wicklung verwirklicht werden kann. Die EU trägt aufgrund ihrer wirtschaftlichen und politischen Macht eine große Verantwortung für die Überwindung globaler Probleme wie sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit, Armut und Ungerechtigkeit. Der Kampf gegen den Klimawandel sowie die Schaffung von Geschlechtergerechtigkeit gehören zu ihren internationalen Kernaufgaben. Allzu oft untergräbt vor allem die EU-Agrar- oder Handelspolitik aber immer noch die eigenen entwicklungspolitischen Zielsetzungen.
Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa 5 2 Migrationspolitik menschenwürdig ausrichten Der Umgang mit den globalen Flucht- und Migrations- DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT bewegungen kann nur im Rahmen multilateraler Zusam- SOLLTE SICH FÜR FOLGENDES EINSETZEN: menarbeit geregelt werden. Im Dezember 2018 wurden auf UN-Ebene zwei neue globale Rahmenwerke verabschiedet: der »Globale Pakt für Flüchtlinge« und der »Globale Pakt Die EU-Institutionen müssen sich für die Einhaltung der für sichere, geordnete und reguläre Migration«. Im Vorder- Menschenrechte und der Prinzipien der Genfer Flücht- grund des Pakts für Migration stehen der Schutz und die lingskonvention sowohl in der EU als auch in den Her- Sicherung der Menschenrechte von Migrant_innen. Um kunfts- und Transitländern einsetzen. Das Prinzip der eine gesamteuropäische Migrationspolitik und damit ein- Nicht-Zurückweisung in ein Land, in dem Gefahr für Leib heitliche Mindeststandards zu erreichen, ist es wichtig, dass und Leben besteht, ist Kernbestandteil der Genfer Flücht- alle EU-Mitgliedsstaaten den UN-Migrationspakt unter- lingskonvention, der Anti-Folter-Konvention sowie der Eu- stützen und umsetzen. ropäischen Menschenrechtskonvention und gilt in glei- Nach wie vor existieren keine einheitlichen europäi- cher Weise für Migrant_innen. schen Migrations- und Asylsysteme. Bestehende Regelungen, wie die Aufnahmerichtlinien der EU, werden nur teilweise Im Sinne der Globalen Pakte für Flüchtlinge und Migration durch die Mitgliedsstaaten umgesetzt. Faire Asylverfahren sollte sich die EU im Rahmen eines zukünftigen gemeinsa- sowie der Zugang zu Verfahrens- und Sozialrechten sind auf men Asylsystems für einheitliche verbindliche Schutzstan- nationaler Ebene nicht gesichert. Darüber hinaus gehen den dards einsetzen. Die EU muss Geflüchteten und Migrant_ Migrant_innen und Geflüchteten Entwicklungschancen, wie innen an ihren Außengrenzen Zugang zu fairen Verfahren beispielsweise Möglichkeiten für Aus- und Weiterbildung gewährleisten, unabhängig vom jeweiligen Status. Men- und der Erwerbstätigkeit, verloren. Dadurch bleiben auch schen, die zu Land und zur See in Not geraten, müssen Chancen für die Wirtschaft und die Gesellschaft – sowohl gerettet werden. Zivilgesellschaftliche Seenotrettung darf der Aufnahme- als auch der Herkunftsländer – ungenutzt. weder kriminalisiert noch verhindert werden. Des Weiteren sollte sich die EU von einer Migrati- onspolitik distanzieren, die zu Menschenrechtsverletzungen Die Koppelung von Mitteln der Entwicklungszusammen- führt. Die Vergabe von Mitteln der Entwicklungszusam- arbeit an stärkere Grenzkontrollen und Durchsetzung von menarbeit an Herkunfts- oder Transitländer von Migrant_ Rücknahmeübereinkommen, wie im Rahmen des EU-Treu- innen darf nicht an Grenzkontrollen und -schließungen zur handfonds für Afrika, muss beendet werden. Migrationsabwehr gekoppelt werden, sondern muss der Überwindung von Armut und Ungleichheit dienen.
6 Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa 3 Militarisierung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik stoppen Die Identität der EU als ziviles Friedensprojekt, das über- DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT wiegend auf präventive Diplomatie und Friedensförderung SOLLTE SICH FÜR FOLGENDES EINSETZEN: setzt, ist in Gefahr. Nach dem aktuellen Stand sind im nächs- ten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021 Die Mittel im neuen Mehrjährigen Finanzrahmen 2021– bis 2027 Ausgaben in Höhe von 19,5 Milliarden Euro im 2027 für zivile, vorbeugende Maßnahmen der Friedens- Rahmen eines europäischen Verteidigungsfonds und erst- förderung, für Vorbeugung von Gewaltkonflikten, Krisen- mals für Maßnahmen »militärischer Mobilität« geplant. Da- reaktion, zivile Konfliktbearbeitung und Friedenskonsoli- mit wurde der bereits 2017 eingerichtete Verteidigungsfonds dierung dürfen nicht gekürzt, sondern müssen aufgrund erheblich ausgebaut, um gemeinsame Rüstungsprojekte zu des wachsenden weltweiten Bedarfs gegenüber dem vor- realisieren. Die Ausgaben im Bereich der zivilen Krisen- herigen Finanzrahmen verdoppelt werden. prävention und Friedensförderung sollen dagegen um etwa 60 Prozent im Vergleich zum laufenden Finanzrahmen ge- Maßnahmen, die sicherheitspolitischen Interessen der kürzt werden und nur noch eine Milliarde Euro betragen. EU dienen, dürfen nicht auf Kosten der Entwicklungs- Ebenfalls mit großer Sorge beobachten wir, dass zusammenarbeit finanziert werden. Militärhilfe darf immer mehr Finanzmittel der offiziellen Entwicklungs- nicht als ODA deklariert werden. Mehr Transparenz zusammenarbeit (Official Development Assistance, ODA) über die EU-Militär- und Sicherheitsausgaben ist not- zugunsten der EU-Außen- und Sicherheitsinteressen ver- wendig. Die zusätzliche Finanzierung militärischer Aus- ausgabt werden. Wichtigstes Beispiel dafür sind die Mittel rüstung und Ausbildung darf nicht auf Kosten der Mit- des bereits genannten EU-Treuhandfonds für Afrika. Die tel für Konfliktprävention und Friedensförderung gehen. Maßnahmen haben einen starken Fokus auf Migrations- management und sicherheitspolitische Aktivitäten – wie etwa die Ausbildung der libyschen Küstenwache. Die Bei- träge der EU-Mitgliedsstaaten für diesen Fonds sind aber als ODA-Mittel ausgewiesen und müssen darum der Beseiti- gung von Armut und Hunger, dem Aufbau von Demokratie und rechtsstaatlichen Strukturen sowie der Umsetzung der Agenda 2030 dienen.
Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa 7 4 Humanitäre Hilfe stärken Weltweit steigt der humanitäre Bedarf kontinuierlich, vor DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT allem aufgrund langanhaltender Gewaltkonflikte und schwe- SOLLTE SICH FÜR FOLGENDES EINSETZEN: rer Verletzungen des humanitären Völkerrechts. Die Euro- päische Kommission ist ein anerkannter und verlässlicher Europäische Initiativen müssen ergriffen werden, um das humanitärer Geber. Der Europäische Konsens für Huma humanitäre Völkerrecht zum Schutz der Zivilbevölkerung nitäre Hilfe von 2007 bietet nach wie vor die Grundlage für und der humanitären Helfer_innen zu stärken und den eine effektive und prinzipienorientierte humanitäre Ant- Druck auf Verantwortliche zu erhöhen, energisch gegen wort auf aktuelle Gewaltkonflikte und Naturkatastrophen. Verletzungen des humanitären Völkerrechts vorzugehen. Die Europäische Kommission möchte einen eigenen Titel für humanitäre Hilfe beibehalten. VENRO begrüßt dies als Die Unabhängigkeit der humanitären Hilfe von außenpoli- unerlässliche Voraussetzung für eine wirkungsvolle humani- tischen oder migrationspolitischen Zielen muss gesichert täre Hilfe, die unabhängig von außenpolitischen Interessen bleiben. ist. Im neuen EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021–2027 hat die Europäische Kommission eine Erhöhung der Mittel für Die finanzielle Förderung im Mehrjährigen Finanzrahmen humanitäre Hilfe von sieben Milliarden auf elf Milliarden muss gemäß dem humanitären Bedarf über die bisher ge- Euro vorgeschlagen. Dies ist ein wichtiges Signal, reicht aber planten elf Milliarden Euro hinaus auf den geschätzten angesichts des weltweit steigenden Bedarfs nicht aus. Darü- Bedarf von 12,5 Milliarden Euro gesteigert werden und ber hinaus wird der Zugang zu EU-Mitteln für kleinere und auch in Zukunft für kleinere und mittlere nichtstaatliche mittelgroße humanitäre Organisationen aufgrund bürokra- Organisationen zugänglich bleiben. tischer Vorgaben und mangelnder Bearbeitungskapazitäten bei der Generaldirektion Humanitäre Hilfe und Katastro- phenschutz (DG ECHO) erschwert.
8 Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa 5 Klimagerechtigkeit umsetzen Im Kampf gegen den Klimawandel stehen die EU-Mit- DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT gliedsstaaten als eine Gruppe von Hauptverursachern in der SOLLTE SICH FÜR FOLGENDES EINSETZEN: Pflicht. Sie müssen ihre Treibhausgase reduzieren und die Menschen in armen Ländern unterstützen, die besonders Die EU sollte die Umsetzung von Klimaschutzmaßnah- unter den Folgen des Klimawandels leiden. men umgehend stärker vorantreiben und zudem ihr ei- Im Rahmen des Pariser Klimaabkommens hatte sich genes Klimaschutzziel für 2030 sowie das Langfristziel an- die EU ursprünglich das Ziel gesetzt, bis 2030 die Treib- spruchsvoller formulieren. Sie sollte eine Verringerung hausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um mindestens der klimaschädlichen Emissionen von 65 Prozent bis 2030 40 Prozent zu reduzieren. Durch jüngste Beschlüsse des sowie hin zu Treibhausgasneutralität bis 2040 auf Mach- Europäischen Parlaments und der Mitgliedsstaaten zu barkeit prüfen. Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz kann bei deren vollständiger Umsetzung bereits eine Verringerung Die EU muss ihren Beitrag zur Klimafinanzierung weiter um 45 Prozent bis 2030 erreicht werden. Zudem hatte das erhöhen und konsequenter auf Anpassungsmaßnahmen, Europäische Parlament im März 2019 beschlossen, eine Ver- insbesondere für die ärmsten Länder, ausrichten. Es soll- ringerung um 55 Prozent zu fordern. Allerdings wird auch ten neue Finanzquellen – wie zum Beispiel Abgaben aus dieses Ziel aus der Sicht von Expert_innen als nicht aus- dem Flugverkehr oder auf die Exploration fossiler Ener- reichend eingeschätzt, um einen fairen europäischen Beitrag gien – erschlossen werden, um die wachsenden Klima- zur Einhaltung der 1,5-Grad-Celsius-Grenze zu leisten. Aus schäden in Entwicklungsländern zu bewältigen. diesem Grund erachtet der europäische NRO-Dachverband Climate Action Network Europe eine Reduzierung der Die EU-Haushalte für die Jahre 2021–2027 sollten sich kon- Emissionen um 65 Prozent für notwendig. Dringend not- sequent an den vereinbarten Klimazielen ausrichten und wendig zur Umsetzung eines solchen Szenarios sind nun damit auch eine klimafreundliche Wirtschaftsentwicklung belastbare sozioökonomische Machbarkeitsstudien. Neben vorantreiben. Klimaschädliche Subventionen für fossile dem übergeordneten Verminderungsziel bleibt die Stärkung Energien sind konsequent abzuschaffen. bestehender und Entwicklung weiterer Umsetzungsinstru- mente von großer Bedeutung. Beim UN-Klimagipfel in Kopenhagen Ende 2009 ha- ben die Industrieländer zugesagt, die internationale Klima- finanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr anzuheben. Diese wichtige Verpflichtung ist auch im Pariser Klimaschutzabkommen und in den SDG fest verankert. Al- lein die Kosten für die Anpassung an den Klimawandel in den Entwicklungsländern könnten allerdings bis 2030 auf 170 bis 230 Milliarden US-Dollar pro Jahr steigen. Die Lü- cke zwischen den erteilten Zusagen und dem Finanzbedarf für Anpassungsmaßnahmen bleibt groß. Das Europäische Parlament fordert zudem, durch innovative Finanzierungs- quellen im Rahmen des sogenannten »Warschau-Mechanis- mus« zusätzliche Gelder zu generieren. Diese Institution hat die UN-Staatenkonferenz 2013 für den Umgang mit Schä- den und Verlusten durch den Klimawandel eingerichtet.
Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa 9 6 Agrar- und Handelspolitik entwicklungsfördernd gestalten Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) gehört mit einem DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT Anteil von 40 Prozent am Haushalt zu den wichtigsten SOLLTE SICH FÜR FOLGENDES EINSETZEN: Politikfeldern der EU. Über ihre Direktzahlungen an euro- päische Landwirt_innen hat sie dazu beigetragen, dass die Die EU muss mit ihrer Politik das Recht auf Nahrung in- EU Exportweltmeister für Nahrungsmittel in die Entwick- ternational durchsetzen. Die zukünftige Gemeinsame lungsländer ist. Das hat deutlich negative Auswirkungen, Agrarpolitik (GAP) muss deshalb negative Effekte durch beispielsweise für die Geflügel- oder Milchwirtschaft in Direktzahlungen, Sozial- und Umweltdumping oder un- Westafrika. Kleinbäuerinnen und Kleinbauern können dort terhalb der Erzeugungskosten liegende Erzeugerpreise mit den verbilligten Produkten aus Europa nicht konkurrie- vermeiden. Es sollten offizielle Beschwerdemechanismen ren und verlieren dadurch häufig ihre Lebensgrundlagen. geschaffen werden, zu denen Produzent_innen und Ver- Gleichzeitig importieren die EU-Mitgliedsländer in gro- braucher_innen aus den Ländern Zugang haben, die von ßem Umfang Lebens- und Futtermittel aus dem globalen schädlichen EU-Exporten betroffen sind. Das GAP-Mo- Süden, wie beispielsweise Soja, Palmöl und Avocado. Durch nitoringsystem muss präziser auf die gefährdeten land- ihren Anbau in monokulturellen Plantagen mit enormem wirtschaftlichen Sektoren in Entwicklungsländern zuge- Wasserverbrauch belasten sie die Umwelt und schaden der schnitten werden, die durch EU-Exporte besonders be- kleinbäuerlichen Landwirtschaft. Auch verschärft der hohe droht sind. Importbedarf die Problematik der oft illegalen Aneignung von Land durch wirtschaftlich oder politisch durchset- Die EU sollte ihre Handels- und Investitionsabkommen zungsstarke Akteure (»Land Grabbing«). dergestalt reformieren, dass sie die Menschenrechte, Ar- Handel sollte ein Motor für nachhaltige Entwicklung beitsrechte und die Umwelt schützen. Hierfür muss sie werden. Die EU-Handelspolitik wird diesem entwicklungs- auch Partnerländern deutlich mehr Schutzmöglichkeiten, fördernden Anspruch allerdings bisher nicht gerecht. Dafür insbesondere für Agrarprodukte und damit für die klein- sind insbesondere die Wirtschaftspartnerschaftsabkom- bäuerliche Produktion, einräumen. men (Economic Partnership Agreements, EPA) mit den Staaten Afrikas, des Karibik- und des Pazifikraums (AKP) Die EU-Handelspolitik muss die Wertschöpfungsketten verantwortlich. Denn die AKP-Länder sind aufgrund der in armen Ländern und Regionen stärken und beschäfti- Liberalisierungsklauseln in den EPAs verpflichtet, für etwa gungswirksame Maßnahmen fördern, die zu einer Steige- 80 Prozent ihrer Importprodukte die Zölle mittelfristig ab- rung von existenzsichernden Einkommen führen, insbe- zuschaffen. Das lässt angesichts der Übermacht der EU kei- sondere auf dem Land. Deshalb sollte sie unter anderem nen ausreichenden Spielraum für den notwendigen Schutz die Erarbeitung der Freiwilligen Leitlinien für Ernährungs- der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion in systeme und Ernährung der UN bis zum Jahr 2020 finan- den AKP-Ländern. Der spezielle EPA-Schutzmechanismus ziell und inhaltlich unterstützen. greift nur bei plötzlichen Importfluten, nicht bei einer kon- tinuierlichen Verdrängung.
10 Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa 7 Wirtschaft, Arbeit und Soziales an den Menschenrechten ausrichten Europäischen Unternehmen kommt durch die Globalisie- DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT rung von Wertschöpfungsketten bei der Wahrung der Men- SOLLTE SICH FÜR FOLGENDES EINSETZEN: schenrechte eine wichtige Rolle zu. Internationale Normen und Regeln – wie die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Die EU muss sich konstruktiv in die Debatte um ein ver- Menschenrechte und die OECD-Leitlinien für multina- bindliches Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrech- tionale Unternehmen – sollen Menschenrechtsverstöße in ten im Rahmen der UN (UN-Treaty-Prozess) einbringen, Drittstaaten verhindern. Leider sind diese Leitlinien völker- um Unternehmen für Menschenrechtsverstöße im Aus- rechtlich nicht verbindlich. Bei den Verhandlungen über ein land haftbar zu machen. Betroffenen ist der Zugang zu völkerrechtlich verbindliches UN-Abkommen zu Wirtschaft Gerichten in den Herkunftsstaaten der Unternehmen zu und Menschenrechten tritt die EU bislang als Blockierer auf. erleichtern. Menschenrechte müssen im Völkerrecht Vor- Hinzu kommt, dass sie immer noch keinen Aktionsplan zur rang vor Investitions- und Handelsabkommen haben. Umsetzung der UN-Leitprinzipien vorgelegt hat. Die EU hat im September 2016 den Europäischen Zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Investitionsplan (EIP) als Bestandteil ihrer Entwicklungszu- Menschenrechte muss die EU einen eigenen Aktionsplan sammenarbeit ins Leben gerufen. Über den dort angesiedel- erarbeiten. Bestandteil des Aktionsplans sollten sekto- ten Europäischen Fonds für Nachhaltige Entwicklung Plus rale Verordnungen zur menschenrechtlichen und ökolo- (European Fund for Sustainable Development Plus / EFSD+) gischen Sorgfalt in Lieferketten sein, wie es sie für Kon- werden Investitionen von europäischen Unternehmen in fliktrohstoffe bereits gibt. Eine eigene EU-Verordnung Entwicklungsländern gefördert. Dieser Fonds erleichtert sollte die Mitgliedsstaaten zur Verabschiedung von Ge- in erster Linie europäischen Unternehmen die Zugänge zu setzen zur menschenrechtlichen und ökologischen Sorg- Märkten und Rohstoffen und schützt Investoreninteressen. falt der Unternehmen in ihren Wertschöpfungsketten Verpflichtende Maßnahmen zur Einhaltung grundlegender verpflichten. Menschenrechte und ökologischer Mindeststandards fehlen bisher. Die Europäische Kommission sollte eine Folgenabschät- Angesichts der verstärkten Förderung von privat- zung für entwicklungspolitische und menschenrechtliche wirtschaftlichen Investitionen in Entwicklungsländern über Wirkungen des EFSD+ durchführen. die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit müssen die damit verbundenen Risiken stärker in den Blick genom- ODA-Mittel, die zur Wirtschaftsförderung eingesetzt men werden. Privatwirtschaftliches Engagement ist keines- werden, sollten in erster Linie die kleinen und mittleren wegs zwingend mit armutsmindernden Wirkungen oder Unternehmen mit Sitz und Ursprung in Entwicklungslän- nachhaltiger Entwicklung verbunden. Gleichzeitig bleiben dern unterstützen und sozial- und umweltverträgliche Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen sowie Umwelt- Wirtschaftsaktivitäten fördern. schäden für Unternehmen häufig ohne Folgen.
Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa 11 8 Rechte von Frauen, Kindern, Menschen mit Behinderungen und Minderheiten durchsetzen Im Lissaboner Vertrag und der Grundrechtecharta ver- DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT pflichtet sich die EU zur Geschlechtergerechtigkeit und SOLLTE SICH FÜR FOLGENDES EINSETZEN: zum Schutz von Kinderrechten sowie den Rechten von Menschen mit Behinderungen. Zudem gehören die Rechte Die EU sollte wirkungsvolle Überprüfungsmechanismen von älteren Menschen und der Schutz von Minderheiten wie entwickeln, die sicherstellen, dass die Rechte von Frauen, Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intersexuellen Kindern, Menschen mit Behinderungen und LSBTI-Men- Menschen (LSBTI) zu den Grundwerten der EU. Es ist nicht schen in Programmen der Entwicklungszusammenarbeit hinnehmbar, dass Menschenrechte und Schutzstandards in und der humanitären Hilfe integriert sind und umgesetzt einigen EU-Mitgliedsländern sowie in Partnerländern der werden. EU durch populistische und nationalistische Parteien unter Druck geraten. Die systematische und konsequente Umsetzung des GAP Mit dem »Gender Action Plan« (GAP II) verfügt II durch alle Akteure und Instrumente der EU, vor allem die EU über ein starkes Instrument zur Förderung von Ge- durch die EU-Delegationen vor Ort, muss verstärkt wer- schlechtergerechtigkeit. Die Reichweite des Aktionsplans den. Die Programme, die über das neue Instrument für erstreckt sich auf alle Bereiche des auswärtigen Handelns. »Nachbarschaft, Entwicklung und internationale Zusam- Zwischenergebnisse zeigen allerdings, dass der GAP II de menarbeit« im Finanzrahmen 2021–2027 umgesetzt wer- facto nur geringe Wirkungen auf Politikbereiche wie Han- den sollen, müssen gendergerecht gestaltet werden. del, Energie und Migration hat. Außerdem scheint die EU beim Monitoring bislang eher darauf zu achten, Aktivitäten Die EU muss in ihrer Entwicklungszusammenarbeit und mit Gender-Bezug zu zählen, als deren Wirkung und damit humanitären Hilfe konsequent die Belange von Menschen qualitativen Wert zu messen. mit Behinderungen als Querschnittsthema umsetzen. Die EU hat die UN-Behindertenrechtskonvention ra- tifiziert und sich bereits 2015 der ersten Prüfung durch den Die EU muss sicherstellen, dass Kinderrechte effektiv in Fachausschuss zur Umsetzung der Konvention gestellt. Im allen Gesetzen sowie den Sektoren und Programmen Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik ver- der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären pflichtet sich die EU zur inklusiven Umsetzung der Agenda Hilfe integriert sind und entsprechend umgesetzt werden. 2030. Damit sind sehr gute Rahmenbedingungen geschaf- Dafür ist eine adäquate Finanzierung in allen EU-Instru- fen. Jedoch bleibt die EU in der Praxis deutlich hinter den menten erforderlich sowie eine Ausweisung des Finan- selbst gesteckten Zielen zurück. zierungsanteils. Die Rechte von Kindern sind in der UN-Kinder- rechtskonvention festgeschrieben. In vielen Partnerländern der EU stellen Kinder und Jugendliche die Mehrheit der Bevölkerung. Ihre Rechte werden aber in Bereichen wie Bil- dung, Gesundheit und Bewahrung der Umwelt ungenügend berücksichtigt. Oft werden Kinder zu Opfern von Gewalt im häuslichen Umfeld sowie im Kontext von Krisen und Konflikten.
12 Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa 9 EU-Beitrag zur Finanzierung nachhaltiger Entwicklung sichern Die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung erfolgt unter DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT anderem über Beiträge der öffentlichen Entwicklungszu- SOLLTE SICH FÜR FOLGENDES EINSETZEN: sammenarbeit (ODA) der EU-Mitgliedsstaaten und über Steuereinnahmen der Partnerländer, insbesondere durch Die EU muss ihrer Verpflichtung nachkommen, 0,7 Pro- die Unternehmensbesteuerung. In diesen Bereichen kann zent des BNE für die öffentliche Entwicklungszusammen- die EU deutlich mehr tun, um die Finanzierung nachhalti- arbeit und davon 0,15 bis 0,2 Prozent des BNE für die ger Entwicklung in ihren Partnerländern im globalen Süden Unterstützung der ärmsten Länder bereitzustellen. zu sichern. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben sich zuletzt Durch EU-Mittel unterstützte Unternehmen müssen in den mit der Addis-Abeba-Aktionsagenda im Jahr 2015 inter- Ländern im globalen Süden Steuern zahlen, in denen sie national verpflichtet, 0,7 Prozent ihres Bruttonationalein- ihre Gewinne erwirtschaften. Die EU muss Steuervermei- kommens (BNE) als ODA und davon 0,15 bis 0,2 Prozent dung unterbinden, indem sie für transparente Unterneh- des BNE für die am meisten von Armut betroffenen Länder mensbilanzen sorgt. (Least Developed Countries, LDC) bereitzustellen. Im Jahr 2017 entsprach die ODA der EU und ihrer Mitgliedsstaaten Die EU muss dem Steuerwettbewerb Einhalt gebieten, zusammen 0,5 Prozent des EU BNE. Auch bei der öffentli- indem sie sich für verbindliche Mindeststeuersätze für chen Unterstützung der am meisten von Armut betroffenen Unternehmensgewinne einsetzt und diese weltweit ein- Länder erreicht die EU nicht ihre Zusagen. Sie lag im Jahr fordert. 2016 bei 0,11 Prozent des EU BNE. Die Einnahmen aus der Unternehmensbesteuerung sind eine wesentliche Grundlage für die Bereitstellung staatlicher Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit in den Entwicklungsländern. Die EU muss deshalb dafür sorgen, dass Unternehmen, die mithilfe von EU-Mitteln Investitionen in Partnerländern tätigen, dort auch Steuern für ihre erwirtschafteten Gewinne zahlen. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten tragen eine Mitverantwortung für man- gelnde öffentliche Daseinsvorsorge und Infrastruktur, weil sie Steuervermeidung und Steuerwettbewerb nicht wirksam bekämpfen. Entwicklungsländern fehlen dadurch Mittel für die Armutsbekämpfung.
Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa 13 10 Zivilgesellschaftliche Organisationen stärken Zivilgesellschaftliche Organisationen spielen eine zentrale DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT Rolle bei der Schaffung demokratischer, gerechter und in- SOLLTE SICH FÜR FOLGENDES EINSETZEN: klusiver Gesellschaften. In politischen Prozessen üben sie wichtige Kontrollfunktionen aus und verleihen auch Men- Die EU muss ihre Außenbeziehungen kohärent an De- schen eine Stimme, die sonst kein Gehör finden oder be- mokratie und Menschenrechten ausrichten. Verbind- sonders schutzbedürftig sind. Auch die Agenda 2030 betont liche Prüfverfahren, beispielsweise eine menschenrecht- die besondere Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure, um die liche Risikofolgeabschätzung, müssen sicherstellen, UN-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und um nach dem dass politische Entscheidungen und Maßnahmen auf Leitmotiv der Agenda »Niemanden zurücklassen« zu han- europäischer Ebene Menschenrechte und zivilgesell- deln. schaftliche Handlungsräume in anderen Ländern nicht Der Atlas der Zivilgesellschaft von 2019 stellt fest, negativ beeinflussen. dass inzwischen zivilgesellschaftliche Akteure in 111 Län- dern von Repressionen und Gewalt betroffen sind. Dies Die EU muss die systematische Umsetzung der EU- trifft sogar auf einige Mitgliedsstaaten der EU zu. Gerade Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_ benachteiligte Gruppen und Menschenrechtsverteidiger_ innen durch ihre EU-Delegationen sicherstellen. Dies innen sind von Hetzkampagnen, Bedrohungen, willkürli- muss unter anderem durch systematische Kontakte, chen Verhaftungen und Gewalt betroffen. Darüber hinaus regelmäßige Berichte und Erarbeitung lokaler Strate- wird die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen durch gien in allen Bereichen der EU-Außenpolitik geschehen. Gesetze eingeschränkt und durch bürokratische Auflagen Außerdem muss die EU darauf hinwirken, dass Verfah- behindert. Grundlegende Menschenrechte werden durch ren der Visavergabe für gefährdete Aktivist_innen be- Antiterrorismus-, Sicherheits- und NRO-Gesetze oder auch schleunigt und vereinfacht werden. Ein regelmäßiger Änderungen im Strafrecht verletzt. Austausch der EU-Delegationen mit Organisationen und Akteur_innen der lokalen Zivilgesellschaft muss etab- liert werden. NRO- und zivilgesellschaftliche Initiativen in Partner- ländern der EU müssen so gefördert werden, dass sie auch bei gezielten Einschränkungsversuchen arbeitsfä- hig bleiben. Hierzu bedarf es sowohl flexibler Verfahren als auch verstärkter institutioneller Förderungen. Die Förderung von NRO muss auch in Zukunft die Arbeit zur politischen Willensbildung und die Zusammenarbeit in Netzwerken ermöglichen. Europäische Nichtregierungsorganisationen in der Ent- wicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe müs- sen vor staatlichen Maßnahmen geschützt werden, die darauf abzielen, ihre Handlungsfähigkeit einzuschrän- ken oder ihre Arbeit zu diffamieren.
VENRO ist der Dachverband der entwicklungspolitischen und humanitären Nicht- regierungsorganisationen (NRO) in Deutschland. Der Verband wurde im Jahr 1995 gegründet. Ihm gehören aktuell rund 140 Organisationen an. Sie kommen aus der privaten und kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit, der Humanitären Hilfe sowie der entwicklungspolitischen Bildungs-, Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit. Das zentrale Ziel von VENRO ist die gerechte Gestaltung der Globalisierung, ins- besondere die Überwindung der weltweiten Armut. Der Verband setzt sich für die Verwirklichung der Menschenrechte und die Bewahrung der natürlichen Lebens- grundlagen ein. VENRO • vertritt die Interessen der entwicklungspolitischen und humanitären NRO gegenüber der Politik • stärkt die Rolle von NRO und Zivilgesellschaft in der Entwicklungspolitik und Humanitären Hilfe • vertritt die Interessen der Entwicklungsländer und armer Bevölkerungsgruppen • schärft das öffentliche Bewusstsein für entwicklungspolitische und humanitäre Themen VENRO – Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen www.venro.org
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