Geschlechtsspezifische Aspekte bei der koronaren Herzkrankheit
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Leitthema Bundesgesundheitsbl 2014 K.-H. Ladwig1,2 · C. Waller3 DOI 10.1007/s00103-014-2020-6 1 Institut für Epidemiologie, Helmholtz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Institut für Epidemiologie-II, Mental Health Research Unit, Neuherberg © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 2 Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München 3 Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Ulm, Klinische Molekulare Psychosomatik, Ulm Geschlechtsspezifische Aspekte bei der koronaren Herzkrankheit Das hohe durchschnittliche Manifesta Frauen und Männern mit Blick auf wich liegenden Beitrag auch geschlechtsspezifi tionsalter für Infarkte bei Frauen und die tige KHK-Behandlungsaspekte erhebli sche Besonderheiten in der Symptomver daraus resultierende vergleichsweise ge che Ungleichgewichte gab [2−8]. Bereits arbeitung und -perzeption besprochen, ringe Prävalenz weiblicher Infarktpatien 1 Jahrzehnt nach der Aufforderung, einer und es wird deren Einfluss auf die aku ten in den mittleren Lebensaltern war möglichen systematischen, geschlechts te Infarktsituation beschrieben. Die dann über einen langen Zeitraum die Ursache spezifischen Unterversorgung von Frau folgenden Abschnitte behandeln die Fra dafür, dass den möglichen geschlechts en in der akuten und langfristigen Versor ge, ob es zwischen Männern und Frauen bedingten Unterschieden in der Ausprä gung der KHK mehr Aufmerksamkeit zu Unterschiede in der Akutversorgung und gung und im Verlauf der koronaren Herz widmen, mehrten sich die Hinweise von im Behandlungsverlauf gibt. Dabei wird erkrankung (KHK) in der klinischen For Experten, die solche Versorgungsunter der Bedeutung der KHK-Rehabilitation schung wenig Aufmerksamkeit gewidmet schiede für nicht mehr relevant hielten. in besonderer Weise Rechnung getragen. wurde. Frauen waren als Probanden in Weiterhin solle aber die Berücksichti der anwendungsbezogenen Herz-Kreis gung geschlechtsspezifischer Unterschie Geschlechtsunterschiede in lauf-Forschung bis in die 1990er-Jahre de in allen Aspekten der KHK dringend Prävalenz und Inzidenz der KHK hinein nur ungenügend vertreten. Damit Beachtung finden (vgl. z. B. das Editorial blieb auch die erhebliche diagnostische von K. Orth-Gomer [9]). Das Risiko, an einer koronaren Herzer und therapeutische Unterversorgung Der folgende Beitrag gibt eine knapp krankung zu sterben, ist für Frauen ins weiblicher Patienten mit Herz-Kreislauf- gefasste Übersicht über die wichtigen ge gesamt höher als für Männer [10]. Aller Erkrankungen unbemerkt. Ein berühmt schlechtsspezifischen Aspekte bei der Ent dings ist bei ihnen das Manifestationsalter gewordenes Editorial von Bernadine Hea stehung und beim Verlauf der KHK. Dar (weitgehend bedingt durch den prämeno ly, der ersten weiblichen Direktorin des gelegt werden die Unterschieden in der pausalen Hormonschutz) gegenüber dem US-amerikanischen National Institute of Prävalenz, Inzidenz und im Manifestati bei Männern um ca. 10 Jahre in die hö Health (NIH), im New England Journal of onsalter der KHK sowie morphologische heren Altersgruppen hinein verschoben. Medicine im Jahr 1991 [1] markierte dann und physiologische Unterschiede zwi Dieser ausgeprägte Alterseffekt bedingt, den Wendepunkt. „The problem is to con- schen Frauen- und Männerherzen. Auch dass das Risiko, an einer koronaren Herz vince both the lay and medical sectors that bei den klassischen somatischen Risiko erkrankung zu sterben, für Männer im Al coronary heart disease is also a women’s di- faktoren, die das Auftreten einer KHK ter von unter 65 Jahren in hochindustri sease, not a man’s disease in disguise.“ Den begünstigen, existieren hinsichtlich ih alisierten Ländern etwa 3- bis 4-mal hö Kerngedanken des Editorials fasste Hea rer Häufigkeit und klinischen Bedeutung her ist als das für gleichaltrige Frauen. In ly mit dem Begriff des Yentl-Syndroms zu geschlechtsspezifische Besonderheiten. der Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen sammen, der besagt, dass eine Frau erst Gleiches gilt für die psychosozialen Ri ist dieses Risiko für Männer sogar um einmal beweisen muss, dass sie Män siko- und für die chronischen Stressfak den Faktor 5,6 (95 %-KI: 4,9–6,6) erhöht nern gleichwertig ist, bevor sie die glei toren, die vor dem Manifestwerden der [11]. Allerdings ist die Prognose nach ei che Behandlung erfährt [1]. Eine wichti Erkrankung einwirken. Mit dem Näher ner KHK bei jungen Frauen schlechter ge Konsequenz daraus war, dass Anträge rücken eines akuten Koronarereignisses als bei Männern im vergleichbaren Alter zur Forschungsförderung durch das NIH kommen viele Patienten in eine vulnera [10]. Nach der Menopause (die im Durch ausdrücklich beide Geschlechter einbe ble Phase, in der sie Krankheitssymptome schnitt im Alter von etwa 50 Jahren ein ziehen mussten. Auf diese Weise gewan entwickeln, die aber häufig nicht als spe tritt) steigt die Inzidenz für kardiovasku nen Forschungsbemühungen besondere zifische Krankheitszeichen gedeutet wer läre Ereignisse bei Frauen linear an, und Bedeutung, die zeigten, dass es zwischen den. Aus diesem Grund werden im vor schon ab dem 55. Lebensjahr versterben Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz X · 2014 | 1
Leitthema 1,400 ren können [15]. Frauen mit stabiler KHK 1,234 Männer Frauen weisen im Vergleich zu Männern blande re Koronarbefunde auf, und sie leiden we Altersstandardisierte Fallzahl je 100.000 1,200 niger häufig an hochgradigen Koronarste 1,000 nosen sowie an Mehrgefäßerkrankungen. 915 885 853 818 Diese bedeutsamen pathophysiologischen 787 779 763 Unterschiede stehen bei Frauen in einem Einwohner 800 730 753 direkten Zusammenhang mit einer gerin 600 554 534 515 geren Zahl an Koronarinterventionen und 485 461 453 440 443 Bypassoperationen [19]. 400 Weibliche Patienten mit instabiler An gina pectoris sind im Vergleich zu männ 200 lichen Patienten – unabhängig von vorlie genden Risikofaktoren – besser vor einem 0 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Myokardinfarkt und vor Tod geschützt Jahr [20]. Bei prämenopausalen Frauen findet sich beim akuten Koronarsyndrom eher Abb. 1 8 Diagnosedaten der Krankenhäuser ab 2000 – ICD 10: 120–125 Ischämische Herzkrankheiten eine Plaqueerosion, während es bei Män nern und postmenopausalen Frauen eher bereits wesentlich mehr Frauen an einer Patienten in allen Jahresstratifizierungen zu einer Plaqueruptur kommt [21]. Diese Herz-Kreislauf-Erkrankung als an Brust in etwa gleich geblieben ist. Diese Zah Beobachtungen legen die Vermutung na krebs [12]. len deuten darauf hin, dass ischämische he, dass sich die Plaques bei Frauen mor Anhand der Daten des MONICA- Ereignisse bei älteren und hochbetagten phologisch von denen bei Männern un Herzinfarkt-Registers Augsburg unter Frauen häufiger tödlich verlaufen und da terscheiden oder dass das thromboge suchten Löwel et al. [13] die zeitlichen her nicht mehr zu Behandlungstagen im ne Potenzial selbst in sehr ähnlichen Lä Trends (1985–1998) bei der Morbidi Krankenhaus führen. sionen bei Frauen höher ist als bei Män tät, Mortalität und der 28-Tage-Letalität nern [22]. durch plötzlichen Herztod/akuten Herz Morphologische und Neben den morphologischen Auffäl infarkt in der Bevölkerung. Die KHK- physiologische Unterschiede ligkeiten zeigen sich auch funktionelle Morbidität je 100.000 Einwohner nahm zwischen weiblichen und Unterschiede. Die weibliche myokardia im analysierten Zeitraum bei Männern männlichen Herzen le Mikrozirkulation ist im Vergleich zur von 560 Infarkten auf 397 Infarkte und bei männlichen durch eine Dysfunktiona Frauen von 161 Infarkten auf 145 Infarkte Auf morphologischer, anatomischer so lität gekennzeichnet, die in einer einge ab, die Mortalität reduzierte sich von 317 wie physiologischer Ebene existieren be schränkten reaktiven Vasodilatation re auf 232 Infarkte bei Männern und von 101 merkenswerte Unterschiede zwischen sultiert. Frauen leiden häufiger als Män auf 96 Infarkte bei Frauen. Bei Männern Frauen- und Männerherzen, die u. a. ner an Angina pectoris durch Koronar nahmen sowohl die Inzidenz als auch die Konsequenzen für klinisch-therapeuti spasmen der myokardialen Mikrozirkula Re-Infarktrate, bei Frauen nur die Re-In sche Entscheidungen in der herzchirurgi tion [23, 24]. Diese Störung in der mikro farktrate ab. Unverändert verstarb ein schen Fachdisziplin haben: Im Vergleich vaskulären Reaktivität könnte der Stress Drittel der Erkrankten prähospital und zu männlichen erhalten weibliche Patien kardiomyopathie zugrunde liegen, an der zumeist zu Hause [13]. ten z. B. nur zu ca. 60–75 % einen Arteria- in erster Linie Frauen erkranken [25]. Nach der aktuellsten Krankenhaus- mammaria-interna (IMA)-Bypass-Graft. Betrachtet man das rechte Herz, so Diagnosestatistik (2012) werden in Grund hierfür ist ihr kleinerer (IMA)-Ge finden sich auch dort bedeutsame Ge Deutschland jährlich etwa 222.600 Frau fäßdurchmesser [15]. Dieser könnte zum schlechtsunterschiede. Frauen zeigen en und 443.000 Männer wegen einer „Is Teil die bei Frauen gezeigte erhöhte Mor niedrigere rechtsventrikuläre Massen und chämischen Herzkrankheit“ stationär in talität nach einer Bypassoperation bedin Volumina bei jedoch höherer rechtsven Akutkliniken behandelt (I20-I25) [14]. gen [16, 17]. Auch werden für Frauen klei trikulärer Auswurffraktion [26]. Frauen Die . Abb. 1 zeigt die Diagnosedaten der nere Koronargefäßdiameter berichtet so herzen haben darüber hinaus eine bessere Krankenhäuser in Deutschland für die wie eine für Frauen typische, häufiger Fähigkeit, sich an die protektive übungs Jahre 2000 bis 2012 als altersstandardi linksbetonte Koronargefäßerkrankung induzierte myokardiale Hypertrophie an sierte Daten je 100.000 Einwohner [14]. [18]. Strukturell zeigen Frauen eine dif zupassen [27]. Allein diese geschlechts Die Abbildung verdeutlicht, dass die In fuse Lokalisation der Atherosklerose so spezifischen Unterschiede bedingen, dass zidenzen über diesen Zeitraum für beide wie eine höhere Gefäßsteifigkeit elasti Frauen und Männerherzen anders er Geschlechter deutlich abgenommen ha scher Arterien wie der Aorta, woraus eine kranken und gesunden. ben, dass aber das Geschlechtsverhältnis vermehrte Fibrosebildung und ein damit mit über ein Drittel mehr männlichen verbundenes Gefäßremodeling resultie 2 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz X · 2014
Zusammenfassung · Abstract Geschlechtsunterschiede in der Bundesgesundheitsbl 2014 DOI 10.1007/s00103-014-2020-6 Prävalenz und prognostischen © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Bedeutung der somatischen K.-H. Ladwig · C. Waller Risikofaktoren für eine KHK Geschlechtsspezifische Aspekte bei der koronaren Herzkrankheit Für Frauen und Männer sind gleicherma Zusammenfassung ßen das Rauchen, der Bluthochdruck, die Die Gesamtzahl an koronarbedingten Todes- tiven Symptombelastung. Angststörungen Fettstoffwechselstörung, der Typ-2-Dia fällen ist bei Frauen trotz eines um ca. 10 Jah- und Depression sind bei Frauen häufiger, ihr betes-mellitus (T2DM) und das Überge re höheren mittleren durchschnittlichen Ma- Einfluss auf die KHK aber vermutlich geringer. wicht (Adipositas) die wichtigen soma nifestationsalters höher als bei Männern. Je- Der postakute Krankheitsverlauf der KHK ist tischen Risikofaktoren für eine koronare doch kommen etwa doppelt so viele Män- bei Frauen komplikationsreicher, insbeson- ner wie Frauen wegen einer ischämischen dere weil weibliche KHK-Patientinnen älter Herzerkrankung [15]. Allerdings existie koronaren Herzkrankheit (KHK) jährlich zur und multimorbider sind. Während männliche ren bedeutsame Geschlechtsunterschie akutstationären Aufnahme. Zwischen Frau- KHK-Patienten eine möglichst schnelle Gene- de mit Blick auf die Häufigkeit und kli en- und Männerherzen existieren auf mor- sung, körperliche Fitness und eine Erhöhung nische Bedeutung einzelner Risikofakto phologischer und physiologischer Ebene be- der Lebenserwartung anstreben, wünschen ren. In diesem Zusammenhang spielt die merkenswerte Unterschiede (z. B. Koronar- sich Frauen eher eine Entlastung vom Alltag, Menopause eine ganz zentrale Rolle. Hor gefäßdiameter; belastungsabhängige Ener- den Erhalt der Unabhängigkeit und emotio- gie-Substratverfügbarkeit). Bedeutsame Ge- nale Unterstützung. monelle Störungen (späte Menarche, frü schlechtsunterschiede finden sich auch in der he Menopause, unregelmäßiger Menstru Häufigkeit und der klinischen Bedeutung ein- Schlüsselwörter ationszyklus) werden sowohl als Marker zelner Risikofaktoren (z. B. beim Rauchen). Koronare Herzerkrankung · für eine metabolische Störung bei Frau Nach der Menopause steigt das Körperge- Geschlechtsunterschiede · en angesehen [28] als auch per se für ein wicht bei Frauen deutlich an, und es kommt Manifestationsalter · Koronargefäßdiameter · bei ihnen zu einer eher androiden Fettvertei- Risikofaktorenverteilung · Rauchen · erhöhtes kardiovaskuläres Risiko verant lung. Frauen berichten im Allgemeinen hö- Androide Fettverteilung · Symptomschwere · wortlich gemacht [29]. here Werte in der unspezifischen und affek- Angst · Depression · Therapieerwartung Rauchen. Männer in allen Altersklassen sind häufiger Raucher, und unter regel Gender-specific aspects of coronary heart disease mäßigen Rauchern rauchen Männer sig Abstract nifikant mehr Zigaretten als Frauen [30]. The total number of deaths from cardio- more from anxiety and depression than men; Allerdings ist der schädigende Effekt des vascular diseases (CVD) is greater for wom- however, the secondary impact on CVD on- Rauchens bei Frauen stärker ausgeprägt en than for men, although the mean age at set may be less pronounced. The post-acute als bei Männern. In einer Metaanalyse manifestation of CVD is about 10 years older. CVD course is more complicated in wom- However, the annual number of cases treat- en, mainly because they are older and suffer [31] konnte gezeigt werden, dass das re ed for CVD in acute hospital settings in men more from multi-morbidity. Whilst male CVD lative Risiko, eine koronare Herzerkran exceeds that of women by 50 %. Remark- patients aim for a rapid recovery, physical fit- kung zu entwickeln, bei rauchenden Frau able gender differences exist in terms of mor- ness and an increased life expectancy, female en um 25 % gegenüber dem bei rauchen phological and physiological conditions (e.g. patients seek relief from everyday challenges, den Männern erhöht ist [OR 1,25 (95 %-KI mean coronary vessel diameter; ability to the maintenance of their independence and 1,12–1,39, p < 0,0001]. Dabei ist bisher un adapt to protective exercise-induced myo- emotional support. cardial hypertrophy), as well as of the fre- klar, ob diesen Geschlechtsunterschieden quency and clinical significance of somat- Keywords eher biologische oder aber verhaltens ic risk factors (e.g. smoking). Female body Cardiovascular disease · Gender differences · bedingte Ursachen zugrunde liegen. Als weight increases after menopause and the Age at manifestation · Coronary vessel mögliche Erklärungsansätze werden ne body shape assumes a more android fat dis- diameter · Risk factor distribution · Smoking · ben dem direkten Einfluss des Nikotins tribution. Women report higher levels of un- Android fat distribution · Symptom severity · specific and affective symptoms. They suffer Anxiety · Depression · Treatment expectations auf die Herzfunktion eine beschleunig te Progredienz der Atherosklerose sowie ein früherer Beginn der Menopause durch Nikotin diskutiert [32]. Aggraviert wird menhang zwischen der Menopause und steigerte Blutdruckamplitude, die als un das vaskuläre Risiko unter Nikotin noch dem Auftreten einer Hypertonie [34]. abhängiger Prädiktor für kardiovaskuläre durch die Einnahme von oralen Kontra Es zeigt sich, dass im Alter zwischen 65 Ereignisse bedeutsam ist. zeptiva [33]. bis 74 Jahren 45 % Frauen und 41 % Män ner hypertensive Blutdruckwerte aufwei Fettstoffwechselstörung. In den jünge Bluthochdruck. Während vor dem sen [35]. Interessant dabei ist, dass Frau ren Altersklassen tritt die Hypercholeste 55. Lebensjahr mehr Männer als Frau en im Vergleich zu Männern vermehrt an rinämie bei Frauen weniger häufiger auf en an arterieller Hypertonie leiden, kehrt einer systolischen Blutdruckerhöhung lei als bei Männern. Im Einzelnen konnten sich das Verhältnis im höheren Lebensal den, während ihre diastolischen Werte ge für prämenopausale Frauen erniedrig ter um. Dabei besteht ein enger Zusam ringer sind [36]. Daraus resultiert eine ge te Werte für Cholesterin, LDL-Choleste Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz X · 2014 | 3
Leitthema rin und Triglyceride sowie ein erhöhtes raum zwischen 1986 und 2009 diesbezüg hat wie bei Männern. Eine Untersuchung HDL nachgewiesen werden [37]. Postme lich bedeutsame Verbesserungen: Glei aus der Women’s Health Initiative mit rund nopausal kommt es zu einer maskulinen chermaßen für Männer und Frauen ver 73.100 eingeschlossenen herzgesunden Fettstoffwechselverschiebung mit ver ringerten sich die mittleren Blutdruck Frauen [48] mit einem vierjähriges Nach mehrter Einlagerung von viszeralem Fett, werte sowie die Cholesterinspiegel signifi beobachtungszeitraum ergab bei Vorlie was wiederum das kardiovaskuläre Risi kant, und erfreulicherweise halbierte sich gen einer Depression eine 50 %ige relati ko erhöht [38]. die Raucherprävalenz. Allerdings nahm ve Risikoerhöhung für fatale kardiovas der BMI im Untersuchungszeitraum kuläre Ereignisse. Die Nurses’-Health-Stu- Typ2-Diabetes. Bei Vorliegen eines Dia deutlich zu. In mehreren Surveys, die über die, an der über 60.000 Krankenschwes betes haben Frauen ein 4- bis 6-fach er einen 20-jährigen Beobachtungszeitraum tern teilnahmen, erlaubte die Analyse ei höhtes Risiko für die Ausprägung einer zwischen 1991 und 2010 durchgeführt ner möglichen frauenspezifischen KHK- KHK, während das diesbezügliche Risiko worden waren, beobachteten Long et al. Mortalität mit den 3 Endpunkten: plötz bei diabetischen Männern nur beim 2- bis [44] ähnliche Trends: Wiederum gleicher licher Herztod, fatale koronare Herzer 4-Fachen liegt [39]. Vor allem beim Vor maßen für Männer und Frauen nahmen krankung und akuter Myokardinfarkt. liegen eines nicht insulinpflichtigen Dia die mittleren altersadjustierten Choleste Tatsächlich zeigte sich, dass eine depressi betes konnte ein klarer Geschlechtsunter rinwerte und systolischen Blutdruckwer ve Stimmungslage bei Frauen am stärks schied zuungunsten der Frauen (relatives te (korrespondierend die Häufigkeiten an ten mit dem plötzlichen Herztod als End Risiko Diabetes ja/nein für Männer 1,8, Hyperlipidämie und Hypertonie) ab, wäh punkt assoziiert war (mit einem relativ ad für Frauen 3,3) gezeigt werden [40]. rend die altersstandardisierten Plasmaglu justierten Risiko von 2,33; 95 %-KI: 1,47- kosewerte und BMI-Maße bei beiden Ge 3,70) [49]. Adipositas. Das Körpergewicht in der schlechtern – allerdings ausgeprägter für jüngeren bis mittleren Lebensspan Männer – zunahmen. Soziale Beziehungen. Soziale Bezie ne steigt sowohl bei Frauen als auch bei hungen haben einen großen Einfluss auf Männern kontinuierlich an. Allerdings Geschlechtsunterschiede in der die Lebensqualität. Entsprechend hat die wird bei Frauen auch in der Prämenopau Prävalenz und prognostischen Qualität dieser Beziehungen weitreichen se immer häufiger ein solcher Anstieg be Bedeutung von psychosozialen de gesundheitliche Konsequenzen. Beson obachtet [41]. In den ersten 5 Jahren nach Risikofaktoren für eine KHK ders deutlich wird dies, wenn stabile Be der Menopause erhöht sich das Körperge ziehungen durch den Tod eines Partners wicht bei Frauen nochmals deutlich, und Die Belastung durch psychosozialen enden oder bei Menschen, die über keine es findet eine Wandlung von einer gyno Stress spielt für das Entstehen kardio tragenden Beziehungen zu anderen verfü iden (hüftbetonten) Fettverteilung hin zu vaskulärer Erkrankungen eine bedeut gen. Parkes et al. [50] konnte in der Bro- einer eher androiden (bauchbetonten) same Rolle. Die diesbezügliche Evidenz ken Heart Study für Witwer belegen, was statt. Das bauchbetonte Übergewicht ist stammt aus großen Bevölkerungsstudi der Volksmund mit dem Ausspruch „… im Gegensatz zum hüftbetonten ein Ri en, in denen scheinbar herzgesunde Pro an einem gebrochenen Herzen sterben“ be- sikofaktor für Gefäßerkrankungen. Das banden über lange Zeiträume untersucht schreibt. In dieser Studie wurde für Män gemeinsame Auftreten mehrerer somati wurde. Quellen für andauernden chro ner in den ersten 6 Monaten nach dem scher Risikofaktoren gewinnt in dem Be nischen psychosozialen Stress können Tod der Ehefrau eine Exzess-Mortalität griff des „metabolischen Syndroms“ ei sein: a) Persönlichkeitseigenschaften wie von 40 % gezeigt. Die Haupttodesursache nen eigenständigen Krankheitswert, wo Feindseligkeit und Zynismus, b) affektive waren hier Herz-Kreislauf-Erkrankungen. bei die beteiligten Faktoren bei Frau und Faktoren wie Angst und Depression (ein In einer Replikationsstudie konnte gezeigt Mann von unterschiedlicher Bedeutung schließlich depressionsähnliche Zustände werden [51], dass die Trauer über den Tod sind. So sind neben dem erhöhten Kör wie vitale Erschöpfung und Ausgebrannt eines nahestehenden Angehörigen in den pergewicht, der Taillenumfang sowie ein sein) [45, 46], aber auch c) psychosozia nachfolgenden 7 Tagen bedeutsam mit ei erniedrigtes HDL für Frauen bedeutsa le Faktoren im engeren Sinn wie Arbeits nem erhöhten Infarktrisiko assoziiert war mer als für Männer. Bei Männern schei stress, Einsamkeit, soziale Isolation, Part – in dieser Untersuchung gleichermaßen nen der systolische und diastolische Blut nerschaftsprobleme und niedriger sozio für Männer sowie Frauen. druck sowie das Apolipoprotein eine grö ökonomischer Status [47]. Das Gefühl von andauernder Einsam ßere Rolle zu spielen. Demnach scheinen keit markiert zweifellos das extreme ne unterschiedliche Kriterien notwendig zu Depression. Bei den affektiven Faktoren gative Ende im Spektrum sozialer Bezie sein, um das metabolische Syndrom bei ist zweifellos die Depression der mit Ab hungen. Es ist für beide Geschlechter glei Frauen und Männern zu definieren [42]. stand am besten untersuchte KHK-Risi chermaßen hochsignifikant mit Depres Die geschlechtsspezifische, zeitbezoge kofaktor. Frauen berichten häufiger über sion und Angstgefühlen assoziiert [52]. ne Prävalenzentwicklung der klassischen depressive Symptome als Männer. Unklar Thurston und Kubzansky [53] unter KHK-Risikofaktoren wurde in mehre ist aber, ob die Symptomatik bei ihnen suchten in einer Bevölkerungsstudie mit ren schwedischen Langzeitstudien unter die gleichen Auswirkungen auf die Ge ca. 3000 Männern und Frauen über einen sucht. Eriksson et al. [43] fanden im Zeit samtmortalität und auf KHK-Ereignisse Beobachtungszeitraum von 19 Jahren den 4 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz X · 2014
Zusammenhang zwischen Einsamkeit lauf-Erkrankungen auf (HR = 4,01; über 4 und mehr Kernsymptome berich und dem Neuauftreten einer koronaren 95 %-KI: 1,75–9,20). ten, ist mehr als 2-fach höher als bei Män Herzerkrankung. Sie zeigten, dass Frauen, nern. In der Wahrnehmung von Brust die an Einsamkeit litten, auch nach einer Interozeptive Wahrnehmung schmerzen unterscheiden sich die Ge sehr weitgehenden Kontrolle für somati und geschlechtsspezifisches schlechter indes nicht [65]. Damit bleibt sche Risiken ein deutlich erhöhtes KHK- Krankheitserleben in der die differenzialdiagnostische Abklärung Erkrankungsrisiko aufwiesen (OR 1,7, Prodromalphase eines einer fraglichen pektanginösen Sympto 95 %-KI 1,1.7–2,63). Bei Männern hatte akuten Myokardinfarktes matik ein besonders vulnerabler Punkt in Einsamkeit hingegen keinen messbaren der diagnostisch-therapeutischen Hand Effekt auf das Neuauftreten einer KHK. Frauen haben im Allgemeinen eine höhe lungskette. Eine Reihe von klinischen Stu Dies beruht vermutlich darauf, dass deut re Wahrnehmungssensibilität für „inter dien zeigt, dass Frauen in einer kardiolo lich weniger Männer an Gefühlen von ozeptive“, d. h. aus dem Körperinneren gischen Notfallsituation eine komplexe schwerwiegender Einsamkeit litten. Dass stammende Signale [56]. Dies geht bei ih re Symptomfülle und damit eine weni insbesondere Männer, die sich einsam nen mit höheren Werten für unspezifi ger zielführende Symptomatik aufweisen, fühlen und gleichzeitig erhöhte Depres sche sowie körperbezogene Symptombe sodass bei ihnen eine klinische Entschei sionswerte aufweisen, in einer erhebli lastungen einher [57]. Ihre daraus resul dungsfindung erschwert wird [64, 66, 67]. chen seelischen Belastungssituation sind, tierende stärkere Beunruhigung über kör Wenngleich pektanginöse Beschwer zeigt eine Studie von S. Häfner et al. [54]. perbezogene Dysfunktionen könnten ih den bei beiden Geschlechtern der stärkste Sie belegt, dass so charakterisierte Män re präventive Orientierung erhöhen und Prädiktor für ein akutes Koronarsyndrom ner – anders als Frauen mit den gleichen eine adäquatere diagnostische Symptom sind, werden sie möglicherweise vom Belastungsmerkmalen – sehr deutlich er abklärung zur Folge haben [58]. Jedoch Arzt nicht gleichermaßen ernst genom höhte Leptinspiegel aufweisen. Ein erhöh trifft der Befund einer höheren Wahrneh men [68]. In der Tat zeigen Untersuchun ter Leptinspiegel ist nicht nur ein Stress mungssensibilität bei Frauen nicht mehr gen, dass das Entscheidungsverhalten des indikator, sondern auch ein eigenständi zu, wenn spezifische Diagnosegruppen kontaktierten Arztes die Länge der PHZ ger KHK-Risikofaktor. untersucht werden [59]. Darüber hinaus oft stärker beeinflusst als das der Patien Männer profitieren gesundheitlich können Faktoren wie Schichtzugehörig tinnen [61, 69]. Moser et al. [70] zeigten, mehr von festen Partnerschaftsbeziehun keit, negative Affektivität und Überforde dass das Alter bei betroffenen Männern gen als Frauen. Eaker et al. [55] konnten rung (sog. „Distress“) diesen Geschlechts keinen, bei betroffenen Frauen aber ei in einer Studie mit Daten der Framing- effekt überlagern [60]. nen erheblichen Einfluss auf die PHZ hat: ham-Offspring Study bei 3682 Teilneh Die Wahrnehmung und die Interpreta Bei älteren Frauen war sie im Vergleich zu mern im mittleren Lebensalter, die über tion der Symptomatik spielt in der Akut jüngeren mehr als doppelt so lang. einen 10-jährigen Zeitraum nachverfolgt phase eines Infarktes eine ganz entschei wurden, zeigen, dass verheiratete Männer dende Rolle, denn die Länge des Zeitfens Geschlechtsspezifische Faktoren (gegenüber alleinstehenden Männern) ein ters zwischen Symptombeginn und Re im Krankheitsverlauf fast halbiertes Risiko aufwiesen, über die kanalisation des verschlossenen Gefäß sen Zeitraum an einer KHK zu versterben abschnittes ist eine entscheidende Deter Das akute Koronarsyndrom (AKS) re [Hazard Ratio (HR) = 0,54; 95 %-KI 0,34– minante für den Behandlungsverlauf [61]. präsentiert ein Kontinuum, das von 0,83]. Bei Frauen war ein solcher Zusam Die Länge der prähospitalen Verzöge einem akuten transmuralen Myokard menhang nicht zu erkennen. Die Risiko rungszeit (PHZ) – also der Zeitraum zwi infarkt mit ST-Streckenerhöhung (STE schätzung war adjustiert nach Alter, sys schen dem Auftreten des Infarktes (Er MI), über Infarkte ohne dieses EKG-Zei tolischem Blutdruck, Körpergewicht, Di eigniszeitpunkt) und der Reperfusion des chen (NSTEMI) bis zu Formen einer in abetes und Hypercholesterinämie. Aller verschlossenen Gefäßabschnitts – wird stabilen Angina pectoris (IA) reicht. Frü dings erhöhte sich das Risiko für Männer maßgeblich von der Entscheidungszeit he Untersuchungen aus den 1990er-Jah deutlich, wenn sie mit Frauen verheiratet des Patienten beeinflusst. Die PHZ ist ins ren haben den Verdacht nahegelegt, dass waren, die bei der Arbeit unter einem er besondere bei älteren Frauen signifikant der Zugang von Frauen zu invasiven kar heblichen Druck standen. länger als bei Männern [62]. In der mehr dialen Prozeduren wie zur Angioplastie Offenbar profitieren Frauen nicht nur monatigen Prodromalzeit vor einem In (perkutane transluminale koronare An weniger als Männer von stabilen Partner farkt klagen Frauen besonders häufig über gioplastie, PTCA) und zu Bypassoperatio schaften, sie leiden möglicherweise auch ungewöhnliche Müdigkeit und Schlafstö nen (Koronararterienbypass, CABG) un mehr unter Partnerschaftskonflikten. rungen, gefolgt von Kurzatmigkeit, Übel gerechtfertigt eingeschränkt ist (z. B. [2]). In der Studie von Eaker et al. [55] wie keit und Angst [63]. Aber auch die Symp Die große internationale CURE-Studie sen Frauen, die sich regelmäßig in Part tompräsentation in der akuten Infarktsitu mit fast 5000 eingeschlossenen weiblichen nerschaftskonflikten zurücknahmen und ation unterscheidet sich zwischen Frauen und fast 8000 eingeschlossenen männli „verstummten“ (self-silenced), ein 4-fach und Männern. Frauen geben hier häufiger chen AKS-Patienten aus dem Jahr 2005 erhöhtes relatives Risiko für Herz-Kreis Übelkeit, Luftnot oder Rückenschmerz an belegte, dass Frauen nach einem AKS in [64]. Die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen der Tat weniger häufig einer Angiogra Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz X · 2014 | 5
Leitthema phie, einer PTCA und einer CABG unter Während Wiklund et al. [72] bei den belastung belegen konnte und überdies zogen werden. Allerdings bestätigte die Infarktpatienten keine geschlechtsspezi zeigt, welche gesundheitlichen Risiken se Studie auch, dass eine solche scheinba fischen Unterschiede in der Prävalenz der mit andauernden Problemen in der Part re „Unterversorgung“ keineswegs zu ge Depression sichern konnten, zeigten Bar nerschaft verbunden sein können. schlechtsspezifischen Unterschieden in efoot und Schroll [73] in einer Untersu der Prognose von harten Endpunkten chung an 409 Männern und 366 Frauen Geschlechtsbezogene Aspekte führt [71]. Frauen in der CURE-Studie eine signifikant höhere Prävalenz depres in der Rehabilitation waren insgesamt signifikant älter und lit siver Symptome bei weiblichen Patien ten unter mehr komorbiden Krankheits ten. Der Einfluss einer depressiven Symp Im postakuten Verlauf nach einem Ko zuständen als Männer. Die Ergebnisse tomatik auf nachfolgende kardiale Ereig ronarereignis zeigen sich in den Präfe der im Jahr 2012 publizierten internatio nisse war signifikant, es zeigten sich aber renzen für die Sekundärprävention inte nalen prospektiven Register-Studie CLA keine messbaren Unterschiede zwischen ressante Geschlechtsunterschiede. Wäh RIY mit über 33.000 eingeschlossenen Pa den Geschlechtern. rend männliche Patienten eine möglichst tienten bestätigte die CURE-Befunde bei Orth-Gomér und Mitarbeiter [74] schnelle Genesung, körperliche Fitness Patienten, die an einem stabilen Koro untersuchten in einer prospektiven Fol und eine Erhöhung der Lebenserwartung narsyndrom litten: Trotz erheblicher Ge low-up-Studie den Einfluss von familiä anstreben, wünschen sich Frauen eher ei schlechtsunterschiede in den Basischa ren Konflikten und Stress auf den Krank ne Entlastung vom Alltag, den Erhalt der rakteristika und beim klinischen Manage heitsverlauf bei knapp 300 weiblichen Unabhängigkeit im Haushalt und emoti ment der Patienten, fanden sich bei den KHK-Patientinnen im Alter von 30 bis onale Unterstützung [77]. Entsprechend kardiovaskulären klinischen Endpunkten 65 Jahren über einen nahezu 5-jähri existiert inzwischen eine Reihe von Pro zwischen Männern und Frauen keine si gen Nachverfolgungszeitraum. Sie zeig grammen zur Sekundärprävention, die gnifikanten Unterschiede. Auch hier war ten, dass bei den erkrankten Frauen das speziell auf die Bedürfnisse koronarkran die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen älter, Erleben von familiärem Stress mit einer ker Frauen zugeschnitten sind und die po mehr unter Bluthochdruck, Diabetes und 2,9-fachen Risikoerhöhung (95 %-KI 1,3– sitive Effekte hinsichtlich psychischer [78, symptomatischer Angina pectoris litten, 6,5) für das Wiederauftreten eines Koro 79] und auch somatischer Endpunkte zei signifikant höher [19]. narereignisses assoziiert war. Diese Wer gen [80]. Nach dem Eintritt eines AKS ist es für te ergaben sich trotz einer Adjustierung Gelegentlich wird die Einbeziehung die Patienten nicht nur wichtig, kein er für die somatischen Risikofaktoren, aber von Partnern in Interventionsprogramme neutes schwerwiegendes Krankheitsereig auch für den Östrogenspiegel, die Ausbil für Herzpatienten empfohlen, um den Pa nis zu erleben, sondern auch angemessen dungsjahre und die linksventrikuläre Aus tienten emotional zu stützen und bei der mit der Krankheit umzugehen. Studien wurffraktion [74]. Eine weitere Studie, die Krankheitsbewältigung zur Seite zu ste über geschlechtsspezifische Unterschiede Stockholm „Female Coronary Risk Study“, hen (Erinnerung an gesunde Lebensfüh bei der psychosozialen Adaptation nach schloss 292 Frauen im Alter von unter rung, Einnahme von Medikamenten, kar einem koronaren Ereignis kommen zu wi 65 Jahren (mittleres Alter: 56 Jahre) ein, diologische Kontrolluntersuchungen etc.). dersprüchlichen Ergebnissen. Wiklund et die wegen eines akuten Koronarereignis Dabei gilt es jedoch auch zu berücksich al. [72] untersuchten 421 männliche und ses in die Notaufnahme der Klinik auf tigen, dass die Partner von Herzpatien 174 weibliche Infarktpatienten 1 Jahr nach genommen wurden. Diese Patientinnen ten durch das Krankheitsgeschehen häu dem akuten Ereignis. Auch hier waren die wurden 3 bis 6 Monate nach dem Ereig fig verunsichert und hilflos sind und nicht Patientinnen signifikant älter, kränker, nis nachbefragt. Blom et al. [75] konnten selten höhere Angst- und Depressions symptomatischer, und sie wiesen mehr in dieser Studie nachweisen, dass familiä werte als die Patienten selbst aufweisen Risikofaktoren als die männlichen Patien rer Stress die Ursache für eine schlechte [81]. Wie eine Studie zeigen konnte [82], ten auf. Sie hatten darüber hinaus erheb re soziale Integration sowie für das Gefühl kann dies zu einer erheblichen Stressbe lich größere Probleme, mit dem kardialen war, „weniger aufgenommen zu sein“ und lastung führen. In dieser Untersuchung Ereignis fertigzuwerden, und waren zu deutlich weniger Unterstützung und Hil- konnte eine partnerschaftliche Betreu dem durch ein höheres Maß an Erschöp festellung zu genießen. Wiederum konn ung („care-giving“) von an Krebs leiden fung, Schlafstörungen und psychosoma ten Wang et al. [76] in der „Stockholm Fe den Angehörigen als kardiovaskulärer Ri tischen Beschwerden belastet. In dieser male Coronary Angiography Study“ bei sikofaktor identifiziert werden [82]. Auch Studie wurde jedoch der psychische Sta 80 Patientinnen mit KHK zeigen, dass ist es naheliegend, dass sich die Partner tus nicht mit dem somatischen Schwere sich der angiographisch gemessene, mitt in einer solchen Konstellation durch eine grad der Erkrankung kontrolliert, sodass lere Gefäßdiameter in 3 Jahren signifikant abwehrend angstbesetzte Kommunikati nicht auszuschließen ist, dass die höheren bei den Patienten verschlechtert hatte, die on gegenseitig negativ beeinflussen [81]. psychosozialen Belastungswerte bei den einem hohen familiären und beruflichen Während der Rehabilitationszeit sollte weiblichen Patienten auf einen schwer Stress ausgesetzt waren. Dies ist eine der daher ein psychoedukatives Patientenge wiegenderen und häufiger symptomati wenigen Studien, die einen direkten Zu spräch mit Patient, Partner und Therapeut schen Zustand zurückzuführen sind. sammenhang zwischen arterioskleroti als fester Bestandteil des Versorgungsan schen Gefäßveränderungen und Stress gebotes der Klinik durchgeführt werden. 6 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz X · 2014
In einer (semi)strukturierten Gesprächs machen deutlich, dass es dringender An- 11. Ladwig KH, Scheuermann W (1997) Gender dif- ferences in the decline of mortality rates of acute führung sollte abgeschätzt werden, inwie strengungen in der Forschung und Kran- myocardial infarction in West Germany. Eur Heart J weit es gelingen kann, eine Umsetzung kenversorgung bedarf, um den differen- 18:582–587 von Reha-Empfehlungen in der alltägli ziellen Bedürfnissen von Männern und 12. Maas AH, Appelman YE (2010) Gender differences in coronary heart disease. Neth Heart J 18:598– chen Lebensführung zu erreichen. Dem Frauen in der Diagnostik und Therapie 603 Partner sollte Gelegenheit zur Ausspra der KHK gerecht zu werden. 13. 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