BULLETIN - "FÜR EINE SCHWEIZ OHNE FREIER" - Stopp Prostitution

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BULLETIN - "FÜR EINE SCHWEIZ OHNE FREIER" - Stopp Prostitution
BULLETIN
                                     NR. 1/2018

DAS MITGLIEDERMAGAZIN DER FRAUENZENTRALE ZÜRICH

                                      THEMA
                                     PROSTITUTION

      «FÜR EINE SCHWEIZ
        OHNE FREIER»
BULLETIN - "FÜR EINE SCHWEIZ OHNE FREIER" - Stopp Prostitution
INHALT

                                                                           GV 2018
                                                                           Ein stimmungs-
                                                                           voller Anlass
                                                                            20
                                                                                                                                                 Kampagne
                                                                                                                   «Für eine Schweiz ohne Freier»
                                                                                                                                                          8–9

                                   Vorschau 2018
                            Höhepunkt Frauentagung
                                                23

               4 –5                    NEWS                                                         14 – 17       ROUND-TABLE
                                       Neuigkeiten, die uns aufgefallen sind                                      Drei Expertinnen und ein Experte
                                                                                                                  sprechen über Prostitution

               6–7                     SEXBUSINESS IN ZAHLEN                                        18 – 19       MEINUNGEN ZU PROSTITUTION
                                       Studien und Fakten rund um                                                 Wir haben bei 20 Frauen und Männern
                                       das Geschäft mit Sex                                                       nachgefragt

               8–9                     STOPP-PROSTITUTION.CH                                        20 – 22       INTERNES
                                       Die Kampagne «Für eine Schweiz                                             Das hat die Frauenzentrale
                                       ohne Freier» der Frauenzentrale                                            intern beschäftigt

               10                      EIN FREIER SPRICHT                                           23            VORSCHAU
                                       Über Bordellbesuche und sein Bild                                          Am Samstag, 10. November –
                                       von Prostituierten                                                         Frauentagung 2018

               11                      SANDRA KONRAD                                                24 – 27       ANLÄSSE RÜCKSCHAU
                                       Prostitution: Ein Beruf wie jeder                                          Rückblick auf spannende Anlässe im
                                       andere?                                                                    ersten Halbjahr 2018

               12– 13                  VERGLEICH EUROPA                                             28 – 29       KOLLEKTIVMITGLIEDER
                                       Die Gesetzgebungen im Überblick                                            Vier neue Mitglieder stellen sich vor

                          HERAUSGEBERIN                       REDAKTION UND PRODUKTION                        LAYOUT – Alexandra Eggenberger
              IMPRESSUM

                          Frauenzentrale Zürich               Sandra Plaza                                    KORREKTORIN – Brigitte Müller
                          Am Schanzengraben 29, 8002 Zürich   REDAKTIONSKOMMISSION                            FOTOS – Susanne Oberli, fotolia.com
                          Tel. 044 206 30 24                  Andrea Gisler, Susanna Häberlin, Sarah Müller   DRUCK – Brändle Druck AG
                          zh@frauenzentrale.ch                TITELBILD – fotolia.com                         MITGLIEDER-MAGAZIN DER FRAUENZENTRALE
                          frauenzentrale-zh.ch                                                                SPENDENKONTO – IBAN: CH49 0900 0000 8000 4343 0

2   BULLETIN 1/2018
BULLETIN - "FÜR EINE SCHWEIZ OHNE FREIER" - Stopp Prostitution
EDITORIAL

     Editorial
     Frauen in der Prostitution haben kein Glamour-Leben. Die meisten stammen aus
     Armutsländern, haben schon als Kind Gewalt erlebt und können den Alltag nur mit Al-
     kohol oder unter Drogeneinfluss bewältigen. Sie leiden häufig an Depressionen und
     posttraumatischen Belastungsstörungen, ihre Lebenserwartung liegt international
     gesehen bei 33 Jahren. Da gibt es nichts schönzureden. Klar ist, dass es für diese
     Frauen Schutz, Beratungs- und Unterstützungsangebote braucht, unabhängig davon,
     wie die Prostitution gesetzlich geregelt ist.

     Neben dieser individuellen Ebene gibt es eine gesamtgesellschaftliche Dimension.
     Nirgends zeigt sich das Machtungleichgewicht zwischen den Geschlechtern so deut-
     lich wie in der Prostitution. Es wird hier ein rückständiges Frauenbild genährt, nämlich
     dass man Frauen wie ein Konsumgut benutzen und kaufen kann – mittlerweile sogar ANDREA GISLER
     zu Dumpingpreisen. Die sexuelle Befriedigung wird als Grundbedürfnis von Männern Präsidentin
     verstanden, für dessen Erfüllung Frauen zur Verfügung zu stehen haben. Das sind pa-
     triarchale Geschlechterbilder, die in einer modernen, gleichberechtigten Gesellschaft
     im 21. Jahrhundert nichts verloren haben.

     Wird Prostitution als Verstoss gegen die Menschenwürde verstanden – wie dies einige europäische Länder mittlerweile tun
     –, erübrigt sich die Diskussion, ob die Prostitution freiwillig oder unter Zwang erfolgt. Die Unterscheidung ist ohnehin höchst
     problematisch. Eine strikte Grenze lässt sich nicht ziehen, die Übergänge sind fliessend. Vor allem aber schützt sie die Freier
     davor, ihre Handlungen als das wahrzunehmen, was sie sind, nämlich sexualisierte Gewalt.

     Ohne Nachfrage gäbe es keine Prostitution. Der Fokus ist deshalb vermehrt auf die Freier zu richten. Sie – nicht die Prostitu-
     ierten - sind es, die in diesem ganzen kriminogenen System frei sind. Ob diese Freiheit weiterhin gesellschaftlich unterstützt
     und akzeptiert werden soll, ist mehr als fraglich. Geradezu unerträglich ist es, wie Zuhälter, Menschenhändler und Bordell-
     betreiber sich nahezu unbehelligt auf Kosten der Prostituierten bereichern. Und kaum jemand empört sich.

     Es ist Zeit, hinzuschauen statt wegzusehen. Es ist Zeit zum Umdenken und zum Handeln. Die Kampagne der Frauenzentrale soll
     dazu beitragen, dass auch in der Schweiz endlich die gesellschaftspolitische Debatte über Prostitution und deren Auswüchse ge-
     führt wird. Ich erhoffe mir, dass die kritischen Stimmen, die viel häufiger sind als man meinen könnte, uns tatkräftig unterstützen.

HEUTE BESTIMMEN,
WAS MORGEN WICHTIG IST                                                                               LEGATE-MAGAZIN

Die Frauenzentrale Zürich setzt sich seit über 100 Jahren
sozial und gesellschaftspolitisch für Frauen ein. Sind auch
Ihnen die Rechte von Frauen seit jeher ein Anliegen? Setzen
Sie sich für Frauenfragen ein oder helfen Sie mit, Frauen in
Notsituationen zu unterstützen? In unserer Broschüre erfah-
ren Sie, wie man Menschen und Organisationen auch aus-
serhalb der Familie begünstigen kann.

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                                                                                                                                                                         3
frauenzentrale-zh.ch                                                                                                                                   BULLETIN 1/2018
                                                                                                     BERATEN • BEWEGEN • BEWIRKEN – SEIT ÜBER 100 JAHREN
BULLETIN - "FÜR EINE SCHWEIZ OHNE FREIER" - Stopp Prostitution
ZÜRICH - FRAUEN - NEWS

              JETZT TEIL DES BUNDESRÄTINNEN-                                                          Mindeststrafe für
              TEAMS WERDEN!                                                                           Vergewaltigung
                                                                                                      verdoppeln
                                                                                                      In der Schweiz sollen Vergewaltiger
                                                                                                      härter bestraft und Opfer häuslicher
                                                                                                      Gewalt besser geschützt werden. Der
                                                                                                      Bundesrat schlägt im Rahmen seiner
                                                                                                      Lage zur Harmonisierung der Strafmasse
                                                                                                      dem Parlament vor, die Mindeststrafe für
                                                                                                      Vergewaltigung von einem auf zwei
                                                                                                      Jahre Haft zu erhöhen. Eine bedingte
                                                                                                      Strafe soll neu nur noch teilweise
                                                                                                      möglich sein: Ein Vergewaltiger soll
                                                                                                      mindestens sechs Monate ins Gefängnis
              Unter bundesraetinnen.ch ein Trikot bestellen – und wie die Frauenzentrale              müssen. Die Regierung will zudem den
              Zürich Teil des Bundesrätinnen-Teams werden. Gemeinsam soll das Parlament               Tatbestand der Vergewaltigung ge-
              aufgefordert werden, eine ausgeglichene Vertretung von Frauen und Männern im            schlechtsneutral und breiter definieren.
              Bundesrat umzusetzen. Ziel ist, dass die Bundesverfassung entsprechend                  Neu soll er auch für «beischlafähnliche
              ergänzt und die Konkordanz auch auf das Geschlecht angewendet wird.                     Handlungen» gelten. Zurzeit gelten
                                                                                                      erzwungener Oral- und Analverkehr als
                                                                                                      sexuelle Nötigung, die milder bestraft
             Ehrungen für zwei Pionierinnen                                                           wird als Vergewaltigung.

                      Ursula Keller, die 2012 von der Frauenzentrale zur «Zürcherin des Quartals»
                      gewählt wurde, ist eine der meist beachtetsten Phsysikerinnen Europas.
                      Das zeigt die letzte Ehrung: Das Europäische Patentamt hat die ETH-Profes-
                                                                                                      NEU: Online-Beratun-
                      sorin als Finalistin für den Europäischen Erfinderpreis 2018 in der Kategorie   gen für Gewaltopfer
                      Lebenswerk nominiert. Ursula Keller ist eine Pionierin der Lasertechnologie.
                      1993 wurde sie mit 33 Jahren die erste Professorin auf einem naturwissen-       Seit dem 1. März 2018 bietet die BIF nebst
                      schaftlichen Lehrstuhl der ETH Zürich. Ursula Keller war vier Jahre lang        telefonischen und persönlichen Beratun-
                      Präsidentin des 2012 gegründeten «ETH Women Professors Forum».                  gen auch Online-Beratungen für Frauen
                                                                                                      an, die von Partnerschaftsgewalt betroffen
                                                                                                      sind. Unabhängig von Ort und Zeit können
                      Eine wichtige Ehrung erhielt auch eine andere Pionierin. Die Rechtswissen-      sich gewaltbetroffene Frauen, aber auch
                      schaftliche Fakultät der Universität Zürich verlieh Vera Rottenberg die         Fachpersonen und Angehörige auf einer
                      Ehrendoktorwürde. Geboren im von den Nationalsozialisten besetzten              sicheren Plattform beraten und informie-
                      Budapest wuchs Vera Rottenburg als staatenloses jüdisches Mädchen in            ren lassen, kostenlos und vertraulich. Die
                      St. Gallen auf. Sie studierte Recht und wurde in Zürich als SP-Mitglied erst    Userinnen werden von einer eigens auf
                      Bezirks- und dann Oberrichterin. 1994 wählte sie das Parlament als erste        Online-Beratung geschulten Fachperson
                      jüdische Frau zur Bundesrichterin.                                              persönlich beraten.
                                                                                                      bif-frauenberatung.ch

              Frauen
              sichtbar machen!
              Das Projekt «100 aussergewöhnliche Frauen in der
              Schweiz» will Frauen sichtbarer machen. Geplant sind 100
              Kurzporträts und Interviews von bemerkenswerten Frauen,
              die in der Schweiz leben oder einen starken Bezug zum
              Land haben. Vorgestellt werden Frauen mit besonderen
              Lebensläufen und in all ihrer Vielfalt. Mit dem Projekt soll
              anderen Frauen Mut gemacht werden, den eigenen Weg
              konsequent zu gehen. Projektleiterin ist Fatima Vidal,
              Autorin, Texterin und Journalistin. 100frauen.ch

4   BULLETIN 1/2018
BULLETIN - "FÜR EINE SCHWEIZ OHNE FREIER" - Stopp Prostitution
ZÜRICH - FRAUEN - NEWS

Forderung nach                                                               Ärztin zu Unrecht entlassen
Lohngleichheit                                                               Ende 2017 entschied das Regionalgericht Bern-Mittelland, dass das
                                                                             Berner Inselspital bei der Kündigung einer Schweizer Ärztin das
Für gleichwertige Arbeit verdienen Frauen 7,4 Prozent oder                   Gleichstellungsgesetz verletzt hat. Das Gericht kam zum Schluss, dass es
CHF 585 pro Monat weniger als Männer. Jährlich macht dies                    sich um eine «Rachekündigung» handelt und hob die Kündigung deshalb
einen nicht erklärbaren Lohnunterschied von rund CHF 7000                    auf. Natalie Urwyler hatte über zehn Jahre am Inselspital gearbeitet. Sie
aus. Trotzdem schickte der Ständerat im Februar eine Vorlage                 warf ihren Vorgesetzten vor, sie bei der akademischen Karriere anders
des Bundesrates, die Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden zu                     als Männer behandelt und ihr Vorankommen gezielt behindert zu haben.
Lohnanalysen verpflichten wollte, an die Kommission für                      Zudem kritisierte sie auch im Namen anderer Frauen, dass die Klinik
Wissenschaft, Bildung und Kultur zurück und forderte                         Mutterschutzbestimmungen missachte. Nach einer jahrelangen
Alternativen. Dieser Entscheid sorgte nicht nur bei vielen                   Kontroverse kündigte ihr die Klinik mit der Begründung, das Vertrauens-
Frauenorganisationen und Politikerinnen für heftige Kritik.                  verhältnis sei schwer zerrüttet. Dagegen klagte Urwyler aufgrund des
Mitte Mai folgte dann die Kehrtwende: In einem zweiten                       Gleichstellungsgesetzes. Das Urteil des Regionalgerichtes bedeute ihr
Anlauf entschied der Ständerat, dass sowohl private als auch                 sehr viel, sagte Natalie Urwyler gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung»
öffentliche Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden künftig eine                   (NZZ). Nun sei gerichtlich bestätigt, dass das Spital sie als Frau
Lohngleichheitskontrolle durchführen und diese überprüfen                    diskriminiert habe. «Ich habe mich als Oberärztin immer wieder für
lassen müssen. Immerhin, ein kleiner Schritt in die richtige
                                                                             Frauenanliegen eingesetzt, das kam nicht gut an.» Es sei frustrierend,
Richtung, auch wenn der Vorschlag der Kommission weniger
                                                                             dass es Frauen viel schwerer haben, Karriere zu machen: «Viele
weit geht als jener des Bundesrates.
                                                                             Kolleginnen sind hochqualifiziert und kommen nirgends hin.» Die meisten
                                                                             Chefposten seien nach wie vor männlich besetzt. Sie sei immer gegen
                                                                             Quoten gewesen, aber für Führungspositionen brauche es eine
                                                                             Frauenquote von 20 bis 30 Prozent. «Dann wäre das Problem deutlich
                                                                             entschärft.» Zu viele gut ausgebildete und engagierte Frauen kämen
                                                                             nicht vorwärts. Quelle: frauensicht.ch

                                                                                          Herzliche Gratulation an
                                                                                          unsere Kollektivmitglieder
                                                                                     Die Schweizer Kader Organisation SKO feiert 2018 ihr
Istanbul-Konvention                                                                  125-jähriges Jubiläum. 1893 gegründet, hat sich die SKO
                                                                                     vom Werkmeisterverband zu einem branchenübergreifen-
Nulltoleranz bei Gewalt gegen                                                        den Wirtschaftsverband entwickelt, der die Interessen aller
                                                                                     Führungskräfte in der Schweiz vertritt. Mit der Jubiläums-
Frauen und Mädchen                                                                   kampagne «Leadership – The Swiss Way» wird anhand
                                                                                     einer Ausstellung mit Portraits von 24 bekannten und
Die polizeiliche Kriminalstatistik 2016 hat gezeigt, dass Anzeigen im                unbekannten Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik,
Zusammenhang mit häuslicher Gewalt in den letzten Jahren gestiegen                   Gesellschaft, Kultur und Sport aufgezeigt, was Schweizer
sind: Alle zwei Wochen stirbt in der Schweiz eine Frau infolge                       Führung ausmacht. Mehr Informationen gibt es auf der
häuslicher Gewalt, jede Woche erfolgt ein Tötungsversuch, meist durch                Jubiläums-Webseite: www.swissleaders.org
den (Ex-)Partner. Seit dem 1. April 2018 ist in der Schweiz die Istanbul-
Konvention des Europarates in Kraft. Das Übereinkommen verpflichtet
die Schweiz, Massnahmen für die Gleichstellung der Geschlechter
sowie gegen geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen zu
ergreifen. Insbesondere die Rechte, der Schutz und die Unterstützung
von Opfern sollen gestärkt werden. Die Lösungen sind unter anderem,
genügend und einfach zu erreichende Zufluchtsorte (Frauen- und
                                                                                     Genau fünf Jahre jünger als die SKO ist der Reformierte
Mädchenhäuser) zur Verfügung zu stellen, telefonische Helplines
                                                                                     Frauenverein Zürich 5, seit über 40 Jahren Kollektivmitglied
einzurichten und Kinder zu unterstützen, die Zeugen von häuslicher
                                                                                     der Frauenzentrale. 1888 hatten sich die lokalen Frauenver-
                                        Gewalt geworden sind. Am
                                                                                     eine zum ersten schweizerischen gemeinnützigen Frauen-
                                        13. November 2018 findet eine
                                                                                     verein zusammengeschlossen. Der Frauenvrein Zürich 5
                                        vom Eidgenössischen Büro für
                                                                                     bezweckt die Förderung der allgemeinen Gemeinnützigkeit
                                        Gleichstellung organisierte
                                                                                     im Quartier, die freiwillige gegenseitigen Hilfe sowie die
                                        nationale Konferenz zur
                                                                                     Unter-stützung von Familien und Einzelpersonen.
                                        Istanbul-Konvention in Bern statt.
                                        istanbulkonvention.ch

                                                                                                                                                 BULLETIN 1/2018   5
BULLETIN - "FÜR EINE SCHWEIZ OHNE FREIER" - Stopp Prostitution
PROSTITUTION

                      Das Milliardengeschäft
                      Wie hoch der Jahresumsatz im Schweizer Sexbusiness ist, weiss
                      niemand genau. Wer die grössten Profiteure sind, ist hingegen klar.

                      TEXT SANDRA PLAZA

                      Fast nirgendwo in Europa ist es einfacher,
                      ein Bordell zu betreiben als in der Schweiz
                      und in Deutschland. Polizeilich registriert
                      sind schweizweit rund 1900 Etablisse-
                      ments. Am meisten Bordelle gibt es in
                      den Kantonen Basel-Stadt und Zürich.
                      Den grössten Gewinn machen die Sau-
                      naclubs, in denen Dutzende von Frauen
                      anschaffen. Freier zahlen einen Eintritt
                      von durchschnittlich etwas über 100
                      Franken. Dazu kommt der Umsatz im
                      Gastronomiebereich — vor allem mit al-
                      koholischen Getränken. Für den gesam-
                      ten Schweizer Markt wird von einem Um-
                      satz von 3,5 Milliarden Franken
                      ausgegangen. Auch wenn die Zahlen nur                                                       Foto: b
                      auf groben Schätzungen beruhen: die
                      Dimensionen sind gewaltig, die Tendenz
                      steigend.                                     LANGSTRASSE AUSBEUTUNG IN DER
                                                                    IMMOBILIENBRANCHE..
                      In der Stadt Zürich sind laut der Stadtpo-    Die Profiteure sind männlich
                      lizei Zürich rund 200 Bordellbetriebe be-     Als Folge von Krieg, Vertreibung und den
                      kannt. Wollten Freier früher in die gros-     neuen Mitteln der digitalen Vermarktung
                      sen Saunaclubs, mussten sie in die            ist Prostitution eine globalisierte Wachs-
                      Agglomeration fahren. Das Milieu galt als     tumsbranche, die floriert. Ein Riesenge-
                      «schmuddelig». Mittlerweile sind «Well-       schäft mit Profiten von rund 98 Milliarden
                      ness-Oasen» auch für die Städte chic ge-      Franken pro Jahr weltweit. Damit erwirt-
                      nug. Im Februar 2018 eröffnete mitten im      schaftet das Sexgewerbe fast zehnmal so
                      Herzen von Zürich der grösste Sexclub         viel Umsatz wie die Musikindustrie. Das
                      der Stadt. Das Bordell liegt in unmittelba-   grosse Geld machen nicht die Prostituier-
                      rer Nähe des Opernhauses im obersten          ten. Die wirklichen Profiteure sind in der
                      Stock eines Bürogebäudes, erstreckt           Regel männlich. Es sind einerseits die Bor-
                      sich über 750 Quadratmeter und verfügt        dellbetreiber, die in den Medien gerne ge-
                      über einen Wellnessbereich, ein Fumoir,       zeigt und in der Musikindustrie besungen
                      eine Bar sowie 14 Zimmer. Der bekann-         werden. Von der Sexindustrie leben aber
                      teste Saunaclub im Kanton Zürich ist der      nicht nur Geschäftsinhaber und Investo-
                      «Club Dream» in Dübendorf. Das Bordell        ren, sondern auch Barkeeper, Sicherheits-
                      wirbt mit dem Angebot «Bis 60 Girls täg-      personal, Taxifahrer, Anwälte, das Gesund-
                      lich – Pauschal 160 Franken inkl. Essen».     heitswesen, Agenturen und Heirats-
                      Die Freier erfahren von solchen Angebo-       vermittlungen, wie die Fachstelle für Frau-
                      te über Internetwerbung und Inserate.         enhandel und Frauenmigration (FIZ) auf
                      Insgesamt können in der Schweiz in den        ihrer Webseite bestätigt. Schweizer Städte
                      rund 900 «Indoor»-Betrieben alljährlich       wie Zürich sind wegen des grossen Ero-
                      bis zu 16 000 Prostituierte anschaffen, da    tikangebots auch als Kongress-Destinatio-
                      sich im Durchschnitt vier Frauen einen        nen europaweit bekannt. Trifft sich die
                      Arbeitsplatz teilen.                          Wirtschaftselite am World Economic Fo-

6   BULLETIN 1/2018
BULLETIN - "FÜR EINE SCHWEIZ OHNE FREIER" - Stopp Prostitution
PROSTITUTION

ft mit dem Sexbusiness
                  rum WEF in Davos, blüht dort das Geschäft      normal darzustellen und zu legalisieren.        der Schweiz geht das Bundesamt für Poli-
                  mit der Prostitution. «Unsere Models sind      Sie verherrlicht die Prostitution als libera-   zei (fedpol) von 1500 bis 3000 Betroffenen
                  darauf spezialisiert, den WEF-Gästen aus       len, freien Beruf, als Befreiung gar vom        pro Jahr aus. Im vergangenen Jahr haben
                  Politik und Wirtschaft ein wenig den Tag zu    Patriarchat, ausgeübt von angeblich auto-       die Fälle im Bereich von Menschenhandel
                  versüssen», heisst es auf der Website von      nom agierenden «SexarbeiterInnen». Zu           erneut zugenommen. Vor allem der Anteil
                  High Class Escorts. Eine andere Agentur        diesem Glamour-Bild passen auch Filme           von Opfern aus dem Asylbereich verdrei-
                  wirbt gezielt mit Namen von Davoser Ho-        von «Irma La Douce» bis «Pretty Woman»,         fachte sich innerhalb eines Jahres. Dass
                  tels. Es erstaunt deshalb nicht, dass die      die den Sexkauf als ökonomische Bezie-          neuerdings häufiger Asylantinnen von
                  meisten Hotelführer in der Schweiz bis zu      hung zwischen verantwortungsvollen Er-          Menschenhandel betroffen sind, ist auch
                  einem Drittel aus Inseraten aus der Erotik-    wachsenen und im Zeichen einer moder-           für das fedpol ein ernstzunehmendes Pro-
                  branche bestehen. Am gewinnbringenden          nen Sexualität darstellen.                      blem. Im Jahr 2016 hat das Staatssekreta-
                  Geschäft nehmen auch die Print- und On-                                                        riat für Migration dem fedpol 73 Fälle po-
                  linemedien teil. Eine grosse Schweizer         Die Realität in den Massagesalons und           tentieller Opfer von Menschenhandel im
                  Mediengruppe betreibt über eine Tochter-       «Liebestempeln» sieht aber oft ganz an-         Asylbereich gemeldet. Im Vorjahr waren
                  gesellschaft die Plattform sexup.ch, eine      ders aus. Aus internationalen Studien           es 32 Fälle. Sprecherin Musliu sagt: «Auf-
                  Westschweizer Buchungsseite für Escort-        weiss man, dass die Mehrheit der Prostitu-      grund der grossen Migrationsbewegun-
                  girls. Das Erotikbusiness, das schon früher    ierten Angehörige ethnischer Minderhei-         gen gehen wir aufgrund von Analysen da-
                  ganze Zeitungsseiten füllte, spült jetzt di-   ten sind, Flüchtlingsfrauen und Opfer von       von aus, dass diese Fälle in den nächsten
                  gital Geld in die Kassen, völlig abgekop-      sexueller Gewalt. Viele Prostituierte haben     Jahren zunehmen werden.»
                  pelt vom Journalismus. Das zeigt sich bei      schon in der Kindheit Gewalt erlebt. Sie
 Foto: blick.ch   den unzähligen Onlineplattformen mit ein-      leiden überdurchschnittlich an Angststö-        Zwangsprostituierte geniessen in der
                  schlägigen Angeboten von Sexdienstleis-        rungen und Depressionen und können              Schweiz zwar Opferschutz. Dies allerdings
                  tungen, die in den grossen Tageszeitun-        den Alltag oft nur mit Alkohol oder unter       nur, wenn sie bereit sind, mit den Behör-
                  gen wie «Blick» oder «20 Minuten»              Drogeneinfluss bewältigen. Eine Forscher-       den zusammenzuarbeiten und gegen die
                  inserieren. Die Prostituierten selbst wer-     gruppe der Universität Zürich um Wulf           Menschenhändler auszusagen. Zwar wur-
                  den heute nicht nur von klassischen Zuhäl-     Rössler, langjähriger Direktor der Psychia-     de in den letzten Jahren einiges unter-
                  tern ausgebeutet, sondern auch von Sa-         trischen Universitätsklinik Zürich, hat zur     nommen, um Menschenhandel in der
                  lon-, Klub- und Saunabesitzern – und von       psychischen Gesundheit von Prostituier-         Schweiz mithilfe eines Nationalen Aktions-
                  Immobilienhändlern. Die Vermieter verlan-      ten geforscht. Die befragten 200 Frauen         plans besser zu bekämpfen. Trotzdem
                  gen überrissene Mietzinsen für Kleinstzim-     waren zwischen 18 und 63 Jahre alt, mehr-       schützt das Schweizer Asylwesen mögli-
                  mer in schlechtem, manchmal sogar in           heitlich in der Schweiz geboren, zwei Drit-     che Opfer von Menschenhandel zu wenig
                  menschenunwürdigem Zustand. Auf der            tel besassen einen Schweizer Pass. Die          – das kritisieren sowohl Hilfsorganisatio-
                  Erotik-Kontaktplattform cherry.ch wird in      Resultate: 30 Prozent der befragten Pros-       nen als auch die UNO und der Europarat.
                  Dübendorf ein Zimmer zur Miete angebo-         tituierten leiden an Depressionen, 34 Pro-      So haben beispielsweise Opfer, die nicht
                  ten – für 780 Franken in der Woche, also       zent an Angststörungen. Besonders ge-           in der Schweiz ausgebeutet wurden, kein
                  mehr als 3000 Franken im Monat. Ein Stu-       fährdet für psychische Störungen sind           Anrecht auf Opferschutz. Doch Menschen-
                  dio «zur erotischen Nutzung» mit drei Zim-     Schweizer Frauen, die ihre Dienste auf der      handel ist ein internationales Geschäft –
                  mern in «Oberengstringen-Zürich» ist für       Strasse anbieten, und Frauen aus Asien          viele betroffene Frauen gelangen auf der
                  7500 Franken inseriert. In Zürich-Seebach      oder Südamerika, die in Bars oder Studios       Flucht in die Schweiz.
                  gibt es drei Zimmer für 5000 Franken.          arbeiten. Von diesen Frauen wiesen bis zu
                                                                 90 Prozent psychische Störungen auf.
                  Die Lobby verkauft Glamour-Welt                                                                  QUELLE
                  Das Sexbusiness ist ein sehr lukrativer        Menschenhandel
                  Markt, der von Angebot und Nachfrage           Hinter dem Geschäft mit der Prostitution          - «Prostitution: Exploitations, Persecutions,
                  bestimmt wird. Und die Nachfrage scheint       steht auch immer der Menschenhandel               Repressions», Economica, Paris: 2016.
                  unersättlich. Die Sexindustrie ist einer der   mit Millionen Menschen, die entwürdigt            fondationscelles.org
                  am schnellsten wachsenden Wirtschafts-         und mit brutaler Gewalt eingeschüchtert
                                                                                                                   - Erotikbetriebe als Einfallstor für Menschen-
                  zweige der Welt. Wie jede lukrative Bran-      werden. Jährlich werden weltweit rund
                                                                                                                   handel? Studie von Lorenz Biberstein,
                  che hat auch die Sexindustrie ihre Lobby.      zweieinhalb Millionen Menschen Opfer              Martin Killias, 2015
                  Zu ihrer Marketing-Strategie gehört es, al-    von Menschenhandel, 80 Prozent davon
                  le Aktivitäten rund um die Prostitution als    sind Frauen, 40 bis 50 Prozent Kinder. In         - fiz-info.ch

                                                                                                                                                             BULLETIN 1/2018   7
BULLETIN - "FÜR EINE SCHWEIZ OHNE FREIER" - Stopp Prostitution
PROSTITUTION

                      «Für eine Schweiz
                      die neue Kampagne
                      Mit ihrer neuen Kampagne «Für eine Schweiz ohne Freier» macht
                      sich die Frauenzentrale für einen Wandel in unseren Köpfen stark.
                      Der Lösungsansatz ist einfach und effektiv: Je weniger Freier, desto
                      weniger Prostitution.

                      TEXT SANDRA PLAZA

                      Am 1. Juli 1998 ist es genau 20 Jahre her,     Männer haben immer die Wahl
                      dass in Schweden das Gesetzespaket             Prostitution ist keine normale Arbeit und
                      «Frauenfrieden» (schwedisch «Kvinnof-          wird es auch nie sein. In den Debatten
                      rid») zum Schutz von Frauen in Kraft trat.     werden Prostituierte oft in zwangsprosti-
                      Im Rahmen dieser Gesetzesreform wurde          tuierte Frauen und solche, die es «freiwil-
                      im Bereich Prostitution der Sexkauf krimi-     lig» tun, aufgeteilt. Dabei wird aber über-
                      nalisiert: Die Kunden werden für den Kauf      sehen, dass der «Freiheitsgrad» der
                      von sexuellen Dienstleistungen bestraft,       Prostituierten für die Freier nie eine Rolle
                      die Prostituierten bleiben straffrei. Zuvor    spielt. Der Freier kauft sich – unabhängig
                      war in Schweden Prostitution als Gewalt        von der Situation der Frau – eine sexuelle
                      gegen Frauen definiert worden.                 Handlung, die ohne materielle Entschädi-
                                                                     gung zu 99,9 Prozent nicht stattfinden
                      Alles ist käuflich – auch Frauen               würde. Wieso müssen wir uns in diese
                      In der Schweiz sind wir weit davon ent-        Debatte über Freiwilligkeit oder Zwang
                      fernt, Prostitution als Gewalt gegen Frau-     überhaupt einlassen? Wieso weisen wir
                      en zu betrachten. Befassen sich Medien,        nicht stattdessen darauf hin, dass für 100
                      Nichtregierungs-Organisationen oder die        Prozent der Freier der Gang zu Prostitu-
                      Politik mit Prostitution, geht es meist dar-   ierten eine Wahl ist?
                      um, die Rechte von Prostituierten zu stär-
                      ken oder Prostitution zu einem normalen        Der Frauenzentrale ist überzeugt: Es
                      Beruf zu verklären. Sexualität wird als        braucht dringend einen Wandel in unse-
                      männliches Grundbedürfnis verstanden,          ren Köpfen. Die strukturelle, wirtschaftli-
                      und der Staat stellt bereitwillig die Rah-     che, psychologische und physische Ge-
                      menbedingungen zur Verfügung. Dies ist         walt in der Prostitution muss erkannt und
                      Ausdruck einer Konsumgesellschaft, in          benannt werden, denn sie verunmöglicht
                      der alles käuflich ist, auch Frauen. Dieses    eine geschlechtergerechte Gesellschaft
                      Bild macht sich in den Köpfen breit und ist    und ist ein Verstoss gegen die Menschen-
                      vom Ideal einer gleichberechtigten Ge-         würde. Freier, Zuhälter, Menschenhändler
                      sellschaft weit entfernt.                      und Bordellbetreiber müssen zur Verant-
                                                                     wortung gezogen und geächtet werden
                      Dabei zeigen sich nirgends das Ge-             – also jene, die im System der Prostitution
                      schlechterverhältnis und die patriarcha-       tatsächlich die Wahl und den Profit haben.
                      len Gesellschaftsstrukturen so deutlich
                      wie bei der Prostitution. Prostitution ver-    Verstoss gegen Menschenwürde
                      stärkt eine bestehende «Rape Culture»          In vielen Ländern ist Prostitution verboten
                      gegenüber Frauen, die darin besteht, se-       und Freier werden bestraft, weil diese
                      xuelle Übergriffe auf Frauen zu verharm-       Länder erkannt haben, dass Prostitution
                      losen und ihnen oft eine Teil- oder Ge-        keine Privatsache ist, sondern dass die
                      samtschuld zuzuschreiben, wenn sie             staatliche Legalisierung gesamtgesell-
                      Opfer sexueller Gewalt werden.                 schaftliche Wirkungen hat und Frauen

8   BULLETIN 1/2018
BULLETIN - "FÜR EINE SCHWEIZ OHNE FREIER" - Stopp Prostitution
PROSTITUTION

 ohne Freier» –                                                                              Das Engagement der
                                                                                               Frauenzentrale

der Frauenzentrale                                                                           Die Frauenzentrale hat sich seit ihrer
                                                                                             Gründung wiederholt mit der Prostitution
                                                                                             und deren Auswirkungen auf die Gesell-
                                                                                             schaft befasst. Bereits 1917 rief sie – dem
entwürdigt werden. Länder wie Schweden,        das Recht haben, über Frauen zu verfügen      Zeitgeist entsprechend – ihre Kollektiv-
Norwegen, Finnland, Island, Irland und         und ihre sexuellen Bedürfnisse jederzeit      mitglieder auf, gegen die Prostitution
Frankreich halten Prostitution für nicht mit   zu befriedigen, dürfte die Zahl der gewalt-   und «Sittenverluderung» in Zürichs Stras-
der Menschenwürde vereinbar und haben          samen Übergriffe tendenziell steigen.         sen ein Zeichen zu setzen. Die Frauen-
deshalb die Nachfrage nach käuflichem Sex      ÄLTESTES GEWERBE Argument: Prostitu-          zentrale verfasste eine Eingabe an den
unter Strafe gestellt. Sie folgen damit der    tion ist das «älteste Gewerbe der Welt».      Stadtrat und forderte ein «festes Ein-
Empfehlung des Europarates, der 2014 Pro-      FALSCH: Die Prostitution entstand im drit-    schreiten» gegen die «Volksseuche der
stitution als Verstoss gegen die Menschen-     ten vorchristlichen Jahrtausend im Zusam-     Prostitution». Mitte der 1950er-Jahre un-
würde einstufte und den Mitgliedstaaten        menhang mit Krieg und Sklaverei. Die ers-     ternahm die Frauenzentrale einen neuen
empfahl, das «schwedische Modell» zu prü-      ten Sklaven (und Prostituierte) waren         Versuch, eine Allianz zu schmieden, um
                                                                                             in der Stadt gegen die neuen Massage-
fen, also die Freierbestrafung. Der Lösungs-   Frauen.
                                                                                             Salons, Appartement-Häuser und den
ansatz ist einfach und effektiv: Je weniger    SPASSFAKTOR Argument: Vielen Frauen
                                                                                             zunehmenden Autoverkehr durch die
Freier, desto weniger Prostitution.            macht es Spass. FALSCH: Laut einer UN-
                                                                                             Freier vorzugehen. Drei Jahrzehnte spä-
                                               Studie wurden zwei Drittel aller Pros-
                                                                                             ter bat Regierungsrat Peter Wiederkehr
Die Europäische Frauenlobby, die Dach-         tituierten von Freiern vergewaltigt. Drei
                                                                                             die Frauenzentrale um eine Stellungnah-
organisation von Frauenorganisationen          von vier konsumieren Drogen oder Alko-        me. Im Kantonsrat war 1986 nämlich ein
aus 30 europäischen Ländern, hat bereits       hol. Die Mehrheit der Frauen ist schon als    Postulat hängig, das sich nach Hilfsange-
2011 die Kampagne «Gemeinsam für ein           Kind sexuell missbraucht worden. Weitere      boten für Prostituierte erkundigte, die
Europa ohne Prostitution» lanciert. Die        Studien zeigen: 80 – 90 Prozent würden        aus dem Milieu aussteigen wollten. Die
Frauenzentrale will unter dem Slogan           sofort aus der Prostitution aussteigen –      Frauenzentrale übernahm die Leaderrol-
«Für eine Schweiz ohne Freier. Stopp Pro-      wenn sie könnten.                             le und brachte Politikerinnen sowie Ver-
stitution» die Debatte in der Schweiz an-                                                    treterinnen der konfessionellen und ge-
stossen – und ein Umdenken in der Ge-          Quelle: Rotlichtaus.de                        meinnützigen Frauenorganisationen an
sellschaft bewirken.                                                                         einen Tisch. Gemeinsam erarbeiteten sie
                                                  NICHT VERPASSEN –                          ein Konzept für eine «Beratungsstelle für
                                                  ZUR KAMPAGNE GEHÖRT                        Prostituierte». Diese sollte Prostituierte
MYTHEN ÜBER PROSTITUTION                          AUCH EIN CLIP                              unterstützen und die Öffentlichkeit für
FREIWILLIGKEIT Argument: Prostituierte                                                       die rechtlichen Schwierigkeiten der Pro-
machen ihre Arbeit freiwillig. FALSCH: 90         Am 28. Juni lancierte die Frauenzentra-    stituierten sensibilisieren. Konzept, Sta-
Prozent ist Zwangs- und Armutsprostituti-         le im Kino Houdini ihre Kampagne           tuten und Betriebsreglement standen
on. Es muss nicht immer der Zuhälter              «Für eine Schweiz ohne Freier. Stopp       nach vier Jahren ehrenamtlicher Arbeit
sein, der Gewalt anwendet. Manchmal               Prostitution». Die eingeladenen Medien     fest, nur das Geld fehlte noch. Stadträtin
werden Frauen auch von ihren eigenen              bekamen zum ersten Mal die neue            Emilie Lieberherr versprach Hilfe, doch
                                                  Webseite und einen eindrücklichen Clip     dann verschwand das Konzept in den
Familien in die Prostitution geschickt.
                                                  zur Prostitutionskampagne zu sehen.        Schubladen. 2013, als der Zürcher Stadt-
KRIMINALISIERUNG Argument: Wenn
                                                                                             rat in seinem Massnahmenpaket zur Pro-
man die Prostitution kriminalisiert, rut-         Der Film wurde von der Werbeagentur
                                                                                             stitution den Strassenstrich am Sihlquai
schen die Frauen in die Illegalität, und al-      Publicis produziert und in Stockholm
                                                                                             aufheben und einen betreuten Strich-
les wird schlimmer. FALSCH: «Kriminali-           mit schwedischen Schauspielerinnen
                                                                                             platz mit Boxen in Zürich-Altstetten ein-
siert», also verfolgt, werden nur die, die        und Schauspielern gedreht.
                                                                                             richten wollte, fasste die Frauenzentrale
mit der Ware Frau handeln – Freier, Frau-         stopp-prostitution.ch
                                                                                             die «Nein-Parole». Es ist nicht Aufgabe
enhändler, Zuhälter, Bordellbetreiber –                                                      des Staates, teure Infrastruktur für
nicht die Frauen selbst. Prostituierte er-                                                   schnellen, käuflichen Sex zur Verfügung
halten Schutz und Beratung.                                                                  zu stellen. Bereits zwei Jahre zuvor hatte
MEHR VERGEWALTIGUNGEN Argument:                                                              die Frauenzentrale dem Thema Prostitu-
Wenn es keine Prostitution gibt, steigt die                                                  tion ein Bulletin gewidmet mit dem Ziel,
Zahl der Vergewaltigungen. FALSCH:                                                           die gesellschaftspolitische Debatte zu
Wenn eine Gesellschaft mit der Akzeptanz                                                     lancieren.
von Prostitution signalisiert, dass Männer

                                                                                                                                     BULLETIN 1/2018   9
BULLETIN - "FÜR EINE SCHWEIZ OHNE FREIER" - Stopp Prostitution
PROSTITUTION

              Fragen an einen Freier
              Was geht in einem Mann vor, der regelmässig zu Prostitutierten geht? Martin Bachmann,
              seit 17 Jahren Berater beim «männebüro züri», hat mit einem anonymen Freier gesprochen.

                   Wie oft gehen Sie zu Prostituierten?      dann um Sex. Ich will von den Frauen         Das ist doch Quatsch. Puffs gab es schon
                    Das ist jeweils nicht geplant. Ich       sonst ja nichts. Wenn ich Zeit habe, wenn    immer. Wenn die Frauen das machen wol-
                     nehme mir das nicht bewusst vor.        es mal krachen soll, dann kommt das vor.     len, ist das einfach ein Business. Ich gehe
                      Das ergibt sich einfach. Aber                                                       ja nicht auf den Strassenstrich, zu denen,
                          wenn ich zurückschaue, kom-        Was wissen Sie von den Frauen, mit de-       die das machen müssen. Das ist wider-
                            me ich auf ca. einmal im         nen Sie Sex für Geld haben?                  lich. Die Frauen müssen das schon auch
                              Monat. Es ist nicht so,        Eigentlich nichts. Die sind mir weitgehend   etwas wollen. Sonst macht es auch kei-
                                dass ich immer bezah-        egal. Ich will einen schönen Moment und      nen Spass. Ich glaube nicht, dass es we-
                                  le, manchmal treffe        Sex haben. Ich behandle die Frauen an-       niger Prostituierte geben würde, wenn es
                                    ich auch Frauen, die     ständig, respektvoll, ich mache auch keine   verboten wäre. Es würde mehr im Gehei-
                                      ich auf Tinder ken-    verrückten Sachen, ganz normalen Sex         men laufen, wie ich auf meinen Reisen ja
                                      nenlerne, da be-       mit ein bisschen küssen, oral und gewöhn-    auch sehe. Aber wahrscheinlich würde
                                     zahle ich nichts. Es    lichen Geschlechtsverkehr, nichts Perver-    ich schon weniger gehen, wenn es für
                                   ist halt auch so, dass    ses. Woher die Frauen kommen, warum          mich gefährlicher werden würde. Ich will
                                 ich das schon seit je-      sie diesen Job machen, frage ich nicht       ja meine Ehe nicht gefährden.
                                 her kenne, mein ers-        nach. Anders wird es, wenn ich mehrmals
                                 tes Mal war auch in         bei der gleichen war. Dann gibt es schon     Wann ist so ein Bordell-Besuch gut in
                                  einem Bordell. Es          so eine Art Beziehung, man kennt sich ir-    Ihren Augen?
                                  gab immer wieder           gendwie. Dann redet man mehr und weiss       Wenn es sauber war, wenn die Frau nett
                                  lange Lücken, wo ich       auch ein paar Sachen voneinander.            war, wenn es einfach ein stimmiger Service
                                 nicht zu Prostituierten                                                  war. Wenn es keinen Stress gab und wenn
                                 ging. Aber seit ich Fa-     Wie läuft so ein Besuch ab?                  es ihr auch gefallen hat. Die kommen ehrlich
                                milie habe, hat sich         Das geht eigentlich recht unkompliziert,     gesagt auch oft beim Sex mit mir.
                                das verselbständigt.         es sind ja alle im Internet. Ich rufe an
                                                             oder gehe im Club vorbei. Danach wähle       B.G., 46 Jahre, verheiratet, 2 Kinder
                                Wo und wie treffen Sie       ich aus, entscheide, was ich will und be-
                               die Frauen?                   zahle meine gekaufte Zeit. Anschlies-
                               Das ist unterschiedlich. Es   send duschen, mit der Frau etwas reden
                                                                                                             FREIER IM FOKUS
                               passiert fast immer auf       und dann eben ganz normalen Sex. Wie-
                                                                                                             Laut Angaben der Aids-Hilfe Schweiz
                               Geschäftsreisen, wenn         der duschen und raus. Das ist einfach so
                               ich unterwegs bin. Ich        eine Zeit-Insel, das hat wie mit mir sonst      gehen rund 350'000 Männer mindes-
                                schaue aber auch sonst       nichts zu tun. Ich kann das gut trennen,        tens einmal im Jahr zu einer Prostituier-
                                 immer mal wieder, wo in     sonst ginge es ja nicht.                        ten. Das ist jeder fünfte Mann zwischen
                                   welchem Club etwas                                                        20 und 65 Jahren. Durch Charakteristi-
                                  los ist, wo welche Frau-   Haben Sie kein schlechtes Gewissen?             ka wie Alter, Ausbildung oder soziale
                                 en auf den Online-Por-      Doch schon, aber ich kann und muss das          Schicht lassen sich die Männer nicht
                                talen zu finden sind.        vergessen können. Meine Frau würde              eingrenzen. Auch die Gründe für den
               Meistens sind es neue Kontakte. Ich treffe    das überhaupt nicht wollen. Ich schäme          Besuch bei einer Prostituierten
              aber auch gelegentlich Frauen, die ich         mich manchmal sehr, vor allem wenn ich          variieren. Was alle Freier verbindet, ist
              schon länger kenne, das ist wie eine Sex-      meine Frau wieder sehe. Und es weiss es         der Wunsch nach Anonymität. Und ganz
              Beziehung nebenher.                            ja auch sonst niemand, das erzähle ich
                                                                                                             oft: Mangelndes Verantwortungs-
                                                             nicht herum. Ausser wenn ich mit Ge-
                                                                                                             bewusstsein als Konsument der Dienst-
              Warum gehen Sie zu Prostituierten?             schäftspartnern unterwegs in Clubs war,
              Keine Ahnung, das ergibt sich einfach.         dann wissen es einige, aber die waren ja        leistung Sex. Fünf Jahre nach Einfüh-
              Nach langen Arbeitstagen, wenn ich un-         auch mit dabei und halten dicht.                rung der neuen Prostitutionsverord-
              terwegs bin, mir Nähe fehlt, dann kommt                                                        nung in der Stadt Zürich wurden rund
              mir manchmal diese Idee und dann pas-          Was halten Sie vom nordischen Modell,           270 Freier verzeigt, die gegen den
              siert es auch gelegentlich. Es geht mir        das gekauften Sex für Freier verbietet?         Strichplan verstossen haben.

10   BULLETIN 1/2018
PROSTITUTION

                                                           Prostitution –
      ein Beruf wie jeder andere?
Die Psychologin Sandra Konrad analysiert in ihrem neuen Buch ‹Das beherrschte Geschlecht. Warum
sie will, was er will› anhand der Geschichte weiblicher Sexualität die bis heute wirksamen Geschlechter-
klischees. Die Hamburgerin widmet auch den Themen Pornografie und Prostitution ein eigenes Kapitel.

                                                                            fast ausschliesslich männliche Nachfrage gegenüber. Wir sprechen
TEXT SANDRA KONRAD
                                                                            von Gleichberechtigung, aber während der männliche Freier unbe-
Prostitution ist ein Job wie jeder andere auch. Schliesslich ist es         schadet zwischen Rotlicht-Milieu und seinem bürgerlichen Leben
das älteste Gewerbe der Welt, das Frauen die Möglichkeit gibt, mit          hin- und herspaziert, ist die Prostituierte für alle Zeiten gebrand-
ihrem Hobby viel Geld zu verdienen. Prostituierte arbeiten total            markt. Aus Scham und Angst vor Stigmatisierung verschweigen
selbstbestimmt und freiwillig. Ohne Prostitution würde es mehr              viele ihre Tätigkeit. Und obwohl Studien zeigen, dass 80 bis 90
Vergewaltigungen geben. Solche und ähnliche Behauptungen fal-               Prozent der Frauen sofort aus der Prostitution aussteigen würden,
len in wohl jeder Diskussion über das Thema. Doch einzelne dieser           wenn sie könnten, ist eine Rückkehr in den normalen Arbeitsmarkt
Aussagen bagatellisieren und normalisieren die Tatsache, dass wir           schwierig.
in einer Gesellschaft leben, in der Männer Frauen kaufen können
und in der Sexualität bis zur Unkenntlichkeit verdinglicht werden           Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere, denn weder Frauen,
kann. Die Realität hinter der Glamour-Kulisse der käuflichen Sexu-          die sich prostituieren, noch Männer, die Prostituierte aufsuchen,
alität sieht alles andere als rosig aus: Armut und Zwang sind die           würden sich diese Karriere für ihre Töchter wünschen. Es gibt kei-
Hauptfaktoren für den Einstieg in die Prostitution.                         ne Ausbildung, keine Zulassungstests, keine Standards, keine
                                                                            Mindestlöhne, die eingehalten werden müssen. Für wenig Geld
Ein Detail wird auch bei den wenigen «freiwilligen» Prostituierten          gibt die Frau ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht auf und wird
oft übersehen, verschwiegen oder verleugnet: Für viele von ihnen            vorübergehend zum Eigentum des Mannes.
ist der Einstieg ins Rotlicht-Milieu eine tragisch-logische Fortset-
zung ihres Lebens, in dem sie Gewalt, Missbrauch und Vernachläs-            Prostitution lehrt uns als Gesellschaft: Die Frau ist eine Ware, der
sigung erfahren haben. Jede Frau, die sich prostituiert, hat eine           weibliche Körper ist käuflich, der Mann hat die Macht. Nun ist Sexu-
Vorgeschichte – selbst die Bundesregierung in Deutschland er-               alität auch in intimen Liebesbeziehungen kein machtfreier Ort, aber
kannte 2007 an, dass es «eine soziale Realität (ist), dass viele Pro-       in der Prostitution werden Machtverhältnisse einseitig festge-
stituierte sich in einer sozialen und psychischen Situation befin-          schrieben: Mann ist mächtiges Subjekt, Frau unterworfenes Objekt.
den, in der es fraglich ist, ob sie sich wirklich frei und autonom für      Nirgends zeigt sich das patriarchalische Geschlechterverhältnis
oder gegen diese Tätigkeit entscheiden können.»                             deutlicher als in der Welt des käuflichen Sex, in der zudem struktu-
                                                                            relle Gewalt und Ausbeutung herrschen. Und nirgends wird genau
«Sexarbeit», wie Prostitution neutralisierend genannt wird, ist kein        das so konsequent verleugnet, verdrängt und sogar legalisiert.
Beruf wie jeder andere. Prostituierte erfahren täglich Stigmatisie-
rung, Objektifizierung und diverse Formen von Gewalt. Zwei Drit-            Es ist an der Zeit, uralte, längst widerlegte Argumente zu hinterfra-
                               tel aller Prostituierten wurden              gen, die liberal klingen, aber an Ignoranz und Empathielosigkeit
                               schon von einem oder mehreren                grenzen und die noch dazu sexistisch sind – auch Männern gegen-
                               Freiern vergewaltigt. Drei von vier          über, die als tumbe Triebtäter dargestellt werden, die ohne Zugriff auf
                               Prostituierten konsumieren Drogen            Prostituierte zu Vergewaltigern werden würden. Auch das Argument
                               oder Alkohol, um ihre Tätigkeit zu           «Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt» ist nichts weiter als die
                               ertragen.                                    älteste Entschuldigung der Welt, patriarchalische Gesellschaftsstruk-
                                                                            turen und die ausbeuterische Beziehung zwischen Männern und
                                Prostitution ist kein Beruf wie jeder       Frauen nicht hinterfragen, kritisieren oder verändern zu wollen. Eine
                                andere, denn einem fast ausschliess-        ehemalige Prostituierte bringt die Absurdität auf den Punkt: «Prosta-
                                lich weiblichen Angebot steht eine          ta-Krebs gab es auch schon immer und man tut etwas dagegen.»

                                       QUELLE
                                       - Gugel, Rahel: Das Spannungsverhältnis zwischen Prostitutionsgesetz und Art.3 III Grundgesetz – eine rechtspolitische Untersuchung.
                                       Bremen 2010. - Kraus, Ingeborg: Trauma as a Pre-condition and Consequence of Prostitution. 2016. - Müller, U. & Schröttle, M.:
                                       Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen.
                                       Phoenix, Johanna: Prostitute Identities – Men, Money and Violence. British Journal of Criminology, 2000. - Raymond, G. Janice:
                                       Prostitution on Demand. Legalizing the Buyers as Sexual Consumers. In: Violence Against Women, 10 (10) 2004. - Zumbeck, Sybille: Die
                                       Prävalenz traumatischer Erfahrungen, Posttraumatische Belastungsstörung und Dissoziation bei Prostituierten. Hamburg 2011. - Sexuelle
                                       Realitäten älterer Frauen: Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung. Informationsdienst Forum Online.BULLETIN     1, 2003.11
                                                                                                                                                      Ausgabe2/2017
PROSTITUTION

Prostitution in Europa – ein Ländervergleich
Während in Schweden und Norwegen der Kauf sexueller Dienstleistungen strafbar ist, gelten in der Schweiz und Deutschland
andere Gesetze: Prostitution ist legal und reguliert. Ein Überblick über die einzelnen Gesetzgebungen in Europa.

      SCHWEDISCHES MODELL                                                  LEGAL
                                                                                                                                                      1. Andorra
                                                                                                                      Island
Schweden Prostitution wird als Gewalt gegen               Deutschland Seit 2002 legal und eine                        Reykjavík                       2. Monaco
                                                                                                                                                      3. Luxemburg

Frauen verstanden und als nicht vereinbar mit             Dienstleistung mit Anspruch auf einklagba-                                                  4. Liechtenstein
                                                                                                                                                      5. San Marino
                                                                                                                                                                                                                    Schweden

                                                                                                                                                                                                                                               Finnland
der Würde einer Frau. Seit 1998 machen sich               ren Lohn sowie Zugang zur Kranken- und                                                      6. Vatikanstadt

Kunden strafbar, nicht aber die Prostituierten.           Sozialversicherung. Seit 2017 u.a. Anmelde-                                                                                     Norwegen

Frankreich 2013 wurde ein Gesetz beschlossen,             pflicht und Kondompflicht. Schweiz Kuppe-                                                                                                Oslo                                        Tallinn
                                                                                                                                                                                                                                                         Helsinki

das die Freier bestraft. Seit Inkrafttreten des Ge-       lei und passive Zuhälterei stehen seit 1992                                                                                                                             Stockholm
                                                                                                                                                                                                                                                    Estland

setzes im April 2016 ist Prostitution in Frankreich       nicht mehr unter Strafe. Bis 2013 war Prosti-                                                                                                                                            Riga
                                                                                                                                                                                                                                                           Lettland
verboten. Norwegen Seit 2009 werden Freier                tution mit Jugendlichen über 16 Jahren                                                                                                                                                   Litauen
nach schwedischem Vorbild bestraft. Island                straffrei. Ausländische Prostituierte brau-
                                                                                                                                                                                                       Kopenhagen
                                                                                                                                                                            Dänemark                                                                      Wilna
                                                                                                                                                                                                                                                                          Minsk

Nach langem Hin und Her folgen die Isländer               chen für die Ausübung ein Arbeitsvisum.                       Irland        Dublin
                                                                                                                                                                   Niederlande
                                                                                                                                                                                                                                                                    Weissrussland

dem schwedischen Modell: Freier werden seit               Österreich Prostituierte sind selbständig                                            Groß-
                                                                                                                                               britannien                                                  Berlin
                                                                                                                                                                                                                                          Warschau

                                                                                                                                                                                                                                                                                         Kiew

2009 mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft             Erwerbstätige und steuerpflichtig. Sie kön-
                                                                                                                                                   London             Amsterdam
                                                                                                                                                                                                                                   Polen
                                                                                                                                                                      Brüssel             Deutschland                                                                                  Ukraine
Nordirland verbietet im Herbst 2014 als erstes            nen nicht in einem Anstellungsverhältnis                                                                         Belgien                                       Prag
                                                                                                                                                                                3.                                  Tschechische
Land der UK den Kauf sexueller Dienstleistun-             stehen. Asylbewerberinnen dürfen sich le-                                                                Paris                                            Rep.         Slowakei
                                                                                                                                                                                                                                      Bratislava
                                                                                                                                                                                                                                                                                  Moldawien
                                                                                                                                                                                                                                                                                  Chișinău
                                                                                                                                                                                                                          Wien
gen. Über zehn Jahre lang hatte eine Rotlicht-            gal prostituieren. Griechenland Laut einer                                                                                                                                           Budapest

                                                                                                                                                                                                               Österreich
aus-Kampagne beharrlich für das Sexkaufverbot             Studie des National Centre for Social Re-
                                                                                                                                                                                          Bern    4.
                                                                                                                                                                                                                                      Ungarn                         Rumänien
                                                                                                                                                      Frankreich                     Schweiz                                Ljubljana
                                                                                                                                                                                                                                   Zagrep                                         Bukarest

gekämpft. Irland Seit 2017 gilt auch in Irland das        search (EKKE) nahm Prostitution von 2013                                                                                                                  Slowenien
                                                                                                                                                                                                                                    Kroatien

                                                                                                                                                                                                 Italien                           Bosnien &             Belgrad
schwedische Modell. Mit überwältigender Mehr-             bis 2015 aufgrund der Wirtschaftskrise                                                                                                              5.
                                                                                                                                                                                                                                   Herzegowina
                                                                                                                                                                                                                                      Sarajevo
                                                                                                                                                                                                                                                    Serbien              Bulgarien
                                                                                                                                                                                     2.                                                        Monte-     Pristina Sofia
heit beschloss das Parlament, Freier künftig zu           um 150 Prozent zu. Prostituierte müs-                                                        1.
                                                                                                                                                                                                                                      Podgorica
                                                                                                                                                                                                                                               negro
                                                                                                                                                                                                                                                     Kosovo Skopje

bestrafen. Zuvor stand Prostitution für Prostituier-      sen sich registrieren und regelmässig
                                                                                                                                                                                                                                                       Mazedonien
                                                                                                           Portugal

                                                                                                                                                                                                                    6.
                                                                                                                             Madrid                                                                        Rom                              Tirana
                                                                                                    Lissabon

                                                                                                                                                                                                                                                   Albanien

te und Freier unter Strafe.                               ärztlich untersuchen lassen. Ungarn                         Spanien

                                                          Prostitution ist legal, darf aber nur in                                                                                                                                                                       Athen

                                                          wenigen genehmigten Zonen ausge-                                                                                                                                                                                   Griechenland

      LEGAL, WENIG REGULIERT                              übt werden. Seit 2006 müssen Einnah-
                                                          men aus Prostitution versteuert werden.
Italien Seit 1958 sind Bordelle verboten. Prostituti-     Lettland Prostituierte zahlen Steuern und
on findet vor allem auf der Strasse statt. Es sind zum    müssen zu Gesundheits-Checks. Vor allem in
grössten Teil Migrantinnen. Feministische Gruppie-        Riga florierte der Sextourismus, bis der Staat              «SCHWEDISCHES MODELL» – Konsum sexuel-
                                                                                                                      ler Dienstleistungen verboten, Freier werden
rungen und einige katholische Bischöfe fordern die        Massnahmen ergriff. Heute werden junge
                                                                                                                      bestraft.
Freierbestrafung. Spanien und Portugal Legal              Frauen – wie in Ungarn – für das Ausland
und stark verbreitet, der Strassenstrich floriert. Ins-   rekrutiert. Dänemark Prostitution ist legal,                LEGAL – Zuhälterei verboten, Kondompflicht,
besondere Spanien hat in jüngster Zeit einen              Prostituierte bezahlen Steuern. Bordelle sind               Pflicht zu medizinischen Untersuchungen und
enormen Anstieg an Migrantinnen zu verzeichnen,           nicht erlaubt. Durch die Nähe zu Schweden                   zur Registrierung. Prostituierte sind steuer-
die als Prostituierte arbeiten. Polen und Tsche-          ist insbesondere Kopenhagen Destination                     pflichtig.
chien Prostitution legal, Bordelle verboten. Ausge-       für schwedische Freier. Grosser Strassen-
                                                                                                                      LEGAL, WENIG REGULIERT – mit Ausnahme von
übt auf Strassen, Bahnhöfen und Hotels sowie in           strich. Holland Das Bordellverbot wurde im
                                                                                                                      Mindestalter und Menschenhandel.
offiziell als Agenturen angemeldeten Sexclubs.            Jahr 2000 aufgehoben und Prostitution als
Finnland Die Regierung plante 2006 ein Totalver-          Gewerbe anerkannt. Prostituierte zahlen                     PROSTITUTIONSVERBOT – Anbieten und Kon-
bot der Prostitution mit Strafen für Freier. Schluss-     Steuern. Man erhoffte sich von der Legali-                  sum verboten. Freier wie Prostituierte werden
endlich wurde ein modifiziertes Gesetz erlassen.          sierung eine bessere Bekämpfung von Men-                    bestraft.
Öffentliche Kontaktanbahnung ist verboten. Online-        schenhandel. Die Ergebnisse sind ernüch-
Werbung blüht. Bulgarien Prostitution ist rechtlich       ternd. Erst kürzlich hat Amsterdam im
nicht klar geregelt. Sie ist – anders als Zuhälterei –    Rotlichtmilieu über 200 Fenster geschlos-
weder strafbar noch legal. Grossbritannien                sen und zu Sozialwohnungen umbauen las-
Strassenprostitution und aktives Anwerben von             sen. Weitere Massnahmen folgen. Türkei
Freiern sind untersagt. Freier werden bestraft,           Der Staat betreibt konzessionierte Bordelle.                                     PROSTITUTIONSVERBOT
wenn sie Frauen zur Prostitution in der Öffentlich-       Ausserhalb ist Prostitution verboten. Der
keit auffordern. Nur in Wohnungen und Häusern ist         Schwarzmarkt blüht. Luxemburg Seit 2018                          Albanien, Rumänien, Bosnien und Herzegowi-
das Ausüben von Prostitution erlaubt, grössere Eta-       neues Prostitutionsgesetz, um Menschen-                          na, Kroatien, Serbien Prostitution ist in diesen
blissements sind verboten. Belgien Die Gesetzge-          handel besser zu ahnden. Prostitution bleibt                     Ländern verboten, jedoch sehr verbreitet. Her-
bung ist ziemlich liberal, unkontrolliert und Prostitu-   legal – aber mit Einschränkungen: Bei Pros-                      kunftsländer für Opfer von Menschenhandel.
tion weit verbreitet. Gewisse Kontrollen finden auf       tituierten mit psychischen Leiden oder ohne                      Litauen Die Ausübung, Inanspruchnahme und För-
lokaler Ebene statt..                                     gültige Papiere machen sich Freier strafbar.                     derung von Prostitution strafbar.
PROSTITUTION

                                         Prostitution:
                                    Beruf oder Ausbeutung?
                           In Schweden werden Freier seit 1998 bestraft. Für das nordische Land ist Prostitution Gewalt gegen
                           Frauen und eine Verletzung der Menschenwürde. Deutschland hingegen versucht mit einer liberalen
                           Gesetzgebung, die Situation von Prostituierten zu verbessern, das Ausüben von Prostitution gilt als Beruf.

  Minsk                    TEXT BRIGITTE MÜLLER
srussland

                   Kiew

                 Ukraine

                           DAS DEUTSCHE MODELL                                              DAS SCHWEDISCHE MODELL
           Moldawien
            Chișinău

mänien
            Bukarest
                           Bis zur Einführung des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002        Schweden ist in Sachen Gleichberechtigung von Frau und
                           war Prostitution in Deutschland geduldet, galt jedoch als        Mann den anderen europäischen Staaten weit voraus. Dass
 Bulgarien
 Sofia
                           sittenwidrig. Mit dem neuen Gesetz verbunden war die             Mann und Frau den gleichen Stellenwert haben, ist in den
                           Erwartung, dass die Diskriminierung von Frauen und               Köpfen der Schweden und Schwedinnen tief verankert.
                           Männern, die der Prostitution nachgehen, abgebaut würde          Dies zeigt sich beim Thema Prostitution. Bereits in den
 Athen
                           und dass sie bessere Arbeitsbedingungen und mehr Rechte          1970er Jahren wurde hinterfragt, was das für eine
                           erhalten würden. Vor allem das Recht, die Bezahlung ein-         Gesellschaft sei, die Bordelle betreibt oder gutheisst. Denn
         Griechenland
                           zuklagen, und der Zugang zur Sozialversicherung wurden           damit trage sie aktiv dazu bei, dass Menschen für eine
                           als erstrebenswerter Fortschritt angesehen. Es ist auch nicht    Tätigkeit ausgenützt werden, die erfahrungsgemäss oft zu
                           mehr strafbar, Räume einzurichten und Arbeitsplätze für          ernsthaften psychischen Schäden und lebenslangen
                           Prostituierte zu schaffen im Sinne eines Beitrags zur Förde-     sozialen Anpassungsschwierigkeiten führt.
                           rung der Prostitution. Fazit des neuen Gesetzes: Statt die
                           gewünschten Verhältnisse zu schaffen und die Situation der       Am 1. Juli 1998 trat das Gesetzespaket «Frauenfrieden»
                           Frauen zu verbessern, löste das Prostitutionsgesetz einen        zum Schutz von Frauen in Kraft. Prostitution wird in
                           Boom aus: Von Flatrate- hin zu Gangbang-Bordellen – für          Schweden als Gewalt gegen Frauen definiert. Seitens
                           Freier ist Deutschland zum Paradies geworden. Und zur            der Regierung hiess es: «Die schwedische Regierung und
                           Drehscheibe für Zwangsprostitution und Menschenhandel.           das Parlament haben durch die Einführung des Gesetzes
                           Kritiker monieren, Deutschland sei zum Bordell Europas           bezüglich des Schutzes von Frauen Prostitution als Männer-
                           verkommen.                                                       gewalt gegen Frauen und Kinder definiert.» Im Rahmen der
                                                                                            Gesetzesreform wurde im Bereich der Prostitution der Kauf
                           Im Jahr 2017 folgte ein neues Prostituiertenschutzgesetz.        von Sex kriminalisiert. Kunden werden seither für den
                           Erstmals wurden umfassende Regeln für legale Prostitution        Kauf sexueller Dienstleistungen bestraft – mit einer
                           aufgestellt: Mit einer Kondompflicht für Freier, Standards für   Busse oder Gefängnisstrafe. Die Prostituierten bleiben
                           Bordelle und mehr Beratung sollen Prostituierte in Deutsch-      straffrei.
                           land künftig vor Ausbeutung und Gesundheitsrisiken ge-
                           schützt werden. Jeder Betreiber muss ein Betriebskonzept         Nicht alle sehen im schwedischen Modell eine Verbesse-
                           vorlegen und sich einer Zuverlässigkeitsprüfung unterzie-        rung der Situation. Die Szene sei härter und gewaltbereiter
                           hen. Menschenunwürdige oder ausbeuterische Formen wie            geworden, sagen kritische Stimmen. Doch Länder wie
                           Flatrate-Bordelle sollen so unterbunden werden. Verstösse        Norwegen, Frankreich, Irland und Island sind dem Beispiel
                           werden mit Bussgeldern bis zu 50 000 Euro je nach Schwe-         Schwedens gefolgt. Der Grundgedanke, nicht in einer
                           re des Verstosses und Einkommensverhältnissen sanktio-           Gesellschaft leben zu wollen, in der Männer als Opfer ihrer
                           niert. Viele Kritiker glauben nicht, dass sich durch das neue    Triebe angesehen werden und Frauen als käufliche Ware,
                           Gesetz die Situation der Prostituierten verbessern wird.         müsste doch für jeden Staat erstrebenswert sein.

                                                                                                                                                   BULLETIN 2/2017   13
ROUND–TABLE

              «Im Kern geht es um unser
              Was ist Prostitution? Eine Verletzung der Menschenwürde? Ein
              Verstoss gegen die guten Sitten? Oder ist es ein Beruf wie jeder
              andere? Wollen wir Prostitution in unserer Gesellschaft akzeptieren
              oder ächten? Die Frauenzentrale diskutiert in der Expertinnenrunde
              kritisch über Prostitution und ihre Hintergründe.

              INTERVIEW ANDREA GISLER                        ject 1012 das Rotlicht säubern. Auch
              UND SANDRA PLAZA
                                                             Schweden regelte die Prostitution vor der
              Einige nordische Länder wie Schweden           Einführung der Freierbestrafung vor 20
              vertreten die Haltung, Prostitution sei        Jahren liberal. Dasselbe gilt auch für
              ein Verstoss gegen die Menschenwür-            Frankreich, Kanada und Finnland. Dort hat
              de. Länder, in denen Freier bestraft           man eingesehen, dass man mit dieser Po-
              werden, gehören in Sachen Gleichbe-            litik weder Menschenhandel noch sexuel-
              rechtigung zu den Fortschrittlichsten.         le Ausbeutung bekämpfen kann.
              Ist das schwedische Modell erstrebens-
              wert für die Schweiz?                          Elisabeth Keller: Es ist ein Trugschluss zu
              Martin Bachmann: Als ich das erste Mal         glauben, dass durch Liberalisierung ein
              vom schwedischen Modell hörte, war das         grösserer Teil der Prostitution sichtbar wird      IRENE HIRZEL GESCHÄFTSFÜHRERIN
                                                                                                                VON «ACT 212», NATIONALE MELDE-
              für mich eine Überraschung. Ich vertrete       und die Prostituierten besser geschützt
                                                                                                                STELLE GEGEN MENSCHENHANDEL
              grundsätzlich einen liberalen Ansatz und       werden. Die Entwicklung in den vergange-           UND SEXUELLE AUSBEUTUNG.
              dachte, dass man für das Wohl der Prosti-      nen Jahren ist deutlich und zeigt immer
              tuierten schauen muss, damit sie nicht         stärker den unsichtbaren Teil der Prostitu-        Zustand der Frau, z.B. in einem Bordell in
              ausgebeutet werden und sich vor Gewalt                                                            Zürich. Die Frau sagt, sie verdiene mit dieser
              schützen können. Das schwedische Mo-           «Die Liberalisierung löst                          Arbeit ihr Geld, sie mache alles freiwillig. Die-
              dell finde ich einen durchaus interessan-                                                         ser Ist-Zustand stimmt. Doch dabei blenden
              ten Ansatz. Aber ich bin nicht an dem          keine Probleme.»                                   wir die Geschichte dieser Frau komplett aus.
              Punkt, an dem ich sagen kann, dass ich                                                            Etwa die Tatsache, dass sie eigentlich schon
              das schwedische Modell für die Schweiz                                                            als Kind für den späteren Beruf konditioniert
                                                                                      ELISABETH KELLER
              als ideale Lösung betrachte. Gesell-                                                              wurde, weil sie vielleicht als Kind miss-
              schaftspolitisch ist das «mannebüro züri»      tion: die organisierte Kriminalität und den        braucht worden ist, aus einer dysfunktiona-
              gegen jede Form der Gewaltanwendung.           Menschenhandel mit modernen Formen                 len Familien stammt etc.. Der zuständige
              Und: Alle Menschen sollen unabhängig           von Sklaverei. Prostituierte werden immer          Polizeikommissar für Menschenhandel in
              von ihrer Herkunft, Geschlechterorientie-      schneller von Ort zu Ort verschoben, und           Bukarest hat einmal ganz klar gesagt, dass
              rung oder ihrer Geschlechtlichkeit ent-        immer öfter werden auch Kinder zu sexu-            keine einzige Rumänin in der Schweiz frei-
              scheiden können, was sie machen wollen         ellen Handlungen gezwungen. Die Legali-            willig als Prostituierte angefangen hat.
              oder auch nicht machen wollen.                 sierung der Prostitution löst keines dieser
                                                             Probleme. Die Beratungsstellen für Frauen          Ferah Dost: Der Umgang mit Prostitution
              Irene Hirzel: Mit der Ratifizierung der Eu-    und – was ich auch sehr wichtig finde – die        ist ein komplexes Thema. Es gibt dafür kei-
              roparatskonvention 2013 zum Schutz von         Arbeit mit Männern, wie es das «mannebü-           ne Patentlösung. Für mich ist ein positiver
              Minderjährigen und sexueller Ausbeutung        ro» macht, sind wichtig. Damit hat man             Aspekt der Legalisierung, dass Regulation
              haben wir in der Schweiz das nordische         aber noch nichts erreicht von dem, was wir         im gewissen Masse möglich ist. Man kann
              Modell für Kinder und Jugendliche bis 18       alle gerne hätten: dass die Ausbeutung             bestimmte Menschengruppen durch Geset-
              Jahre schon integriert. Freier werden          nicht so gross ist und die Menschen nicht          ze schützen. Auffallend ist, dass in der Öf-
              heute schon bestraft, wenn sie Sex mit         so schutzlos sind.                                 fentlichkeit und gerade auch in der Politik
              Minderjährigen haben. Der liberale An-                                                            nicht vermehrt über Prostitution diskutiert
              satz war früher für viele Länder der richti-   Welche Einstellung haben die anderen Ex-           wird.
              ge Weg, doch mit der Zeit krebsten immer       pertinnen zum Thema Prostitution?
              mehr zurück. Aktuelles Beispiel ist Hol-       Hirzel: Der Einstieg in die Prostitution ist nie   Deutschland führte 2002 ein neues Pros-
              land, bekannt für seine liberale Haltung       freiwillig. Das muss man einfach wissen.           titutionsgesetz mit den liberalsten Rege-
              mit der berühmten Schaufensterprostitu-        Was die freiwillige, selbstbestimmte Ideolo-       lungen in Europa ein. Das Ziel war, die
              tion. Heute will Amsterdam mit dem Pro-        gie macht, ist Folgendes: Sie nimmt den Ist-       Rechte von Prostituierten zu stärken,

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