April 2021 Jahrgang 58 Nummer 4 - Südtiroler Beratungsring

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April 2021 Jahrgang 58 Nummer 4 - Südtiroler Beratungsring
April 2021
Jahrgang 58
 Nummer 4
April 2021 Jahrgang 58 Nummer 4 - Südtiroler Beratungsring
April 2021 Jahrgang 58 Nummer 4 - Südtiroler Beratungsring
Inhalt
                                                                                              4/2021

 FACHMAGAZIN DES SÜDTIROLER
 BERATUNGSRINGES
 ISSN: 2240-015X
 Auflage: 6.800 Stück
 Erscheint monatlich.
 Der Bezug der Zeitschrift ist an die Mitglied-
 schaft beim Beratungsring gebunden.

 Eigentümer und Herausgeber

                                                  4
 Südtiroler Beratungsring
 für Obst- und Weinbau,
 Obmann: Manuel Santer
                                                       Leitartikel
 A.-Hofer-Str. 9/1                                     Jedes Jahr eine neue Herausforderung
 39011 Lana (BZ)
 Tel. 0473 040 040
 Fax 0473 980 079
 Internet: www.obstbauweinbau.info
                                                  5    Pflanzenschutz I
 E-Mail: info@obstbauweinbau.info                      Monitoring der Marmorierten Baumwanze 2020
 Genehmigung des Tribunals Bozen,
 R.St. Nr. 6 / 64 v. 6. XI. 1964
 Registro Roc: R/R 13403144980-7 del 24.09.08
 Druck: Pötzelberger Druck GmbH                   10   Pflanzenschutz II
 Kuperionstr. 15 · 39012 Meran (BZ)                    Saisonaler Zyklus der Marmorierten Baumwanze 2020
                                                       in Südtirol
 Redaktion
 Verantwortlicher Redakteur:
 Walther Waldner
 Sekretariat und Layout:
                                                  13   Pflanzenschutz III
 Maria Kiem und Karin Pallabazzer                      Ausbreitung natürlicher Gegenspieler der Marmorierten
 Redaktionskomitee:                                    Baumwanze in Südtirol
 A. Zanella, H. Hafner, M. Unterthurner,
 R. Wiedmer, U. Kiem

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                                                  16   Pflanzenschutz IV
                                                       Feldbeobachtungen heimischer Baumwanzen 2020
 Maria Kiem · Tel. 0473 040 042
 E-Mail: maria.kiem@beratungsring.org
 Karin Pallabazzer · Tel. 0471 163 02 30
 E-Mail: karin.pallabazzer@beratungsring.org
                                                  19   Pflanzenschutz V
                                                       Invasive Schadorganismen

                                                  23   Verwirrung I
                                                       Die Vermehrung von schädlichen Insekten erfolgreich
                                                       verhindern

                                                  26   Verwirrung II
                                                       Traubenwickler-Abwehr 2021 in Südtirol

                                                  27   Kulturschutznetze
                                                       Informationen zu Hagel- und Kulturschutznetzen

                                                  32   Ehrungen
                                                       Drei Silberjubilare
 Grüne Stinkwanze (links) und Marmorierte
 Baumwanze (rechts): Invasive und
 heimische Schadwanzen erfordern höchste
 Aufmerksamkeit. Foto: Michael Unterthurner       33   Das Wetter

                                                                                                          3
April 2021 Jahrgang 58 Nummer 4 - Südtiroler Beratungsring
Leitartikel

Jedes Jahr eine neue Herausforderung
                                                          scheut, wieder aktuell die Lage und das Geschehen
                                                          zu beobachten, um somit Bekämpfungsmaßnahmen
                                                          gezielter durchführen zu können. Trotz aller genauen
                                                          Beobachtungen und aller derzeit möglichen Bekämp-
                                                          fungsmaßnahmen bleibt diese Wanzenart aber ein
                                                          Schädling mit einem enormen Schadpotenzial.
                                                          Wir haben zwei unterschiedliche Jahre hinter uns.
                                                          2019 war ein erstes schwieriges Jahr mit starker Wan-
                                                          zenpräsenz und einem hohen Ausfall an Früchten,
Seit den ersten Funden der Marmorierten Baum-             2020 hingegen verlief gemäßigter mit tolerierbaren
wanze in Südtirol sind nun fünf Jahre vergangen. In       Fruchtausfällen.
dieser Zeit hat sich viel getan. Es wurden viele Infor-   Demnächst beginnt wieder die neue Wanzensaison
mationen und Beobachtungen über diese Wanzenart           und es stellt sich die Frage, wie wird die Situation im
in unserem Obstbaugebiet zusammengetragen und             heurigen Jahr? Welchen Einfluss hatten der strenge
in diesem Fachmagazin veröffentlicht. Viele wertvol-      Winter, der Kälteeinbruch im März und die Spätfrost-
le Erkenntnisse kommen aus der regen Versuchstä-          phasen nach Ostern auf die Populationsentwicklung?
tigkeit sowie einem breiten und intensiv angelegten       Hinweise in der Literatur und Beobachtungen aus
Monitoring. Auch im abgelaufenen Jahr wurde von           der Poebene zeigen, dass adulte Marmorierte Baum-
den Mitarbeitern des Versuchszentrums Laimburg,           wanzen, die nach dem Verlassen ihrer Winterquartie-
des Pflanzenschutzdienstes der Autonomen Provinz           re im Frühling mehrere Stunden lang Minusgraden
Bozen-Südtirol, dem Beratungsring für Berglandwirt-       ausgesetzt sind, eine erhöhte Sterblichkeit aufweisen.
schaft BRING und dem Beratungsring für Obst- und          Im Gegensatz zu 2019 konnte sich allerdings im Vor-
Weinbau wieder viel Aufwand und Zeit investiert, um       jahr eine zweite Generation in der Etschtalsohle von
das Auftreten der Marmorierten Baumwanze so ge-           Meran bis Salurn vollständig entwickeln. Wie sich alle
nau wie möglich zeitlich und örtlich zu erheben. Auch     diese Faktoren auf die Wanzenpopulation 2021 aus-
die zahlreichen Meldungen von Funden durch eine           wirken werden, darauf kann zum jetzigen Zeitpunkt
Vielzahl von Obstbäuerinnen und Obstbauern liefern        noch niemand genaue Antworten geben.
wichtige Hinweise für die Einschätzung der Befallssi-     Um der Marmorierten Baumwanze so gut wie mög-
tuation. Allen ein großes Dankeschön dafür.               lich Einhalt zu gebieten, bedarf es weiterhin der Zu-
Besonders positiv ist die Entwicklung bezüglich der       sammenarbeit von Obstbauern, Versuchswesen und
verschiedenen Schlupfwespenarten. Dies ist ein ers-       Beratung. Mit Sicherheit wird uns diese Wanzenart
ter Lichtblick und lässt uns auf eine langfristige, na-   noch lange auf Trab halten und uns mit jedem Jahr
türliche Regulierung der Wanzenpopulation in der          wieder vor neue Herausforderungen stellen.
Zukunft hoffen.
Auch in der heurigen Saison werden keine Mühen ge-                    michael.unterthurner@beratungsring.org

4
April 2021 Jahrgang 58 Nummer 4 - Südtiroler Beratungsring
4/2021

 Nymphen der
 Marmorierten Baumwanze.

Monitoring der Marmorierten Baum-
wanze 2020 - ein interessantes Jahr
Michael Unterthurner, Markus Ladurner, Beratungsring

Das Jahr 2020 war wohl in vielen Bereichen unseres Lebens ein schwieriges. Im Hinblick auf das Auf-
treten der Marmorierten Baumwanze in Südtirol kann man allerdings positiv darauf zurückblicken, wie
die umfangreichen Erhebungen 2020 zeigten.

                                                                                   Apriltage standen noch unter dem Ein-
Monitoring                               Fallenfänge 2020                          fluss dieser Kaltluftströmung. Doch die
Das im Frühjahr 2016 begonnene Mo-       Im Jahr 2020 wurden wieder an             Temperaturen stiegen bald wieder an
nitoring mithilfe von Lockstofffallen,   knapp 50 Standorten Lockstofffallen       und bereits ab dem 9. April bis Ende
Klopfproben und visuellen Kontrol-       installiert, die aus dem Fallenkörper     des Monats wurden Höchstwerte von
len wurde auch 2020 weiter durch-        der Firma Rescue® und einem Phero-        über 25 °C gemessen. Auch im Mai
geführt. Die Überwachung erfolgte        mon der Firma Trécé bestehen. Das         waren überdurchschnittlich hohe Tem-
wieder in enger Zusammenarbeit mit       Frühjahr 2020 begann mit überdurch-       peraturen zu verzeichnen, die in der
dem Versuchszentrum Laimburg, dem        schnittlich hohen Temperaturen im         dritten Monatsdekade sogar die 30
Pflanzenschutzdienst Bozen und dem       März, die allerdings infolge einer mar-   °C-Marke überschritten.
Beratungsring für Berglandwirtschaft     kanten Nordströmung in der letzten        Durch diese Wetterentwicklung und
BRING.                                   Monatswoche sanken. Auch die ersten       vor dem Hintergrund der starken Wan-

                                                                                                                         5
April 2021 Jahrgang 58 Nummer 4 - Südtiroler Beratungsring
Grafik 1: Wöchentliche Fänge von Marmorierten Baumwanzen in der                                               Zahl an gefangenen Nymphen über
Aggregationsfalle Ackpfeif/Lana.                                                                              die Werte von 2019.
    Anzahl Individuen                                                                                         In Grafik 2 sind die Fänge aller Ag-
    100
                                                                                          Nymphen    Adulte   gregationsfallen des Landes zusam-
           2019
     90
     80
     70                                                                                                       mengefasst. Insgesamt lag die Zahl
     60
     50                                                                                                       an Adulten in allen Monaten, mit Aus-
     40
     30                                                                                                       nahme vom Mai, deutlich unter jenen
     20
     10                                                                                                       von 2019. Besonders auffallend war
      0
    100                                                                                                       dabei der zahlenmäßige Unterschied
    80
           2020                                                                                               der Adulttiere im August. Die Zahl an
    60
                                                                                                              gefangenen Nymphen lag in den Mo-
    40
                                                                                                              naten August und September ähnlich
    20
                                                                                                              hoch wie 2019.
      0
              April              Mai               Juni    Juli         August      September    Oktober
                                                                                                              Kontrollen in Apfelanlagen
Grafik 2: Summe wöchentlicher Fänge von Marmorierten Baumwanzen                                               Ab Mitte April wurde die Marmo-
in 34 Aggregationsfallen in Südtirol.                                                                         rierte Baumwanze in den Apfelan-
    Anzahl Individuen
    1600                                                                               Nymphen    Adulte
                                                                                                              lagen, aber auch auf verschiedenen
    1400     2019                                                                                             anderen Wirtspflanzen, mittels visueller
    1200
    1000                                                                                                      Kontrollen und Klopfproben überwacht.
     800
     600
                                                                                                              Erste vereinzelte Adulte konnte man
     400
     200
                                                                                                              im Randbereich weniger Apfelanlagen
       0                                                                                                      ab Anfang Mai finden. Dabei handel-
              APRIL              MAI              JUNI    JULI         AUGUST    SEPTEMBER OKTOBER
    1600                                                                                                      te es sich um Anlagen, die direkt an
             2020
                                                                                                              Überwinterungsquartiere, wie z.B. Ge-
    1400
    1200
    1000
     800
                                                                                                              bäude oder Kistenlager, angrenzten.
     600
     400
                                                                                                              Auch auf Kirschbäumen wurden An-
     200
       0
                                                                                                              fang Mai erste Adulte bei den visuellen
              APRIL              MAI              JUNI    JULI         AUGUST    SEPTEMBER OKTOBER            Kontrollen entdeckt. Erste vereinzelte
                                                                                                              Eigelege wurden Mitte Mai gefunden.
Grafik 3: Funde bei Klopfproben und visuellen Kontrollen in den                                               Die ersten verlassenen Eigelege bzw.
Apfelanlagen 2020.
                                                                                                              frisch geschlüpften Nymphen in den
    Anzahl Individuen (Klopfproben + visuell)                                                                 Apfelanlagen wurden schließlich Ende
    500

    450
                                                                                                 Nymphen      Mai entdeckt. Auch hier handelte es
    400
                                                                                                 Adulte       sich vorwiegend um Anlagen in un-
    350                                                                                                       mittelbarer Nähe von Überwinterungs-
    300
                                        27. Mai             15. Juli
                                                                                                              quartieren.
    250
                                                                                                              Wie Grafik 3 zeigt, stiegen ab diesem
    200

    150
                                                                                                              Zeitpunkt die Funde von Nymphen an
    100
                                                                                                              und erreichten Mitte Juni einen ersten
     50                                                                                                       Höhepunkt, im Juli war wiederum we-
      0                                                                                                       niger Präsenz zu verzeichnen. Am 15.
              APRIL               MAI             JUNI     JULI         AUGUST    SEPTEMBER OKTOBER
                                                                                                              Juli konnte bei einer Klopfprobe das
                                                                                                              erste Adulttier der F1-Generation ge-
zenpräsenz 2019 erwartete man sich                           in der Etschtalsohle installierten Fallen        fangen werden. Dieser Termin stimm-
bereits für das Frühjahr 2020 ein zahl-                      wider. Die ersten Adulttiere im April            te auch mit den phänologischen Be-
reicheres Vorkommen der Marmorier-                           wurden zwar um einige Tage früher                obachtungen des Versuchszentrums
ten Baumwanze. Diese Befürchtungen                           als 2019 nachgewiesen, aber im ge-               Laimburg überein. Das stärkste Auftre-
bewahrheiteten sich allerdings nicht.                        samten weiteren Verlauf des Frühjahrs            ten bzw. die meisten Funde wurden –
Grafik 1 zeigt die Fangzahlen von 2019                       wurden die Fangzahlen von 2019 nicht             wie auch bereits in den vergangenen
und 2020 am Beispiel des Fallen-                             erreicht. Auch im Sommer und sogar               Jahren – im Monat August registriert.
standorts Ackpfeif/Lana im Burggra-                          im August stiegen an diesem Stand-               Im September und Oktober nahm die
fenamt. Die Fänge dieser Pheromon-                           ort die Fänge kaum an. Erst ab Mitte             Präsenz in den Apfelanlagen wieder
falle spiegeln in etwa die Situation aller                   September und im Oktober stieg die               deutlich ab.

6
April 2021 Jahrgang 58 Nummer 4 - Südtiroler Beratungsring
4/2021

                                                                                 Schadausmaß zu verschaffen, wur-
                                                                                 den auch 2020 von den Mitarbeitern
                                                                                 des Beratungsrings landesweit in ins-
                                                                                 gesamt rund 1.200 Apfelanlagen die
                                                                                 Äpfel auf Wanzenschäden kontrol-
                                                                                 liert. Die Anlagen wurden dabei kurz
                                                                                 vor der Ernte und meist separat im
                                                                                 Randbereich und in der Anlagenmitte
                                                                                 unter die Lupe genommen. Die meis-
                                                                                 ten Erhebungen wurden vom Boden
                                                                                 aus, d.h. bis zu einer Beprobungshöhe
                                                                                 von gut 2 m, durchgeführt. Im oberen
                                                                                 Baumbereich gab es einige stichpro-
                                                                                 benartige Auszählungen.
                                ➊                                        ➋       Das Hauptbefallsgebiet der Marmo-
                                                                                 rierten Baumwanze liegt nach wie vor
                                                                                 in der Etschtalsohle von Meran bis
                                    Kontrollen auf Hecken                        Salurn bis auf ca. 600 m Meereshö-
                                    Um sich einen Überblick über die Ak-         he. In diesen Beratungsbezirken, also
                                    tivität der Marmorierten Baumwanze           Burggrafenamt, Etschtal, Überetsch,
                                    auf anderen Wirtspflanzen als den            Leifers und Unterland, lag der Anteil
                                    Apfelbäumen zu verschaffen, wurden           an beschädigten Früchten zwischen
                                    2020 verschiedene Hecken regelmä-            0,2% und 0,8% in der Anlagenmit-
                                    ßig mittels Klopfproben auf Wanzen-          te und 1,1% und 1,4% am Anlagen-
                                    besatz kontrolliert.                         rand (Grafik 5, S. 8). Der Befall war im
                                    In Grafik 4, S. 8, sind die Ergebnisse aus   Herbst 2020 also deutlich niedriger als
                                    Lana und der Zonen Etschtal und Epp-         im Herbst 2019.
                                    an zeitlich aufgelistet. Es handelt sich     Die Streuung in diesen Gebieten reich-
                                ➌   hier meist um Haselnuss, Hartriegel,         te von 0% bis maximal 54% Befall,
                                    Schneeball, Ahorn und verschiedene           wobei der Großteil der Fruchtschäden
                                    Heckenkirschenarten. Die Beprobun-           in der Nähe von Wäldern, Gebäuden,
                                    gen ergaben, dass von Mitte April bis        Gräben, Böschungen u.a. zu finden
                                    Ende September darauf immer Wan-             war. Im Vergleich dazu wurden 2019
                                    zen zu finden waren. Die Zahl an In-         Ausfälle von bis zu 95% erhoben.
                                    dividuen hing mit dem Vorhandensein          In den Bezirken Vinschgau und Ei-
                                    von Früchten und deren Reifezustand          sacktal waren Schäden an den Äpfeln
                                    an den verschiedenen Pflanzenarten           durch die Marmorierte Baumwanze
                                    zusammen. An Arten mit Früchten              auch 2020 nur sporadisch festzustel-
                                    war meist ein deutlich höherer Besatz        len. In diesen Zonen verursachten
                                    festzustellen. Besonders Haselnuss           hauptsächlich heimische Wanzenarten
                                    und Hartriegel wurden dabei von allen        Fruchtschäden. Diese lagen allerdings
                                    Stadien der Marmorierten Baumwan-            2020 auf einem niedrigen Niveau.
                                ➍   ze gerne frequentiert. Insgesamt war         Im Bioanbau war der durchschnittli-
                                    allerdings das Auftreten auch auf an-        che Prozentsatz an Schäden deutlich
                                    deren Wirtspflanzen geringer als 2018        höher. Im Vergleich zu 2019 wurden
                                    oder 2019. Neben der Marmorierten            aber im Herbst 2020 ebenfalls we-
                                    Baumwanze wurden aber auch viel-             niger Wanzenschäden beobachtet.
➊ Eigelege der Marmorierten
                                    fach heimische Arten, wie z.B. die Grü-      Allerdings fielen bei der Auswertung
  Baumwanze.
                                    ne Stinkwanze (Palomena prasina)             einige Anlagen mit hohen Ausfällen
➋ Frisch geschlüpfte Nymphen.       oder die Grüne Reiswanze (Nezara             ins Gewicht. Dabei waren Anlagen mit
                                    viridula), gefunden.                         der Sorte Braeburn sowie Anlagen in
➌ Einstichstellen mit typischen
  Symptomen auf der Apfelschale…                                                 exponierter Lage oder mit extensiver
                                                                                 Bewirtschaftung besonders stark be-
➍ …und unter der Schale.            Fruchtkontrollen                             troffen.
                                    Um sich einen Überblick über das             Was die Sortenanfälligkeit betrifft (Gra-

                                                                                                                        7
April 2021 Jahrgang 58 Nummer 4 - Südtiroler Beratungsring
Grafik 4: Wochenfänge von Marmorierten Baumwanzen mittels Klopf-                                                                                                   strategie beruht derzeit auf verschie-
proben bei verschiedenen Hecken 2020.                                                                                                                              denen Kulturmaßnahmen, wie z.B.
    Summe Anzahl Individuen                                                                                                                                        den Unterbewuchs niedrig zu halten,
    120

    100          Etschtal + Eppan                                                                                                                                  dem bodenschlüssigen Einnetzen von
     80
                                                                                                                                                                   Anlagen mit engmaschigen Insekten-
     60                                                                                                                                                            schutznetzen sowie dem gezielten
     40                                                                                                                                                            Einsatz von Insektiziden. Es bestätig-
     20
                                                                                                                                                                   ten sich auch 2020 die langjährigen
    120
         0
              KW 17 KW 18 KW 19 KW 20 KW 21 KW 22 KW 23 KW 24 KW 25 KW 26 KW 27 KW 28 KW 29 KW 30 KW 31 KW 32 KW 33 KW 34 KW 35 KW 36 KW 37 KW 38 KW 39 KW 40      Versuche und Erfahrungen aus der
    100          Lana                                                                                                                                              Poebene sowie die Erfahrungen aus
     80                                                                                                                                                            dem Jahr 2019: Die eingesetzten Wirk-
     60
                                                                                                                                                                   stoffe wirken gegen Nymphen deutlich
                                                                                                                                                                   besser als gegen Adulte. Die Wanzen
     40

     20

         0                                                                                                                                                         müssen direkt von der Insektizidbrühe
              KW 17 KW 18 KW 19 KW 20 KW 21 KW 22 KW 23 KW 24 KW 25 KW 26 KW 27 KW 28 KW 29 KW 30 KW 31 KW 32 KW 33 KW 34 KW 35 KW 36 KW 37 KW 38 KW 39 KW 40

                 April                 Mai                  Juni                           Juli                      August                   September            getroffen werden, um eine Wirkung zu
                                                                                                                                                                   erzielen. Die Wirkung auf die Adult-
Grafik 5: Wanzenschäden an Äpfeln 2019 und 2020.                                                                                                                   tiere ist nur von sehr kurzer Dauer.
                                                                                                                                                                   So haben auch 2020 Praxisbeispiele
    % Befall, Auswertung vom Boden
    25
                                                                                                                                                                   gezeigt, dass in Anlagen in kritischen
                                                                                                                                                                   Befallszonen, wie z.B. angrenzend an
                                                                                                                                                             22
    20
                 2019                                            Anlagenmitte            Anlagenrand

    15                                                                                                                                                             Gräben oder Hecken, trotz mehrerer
    10                  8,7
                                                                              10,1
                                                                                                    6,9
                                                                                                                                                     9,8
                                                                                                                                                                   Einsätze von Insektiziden teilweise
     5            3,2
                                   2,1
                                          3,5
                                                     2,1
                                                           5,1          5,6
                                                                                             3,7
                                                                                                               1,9
                                                                                                                                                                   hohe Fruchtausfälle zu beobachten
                                                                                                                                  0,6
     0
                 Unterland            Leifers       Überetsch           Etschtal          Burggrafenamt       Vinschgau           Eisacktal              Bio
                                                                                                                                                                   waren. Auch waren in solchen Anlagen
    25                                                                                                                                                             wenige Tage nach einer chemischen
    20
                 2020                                                                                                                                              Behandlung wieder Adulte auf den
    15                                                                                                                                                             Bäumen zu beobachten.
    10                                                                                                                                               7,6
                                                                                                                                                            10,3
                                                                                                                                                                   Ziel des umfangreichen Monitorings
     5                                                                                                                                                             war und ist es, sich einen Überblick
                                                           1,4
     0
                  0,3
                        1,3
                                   0,2
                                          1,3        0,8                0,2
                                                                                  1,1        0,6    1,3        0,9                0,4   0,8
                                                                                                                                                                   über den Populationsverlauf zu ver-
                 Unterland            Leifers       Überetsch           Etschtal          Burggrafenamt       Vinschgau           Eisacktal              Bio
                                                                                                                                                                   schaffen. Mit den gewonnenen Beob-
                                                                                                                                                                   achtungen und Informationen versucht
Grafik 6: Wanzenschäden an Äpfeln 2019 und 2020 sortiert nach Sorten.                                                                                              man ein zeitliches und gebietsmäßiges
             Ø % Befall
                                                                                                                                                                   Auftreten der Marmorierten Baum-
                                                                                                                                              2019       2020
         12
                    11
                                                                                                                                                                   wanze zu erkennen und den Obst-
         10                                                  9                                                                                                     bauern weiterzugeben. So können
             8
                                                                                                                                                                   Behandlungen mit Pflanzenschutzmit-
                                                7

             6                    5                                           5
                                                                                                                                                                   teln gezielter erfolgen. In Gebieten mit
             4            3,3                                                               3             4
                                                                                                                                                                   ständigem Wanzeneinflug von außen
             2
                                                                                                                        2
                                                                                                                                        2                          in die Anlagen, wie z.B. am Waldrand
                                       1,4          1,2                                                                                              1
                                                                  0,9              0,7            0,7         0,4           0,2             0,2            0,2     oder neben anderen Wirtspflanzen,
             0
                                                                                                                                                                   wird es allerdings schwierig sein, mit
                                                                                                                                                                   den derzeitigen Bekämpfungsmaß-
                                                                                                                                                                   nahmen das Problem in den Griff zu
                                                                                                                                                                   bekommen.
fik 6), gab es eine Verschiebung. Lag                                                    legenen Lagen konnte man auch bei
die Sorte Granny Smith 2019 noch                                                         Red Delicious Befall feststellen. Bei
knapp hinter der Sorte Braeburn auf                                                      Gala war ähnlich wie 2019 das Prob-                                       Fazit
Platz 2, so konnte man 2020 bei Gran-                                                    lem deutlich geringer.                                                    In Südtirol war das Jahr 2020 bezüglich
ny Smith deutlich weniger Fruchtschä-                                                                                                                              Marmorierte Baumwanze wider Erwar-
den beobachten. Die Sorte mit den                                                                                                                                  ten ein ruhiges Jahr. Es war innerhalb,
höchsten Fruchtschäden war wieder-                                                       Bekämpfung                                                                aber auch außerhalb der Apfelanlagen
um Braeburn. Zu den für die Wanzen                                                       Die Abwehr der Marmorierten Baum-                                         deutlich weniger Präsenz als 2019 zu
bevorzugten Sorten gehörten wieder                                                       wanze mit Insektiziden ist bekanntlich                                    beobachten. Somit lagen auch die
Nicoter/Kanzi® und Fuji. In höher ge-                                                    sehr schwierig. Die integrierte Abwehr-                                   Fruchtschäden im Durchschnitt in ei-

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April 2021 Jahrgang 58 Nummer 4 - Südtiroler Beratungsring
4/2021

                                                                                     penarten feststellen (siehe Artikel auf
                                                                                     Seite 13). Schließlich versuchten die
                                                                                     Obstbauern aber auch durch den ge-
                                                                                     zielten Einsatz von Pflanzenschutzmit-
                                                                                     teln den Schaden zu verringern.

                                                                                     Ausblick
                                                                                     Nun stehen wir vor einer neuen Sai-
                                                                                     son. Wie stark die Population der Mar-
                                                                                     morierten Baumwanze im heurigen
                                                                                     Jahr sein wird, wird sich zeigen. Der
                                                                                     Beratungsring wird auch 2021 durch
                                                                                     ein umfangreiches Monitoring diesen
                                                                              ➊      Schädling bestmöglich überwachen
                                                                                     und diese Informationen an seine
➊ Gesammelte Funde von Marmorierten Baumwanzen.                                      Mitglieder weitergeben Allerdings ist
➋ Aggregationsfallen, ein wichtiges Hilfsmittel für das Monitoring.                  auch jeder Obstbauer selbst gefordert
➌ Klopfproben sind für das Monitoring unentbehrlich.                                 und gut beraten, mit Kontrollen in den
                                                                                     eigenen Anlagen den Einflug und die
                                                                                     Entwicklung der Marmorierten Baum-
                                                                                     wanze und anderer Schadwanzen zu
                                                                                     verfolgen.
                                                                                     Der wirtschaftliche Schaden im ver-
                                                                                     gangenen Jahr hielt sich in Grenzen.
                                                                                     Ob dies auch 2021 so sein wird, ist
                                                                                     fraglich. Steigt die Population wieder
                                                                                     stärker an, dann ist zwangsläufig mit
                                                                                     höheren Fruchtschäden zu rechnen.
                                                                                     Eine erfolgreiche Bekämpfung wird
                                                                                     sich auch in Zukunft schwierig gestal-
                                                                                     ten. Alle Hoffnungen ruhen auf den
                                                                                     natürlichen Gegenspielern, die sich
                                                                                     2020 wieder vermehrt bemerkbar
                                                                                     gemacht und weiter ausgebreitet ha-
                                                                                     ben. Sicher ist, dass die Marmorierte
                                                                                     Baumwanze auch in den kommenden
                                                                              ➌      Jahren für Herausforderungen an die
                                                                                     Beratung, an das Versuchswesen, an
                                           nem wirtschaftlich erträglichen Be-       die Vermarktung, aber auch an jeden
                                           reich. Ein Grund für das geringere Auf-   einzelnen Obstbauern sorgen wird.
                                           treten könnten die fehlenden Adulten
                                           der zweiten Generation von 2019 sein,     Dank
                                           die sich aufgrund der Witterung 2019      Ein besonderer Dank gebührt Stefanie
                                           nicht entwickeln konnten (siehe Artikel   Fischnaller, Silvia Schmidt, Martina Fa-
                                           ab Seite 10). Dadurch könnte sich der     lagiarda und Anna Rottensteiner vom
                                           Ausgangsdruck für 2020 deutlich ge-       VZ Laimburg, Anna Zelger vom Pflan-
                                           senkt haben. Eine Rolle könnten auch      zenschutzdienst Bozen und Melanie
                                           die tiefen Temperaturen mit Spätfrös-     Graf vom BRING für die sehr gute
                                           ten Ende März und Anfang April 2020       Zusammenarbeit sowie den vielen
                                           gespielt haben. Des Weiteren konnte       Obstbauern für ihre Meldungen von
                                           man 2020 bereits ab dem Frühsom-          Funden und ihre Mithilfe beim Einsam-
                                           mer eine Parasitierung von Eigelegen      meln von parasitierten Eigelegen.
                                   ➋       der Marmorierten Baumwanze durch
                                           heimische und asiatische Schlupfwes-      michael.unterthurner@beratungsring.org

                                                                                                                           9
April 2021 Jahrgang 58 Nummer 4 - Südtiroler Beratungsring
Saisonaler Zyklus der Marmorierten
Baumwanze 2020 in Südtirol
Stefanie Fischnaller, Versuchszentrum Laimburg

Auch im Jahr 2020 wurde der saisonale Zyklus der Marmorierten
Baumwanze, Halyomorpha halys, an verschiedenen Standorten
im Südtiroler Obstbaugebiet unter Halbfreilandbedingungen unter-
sucht. Es zeigten sich deutliche Unterschiede zum vorangegange-
nen Untersuchungszeitraum im Jahr 2019. Die Versuche stimmen
sehr gut mit den Beobachtungen aus dem Monitoring überein.

                                          teil, um ihre Ausbreitung sowie die    • zum Ersten in eine Lagerhalle, die
Halbfreilandversuche                      Gebiete mit über Jahre stabilen Po-      einen geschützten Überwinterungs-
Um den Zeitraum der aktiven Phase         pulationen zu überwachen. Allerdings     ort simulieren sollte und
der Marmorierten Baumwanze besser         ist die Abbildung der Populationsdy-   • zum Zweiten in ein überdachtes,
zu verstehen und wichtige Ereignisse,     namiken und die Interpretation der       aber der Witterung ausgesetztes
wie z.B. Start und Dauer der Eiabla-      Monitoringdaten aus verschiedensten      Netzhaus.
gen sowie das Auftreten frisch gehäu-     Gründen nicht einfach.                 Nach viermonatiger Ruhephase wur-
teter Adulttiere, zeitlich einzuordnen,                                          den die toten Tiere in den Käfigen
werden am Versuchszentrum Laim-                                                  ausgezählt. Es zeigte sich eine je nach
burg seit 2018 sogenannte Halbfrei-       Überwinterung 2019/20                  Standort sehr unterschiedliche Über-
landversuche durchgeführt. Die Hin-       Im Herbst 2019 wurden Adulttiere       lebensrate: Tiere, die im Netzhaus
tergründe und der Versuchsaufbau,         an verschiedenen Standorten im         gehalten wurden, zeigten eine Ster-
mit einer Retrospektive auf die Jahre     Freiland gesammelt und am Stand-       berate von 43%, wohingegen die im
2018 und 2019, wurden in „obstbau*        ort Pfatten überwintert. Die ca.       Lagerhaus überwinternden Tiere eine
weinbau, 2020 (3), S. 10-14“ ausführ-     400 Wanzen wurden auf mehrere          Mortalität von über 95% aufwiesen.
lich beschrieben.                         Käfige verteilt und zur Überwinte-     Dies verdeutlicht, welchen Einfluss
Das Monitoring zur Marmorierten           rung an zwei verschiedene Stand-       der Überwinterungsstandort auf die
Baumwanze ist ein wichtiger Bestand-      orte im Versuchszentrum gebracht:      Überlebensrate von Halyomorpha

Grafik 1: „Lifetable“ der Marmorierten Baumwanze, Standort Pfatten, 2020.

10
4/2021

halys hat. Aus diesem Grund sind          Käfigen am Standort Pfatten bereits        starteten ihrerseits eine weitere Ge-
generelle Aussagen zur Mortalität im      Mitte Mai (Kalenderwoche 20) pro-          neration (F2). Demnach waren ab
Winter schwierig zu treffen: Die Be-      duziert (Grafik 1). Erste Nymphen des      diesem Zeitpunkt zwei Generationen
dingungen im Überwinterungsquar-          2. Stadiums (N2) entwickelten sich in      sowie einige Adulttiere des Vorjahrs
tier, Alter und Fitness der Tiere sowie   den Käfigen Anfang Juni (KW 23). In        gleichzeitig präsent. Dies ist auch an
deren Ernährungszustand spielen           dieser Woche wurden auch die ers-          der Kurve in Grafik 2 zu sehen, wo-
eine wichtige Rolle.                      ten Nymphen des 2. Stadiums am             nach ab diesem Zeitpunkt die Nym-
                                          Fallenstandort Pfatten im Zuge des         phenfänge am nahegelegenen Fallen-
                                          Monitorings nachgewiesen (Grafik 2,        standort wieder deutlich zunahmen.
Aktivität der Wintertiere                 S. 12). Die Eiablagetätigkeit in den Kä-   Die Eiablagetätigkeit der F1 dauerte
2020                                      figen nahm bis Ende Mai zu und blieb       von KW 31 (Ende Juli) bis KW 38
Mit den überlebenden Tieren aus den       mit einigen wenigen Ausnahmen (z.B.        (Mitte September). Ein Höhepunkt in
Überwinterungsversuchen am Stand-         KW 24, Mitte Juni) bis Ende Juli rela-     der Eiablagerate wurde Ende August
ort Pfatten und weiteren, im Frühjahr     tiv konstant. Im Vergleich zu den Vor-     in den Versuchskäfigen festgestellt, in
2020 an verschiedenen Stellen im          jahren war die Anzahl an abgelegten        Übereinstimmung mit einem Peak an
Freiland aufgesammelten Wanzen,           Eiern in den Käfigen niedriger. Ab An-     jungen Nymphenstadien (N1-3) am
wurde der Halbfreilandversuch Ende        fang August nahm die Eiablagetätig-        Fallenstandort Pfatten.
März gestartet. Zeitgleich wurde in       keit rasch ab. Das letzte Eigelege der
einer nahegelegenen Apfelanlage           vom Vorjahr stammenden Wintertiere
mit dem standardisierten Monitoring       wurde Ende August in den Käfigen           Tallagen: 2 Generationen
begonnen und die dort installierte        am Standort Pfatten gefunden.              Im Jahr 2020 gab es in den warmen
Lockstofffalle wöchentlich auf Fänge                                                 Tallagen zwei Generationen der Mar-
kontrolliert.                                                                        morierten Baumwanze: Die ersten
Die übermäßig warmen Tempera-             Tochtergeneration F1                       Eigelege der zweiten Generation tra-
turen Anfang Mai führten zu einem         Aus den ersten Eigelegen Mitte Mai         fen noch ausreichend warme Tem-
im Vergleich zu 2019 relativ frühen       entwickelten sich am Standort Pfat-        peraturen an. Dadurch war es ihnen
Beginn der Eiablagetätigkeit der Start-   ten in einem Zeitraum von ca. zwei         möglich, sich zu einem ausgewach-
population, der sogenannten „Winter-      Monaten die ersten frisch gehäuteten       senen Adulttier zu häuten (Grafik 1).
tiere“: Erste Eigelege wurden in den      Adulttiere der ersten Tochtergenerati-     So konnte sich demnach am Standort
                                          on (F1). Nach ca. zwei Wochen, am          Pfatten 2020 ein Großteil der ersten
                                          28.07.2020, waren die Weibchen             Generation (F1) sowie ein Teil der
                                          dieser Generation eiablagebereit und       zweiten Generation (F2) zum fertigen

Mit dem mobilen Labor unterwegs, um       Mittels Halbfreilandversuchen wurden die wichtigsten Eckdaten im Wanzenleben
die Versuchsstandorte im Vinschgau und    verfolgt.
Eisacktal zu betreuen.

                                                                                                                            11
Adulttier entwickeln. Diese Adulttiere    Grafik 2: Wichtige Eckdaten der Halbfreilandversuche am Standort
können prinzipiell im Herbst in Über-     Pfatten im Vergleich zu den Monitoringergebnissen eines nahen
winterung gehen. Im Jahr 2019 hin-        Fallenstandorts, 2020 (F1: Erste Generation, F2: Zweite Generation).
gegen konnte sich in den Käfigen am
Standort Pfatten und auch am Stand-
ort Meran keine Nymphe der F2 fertig
zu einem erwachsenen Insekt entwi-
ckeln.

Latsch und Schabs:
1 Generation
Auch im Jahr 2020 wurden Käfige
im mittleren Vinschgau am Stand-
ort Latsch betreut. Zusätzlich wurde
mit Schabs ein weiterer Standort im
Eisacktal mit aufgenommen. Beide
Standorte sollen so gut wie möglich
die Populationsentwicklung in höhe-
ren Lagen repräsentieren. Die tieferen
Temperaturen und damit eine deut-
lich verlangsamte Entwicklungsdauer
vom Ei bis zum Adulttier führten
dazu, dass sich an beiden Standorten
nur eine Generation, die sogenannte
F1, voll ausbilden konnte. Dies erklärt
auch die Beobachtung des Monito-
rings: In höheren Lagen scheint sich
Halyomorpha halys zwar ebenfalls
festzusetzen, jedoch ist dort der Po-
pulationszuwachs pro Jahr bis dato
geringer im Vergleich zu den tieferen,
wärmeren Lagen des Etschtals sowie
des Überetsch und Unterlands (siehe
Artikel ab Seite 5).

                                          Marmorierte Baumwanze: erstes Nymphenstadium.
Ausblick 2021
Inwieweit sich eine oder zwei volle
Generationen pro Jahr auf das Folge-      tige Fragen zur Phase ab der Aus-
jahr auswirken, können wir noch nicht     wanderung aus den Winterquartieren
beantworten, weil es mit Sicherheit       bis zum Beginn der Eiablagetätigkeit
eine Kombination mehrerer Faktoren        durch gezielte Versuche im Labor un-
ist, die sich auf die Populationsstärke   tersucht.
auswirkt.
Obwohl nun schon seit drei Jahren         Dank
genaue phänologische Untersuchun-         Dank an Anna Rottensteiner für ihre
gen zur Marmorierten Baumwanze in         Mithilfe bei der Betreuung der Frei-
Südtirol gemacht wurden, sind noch        landversuche sowie an Manfred Wolf
weitere Versuchsjahre notwendig, um       und Peter Neulichedl für wertvolle In-
ein Gesamtbild zu erhalten und die        formationen zur komplexen Thematik
Daten solide interpretieren zu kön-       „Phänologie von Insekten“.
nen. Daher werden auch im heurigen
Jahr 2021 die Halbfreilandversuche                                                  Marmorierte Baumwanze: fünftes und
                                                                                    letztes Nymphenstadium.
fortgesetzt. Außerdem werden wich-                 steffi.fischnaller@laimburg.it

12
4/2021

Ausbreitung natürlicher Gegenspieler der
Marmorierten Baumwanze in Südtirol
Martina Falagiarda, Silvia Schmidt, Manfred Wolf, Versuchszentrum Laimburg

2016 hatte man in Südtirol die ersten Individuen der Marmorierten Baumwanze, Halyo-
morpha halys, gefunden. Daraufhin breitete sich der Schädling in vielen urbanen und
landwirtschaftlich geprägten Gebieten aus. Gegenspieler dieses invasiven Schädlings wa-
ren anfangs kaum zu finden.

Untersuchungen ab 2018                     mischen Wanzenarten dabei und auch
                                           sie wurden auf Parasitoide untersucht.     Ergebnisse
Bereits im Jahr 2018 begannen wir mit      Die Ergebnisse dieser Untersuchungen
Untersuchungen zur Parasitierung der       zeigen, welche Arten von Parasitoiden
Marmorierten Baumwanze an Stand-           in den verschiedenen Lebensräumen          Trissolcus mitsukurii
orten, die eine besonders hohe Dichte      präsent sind. Diese Daten liefern auch     Erste Funde von T. mitsukurii wurden
der Wanzen aufwiesen. Dabei fanden         wichtige Informationen über die natür-     im Jahr 2019 ab August beobach-
wir bereits erste parasitierte Eigelege.   liche Ausbreitung exotischer Gegen-        tet. In den meisten Fällen stammten
Seit 2019 wird in Zusammenarbeit mit       spieler, wie z.B. Trissolcus mitsukurii.   diese Individuen aus Eigelegen aus
dem Südtiroler Beratungsring für Obst-     Daneben gelang es, auch die Parasi-        dem Burggrafenamt. 2020 schlüpfte
und Weinbau die Parasitierung der Ei-      tierungsraten einheimischer Wanzen-        T. mitsukurii hingegen bereits im Mai
gelege von Baumwanzen überwacht.           arten zu erheben und ihre natürlichen      aus Eigelegen heimischer Wanzen im
Im Jahr 2020 wurden dafür auf Lan-         Eiparasitoide zu identifizieren.           Gebiet rund um Meran. Dieser Parasi-
desebene mehr als 1.000 Eigelege           Um eine langfristige Regulierung           toid war also 2020 deutlich früher ak-
eingesammelt, etwa ein Fünftel da-         der Populationen der Marmorierten          tiv als 2019, schon im Juni schlüpfte er
von von Landwirten und Technikern          Baumwanze durch Parasitoide zu un-         in Lana aus Eigelegen der Marmorier-
des Beratungsrings. Neben Eigelegen        terstützen, wurde im Jahr 2020 mit         ten Baumwanze. Im Jahr 2020 wiesen
der Marmorierten Baumwanze waren           der Freisetzung des exotischen Parasi-     wir Individuen dieses exotischen Ge-
auch solche von mehr als 10 einhei-        toiden Trissolcus japonicus begonnen.      genspielers auch aus Eigelegen in Ge-

Grafik 1: Verbreitung von Trissolcus mitsukurii im Südtiroler Obstbaugebiet 2019 und 2020.
                            2019                                                          2020

                                                                                                                           13
bieten nach, wo er zuvor nicht präsent     sinicus ist somit ein Gegenspieler der                                   zenarten häufig befallen, gehören den
gewesen war, wie z.B. in Naturns an        natürlichen Antagonisten der Marmo-                                      Gattungen Telenomus und Trissolcus
zwei verschiedenen Standorten sowie        rierten Baumwanze. Die Parasitierung                                     an und sind vorwiegend einheimische
an mehreren Standorten im Unterland        von H. halys-Eiern durch Acroclisoides                                   Gegenspieler. Gelegentlich parasitierte
und Überetsch (Grafik 1, S. 13). Aller-    sinicus war in den letzten zwei Jahren                                   auch T. mitsukurii heimische Baum-
dings waren die Parasitierungsraten für    sehr ähnlich, 1,5% im Jahr 2019 und                                      wanzenarten.
die Standorte Salurn und Bozen nied-       1,7% im Jahr 2020.
riger als jene des Etschtals von Terlan
bis Algund. Dies könnte darauf hinwei-
                                                                      Freisetzungen von
sen, dass in diesem zweiten Areal der
                                           Parasitoiden einheimischer Trissolcus japonicus
Parasitoid bereits früher angesiedelt      Wanzen                     Im Jahr 2020 genehmigte das italieni-
war und sich dort inzwischen größere       In den Jahren 2019 und 2020 wurden                                       sche Umweltministerium die Freiset-
Populationen im Vergleich zum süd-         insgesamt 325 Eigelege einheimischer                                     zung der Samurai-Mikrowespe, Trissol-
licheren Teil des Landes aufgebaut         Wanzen gesammelt, von denen 200                                          cus japonicus, in jenen Regionen und
haben. Die Gründe für diese Unter-         ausschließlich aus dem Gebiet Burg-                                      Provinzen Norditaliens, einschließlich
schiede müssen noch anhand weiterer        grafenamt/Unterer Vinschgau stamm-                                       Südtirol, die besonders von Schäden
Monitoringdaten genauer untersucht         ten. Die häufigsten Arten waren die                                      durch die Marmorierte Baumwanze
und vertieft werden.                       Grüne Stinkwanze (Palomena prasi-                                        betroffen sind. Das Ziel des Projekts
Einzelne Individuen von T. mitsukurii      na) und die Grüne Reiswanze (Nezara                                      ist die langfristige Regulierung der
beobachteten wir auch im Eisacktal,        viridula), gefolgt von der Beerenwanze                                   Baumwanzenpopulationen durch die
wo jedoch keine Parasitierung von H.       (Dolycorus baccarum) und der Grau-                                       Förderung der Ansiedlung dieses na-
halys durch diesen Gegenspieler fest-      en Feldwanze (Raphigaster nebulosa).                                     türlichen Gegenspielers. Man erhofft
gestellt werden konnte.                    Die Eigelege dieser Wanzen wurden                                        sich, dass T. japonicus sich den lokalen
                                           hauptsächlich in landwirtschaftlichen                                    Bedingungen anpasst und in nächster
                                           Gebieten und nur in geringerem Maß                                       Zukunft in der Lage ist, sich eigenstän-
Anastatus bifasciatus                      auf suburbanen Flächen gefunden.                                         dig im Gebiet zu verbreiten und zu
Auch Anastatus bifasciatus, ein einhei-    Die Parasitierung war von Art zu Art                                     vermehren.
mischer Parasitoid, ist schon im Jahr      sehr unterschiedlich und überschritt                                     In Südtirol wählten wir 42 Standorte
2019 an den meisten überwachten            die 50%-Marke für Eier von P. prasi-                                     aus. Dabei handelte es sich in 70%
Standorten nachgewiesen worden.            na, während N. viridula nur circa 10%                                    der Fälle um Grünflächen und ökologi-
Neben H. halys parasitiert dieser Ge-      erreichte.                                                               sche Korridore, bei den weiteren 30%
neralist Eier vieler unterschiedlicher     Anastatus bifasciatus trug unterschied-                                  der Standorte um Hecken mit Anbin-
Wanzenarten. Auch schlüpfte er aus         lich zur Parasitierung der untersuchten                                  dung an Obstanlagen.
Eigelegen verschiedener heimischer         heimischen Wanzenarten bei und be-                                       Vor der Freisetzung wurden an allen
Wanzenarten, die durch den Bera-           stätigte sich damit als Generalist. Sein                                 Standorten visuelle Kontrollen durch-
tungsring eingesammelt wurden.             Beitrag zur Parasitierung einzelner                                      geführt, um die Präsenz der Marmo-
Während Anastatus bifasciatus 2019         Arten lag zwischen 3 und 10%. An-                                        rierten Baumwanze festzustellen und
aus 6,5% der gesammelten Eier der          dere Parasitoide, die heimische Wan-                                     dadurch die Vermehrung der ausge-
Marmorierten Baumwanze schlüpfte,
sank dieser Wert im Jahr 2020 auf          Grafik 2: Parasitierung von Eigelegen der Marmorierten Baumwanze
4,6%. Dagegen zeichnete sich für T.        durch verschiedene Parasitoide 2019 und 2020.
mitsukurii ein Anstieg der Parasitie-
                                                                       20
rungsrate von 5,9% im Jahr 2019 auf
                                                                       18
8,3% im Jahr 2020 ab (Grafik 2).
                                                                       16                     3,8                                        3,4
                                              Parasitierungsrate (%)

                                                                       14                                                                1,7
Acroclisoides sinicus                                                  12
                                                                                              1,5

Der 2018 erstmals in Südtirol nachge-                                  10
                                                                                              5,9
                                                                                                                                         8,3
wiesene Hyperparasitoid Ac. sinicus                                    8

wurde auch in der vergangenen Sai-                                     6
son an vielen Überwachungsstandor-                                     4
                                                                                              6,5
ten beobachtet. Diese Art findet man                                   2                                                                 4,6
hauptsächlich in H. halys-Eiern, die zu-                               0
vor von einer anderen Parasitoidenart                                                         2019                                       2020
                                                                            An. bifasciatus      T. mitsukurii   Ac. sinicus   andere Arten/unbestimmt
parasitiert worden sind. Acroclisoides

14
4/2021

                                                                                 Freilassung von
                                                                                 Trissolcus japonicus.

setzten Individuen zu gewährleisten.      kurii und A. bifasciatus die häufigsten     ten auf ein großes Vermehrungspoten-
Während des Sommers setzten wir an        Parasitoidenarten. Die Parasitierung fiel   zial von T. japonicus in Eigelegen von
zwei bis drei Terminen, von Mitte Juni    je nach Standort unterschiedlich hoch       H. halys in vielen Südtiroler Lagen hin.
bis Anfang August, pro Standort je 100    aus. An Standorten, an denen viele Ei-      2021 wird es möglich sein, eine Aus-
Weibchen und 10 Männchen frei.            gelege von H. halys gefunden wurden,        sage über den Erfolg seiner Ansiede-
Um die Parasitierungsrate der Wanzen-     wurde T. japonicus häufiger wiederge-       lung im Umfeld der Freisetzungsstand-
Eigelege zu ermitteln, wurde ab August    funden.                                     orte zu treffen.
an allen 42 Standorten nach Eigelegen     Die höchsten Parasitierungsraten wur-
gesucht. Es wurden insgesamt mehr         den vorwiegend in den Grünzonen             Dank
als 800 natürlich abgelegte Eigelege      und den suburbanen Gebieten fest-           Das Versuchszentrum Laimburg wurde
der Marmorierten Baumwanze ein-           gestellt. An Freisetzungsstandorten in      2020 damit beauftragt, die für die Frei-
gesammelt. Nach deren Inkubation          der Nähe von Obstanlagen wurde eine         setzung nötige Zahl von T. japonicus-
in Klimaschränken wurde die Art der       geringe Parasitierung und eine gerin-       Individuen auf H. halys zu vermehren.
geschlüpften Eiparasitoiden ermittelt.    ge Anzahl an Eigelegen von H. halys         Anhand einer Starterpopulation von
Über 5.200 Parasitoide sind auf ihr       erhoben. Der niedrige Besatz mit H.         200 Individuen eines vom Ministeri-
Artniveau bestimmt worden:                halys war vermutlich für die geringe        um genehmigten T. japonicus-Stamms
T. japonicus wurde an 50% der Frei-       Parasitierung an diesen Standorten          wurden dann mehr als 13.000 Weib-
setzungsstandorte nachgewiesen. Auf-      verantwortlich.                             chen und 2.000 Männchen im ento-
grund dieser Ergebnisse kann davon        Nimmt man an, dass zwischen 220             mologischen Labor des Instituts für
ausgegangen werden, dass sich die-        und 330 Individuen pro Standort             Pflanzengesundheit der Laimburg ge-
ser Parasitoid unter unterschiedlichen    freigesetzt wurden, so hat sich T. ja-      züchtet. Dafür musste die bestehende
lokalen Bedingungen erfolgreich ver-      ponicus als effizienter Gegenspieler        Anzucht von H. halys ausgeweitet wer-
mehren konnte: Er wurde sowohl im         erwiesen, welcher in der Lage ist, ge-      den. Es waren große Anstrengungen
Etschtal von Meran bis Salurn, als auch   zielt Eigelege der Marmorierten Baum-       nötig, welche dank der Unterstützung
im Eisacktal wiedergefunden. Durch-       wanze zu parasitieren. Abgesehen von        durch die Landwirte und Berater be-
schnittlich waren 50% der Eigelege        einigen wenigen Fällen bevorzugte er        wältigt werden konnten, indem sie uns
von H. halys von einer oder mehreren      Eigelege von H. halys gegenüber je-         bei der Aufsammlung von überwin-
Arten parasitiert. Abgesehen vom frei-    nen der heimischen Wanzen.                  ternden Baumwanzen halfen.
gesetzten T. japonicus waren T. mitsu-    Die Ergebnisse des Jahres 2020 deu-                  martina.falagiarda@laimburg.it

                                                                                                                           15
Feldbeobachtungen heimischer
Baumwanzen 2020
Michael Unterthurner, Markus Ladurner, Beratungsring
Stefanie Fischnaller, Versuchszentrum Laimburg

Im Zuge der zahlreichen Kontrollen zur Marmorierten Baumwan-                    Apfelanlagen in Waldnähe und neben
ze im Jahr 2020 wurden auch heimische Wanzenarten genau be-                     Böschungen oder Hecken sowie bei
                                                                                hohem Unterbewuchs oder hohem
obachtet. Diese Arten sind seit einigen Jahren im Südtiroler Ap-                Gras. Auf dem Apfelbaum finden sich
felanbaugebiet ebenfalls vermehrt anzutreffen und können Äpfel                  viele verschiedene Vertreter von Wan-
beschädigen.                                                                    zen: Neben Weich-, Boden-, Blumen-
                                                                                und Lederwanzen sind aber wohl die
                                                                                Baumwanzen die am häufigsten vor-
                                        arten aber nicht verwendet werden,      kommende Familie (Grafik 1).
Monitoring                              weil sie speziell für die Marmorierte   In Grafik 2, S. 18, sind die im Rahmen
Das Monitoring der heimischen Wan-      Baumwanze konzipiert sind und an-       des Monitorings 2020 auf Apfelbäu-
zenarten ging mit dem der Marmorier-    dere Wanzenarten nicht anlocken.        men gefundenen Arten mit Hauptau-
ten Baumwanze auch 2020 einher.                                                 genmerk auf Baum- und Lederwan-
Bei Klopfproben und visuellen Kont-                                             zen aufgelistet. Diese Auswertung
rollen werden auch heimische Arten      Vorkommen 2020                          stammt aus dem Burggrafenamt. Von
erfasst und das jeweilige Stadium be-   Heimische Wanzenarten wurden in         den über 100 dokumentierten heimi-
stimmt und dokumentiert.                den letzten Jahren in allen Anbaula-    schen Baumwanzen wurde mehr als
Die Pheromonfallen können für das       gen gefunden. Bevorzugt anzutreffen     die Hälfte der gesammelten Indivi-
Monitoring der heimischen Wanzen-       sind sie in höheren Anbaulagen, in      duen als die Grüne Stinkwanze (Pa-

16
Die Rotbeinige Baumwanze
        Adulte der Grünen Stinkwanze                                                 Nymphe der Grünen Reiswanze
                                          (Pentatoma rufipes) ist häufig auf den
        (Palomena prasina).                                                          (Nezara viridula).
                                          Hagelschutznetzen zu sehen.

     Grafik 1: Klopfproben in Apfelertragsanlagen in   lomena prasina) identi-      rufipes). Diese ist in der Grafik nicht
     den Jahren 2015 und 2016.                         fiziert, dicht gefolgt von   angeführt, da sie sich im Herbst vor-
                                                       der Grünen Reiswanze         wiegend auf dem Hagelnetz aufhielt
                                                       (Nezara viridula). Diese     und nicht auf den Apfelbäumen.
                                                       beiden Arten bilden den      Fruchtschäden konnten dieser Art bis-
                                                       Hauptanteil der nachge-      lang nicht zugeschrieben werden. Viel-
                                                       wiesenen Wanzen. Spo-        mehr liegt die Vermutung nahe, dass
                                                       radisch kamen die Graue      die Rotbeinige Baumwanze in den
                                                       Feldwanze (Raphigaster       ersten kühlen Herbsttagen die dunk-
                                                       nebulosa) und andere         len Hagelnetzflächen zum Aufwär-
                                                       Baumwanzen vor.              men aufsucht. Es werden nicht immer
                                                       Eine Art, die 2020 auch      nur fruchtschädigende, sondern auch
                                                       vermehrt gefunden wur-       nützliche Arten gefunden. So konnten
                                                       de, ist die Rotbeinige       vermehrt Exemplare vom Waldwächter
                                                       Baumwanze (Pentatoma         (Arma custos) entdeckt werden. Diese
                                                                                    Art ernährt sich ausschließlich räube-
                                                                                    risch von anderen Insekten, darunter
                                                                                    gelegentlich von anderen Wanzenar-
             r.
            l fe
          He

                                                                                    ten oder auch z.B. von Ohrwürmern.
        d
     r ie
     gf

                                                                                    Ein genauer bebilderter Steckbrief zu
 Si e
to
Fo

                                                                                    den einzelnen Wanzenarten findet
                                                                                    sich in obstbau*weinbau 2018 (10)
                                                                                    S. 24-28.

                                                                                    Populationsdynamik
                                                                                      Die ersten Nymphen und Adulten ver-
                                                                                      schiedener heimischer Wanzenarten
                                                                                      wurden 2020 bereits im Mai auf den
                                                                                      Apfelbäumen gefunden. In Grafik 3,
                                                                                      S. 18, sind die Beobachtungen und
                                                             Der Waldwächter          Erhebungen aus dem Eisacktal doku-
                                                             ernährt sich von
                                                             anderen Insekten. Im
                                                                                      mentiert. Wie diese zeigen, stieg die
                                                             Bild attackiert er einen Zahl an Nymphen im Juni deutlich an,
                                                             Ohrwurm.                 die Zahl der Adulttiere hingegen erst

                                                                                                                        17
Grafik 2: Artenverteilung der gesammelten heimischen Wanzen im                                             Auch die Grüne Reiswanze hat ein
Burggrafenamt 2020 in %.                                                                                   sehr breites Wirtspflanzenspektrum,
                                                                                                           darunter befinden sich aber vermehrt
                  Grüne Stinkwanze                                                    2
                                                                                          2
                                                                                                           krautige Pflanzen, weshalb sie auch
                                                                                              1    1       häufig im Unterbewuchs oder an na-
                  Grüne Reiswanze                                         9                            1   hegelegenen Böschungen bzw. Grä-
                                                                                                           ben zu finden ist.
                  Graue Feldwanze
                                                            34                                             Die Untersuchungen belegen weiters
                                                                                                           eindeutig, dass die Grüne Stinkwanze
                  Lederwanze
                                                                                                           nur eine Generation pro Jahr bildet:
                  Braune Randwanze                                                                         Damit ist die Populationsentwicklung
                                                                              50                           innerhalb eines Jahres nicht so stark
                  Beerenwanze                                                                              wie etwa bei der Grünen Reiswanze
                                                                                                           mit zwei Generationen im Jahr. Sie
                  Ginsterwanze
                                                                                                           beginnt früh mit ihrer Eiablage. 2020
                  Waldwächter
                                                                                                           wurden bereits in der 2. Maiwoche
                                                                                                           Eigelege entdeckt. Der Großteil wurde
 *Quelle Foto Ginsterwanze: Jean-Jacques MILAN
                                                                                                           im Juni abgelegt. Adulttiere der Toch-
                                                                                                           tergeneration entwickelten sich ab An-
                                                                                                           fang Juli 2020 (Grafik 4).
Grafik 3: Bei Kontrollen in Eisacktaler Apfelanlagen gefundene heimische
Wanzen 2020.
                                                                                                           Fruchtschäden
         Anzahl Individuen (Klopfproben + visuell)
  40                                                                                                       Neben der Marmorierten Baumwanze
                                                                                          Nymphen
  35                                                                                                       verursachen auch heimische Arten an
                                                                                          Adulte
  30                                                                                                       zahlreichen Standorten Fruchtschä-
  25
                                                                                                           den. Anhand der Symptome lässt sich
  20
                                                                                                           allerdings nicht auf die Wanzenart
  15
                                                                                                           schließen. In den Zonen, in denen die
  10
                                                                                                           Marmorierte Baumwanze nicht vor-
     5
                                                                                                           kommt, kann man die Schäden aber
                                                                                                           naturgemäß den heimischen Arten zu-
     0
            APRIL                MAI                 JUNI   JULI    AUGUST    SEPTEMBER OKTOBER            ordnen. Diese Zonen sind der Vinsch-
                                                                                                           gau und das Eisacktal sowie die hö-
                                                                                                           heren Lagen des restlichen Südtiroler
Grafik 4: Saisonaler Zyklus der Grünen Stinkwanze (Palomena prasina)                                       Apfelanbaugebiets. Im Eisacktal wur-
und der Grünen Reiswanze (Nezara viridula) am Standort Pfatten 2020.                                       den bei den Vorernteauswertungen
                                                                                                           2020 Fruchtschäden von 0,4% in der
                                                                                                           Anlagenmitte bzw. 0,8% am Anlagen-
                                                                                                           rand festgestellt.

                                                                                                           Schluss
                                                                                                           Wanzen spielen eine wichtige Rolle
                                                                                                           im Obstbau, sowohl als Schädlinge als
                                                                                                           auch in ihrer Funktion als Nützlinge.
im Juli. Ab August nahm die Zahl der                          Die Grüne Reiswanze, eine weltweit           Aufgrund ihrer unterschiedlichen Bio-
Adulttiere und der Nymphen auf den                            verbreitete Art, zeichnete sich durch        logie und ihres Verhaltens ist es wichtig,
Apfelbäumen wieder deutlich ab.                               eine rege, von Mitte Mai bis Anfang          die im Obstbau vorkommenden Arten
Am Versuchszentrum Laimburg wurde                             Oktober andauernde Eiablagetätigkeit         zu kennen. Neben der Marmorierten
anhand von Halbfreilandversuchen                              aus. Am Standort Pfatten entwickelten        Baumwanze sind vor allem die Grüne
die Phänologie der Grünen Reiswan-                            sich 2020 zwei überlappende Gene-            Stinkwanze und die Grüne Reiswanze
ze (Nezara viridula) und der Grünen                           rationen. Ihr Reproduktionspotenzial         die am Apfelbaum häufigsten Wanzen.
Stinkwanze (Palomena prasina) ge-                             ist daher vergleichbar mit dem der
nauer unter die Lupe genommen.                                Marmorierten Baumwanze.                      michael.unterthurner@beratungsring.org

18
4/2021

Invasive Schadorganismen
Das Beispiel Marmorierte Baumwanze
Luciana Tavella, Universität Turin

Die Autorin ist ordentliche Professorin am Department für Agrar-,                           Erfolgreiche Invasion
Forst- und Lebensmittelwissenschaften der Universität Turin. Beim                           Im Gegensatz dazu hat sich die Mar-
Interpoma-Kongress 2020 sprach sie über die Bedrohung durch                                 morierte Baumwanze (Halyomorpha
invasive Schadorganismen für die europäische Landwirtschaft und                             halys) inzwischen dauerhaft in Europa
                                                                                            angesiedelt und weit verbreitet. Hei-
alternative Abwehrmöglichkeiten der Marmorierten Baumwanze.                                 misch ist sie im Südosten Asiens. Von
                                                                                            dort wurde sie zuerst nach Nordameri-
                                                                                            ka verschleppt, dann nach Europa. Sie
Zunehmende Bedrohung                           nization = Pflanzenschutzorganisation        breitet sich weiter in andere Gebiete
                                               für Europa und den Mittelmeerraum)           wie Südamerika aus. In Europa hat
Mit der Intensivierung des Welthandels         eine Liste von Quarantäneorganismen          man sie zuerst 2004 in der Schweiz
steigt auch die zufällige Einschleppung        erstellt, bei denen das Risiko einer         entdeckt, aber in den folgenden 10
von exotischen Arten. Viele von ihnen          Einschleppung nach Europa besteht.           Jahren war sie noch keine Gefahr für
sind zu einer ständigen Bedrohung              Kürzlich hat die Europäische Union           die europäische Landwirtschaft. Im
der globalen Biodiversität und Lebens-         die Delegierte Verordnung (EU)               Spätsommer 2013 wurden in einer
mittelsicherheit geworden. Besonders           2019/1702 erlassen, welche die Ver-          Pfirsichanlage im Piemont erstmals
die invasiven Insekten sind für enorme         ordnung (EU) 2016/2031 ergänzt.              Schäden beobachtet, nachdem sie
wirtschaftliche Verluste verantwortlich,       Sie enthält 20 prioritäre Schadorganis-      schon 2012 in mehreren Städten
die auf mehr als 100 Milliarden US-            men, deren mögliche wirtschaftliche          der Emilia-Romagna gesichtet wor-
Dollar (84 Milliarden Euro) geschätzt          Auswirkungen auf die Wirtschaft, Um-         den war. Seither ist die Marmorierte
werden. Wenn sie in den neuen Ge-              welt und Gesellschaft als sehr schwer-       Baumwanze zu einer echten Bedro-
bieten geeignete Wirtspflanzen und             wiegend angesehen werden und die             hung für verschiedene landwirtschaft-
Umweltbedingungen vorfinden, die               deshalb überwacht werden müssen.             liche Kulturen geworden, auch weil sie
vielleicht auch noch durch den Klima-          Die Liste enthält auch einige gefähr-        in Italien und anderen europäischen
wandel gefördert werden, vermehren             liche Schadinsekten für die Obstkul-         Ländern günstige Umweltbedingun-
sie sich dort unkontrolliert, weil die         turen, wie den Japankäfer (Popillia ja-      gen vorfindet, wie sie schon durch
Begrenzungsfaktoren fehlen, die im             ponica), die Orientalische Fruchtfliege      bioklimatische Modellrechnungen für
Ursprungsgebiet die Populationen re-           (Bactrocera dorsalis) und die Apfel-         eine mögliche Ausbreitung der Art vo-
gulieren.                                      fruchtfliege (Rhagoletis pomonella),         rausgesagt wurden.
Deshalb hat die EPPO (European and             die bisher noch nicht in Europa gefun-       Es ist ein sehr polyphages Insekt
Mediterranean Plant Protection Orga-           den wurden.                                  und es sind hunderte Wirtspflanzen
                                                                                            bekannt, unter ihnen zahlreiche von
                                                                                            agronomischem Interesse. Unter den
Japankäfer (links), Orientalische Fruchtfliege (mitte) und die Apfelfruchtfliege(rechts),   am meisten betroffenen Kulturen fin-
drei Quarantäneschädlinge, die bisher noch nicht in europäischen Apfelanlagen
gefunden worden sind.                                                                       den sich Birne, Pfirsich, Apfel, Hasel-
                                                                                            nuss, Paprika, Bohnen, Mais, Soja und
                                                                                            Pappel.

                                                                                            Lebenszyklus
                                                                                            Die Marmorierte Baumwanze entwi-
                                                                                            ckelt mehrere Generationen pro Jahr,

                                                                                                                                19
in Norditalien sind es üblicherweise       Grafik 1: Prozent beschädigte Früchte in zwei piemontesischen Gala-
zwei. Sie verbringt den Winter in gro-     Anlagen, 2016 und 2017.
ßen Gruppen in Verstecken, bevor-
                                             16
zugt in Gebäuden, wodurch sie auch                                                          2016       2017
zu einer Plage im urbanen Bereich            14
wird. Etwa ab Februar verlassen die
                                             12
überlebenden Adulten nach und nach
ihre Winterverstecke und fliegen auch        10
über lange Strecken, um Wirtspflanzen
                                              8
zu finden, auf denen sie sich erholen
und ernähren können. Falls vorhan-            6
den, bevorzugen sie dabei Pflanzenar-
                                              4
ten mit Früchten.
Nach der Begattung beginnen die               2
Weibchen im Mai-Juni mit der Eiabla-
                                              0
ge. Ein Eigelege besteht meistens aus
                                                        eingenetzt            Betriebsvariante         kein Netz unbeh.
28 Eiern. Jedes Weibchen kann im
Laufe ihres Lebens zwischen 7 und
15 solcher Eigelege produzieren. Nach      möglichkeiten entwickelt, wie Insek-       schon am Beginn der Vegetationszeit
7 bis 10 Tagen, abhängig von den kli-      tenschutznetze und die Suche nach          attraktiver. Tatsächlich reagieren schon
matischen Bedingungen, schlüpfen           natürlichen Feinden, die imstande          die Adulten, die ihre Winterverstecke
die ersten Nymphen aus den Eiern.          sind, sich an die Marmorierte Baum-        verlassen, sehr gut auf diese Phero-
Jede Nymphe durchläuft fünf Stadien,       wanze anzupassen. Für welche Ab-           monkombination. Deshalb werden
die wie die Adulten sehr mobil sind.       wehr man sich auch entscheidet, ein        sie heute für die Fallen verwendet,
Die Adulten wechseln sehr oft ihren        genaues Monitoring ist unverzichtbar.      um Hinweise auf die Verbreitung der
Standort auf der Suche nach neuen                                                     Marmorierten Baumwanze nach der
geeigneten Wirtspflanzen, wobei sie                                                   Überwinterung zu bekommen. Es gibt
eine Kultur meistens vom Rand aus          Monitoring unverzichtbar                   verschiedene Fallenmodelle und des-
besiedeln.                                 Zusätzlich zur visuellen Kontrolle, zu     halb ist die Zahl der gefangenen Indivi-
Die Besiedlung unserer Regionen            Insektenfangnetzen und zur Klopfme-        duen auch sehr unterschiedlich. Es sei
durch die Marmorierte Baumwanze            thode überwacht man die Marmorier-         daran erinnert, dass nicht alle Adulten
hat auch unsere Pflanzenschutzstrate-      te Baumwanze auch mit Fallen, die als      und Nymphen in die Falle krabbeln
gien verändert und dabei oft auch die      Köder Aggregationspheromone ent-           und am Klebstoff gefangen werden.
Erfolge im integrierten Pflanzenschutz     halten. Diese ziehen die Adulten und       Viele versammeln sich in der Umge-
zunichte gemacht, der inzwischen           die Nymphen beider Geschlechter an.        bung in Gruppen, weshalb es sehr
breitflächig im Obstbau angewendet         Anfänglich verwendete man das Ag-          wichtig ist, die Fallen nicht im Inneren
wird. Der Rückgriff auf die chemische      gregationspheromon einer anderen           einer Obstanlage zu positionieren, um
Bekämpfung und die zahlreichen Ein-        Wanze (EEZ-MDT), das die Marmo-            damit nicht Wanzen anzulocken.
sätze von breitenwirksamen Insek-          rierte Baumwanze aber vorwiegend           Die Fallen ermöglichen es, die Be-
tiziden mit ihren Auswirkungen auf         nur am Ende der Saison anzog. Dann         wegungen der Marmorierten Baum-
die menschliche Gesundheit und die         wurde das Pheromon identifiziert, das      wanzen in einem Gebiet zu erkennen
Umwelt lösen das Problem meistens          die männlichen Marmorierten Baum-          und in der Folge den Befall und die
nicht. Deshalb wurden in den vergan-       wanzen produzieren (Murgantiol).           Schäden an den landwirtschaftlichen
genen Jahren auch alternative Abwehr-      Die Kombination dieser Duftstoffe ist      Kulturen zu begrenzen.

Stadien der Marmorierten Baumwanze; von links nach rechts: Vollinsekt, Eigelege, schlüpfende Nymphen, ältere Nymphe.

20
4/2021

Grafik 2: Trissolcus japonicus hat sich auf natürliche Weise mehr im Nordwesten Italiens, Trissolcus mitsukurii
mehr im Nordosten (einschließlich Trentino-Südtirol) ausgebreitet.

                                                   2017

 Trissolcus japonicus
                                                                                          2016
                                          2018              2018

 Trissolcus mitsukurii

Attract-&-kill                            Insektenschutznetze                      Bakterizide
Eine der vorgeschlagenen Möglichkei-      Eine weitere Methode, die mit Erfolg     Großes Interesse weckt der Einsatz
ten dafür ist das IPM-Crop Perimeter      gegen die Marmorierte Baumwanze          von Blattdüngern mit einer zusätzli-
Restructuring, das vorsieht, mit der      eingesetzt wird, ist deren Aussperrung   chen bakteriziden Wirkung, welche
Abwehr an den Rändern eines Fel-          mithilfe des Alt’Carpo-Insektenschutz-   die Entwicklung der Nachkommen der
des oder einer Anlage zu beginnen,        netzes. Ursprünglich wurde dieser        Marmorierten Baumwanze verhindern
um die Besiedlung der Kultur zu ver-      Insektenschutznetz-Typ in Frankreich     soll. Das Weibchen stattet die Eier bei
zögern. Dafür wird die Attract-&-kill-    gegen den Apfelwickler eingesetzt.       der Ablage mit symbiontischen Bakte-
Methode vorgeschlagen, bei der die        Heute werden auch Einzelreihen oder      rien der Art Candidatus Pantoea car-
schädlichen Wanzen zu einigen we-         ganze Anlagen zum Schutz gegen die       bekii aus, von denen sich die frisch aus
nigen Pflanzen gelenkt werden, die        Marmorierte Baumwanze damit ein-         den Eiern geschlüpften Nymphen zu-
mithilfe von Pheromonen attraktiver       genetzt, das hängt davon ab, ob es       erst ernähren. Diese Bakterien sind für
gemacht werden. Diese werden wö-          bereits ein Hagelschutznetz gibt.        das Überleben, die Entwicklung und
chentlich mit Insektiziden behandelt,     Versuche mit fotoselektiven perlen-      die spätere Fruchtbarkeit wichtig. Ver-
um die Populationsdichte niedrig zu       farbigen Netzen (2,4 × 4,8 mm) in        suche im Labor und im Freiland haben
halten. Versuchsergebnisse aus nord-      piemontesischen Pfirsich- und Ap-        die Wirksamkeit dieser Behandlungen
amerikanischen Apfelanlagen zeigen,       felanlagen zeigten einen deutlichen      nachgewiesen. Sie könnten eine Alter-
dass mithilfe der Attract-&-kill-Metho-   Rückgang der Schäden bei der Ernte       native zur chemischen Abwehr sein,
de der Schaden je nach Jahr bei der       im Vergleich zu den Kontrollparzellen,   auch weil sie die anderen natürlichen
Ernte 2 bis 7 Mal geringer war, obwohl    in denen 2 bis 7 Insektizide gegen die   Feinde nicht negativ beeinflussen.
97% der Fläche nicht mit Insektiziden     Marmorierte Baumwanze eingesetzt
gegen die Marmorierte Baumwanze           wurden.
behandelt wurde.

Das Weibchen der Marmorierten Baumwanze stattet die Eigelege mit dem symbiontischen Bakterium Candidatus Pantoea carbekii
aus. Es ist für das Überleben der frisch geschlüpften Nymphen wichtig.

                                                                                                                        21
toide geschlüpft sind, die nicht gezielt
                                                                                      eingeführt wurden. Zu erwähnen sind
                                                                                      dabei die Samuraiwespe, T. japonicus,
                                                                                      die zuerst in der Schweiz und dann
                                                                                      in Nordwestitalien und T. mitsukurii,
                                                                                      der noch häufiger in Nordostitalien
                                                                                      gefunden wurde. Nach den ersten
                                                                                      Aufsammlungen haben beide Arten
                                                                                      gezeigt, dass sie sich dort nicht nur
                                                                                      ansiedeln, sondern auch großflächig
                                                                                      im Gebiet ausbreiten.
                                                                                      Um der Marmorierten Baumwanze
                                                                                      etwas entgegenzusetzen, die 2019 in
                                                                                      Italien Schäden von geschätzten 600
                                                                                      bis 700 Mio. Euro verursacht hat und
                                                                                      damit Obstbauern und Händler in
                                                                                      Schwierigkeiten gebracht hat, wurden
                                                                                      Initiativen gestartet, um die Vermeh-
                                                                                      rung und Freilassung von T. japonicus
                                                                                      zu ermöglichen. Das Gesetz (D.P.R.
                                                                                      vom 12. März 2003 Nr. 120), das
                                                                                      die Freilassung von nicht-heimischen
                                                                                      Arten in der Natur verbietet, und da-
                                                                                      mit auch eine biologische Abwehr der
                                                                                      Marmorierten Baumwanze, wurde
                                                                                      geändert (D.P.R. vom 5. Juli 2019 Nr.
                                                                                      102). Mit dem Dekret vom 29. April
                                                                                      2020 über die Maßnahmen zur Vor-
                                                                                      beugung und Bekämpfung der Mar-
                                                                                      morierten Baumwanze wurde die
                                             Für die Vermehrung von Trissolcus        Freilassung von T. japonicus in jenen
                                             japonicus müssen zuerst viele
                                                                                      norditalienischen Regionen und Au-
                                             Marmorierte Baumwanzen
                                             gesammelt (oben) und zur Eiablage        tonomen Provinzen gestattet, die da-
                                             gebracht werden (mitte). In diese        rum angesucht hatten. Ein technisch-
                                             legt der Parasitoid seine Eier. Die      wissenschaftliches Komitee hat die
                                             daraus geschlüpften Samuraiwespen        Bedingungen und die Zeiten für die
                                             werden dann freigelassen (links).        Vermehrung und Freilassung von T.
                                                                                      japonicus erarbeitet und die Freilas-
                                                                                      sung in den genannten Regionen und
                                                                                      Provinzen veranlasst. Ab Juni 2020
Biologische Abwehr                         den gesucht, die sich an diesen exo-       wurden an den vorbestimmten Stand-
                                           tischen Schädling anpassen können.         orten je 100 Weibchen und 10 Männ-
Zum Schluss noch ein Wort zu der           Untersuchungen in Norditalien und          chen freigelassen. Die Freilassungen
nicht weniger wichtigen Möglichkeit        in der Schweiz haben ergeben, dass         wurden je nach Standort noch ein- bis
der biologischen Abwehr der Marmo-         nur Anastatus bifasciatus mit Erfolg       zweimal wiederholt. Damit verbunden
rierten Baumwanze: Im Ursprungsge-         die Eier der Marmorierten Baumwan-         waren die Suche nach Eigelegen der
biet der Marmorierten Baumwanze            ze parasitiert, aber nie in einem be-      Marmorierten Baumwanze und Unter-
werden ihre Populationen wirksam           deutenden Ausmaß. Es handelt sich          suchungen, inwieweit diese parasitiert
durch Eiparasitoide, besonders durch       dabei um einen Parasitoiden, der sehr      waren (siehe Artikel ab Seite 13). Es
die Arten Trissolcus japonicus und         verbreitet ist, sich aber auf Kosten von   ist wichtig festzuhalten, dass die Pa-
Trissolcus mitsukurii, auf einem niedri-   sehr vielen Wirts-Eiern von mehr als       rasitoiden an Standorten freigelassen
gen Niveau gehalten. In den Gebieten,      30 Hautflügler- und Schmetterlingsar-      wurden, die nicht mit Insektiziden be-
welche die Marmorierte Baumwanze           ten vermehrt. Bei den Untersuchun-         handelt werden, um eine hohe Sterb-
neu besiedelt hat, wurde und wird          gen stellte sich auch heraus, dass aus     lichkeit zu vermeiden.
deshalb nach heimischen Parasitoi-         den Eigelegen auch exotische Parasi-                       luciana.tavella@unito.it

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