H COME FOR THE VERTICAL, STAY FOR THE ECOSYSTEM - Ökosysteme in der Versicherungsindustrie
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h WHITEPAPER COME FOR THE VERTICAL, STAY FOR THE ECOSYSTEM Ökosysteme in der Versicherungsindustrie
Inhalt 03 Ökosysteme als zentraler Baustein in der Versicherungsindustrie 05 Ökosystem-Strategien werden nicht vollumfänglich kommuniziert und verstanden 06 Verschiebungen am Markt erschweren die Fokussierung 09 Vertikalisierung als Antwort auf die Unsicherheit bei Ökosystem-Strategien 10 Airbnb, Shopify und Stripe haben sich auf ein „Vertical“ fokussiert – über die Jahre entstanden dabei Ökosysteme 13 Versicherungsunternehmen starten mit der Intention eigene Ökosysteme aufzubauen 15 Ping An ist das Maß aller Dinge, wenn es um Ökosysteme in der Versicherungsindustrie geht 17 Come for the vertical, stay for the ecosystem! Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 2
Ökosysteme als zentraler Baustein in der Versicherungsindustrie Ökosysteme haben sich in den letzten Jahren zu einem zentralen Baustein der Versicherungsbranche entwickelt. Und das vollkommen zu Recht. Denn der Endzustand eines Ökosystems beschreibt ein schönes wertschöpfendes Netzwerk verschiedener Akteure, die ihren Kunden ge- meinsam ein besseres Angebot machen können, als wenn sie alleine agieren. Aber wie entwickelt man nachhaltig ein Ökosystem in Märkten, die sich gefühlt jedes zweite Quartal verändern? Und wie vermeidet man es, sich in der Entwicklung von Dienstleistungen zu verzetteln? Unsere Antwort darauf lautet: Vertikalisierung. Aus kleinen Anfän- gen entstehen große Dinge. Versicherungen sollten sich nicht von der großen Vision verzaubern lassen, sondern mit Fokus und Konzentration klein beginnen. Come for the vertical, stay for the ecosystem! Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 3
Ein Ökosystem ist ein Netzwerk aus Unternehmen und komplementä- ren Dienstleistungen, welche von einem Orchestrator auf eine gemein- same Wertschöpfung ausgerichtet werden. Die Leistung des gesamten Ökosystems übersteigt dabei aus Sicht der Kunden die Summe der Einzelbeiträge aller Beteiligten. Obwohl Ökosysteme als Begriff schon seit 20 Jahren durch die Strategieabteilungen geistern, sind sie derzeit in aller Munde. Unter dem Eindruck der am schnellsten wachsenden Unternehmen – Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft und Co – positionieren sich zunehmend auch nicht-digitale Unternehmen als Ökosystemakteure. Es überrascht daher wenig, dass Ökosysteme zu einem zentralen Baustein vieler Versicherungs-Strategien geworden sind. Und das nicht erst seit dem Erfolg der Ökosystemstrategie des chinesischen Versicherungskonzerns Ping An. Versicherungsunter- nehmen aus der ganzen Welt versuchen zunehmend auf neue Kunden- anforderung mit Ökosystemstrategien zu reagieren – nicht immer mit dem erhofften Erfolg. Obgleich viel über Ökosysteme geredet und geschrieben wird, beobach- ten wir eine schwelende Unsicherheit in Versicherungsgesellschaften ob Ökosysteme überhaupt Wert stiften können. Wir führen das auf zwei Faktoren zurück: Einerseits werden Ökosystem-Strategien nicht voll- umfänglich kommuniziert und verstanden. Andererseits erschweren Verschiebungen am Markt die Fokussierung. Rollen im Ökosystem Enabler Realizer Orchestrator stellt die Technologie erbringt die wirkliche ist Architekt des oder Infrastruktur Leistung/Produkt Ökosystems, zur Verfügung innerhalb des das der Kunde nutzt Ökosystems Beispiele + tausende E-Commerce andere Verkäufer Beispiele Individuelle Fahrer Ride-Hailing (mit ihren eigenen Autos) Beispiele Logistik Versandunternehmen Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 4
Ökosystem-Strategien werden nicht vollum- fänglich kommuniziert und verstanden Analysiert man branchenrelevante Artikel und Whitepaper zum Thema, stellt man fest, dass sich die meisten Diskussionen mit dem Endzu- stand beschäftigen und nicht mit der Frage, wie ein solches Ökosystem überhaupt aufgebaut werden kann. Häufig wird nur erläutert, • wieso es sinnvoll ist ein Ökosystem aufzubauen – „Erweiterung der Angebote, Differenzierung, Aufbau von Loyalität, Vermeidung der Kommodifizierung“, • welche Versicherungen davon nicht profitieren – „Preisführer sollen nur bedingt eine Ökosystem Strategie anwenden, da Öko- systeme die Differenzierung durch Qualität forcieren“ und • was das Ziel sein sollte – „Bereitstellung eines differenzierten und disruptiven Werteangebots“ Selten wird darauf eingegangen, was man tun muss, um zum Ziel zu gelangen – „Auswahl des Marktes, Definition der eigenen Rolle im Öko- system und Klärung der Monetarisierung“. Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 5
Verschiebungen am Markt erschweren die Fokussierung Die zweite Unsicherheit resultiert aus volatilen Marktverschiebungen. In den für Versicherungen relevanten Lebensbereichen verändert sich der Markt und die Wettbewerbssituation dramatisch. Zahlreiche neue Angebote, Produkte und Services, welche kontinuierlich das Konsumentenverhalten beeinflussen, halten Einzug. Eine wesentliche Verschiebungen ist die Entbündelung von Produkten und Dienstleistungen. Für jede Wegstrecke gibt es mittlerweile einen LIN K passenden Mobilitätsanbieter (z. B. Tier, Emmy oder Miles), für jede Digitally-Native Vertical Produktkategorie gibt es die passende Digitally-Native Vertical Brand Brands (DNVBs) – Die Zukunft von Marken oder (z. B. Ace &Tate, Emma oder Harry’s) und für jeden Finanzservice gibt ein temporärer Trend? es die passende Lösung (z. B. TransferWise, N26 oder Trade Republic). Entbündelung der Mobilität Kurze Strecken Lange Strecken Kleine Fahrzeuge Große Fahrzeuge Frühe Frühe Autonomie Elektrifizierung 13 One Way Trips (%) 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0
Auch in der Versicherungsindustrie entwickeln sich nachhaltig ent- flochtene Services, die vollumfängliche Angebotsbündel in der Summe herausfordern. Durch die Entbündelung sind sie flexibler in ihrer Ent- wicklung und können damit schneller auf neue Kundenanforderungen reagieren. Dies geschieht nicht nur in Endkonsumenten-nahen Sek- toren (Getsurance, Lemonade oder Coya bieten Versicherungen über eine digitale Schnittstelle direkt an den Endkunden an) sondern auch im B2B Segment (sei es z. B. die Versicherungs-Infrastrukturlösung von Element, die digitale Schadensplattform von Snapsheet oder die Lösung zur Optimierung von Underwriting Prozessen von Planck). Mit weit- reichende Folgen: Die zunehmende Anzahl von as-a-Service Geschäfts- modellen führt zu einem reduzierten Produktabverkauf, wodurch Versicherungsprämien nicht mehr frei an an den Endkunden adressiert werden können. Die Entbündelung führt zudem zu geringen Markt eintrittsbarrieren, was einen intensiveren Wettbewerb zur Folge hat. ↗ Element Website Eine weitere Verschiebung ist die Konzentration von Plattformen an der Kundenschnittstelle. Amazon, Apple und Google besetzen die zentralen Zukunftsmärkte innerhalb der Lebensbereiche Mobilität, Gesundheit und Zuhause. Alle arbeiten an eigenen M obilitätsservices, der Markt der Voice Assistants wird von ihnen dominiert und im Gesundheitsbereich hat Google vor kurzem erst mit Fitbit eine große Lücke in ihrem Angebot geschlossen. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die Versicherungsindustrie. Doch nicht nur BigTech experimen- tiert mit neuen Angeboten. Auch Startups und Grownups etablieren sich am Markt. Auf der einen Seite beanspruchen Aggregatoren (z. B. Check24, Verivox oder Insurify) die Kundenschnittstelle für sich. Auf Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 7
In Anlehnung an die Smiling Curve von Stan Shih Wertschöpfungsanteil Enablers Realizers Orchestrators Kundennähe Die Smiling Curve wurde von Stan Shih, dem Gründer von Acer Inc., ins Leben gerufen. Sie zeigt, dass sich der Wertschöpfungsanteil eines Produkts zwischen 1970 (Start der dritten industriellen Revolution) und 2020 maßgeblich verschoben hat. Während früher in der Produktion des Produkts die meiste Wertschöpfung erzielt wurde, generieren heute die Anbieter für Technologielösungen und die Unternehmen, die die Benutzeroberfläche gestalten, den meisten Wert für den Endkunden. der anderen Seite versuchen versicherungsfremde Unternehmen durch das Angebot von Element oder Trov die Produkt- bzw. Serviceabsiche- rung in ihre Primärleistung einzubetten (siehe dazu die Fallbeispiele LIN K von Volvo, Vodafone und deliveroo). Die Wertschöpfung wandert ab. Und Cyber Insurance for die traditionellen Versicherer schauen zu. Der Druck von Infrastruktur- private customers anbietern und Plattformen wird immer größer. Diese Marktverschiebungen müssen in Ökosystem-Strategien natürlich berücksichtigt werden. Vor allem Startups versuchen sowohl entweder vertikal das Wertversprechen zu maximieren oder horizontal über eine Plattform Angebote zu aggregieren. Auf beiden Seiten nimmt der Wettbewerbsdruck kontinuierlich zu. Und das nicht nur in der Versi- cherungsindustrie, sondern auch in allen anderen Lebensbereichen, die von der Versicherung tangiert werden. Diese Marktverschiebungen erschweren daher nicht nur die Entscheidung des idealen Startpunk- tes der Ökosystem-Strategie. Sie beeinträchtigen auch die Auswahl des Lebensbereichs und die Einschätzung ob die Ökosystem-Strategie nachhaltig auf die Kundenbedürfnisse einzahlt bzw. als überlegen gegenüber dem Angebot der Wettbewerber wahrgenommen wird. Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 8
Vertikalisierung als Antwort auf die Unsicherheit bei Ökosystem-Strategien Die Grundlage der derzeitigen Unsicherheit ist aber die Fokussierung auf einen möglichen Endzustand des Ökosystems. Der Blick in den Digitalmarkt ist hier erhellend. Erfolgreiche Ökosysteme sind fast ausschließlich mit einem zugespitzten, kundenorientierten Angebot gestartet. Die Frage nach Netzwerkeffekten und Skalierung ist die richtige. Jedoch stellt sich diese Frage erst nach einem initialen „Product-Market-Fit“. Das Henne-Ei-Problem digitaler Ökosysteme löst man, in dem man erst später zu einem Ökosystem wird. Diese Herangehensweise wurde vor einigen Jahren prominent von Chris Dixon, Partner bei dem amerikanischen Venture Capital Fonds LINK Andreessen Horowitz, in einem Blogpost beschrieben. „Come for the Come for the tool, tool, stay for the network“, schrieb er und positionierte damit einer stay for the network ganzen Generation von Gründern einen Nordstern. Nutzer sollen mit einem eigenständigen Tool bzw. einzigartiger Funktionen angezogen und mit der Zeit in ein Netzwerk konvertiert werden. Ein Beispiel, das er nennt, ist Instagram: Die Nutzer der Social Media Plattform wurden anfänglich mit kostenlosen innovativen Filtern für Fotos angelockt. Das Netzwerk war nur zweitrangig, entwickelte sich im Laufe der Zeit je- doch zum Kernargument von Instagram. Chris Dixon erkannte, dass es extrem schwierig ist, ein Netzwerk von Grund auf aufzubauen. „Single- Player Tools“ können Netzwerke jedoch befeuern. Come for the tool, stay for the network. Chris Dixon, a16z Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 9
Überträgt man diese Dynamik auf Ökosysteme, so kann man konsta- tieren, dass man mit einem Teilbereich eines Ökosystems beginnen sollte, der einen klaren Mehrwert vermittelt, die Eintrittsbarrieren niedrig hält und sich dynamisch zu einem Ökosystem weiterentwickelt. „Come for the VERTICAL, stay for the ECOSYSTEM“. Durch die Fokus- sierung und Optimierung auf einem „Vertical“ wird das Kundenver- sprechen geschärft. Durch den parallelen Aufbau von Partnerschaften und Akquisitionen von Unternehmen, entsteht ein deutlicher Mehr- wert für den Kunden. In Folge dessen entwickelt sich im Bestfall ein nachhaltiges Ökosystem, das auf den Kunden ausgerichtet ist. Airbnb, Shopify und Stripe haben sich auf ein „Vertical“ fokussiert – über die Jahre entstan- den dabei Ökosysteme Diese Diskussion wird im Versicherungskontext oft noch zu theoretisch geführt. Der Erfolg digitaler Unternehmen wie AirBnB, Shopify oder Stripe zeigt deutlich, wie mächtig ein fokussierter Marktzugang für die Erschließung von Ökosystemen ist: AirBnB, das erfolgreichste Online-Portal für Buchung und Vermietung von Unterkünften, startete natürlich nicht mit 7 Millionen Inseraten in mehr als 220 Ländern. Das Unternehmen begann 2008 mit einer Plattform für die Vermittlung von „Luftmatratzen“ und Frühstück – „Airbedandbreakfast“. Die Gründer erkannten den Bedarf für Adhoc- Schlafplätze und boten dafür eine Lösung an. Durch die kontinuierliche Einbeziehung von Kundenfeedback und -erwartungen, öffnete sich die Plattform in Richtung vollumfänglicher Wohnungen, Ferienunter- künften, Hostels und sogar Hotels. Dabei wurde immer stark an dem „Vertical“ „Unterkunftsvermietung“ festgehalten. Es folgten hunderte Millionen an Buchungen sowie Partnerschaften mit Reisebüros, Touris- musseiten, Concierge Services, Konferenzen und Anbietern von intel ligenten Schließsystemen. Nach und nach entstand ein Ökosystem, auch getrieben durch strategische Unternehmenszukäufe. Erst acht Jahre nach der Gründung, 2016, wurde das Ökosystem über den Teller- Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 10
rand der „Unterkunftsvermietung“ erweitert. Buchbare „Entdeckun- gen“ wurden eingeführt, um Reisenden ein noch besseres Erlebnis zu bieten – mit großem Erfolg. Ähnlich stellt sich die Gründungsgeschichte von Shopify dar. 2006 fokussierten die Gründer von Shopify – Tobias Lütke und Scott Lake – ein Problem, welches sie zuvor selber am eigenen Leib erfahren haben: Sie wollten einen Online-Shop für Snowboarding-Ausrüstung an den Markt bringen, mussten aber feststellen, dass existierende E-Com- merce Produkte dafür ungenügend waren. Also bauten sie ihr eigenes System und boten dieses relativ schnell als Plattform für Dritte an. Damit gaben sie Händlern und Erstverkäufer grundlegende Bausteine an die Hand, um ihre Waren online zu vertreiben: Bestellungsver- folgung, Bestandsverwaltung und Analysefunktionen. Basierend auf diesem Produkt folgte der Aufbau einer API-Schnittstelle, um Shopify- Händlern mehr Anpassungsmöglichkeiten zu bieten. Heute hat Shopify LINK einen großen App-Store, in dem externe Entwickler ihre Tools und shopify app-store Apps direkt an die Shopify-Händler verkaufen können. Die Plattform war ein großer Schritt für ein Produkt-fokussiertes Startup. Heute ist Shopify einer der führenden E-Commerce Ökosysteme und macht mit der Ökosystemwertschöpfung sogar Amazon Konkurrenz. 2014 erwei- terte man die reine Online Strategie um eine Offline Komponente, um den Produktverkauf Online wie Offline zusammenzuführen. Mit gro- ßem Erfolg. Von „Produkt-Vertical“ zu einer Plattform zu einem Öko- system in acht Jahren. Die Reihenfolge war wichtig, denn jeder Schritt baute auf dem Erfolg des vorherigen auf. Shopify Ökosystem Produkt-Fokus Plattform / Ökosystem Händler Händler Händler API Händler Händler Händler Händler Händler Schnitt stelle Bestandsmanagement Referral Ent Designer Logistik Auftragsverfolgung Partner wickler von Dritt- anbietern Analysefunktionen Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 11
Stripe, ein Online-Zahlungsabwicklungsdienst für Internetunterneh- men, weist eine vergleichbare Erfolgsbilanz auf. 2010 gegründet, bot das Unternehmen eine sehr effiziente Lösung für ein teures Problem: Viele E-Commerce-Unternehmen investierten in den Aufbau eige- ner Systeme zur Zahlungsabwicklung. Die, die sich die Gebühren der Banken nicht leisten konnten, gingen zu PayPal. Doch auch PayPal war zu der Zeit äußerst unhandlich und zudem komplex in der Imple- mentierung. Stripe erkannte den Bedarf und entwarf eine skalierbare, entwicklerorientierte und sofort einsatzbereite Zahlungsplattform. Schnell sprach sich die Eleganz der Lösung in der Entwickler-Commu- nity herum. Mit nur wenigen Zeilen Code konnte man Stripe in seine Anwendung integrieren. Ein Prozess, der früher Wochen dauerte, konnte an einem einzigen Tag erledigt werden. Die einfache Imple- mentation führte zu einer breiten Adoption. Der Datendurchsatz im Stripe-Kosmos wuchs stetig, was zu einer schnellen und kundenorien- tierten Entwicklung von angrenzenden Diensten auf Basis der gesam- melten Zahlungsdaten beitrug. Heute bietet Stripe ein Ökosystem an verschiedenen Services für Zahlungsabwicklung und Anwendungs programmierschnittstellen für E-Commerce-Websites und mobile Anwendungen an. Stripe will es Unternehmen dabei nicht nur leicht machen, Zahlungen abzuwickeln. Sie wollen eine wirtschaftliche Infrastruktur für E-Commerce-Unternehmen schaffen, damit jeder an der Datenökonomie teilhaben kann. Stripe Ökosystem Produkt-Fokus Plattform / Ökosystem Händler Händler API Schnittstelle Händler Händler Händler Händler Zahlungs entwicklung Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 12
Allein diese Beispiele zeigen, dass die Strategie „Come for the product / vertical, stay for the ecosystem“ nachhaltig zu großem Erfolg führen kann. Alle drei Unternehmen haben sich auf ein „Vertical“ fokussiert, den Kunden in den Vordergrund gestellt und das Wertversprechen nachhaltig produkt- wie auch ökosystemseitig optimiert. Letzteres wur- de vor allem durch kontinuierliche Produktinnovationen, Partnerschaf- ten und Akquisitionen erreicht. Dabei entstanden die Ökosysteme nahe- zu organisch – getrieben von der Intention, dem Kunden immer das bestmögliche Produkt bzw. die bestmögliche Dienstleistung zu bieten. Versicherungsunter nehmen starten mit der Intention eigene Öko- systeme aufzubauen Seit dem Erfolg von Ping An in China sehen wir zunehmend, wie euro- päische Versicherer über die Orchestrierung von Ökosystemen in ihren Kernmärkten diskutieren. Verständlicherweise wollen die wenigsten dabei nur Teilnehmer sein. Die Kundenschnittstelle hat für viele oberste Priorität. Unter dem Eindruck dieser strategischen Positionierung ver- suchen unter anderem die Allianz, die Baloise Group und die G enerali ein Ökosystem rund um ihre Versicherungsprodukte zu schnüren. Alle drei stellen sich dabei äußerst breit auf und versuchen in verschiede- nen Sparten Partnerschaften mit Startups einzugehen, um neue inno- vative Produkte durch das Ökosystem an Kunden zu verkaufen. Dabei setzt die Allianz auf die Tochterunternehmen Allianz Partners und Allianz X, welche die Lebensbereiche Zuhause, Gesundheit und Mobilität entwickeln sollen. Erst vor kurzem hat Allianz Partners den Ausbau des Ökosystems rund um den Lebensbereich „Zuhause“ ver- kündet: „With our homes playing an increasingly important part of daily life, Allianz Partners has enhanced its home assistance offering to build a one-stop-shop ecosystem that provides meaningful solutions for key life moments, such as buying a home or a car, starting a family or retiring.“ Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 13
Ähnlich der Allianz, fokussiert die Baloise Group Ökosysteme in den Lebensbereichen Mobilität, Zuhause, finanzielle Absicherung und Business Services. Vor allem im Mobilitätsbereich versucht sie sich mit einem eigenen Autoabo (AboDeinAuto) vom reinen Absicherungspro- dukt zu lösen. Einen ersten Schritt ist man bereits zuvor mit dem von der Gruppe losgelösten Neo-Versicherer Friday gegangen, die sich auf Pay-per-Mile KFZ Versicherungen fokussieren. Auch die Generali, der größte italienische Versicherungskonzern, hat einen ähnlichen Weg gewählt. Das Unternehmen versucht in den Be- reichen Mobilität (mit Volvo), Wohnen / Smart Home (mit Google Nest), Reisen (mit Expedia), und Gesundheit & Wellness (mit Vitality) Ökosys- teme aufzubauen. Vor kurzem hat die Generali auch ein Joint Venture gemeinsam mit Sanofi, Capgemini und Orange angekündigt, um ein Ökosystem im Bereich e-Health aufzubauen und konkrete digitale Ge- sundheitslösungen zu entwickeln. Aus diesen drei Beispielen kristallisiert sich eine klare Taktik heraus. Alle Unternehmen versuchen ihr Risiko zu streuen und mehrere Öko- systeme gleichzeitig zu orchestrieren, mit dem übergeordneten Ziel: Ökosysteme rund um den Versicherungskern aufzubauen. Allerdings steht das Vorgehen konträr zu den erprobten Ansätzen der Beispiele von oben. Für AirBnB, Shopify und Stripe war es von Beginn an wichtig, ein bestehendes Problem mit einer Lösung zu adressieren. Der Aufbau und die Entwicklung eines Ökosystems war nur zweitrangig. Sie ent- standen im Laufe der Zeit durch die strikte Fokussierung auf die Opti- mierung des Wertversprechens an den Kunden. Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 14
Ping An ist das Maß aller Dinge, wenn es um Ökosysteme in der Versicherungs industrie geht LINK Damit stellt sich nun die Frage, wie Ping An vorgegangen ist. Der chine- Ping An sische Versicherungskonzern betreibt seit Jahren äußerst erfolgreich mehrere Ökosysteme in verschiedenen Industrien und ist für viele Ver- sicherer das Vorbild, wenn es um erfolgreiche Ökosysteme geht. Ping An wurde 1988 als Schaden- und Unfallversicherungsgesellschaft gegründet. Nach Einführung einer Lebensversicherungssparte wurde früh damit begonnen, einen Finanzarm für die Gesellschaft zu ent wickeln und aufzubauen. Der Fokus auf die Finanzindustrie wurde mit den Akquisitionen von chinesischen Banken und der Beteiligung von Morgan Stanley, Goldman Sachs und HSBC gefestigt. Parallel investierte man massiv in neue Technologien, wie künstliche Intelligenz, Block- chain und Gesichtserkennung. Dieser Kombination entsprang dann 2012 Lufax, ein Online-Internet-Finanzmarktplatz für Peer-to-Peer Kredite. Zwischen 1995 und 2012 lag der Fokus der Neugeschäftsent wicklung hauptsächlich auf dem „Finanz-Vertical“. Versicherungen spielten dabei immer nur eine untergeordnete Rolle und wurden als zusätzlicher Service angeboten. Aufbauend auf dem gesammelten Technologie und Plattform Wissen wurden dann schrittweise neue Lebenswelten identifiziert, in denen sie Primärleistungen anbieten konnten. Wie wurden diese Bereiche ausgewählt? Jessica Tan, CEO bei Ping An, äußerte sich dazu wie folgt: We looked at what sectors were most important, not only to the economy in general but to the consumer— such as autos, housing, and health. We then identi- fied the key areas in each of these ecosystems where we could add value. Jessica Tan, Group Executive Director, Ping An Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 15
Ping An löste ein Kundenproblem, identifizierte Probleme des Kunden, fragte sich, wie sie mit ihren Assets hier einen Mehrwert anbieten konnten und adressierte das Problem mit einer Lösung, die vorhandene Assets einbezog – „Come for the vertical, stay for the ecosystem“. Nachdem man sich jahrelang auf ein „Vertical“ fokussiert und Assets aufgebaut hatte, konnten neue Ökosysteme in kürzester Zeit erschlos- sen werden. Den Kunden und die eigenen Stärken immer im Blick, erweiterte Ping An nach und nach ihr Leistungsportfolio. Im Lebens- bereich G esundheit platzierten sie Good Doctor – Chinas größte Inter- net-Plattform für das Gesundheitswesen. Im Lebensbereich Mobilität erwarben sie Autohome – Chinas führende Online-Destination für Automobilkunden. Und im Lebensbereich Zuhause starteten sie Ping anfang – ein Portal für Immobilienanzeigen. Das besondere: Versi- cherungen standen dabei nie im Fokus. Sie waren immer nur ein zu- sätzlicher Service. Der strategische Grund dafür waren die wenigen Berührungspunkte, die durch Versicherungsprodukte generiert werden. Jessica Tan erläutert diesen Paradigmenwechsel auf folgende Weise: We think this ecosystem model, where a customer has to buy a product first and then you provide services based on the customer’s needs, is much better than a more traditional one. Jessica Tan Ping An Entwicklung Versicherungs Investitionen in Inkubation einer Datengesteuerte geschäft; Technologie neuen Generation Geschäftsmodelle Finanzprodukte Ping An Cloud, von Unternehmen Angetrieben Bankwesen, Ersatz von Legacy- Good Doctor, durch Cloud-, Investitionen / Systemen, Lufax, Gesundheits- AI- und Blockchain- Wertpapiere) AI-Forschung, etc. Ökosystem, Fähigkeiten One Connect Neue Geschäftsmodelle Ökosysteme Technologie Produkte und Dienstleistungen Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 16
Come for the vertical, stay for the ecosystem! Die Beispiele von AirBnB, Shopify und Stripe zeigen, dass sich mit einer Fokussierung auf ein „Vertical“ oder einen Lebensbereich die strategi- sche Unsicherheit rund um Ökosysteme in ihren Anfängen reduzieren lässt. „Come for the vertical, stay for the ecosystem“ hält Investitionen niedrig, weil man sich kundenzentriert, nachhaltig und schrittweise zu einem Ökosystem entwickelt. Wir müssen uns von dem Gedanken lösen, dass Ökosysteme erzwungen werden können. Erst ein konsequenter Fokus auf einen klaren Kundenmehrwert in einem Lebensbereich schafft Grundlagen für die organische Entwicklung eines Ökosystems über den Lebensbereich hinaus. Für Versicherungsgesellschaften bedeutet dies zweierlei: 1. Die Überlegung, in welcher Vertikalen man beginnt, muss gut durchdacht sein. Bedingt durch die Digitalisierung und die Konvergenz von Technologien, entstanden und entste- hen fortan neue Märkte und Wettbewerber. Diese Volatili- tät muss beobachtet und gemäß den eigenen Stärken und Schwächen eingeordnet werden. In solchen dynamischen Zeiten ist es besonders von Vorteil, seine eigenen unfairen und belastbaren Wettbewerbsvorteile zu kennen. Außerdem hat es sich als vorteilhaft erwiesen, nicht opportunistisch zu handeln und potentielle Chancen auf gut Glück zu erschlie- ßen, sondern Opportunitäten am Markt durch potentielle Kunden zu validieren. Selten decken sich nämlich Kunden- bedürfnisse mit Versicherungsprodukten, die hinter ver- schlossenen Türen entwickelt worden sind. Nicht nur das Versicherungsgeschäft sollte von Neuentwicklungen profi- tieren, sondern auch der Kunde. Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 17
2. Alle Aktivitäten sollten kundenzentriert entwickelt werden. Ökosysteme werden um ihre Stakeholder herum aufgebaut, nicht um den Orchestrator. Erst wenn der geschaffene und konsumierte Wert aller Beteiligten den Wert des Ökosystem- orchestrators übersteigt, sprechen wir von einem nachhal- tigen Ökosystem. Versicherungen sind für Endkunden zuerst nur eine Absicherung gegen unvorhergesehene Schäden. Sie ist wichtig, keine Frage. Jedoch stellt sie nur eine Sekun- där- bzw. Unterstützungsleistung dar. Versicherungsunter- nehmen müssen umdenken und Angebote schaffen, die Kunden einen Mehrwert bieten. Dem Kunden ist dabei egal, ob der Mehrwert an der Kundenschnittstelle oder durch eine Infrastruktur entsteht, die ihm im Hintergrund eine Ab- sicherung ermöglicht. Ein Ökosystem funktioniert, wenn die Bedürfnisse der Kunden ganz- heitlich gelöst werden können. Dabei ist es Kunden egal, ob die Lösung von einem Anbieter oder durch eine Kombination von Dienstleistungen und Produkten verschiedener Anbieter abgedeckt wird. Der Orchestra- tor übernimmt und sichert das Management und die Qualitätssicherung aller Beteiligten und sorgt für fortlaufende Anreize, am Ökosystem teil- zunehmen. Für die Entwicklung von Ökosystemen bedeutet dies, dort anzusetzen, wo man den größten Mehrwert für den Kunden erzielen kann. Darauf basierend kann dann nach und nach eine Vorwärts- oder Rückwärtsintegration in der Wertschöpfungskette erfolgen – ohne dabei den Fokus auf den Kunden zu verlieren. Diese Vorgehensweise zwingt Orchestratoren förmlich dazu, im Laufe der Zeit Partnerschaf- ten einzugehen oder Unternehmen zu akquirieren. Das Ökosystem entsteht organisch, nicht am Reißbrett. Natürlich ist es wichtig, sich zu fragen, wie man langfristig Kunden durch den Direktkontakt bindet. Doch es wird zunehmend wichtig auch darüber nachzudenken, wie man nachhaltig für den Kunden von hoher Relevanz bleibt. Auch wenn dies bedeutet, dass man möglicher- weise den direkten Kontakt aufgeben muss. Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 18
Haben Sie Fragen oder suchen Sie Unterstützung beim Auf- oder Ausbau Ihres Ökosystems? Schreiben Sie uns! Martin Spindler Vice President, hy martin.spindler@hy.co Martin Spindler leitet hy’s Strategieteam und unterstützt unsere Kunden bei der Identifizierung von strukturellen Marktverschiebungen sowie der Entwicklung nachhaltiger Wachstumsstrategien. Lukas Muttenthaler Consultant, hy lukas.muttenthaler@hy.co Lukas Muttenthaler ist hy’s Experte für tragfähige digital-getriebene Vertikalisierungsstrategien und D2C-Geschäftsmodelle. René Schäfer Engagement Manager, hy rene.schaefer@hy.co René Schäfer beschäftigt sich mit den Grundlagen der Digitalökonomie, plattformbasierten Geschäftsmodellen und den Auswirkungen von Zukunftstechnologien. Ökosysteme in der Versicherungsindustrie 19
hy – the Axel Springer Consulting Group Datengetrieben. Unternehmerisch. Meinungsstark. Wir stehen für wirksame Veränderungen in den Bereichen Strategie, Innovation and Digitale Transformation – mit Consulting Services einer neuen Generation. So helfen wir unseren Kunden Nie war es wichtiger zu verstehen, was die Zukunft bringen wird und wie man sie aktiv für das eigene Unternehmen gestaltet. Wir sind überzeugt: Um die Zukunft zu verstehen, müssen wir auf die schauen, die sie gerade erfinden. Startups und Venture-Capital- Aktivitäten sind unser Proxy, um Märkte zu dekodieren, denn wann immer ein Unternehmen gegründet wird oder eine Finanzierung erhält, wird eine Wette platziert. Diese Wetten gestalten die Märkte von morgen. Wir helfen unseren Kunden, ein Verständnis für diese neuen Märkte zu entwickeln, neue Geschäftsopportunitäten zu identifizieren und diese erfolgreich umzusetzen. Axel Springer hy GmbH Axel-Springer-Straße 65 10888 Berlin Tel +49 30 25 91 78 150 kontakt@hy.co hy.co linkedin.com/company/hyaxelspringer hy.co/newsletter
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