Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung 201-027 - BG BAU

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Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung 201-027 - BG BAU
201-027
            DGUV Information 201-027

            Handlungsanleitung zur
            Gefährdungsbeurteilung
            und Festlegung von
            Schutzmaßnahmen bei
            der Kampfmittelräumung

März 2020
Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung 201-027 - BG BAU
kommmitmensch ist die bundesweite Kampagne der gesetzlichen Unfallversicherung
in Deutschland. Sie will Unternehmen und Bildungseinrichtungen dabei unterstützen
eine Präventionskultur zu entwickeln, in der Sicherheit und Gesundheit Grundlage
­allen Handelns sind. Weitere Informationen unter www.kommmitmensch.de

Impressum

Herausgegeben von:
Deutsche Gesetzliche
Unfallversicherung e.V. (DGUV)

Glinkastraße 40
10117 Berlin
Telefon: 030 13001-0 (Zentrale)
Fax: 030 13001-9876
E-Mail: info@dguv.de
Internet: www.dguv.de

Sachgebiet Sanierung und Bauwerksunterhalt
des Fachbereichs Bauwesen der DGUV

Ausgabe: März 2020

DGUV Information 201-027
zu beziehen bei Ihrem zuständigen ­
Unfallversicherungsträger oder unter
www.dguv.de/publikationen Webcode: p201027
Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung 201-027 - BG BAU
Handlungsanleitung zur Gefährdungs­
beurteilung und Festlegung
von Schutzmaßnahmen bei
der Kampfmittelräumung

DGUV Information 201-027 März 2020
Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung 201-027 - BG BAU
Die Informationen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV Infor-
    mationen) enthalten Hinweise und Empfehlungen, die die praktische Anwendung
    von Regelungen zu einem bestimmten Sachgebiet oder Sachverhalt erleichtern
    sollen.

    DGUV Informationen richten sich in erster Linie an Unternehmerinnen und Unter-
    nehmer und sollen ihnen Hilfestellung bei der Umsetzung ihrer Pflichten aus
    staatlichen Arbeitsschutzvorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften geben
    sowie Wege aufzeigen, wie Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbeding-
    te Gesundheitsgefahren vermieden werden können.

    Die Unternehmen können bei Beachtung der in DGUV Informationen enthaltenen
    Empfehlungen, insbesondere der beispielhaften Lösungsmöglichkeiten, davon
    ausgehen, dass sie damit geeignete Maßnahmen zur Verhütung von Arbeits­
    unfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren getrof-
    fen haben. Sind zur Konkretisierung staatlicher Arbeitsschutzvorschriften von
    den dafür eingerichteten Ausschüssen technische Regeln ermittelt worden, sind
    diese vorrangig zu beachten.

    Soweit in DGUV Informationen verbindliche Inhalte aus staatlichen Arbeits-
    schutzvorschriften oder aus Unfallverhütungsvorschriften wiedergegeben
    ­werden, sind diese durch Fettdruck kenntlich gemacht oder im Anhang zusam-
     mengestellt. Erläuterungen, insbesondere beispielhafte Lösungsmöglichkeiten,
     werden grundsätzlich durch entsprechende Hinweise in Kursivschrift gegeben.

    Mit der Veröffentlichung dieser „Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung
    und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung“ wird die bis-
    herige Version derDGUV Information 201-027 (BGI 833) vom Oktober 2007 ersetzt.

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Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung 201-027 - BG BAU
Inhaltsverzeichnis

                                                         Seite                                                           Seite
Vorbemerkung.............................................. 7     5     Gefährdungsbeurteilung bei
                                                                       Arbeiten der Kampfmittel­
1         Anwendungsbereich..................              8           räumung............................................ 20
                                                                 5.1 Arbeitsverfahren der
2         Begriffsbestimmung.................. 10                      Kampfmittelräumung................. 21
                                                                 5.1.1 Sondierverfahren­
3         Aufgabenverteilung im                                        (Detektionsverfahren)................ 21
          Arbeitsschutz bei der                                  5.1.2 Räumverfahren an Land............ 21
          Kampfmittelräumung................. 11                 5.1.3 Räumverfahren in ­
3.1       Berücksichtigung des Arbeits­                                Gewässern........................................ 24
          schutzes in der ­Erkundung
          und Planung durch den                                  6          Ermitteln der Gefährdungen
          Auftraggebenden.......................... 11                     durch Kampfmittel.......................           26
3.2       Pflichten der Unternehmerin                            6.1        Umsetzungsarten und ­
          oder des Unternehmers                                             Wirkungen von
          als Arbeitgebende in der                                         Explosiv­stoffen..............................     26
          Kampfmittelräumung................. 14                 6.2        Wirkungen von Kampf­­-
3.3       Beratung durch Betriebs­                                          mitteln mit Brand- und
          ärztinnen und Betriebsärzte,                                     ­Nebelstoffen...................................   27
          Fachkräfte für Arbeits­sicherheit,                     6.3        Ermittlung der Arbeits­
          Fachplanerinnen                                                   bereiche und der arbeits­
          und Fachplaner.............................. 16                   bereichsbedingten F­ aktoren
                                                                            der Gefährdung..............................      28
4         Arbeitsschutz –                                        6.4        Beurteilung der Gefähr­­-
          Gefährdungsbeurteilung......... 17                               dungen – Risikobewertung.....                      28
4.1       Hilfen zur Gefährdungs­
          beurteilung...................................... 19

                                                                                                                               5
Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung 201-027 - BG BAU
Anforderungen an die Auswahl von Schutzmaßnahmen

                                                    Seite                                                                          Seite
7      Anforderungen an die Auswahl                               Anhang 1......................................................... 54
      von Schutzmaßnahmen .......... 31                           Hinweise für Auftraggebende und
7.1 Substitution..................................... 31          Planende.......................................................... 54
7.2 Technische Maßnahmen.......... 32
7.3 Organisatorische ­                                            Anhang 2......................................................... 60
       Maßnahmen.................................... 33           Begriffsbestimmungen (Glossar)........ 60
7.3.1 Personelle Anforderungen....... 33
7.3.2 Räumstellenvorbereitung......... 34                         Anhang 3 ........................................................ 65
7.3.3 Betriebsanweisung –                                         Muster für Gliederung und Inhalte
      ­Unterweisung................................. 35           des Arbeits- und Sicherheitsplanes
7.4 Persönliche Schutz­-                                          für Tätigkeiten der Kampf­mittel­-
       aus­rüstungen (PSA)..................... 36                räumung........................................................... 65

8        Durchführen der                                          Anhang 4......................................................... 68
       Maßnahmen....................................         37   Kampfmittelräumung................................ 68
8.1 Einrichten der Räumstelle........                        37
8.2 Herstellen der ­                                              Anhang 5......................................................... 71
       Räum­fähigkeit................................        39   Unterweisungshilfe.................................... 71
8.3 Vermessen........................................        40
8.4 Sondieren/Orten..........................                40   Anhang 6 ........................................................ 73
8.5 Freilegen............................................    42   Checkliste ....................................................... 73
8.5.1	Einsatz von Erdbau­maschinen..                        43
8.6 Identifizieren...................................        46   Anhang 7......................................................... 77
8.7 Bergen................................................   47   Übersicht der
8.7.1 Einsatz von S  ­ eparier­anlagen...                    48   Gefährdungsfaktoren................................ 77
8.8 Transport der Kampfmittel
       ­innerhalb der Räumstelle.........                    51   Anhang 8......................................................... 80
8.9 Aufbewahren im                                                Vorschriften und Regeln.......................... 80
        ­Bereitstellungslager....................            51
                                                                  Bildnachweis................................................. 85
9         Überprüfung und Fort-­
          schreibung der ­Gefährdungs­-
          beurteilung ..................................... 53

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Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung 201-027 - BG BAU
Vorbemerkung

Die DGUV Information 201-027 „Hand-        ­Gesundheitsschutz als Mindestanforde-
lungsanleitung zur Gefährdungsbeur­        rungen zu betrachten und gegebenen-
teilung und Festlegung von Schutzmaß-      falls entsprechend der Gefährdungs-
nahmen bei der Kampfmittelräumung“         beurteilung an die auf der Räumstelle
dient Unternehmerinnen und Unter-           anzutreffenden Verhältnisse anzupassen.
nehmern, die Arbeiten zur Kampfmittel­
räumung ausführen, als Hilfe zur Er­       Diese DGUV Information wurde im Sach-
stellung der Gefährdungsbeurteilung        gebiet Sanierung und Bauwerksunter-
für die ­Tätigkeiten des Aufsuchens,       halt des Fachbereichs Bauwesen der
­Freilegens, Identifizierens und Bergens   DGUV unter Mitwirkung von Vertretern
 von Kampfmitteln.                         der staatlichen Arbeitsschutzbehörden,
                                           Vertretern staatlicher Kampfmittelbe-
Ferner enthält diese DGUV Information      seitigungsdienste, betreffender Fach-
Informationen und Empfehlungen, die        verbände, der Leitstelle des Bundes für
auch andere Beteiligte, insbesonde-        Kampfmittelräumung beim Niedersäch-
re Auftraggebende und Planende (z. B.      sischen Landesamt für Bau und Liegen-
­Ingenieurbüros, Architektinnen und        schaften (NLBL), sowie Kampfmittel­
 Architekten, Fachplanerinnen und Fach-    räumunternehmen und entsprechenden
 planer für Kampfmittelräumung) da-        Fachplanern erarbeitet.
 bei unterstützen können, die sich aus
 ­verschiedenen Rechtsgrundlagen ab­­zu­
  leitenden Pflichten zu erfüllen.

Nach Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist
bei der Festlegung der Schutzmaßnah-
men der „Stand der Technik“ zu berück-
sichtigen. Da diese DGUV Information
den Stand der anerkannten Regeln der
Technik umfasst, sind die beschrie-
benen Maßnahmen zu Sicherheit und

                                                                                  7
Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung 201-027 - BG BAU
1       Anwendungsbereich

In der Kampfmittelräumung ist grund-      Räumarbeiten auszuführenden Tätig-
sätzlich zu unterscheiden zwischen        keiten.
• der gezielten präventiven Untersu-
  chung und Räumung kampfmittel-          Die zu den vorstehend genannten Tätig-
  belasteter Flächen durch zuständige     keiten getroffenen Regelungen des An-
  staatliche Dienststellen oder Fach­     hangs 5 der DGUV Regel 113-003 „Regeln
  firmen der Kampfmittelräumung           für Sicherheit und Gesundheitsschutz
und                                       beim Zerlegen von Gegenständen mit
• der Räumung von Zufallsfunden, z. B.    Explosivstoff oder beim Vernichten von
  „Bombenfunden“ auf Baustellen,          Explosivstoff oder Gegenständen mit
  durch die zuständigen staatlichen       Explosivstoff (Explosivstoff-Zerlege-
  Dienststellen oder beauftragte Unter-   oder Vernichteregel)“ wurden in diese
  nehmen.                                 DGUV Information integriert.

Diese DGUV Information ist nur an-        Weitere Grundlage dieser Handlungsan-
zuwenden für die gezielte präventive      leitung sind „Baufachliche Richtlinien
Untersuchung und Räumung kampfmit-        Kampfmittelräumung (BFR KMR)“ der
telverdächtiger/-belasteter Flächen von   Leitstelle des Bundes für Kampfmittel-
konventionellen Kampfmitteln.             räumung (siehe Anhang 8).

Sie gilt nicht für die Räumung von         Der Anwendungsbereich dieser
Kampfmitteln mit                           DGUV Information endet mit der Über-
• chemischen oder biologischen             lassung der Kampfmittel an den staat-
  ­Kampfstoffen,                           lichen Kampfmittelbeseitigungsdienst
• radioaktiven Bestandteilen.              bzw. an beauftragte Personen oder
                                           Unternehmen zur Vernichtung (siehe
Die DGUV Information enthält eine         ­Abbildung 1).
Handlungsanleitung für Unternehmerin-
nen und Unternehmer einer Fachfirma
der Kampfmittelräumung zur Gefähr-
dungsbeurteilung und Festlegung von
Schutzmaßnahmen für die bei den o.g.

8
Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung 201-027 - BG BAU
Anwendungsbereich

                     Kampfmittelbeseitigung

  Erkundung und Planung       Anwendungsbereich der
                              DGUV Information
  Erkundung
                              Räumung
  Bewertung bzw .Gefähr-
  dungsabschätzung            Herstellen der Räumfähigkeit

  Räumkonzept                 Sondieren und Orten

  Herstellen der Räum-        Freilegen
  fähigkeit
                              Identifizieren

                              Bergen

                              Transport auf der Räumstelle

                              Übergabe Bereitstellungslager

                                                                  Abb. 1
                                 Vernichtung                      Abgrenzung des Anwen-
                                                                   dungsbereiches dieser
                                 Befördern/Verbringen
                                                                   DGUV ­Information auf
                                 Entschärfen – Sprengen            Grundlage der Bau-
                                                                   fachlichen ­Richtlinien
                                 Entsorgen – Vernichten
                                                                   Kampfmittelräumung
                                                                   (BFR KMR)

Zur Räumung von Zufallsfunden, zum              Bei Arbeiten in Bereichen mit Boden-
Befördern/Verbringen, Entschärfen und           und Grundwasserverunreinigungen
Vernichten von Kampfmitteln siehe:              durch aus Kampfmitteln stammende Ge-
• Sprengstoffgesetz (SprengG),                  fahrstoffe, sind die DGUV Regel 101-004
• Gefahrgutverordnung, Straße, Eisen-           „Kontaminierte Bereiche“ und die
  bahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB),          TRGS 524 „Schutzmaßnahmen bei Tä-
• Anhang 5 der DGUV Regel 113-003               tigkeiten in kontaminierten Bereichen“
  „Regeln für Sicherheit und Gesund-            ­anzuwenden.
  heitsschutz beim Zerlegen von Gegen-
  ständen mit Explosivstoff oder beim
  Vernichten von Explosivstoff oder
  Gegenständen mit Explosivstoff“
  (­Explosivstoff-Zerlege- oder Ver­
  nichteregel).

                                                                                        9
Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung 201-027 - BG BAU
2       Begriffsbestimmung

Arbeiten zur Kampfmittelräumung sind
Arbeiten zur gezielten Untersuchung
und Räumung kampfmittelbelasteter
Flächen. Sie finden zum Beispiel statt
im Rahmen der Herstellung der Baurei-
fe, der Sanierung einer Verdachtsfläche,
einer beabsichtigten Nutzungsände-
rung einer Fläche/eines Grundstückes
oder im Rahmen der Gefahrenerfor-
schung/-abwehr. Dabei sind die Flächen
gemäß dem definierten Räumziel ent-
sprechend dem Stand der Technik von
Kampfmitteln zu räumen.

10
3         Aufgabenverteilung im Arbeitsschutz
          bei der Kampfmittelräumung

3.1        Berücksichtigung des                  Auf Grundlage der Erkundung und deren
          Arbeitsschutzes in der                 Bewertung ist – abhängig vom Umfang
          ­Erkundung und Planung                 und der Komplexität der Maßnahmen –
           durch den Auftraggebenden             ein Räumkonzept zu erstellen, das so-
                                                 wohl als wesentliche Grundlage für die
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 5 ArbSchG sind              Gefährdungsbeurteilung des Unter-
neben der Unternehmerin und dem                  nehmens dient, als auch als Grundlage
Unternehmer auch „sonstige nach einer            für die Ausführungsplanung bis hin zur
auf Grund dieses Gesetzes erlassenen             Leistungsbeschreibung. Bei Räumar­
Rechtsverordnung oder nach einer Un-             beiten geringeren Umfangs kann auf
fallverhütungsvorschrift verpflichtete           die ­Erstellung eines Räumkonzepts ver­
Personen im Rahmen ihrer Aufgaben                zichtet werden.
und Befugnisse“ verantwortlich dafür,
die erforderlichen Maßnahmen des                 Somit enthält das Räumkonzept auch
Arbeitsschutzes zu treffen – somit ver-          die grundlegenden Anforderungen an
mittelt über die BaustellV auch die Bau-         den Arbeits- und Gesundheitsschutz.
herrin oder der Bauherr/die Auftrag­
geberin oder der Auftraggeber1).                 Die einzelnen Schritte der Erkundung und
                                                 Planung sowie zur Erstellung des Räum-
Im Regelfall ermitteln die Auftraggeben-         konzeptes sind insbesondere in den
den im Rahmen den ihnen obliegenden              Baufachlichen Richtlinien Kampfmittel-
Erkundung und Planung projektbezoge-             räumung (BFR KMR) sehr detailliert be-
ne Informationen, die sie in geeigneter          schrieben. Deshalb wird in dieser DGUV
Form dokumentieren und den Auftrag-              Information darauf Bezug genommen.
nehmenden zur Verfügung stellen.

1)   Stellvertretend für die Begriffskombination „die Bauherrin oder der Bauherr“ beziehungs-
     weise „die Auftraggeberin oder der Auftraggeber“ wird im Folgenden nur noch der Begriff
     „Auftraggebende“ sowie für „Auftragnehmerin oder Auftragnehmer“ nur noch der Begriff
     „Auftragnehmende“ verwendet.

                                                                                            11
Aufgabenverteilung im Arbeitsschutz bei der Kampfmittelräumung

Mit der Erstellung eines Arbeits- und            Dabei können sich u. a. folgende Koordi-
Sicherheitsplans (A+S-Plan) können               nierungsverpflichtungen ergeben:
die Auftraggebenden ihre Informations-
pflichten umfänglich erfüllen. Sie stellen       Die Auftraggebenden werden ange­
damit alle Informationen bereit, die die         sprochen über
ausführenden Unternehmen zur Erfül-              • § 3 BaustellV
lung ihrer Pflichten und insbesondere            • § 15 Abs. 4 GefStoffV sowie
zur Erstellung der Gefährdungsbeurtei-           • bei Arbeiten in kontaminierten
lung benötigen (siehe Abschnitt 4).                Bereichen über Abschnitt 5
                                                   DGUV Regel 101-004 bzw. Abschnitt 3
Der A+S-Plan sollte Bestandteil der Aus-           der TRGS 524.
schreibungsunterlagen sein und bereits
mit Versand der Angebotsaufforderung             Während der Planung ist zu prüfen, aus
Gültigkeit erlangen, da die Belange              welchen Rechtsgrundlagen sich welche
des Arbeits- und Gesundheitsschut-               Koordinierungsverpflichtungen ergeben
zes durch die Unternehmerin oder den             könnten.
Unternehmer bereits in der Kalkulation
zu berücksichtigen sind.                         Zwischen den Auftraggebenden und
                                                 dem mit der Kampfmittelräumung be-
Ein Muster für Gliederung und Inhalte            auftragten Unternehmen kann es
des A+S-Planes beinhaltet Anhang 3               im Rahmen der Auftragserfüllung zu
dieser DGUV Information.                         Schnittstellen kommen. Beispielhaft
                                                 kann die Herstellung der Räumfähigkeit
Ist bei Arbeiten in kampfmittelverdäch-          durch die Auftraggebenden nur insofern
tigen Bereichen die Erstellung eines             realisiert werden, wie eine Gefährdung
Sicherheits- und Gesundheitsschutz-              durch Kampfmittel unter normalen Um-
planes (SiGe-Plan) nach der Baustellen-          ständen ausgeschlossen werden kann.
verordnung (BaustellV) durch die Auf-            Es kann sich dabei konkret um die Her-
traggebenden erforderlich, stellt der            stellung des Zuganges zum Grundstück
A+S-Plan nach dieser DGUV Informa-               oder die Entsorgung von oberflächig
tion einen besonderen Bestandteil des            aufgetragenen Ablagerungen handeln.
­SiGe-Planes dar.

12
Aufgabenverteilung im Arbeitsschutz bei der Kampfmittelräumung

Ist eine Gefährdung durch oberflächen-           durch Beauftragung eines KMR-Unter-
nahe Kampfmittel offensichtlich oder             nehmens (siehe Abb. 2).
ein gefahrloses Betreten der Verdachts-
fläche auf Grund vorliegender Informa-           Zu weiteren Hinweisen zur Berücksichti-
tionen nicht möglich, haben die Auftrag-         gung des Arbeitsschutzes in der Erkun-
gebenden die Herstellung der                     dung und Planung durch die Auftrag­
Räumfähigkeit zu veranlassen, i.d.R.             gebenden siehe Anhang 1.

  Aufgabenbereiche der am Projekt beteiligten Personengruppen

   Erkundung und Planung
   Erkundung
                                               Auftraggebende/
   Bewertung bzw. Gefährdungsabschätzung       Planungsbüro
   Räumkonzept
   Herstellen der Räumfähigkeit

               Räumung
               Herstellen der Räumfähigkeit
               Sondieren und Orten             beauftragtes
                                               KMR-Unternehmen
               Freilegen
               Identifizieren
               Bergen
               Transport auf der Räumstelle
               Aufbewahren/Überlassen

                                                                          Abb. 2
  staatlicher      Vernichtung                                            Aufgabenverteilung
  Kampfmittel-                                                            bei der Kampfmittel-
                   Befördern/Verbringen
  beseitigungs-                                                           räumung, erstellt auf
  dienst           Entschärfen – Sprengen – Entsorgen – Vernichten        der Grundlage der
                                                                          BFR KMR

                                                                                             13
Aufgabenverteilung im Arbeitsschutz bei der Kampfmittelräumung

3.2      Pflichten der Unternehme-               Die dem Unternehmen durch die Auf-
         rin oder des Unternehmers               traggebenden im Rahmen deren Pflich-
         als Arbeitgebende in der                ten übergebenen Informationen und
         Kampfmittelräumung                      Daten bzw. der A+S-Plan liefern die
                                                 ­hierzu notwendigen Kenntnisse und
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind             Grundlagen.
verpflichtet, eine Gefährdungsbeurtei-
lung durchzuführen, auf deren Grund-             Vor Aufnahme der Arbeiten sind die
lage Betriebsanweisungen zu erstellen            Unternehmen verpflichtet, die ihnen von
(abhängig von der von ihnen einge-               Auftraggebenden zur Verfügung gestell-
setzten Technik, der Qualifikation des           ten Ergebnisse auf offensichtliche Un-
­eingesetzten Personals etc.) und ihre           stimmigkeiten und das Fehlen der zur
 Mitarbeitenden zu unterweisen.                  Gefährdungsbeurteilung notwendigen
                                                 Informationen zu prüfen. Gegebenen-
       Grundlegend hierfür sind die              falls sind diese Informationen noch bei
       ­Bestimmungen des Arbeitsschutz-          den Auftraggebenden einzuholen bzw.
         gesetzes und der DGUV Vor-              darauf hinzuweisen, dass die vorhan-
         schrift 1 „Grundsätze der Präven-       denen Informationen zur Durchführung
        tion“. ­Darüber hinaus sind die          der Gefährdungsbeurteilung nicht aus-
        Regelungen der einschlägigen             reichen.
        Verordnungen, insbesondere der
        Betriebssicherheitsverordnung                    Regelungen aus Vertragsrecht,
        (BetrSichV), der Gefahrstoffver-                z. B. VOB und anderen Rechts-
        ordnung (GefStoffV) und ihren                    bereichen sind hiervon nicht
        ­jeweiligen Technischen Regeln                  ­berührt.
         (z. B. TRBS, TRGS) zu beachten
         (siehe Abschnitt 4 ff.). Besonde-       Sind Abweichungen von den im Räum-
         re Hinweise zur Erstellung der          konzept gewählten Verfahren oder von
         stoff- und tätigkeitsbezogenen          den im A+S-Plan dargelegten und mit
         Betriebsanweisungen enthält die         den erkannten Gefährdungen abgegli-
         TRGS 555.                               chenen Tätigkeiten bzw. Arbeitsverfah-
                                                 ren geplant, sind Auswirkungen dieser
                                                 Änderungen auf die Schutzmaßnahmen

14
Aufgabenverteilung im Arbeitsschutz bei der Kampfmittelräumung

zu prüfen und die erforderlichen An­             Erhält die Unternehmerin oder der
passungen vorzunehmen.                           Unternehmer keine Informationen bzw.
                                                 keinen A+S-Plan oder nur in einem Um-
Die Pflicht der Unternehmerinnen und             fang, der zur Erstellung einer umfassen-
Unternehmer nach § 5 Abs.1 ArbSchG               den Gefährdungsbeurteilung nicht aus-
„durch eine Beurteilung der Arbeitsbe-           reicht, hat die Unternehmerin oder der
dingungen die für die Beschäftigten mit          Unternehmer nach ArbSchG die Pflicht,
ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung              sich die erforderlichen Informationen
zu ermitteln, welche Maßnahmen des               und Daten selbst zu beschaffen.
Arbeitsschutzes erforderlich sind“, wird
durch die Vorlage eines A+S-Plans durch          Sie sind jedoch nicht verpflichtet, einen
die Auftraggebenden nicht aufgehoben.            A+S-Plan zu erstellen.

                      Planung/Ausführung der Kampfmittelräumung

     Erkundung (historisch)

     Bewertung

     Räumkonzept                                                 Aufgabe der
     (inkl. Grundlagen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz)       Auftraggebenden

     Ausschreibung/Vergabe
     (mit A+S Plan und besonderen Leistungen im Arbeitsschutz)

     Gefährdungsbeurteilung                                      Aufgaben der
     Betriebsanweisung/Unterweisung                              Auftragnehmenden

Abb. 3	Aufgabenteilung zwischen Auftraggebenden und Auftragnehmenden
        in Bezug auf den Arbeitsschutz

                                                                                             15
Aufgabenverteilung im Arbeitsschutz bei der Kampfmittelräumung

Im Fall, dass Beschäftigte mehrerer Unter-       3.3       Beratung durch Betriebs-
nehmen auf der Räumstelle tätig sind                       ärztinnen und Betriebsärz-
bzw. durch die Tätigkeit des KMR-Unter-                    te, Fachkräfte für Arbeitssi-
nehmens Beschäftigte anderer Unterneh-                     cherheit, Fachplanerinnen
men gefährdet sind, bestehen parallel zu                   und Fachplaner
den Koordinierungspflichten der Auftrag-
gebenden auch Koordinierungspflich-              Für die Durchführung der Arbeiten (oder
ten für die beteiligten Unternehmen.             auch: Erfüllung der Aufgaben) nach
Sie ergeben sich im Wesentlichen aus             den Abschnitten 3.1 und 3.2 ist Auftrag-
§ 8 ArbSchG und § 6 DGUV Vorschrift 1            gebenden und Auftragnehmenden zu
„Grundsätze der Prävention“. Im Falle,           empfehlen, sich fachkundig beraten zu
dass auf einer Räumstelle Mitarbeiten-           lassen, sofern sie nicht selbst über die
de mehrerer Unternehmen beschäftigt              notwendigen Kenntnisse verfügen.
sind, „ist eine Person zu bestimmen,
die die Arbeiten aufeinander abstimmt,
zur Abwehr besonderer Gefahren ist sie
mit entsprechender Weisungsbefugnis
­auszustatten“. In der Regel sind dies die
 Raumstellenleiterin bzw. der Räumstel-
 lenleiter.

16
4       Arbeitsschutz – Gefährdungsbeurteilung

Maßnahmen des Arbeitsschutzes im             Verpflichtung ist die Gefährdungs­
Sinne des ArbSchG sind Maßnahmen             beurteilung.
zur Verhütung von Unfällen bei der
Arbeit und arbeitsbedingten Gesund-          Voraussetzung für alle Schritte der Ge-
heitsgefahren einschließlich Maßnah-         fährdungsbeurteilung ist es, die Ge-
men der menschengerechten Gestal-            fährdungen im Betrieb zu erkennen und
tung der Arbeit.                             zu erfassen. Die Ermittlung der Gefähr-
                                             dungen sollte vor Ort an den einzelnen
        „Die Verhütung von Unfällen          Arbeitsplätzen und unter Einbeziehung
        ist nicht eine Frage gesetzlicher    der betroffenen Mitarbeitenden erfolgen.
      ­Vorschriften, sondern unterneh-
       merische Verant­wortung und zu-       Nach § 5 Abs. 3 ArbSchG kann sich eine
       dem ein Gebot wirtschaft­licher       Gefährdung insbesondere ergeben
       ­Vernunft.“                           durch:
      Werner von Siemens, 1880               1. die Gestaltung und die Einrichtung
                                                der Arbeitsstätte und des Arbeits-
Ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrank-        platzes,
heit kann schwerwiegende wirtschaftli-       2. physikalische, chemische und biolo-
che Folgen für ein Unternehmen haben.           gische Einwirkungen,
Die Aufwendungen für das Aufrecht-           3. die Gestaltung, die Auswahl und den
erhalten eines reibungslosen Betriebs-          Einsatz von Arbeitsmitteln, insbe-
ablaufs sind in der Regel mit höheren           sondere von Arbeitsstoffen, Maschi-
Kosten verbunden als wirksame Vorkeh-           nen, Geräten und Anlagen sowie den
rungen zum Arbeitsschutz.                       Umgang damit,
                                             4. die Gestaltung von Arbeits- und
Unter diesen Gesichtspunkten wird im            ­Fertigungsverfahren, Arbeitsabläu-
§ 5 Abs. 1 ArbSchG die Unternehmerin             fen und Arbeitszeit und deren Zu-
oder der Unternehmer dazu verpflichtet,          sammenwirken,
die Arbeitsbedingungen unter den in § 4      5. unzureichende Qualifikation und
genannten Gesichtspunkten zu beurtei-            Unterweisung der Beschäftigten,
len und auf dieser Grundlage die erforder-   6. psychische Belastungen bei der
lichen (Schutz-)Maßnahmen zu ergreifen.          Arbeit.
Das Instrument zur Umsetzung dieser

                                                                                   17
Arbeitsschutz – Gefährdungsbeurteilung

Grundsätzlich müssen alle Gefähr-                Eine Gefährdung entsteht durch ein
dungen, die typisch für das konkrete             mögliches räumliches und/oder zeit­
Arbeitsverfahren sind und die Beschäf-           liches Zusammentreffen einer Gefahren-
tigten betreffen können, systematisch            quelle mit einer menschlichen Tätigkeit.
und vollständig erfasst werden.
                                                 Gefährdungsfaktoren sind Gruppen von
Dazu dient eine Übersicht der Gefähr-            Gefährdungen, die durch gleichartige
dungsfaktoren in Anhang 7 dieser                 Gefahrenquellen oder Wirkungen ge-
DGUV Information.                                kennzeichnet sind.

                                   Vorbereiten

                       Fortschreiben             Analysieren

                                  Ablauf einer
         Überprüfen          Gefährdungsbeurteilung            Beurteilen

                        Durchführen                Festlegen

                                 Dokumentieren

Abb. 4       Gefährdungsbeur­teilung – Vorgehensweise

18
Arbeitsschutz – Gefährdungsbeurteilung

Mit der Dokumentation der Gefähr-          4.1     Hilfen zur Gefährdungs­
dungsbeurteilung (siehe § 6 ArbSchG)               beurteilung
kommen die Verantwortlichen des Unter-
nehmens der gesetzlichen Forderung         Um die Unternehmen bei der Durch-
nach und können auch im Schadens-          führung von Gefährdungsbeurteilungen
fall belegen, welche Schutzmaßnahmen       nach dem Arbeitsschutzgesetz zu unter-
festgelegt waren.                          stützen, wurden Leitlinien und Hand-
                                           lungshilfen z. B. durch die BAuA und die
Wer ein Unternehmen hat, kann die Ge-      BG BAU entwickelt. [1]
fährdungsbeurteilung selbst durchfüh-
ren oder zuverlässige und fachkundige      Das „Kompendium Arbeitsschutz“ der
Personen damit beauftragen. Im Rah-        BG BAU beinhaltet über die allgemeinen
men der Übertragung von Unterneh-          Handlungshilfen hinaus ein spezielles
menspflichten nach dem Muster aus          Modul „M 36 Kampfmittelräumung“.
der DGUV Regel 100-001 „Grund­sätze
der Prävention“ (S. 52) können u. a.
Verantwortliche Personen gemäß § 19
Abs. 1 Nr. 3 Sprengstoffgesetz (SprengG)
­beauftragt werden, die Gefährdungs­
 beurteilung durchzuführen.

                                                                                     19
5       Gefährdungsbeurteilung bei Arbeiten
        der Kampfmittelräumung

Im Folgenden werden die grundsätzlichen         •   den Arbeitsbereichen, in denen
Schritte der Gefährdungsbeurteilung bei             die Tätigkeiten ausgeführt werden
Arbeiten der Kampfmittelräumung be-                 sollen,
schrieben. Für den Fall, dass Arbeiten der      •   den arbeitsbereichs- und tätig-
Kampfmittelräumung in kontaminierten                keitsbedingten Faktoren der
Bereichen durchzuführen sind, werden                ­Gefährdung.
zusätzliche Hinweise gegeben.
                                             2. Abschätzung der Gefährdung durch
Nach § 5 Abs. 2 ArbSchG haben Unter-            • Explosions- und Brandgefahren bei
nehmerinnen und Unternehmer die Be-               der Umsetzung der zu erwarten-
urteilung der Arbeitsbedingungen unter            den/vorhandenen Kampfmittel,
Berücksichtigung der Eigenschaften der          • die Exposition gegenüber nicht
zu bearbeitenden Materialien, der Art             mehr umschlossene, ggf. frei im
der Tätigkeiten und der am Einsatzort             Untergrund vorliegende Gefahr-
und zum Zeitpunkt des Einsatzes anzu-             stoffe (Explosiv-, Brand- und
treffenden Bedingungen vorzunehmen.               ­Nebelstoffe) für die verfügbaren
                                                   Arbeitsverfahren und unter Berück-
Daraus ergeben sich für Arbeiten der               sichtigung der betreffenden
Kampfmittelräumung die folgenden                   arbeitsbereichs- und tätigkeits­
grundsätzlichen Schritte der Gefähr-               bezogenen Faktoren.
dungsbeurteilung:
                                             3. Auswahl und Festlegung der Maß-
1. Informationsermittlung zu                    nahmen.
   • den verfügbaren Arbeitsverfahren
     und den daraus resultierenden           4. Dokumentation der Gefährdungs­
     Arbeitsabläufen, Arbeitsschritten          beurteilung und der Maßnahmen.
     und Einzeltätigkeiten,
   • Art, Zustand und Wirkung der zu         5. Kontrolle und Bewertung der Maß-
     erwartenden/vorhandenen                    nahmen bzgl. ihrer Wirksamkeit.
     ­Kampfmittel,

20
Gefährdungsbeurteilung bei Arbeiten der Kampfmittelräumung

5.1       Arbeitsverfahren der               5.1.2     Räumverfahren an Land
          Kampfmittelräumung
                                             •   Vollflächige, punktuell bodenein­
Im Folgenden werden die in der Kampf-            greifende Kampfmittelräumung
mittelräumung hauptsächlich eingesetz-           Die Räumfläche wird systematisch
ten Arbeitsverfahren sowie die bei der           und vollflächig mit aktiven und/oder
Auswahl in Bezug auf den Arbeitsschutz           passiven Sonden von der Gelände-
besonders zu beachtenden Randbedin-              oberfläche aus untersucht. Ohne
gungen beschrieben.                              Messwertaufzeichnung werden lokali-
                                                 sierte Störkörper direkt freigelegt und
        Zu einer detaillierten Beschrei-         identifizierte Kampfmittel geräumt.
        bung der Arbeitsverfahren siehe          Mit Messwertaufzeichnung kann die-
        BFR KMR.                                 ses zeitversetzt erfolgen.

        Hinweis:                             •   Räumung von Bombenblindgängern
        Befinden sich bauliche Anlagen           Bombenblindgängerverdachtspunk-
        oder andere Hindernisse im zu            te werden in Abhängigkeit von den
        räumenden Bereich, ist zu prüfen,        Standortbedingungen durch Oberflä-
        ob diese zur Räumung zurückzu-           chen- und/oder Bohrlochsondierung
        bauen sind oder das Räumziel             überprüft.
        ohne Rückbau sicher erreicht wer-
        den kann. Weiterhin ist zu prüfen,       Nach der Lokalisierung eines Ver-
        ob die Gefährdungsbeurteilung            dachtskörpers wird dieser manuell
        anzupassen ist.                          freigelegt, oft unter hilfsweisem Ein-
                                                 satz von Baumaschinen oder Spezial-
5.1.1     Sondierverfahren­                      tiefbautechnik (erschütterungsarmer
          (Detektionsverfahren)                  Spundwandverbau, Einbringen von
                                                 Schachtringen, Grundwasserabsen-
•   Magnetik,                                    kung, geflutetes Verbausystem mit
•   Elektromagnetik,                             Tauchereinsatz etc.).
•   Georadar.

                                                                                         21
Gefährdungsbeurteilung bei Arbeiten der Kampfmittelräumung

•    Kampfmittelräumung durch Abtrag             •   Visuelle Kampfmittelräumung
     von Boden und sonstigen Stoffen                 Bei der visuellen Kampfmittelräumung
    (­ Volumenräumung/Separation)                    wird die Räumfläche vollflächig be-
     Bei der Volumenräumung/Separation               gangen und optisch auf Kampfmittel
     werden die kampfmittelverdächtigen              überprüft, die auf der Geländeoberflä-
     Materialien (Boden und/oder Fremdstof-          che liegen oder aus dieser herausra-
     fe) auf der Räumfläche durch schichten-         gen. Somit erfolgt die visuelle Kampf-
     weisen maschinellen Abtrag und nach-            mittelräumung ohne den Einsatz von
     folgende Bearbeitung geräumt.                   Sonden. Bei nicht einsehbarer, dich-
                                                     ter, bodenbedeckender Vegetation
    Vor dem Abtrag/Aushub wird die jewei-            ist der hilfsweise Einsatz von Sonden
    lige Abtragschicht auf signalstarke Stör-        erforderlich. Die Vegetation ist auf
    körper (bzgl. des lokalen Rauschpe-              eingewachsene Kampfmittel zu über-
    gels) sondiert und punktuell geräumt.            prüfen. Hänge sind dabei bergauf zu
                                                     begehen.
    Die Bearbeitung des Aushubs erfolgt
    durch geeignete manuelle oder ma-            •   Baubegleitende Maßnahmen
    schinelle Verfahren (z. B. Umsetzen mit          ­(sog. Baubegleitende Kampf­
    visueller Kontrolle, Ausbreiten und Son-          mittelräumung)
    dierung geringmächtiger Lagen, maschi-            Die baubegleitende Kampfmittel-
    nelle Separation mit Magnetabscheider).           räumung stellt technisch kein eigen-
                                                      ständiges Verfahren der Kampfmittel-
    Nach Erreichen der erforderlichen                 räumung dar. Vielmehr werden die
    Aushubtiefe werden Aushubsohle so-                Räumarbeiten zeitlich und örtlich
    wie Böschungswände mittels aktiver                mit den auszuführenden Bauarbei-
    und/oder passiver Sonden sondiert                 ten zusammengelegt. Bei den Räum-
    und geräumt, bis die geforderte Quali-            arbeiten wird sich der Techniken der
    tät erreicht ist.                                 „Visuellen Kampfmittelräumung“ und
                                                      der „Kampfmittelräumung durch den
    Alle genutzten Arbeitsflächen wer-                Abtrag von Boden und sonstigen Stof-
    den nach Abschluss der Volumenräu-                fen (Volumenräumung/­Separation)“
    mung/Separation auf eingetragene                  bedient.
    Kampfmittel überprüft.

22
Gefährdungsbeurteilung bei Arbeiten der Kampfmittelräumung

 Beachte:                                   Dies bedeutet:
 „Baubegleitende Kampfmittelräumung“        • Bei sämtlichen Eingriffen in den
 ist in der Regel nur dann anzuwenden,        kampfmittelverdächtigen Untergrund
 wenn die vorgenannten Räumverfahren          obliegt die verantwortliche Steuerung
 aufgrund der örtlichen Gegebenheiten         und Koordination der Verantwortli-
 nicht zur Anwendung kommen können            chen Person gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 3
 oder der Aufwand einer Kampfmittel-          SprengG.
 räumung im Vorfeld einer Baumaßnah-        • Die Verantwortliche Person hat Wei-
 me im Vergleich zur eigentlichen Bau-        sungsbefugnis gegenüber allen auf
 maßnahme unangemessen hoch ist.              der Räumstelle tätigen Personen (sie-
 Daher ist vor der Durchführung bau-          he § 24 SprengG).
 begleitender Maßnahmen in einem
 Räumkonzept unter Berücksichtigung         b. Ausführungsbestimmungen
 der Verdachtsmomente (z. B. aus einer      • Vor jedem Bodeneingriff wird die Ver-
 historisch-genetischen Rekonstruktion        dachtsfläche mit aktiven und/oder
 oder einer Luftbildauswertung), einer        passiven Sonden schichtenweise auf
 Gefährdungsabschätzung sowie mit             signalstarke Störkörper untersucht
 den dokumentierten Untersuchungen            und punktuell geräumt. Eine alleini-
 vor Ort (z. B. Anlegen von Testfeldern)      ge visuelle Kampfmittelräumung ist
 nachzuweisen, dass eine zeitlich un-         grundsätzlich nicht geeignet.
 abhängige und eigenständige Kampf-         • Eine mechanische Beanspruchung der
 mittelräumung nicht zielführend ist.         vermuteten Kampfmittel ist zu vermei-
                                              den. Störpunkte sind bis zur eindeuti-
                                              gen Identifizierung grundsätzlich ma-
Besondere Bestimmungen zur                    nuell freizulegen.
­Ausführung der Baubegleitenden             • Nach Freigabe durch die Verantwortli-
 Kampfmittelräumung                           che Person können die freigegebenen
                                              Bodenpartien schichtweise ausgebaut
a. Weisungsbefugnisse                         und zur nachträglichen visuellen Kon-
Mit der Ausführung einer Baubeglei-           trolle ausgelegt werden. Dieser Vor-
tenden Kampfmittelräumung wird die            gang wird bis zum Erreichen der Aus-
Baustelle oder Teile davon zur Kampf­         hubsohle wiederholt. Die Festlegung
mittelräumstelle.                             der abzutragenden Schichtmäch-

                                                                                        23
Gefährdungsbeurteilung bei Arbeiten der Kampfmittelräumung

    tigkeit obliegt der Verantwortlichen         5.1.3        Räumverfahren in
    ­Person.                                                 ­Gewässern
•    Die Ausführung der Erdarbeiten kann
     unter Verwendung der Erdbauma-              Gewässer im Sinne dieser DGUV Infor-
     schinen und Einsatz des Personals           mation sind auch die Deutschen Mee-
     der bauausführenden Firma erfolgen          resgewässer und die Ausschließliche
     ­(vorbehaltlich anderweitiger länder-       Wirtschaftszone (AWZ).
       spezifischer Regelungen).
•     Dieses Personal ist vor Beginn der         Bei der Überprüfung auf Vorhandensein
      Arbeiten und nach längerer Unter­          von Kampfmitteln in Gewässern finden
      brechung bei Wiederaufnahme maß-           grundsätzlich die gleichen Räumverfah-
      nahmenbezogen zu unterweisen               ren Anwendung wie an Land. Die Ortung
      (Gefährdungspotential, lagenweiser         von Kampfmittel in Gewässern erfolgt
      Ausbau, Weisungsbefugnis etc.).            durch Unterwasserdetektion nahe dem
•     Werden Baumaschinen durch die              Gewässergrund. Die Detektionsmittel
      ­Baufirmen gestellt, gelten die Anfor-     müssen dabei unmittelbar über der
       derungen nach Pkt. 8.5.1 Einsatz von      ­Gewässersohle geführt werden, damit
       Erdbaumaschinen.                           die größtmögliche Detektionstiefe (ist
•      Aushub-/Abtragsmaterialien aus             abhängig von der eingesetzten Technik
       der baubegleitenden Kampfmittel­           und dem Aufbau der Gewässersohle)
       räumung sind unter Berücksichtigung        erreicht werden kann. Gleichzeitig müs-
       der Art der weiteren Verwendung (z. B.     sen die Detektionsgeräte mit einer Posi-
       Wiedereinbau, Abfuhr und Verwer-
       tung) vom Kampfmittelverdacht zu
       befreien.

                                      Abb. 5
         Taucher mit geborgenem ­Kampfmittel

24
Gefährdungsbeurteilung bei Arbeiten der Kampfmittelräumung

tionsnavigation (z. B. DGPS = Differen-     Zusätzlich zu den Gefährdungen durch
tial Global Positioning System)             Kampfmittel sind diejenigen Gefährdun-
ausgerüstet sein, damit eine spätere        gen zu beachten, die sich aus der Ausfüh-
Lokalisation möglich ist.                   rung von Arbeiten an und in Gewässern
                                            ergeben und ggf. besondere Maßnahmen
In der Unterwasserdetektion können          zum Arbeitsschutz erfordern.
auch akustische, optische oder seismi-
sche Verfahren zur Anwendung kommen.        Siehe dazu insbesondere
                                            • DGUV Vorschrift 40 „Taucherarbeiten“
Nach erfolgter Unterwasserdetektion         • DGUV Vorschrift 60 und 61 „Wasser-
werden die detektierten Störkörper ge-        fahrzeuge mit Betriebserlaubnis auf
borgen. Diese Bergung hat in Gewässern        Binnengewässern“
mit Strömung oder Tidenhub zeitnah zu       • DGUV Vorschrift 62 und 63 „Maschi-
erfolgen.                                     nenanlagen auf Wasserfahrzeugen
                                              und schwimmenden Geräten“
Die Störkörper können durch Einsatz         • DGUV Vorschrift 64 „Schwimmende
von Tauchern identifiziert, geborgen          Geräte“
oder nach Maßgabe der länderspezifi-        • DGUV Regel 112-201 „Benutzung von
schen Regelungen entschärft oder ver-         persönlichen Schutzausrüstungen
nichtet werden. Die Taucherin oder der        gegen Ertrinken“
Taucher ist als Verantwortliche Person
zu bestellen und muss im Besitz des         Weitere bei der Kampfmittelräumung
Befähigungsscheins nach § 20 SprengG        in Gewässern zu beachtenden Rechts-
sein.                                       grundlagen sind
                                            • Binnenschifffahrtsrecht (setzt sich aus
Bei tieferliegenden Störkörpern ist im        mehreren Verordnungen zusammen)
Vorfeld ein Verbau um den Störkörper        • Seeschifffahrtsrecht
einzubauen.                                 • Naturschutzgebietsbefahrens­
                                              verordnung (NSGBefV).

                                                                                        25
6       Ermitteln der Gefährdungen
        durch Kampfmittel

Gegenstand dieser DGUV Information sind      Die Umsetzung ist mit folgenden mög­
die kampfmittelbedingten Gefährdungen,       lichen Wirkungen verbunden:
die sich aus Art, Sorte, Tiefenlage, Menge   • Luftstoßwirkung,
und Zustand der zu erwartenden bzw. auf      • Bodenstoß- und Kraterwirkung,
der Räumstelle vorgefundenen Kampf-          • Wirkung durch Spreng- und Wurf­
mittel im Zusammenhang mit den bei der          stücke,
Kampfmittelräumung auszuführenden            • Wirkung durch Flammen und Wärme-
T­ätigkeiten ergeben.                           strahlung,
                                             • Wirkung der Explosionsschwaden
Erst durch eine Tätigkeit, z. B. durch das      ­(giftige und reizend wirkende Gase,
mechanische Belasten bei einem Bo-               wie Kohlenmonoxid, nitrose Gase,
deneingriff, entsteht aus den im Kampf-          Schwefeldioxid, Schwefelwasserstoff,
mittel vorhandenen Gefahrenquellen               Ammoniak, Chlorwasserstoff usw.).
(Explosiv-, Brand- oder Nebelstoffe) eine
Gefährdung für die Beschäftigten.            Toxische Eigenschaften von
                                             ­Explosivstoffen
                                              Beim Umgang mit offenem Explosiv-
6.1      Umsetzungsarten und                  stoff kann insbesondere die Inhalation
        ­ irkungen von Explosiv-
         W                                    (Einatmen) von Stäuben und Dämpfen
        stoffen                               oder die Aufnahme über die Haut zu ge-
                                              sundheitlichen Beeinträchtigungen der
Je nach Geschwindigkeit der Umsetzung         Beschäftigten führen. Einige Explosiv­
von Explosivstoffen wird unterschieden        stoffe sind krebserzeugend (z. B. ­T­ri- und
zwischen:                                     ­Dinitrotoluol, Hexogen (RDX) und Nitro-
• Deflagration, der chemischen Um-             glycerin, andere, wie z. B. Nitro­penta,
  setzung mit Flammenbildung, die mit          sind mutagen (erbgutschädigend).
  Unterschallgeschwindigkeit abläuft,          ­Nitroglycerin besitzt darüber hinaus
  ohne den Sauerstoff der Umgebung              auch ein teratogenes (fruchtschädigen-
  zu benötigen.                                 des) Potenzial. [2]
• Detonation, der chemischen Umset-
  zung, die mit Überschallgeschwin-
  digkeit unter Bildung einer Stoßwelle
  abläuft.

26
Ermitteln der Gefährdungen durch Kampfmittel

6.2     Wirkungen von Kampf­             Es ist zu beachten, dass aus dem Ab-
       mitteln mit Brand- und            brennen von weißem Phosphor an
       ­Nebelstoffen                     der Haut (durch Selbstentzündung)
                                         schwerste Verbrennungen resultieren
Je nach Wirkung wird unterschieden       können. Ebenso können z. B. Phosphor-
­zwischen:                               säuren, konz. Schwefelsäure, Chlorsul-
 • Brandmitteln,                         fonsäure und Titantetrachlorid schwere
 • Rauchmitteln,                         Verätzungen hervorrufen.
 • Nebelmitteln.
                                         Zur Reproduktionstoxizität, Mutagenität
Die Umsetzung ist mit folgenden mög­     und Kanzerogenität liegen für die meis-
lichen Wirkungen verbunden:              ten Brand- und Nebelstoffe keine subs-
• Wirkung durch Flammen und Wärme-       tanzspezifischen Angaben vor.
   strahlung,
• Wirkung der Rauch- und Nebelschwa-     Diese und weitere Informationen bzgl.
   den (giftige und reizend wirkende     der toxischen Wirkungen von Explosiv-,
   Gase sowie Hydrolyseprodukte wie      Brand-und Nebelstoffen sind zu finden
   Kohlenmonoxid, nitrose Gase, Phos-    unter:
   phorpentoxid, Phosphor-, Salz- und    • Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
   Schwefelsäure, usw.).                   Arbeitsmedizin (BAuA), Ratgeber zur
                                           Gefährdungsbeurteilung Teil 2 [2]
Toxische Eigenschaften von Kampf­        • GESTIS-Stoffdatenbank
mitteln mit Brand- und Nebelstoffen      • Martinez, 1996, Handbuch Rüstungs-
Beim Umgang mit Brand- und Nebelstof-      altlasten
fen kann insbesondere eine Inhalation
(Einatmen) von Gasen und Dämpfen
oder der Hautkontakt bzw. eine Aufnah-
me über die Haut zu gesundheitlichen
Beeinträchtigungen der Beschäftigten
führen.

                                                                                    27
Ermitteln der Gefährdungen durch Kampfmittel

6.3       Ermittlung der Arbeits­              6.4     Beurteilung der Gefähr­
         bereiche und der arbeits­                     dungen – Risikobewertung
         bereichsbedingten
         ­Faktoren der Gefährdung              Auf der Grundlage der nach Kapitel 4
                                               bis 5 zu ermittelnden Sachverhalte,
Bei Arbeiten der Kampfmittelräumung            ­Begleitumstände und Faktoren ist die
können innerhalb des zu beräumenden             bei ­Ausführung der Arbeiten für die Be-
Standortes bereichsweise unterschied-           schäftigten zu erwartende Gefährdung
liche Gefährdungen auftreten, die ggf.          zu beurteilen.
unterschiedliche Maßnahmen erfordern.
Dies kann z. B. verursacht sein durch          Auch wenn bedingt durch die Art der Tä-
• die Erwartung/das Antreffen unter-           tigkeit die Gefährdung durch Kampfmittel
   schiedlicher Kampfmittel,                   im Vordergrund steht, sind in der Gefähr-
• die Anwendung unterschiedlicher              dungsbeurteilung sämtliche bei der je-
   Arbeitsverfahren,                           weiligen Tätigkeit zu erwartenden Gefähr-
• unterschiedliche örtliche Bedingun-          dungen zu erfassen, insbesondere auch
   gen (z. B. Topographie/Geländerelief,       solche, die verursacht werden durch
   Bewuchs, Geologie),                         • das Betreiben von Arbeitsmitteln (z. B.
• Bereiche mit Vermutung auf nicht                Bagger, Lader),
   mehr umschlossene, ausgetretene             • Baustellenverkehr,
   Inhaltsstoffe (z. B. auf Grundlage von      • vorhandene Einrichtungen (z. B. Gas-
   Grundwasseruntersuchungen).                    oder Elektrizität führende Leitungen),
                                               • die zu erwartenden chemischen Ge-
Neben den Auswirkungen auf das an-                fährdungen (z. B. auf alten Industrie-
wendbare Arbeitsverfahren haben                   standorten, Deponien und anderen
Bewuchs und Geländerelief auch                    „kontaminierten Bereichen“ im Sinne
Auswirkungen auf die notwendige Über-             der DGUV Regel 101-004),
wachbarkeit der Tätigkeiten und damit          • die zu erwartenden biologischen
insbesondere auf die Personalplanung.             ­Gefährdungen durch Bewuchs (z. B.
Wie viele Mitarbeitende können einer               Riesenbärenklau) oder Parasiten
Fachtechnischen Aufsichtsperson zu-                (z. B. Zecken),
geordnet werden, um die sichere Beauf-         • Wetterbedingungen (z. B. Sonnenein-
sichtigung zu gewährleisten?                       strahlung, extreme Hitze oder Kälte).

28
Ermitteln der Gefährdungen durch Kampfmittel

Die Gefährdungsbeurteilung dient dazu,       Auf Grundlage der Risikoabschätzung
für jede einzelne Tätigkeit angemessene      erfolgt die Risikobewertung, d. h. ist das
Schutzmaßnahmen festzulegen. Gleich-         Risiko akzeptabel oder nicht. Ziel ist es,
zeitig umfasst sie die Prüfung, ob durch     das Risikopotenzial durch die Schutz-
die Anwendung der Schutzmaßnahmen            maßnahmen auf ein akzeptables Maß
evtl. zusätzliche Gefährdungen entste-       zu reduzieren.
hen, die im Gesamtsystem berücksich-
tigt werden müssen, z. B. Erhöhung der              Eine Hilfe dazu bietet die so-
körperlichen Belastung durch das Tra-               genannte „Risikomatrix“ aus
gen von persönlicher Schutzausrüstung.              dem Kompendium Arbeitsschutz
                                                   ­(siehe Abb. 6).
Ebenso Bestandteil der Gefährdungs-
beurteilung ist die Prüfung der Wirksam-           Risiko ist die Kombination aus
keit der ausgewählten Maßnahmen.                   der Eintrittswahrscheinlichkeit
                                                   einer Gefahr und der Schwere des
Zur Ermittlung der an die Schutzmaß-               ­möglichen Schadens.
nahmen zu stellenden Anforderungen
(„Schutzstufe“) ist das bei der Ausfüh-
rung der Tätigkeit zu erwartende Risiko
zu bewerten.

Dafür ist zunächst für jede Tätigkeit eine
Risikoabschätzung durchzuführen (ist
das Risiko gering oder hoch?), wobei
Eintrittswahrscheinlichkeit und Scha-
densausmaß einzubeziehen sind.

                                                                                        29
Ermitteln der Gefährdungen durch Kampfmittel

Abb. 6      Risikomatrix

30
7       Anforderungen an die Auswahl von
        Schutzmaßnahmen

Die wichtigste Vorgabe zur Auswahl von     7.1     Substitution
Schutzmaßnahmen ist die Rangfolge der
Schutzmaßnahmen nach § 4 ArbSchG,          Nach dem STOP-Prinzip steht das vor­
das sogenannte „STOP-Prinzip“:             gesehene Arbeitsverfahren an erster
                                           Stelle. Aus dem Arbeitsverfahren erge-
S = Substitution: Arbeitsverfahren und     ben sich die einzusetzenden Arbeits­
Arbeitsmittel so gestalten bzw. einzu-     mittel und Vorgehensweisen.
setzen, dass keine Gefährdung vorhan-
den ist, Gefahrenquellen beseitigt sind,   Nach § 4 ArbSchG sind geeignete, erfor-
                                           derliche und angemessene Arbeitsver-
T = durch Anwendung technischer Maß-       fahren solche, bei denen eine Gefähr-
nahmen Gefährdungen ausschalten            dung möglichst vermieden, zumindest
oder mindern, z. B. durch Schutzeinrich-   aber weitestgehend minimiert wird, z. B.
tungen, vorzugsweise mit zwangsläu­        in der Kampfmittelräumung und dort,
figer Wirkung,                             wo ihr Einsatz möglich ist, ferngesteuer-
                                           te oder maschinelle Verfahren.
O = mittels organisatorischer Maßnah-
men (z. B. Verhaltensregeln) Gefährdung    Bei Tätigkeiten der Kampfmittelräumung
minimieren, z. B. durch Herabsetzung       hängt die Gefährdung wesentlich von
von Intensität bzw. Dauer der Exposition   dem rechtzeitigen Erkennen von Art und
(z. B. Zerscheller, Anhaftungen),          Sorte der Kampfmittel, der verwendeten
                                           Zündsysteme, des Erhaltungszustandes
P = Persönliche Schutzausrüstung           und der Inhaltsstoffe ab. Die Handha-
­anwenden.                                 bungsfähigkeit kann nur auf Grund einer
                                           sicheren und zweifelsfreien Identifizie-
                                           rung des Kampfmittels ermittelt werden.

                                           Daher sind im Sinne des § 4 ArbSchG alle
                                           Arbeitsverfahren, bei denen Kampfmittel
                                           ohne zweifelsfreie Identifizierung bewegt
                                           werden, grundsätzlich als nicht geeigne-
                                           te Arbeitsverfahren zu bezeichnen!

                                                                                    31
Anforderungen an die Auswahl von Schutzmaßnahmen

Es gibt jedoch Situationen, in denen auf           ­ erhältnismäßigkeit der Mittel nicht
                                                   V
Grund der örtlichen Bedingungen eine               einsetzbar sind,
räumliche Ortung der Kampfmittel nicht        •    die bei der Durchführung des bedingt
möglich (z. B. viel „Eisen“ im Boden)              geeigneten Arbeitsverfahrens zu er-
oder eine zweifelsfreie Identifizierung            wartende Gefährdung hinreichend
nicht sinnvoll ist, z. B. bei Räumarbeiten         einschätzbar ist oder
auf einem Schießplatz: hier ist eine Or-      •    besondere Schutzmaßnahmen um­
tung einzelner Objekte nicht durchführ-            gesetzt sind.
bar, weil in der Regel zu viel Munition und
auch Munitionsschrott vorhanden ist.
                                              7.2        Technische Maßnahmen
Eine zweifelsfreie Identifizierung des
Einzelobjektes ist dann nicht notwen-         In engem Zusammenhang mit der Aus-
dig, wenn die zu erwartenden Kampf-           wahl des Arbeitsverfahrens stehen Aus-
mittel, z. B. auf der Grundlage einer His-    wahl und Ausrüstung der eingesetzten
torisch-genetischen Rekonstruktion,           Arbeitsmittel und Schutzeinrichtungen,
hinreichend bekannt sind. In diesen           z. B.:
Fällen kann die Kampfmittelräumung            • Vermessungstechnik und -geräte,
mittels maschinellen Abtrags von Boden        • Sondiertechnik und -geräte,
und sonstigen Stoffen ohne vorherige          • Arbeitsmittel zur Freilegung und Ber-
Ortung und Identifikation der Kampfmit-          gung der Kampfmittel (Baumaschinen,
tel durchgeführt werden.                         Spaten und andere Werkzeuge, Sepa-
                                                 rieranlagen),
Gemäß den o.g. Anforderungen des § 4          • Hilfsmittel zur Identifizierung der
ArbSchG dürfen Arbeitsverfahren, bei             Kampfmittel,
denen Kampfmittel ohne zweifelsfreie          • Fahrzeuge und Behälter zum Trans-
Identifizierung bewegt werden, nur dann          port von Kampfmitteln innerhalb der
angewendet werden, wenn die Bewer-               Räumstelle,
tung der örtlichen Verhältnisse zu dem        • Aufbewahrungs- und Bereitstellungs-
Ergebnis führt, dass                             behälter,
• andere Verfahren nicht verfügbar            • Splitterschutzwände, Erdwälle.
  oder auf Grund der örtlichen Be-
  dingungen und unter Wahrung der

32
Anforderungen an die Auswahl von Schutzmaßnahmen

Nach § 3 Abs. 1 Produktsicherheitsge-         7.3      Organisatorische
setz (ProdSG) und § 3 Abs. 3 BetrSichV                ­Maßnahmen
ist bei der Auswahl insbesondere die
Eignung des Arbeitsmittels für die ge-        7.3.1   Personelle Anforderungen
plante Verwendung zu berücksichtigen.
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 BetrSichV dürfen        Gemäß § 7 ArbSchG haben die Unter-
Arbeitsmittel nur bestimmungsgemäß,           nehmerin oder der Unternehmer bei
d. h. entsprechend den Vorgaben des           der Übertragung von Aufgaben auf Be-
Herstellers in seiner Betriebsanleitung       schäftigte in Abhängigkeit von der Art
verwendet werden.                             der Tätigkeiten zu berücksichtigen, ob
                                              die Beschäftigten geeignet und befä-
Aufgrund des Umstandes, dass es für           higt sind, die für die Sicherheit und den
die Kampfmittelräumung in Deutsch-            Gesundheitsschutz bei der Aufgabener-
land noch keine unabhängige Validie-          füllung zu beachtenden Bestimmungen
rung und Zulassung von Arbeitsverfah-         und Maßnahmen einzuhalten.
ren und Arbeitsmitteln gibt, obliegt es
den Verantwortlichen (Auftraggebende,         Daher dürfen folgenden Personenkreise
Planende, Fachfirmen) sicherzustellen,        nicht mit Arbeiten der Kampfmittelräu-
dass ausschließlich solche Arbeitsver-        mung betraut werden:
fahren und Arbeitsmittel zur Anwendung        • Personen unter 18 Jahren, (siehe § 22
kommen, die für den konkreten Einsatz-          Jugendarbeitsschutzgesetz),
fall geeignet, erforderlich und angemes-      • besonders schutzbedürftige Perso-
sen sind.                                       nen, die den Regelungen des Mutter-
                                                schutzgesetzes unterliegen,
                                              • Alkohol- und/oder drogenabhängige
                                                Personen,
                                              • Personen, die die körperliche und
                                                geistige Eignung nicht besitzen.

                                                                                       33
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