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WISSENSCHAFT

Originalarbeit

Häufigkeit und Auswirkungen von Stalking
Eine Replikationsstudie

Harald Dreßing, Peter Gass, Katharina Schultz, Christine Kuehner

                                                                                                D
                                                                                                       er Begriff „Stalking“ wurde in den 1990er Jahren
Zusammenfassung                                                                                        in den USA für ein komplexes Muster von Ver-
                                                                                                       haltensweisen geprägt. Wörtlich übersetzt heißt
Hintergrund: Die erste auf einer Bevölkerungsstichprobe beruhende epidemiologi-
                                                                                                Stalking „auf die Pirsch gehen“. Erst ab Anfang der
sche Studie zu Häufigkeit und Auswirkungen von Stalking in Deutschland wurde von
                                                                                                2000er Jahre wurde Stalking auch in Deutschland als
den Autoren 2003 durchgeführt. Mit demselben Studiendesign wurde die Untersu-
                                                                                                relevantes Problem für das Gesundheitswesen wahrge-
chung 2018 wiederholt, um mögliche Veränderungen in der Häufigkeit von Stalking
                                                                                                nommen. Im Jahr 2007 hat auch der Gesetzgeber Rege-
und assoziierten psychischen Beeinträchtigungen bei Stalkingbetroffenen einzu-
                                                                                                lungsbedarf gesehen; seitdem können Stalker gemäß
schätzen. Nach Kenntnis der Autoren handelt es sich dabei international um die
                                                                                                § 238 StGB („Nachstellung“) auch strafrechtlich ver-
erste Replikationsstudie dieser Art.
                                                                                                folgt werden. Ärzte und Psychologen sind beim Thema
Methode: Aus der Einwohnermeldedatei der Stadt Mannheim wurden 1 000 Frauen                     Stalking in vielfacher Hinsicht gefordert – zum Bei-
und 1 000 Männer zufällig ausgewählt. Diesen wurde ein umfangreicher Fragebo-                   spiel in der Beratung und Behandlung von Stalkingop-
gen zum Thema Stalking sowie der WHO-5 Well-Being Index und der Gesundheits-                    fern sowie in der Diagnostik und Therapie von Stalkern
fragebogen für Patienten (PHQ-D) zugesandt.                                                     (1). Von hoher Bedeutung ist die medizinisch-psycho-
                                                                                                logische Expertise auch bei der Risikoeinschätzung
Ergebnisse: In den Mannheimer Stichproben (2003: N = 675; 2018: N = 444) lag die
                                                                                                von Stalkingfällen hinsichtlich einer gewalttätigen Es-
Lebenszeitprävalenz für das Ereignis, als Opfer von Stalking betroffen zu sein, 2003
                                                                                                kalation. Bei Tötungsdelikten des Intimpartners ist der
bei 11,6 % (95-%-Konfidenzintervall: [9,2; 14,4]) und 2018 bei 10,8 % [8,1; 13,7].
                                                                                                spätere Täter im Vorfeld nämlich nicht selten durch
Stalkingopfer zeigten zu beiden Erhebungszeitpunkten im Vergleich zu nichtbetrof-
                                                                                                Stalking des Tatopfers auffällig geworden (nach [2] in
fenen Personen der Allgemeinbevölkerung ein statistisch signifikant niedrigeres psy-
                                                                                                > 70 %), und das Risiko für Homozide im Stalkingkon-
chisches Wohlbefinden (WHO-5-Summenwert 2003: 11,2 [9,7; 12,6] versus 15,5
                                                                                                text ist insbesondere bei zurückgewiesenen („rejected“)
[15,1; 16,0], WHO-5-Summenwert 2018: 11,8 [10,1; 13,6] versus 14,5 [13,9; 15,0]).
                                                                                                Stalkern akzentuiert (3). Zu bedenken ist auch, dass
Ein deutlich höherer Anteil der Stalkingopfer erfüllte auch die Syndromkriterien für
                                                                                                Ärzte und Psychologen selbst häufiger als die Durch-
mindestens eine psychische Störung (PHQ-D 2003: 50,0 % versus 22,5 %; Odds
Ratio [OR]: 3,5 [2,1; 5,6], PHQ-D 2018: 46,5 % versus 24,4 %; OR: 2,7 [1,4; 5,1]).              schnittsbevölkerung in ihrem beruflichen Kontext Op-
Weiterhin besteht Unzufriedenheit oder auch Unkenntnis über polizeiliche und                    fer von Stalkern werden können und über entsprechen-
rechtliche Möglichkeiten.                                                                       de Kompetenzen verfügen sollten, um in solchen Situa-
                                                                                                tionen professionell zu reagieren (4).
Schlussfolgerung: Stalking stellt nach wie vor ein erhebliches und ernst zu nehmen-
des Problem dar. Ärzte und Psychologen müssen mit der Thematik vertraut sein,                   Epidemiologische Befunde
wenn Betroffene um ärztliche und psychologische Hilfe bitten.                                   Aufgrund unterschiedlicher Definitionen, Stichproben
                                                                                                und Erhebungsmethoden und eines nicht unerheblichen
Zitierweise
                                                                                                Dunkelfelds variieren die Angaben zur Prävalenz von
Dreßing H, Gass P, Schultz K, Kuehner C: The prevalence and effects
                                                                                                Stalking erheblich (5). Übereinstimmend berichten je-
of stalking—a replication study. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 347–53.
                                                                                                doch alle epidemiologischen Studien, dass Stalking ein
DOI: 10.3238/arztebl.2020.0347
                                                                                                weit verbreitetes Phänomen ist und Frauen wesentlich
                                                                                                häufiger als Männer von Stalking betroffen sind (5–10;
                                                                                                Tabelle 1). Ein besonderes Problem stellen auch ge-
                                                                                                walttätige Verhaltensweisen im Kontext von Stalking
                                                                                                dar (11). Ergebnisse einer systematischen Literatur-
                                                                                                übersicht legen nahe, dass die Lebenszeitprävalenz für
                                                                                                Stalking in einer Spanne zwischen 8 und 25 Prozent
                                                                                                liegt (12). Für Deutschland wurde in einer neueren re-
                                                                                                präsentativen Dunkelfeldstudie an 16- bis 40-Jährigen
                                                                                                eine Stalkingprävalenz von 15 % ermittelt (13).
                                                                                                   Die erste auf einer Bevölkerungsstichprobe basie-
                                                                                                renden Studie zur Stalkingprävalenz in Deutschland
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim,   wurde von den Autoren dieses Artikels im Jahr 2003
Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg:
Prof. Dr. med. Harald Dreßing, Prof. Dr. med. Peter Gass, Katharina Schultz,                    durchgeführt. Dabei fand sich eine Lebenszeitpräva-
Prof. Dr. Dipl.-Psych. Christine Kuehner                                                        lenz von 11,6 % [9,2; 14,4] bei 18- bis 65-Jährigen (14).

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WISSENSCHAFT

Mögliche gesundheitliche Folgen von Stalking
Stalking stellt für viele Betroffene eine potenziell trau-   Der Klinische Aspekt
matische Erfahrung dar. Das Risiko einer psychischen
Erkrankung ist bei Stalkingbetroffenen erhöht (15).          Stalking ist ein weit verbreitetes Problem. Da Stalkingbetroffene ein erhöhtes Risiko
Mehrere Studien berichten über eine hohe Prävalenz           für psychische und körperliche Erkrankungen haben und sich mit unspezifischen
depressiver Störungen und posttraumatischer Belas-           Beschwerden beim Arzt vorstellen können, sollte bei der biografischen Anamnese
tungsstörungen, wobei hier keine generellen Aussagen         grundsätzlich an die Möglichkeit von Stalking gedacht werden. Sofern sich heraus-
zu Zusammenhängen mit Art und Dauer des Stalking             stellt, dass ein Stalkingfall vorliegt, sollte sich der Arzt nicht auf die Behandlung so-
getroffen werden (16–20). Häufiger kommt es bei              matischer oder psychischer Symptome beschränken, sondern sich als Teil eines
Stalking auch zu eskalierenden Verläufen mit sexueller       komplexen Hilfesystems sehen. Betroffene sollten über die Möglichkeit informiert
und körperlicher Gewalt; in seltenen Fällen ist Stalking     werden, sich bei der Polizei beraten zu lassen und gegebenenfalls auch eine Anzei-
auch ein Risikofaktor für Tötungsdelikte (21). Die öko-      ge zu erstatten. In vielen Regionen Deutschlands gibt es bei der Polizei hierfür spe-
nomischen Folgekosten von Stalking sind erheblich,           zialisierte Abteilungen, die sich mit Beratung und Prävention befassen. Ärzte sollten
wenn man den Verlust an Produktivität durch Krank-           Betroffene auch darauf hinweisen, dass es sinnvoll sein kann, sich bei einem Anwalt
schreibungen, Behandlungskosten im Gesundheitssys-           über die rechtlichen Möglichkeiten beraten zu lassen, wie man gegen den Stalker
tem und Kosten im Justizsystem heranzieht (22). Zu           vorgehen kann.
beachten ist jedoch, dass in den angeführten Studien             Bei der Betreuung von Stalkingbetroffenen ist zu beachten, dass grundsätzlich
Assoziationen, aber keine Kausalitäten gezeigt wurden,       an eine gewaltsame Eskalation zu denken ist und eine dynamische Risikoeinschät-
während Folgekostenberechnungen auf der Annahme              zung vorgenommen werden muss. Wesentliche Risikofaktoren sind: Konkrete Sui-
eines kausalen Zusammenhangs beruhen.                        zidpläne des Stalkers, konkrete Tötungsfantasien, „last resort thinking“ („Wenn ich
                                                             sie nicht haben kann, soll auch kein anderer sie haben.“), psychopathische Persön-
Ziel der vorliegenden Untersuchung                           lichkeitsmerkmale des Stalkers, frühere Gewalthandlungen des Stalkers, Beschädi-
In der vorliegenden Arbeit werden Prävalenz und Aus-         gung des Eigentums des Opfers, Zugang zu Waffen, physische Annäherung („zur
wirkungen von Stalking in einer deutschen Bevölke-           Rede stellen“, ins Haus eindringen), Impulsivität, geringe Frustrationstoleranz und
rungsstichprobe im Jahr 2018 mit Ergebnissen aus dem         Substanzmissbrauch. Die Risikoeinschätzung muss fortwährend überprüft werden,
Jahr 2003 verglichen. Nach Kenntnis der Autoren gibt         da sich die Risikofaktoren dynamisch verändern können. Eine Zunahme des Risikos
es in der internationalen Literatur bisher keine Studie,     einer gewaltsamen Eskalation kann zum Beispiel vorliegen, wenn einem Stalker
die diese Aspekte über ein längeres zeitliches Intervall     vom Gericht ein Annäherungsverbot zugestellt wird oder ihm vom Familiengericht
mit identischem Studiendesign untersucht hat. Erkennt-       der Umgang mit gemeinsamen Kindern untersagt wird. In solchen Situationen sind
nisse über den zeitlichen Verlauf sind unter anderem für     gegebenenfalls konkrete Schutzmaßnahmen für die Opfer einzuleiten, zum Beispiel
die Beurteilung der Wirksamkeit von Maßnahmen, die           eine Begleitung durch vertraute Personen.
in den letzten Jahren auch in Deutschland zunehmend
zur Bekämpfung von Stalking etabliert wurden, von
großer Bedeutung. Folgende Fragen waren von beson-
derem Interesse:
   ● Zeigt sich eine Veränderung in der Häufigkeit von       heitsfragebogen für Patienten (PHQ-D, Patient Health
Stalking in den vergangenen 15 Jahren? So wird gegen         Questionnaire) (26, 27) zugeschickt. Eine ausführliche
Stalker inzwischen verschärft mit polizeilichen und          Beschreibung der Methode findet sich im eMethoden-
strafrechtlichen Mitteln vorgegangen, es gibt mittler-       teil. In dieser Arbeit wird Stalking dann angenommen,
weile aber auch neue Stalkingmethoden – etwa über so-        wenn es zu multiplen Episoden von Belästigung oder
ziale Medien.                                                unerwünschten Kontaktaufnahmen mit multiplen Ver-
   ● Ist die gesundheitliche Verfassung von Stalkingbe-      haltensweisen kam, die über mindestens zwei Wochen
troffenen 2018 besser als 2003? Inzwischen gibt es           anhielten und die beim Opfer Angst oder Furcht auslös-
mehr Beratungs- und Behandlungsstellen, die mit der          ten.
Problematik vertraut sind, sodass eine adäquatere Be-
handlung mit längerfristiger positiver Wirkung auf die       Ergebnisse
Betroffenen angenommen werden könnte.                        Wesentliche Ergebnisse zu den Vergleichen aus den Er-
   ● Werden die zwischenzeitlich eingeführten rechtli-       hebungen der Jahre 2003 und 2018 sind in Tabelle 2
chen Möglichkeiten gegen Stalker von den Stalkingbe-         dargestellt.
troffenen als ausreichend empfunden?                            Nach Bereinigung um Doppelziehungen oder Un-
                                                             zustellbarkeit wurden 2003 insgesamt 1 985 und 2018
Material und Methodik                                        insgesamt 1 930 erreichbare Personen angeschrieben.
Im Oktober 2018 wurden aus der Einwohnermeldedatei           Die Rücklaufquote im Jahr 2018 war mit 23,0 % deut-
der Stadt Mannheim jeweils 1 000 Frauen und 1 000            lich niedriger als im Jahr 2003 (34,2 %). Bezüglich
Männer im Alter von 18–65 Jahren mit deutscher               der Repräsentativität der Stichproben ergab sich 2018
Staatsangehörigkeit zufällig ausgewählt. Diesen Perso-       kein statistisch signifikanter Unterschied in der pro-
nen wurde zusammen mit einem Begleitbrief, in dem            zentualen Altersverteilung der Bevölkerung Mann-
das Ziel der Studie erklärt wurde, ein umfangreicher         heims und der Untersuchungsstichprobe der Jahrgän-
Fragebogen zum Thema Stalking (23) sowie der                 ge 1953–2000. Ähnlich wie 2003 (58,9 %) waren
WHO-5 Well-Being Index (24, 25) und der Gesund-              auch 2018 Frauen in der Befragungsstichprobe gegen-

Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 6 | Juni 2020                                                                                                   273
WISSENSCHAFT

   TABELLE 1

   Epidemiologische Studien

      Autor                            Jahr der        Land         N          Gesamtprävalenz         Stalkingprävalenz            Stalkingprävalenz
                                      Publikation                                                          bei Frauen                  bei Männern
      Tjaden, Thoenness (6)              1997          USA        16 000               8%                    12 %                            4%
      Budd, Mattinson (7)                2000        England                                                 16 %                            7%
      Purcell et al. (8)                 2002        Australien   1 844              12,8 %                  17,5 %                         7,2 %
      Basile et al. (10)                 2006          USA        9 684              4,5 %                    7%                             2%
                                                                              (95-%-KI [2,77; 4,90])
      Breiding et al. (9)                2014          USA        12 727                               15,2 % [13,9; 16,6]             5,7 % [4,7; 6,8]
      Dreßing et al. (14)                2005       Deutschland    679          11,6 % [9,2; 14,4]     17,5 % [13,8; 21,2]             3,7 % [1,5; 6,2]
      Dreßing et al. (diese Studie)      2020       Deutschland    444          10,8 % [8,1; 13,7]     14,4 % [10,1; 18,7]             5,1 % [1,9; 9,0]

95-%-KI, 95-%-Konfidenzintervall

   KASTEN
                                                                                          länger an; 2003 berichtete dies ein knappes Viertel. Von
                                                                                          den Betroffenen wurden vielfältige Methoden der Ver-
   Anti-Stalkingregeln                                                                    folgung und Belästigung angegeben. Im Durchschnitt
                                                                                          waren sie zu beiden Erhebungszeitpunkten circa fünf
   1. Nur einmal, dafür aber unmissverständlich erklären, dass kein Kontakt               verschiedenen Stalkingmethoden ausgesetzt (Grafik).
      gewünscht wird.                                                                        Die Relevanz der hier erfassten Stalkingverhaltens-
   2. Weitere Kontaktangebote absolut ignorieren.                                         weisen wird durch den Befund unterstrichen, dass 2003
                                                                                          in 54 % der Fälle explizite Drohungen ausgesprochen
   3. Öffentlichkeit herstellen, das heißt, Nachbarn, Kollegen und Freunde                wurden, 2018 in 66 %. Der Gesamtprozentsatz körper-
      informieren.                                                                        licher und/oder sexueller Gewaltanwendung ist für bei-
   4. Alle Vorkommnisse in einem Stalkingtagebuch dokumentieren.                          de Erhebungszeitpunkte mit jeweils mehr als 50 % ähn-
                                                                                          lich (Tabelle 2).
   5. SMS und E-Mails nicht löschen, da sie Beweise sind.
                                                                                             In beiden Erhebungen macht das sogenannte
   6. Bei Telefonterror die alte Telefonnummer nicht abmelden, sondern damit die          (Ex-)Partnerstalking den Hauptanteil aller Stalkingfälle
      Stalkinganrufe auf einem Anrufbeantworter aufzeichnen. Gespräche unter              aus (2003: 32,1 %, 2018: 45,8 %). Am zweithäufigsten
      einer Geheimnummer entgegennehmen.                                                  rekrutierten sich die Stalker aus der Gruppe der Be-
   7. Geschenke des Stalkers nicht zurückschicken, sondern asservieren. Das               kannten oder Freunde des Opfers (2003: 20,5 % [11,8;
      Zurückschicken stellt bereits eine Kontaktaufnahme dar.                             29,9]; 2018: 20,8 % [10,0; 34,0]). Seltener sind die
                                                                                          Stalker Arbeitskollegen (2003: 3,8 % [0; 8,4]; 2018:
   8. Frühzeitig Kontakt mit der Polizei aufnehmen.
                                                                                          4,2 % [0; 10,0]) oder Familienmitglieder (2003: 3,8 %
   9. Frühzeitig rechtlichen Rat bei einem spezialisierten Rechtsanwalt einholen.         [0; 9,0]; 2018: 4,2 % [0; 10,5]). Darüber hinaus fand
                                                                                          Stalking in Einzelfällen auch zum Beispiel in professio-
                                                                                          nellen Kontexten statt.
                                                                                             Zur selbstbeurteilten Einschätzung der Folgen des
                                                                                          Stalking wurden die Betroffenen nach sozialen, psy-
                            über ihrem Anteil in der Bevölkerung etwas überre-            chischen und medizinischen Auswirkungen befragt.
                            präsentiert (64,1 %). Durchschnittsalter und Ge-              Die Mehrzahl der Betroffenen berichtete neben Angst
                            schlechterverhältnis der beiden Stichproben unter-            über weitere psychische und körperliche Symptome als
                            schieden sich nicht statistisch signifikant.                  direkt empfundene Folge des Stalking, zum Beispiel
                               2003 erfüllten 78 Personen (11,6 %) die in beiden          verstärkte Unruhe (2003: 56,4 %; 2018: 60,4 %),
                            Untersuchungen zu Grunde gelegten Stalkingkriterien,          Schlafstörungen (2003: 41 %; 2018: 39,6 %) und De-
                            Die für das Jahr 2018 ermittelte Quote unterschied sich       pression (2003: 28,2 %; 2018: 22,9 %). 2018 gaben
                            nicht statistisch signifikant (48 Personen, 10,8 %).          27,7 % (2003: 18,4 %) der Betroffenen an, dass sie we-
                               Unter den Stalkingbetroffenen fand sich für beide          gen der Auswirkungen des Stalking auf ihre Gesundheit
                            Erhebungen ein deutliches Überwiegen von Frauen; die          vom Arzt krankgeschrieben worden seien.
                            entsprechenden Anteile unterschieden sich nicht statis-          Nur 20,5 % der Betroffenen erstatteten im Jahr 2003
                            tisch signifikant. Dagegen waren in beiden Erhebungen         eine Anzeige bei der Polizei; diese Quote hat sich bis
                            nach Auskunft der Betroffenen die Stalker in mehr als         2018 nicht erhöht (19,1 %). Dagegen suchten 2018 im-
                            80 % der Fälle männlich. Zur Dauer des Stalking gab           merhin 34,8 % der Betroffenen therapeutische Hilfe
                            im Jahr 2018 mehr als ein Drittel der Stalk-                  (2003: 27,0 %). Die rechtlichen Möglichkeiten, gegen
                            ingbetroffenen einen Zeitraum von einem Jahr oder             Stalker vorzugehen, wurden 2018 von 52,1 % der Be-

274                                                                                                                 Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 6 | Juni 2020
WISSENSCHAFT

   TABELLE 2

   Vergleich der Stalking-Umfragen 2003 und 2018

                                                                                       2003                                 2018
                                                                            1                                    1
                                                                         N* (% oder MW [95-%-KI])              N* (% oder MW [95-%-KI])                Teststatistik (df)   p-Wert
     Rücklauf
         gesamt                                                          679*2 (34,2 % [32,2; 36,3])           444 (23,0 % [21,1; 24,7])               Chi2 = 60,02 (1)     < 0,001
         Geschlecht weiblich                                             392 (58,9 % [55,2; 62,9])             278 (64,1 % [59,4; 68,9])               Chi2 = 2,88 (1)      0,090
         Alter                                                           42,5 [41,6; 43,6]                     42,8 [41,5; 44,0]                       t = 0,33 (1 074)     0,744
     Stalkingbetroffene                                                  78 (11,6 % [9,2; 14,4])               48 (10,8 % [8,1; 13,7])                 Chi2 = 0,15 (1)      0,700
                                                                                                                                                          2
     Geschlecht der Stalkingbetroffenen                                                                                                                Chi = 0,36 (1)       0,549
         weiblich                                                        68 (87,2 % [79,5; 94,4])              40 (83,3 % [71,4; 93,5])
         männlich                                                        10 (12,8 % [6,3; 21,4])               8 (16,7 % [7,1; 27,9])
     Geschlecht der Stalker                                                                                                                            Chi2 = 0,05 (1)      0,825
         männlich                                                        65 (85,5 % [77,3; 93,2])              40 (87,0 % [76,4; 95,8])
         weiblich                                                        11 (14,5 % [6,9; 22,1])               6 (13,0 % [4,3; 24,0])
     Dauer des Stalking mindestens 1 Jahr                                19 (24,4 % [15,0; 34,3])              17 (35,4 % [21,6; 50,0])                Chi2 = 1,78 (1)      0,182
                                                                                                                                                          2
     Frequenz des Stalking                                                                                                                             Chi = 3,44 (2)       0,179
         mehrmals pro Monat oder weniger                                 31 (40,3 % [29,1; 51,5])              11 (23,9 % [11,9; 36,6])
         mehrmals pro Woche                                              27 (35,1 % [25,0; 45,5])              20 (43,5 % [29,8; 58,3])
         täglich/mehrmals täglich                                        19 (24,7 % [15,7; 34,2])              15 (32,6 % [19,0; 47,5])
     durchschnittliche Anzahl der Stalkingmethoden                       5,0 [4,4; 5,6]                        5,4 [4,6; 6,3]                          t = 0,82 (124)       0,412
     Drohungen                                                           27 (54,0 % [40,8; 68,9])              31 (66,0 % [52,0; 78,2])                Chi2 = 1,44 (1)      0,230
                                                                                                                                                          2
     körperliche und/oder sexuelle Gewalt                                30 (38,5 % [27,3; 50,0])              21 (43,8 % [29,8; 58,3])                Chi = 0,03 (1)       0,874
     Stalker ist bekannt                                                 59 (75,6 % [66,7; 84,8])              44 (93,6 % [85,1; 100])                 Chi2 = 6,54 (1)      0,011
                                                                                                                                                          2
     Stalking durch Ex-Partner                                           25 (32,1 % [21,7; 42,9])              22 (45,8 % [32,4; 60,4])                Chi = 2,41 (1)       0,120
     Anzeige erstattet                                                   16 (20,5 % [11,8; 29,5])              9 (19,1 % [7,9; 31,8])                  Chi2 = 0,03 (1)      0,854
                                                                                                                                                          2
     professionelle Hilfe in Anspruch genommen                           20 (27,0 % [17,2; 37,5])              16 (34,8 % [20,5; 49,1])                Chi = 0,81 (1)       0,367
     Krankschreibung infolge von Stalking                                14 (18,4 % [10,1; 28,1])              13 (27,7 % [15,2; 41,5])                Chi2 = 1,45 (1)      0,229
     selbstberichtete gesundheitliche Einschränkungen
          Unruhe                                                         44 (56,4 % [45,9; 67,2])              29 (60,4 % [45,2; 74,5])                Chi2 = 0,20 (1)      0,658
          Schlafstörungen                                                32 (41,0 % [30,2; 52,5])              19 (39,6 % [26,0; 53,5])                Chi2 = 0,03 (1)      0,873
          Depressivität                                                  22 (28,2 % [18,3; 38,3])              11 (22,9 % [11,1; 35,5])                Chi2 = 0,43 (1)      0,512
     rechtliche und polizeiliche Möglichkeiten
          nicht beurteilbar                                              41 (53,2 % [41,1; 63,6])              23 (47,9 % [33,3; 61,7])                Chi2 = 1,058 (2)     0,589
          nicht ausreichend                                              35 (45,5 % [34,9; 57,4])              25 (52,1 % [38,3; 66,7])
          ausreichend                                                    1 (1,3 % [0,0; 4,3])                  0 (0,0 %)
     WHO-5-Summenwert*3                                                  77 (11,2 [9,7; 12,5])                 45 (11,8 [10,1; 13,4])                  F = 0,01 (1,113)     0,931
     PHQ-D-Angstscore*3                                                  76 (5,4 [4,4; 6,3])                   42 (5,2 [3,8; 6,7])                     F = 0,01 (1,113)     0,935
                                   3
     PHQ-D-Depressionsscore*                                             74 (7,8 [6,4; 9,4])                   43 (7,7 [6,1; 9,5])                     F = 0,04 (1,112)     0,850

*1 teilweise reduziertes N aufgrund von fehlenden Werten
*2 einschließlich 4 Fragebögen mit offensichtlich psychotischen Inhalten, die aus den weiteren Analysen ausgeschlossen wurden (siehe [14])
*3 Ergebnisse sind adjustiert für Alter, Geschlecht und Schulbildungsniveau (< Fachhochschulreife versus ≥ Fachhochschulreife).
95-%-KI, 95-%-Konfidenzintervall; df, degrees of freedom; MW, Mittelwert; PHQ-D, Patient Health Questionnaire (Gesundheitsfragebogen für Patienten);
WHO-5, WHO-5 Fragebogen zum Wohlbefinden
n = 15 (2003) und n = 70 (2018) Adressen waren doppelt gezogen worden oder Fragebögen waren wegen unbekannter Adresse nicht zustellbar.
Sie sind bei der Berechnung der Rücklaufquote nicht berücksichtigt.

troffenen als nicht ausreichend eingeschätzt (2003:                               ziodemografischer Variablen (PHQ-D, alle p-Werte
45,5 %). Auffällig ist auch der nach wie vor hohe Anteil                          ≤ 0,001 [Tabelle 3]). Auch auf Diagnosenebene anhand
von Betroffenen, die offensichtlich keine ausreichen-                             des PHQ-D unterschieden sich Stalkingbetroffene und
den Kenntnisse über die rechtlichen Möglichkeiten ha-                             Nichtbetroffene zu beiden Erhebungszeitpunkten. 2003
ben (2003: 53,2 %, 2018: 47,9 %).                                                 erfüllten 50,0 % der Betroffenen gegenüber 22,5 % der
   Bezüglich der aktuellen psychischen Befindlichkeit                             Nichtbetroffenen die Kriterien für mindestens eine
zeigten Stalkingbetroffene zu beiden Befragungszeit-                              Syndromdiagnose; 2018 waren es 46,5 % versus
punkten ein statistisch signifikant niedrigeres Wohlbe-                           24,4 % (Tabelle 3). Dagegen unterschieden sich Stalk-
finden (WHO-5) sowie statistisch signifikant höhere                               ingbetroffene 2003 und 2018 nicht statistisch signifi-
Angst- und Depressionswerte, auch nach Kontrolle so-                              kant bezüglich ihres psychischen Befindens (Tabelle 2).

Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 6 | Juni 2020                                                                                                                                        275
WISSENSCHAFT

  GRAFIK                                                                                    sert? Inwieweit empfinden Betroffene die aktuellen
                                                                                            rechtlichen und polizeilichen Möglichkeiten als aus-
                                                                                            reichend?
                          sonstiges
                                                                                               Zunächst aber ist auf die folgenden Limitationen
  falscche Informationen im Internet                                                        der Studie hinzuweisen: Die Rücklaufquote zu bei-
      Kontaktaufnahme über Internet                                                         den Erhebungszeitpunkten ist für Studien mit ver-
                              Faxe                                            2003          gleichbarer Methodik zwar zufriedenstellend, sie war
           Be- bzw. Abbestellungen
                                                                              2018          jedoch 2018 noch einmal deutlich niedriger als 2003
                                                                                            und spiegelt damit einen allgemeinen internationalen
         Eindringen in die Wohnung
                                                                                            Trend zum Rückgang von Response-Raten in sozial-
        Beschädigung von Eigentum                                                           wissenschaftlichen Studien wider (28). Bezüglich der
                 Verfolgen mit Auto                                                         Altersverteilung handelte es sich bei beiden Umfra-
                            E-Mails                                                         gen um weitgehend repräsentative Stichproben; aller-
                                                                                            dings nahmen in beiden Befragungen mehr Frauen
                       Nachrichten
                                                                                            teil. Als weitere Limitation gilt, dass die Bevölke-
                 wortloses Dasitzen                                                         rungsstichprobe in einer mittelgroßen westdeutschen
                             Briefe                                                         Stadt gezogen wurde, was ebenso wie die geringe
          unerwünschte Geschenke                                                            Rücklaufquote die Generalisierbarkeit der Befunde
                        Nachlaufen                                                          einschränkt. Jedoch zeigen die ermittelten Prävalenz-
                                                                                            raten eine gute Übereinstimmung mit internationalen
                              SMS
                                                                                            Befunden. Zudem erlaubt der querschnittliche Cha-
                  Fragen im Umfeld                                                          rakter der Erhebung keine kausalen Aussagen zu Fol-
        Kontaktaufnahme über Dritte                                                         gen des Stalking auf die psychische Gesundheit. So
             vor der Haustür Stehen                                                         ist nicht auszuschließen, dass zumindest ein Teil der
                                                                                            identifizierten Stalkingbetroffenen bereits vor dem
                      Herumtreiben
                                                                                            Ereignis psychisch belastet war. Menschen mit psy-
                      Telefonanrufe                                                         chischen Belastungen haben jedoch ein erhöhtes Ri-
                                       0   10   20   30   40     50 60   70   80   90 100   siko, Opfer von Stalking zu werden (29). Zudem
                                                               Prozent                      kann für diese Menschen die Schwelle niedriger sein,
                                                                                            Ereignisse als bedrohlich wahrzunehmen und mit
Berichtete Stalkingmethoden                                                                 Angst darauf zu reagieren. Klare Aussagen erlauben
Falsche Informationen und Kontaktaufnahme über das Internet wurden nur 2018 erfragt.        hier nur Längsschnittstudien, die untersuchen kön-
                                                                                            nen, inwieweit das Risiko für psychische Störungen
                                                                                            bei initial unbeeinträchtigten Personen durch Stal-
                                                                                            kingerfahrung steigt. Eine solche Langzeitstudie von
                           Zusatzananalysen zeigten, dass höhere Stalkingdau-               Diette et al. (30) integrierte Datensätze von Mädchen
                        er und -häufigkeit unabhängig voneinander mit höhe-                 und Frauen aus drei großen nationalen Surveys. Die
                        ren PHQ-Depressionsscores assoziiert waren (p-Wer-                  Autoren zeigten, dass eine Stalkingviktimisierung ab
                        te ≤ 0,05 [eKasten]).                                               18 Jahren das Risiko für spätere psychische Störun-
                                                                                            gen um den Faktor 2,7–3,9 erhöhte. Unsere Studie
                        Diskussion                                                          teilt den Nachteil querschnittlicher Erhebung von
                        Die vorliegende Studie ist nach Kenntnis der Autoren                Stalkingerfahrung und psychischem Befinden dage-
                        die erste bevölkerungsbezogene Replikationsstudie                   gen mit der weitaus größten Zahl vorliegender Studi-
                        zu Häufigkeit und Auswirkungen von Stalking. Mit                    en. Longitudinalstudien erfordern jedoch sehr große
                        demselben Studiendesign wurde die Thematik in den                   Datensätze, um die Inzidenz psychischer Störungen
                        Jahren 2003 (14) und 2018 untersucht, sodass mögli-                 prospektiv verfolgen zu können. Dies geschieht dann
                        che Veränderungen beschrieben werden können.                        aber notwendigerweise unter Verzicht auf eine ge-
                        Nach 2003 ist die Sensibilität für die Thematik deut-               naue Analyse von Stalkingcharakteristika und Reak-
                        lich angestiegen. Änderungen im Umgang mit dem                      tionen der Betroffenen, wie dies in der vorliegenden
                        Thema Stalking haben sich zum Beispiel bei der Po-                  Studie möglich war.
                        lizei und der Justiz ergeben, im Jahr 2007 wurde ein                   Die Ergebnisse unserer Replikationsstudie stützen
                        eigener Straftatbestand in das Strafgesetzbuch einge-               die Annahme, dass Stalking in Deutschland nach wie
                        führt, und es wurden auch spezialisierte Beratungs-                 vor ein relevantes Problem darstellt. In der aktuellen
                        stellen für Stalkingbetroffene eröffnet.                            Stichprobe 2018 beträgt die Lebenszeitprävalenz
                           Mit der vorliegenden Replikationsstudie sollten                  10,8 %, ganz ähnlich zu der 2003 ermittelten Präva-
                        Fragen, die sich aus wissenschaftlicher und versor-                 lenz von 11,6 %. Die Häufigkeit von Stalking hat im
                        gungspraktischer Sicht ergeben, beantwortet werden:                 Verlauf von 15 Jahren also kaum abgenommen, ob-
                        Hat sich die Häufigkeit von Stalking in den vergan-                 wohl gegen Stalker mittlerweile verschärft mit poli-
                        genen 15 Jahren verändert? Hat sich die gesundheitli-               zeilichen und strafrechtlichen Mitteln vorgegangen
                        che Verfassung von Stalkingbetroffenenen verbes-                    werden kann. Auch die Geschlechtsverteilung von

276                                                                                                              Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 6 | Juni 2020
WISSENSCHAFT

   TABELLE 3

   Psychische Beeinträchtigungen bei Stalkingopfern und Nichtbetroffenen (2003 und 2018)

                                                                         2003                                                                  2018
                                            1                                                                         1
                                         N* (% oder MW [95-%-KI])            Teststatistik (df)       p-Wert       N* (% oder MW [95-%-KI])       Teststatistik (df)   p-Wert
     WHO-5-Summenwert < 13                                                   Chi2 = 28,90 (1)         < 0,001                                     Chi2 = 7,89 (1)      0,005
        Stalkingopfer                    44 (57,1 % [46,8; 67,5])                                                  24 (53,3 % [37,8; 66,7])
        Nichtbetroffene                  158 (27,1 % [23,2; 30,7])                                                 122 (32,3 % [27,5; 36,8])
     PHQ-D                                                                   Chi2 = 26,55 (1)         < 0,001                                     Chi2 = 9,54 (1)      0,002
     mindestens eine Syndrom-
     diagnose nach DSM-IV
          Stalkingopfer                  38 (50,0 % [39,5; 60,5])                                                  20 (46,5 % [32,6; 60,5])
          Nichtbetroffene                127 (22,5 % [19,1; 26,2])                                                 88 (24,4 % [20,0; 29,4])
     WHO-5-Summenwert*2                                                      F = 31,5 (1,627)         < 0,001                                     F = 10,4 (1,398)     0,001
        Stalkingopfer                    77 (11,2 [9,7; 12,5])                                                     45 (11,8 [10,1; 13,4])
        Nichtbetroffene                  557 (15,5 [15,1; 16,0])                                                   360 (14,5 [13,9; 15,1])

     PHQ-D-Summenwert                                                        F = 30,4 (1,628)         < 0,001                                     F = 12,4 (1,400)     < 0,001
     Angstsymptome*2
         Stalkingopfer                   76 (5,4 [4,4; 6,3])                                                       42 (5,2 [3,8; 6,7])
         Nichtbetroffene                 557 (2,7 [2,4; 3,0])                                                      363 (2,6 [2,2; 3,1])
     PHQ-D-Summenwert                                                        F = 40,7 (1,597)         < 0,001                                     F = 14,9 (1,402)     < 0,001
     Depressionssymptome*2
         Stalkingopfer                   74 (7,8 [6,4; 9,4])                                                       43 (7,7 [6,1; 9,5])
         Nichtbetroffene                 528 (3,9 [3,5; 4,3])                                                      364 (4,7 [4,2; 5,2])

*1 teilweise reduziertes N aufgrund von fehlenden Werten
*2 Ergebnisse sind adjustiert für Alter, Geschlecht und Schulbildung (< Fachhochschulreife versus ≥ Fachhochschulreife).
95-%-KI, 95-%-Konfidenzintervall; df, degrees of freedom; DSM-IV, Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders; MW, Mittelwert;
PHQ-D, Patient Health Questionnaire (Gesundheitsfragebogen für Patienten); WHO-5, WHO-5-Fragebogen zum Wohlbefinden

Tätern und Opfern ist nach wie vor weitgehend iden-                                (2018) erhöht. Die Betroffenen aus 2003 und 2018
tisch und das sogenannte (Ex-)Partnerstalking stellt                               unterschieden sich dagegen nicht in den entsprechen-
das Hauptproblem dar. Für eine denkbare Zunahme                                    den Outcome-Maßen. Schweremerkmale des Stalking
der Prävalenz aufgrund einer verstärkten Präsenz des                               wie Frequenz und Dauer scheinen insbesondere mit
Themas in den Medien fanden sich keine Hinweise,                                   erhöhter Depressivität bei den Betroffenen einherzu-
was dafür spricht, dass Stalking – wie andere krimi-                               gehen. Eine Verbesserung dieser Situation lässt sich
nelle Delikte auch – mit einer recht stabilen Präva-                               anhand der vorliegenden Ergebnisse somit nicht fest-
lenz vorkommt.                                                                     stellen, und unsere Daten bestätigen weiterhin die
   Die Stalkingbetroffenen waren einer Vielzahl von                                Ergebnisse internationaler Studien zur erhöhten Präva-
unterschiedlichen Stalkingverhaltensweisen ausge-                                  lenz psychischer Störungen bei Stalkingbetroffenen
setzt. Im Durchschnitt setzten die Stalker zu beiden                               (16–19). Trotz einer Zunahme von Beratungs- und
Ergebungszeitpunkten etwa fünf unterschiedliche                                    Behandlungsstellen ergibt sich hier also die Notwen-
Methoden unerwünschter Kontaktaufnahmen ein.                                       digkeit einer optimierten Versorgung. Die zwischen-
Bei der Erhebung 2018 wurde das Cyberstalking, al-                                 zeitlich eingeführten rechtlichen Möglichkeiten gegen
so unerwünschte Kontaktaufnahmen über soziale                                      Stalker werden im Jahr 2018 von etwas mehr als
Medien, als Stalkingmethode neu aufgenommen. Cy-                                   der Hälfte der Betroffenen (2003: 45,5 %) als nicht
berstalking führte jedoch nicht zu einer Zunahme der                               ausreichend eingeschätzt. Auffällig ist auch der nach
Gesamtprävalenz von Stalkingopfern zwischen 2003                                   wie vor hohe Anteil von Betroffenen, der offensicht-
und 2018. Bei allen Betroffenen war Cyberstalking                                  lich keine ausreichenden Kenntnisse über die rechtli-
eine zusätzliche Methode, die neben anderen Metho-                                 chen Möglichkeiten hat (53,2 % in 2003; 47,9 % in
den vom Stalker eingesetzt wurde.                                                  2018).
   Sowohl 2003 als auch 2018 zeigten Stalkingbe-                                      Zusammenfassend kann man festhalten, dass sich
troffene gravierende psychische Beeinträchtigungen                                 beim Thema Stalking nach wie vor ein hoher Bera-
gegenüber Nichtbetroffenen. Dies zeigte sich in bei-                               tungs- und Informationsbedarf für die Betroffenen
den Erhebungen in signifikant schlechteren Befind-                                 zeigt. Die rechtlichen Möglichkeiten gegen Stalker
lichkeits-, Angst- und Depressionswerten (WHO-5,                                   scheinen aus Sicht der Betroffenen nach wie vor un-
PHQ-D). Zudem war die Chance, die Kriterien einer                                  zureichend. Ob sich durch die Reform des
psychischen Syndromdiagnose nach PHQ-D zu er-                                      § 238 StGB künftig eine Besserung ergeben wird,
füllen, bei Betroffenen gegenüber Nichtbetroffenen                                 bleibt abzuwarten; entscheidend ist hier sicherlich
um den Faktor 3,5 (2003) beziehungsweise 2,7                                       auch die Umsetzung in der Rechtspraxis.

Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 6 | Juni 2020                                                                                                                                   277
WISSENSCHAFT

                                                                                  Bei der Betreuung und Behandlung von Stalkingbetroffenen
Kernaussagen                                                                   sind die im Kasten dargestellten Anti-Stalkingregeln zu beach-
                                                                               ten, die für alle Konstellationen gültig sind. Für eine intensi-
● Die Ergebnisse der vorliegenden Replikationsstudie (Vergleich von Erhe-
                                                                               vierte Betreuung kann zum Beispiel das von Gallas et al. veröf-
  bungen aus den Jahren 2003 und 2018) weisen darauf hin, dass Stalk-
                                                                               fentlichte Manual genutzt werden (34).
  ing weiterhin ein weit verbreitetes Phänomen ist.
● Trotz höherer Sensibilität für das Thema und zwischenzeitlicher Einfüh-      Finanzierung
                                                                               Die Studie wurde vom Weissen Ring gefördert.
  rung eines neuen Straftatbestands hat sich die Stalkingprävalenz in den
  letzten 15 Jahren nicht verändert.                                           Interessenkonflikt
                                                                               Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
● Stalkingopfer zeigen zu beiden Erhebungszeitpunkten im Vergleich zu          Manuskriptdaten
  nichtbetroffenen Personen der Allgemeinbevölkerung ein statistisch sig-      eingereicht: 15. 11. 2019, revidierte Fassung angenommen: 11. 02. 2020
  nifikant schlechteres psychisches Wohlbefinden.
                                                                               Anschrift für die Verfasser
● Ein deutlich höherer Prozentsatz der Stalkingopfer erfüllt die Syndrom-      Prof. Dr. med. Harald Dreßing
                                                                               Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim
  kriterien für mindestens eine psychische Störung. Ärzte und Psycholo-        Universität Heidelberg, J 5
  gen sollten mit der Stalkingproblematik vertraut sein, um Betroffenen        68159 Mannheim
                                                                               harald.dressing@zi-mannheim.de
  adäquat zu helfen und in Situationen professionell reagieren zu können,
  in denen Gefahr besteht, dass sie selbst Opfer von Stalking werden.          Zitierweise
                                                                               Dreßing H, Gass P, Schultz K, Kuehner C:
                                                                               The prevalence and effects of stalking—a replication study.
                                                                               Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 347–53. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0347

   Ärzte und Psychologen sollten mit den klinischen Aspekten                   ►Die englische Version des Artikels ist online abrufbar unter:
von Stalking und der Risikoeinschätzung vertraut sein (siehe                    www.aerzteblatt-international.de

„Der Klinische Aspekt“). Bei der Betreuung von Stalkingbe-                        Zusatzmaterial
                                                                                  Literatur im Internet:
troffenen ist zu beachten, dass grundsätzlich an eine gewaltsa-                   www.aerzteblatt.de/pp/lit0620 oder über QR-Code
me Eskalation zu denken ist und eine dynamische Risikoein-                        eMethodenteil, eKasten und eTabellen:
schätzung vorzunehmen ist (31–33).                                                www.aerzteblatt.de/20m0347 oder über QR-Code

  REFERIERT
  Suchtkranke
  Anonyme Alkoholiker wirksamer als Therapien
  Die Anonymen Alkoholiker, eine weltweit agie-        Ende befähigt, andere Menschen vom Alko-             laut Humphreys vor allem darauf zurückzufüh-
  rende Selbsthilfebewegung mit kulturellen            holkonsum zu befreien. Viele Psychothera-            ren, dass die Teilnehmer der AA-Gruppen da-
  Wurzeln in den USA, sind nach einer Meta-            peuten, die bei der kognitiven Verhaltensthe-        zu motiviert werden, nach dem Abschluss des
  analyse in der Cochrane Library häufiger in          rapie ebenfalls einen Weg von einer Erkennt-         12-Schritte-Programms weiter an den Treffen
  der Lage, Menschen mit einer Alkoholabhän-           nis der Ursachen hin zu Techniken der Alko-          teilzunehmen. So war der Vorteil in den Absti-
  gigkeit vom Trinken abzuhalten als professio-        holvermeidung anbieten, dürften die AA nicht         nenztagen in den ersten 12 Monaten noch re-
  nelle Psychotherapien. Die Alkoholsucht wird         als wissenschaftlich begründete Therapie be-         lativ gering. Nach 24 Monaten und nach 36
  – nach einer etwaigen Entgiftung unter ärztli-       trachten. Ein wesentlicher Unterschied zwi-          Monaten gelang es den Teilnehmern der AA-
  cher Aufsicht – in der Regel von Psychothera-        schen beiden Welten besteht darin, dass die          Gruppen deutlich häufiger, auf den Alkohol-
  peuten behandelt, die verschiedene Behand-           AA-Gruppen häufig über viele Jahre eine              konsum zu verzichten, als die Teilnehmer der
  lungsstrategien entwickelt haben. Außerhalb          Gemeinschaft schaffen, deren Mitglieder sich         Psychotherapie, deren Wirkung offenbar im-
  der Medizin gibt es Selbsthilfegruppen, die          gegenseitig unterstützen, während eine pro-          mer weiter verblasste.
  den Betroffenen Unterstützung anbieten. Die          fessionelle Psychotherapie nach einer be-                Da die AA keine hauptberuflichen Thera-
  vermutlich älteste Laienorganisation sind die        grenzten Zahl von therapeutischen Sitzungen          peuten beschäftigen, sind die Kosten gering.
  1935 von einem Arzt und seinem alkoholkran-          vorüber ist. Nach den jetzt von einem Team           Dies wirkt sich auch auf die Studien zur
  ken Patienten in Akron/Ohio gegründeten „Al-         um Keith Humphreys von der Stanford Uni-             Kosten-Effektivität aus, die laut der Meta-
  coholics Anonymous“, die heute als AA in 180         versität in Palo Alto vorgestellten Auswertung       analyse alle zugunsten des 12-Schritte-Pro-
  Ländern aktiv sind und mehr als 118 000              von 27 Studien mit 10 565 Teilnehmern könn-          gramms ausfielen. Humphreys kommt zu
  Gruppen betreiben.                                   te das 12-Schritte-Programm der AA-Gruppen           dem Ergebnis, dass pro Patient etwa 10.000
     Das Konzept der AA ist ein religiös moti-         am Ende die besseren Ergebnisse erzielen.            US-Dollar pro Jahr gespart würden.         rme
  viertes 12-Schritte-Programm, in dem der             Nach einem Jahr waren 42 % der Teilnehmer
  Betroffene nach dem Anerkennen seiner Hilf-          der AA abstinent, während es nach einer Psy-         Kelly JF, Humphreys K, Ferri M: Alcoholics Anonymous
                                                                                                            and other 12step programs for alcohol use disorder –
  losigkeit mit göttlicher Hilfe langsam zur „spiri-   chotherapie (etwa der kognitiven Verhaltens-         Cochrane Systematic Review. 11. März 2020. https://doi.
  tuellen Erweckung“ geführt wird, die ihn am          therapie) nur etwa 35 % waren. Der Effekt war        org/10.1002/14651858.CD012880.pub2.

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WISSENSCHAFT

Zusatzmaterial zu:

Häufigkeit und Auswirkungen von Stalking
Eine Replikationsstudie
Harald Dreßing, Peter Gass, Katharina Schultz, Christine Kuehner
Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 347–53. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0347

eMETHODENTEIL

Material und Methodik
Die im Oktober 2018 angeschriebenen Personen wurden gebeten, die aus-
gefüllten Unterlagen in einem beiliegenden frankierten Rückumschlag
anonymisiert zurückzusenden. Vierzehn Tage später erfolgte ein einmali-
ges Erinnerungsschreiben.
   Der eingesetzte Stalkingfragebogen (23) enthält soziodemografische
Items sowie 51 Items zu Erlebnissen von Bedrohung, Verfolgung und Be-
lästigung. Befragte, die zumindest von einer Form der Bedrohung, Verfol-
gung oder Belästigung betroffen waren, wurden gebeten, zusätzliche Fra-
gen zur Dauer, Art und Häufigkeit dieser Erlebnisse sowie zur persönlichen
Beziehung zum Verfolger, zu dessen vermuteten Motiven sowie zu eigenen
Reaktionen auf diese Verhaltensweisen und möglichen medizinischen oder
psychologischen Folgen zu beantworten. Weiterhin wurde der WHO-5
Well-Being Index eingesetzt, eine Skala zur Einschätzung des psychischen
Wohlbefindens, die sich in epidemiologischen Studien auch als Screening-
Instrument zur Depressionsdiagnostik bewährt hat (24, 25). Der Fragebo-
gen besteht aus 5 sechsstufigen Items. Die Spanne des Summenwerts liegt
zwischen 0 und 25.
   Zur Erfassung der aktuellen psychiatrischen Morbidität diente der Ge-
sundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-D [26, 27]). Der PHQ-D ermög-
licht die Erstellung von DSM-IV-Syndromdiagnosen (DSM-IV, Diagnostic
and Statistical Manual of Mental Disorders) für die häufigsten psychischen
Störungen (Major Depressives Syndrom, andere depressive Syndrome, Pa-
niksyndrom, andere Angstsyndrome, Essstörungen, Alkoholsyndrom).
Durch Summierung diagnosenspezifischer Symptome lassen sich zudem
PHQ-D-Summenscores für depressive Symptome und Angstsymptome be-
rechnen. Internationale Studien bescheinigen dem PHQ-D gute Reliabilität
und diagnostische Validität (27).
   Unsere Stalkingdefinition beinhaltete, dass
   ● multiple Episoden von Belästigung vorliegen mussten, die
   ● über mindestens zwei Wochen anhielten
   ● multiple Stalkingverhaltensweisen beinhalteten und
   ● beim Opfer Angst oder Furcht auslösten.
   Damit orientierten wir uns an den Kriterien unserer Studie von 2003 und
internationalen Arbeiten (5–7). Gruppenunterschiede zwischen der 2003er-
und 2018er-Stichprobe wurden mittels Pearsons Chi2-Test im Falle katego-
rialer und mittels t-Test im Falle kontinuierlich verteilter Variablen geprüft.
Bezüglich der Symptomskalen wurden Gruppenvergleiche (Stalkingbetrof-
fene 2003 versus 2018, Betroffene versus Nichtbetroffene 2003 und 2018)
anhand von Kovarianzanalysen berechnet, in denen neben dem jeweils in-
teressierenden Gruppenfaktor die Kovariaten Geschlecht, Alter und Schul-
bildungsniveau eingingen, um für deren Effekt zu kontrollieren. Der Ein-
fluss von Schweremerkmalen des Stalking auf das Ausmaß psychischer
Beeinträchtigung bei Stalkingbetroffenen (Zusatzanalyse im eKasten) wur-
de anhand von linearen Regressionen geprüft. Alle Analysen wurden mit
SPSS Version 24 für Windows (SPSS Inc., Chicago, IL) durchgeführt.

Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 6 | Juni 2020                                               9
WISSENSCHAFT

     eKASTEN

     Zusatzanalyse
     Neben den im Haupttext dargestellten Ergebnissen wurde in einer Zusatzanalyse untersucht, inwieweit bestimmte Schwe-
     reindikatoren des Stalking, wie Dauer und Häufigkeit, sowie das Vorliegen von Gewalthandlungen Auswirkungen auf das
     aktuelle psychische Befinden der Stalkingopfer zeigen.
        Zu diesem Zweck wurden getrennte lineare Regressionen mit den abhängigen Variablen WHO-5-Summenwert, PHQ-
     Summenwert Angst und PHQ-Summenwert Depression gerechnet. Als unabhängige Variablen gingen in diese Modelle
     gleichzeitig Dauer und Häufigkeit sowie das Vorliegen von Gewalthandlungen ein. Um eine Inflationierung von Einzeltests
     zu vermeiden, wurde hier die Gesamtstichprobe aus 2003 und 2018 herangezogen, und es wurden Wechselwirkungen
     zwischen den Gruppen der von Stalking Betroffenen beziehungsweise der nicht von Stalking Betroffenen mit verschiede-
     nen unabhängigen Variablen untersucht, um zu prüfen, ob sich der Zusammenhang zwischen Merkmalen des Stalking und
     Symptomwerten für beide Gruppen unterscheidet. Bei nichtsignifikantem Interaktionsterm wurde dieser wieder aus dem
     Modell entfernt, und die entsprechenden Haupteffekte wurden interpretiert.
        In keinem der analysierten Modelle wurden die jeweiligen Interaktionsterme statistisch signifikant, das heißt, die Zusam-
     menhänge stellen sich ähnlich für 2003 und 2018 dar. Ebenso wurden die beiden Haupteffekt-Modelle für den WHO-
     5-Summenwert (F[3,115] = 1,47; p = 0,227) und den PHQ-D-Angstscore (F[3,115] = 2,55; p = 0,059) nicht statistisch signifi-
     kant, wohingegen das Modell für den PHQ-Depressionsscore statistisch signifikant war (F[3,114] = 4,08; p = 0,009). Die
     eTabellen 1–3 zeigen die entsprechenden Haupteffekte der untersuchten Variablen auf die drei Symptomskalen.

        eTABELLE 1

        Assoziation von Stalkingmerkmalen mit dem WHO-5-Summenscore „psychisches Wohlbefinden“

          Modell                                     B               Standardfehler   Beta            t            p-Wert
          Dauer des Stalking                      − 0,29                   0,85       − 0,03        − 0,34          0,732
          Häufigkeit des Stalking                 − 0,47                   0,41       − 0,11        − 1,17          0,247
          Gewalthandlungen                        − 1,58                   1,20       − 0,13        − 1,32          0,190

        eTABELLE 2

        Assoziation von Stalkingmerkmalen mit dem PHQ-D-Angstscore

          Modell                                     B               Standardfehler   Beta            t            p-Wert
          Dauer des Stalking                       0,25                    0,63       0,04           0,39           0,697
          Häufigkeit des Stalking                  0,59                    0,30       0,18           1,93           0,056
          Gewalthandlungen                         1,23                    0,90       0,13           1,37           0,172

        eTABELLE 3

        Assoziation von Stalkingmerkmalen mit dem PHQ-D-Depressionsscore

          Modell                                     B               Standardfehler   Beta            t            p-Wert
          Dauer des Stalking                       1,69                    0,85       0,18           1,98           0,050
          Häufigkeit des Stalking                  0,94                    0,41       0,21           2,29           0,024
          Gewalthandlungen                         0,95                    1,21       0,07           0,78           0,435

     Daraus geht hervor, dass eine spezifische Assoziation zwischen Dauer und Häufigkeit des Stalking und der Ausprägung
     aktueller Depressivität besteht, wobei längere Dauer und häufigere Kontaktaufnahme durch den Stalker unabhängig
     voneinander mit höherer Depressivität einhergehen, wohingegen das Vorliegen von Gewalthandlungen keinen zusätzli-
     chen relevanten Varianzanteil der Depressivität erklärt.
     Patient Health Questionnaire, deutsche Fassung; WHO-5, WHO-5 Well-Being Index

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