Hilfe, die bleibt 2020 - German Doctors e.V - German Doctors eV
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Ich schätze die Vertrauenswürdigkeit und die gelebte Nächstenliebe von German Doctors. Zitat eines Spenders aus unserer Spenderbefragung 2020 2 Jahresbericht 2020
Die Corona-Pandemie hat die Arbeit der German Doctors verändert Dr. Christine Winkelmann und Dr. Harald Kischlat im Interview 9 12 Die Arztprojekte Neben der medizinischen Arbeit war 2020 die Nothilfe wichtig Inhalt 5 Vorwort 6 Einsatzgebiete 2020 9 Ein Jahr der Nothilfe 12 Unsere Arztprojekte 2020 21 Prominente helfen träumen 24 Mindoro: Fragen, zuhören, besser machen 27 Gerade jetzt! Aktionen in Deutschland 32 Austrian Doctors und Swiss Doctors 37 Infografik: Versorgungslücken in der Pandemie 38 Jahresabschluss 38 I. Zahlen 2020 42 II. Arztprojekte in Zahlen 45 III. Ergänzungsprogramme 46 IV. Partnerprojekte 52 Transparenz und Kontrolle 4 | 8 | 26 | 36 54 Vereinsstruktur und Netzwerk 56 Risikoeinschätzung Gesichter erzählen Geschichten 57 Wir sagen Danke! Unsere Patientinnen und Patienten 58 Impressum 3
GESICHTER UND IHRE GESCHICHTEN Nalani* kann wieder lachen. Dem Team der German Doctors im sierra-leonischen Serabu sei Dank! Nur fünf Tage zuvor hat- te ihr Vater sie auf einem Motorrad ganze drei Stunden lang über holprige Pisten in das Buschkrankenhaus gebracht. Bei ihrer Ankunft war Nalani bewusstlos und fie- berte sehr stark. Die Diagnose war schnell gestellt: Malaria. Die meisten der Kinder, die stationär in unserem Serabuer Kran- kenhaus aufgenommen werden, haben einen schweren Verlauf der Tropenkrank- heit. Nalani hat sich nach einer Bluttrans fusion und der Gabe wirksamer Anti- biotika schnell erholt. Nun freut sich die Fünfjährige, dass sie bald wieder zu ihrer Mutter und den zwei jüngeren Schwes- tern nach Hause darf. * Name geändert 4 Jahresbericht 2020
Danke für Ihr Engagement! Dr. Elisabeth Kauder, Dr. Harald Kischlat, Präsidentin Vorstand Liebe Leserinnen und Leser, ein Jahr wie 2020 haben wir in unserer fast 40-jähri reits viele Vorbereitungen für einen weiteren neuen gen Vereinsgeschichte noch nicht erlebt. Unsere Ambulanzstandort getroffen, der im Distrikt Kilifi in Arbeit war in allen Bereichen überaus stark von der der Nähe von Mombasa liegt. Der neue Langzeitarzt Corona-Pandemie geprägt – auf den Seiten 9 bis 11 ist bereits seit Anfang 2021 vor Ort. Viele ehrenamt berichten wir ausführlich darüber. An dieser Stelle liche Ärztinnen und Ärzte stehen in den Startblöcken, möchten wir das Augenmerk auf neue Projekte rich- um einen Einsatz in den Projekten zu leisten. ten, die wir trotz der Pandemie vorbereiten und um- setzen konnten: Nach dem Vorbild von Luzon und In den vergangenen Monaten haben die einheimi- Mindoro haben wir mit einer „Rolling Clinic“ auf der schen Teams und unsere Partner vor Ort eine groß- philippinischen Insel Samar begonnen. Die umfang- artige Arbeit geleistet, für die wir ihnen sehr danken. reichen Vorbereitungen für das Projekt sind so gut Alle haben sich selbstlos engagiert, teilweise unter wie abgeschlossen. Sobald es möglich ist, werden gefährlichen Bedingungen gearbeitet und viele Hin- dort ebenfalls ehrenamtliche Ärztinnen und Ärzte der dernisse überwunden. Als die ersten German Doctors German Doctors die Menschen medizinisch versor- zum Jahresbeginn 2021 wieder nach Kenia reisen gen, die abgeschieden am Rande der Gesellschaft in konnten – eines der Projektländer, das die Grenzen zwei der ärmsten Provinzen des Landes leben. früh öffnete –, war gleichwohl die Erleichterung und Freude auf allen Seiten groß. In Kenia konnten wir dank des großen Einsatzes un- seres einheimischen Teams eine weitere Ambulanz in Ganz herzlich danken wir unseren vielen Förderinnen Athi River aufbauen, ungefähr 1,5 Fahrstunden von und Förderern. Ohne Ihre großartige Unterstützung unserer Baraka-Ambulanz im Mathare Valley entfernt. und Solidarität wäre all das nicht möglich gewesen. Mit unserem kenianischen Partner waren wir zudem Gemeinsam haben wir sehr viel geschafft. Die Folgen in der Lage, unsere Nothilfe in der Pandemie auf der Pandemie werden aber noch lange spürbar sein das Slumgebiet Korogocho auszudehnen und damit für unsere Patientinnen und Patienten, deshalb hof- Menschen zu helfen, die direkt bei und von Kenias fen wir sehr, dass Sie unsere Arbeit weiterhin unter- größter Müllkippe leben. Nicht zuletzt haben wir be- stützen. Dr. Harald Kischlat Dr. Elisabeth Kauder (für den Vorstand) (für das Präsidium) Vorwort | 5
Unsere Einsatzgebiete 2020 Die Ziele unserer medizinischen Hilfe blieben 2020 unverändert, wohl aber haben sich im Corona-Jahr die konkreten Maßnahmen verändert. Wir leisteten in allen Projektländern Nothilfe. Mehr darüber im folgenden Interview und in den Berichten aus den Arztprojekten. Sierra Leone In Serabu im ländlichen Sierra Leone ist es uns besonders wichtig, medizinische Fach- kenntnisse an einheimische Mitarbeitende weiterzugeben, weil es dort viel zu wenig Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonal gibt. Wir konzentrieren uns neben der medizini- schen Hilfe vor allem auf die Ausbildung sogenannter „Community Health Officer“. Serabu Das ist eine Position, die zwischen Pflege- in Sierra Leone kraft und Ärztin bzw. Arzt anzusiedeln ist. Aus unserer Erfahrung ist das der effektivste Weg, um die lückenhafte Gesundheitsversor- gung in dem westafrikanischen Land mittel- fristig zu verbessern. Seit 2020 unterstützen wir in Sierra Leone begleitend Projekte gegen weibliche Genitalverstümmelung und sexuali sierte Gewalt. Kenia Seit fast 25 Jahren leisten wir mitten in einem der größten Slums von Nairobi medizinische Hilfe. Im Mathare Valley betreuen wir unter anderem rund 3.000 HIV-positive und an Aids erkrankte Menschen. Unser „Baraka Health Center“ ist für sie die Anlauf- stelle, wo sie regelmäßig Beratung und Medikamente bekommen. Damit sind die meisten in der Lage, ihren Alltag zu bewältigen und für die Familie da zu sein. Wichtig ist auch unser Ernährungs- programm, in dem wir vor allem fehl- und unterernährte Kinder versorgen. In enger Kooperation mit unserer Ambulanz im Mathare Valley öffneten wir 2020 das „Fanaka Health Center“ für Menschen in den Slums der Stadt Athi River. 6 Jahresbericht 2020
Philippinen Auf den Philippinen sind wir seit 1983 aktiv. Unsere aktuellen Projekte auf Mindoro und Luzon haben wir in den Jahren 2002 und 2018 begonnen. Im Mittelpunkt steht jeweils die medizinische Basisversorgung der ärmsten Bevölkerung in abgeschiedenen Regionen mithilfe der „Rolling Clinics“ sowie die Ausbil- dung von Gesundheitsarbeiterinnen und -arbeitern, um das Gesundheitssystem auf Gemeindeebene zu stärken. Kalkutta Chittagong und Dhaka in Indien in Bangladesch Nairobi und Athi River in Kenia Mindoro und Luzon auf den Philippinen Bangladesch Bereits seit 1989 sind wir in den Slums von Bangladeschs Hauptstadt Dhaka aktiv. Wir leisten Indien ärztliche Hilfe für die extrem armen Menschen und unterhalten eine Schule, damit Kinder aus bedürf- In Kalkutta ist unser ältestes Arztprojekt verortet. tigen Familien eine Perspektive haben. An unserem Hier engagieren sich kontinuierlich fünf Einsatzärz- zweiten Projektstandort in Chittagong ergänzt tinnen und -ärzte und leisten basismedizinische Ver- ein umfassendes Beratungs- und Schulungsange- sorgung für die unzähligen bedürftigen Menschen in bot für Frauen unsere medizinische Arbeit. Denn den vielen Elendsvierteln. An vier unterschiedlichen bessern sich der Wissensstand und die soziale Standorten halten wir in regelmäßigen Abständen Situation der Frauen, hat das spürbaren Einfluss unsere ärztliche Sprechstunde ab. Seit 2017 bieten auf die Gesundheit der ganzen Familie. wir im Rahmen des „Primary Health Care“-Projekts begleitend eine Sozialberatung an und stärken damit vor allem Frauen und Kinder. In zwei stationären Ein- richtungen behandeln wir an Tuberkulose erkrankte Frauen und Kinder. Einsatzgebiete 2020 | 7
GESICHTER UND IHRE GESCHICHTEN Die neunjährige Abby* und ihr kleiner Bru- der Taypo* haben Hunger. Mit jedem Tag, den die Corona-Pandemie 2020 andauerte, stieg die Zahl der Menschen, die in unserem Ernährungsprogramm im Mathare Slum in Nairobi auf ein warmes Essen warteten. Für beide Kinder war es die einzige Möglich- keit, einmal am Tag richtig satt zu werden. Die Mutter der beiden fand seit Beginn der Pandemie keine Arbeit mehr. Ihre Großmut- ter wurde zur einzigen Verdienerin, aber das Geld reichte kaum fürs Allernötigste. „Wir sind so dankbar, dass die German Doctors uns in dieser schlimmen Lage unterstützt haben“, sagt sie. Wir versorgten 2020 in Kenia weit über 2.000 bedürftige Men schen mit warmen Mahlzeiten oder mit Lebensmittelpaketen. *Namen geändert 8 Jahresbericht 2020
Die Corona-Pandemie hat die Arbeit der German Doctors 2020 verändert Ein Jahr der Nothilfe Die Ausbreitung des Corona-Virus und die Folgen der Pandemie stürzten die Patientinnen und Patienten der German Doctors in existenzielle Nöte. Dr. Christine Winkelmann und Dr. Harald Kischlat, die den Vorstand der German Doctors bilden, sprachen mit der Journalistin Sabine Anne Lück über die Herausforderungen der medizinischen Hilfe in der Pandemie und darüber, wie wichtig es war, Nahrungsmittel zur Verfügung zu stellen. Normalerweise arbeiten jährlich rund 200 waschen ohne Seife und fließend Wasser? Und wie ehrenamtliche Ärztinnen und Ärzte in den kann man zu Hause bleiben, wenn das Geld für Essen Hilfsprojekten der German Doctors. Im März fehlt und der Vorrat an Nahrungsmitteln innerhalb 2020 mussten aufgrund der Pandemie alle von ein, zwei Tagen aufgebraucht ist? Einer unserer abgezogen werden. Wie konnten die German einheimischen Kollegen in Bangladesch sagte: „Wir Doctors weiterhin für die Patientinnen und haben es nicht nur mit COVID-19 zu tun, sondern Patienten da sein? auch mit Hunger-19. Für viele Menschen ist Letzteres sehr viel bedrohlicher.“ Kischlat: Auch in Corona-Zeiten konnten wir weiter vor Ort präsent sein und den Patientinnen und Pa- Corona wurde vielfach als „Brandbeschleu- tienten helfen. Durch die kontinuierliche Ausbildung niger“ für Hunger und Armut weltweit einheimischer medizinischer Kräfte und den Aufbau bezeichnet. Wie geht es den Patientinnen starker Partnerschaften war es uns möglich, dringend und Patienten der German Doctors? notwendige Hilfe zu leisten, auch wenn die ehren- amtlichen Kurzzeitärztinnen und -ärzte nicht reisen Kischlat: Angesichts der vielen existenziellen Proble- konnten. In Kalkutta und auf der philippinischen Insel me unserer Patientinnen und Patienten rückten ge- Luzon sind darüber hinaus die jeweiligen Langzeitärz- sundheitliche Beschwerden in der Pandemie oftmals tinnen und -ärzte das ganze Jahr geblieben. Wir sind in den Hintergrund. Viele Menschen schoben den voller Respekt vor dem, was unsere Partner vor Ort Besuch in unseren Ambulanzen auf. Sie kamen erst geleistet haben, trotz widriger Umstände und vieler dann in die Sprechstunde, wenn ihre Beschwerden Gefahren. Und wir sind dankbar, dass die Arbeit in oder Schmerzen wirklich schlimm waren. So haben unserem Bonner Team auch in diesen Zeiten so gut wir viele weiter fortgeschrittene Erkrankungen gese- und effektiv möglich war. hen. Infekte oder andere Krankheiten konnten nicht im Anfangsstadium behandelt oder diagnostiziert Wie haben die Menschen in den Projektländern werden, das ist beispielsweise bei Tuberkulose beson- der German Doctors den Lockdown erlebt? ders tragisch, denn die erkrankten Menschen geben die Infektion weiter. Die schlechte Ernährungslage hat Winkelmann: Lockdown-Maßnahmen, die die In- natürlich ihr Übriges getan und die Menschen ge- dustrieländer ergriffen haben, waren nicht geeignet schwächt. für die Menschen, die in den Slums der großen Städte leben. Wie sollen Menschen Abstand halten, wenn Winkelmann: Zusätzlich hatten die vielerorts strik- sie sich zu siebt eine Behausung teilen? Wie Hände ten Ausgangssperren enorme psychische Belastun- Interview | 9
Dr. Christine Winkelmann Es ist eine humanitäre Tragödie, dass zahlreiche Länder des Globalen Südens nur über völlig unzureichende Impfstoffspenden versorgt werden. gen und eine steigende häusliche Gewalt zur Folge. unserem Team vor Ort riss zeitweise ab. In den betrof- In vielen Ländern gehen wir auch davon aus, dass fenen Regionen leisteten unsere Partner vor Ort Hilfe die sexualisierte Gewalt zugenommen hat – gegen zum Wiederaufbau und unterstützten die Menschen Ende des Jahres kamen deutlich mehr minderjährige ebenfalls mit Lebensmitteln. Wichtig war auch unsere schwangere Mädchen in die Sprechstunde. Das hat Aufklärungsarbeit über COVID-19, denn vielfach gab weitreichende Konsequenzen, da diese Mädchen mit es kaum verlässliche Informationen über das Virus großer Wahrscheinlichkeit die Schule abbrechen und und darüber, wie sich eine Infektion vermeiden lässt. in sozialer Abhängigkeit bleiben. In Deutschland stieß das Gesundheitssystem Die medizinische Hilfe der German Doctors an seine Grenzen, Intensivstationen waren wird immer von Programmen flankiert, die überlastet. Was konnten die schwächeren darauf abzielen, die Lebenssituation der Gesundheitssysteme in den Projektländern Patientinnen und Patienten zu verbessern leisten oder auch nicht? und dadurch auch deren Gesundheit. Wie sah das 2020 aus? Winkelmann: Die Ausstattung der staatlichen Kli- niken ist in allen unseren Projektländern deutlich Winkelmann: Wir haben vor allem Nothilfe geleistet, schlechter als in Deutschland, vor allem fehlt es an das heißt, wir verteilten Nahrungsmittel und Hygiene- Beatmungsmöglichkeiten. In Bangladesch waren die artikel an bedürftige Familien. Im Elendsviertel Ma- Krankenhäuser zwischenzeitlich geschlossen und ein- thare Valley in Nairobi versorgten wir beispielsweise heimische Kolleginnen und Kollegen gehen davon aus, in unserem Ernährungsprogramm doppelt so viele dass bis heute, also bis April 2021, um die 200 Medizi Menschen wie üblich mit einer warmen Mahlzeit pro nerinnen und Mediziner an COVID-19 verstorben sind. Tag. Darüber hinaus verteilten wir Lebensmittelpake- In Nairobi traten Ärztinnen und Ärzte sowie das Pflege- te an diejenigen, die ohne Arbeit und ohne Reserven personal in einen Streik. Sie wollten Druck auf die Re- vor dem Nichts standen. Wir haben gesehen, dass die gierung ausüben, die Familien von Pflegekräften zu un Menschen Hunger hatten, und uns war schnell klar, terstützen, die sich im Dienst mit dem Virus angesteckt dass wir dieses Bedürfnis sehr ernst nehmen müssen hatten und verstorben waren. Wir hatten dort zeit- und wollen. In Indien und Bangladesch hatten wir die weise keine Möglichkeit, schwerkranke Patientinnen verheerende Situation, dass zusätzlich zur Pandemie und Patienten in ein Krankenhaus zu überweisen. Das ein Zyklon über das Land fegte. Er hinterließ in Kal- sind nur zwei Beispiele, die zeigen, wie chaotisch und kutta viele zerstörte Gebäude – auch der Kontakt zu dramatisch die Situation war und heute immer noch ist. 10 Jahresbericht 2020
Dr. Harald Kischlat In dieser schlimmen Situation haben wir eine sehr positive Erfahrung gemacht: Der wichtigste Grundsatz unserer Arbeit, nämlich ‚Hilfe, die bleibt‘, hat seine Die Pandemie hat in Deutschland für viele Wirkung entfaltet. Menschen tiefe Einschnitte mit sich gebracht. Wie hat sich das auf die Spendenbereitschaft für die Arbeit der German Doctors ausgewirkt? satz übernehmen würden. Bisher ist es uns allerdings nur möglich, ehrenamtliche German Doctors nach Kischlat: Wir haben eine große Solidarität mit unse- Kenia und Sierra Leone zu entsenden. Für Indien, ren Patientinnen und Patienten erfahren. Viele Men- Bangladesch und die Philippinen rechnen wir frühes- schen haben wahrgenommen, dass wir hier in Europa tens im Herbst 2021 damit, die Einsätze wieder auf- trotz der bedrückenden Situation privilegiert sind und nehmen zu können. Wir stehen aber im engen Kon- dass Schutzmaßnahmen wie ein Lockdown oder eine takt mit allen engagierten ehrenamtlichen German Ausgangssperre für die Menschen in unseren Hilfspro- Doctors und sind zuversichtlich, dass wir, sobald es jekten direkt existenzbedrohend sind. Wir sind des- möglich ist, sehr schnell alle bestehenden – und in der halb von Herzen dankbar, dass unsere Spenderinnen Pandemie neu gestarteten – Hilfsprojekte mit Einsatz und Spender uns 2020 gut unterstützt haben. Das ärztinnen und -ärzten besetzen können. hat die erwähnten Nothilfemaßnahmen möglich ge- macht. Auch konnten wir den Mitarbeitenden vor Ort Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, zusichern, dass sie ihre Arbeitsplätze behalten. Das ist welcher wäre das? ein ganz wichtiger Punkt, um die medizinische Hilfe in dieser schwierigen Zeit aufrechterhalten zu können. Winkelmann: Ich wünsche mir einen gerechten Zu- Wir hoffen natürlich sehr, dass diese Solidarität auch gang zu den Impfstoffen für alle Länder und einen 2021 trägt, denn die Corona-Pandemie markiert ei- entsprechenden mutigen Umgang mit internationa- nen deutlichen Einschnitt, der uns zurückwirft, nicht len Handelsabkommen, sodass gerade in diesen Kri- nur bei der Bekämpfung der Tuberkulose. Wir werden senzeiten die Verteilung von überlebensnotwendigen weiterhin verstärkte Unterstützung benötigen. Medikamenten an alle erfolgen kann. Die Erkenntnis ist ja schon da, dass die Pandemie nur global besiegt Hat die Pandemie den Einsatzwillen und das werden kann. Jetzt muss noch entsprechend gehan- Engagement der ehrenamtlichen Ärztinnen delt werden. und Ärzte beeinflusst? Kischlat: Ergänzend wünsche ich mir, dass die Er- Winkelmann: Nein, wir haben weiterhin sehr viele kenntnis wächst, wie überaus wichtig es ist, weltweit Medizinerinnen und Mediziner, die sofort einen Ein- starke Gesundheitsstrukturen aufzubauen. Interview | 11
Unsere lokalen Mitarbeitenden waren in der Pandemie durchgehend für die Patientinnen und Patienten da. Unsere Arztprojekte 2020 12 Jahresbericht 2020
Indien Schwangere und Stillende erhielten gesondert Lebensmittel und Hygieneartikel Kalkutta zerstört. Wir unterstützten 4.100 Familien mit Hilfs- 1983 17 gütern und Materialien für den Wiederaufbau ihrer Beginn Einsätze 2020 Häuser bzw. Hütten. Fachrichtungen Allgemeinmedizin, Pädiatrie Hilfe auf dem Land ausgeweitet Patientenkontakte 2020 19.926 Im Juni 2020 konnten wir unsere Sprechstunden Partner die einheimischen Hilfsorganisationen wieder aufnehmen. Langzeitarzt Dr. Tobias Vogt ar- Howrah South Point, St. Thomas Home und beitete in der Folgezeit wenn möglich mit einem in- ASHA dischen Ärzteteam zusammen – alle immer in voller Projektziele Schutzkleidung. Beunruhigend ist, dass in den vielen » Menschen in den Elendsvierteln Monaten der Ausgangssperre kaum neue Tuberku- basismedizinisch versorgen lose-Diagnosen gestellt werden konnten. Die Sozial » Tuberkulose eindämmen arbeiterinnen unseres „Primary Health Care“-Teams, » Chronisch kranke Patientinnen und Patienten behandeln und beraten » Frauen durch Sozialberatung stärken Gemeinsam mit unserem Partner ASHA konnten wir die medizinische Hilfe auf abgelegene ländliche Gebiete des Sunderban-Deltas ausdehnen. Zur Pandemie kam der Zyklon Zwischen April und Juni 2020 herrschten in Indien strikte Corona-Ausgangssperren, der öffentliche Ver- kehr wurde eingestellt, Märkte waren geschlossen. In die in der zweiten Jahreshälfte wieder in den Slums dieser Zeit behandelten wir an Tuberkulose erkrankte unterwegs waren, berichteten, dass die Zahl der Frauen und Kinder weiterhin stationär im St. Thomas Schwangerschaften stark gestiegen ist, ebenso wie Home und im Pushpa Home. Dafür gab es strenge die Zahl der Hausgeburten. Auch unterstützten sie Auflagen: keine Neuaufnahmen, keine Besuche, kein mehr Frauen, die häusliche Gewalt erlebt hatten. Ausgang. Nicht nur für die Patientinnen und Patien- Erfreulich ist, dass es uns gelang, im Stadtteil Santosh ten war es eine schwierige Zeit. Gleichzeitig leisteten pur mit staatlichen Impfschwestern zu kooperieren. wir Nothilfe, um die vielen Familien in den Slums zu Auch versorgen wir im Sunderban-Delta inzwischen unterstützen, die ohne Einkommen dastanden. Ins- bedürftige Patientinnen und Patienten mit einer mo- gesamt versorgten wir mit unseren Partnerorganisa- bilen Klinik. Zusätzlich bilden wir hier ehrenamtliche tionen 2.700 bedürftige Familien mit Lebensmittel- Gesundheitsarbeiterinnen und -arbeiter aus und wa- paketen. Im Mai verschärfte der Zyklon Amphan die ren sehr erfolgreich mit Aufklärungs- und Präventi- Situation: Teile der Stadt wurden verwüstet und viele onsveranstaltungen, die wir gemeinsam mit lokalen der notdürftigen Unterkünfte in den Elendsvierteln Kräften durchführten. Unsere Arztprojekte 2020 | 13
Bangladesch Die „AHA-Regel“ gilt (eigentlich) auch für unsere Patientinnen und Patienten Chittagong folgten wir strengen Hygieneregeln, um Patientinnen 2000 7 und Patienten sowie das lokale Team bestmöglich vor Beginn Einsätze 2020 einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen. Fachrichtungen Allgemeinmedizin Patientenkontakte 2020 14.742 Medizinische Arbeit und soziale Hilfe gehen Hand in Hand: Weitere Frauen Partner Caritas Bangladesch schlossen ihre Berufsausbildung zur Projektziele Näherin ab. » Basismedizinische Versorgung der armen Bevölkerung » Ernährungsprogramme für mangel- Die Kinder in unserem Ernährungsprogramm haben und unterernährte Kinder wir während der gesamten Zeit der Ausgangssperre » Betreuung von Schwangeren und weiter versorgt und mussten bzw. konnten viele wei- Beratung zur Familienplanung tere Mädchen und Jungen aufnehmen, die im Lock- » Training für Einkommen schaffende down deutlich an Gewicht verloren hatten. Zunächst Maßnahmen verteilten wir Essenspakete für jeweils zehn Tage an » Schulungen und Workshops zu die Familien. Sobald es erlaubt war, kochten wir wie- medizinischen und sozialen Themen der im CbC 1 und die Eltern konnten die zubereiteten Mahlzeiten vor dem Zentrum abholen. So früh wie möglich wurden wieder Größe und Gewicht der Kin- der dokumentiert und es zeigte sich deutlich, wie sehr Viele Kinder im Ernährungsprogramm die Mädchen und Jungen von unserem Ernährungs- Im April 2020 verhängte die Regierung Bangladeschs programm profitierten. eine strikte Ausgangssperre, die teilweise auch mit Polizeigewalt umgesetzt wurde. Unser Team vor Ort Endlich im Trockenen: konzentrierte sich fortan darauf, den Menschen in ih- das neue Gesundheitszentrum rer existenziellen Not zu helfen. Wir verteilten Essens- und Nothilfepakete an 840 Familien und installierten Im November freuten wir uns sehr über die Eröffnung zahlreiche mobile Handwaschstationen, um die Aus- des CbC 1 in einem neuen Gebäude in unmittelba- breitung des Coronavirus zu verhindern. Ab Mitte rer Nähe des alten. Der Umzug war dringend nötig, Juni nahmen wir unsere medizinische Arbeit nach denn das alte Gebäude stand bei starkem Regen oder und nach wieder auf. Zunächst in unserer stationären Hochwasser häufig unter Wasser. Die Feuchtigkeit Ambulanz, dann in den beiden Gesundheitszentren machte zunehmend Probleme. Gleichzeitig mit der (Community based Center) CbC 1 und 2 sowie in den Einweihung feierten wir auch den Ausbildungsab- umliegenden Dörfern Solimpur und Banskhali. Dabei schluss einer weiteren Frauengruppe. 14 Jahresbericht 2020
Bangladesch Einheimische Kräfte helfen beim Anlegen der Maske und verteilen Lebensmittel Dhaka Patientenzahl stieg schnell 1989 5 Beginn Einsätze 2020 Ende Juni 2020 konnten wir mithilfe einheimischer medizinischer Kräfte unsere Sprechstunden an allen Fachrichtungen Allgemeinmedizin drei Standorten in der Region wieder öffnen. Drei Patientenkontakte 2020 9.512 bangladeschische Ärztinnen bzw. Ärzte arbeiteten Partner Caritas Bangladesch abwechselnd in den Ambulanzen. Der Bedarf war Projektziele hoch und die Zahl der Patientinnen und Patienten » Die arme Bevölkerung basismedizinisch stieg schnell. Im Oktober versorgten wir pro Tag im versorgen Schnitt 80 Menschen. Mit Sorge beobachteten wir ei- » Schwangere, Mütter und chronisch Kranke nen starken Anstieg der Schwangerschaften und die beraten Vorsorge für werdende Mütter wurde zu einer wich- » Schulungen zur Gesundheitsvorsorge tigen Aufgabe. Gesundheitsschulungen für Jung und Alt Hilfe für Menschen ohne Einkommen Viele Textilfabriken haben im April 2020 aufgrund In den letzten Monaten des Jahres 2020 boten wir der Pandemie geschlossen und die Arbeiterinnen verstärkt Gesundheitsschulungen für verschiedene und Arbeiter ohne Einkommen freigestellt. Auch Zielgruppen an – natürlich immer in Kleingruppen, mit wir durften von April bis Juni keine Sprechstun- Abstand und Maske. Mindestens einmal in der Woche den anbieten und haben stattdessen dringend er- forderliche Nothilfe geleistet. Insgesamt verteilten wir Lebensmittelpakete an 1.140 bedürftige Famili- Deutlich höher als vor der Pandemie en. Zusätzlich halfen wir 5.600 Menschen, die von war die Zahl der Patientinnen und Pati- starken Überschwemmungen betroffen waren, die enten, bei denen wir schwerere Erkran- der Zyklon Amphan verursacht hatte. In Koopera- kungen diagnostizierten. tion mit der OrganisationInternational Centre for Diarrhoeal Disease Research, Bangladesh (icddr,b) verteilten wir Nahrungsmittel an Hijras (Transgen- gab es eine Schulung, beispielsweise für Jugendliche der), Sexarbeiter und Menschen, die Drogen konsu- zu den Themen Pubertät, Sexualaufklärung, Hygiene mieren. Diese Gruppe war von der Pandemie und und eigene Rechte. Für ältere Menschen organisier- den Ausgangsbeschränkungen besonders hart be- ten wir COVID-Schulungen, um die Krankheit und die troffen. Insgesamt 7.000 Menschen profitierten von wichtigen Präventionsmaßnahmen zu erklären. unserer Unterstützung. Unsere Arztprojekte 2020 | 15
Kenia Wichtige Handhygiene für eine sichere Sprechstunde Nairobi kamente für einen längeren Zeitraum ausgehändigt. 1997 10 Die Mitarbeitenden unterstützten in der gewonnenen Beginn Einsätze 2020 Zeit in der Ambulanz. Das lokale Team benannte zwei „COVID Emergency Response Teams“, die für alle Co- Fachrichtungen Allgemeinmedizin, Chirurgie, rona-Belange zuständig waren und auch erkrankte Pädiatrie, Gynäkologie Mitarbeitende betreuten. Patientenkontakte 2020 32.825 Angesichts der existenziellen Nöte, die viele Menschen Partner German Doctors Nairobi ist als Träger im Slum quälten, weiteten wir unser Ernährungspro- registriert, HIV-Programm in Zusammenarbeit gramm aus und versorgten rund 680 Menschen pro mit Christian Health Association of Kenya, Tag mit zwei Mahlzeiten, inklusive der Kinder, die zahnärztliche Versorgung mit Dentists for Africa, sonst von uns in der Schule verpflegt werden. Kooperation mit One Dollar Glasses Projektziele » Die Menschen im Mathare Valley Slum Täglich behandelten wir in der Baraka- medizinisch versorgen Ambulanz im Schnitt zwischen 200 und 250 Patientinnen und Patienten – auf- » HIV-infizierte und an Aids erkrankte grund von Streiks in öffentlichen Kran- Patientinnen und Patienten behandeln kenhäusern zeitweise sogar noch mehr. » Die Ernährungssituation von Kindern verbessern Zusätzlich verteilten wir insgesamt rund 3.000 Lebens- mittel- und Hilfspakete in Mathare und in Korogocho, Stark in der Pandemie: einem weiteren Slum in Nairobi, sowie einem Slum in das einheimische Team Athi River. Darüber hinaus stellten wir Wasserkanister und Seifenspender im Slum auf und leisteten umfas- In unserer Baraka-Ambulanz im Mathare Valley Slum sende Aufklärungsarbeit. profitierten wir in der Pandemie davon, dass wir seit Beginn des Hilfsprojekts intensiv einheimische Kräfte Neue augenärztliche Abteilung ausbilden. Sie arbeiteten auf Hochtouren und haben seit Mai 2020 zusätzlich Unterstützung durch eine ke- Seit Mitte November 2020 ist die neue augenärztliche nianische Ärztin. Temporär stellten wir auch einen zu- Abteilung in der Baraka-Ambulanz jeden Mittwoch sätzlichen Clinical Officer ein – das ist eine Fachkraft, für Patientinnen und Patienten geöffnet. Neben der die zwischen Arzt und Pfleger angesiedelt ist – sowie bisherigen medizinischen Hilfe trägt dieses zusätzliche einen lokalen Chirurgen, der einmal wöchentlich vor Angebot zur Finanzierung des gesamten Hilfsprojekts Ort war. Chronisch kranke Patientinnen und Patienten bei und ist eine wirksame Maßnahme auf dem Weg, wurden seltener einbestellt und bekamen ihre Medi- die Gesundheitsstrukturen im Land zu stärken. 16 Jahresbericht 2020
Kenia Ein starkes lokales Team macht Hilfe in Athi River möglich Athi River Slums entlang des Flusses, hauptsächlich junge Fami- 2020 keine lien. In ihren Wellblechhütten gibt es weder Strom Beginn Einsätze 2020 noch sanitäre Anlagen oder sauberes Wasser. Das führt immer wieder dazu, dass die Menschen unter Fachrichtungen Allgemeinmedizin, Chirurgie, Durchfall und gefährlichen Magen-Darm-Erkrankun- Pädiatrie, Gynäkologie gen leiden. Sie hatten bislang kaum eine Möglichkeit, Patientenkontakte 2020 4.516 sich medizinisch behandeln zu lassen, weil es außer Partner enge Kooperation mit der Baraka- privaten Krankenhäusern keine Gesundheitsdienste Ambulanz in Nairobi (siehe links) in erreichbarer Nähe gibt und die Gebühren, die die Projektziele Krankenhäuser erheben, die finanziellen Mittel der » Menschen in Slumgebieten medizinisch Slumbewohner bei Weitem übersteigen. Für diese versorgen Menschen ist unsere Ambulanz also ein wichtiges » HIV-infizierte und aidskranke Patientinnen Angebot. und Patienten behandeln » Gesundheitsvorsorge durch ehrenamtliche Bereits 40 Patientinnen Gesundheitsarbeiterinnen und -arbeiter und Patienten am Tag stärken » Zum Thema Familienplanung beraten Nach dem Vorbild von Baraka bieten wir hier eine basismedizinische Versorgung an und im Oktober 2020 behandelte unser einheimisches Team bereits Fanaka-Ambulanz eröffnet etwa 40 Patientinnen und Patienten pro Tag. Darü- ber hinaus kümmerten sich unsere lokalen Kräfte um Im Mai 2020 schafften wir es trotz der Pandemie, HIV-infizierte und an Aids erkrankte Menschen, de- in der Stadt Athi River eine weitere Slum-Ambulanz ren Zahl in Athi River überdurchschnittlich hoch ist. einzurichten, das „Fanaka Medical Center“. Unsere Ähnlich wie in Mathare bilden wir in Athi River auch langjährige Erfahrung in Mathare und vor allem das Gesundheitsarbeiterinnen und -arbeiter aus, die im große Engagement des lokalen Teams hat dieses Slum unterwegs sind und im engen Kontakt mit den neue Hilfsprojekt möglich gemacht. Es belegt, dass Menschen stehen, um aufzuklären und zu beraten. die Hilfe der German Doctors das Potenzial hat, die Gesundheitsstrukturen im Land langfristig zu verbes- sern, vor allem durch die Ausbildung und Stärkung Unsere Lebensmittel- und Hilfspakete des einheimischen Personals. in der größten Corona-Not erreichten Die neue Ambulanz liegt rund 1,5 Fahrtstunden von auch die Bewohnerinnen und Bewohner Baraka entfernt. In Athi River, einer schnell wachsen- der Slumgebiete in Athi River. den Industriestadt, leben etwa 70.000 Menschen in Unsere Arztprojekte 2020 | 17
Philippinen Langzeitarzt Gerhard Steinmaier ist auch in der Pandemie vor Ort Luzon seres Langzeitarztes Gerhard Steinmaier konnte die 2018 5 „Rolling Clinic“ bald wieder die entlegenen Dörfer Beginn Einsätze 2020 anfahren und ärztliche Betreuung für die diskriminier- te indigene Bevölkerung anbieten. Fachrichtungen Allgemeinmedizin, Pädiatrie, Innere Medizin Sauberes Wasser verbessert Patientenkontakte 2020 4.959 die Gesundheit Partner Die lokale Organisation „Committee of German Doctors for Developing Countries Inc.“ Darüber hinaus engagierten sich Gerhard Steinmaier ist eine offiziell auf den Philippinen registrierte und das lokale Team für ein Wasserprojekt: 224 Fami- Nichtregierungsorganisation lien in der Gemeinde Bawak hatten keinen Zugang zu Projektziele sauberem Wasser. Nach dem Verlegen einer Leitung » Die arme indigene Bevölkerung in schwer von der Quelle bis ins Dorf verfügen die Menschen zugänglichen Bergdörfern basismedizinisch jetzt über sauberes Wasser, was sich spürbar positiv versorgen auf ihre Gesundheit auswirkt. Für Patientinnen und » Das lokale Gesundheitswesen durch die Ausbildung von Gesundheitskräften stärken Insgesamt 290 Gesundheitsarbeite- rinnen und -arbeiter, die sogenannten „Barangay Health Workers“ sind „Rolling Clinic“ nach kurzer bereits fertig ausgebildet. Zwangspause wieder unterwegs Das Gesundheitssystem des Inselstaates war und ist mit der Pandemie massiv überfordert. Ab März 2020 Patienten mit einer Katarakt-Erkrankung organisierte verhängte die Regierung auf den Philippinen immer Steinmaier Operationen im Augenzentrum in Tugue- wieder lokale Lockdowns. Umso wichtiger war, dass garao. Alle Operationen des Grauen Stars verliefen wir unsere Hilfsprojekte fortführen und im April und erfolgreich und verhalfen den Menschen wieder zu Mai Nothilfe für die ausgegrenzten Menschen leis- besserer Sehkraft. ten konnten. Insgesamt 4.196 Familien versorgten Wir sind sehr froh, dass die Ausbildung der Gesund- wir mit Lebensmittel- und Hygienepaketen und 113 heitsarbeiterinnen und -arbeiter unter Einhaltung von sogenannte „Frontliners“, also Gesundheitspersonal, Hygiene- und Abstandsregeln 2020 weiterhin statt- das an vorderster Front arbeitet, mit Schutzausrüs- finden konnte. Die meisten Auszubildenden sind en- tungen. Auch stellten wir für die neu geschaffene gagierte Frauen, die nach dem Examen im Schnitt 20 COVID-19-Quarantänestation in der Gemeinde Con- Familien in ihrer Gemeinde basismedizinisch betreuen ner 30 Klappbetten zur Verfügung. Unter Leitung un- können. 18 Jahresbericht 2020
Philippinen Transport von Nothilfepaketen und Schutz vor dem Virus – alles nicht so einfach! Mindoro bensmittel- und Hygienepakete an 7.800 Familien im 2002 2 Norden und Süden der Provinz Oriental Mindoro. Beginn Einsätze 2020 Als unsere „Rolling Clinic“ wieder die abgelegenen Dörfer anfahren durfte, um basismedizinische Hilfe zu Fachrichtungen Allgemeinmedizin, Pädiatrie, leisten, konnten nicht alle Touren von einheimischen Innere Medizin, Zahnheilkunde Ärztinnen und Ärzten begleitet werden. Stattdessen Patientenkontakte 2020 7.969 sprangen sechs ehrenamtliche German Doctors ein, Partner Die lokale Organisation „Committee of die von Deutschland aus per Telemedizin halfen, so- German Doctors for Developing Countries Inc.“ dass wir alle bedürftigen Patientinnen und Patienten ist eine offiziell auf den Philippinen registrierte so gut wie möglich versorgen konnten. Nichtregierungsorganisation Projektziele Weitere Nothilfe nach » Die vernachlässigte indigene Bevölkerung Zerstörung durch Taifune mit der „Rolling Clinic“ basismedizinisch versorgen Ab Oktober unterstützte uns die lokale Partnerorga- » Tuberkulose eindämmen nisation IDEALS bei der Nothilfe. Dank Fördermitteln » Einheimische Gesundheitskräfte ausbilden des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung war es uns möglich, zu- sätzlich zu Lebensmittel- und Hygienepaketen auch Schutzmaterialien an 1.500 Gesundheitsarbeiterin- Digitale medizinische Hilfe nen und -arbeiter zu verteilen. Durch die vier Taifu- „Es kamen kaum Informationen über das Coronavirus ne Quinta, Rolly, Siony und Ulysees verschärfte sich in den abgelegenen Dörfern an. Als die Ausgangs- die Situation immer wieder, denn es wurden erneut sperre verhängt wurde, waren die Menschen aufge- bracht und panisch“, berichtet Joelyn Soldevilla Biag, unsere Projektleiterin auf Mindoro. Hunger – das war 2020 unsere Im Vergleich zu Luzon war die Corona-Lage auf häufigste Diagnose. Deshalb halfen Mindoro noch ernster. In den ersten Wochen des wir in der Not mit Lebensmittel- und Lockdowns versorgte unser einheimisches Team die Hygienepaketen. an chronischen Erkrankungen oder Tuberkulose lei- denden Patientinnen und Patienten gänzlich ohne ärztliche Hilfe. Wegen des harten Lockdowns wurden Ernten und Häuser zerstört. Deshalb organisierten wir die Lebensmittel knapp und den Mangyanen, einer weitere Nothilfe, die dringend gebraucht wurde, und ethnischen Minderheit auf Mindoro, drohte eine Hun- versorgten rund 3.000 Mangyanen-Familien mit le- gersnot. Deshalb verteilten wir im April und Mai Le- bensnotwendigen Nahrungsmitteln. Unsere Arztprojekte 2020 | 19
Sierra Leone Mehr Platz für die Kleinsten: Die Kinderstation ist renoviert Serabu und Patienten versorgen. In den Gemeinden leisteten 2010 6 wir viel Aufklärung zu COVID-19, besonders über das Beginn Einsätze 2020 Radio, das in dieser ländlichen Gegend das meist ver- breitete Medium ist. Fachrichtungen Anästhesie, Chirurgie, Im Dezember wurde erfreulicherweise die neue Solar Geburts- und Kinderheilkunde anlage fertig installiert, die seitdem das Krankenhaus Patientenkontakte 2020 12.070 zuverlässig mit Strom versorgt. Außerdem freuen wir Partner Diözese Bo uns sehr, dass die Renovierung der Kinderstation ab- Projektziele geschlossen ist und die Verbindungswege zwischen » Mütter- und Kindersterblichkeit senken den Gebäuden endlich überdacht sind. » Medizinische Versorgung der Land- bevölkerung verbessern Gegen weibliche Genitalverstümmelung » Einheimische „Community Health Officer“ ausbilden und zur selbstständigen medizi- Um die Praxis der weiblichen Genitalbeschneidung in nischen Arbeit befähigen Sierra Leone einzudämmen, unterstützen wir seit Ok- tober 2020 ein Hilfsprojekt in den Distrikten Bombali und Tonkolili. Für viele Menschen in Sierra Leone gilt die weibliche Genitalverstümmelung immer noch als Serabu Hospital bleibt soziale Norm. Familien, die an unserem Partnerprojekt Anlaufstelle in der Pandemie Wir hatten lange gehofft, dass das Coronavirus nicht Die COVID-19-Schutzmaßnahmen bis zum abgelegenen Serabu Hospital vordringt. Ende wurden im Serabu Hospital schnell März 2020 wurde jedoch der erste COVID-19-Fall und effizient umgesetzt, da es entsprechende Erfahrungen mit dem in Sierra Leone gemeldet und unsere Langzeitärztin Ebola-Virus gibt. Dr. Susi Bonk musste ebenso wie alle Kurzzeitärztin- nen und -ärzte das Land verlassen. Die Zusammenar- beit mit dem einheimischen Arzt Dr. Christian Pratt teilnehmen, verpflichten sich, ihre Töchter nicht be- endete zu unserem großen Kummer sehr tragisch: Der schneiden zu lassen. In der Stadt Makeni engagieren Mediziner infizierte sich mit dem Virus und verstarb. wir uns darüber hinaus für ein Schutzhaus, das Mäd- Glücklicherweise gab es im weiteren Verlauf des chen und junge Frauen aufnimmt, die sexuelle Ge- Jahres keine weiteren Infektionen in unserem Team. walt und Missbrauch erlitten haben. Beide Projekte Aufgrund der guten Ausbildung der lokalen Mitarbei- unterstützen wir gemeinsam mit der Commit & Act tenden konnten wir nach zwei Wochen, in denen nur Foundation Sierra Leone. Wir planen, jeweils mehrere Notfälle behandelt wurden, wieder alle Patientinnen Hundert Mädchen und ihre Familien zu betreuen. 20 Jahresbericht 2020
BAP-Sänger Wolfgang Niedecken liest „Die Heinzelmännchen von Köln“ vor. 44 Prominente lesen für Solidaraktion „Träumen helfen“ Gute-Nacht-Geschichten für den guten Zweck Zusammen mit zahlreichen Prominenten haben wir zauberhafte Gute-Nacht-Ge schichten in die Kinderzimmer der Republik und Lebensmittelpakete in die Slums von Entwicklungsländern gebracht. Mit dabei waren Kinderbuchautorin Cornelia Funke, Musiker Rolf Zuckowski, Schauspieler Heiner Lauterbach, „Sendung mit der Maus“-Star Christoph Biermann, Fußballweltmeister Thomas Müller und viele andere tolle Geschichtenerzähler. Kinder brauchen Träume und volle Teller! Dieser „Träumen helfen“ haben sie ihre Lieblingsgeschichten Meinung haben sich sage und schreibe 44 Pro- vorgelesen, sich dabei selbst mit dem Smartphone minente angeschlossen und sich während des gefilmt und die Videos in ihrem Facebook-Kanal Corona-Lockdowns auf wundervoll warmherzi- eingestellt. Ganze 515 Minuten voller spannender, ge Weise für Kinder weltweit engagiert. Im Rah- lustiger, anrührender und in jedem Fall unterhaltsa- men der von uns ins Leben gerufenen Solidaraktion mer Gute-Nacht-Geschichten sind auf diese Weise Solidaraktion | 21
Ebenfalls vorgelesen haben (von links nach rechts): Fußballer Luca Waldschmidt, Sängerin LEA, Schauspieler Heiner Lauterbach, Sängerin Mandy Capristo, die Social-Media-Stars Heiko und Roman Lochmann, Kinderbuchautorin Cornelia Funke sowie Sportmoderatorin Laura Wontorra. zusammengekommen. Selbstverständlich finden Schulen und Kitas waren lange geschlossen und sind sich alle Videos auch auf unserer Website unter: es zum Teil wieder. Besuche bei Freunden und Ver- www.traeumenhelfen.de wandten waren nicht möglich. Hierzulande mussten viele Eltern im Homeoffice arbeiten und konnten sich Die vielen von den Prominenten vorgelesenen Ge- nicht den ganzen Tag mit den Kindern beschäftigen, schichten halfen gleich mehrfach: Zum einen brach- obwohl vor allem die Kleineren rund um die Uhr un- ten sie Abwechslung in den durch die Kontaktsperre terhalten sein wollten. Da wurde der Alltag schon ein- stark veränderten Alltag der Kinder in Deutschland mal zum Stresstest für alle Familienmitglieder. und waren ihnen eine wertvolle Einschlafhilfe, und zum anderen erfüllten die durch die Aktion eingegan- In den German-Doctors-Projektregionen in Kenia, genen Spenden den Traum vieler Familien in den Ger- Sierra Leone, Indien, Bangladesch und auf den Philip man-Doctors-Projektländern von vollen Tellern und pinen war und ist die Lage für viele Familien weitaus dem guten Gefühl, ausreichend zu essen zu haben. dramatischer, weil existenziell bedrohlich. Schon unter normalen Umständen reicht dort das von den Eltern Die Corona-Krise hat den Alltag von Kindern und ih- erwirtschaftete Geld kaum zum Überleben. Durch ren Familien weltweit in rasantem Tempo verändert. die Corona-Krise stehen diese Familien nun vor dem 22 Jahresbericht 2020
Neben den prominenten Vorleserinnen und Vorlesern zeigten sich während der Corona- Krise zahlreiche Buchverlage solidarisch und ermöglichten damit überhaupt erst die Akti- on: Wir danken dem Thienemann-Esslinger Verlag, der Verlagsgruppe Beltz, dem Kosmos Verlag, der Janosch film & medien AG, dem Tulipan Verlag, dem Atrium Verlag, dem LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag, Community Editions, dem leiv Leipziger Kinderbuchverlag, dem Fischer Verlag, Arena Verlag, dem Antje Kunstmann Verlag und dem Mixtvision Verlag, dass wir aus den bei ihnen verlegten Werken Gute-Nacht-Geschichten vorlesen lassen und Kinder zum Träumen bringen durften! Nichts. Die meisten Erwachsenen in den Slums der Großstädte arbeiten im sogenannten informellen Sek- tor. Als Tagelöhner leben sie sprichwörtlich von der Hand in den Mund. Infolge der Ausgangssperren kön- Die mit der Vorleseaktion „Träumen helfen“ generier- nen sie ihrem Tagwerk, zum Beispiel als Rikschafahrer, ten Spenden flossen in unsere breit angelegte Nothilfe Schuhputzer oder Markthändlerinnen und -händler, ein. Zahlreiche Familien in den Ländern des Globalen nicht nachgehen. Sie standen von einem auf den ande- Südens haben wir über Wochen mit Lebensmittelpa- ren Tag ohne Einkommen da. Familien mit bis zu zehn keten versorgen und vor Hunger bewahren können. Personen harrten wochenlang zusammengepfercht in In Deutschland haben die teilnehmenden Prominen- ärmlichen Slum-Behausungen aus, unter katastropha- ten Freude in so manches Kinderzimmer gebracht len hygienischen Bedingungen und vor allem: ohne und den Eltern ein wenig Entlastung geschenkt. Wir Essen! In den ländlichen Armutsregionen war es kaum sind sehr berührt von der breiten Unterstützung, die besser. Dort durften die Menschen ihre Felder nicht wir bei „Träumen helfen“ erfahren haben, und sagen bestellen und ihre Erzeugnisse nicht verkaufen. Auch allen Beteiligten von Herzen Danke! sie litten unter akutem Hunger. Erst allmählich lockern die Regierungen die strengen Ausgangssperren; punk- tuell werden sie bei steigenden Fallzahlen aber wieder Lassen auch Sie sich von den Geschichten verzaubern: verschärft. Die Situation ist sehr fragil, und die Unge- www.traeumenhelfen.de wissheit stresst die Menschen allerorten. Solidaraktion | 23
Unsere Patientinnen und Patienten zeichnen die wichtigste Veränderung, die die Hilfe der German Doctors gebracht hat. „Most Signifi- cant Change“ heißt diese Methode. Sie ist Teil einer Gruppendiskussion, die im Rahmen der Evaluation geführt wurde. Positive Wirkungen Häufig vorkommende Erkrankungen wie » beispielsweise Lungenentzündungen treten insgesamt weniger auf. Die Zahl der Kinder, die stark unterernährt sind, ist zurückge- gangen. Die Behandlung von Tuberkulose- Patientinnen und -Patienten ist sehr erfolg- reich, was die hohen Heilungsraten zeigen. Es gibt deutliche Zeichen, dass sich das » Gesundheitsverhalten der Menschen ver- Gruppendiskussion: Die Fragen orientieren sich ändert hat: Vorsorgeuntersuchungen und an den gültigen Standards im Bereich von Evalua Impfangebote werden vermehrt genutzt. tionen in der Entwicklungszusammenarbeit. Menschen kommen früher mit Beschwer- den zur „Rolling Clinic“. Mehr Paare ver hüten und eine größere Zahl werdender Mütter geht zur Schwangerschaftsvorsorge. Die Evaluation ermittelte ein gestärktes » Selbstvertrauen der Mitarbeitenden und einen verbesserten Umgang mit herausfor- dernden Patientinnen und Patienten. Das Bewusstsein für die Wichtigkeit des Kindes- schutzes hat zugenommen. 24 Jahresbericht 2020
Fragen, zuhören, besser machen Hat unsere medizinische Hilfe auf der philippinischen Insel Mindoro die Gesundheit der ethnischen Minderheit der Mangyanen verbessert? Welche positiven Wirkungen gibt es und in welchen Bereichen lässt sich unsere Unterstützung weiter optimieren? Diesen Fragen sind wir mit einer Evaluation zum Jahreswechsel 2019/2020 nachgegangen. Wir evaluieren unsere Hilfsprojekte – das klingt sehr Assistentin, alle mit Expertise im Gesundheitsbereich, technisch, es ist aber für jede einzelne Patientin besonders für gemeindebasierte Ansätze wie un- und jeden einzelnen Patienten der German Doctors ser „Primary Health Care“-Programm (PHC). Für die wichtig. Denn wir lernen, welche Maßnahmen den Evaluation wurden alle relevanten Unterlagen gesich- Menschen besonders gut helfen, gesund zu wer- tet, es gab Interviews und Gruppendiskussionen, an den und zu bleiben. Dieses Wissen können wir auch denen Patientinnen und Patienten ebenso teilnahmen auf neue Hilfsprojekte anwenden und so in Zukunft wie unser lokales Team und Vertreterinnen und Ver- noch schneller effektiv helfen. Zum Jahreswechsel treter des einheimischen Gesundheitssystems. 2019/2020 haben wir unser Arztprojekt auf Mindo- ro sach- und fachgerecht bewerten lassen. Seit 2002 ist hier unsere „Rolling Clinic“ im Einsatz und 2019 Lesen Sie den kompletten Bericht: starteten wir mit der Ausbildung ehrenamtlicher Ge- www.german-doctors.de/ sundheitsarbeiterinnen und -arbeiter. Die externe evaluation_mindoro Evaluation leiteten zwei lokalen Expertinnen und eine Diese Empfehlungen setzen wir um Gesundheitsfachkräfte und „Rolling Clinic“ enger verknüpfen Neben den vielen positiven Wirkungen unseres Arztprojekts empfahlen die Evaluatorinnen, die „Rolling Clinic“ und das „Primary Health Care“-Projekt noch besser zu verknüpfen, um einen ganzheitlichen, nachhaltigen Ansatz zu verfolgen. In einer großen Teamrunde wurde Anfang 2020 festgelegt, wie eine solche Verknüpfung konkret aussehen kann: Die ausgebildeten Gesundheitsarbeiterinnen und -arbeiter unterstützen die „Rolling Clinic“ und stellen sicher, dass ihre Patientinnen und Patienten, wenn nötig, die Sprechstunde der German Doctors aufsuchen. Außerdem unterstützen sie die Ärztinnen und Ärzte und messen beispielsweise die Vitalwerte. Sie übernehmen darüber hinaus die Schulung der Patientinnen und Patienten, die beim Besuch der „Rolling Clinic“ durchgeführt werden. Kooperation mit Kräften des einheimischen Gesundheitssystems intensivieren Aus der Evaluation ergab sich ebenfalls die Empfehlung, die Kooperation mit Verantwortlichen des einhei- mischen Gesundheitssystems weiter voranzutreiben. In der Folge konnte durch verstärktes Netzwerken bereits eine gute Partnerschaft mit lokalen Regierungsvertreterinnen und -vertretern und eine bessere Kooperation mit den Gesundheitsbehörden vor Ort etabliert werden. Bei der Ausbildung der Gesund- heitsarbeiterinnen und -arbeiter sind beispielsweise Mitarbeitende der Behörden als Trainingskräfte direkt involviert. Auch wurde der Austausch zwischen den Gesundheitsstationen der Gemeinden, dem PHC-Team und dem Team der „Rolling Clinic“ intensiviert. Neue Kooperationen mit lokalen Gesundheitseinrichtun- gen und zivilgesellschaftlichen Organisationen tragen dazu bei, ein Überweisungssystem aufzubauen und Querschnittsthemen, wie zum Beispiel Wasser- und Sanitärversorgung, zu integrieren. Wirkungsbeobachtung | 25
GESICHTER UND IHRE GESCHICHTEN „Ich spüre meine Beine nicht.“ Als Nuri mit ihrem Mann in die Sprechstunde der German Doctors in Kalkutta kommt, kann sie bereits nicht mehr laufen. Die Schmerzen in ihrem Rücken lassen die junge Mutter seit Monaten nicht schlafen. Langzeitarzt Dr. Tobias Vogt stellt die Diagnose: Es ist eine Tuberkulose der Wirbelsäule. Wird sie nicht behandelt, führt sie zu einer Querschnittslähmung. Nuri wird sofort in das Frauen-Tuberkulose-Krankenhaus der German Doctors, das St. Thomas Home ein- geliefert. Nach einer Operation lernt sie langsam wieder das Sitzen, das Stehen und schließlich das Gehen. Dann hat sie es geschafft. Ihr Mann und die beiden Kinder sind überglücklich. Endlich kann ihr Mann auch wieder arbeiten und Geld für ein bescheidenes Auskommen verdienen. Nuris Geschichte im Film: www.german-doctors.de/nuri 26 Jahresbericht 2020
Aktionen in Deutschland 2020 Gerade jetzt! Wir tun was. Um den ärmsten Patientinnen und Patienten in unseren Projektländern zu helfen, engagieren sich nicht nur die medizinischen Teams vor Ort, sondern auch viele Förde rinnen und Förderer hier in Deutschland. Unser herzlicher Dank geht an alle, die kreative Charity-Aktionen organisierten, anlässlich ihres Geburtstags spendeten und sich auf vielen unterschiedlichen Wegen für die German Doctors stark machten. Vielfach waren es 2020 Online-Aktionen, die unsere Arbeit unterstützt und bekannt gemacht haben. Auf den folgenden Seiten finden Sie viele Beispiele – und es liegt allein am begrenzten Platz, dass wir nicht alle Aktionen vorstellen können. Andrea, Fariha, Narcisa, Maria, Ursula, Vörgi, Laida, Jutta, Sylke, Marion, Sonja, Natascha, Martina, Naruemol, Martina, Ram, Ja, Tyll, © Fotos (2): Goodgive Leo, Mitra, Svenja, Christina, Celine, Tony, Roland, Renate, Hauke, Oliver, Verena, Ma- rio, Ije, Tilo, Alexandra, Inga, Margrit, Barba- ra, Lela, Uli, Ljudmyla, Aylin, Kathy, Monika, Pablo, Bettina, Katja, Mani, Christian, Maria, Das Start-up-Unternehmen Goodgive un- Daniel und noch einige mehr – rund 80 Per- terstützte die German Doctors und andere so- sonen starteten anlässlich ihres Geburtstags ziale Projekte mit einer Spende pro verkauftem eine Spendenaktion auf der facebook-Seite der Produkt. Dabei handelt es sich um nachhaltige German Doctors. Happy Birthday und herzlichen Geschenkverpackungen aus Stoff und – ange- Dank! sichts der Pandemie – schicke Mund-Nasen- Bedeckungen. Spenden statt Böllern – in den letzten Ta- gen des Jahres haben sich viele Menschen für eine sinnvolle Alternative zur Silves- terknallerei entschieden. Sie spendeten insgesamt 2.257 Euro dafür, dass wir den Kindern in unseren Hilfsprojekten einen kompletten Impfschutz geben können. Spendenaktion | 27
Aktionen in Deutschland 2020 „Träumen helfen“ – 44 Prominente haben für den guten Zweck zauberhafte Gute- Nacht-Geschichten vorgelesen und damit Für German Doctors-Ärztin Dr. Silke Lindner Kindern in der Pandemie ein tägliches High- war eine Distanz von über 10.000 Kilome- light geschenkt (siehe Seiten 21 bis 23). tern zu ihren Patientinnen und Patienten auf den Philippinen kein Problem. Die Ärztin aus Hoyerswerda hielt ebenso wie fünf weitere Kolleginnen und Kollegen ehrenamtliche Ein großes Dankeschön geht an die Johann Feld- Telemedizin-Sprechstunden ab. In der Pan- bauer Bau GmbH, die bereits seit einigen Jahren demie unterstützten sie auf diesem Weg unse- auf Geschenke für ihre Partnerunternehmen ver- re lokalen Mitarbeitenden auf den Philippinen zichtet und stattdessen 2020 die German Doctors bei der Arbeit. mit einer Spende bedachte. Unsere Einsatzärztin Dr. Nicole Diederich nahm den Scheck freudig in Empfang. Die evangelische Kirchengemeinde Bad Tölz lud im November zur Orgelvesper in die Johannikirche ein. Der Eintritt war frei, stattdessen wurden Spenden für die German Doctors gesammelt. Einkaufen und ganz leicht Gutes tun: Viele Menschen haben uns durch Chari- ty-Shopping unterstützt. Bei jeder Bestellung geht ein kleiner Betrag an die German Doctors – ohne zusätzliche Kosten. Auch Payback-Punk- te wurden gespendet. Aus diesen vielen kleinen Beiträ- gen wird eine große Hilfe! Wir sehnen uns nach Lockerungen. Andere nach einem Arzt. German Doctors. Auch während Corona weltweit im Einsatz. Vor Weihnachten machten wir auf die prekä- Uns fehlen Kontakte. re Situation vieler Patientinnen und Patienten Anderen der Arzt. in unseren Hilfsprojekten aufmerksam. Die Plakate waren in vielen deutschen Städten 2020_12_Frau-mit-Mundschutz_DIN-A4.indd 1 04.12.2020 09:15:40 German Doctors. Auch während Corona weltweit im Einsatz. zu sehen und trugen dazu bei, die Bekannt- heit der German Doctors zu steigern. 2020_12_Kind-auf-Schulter-der-Mutter.indd 1 04.12.2020 09:16:39 28 Jahresbericht 2020
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