Hirnbildgebung im forensischen Kontext - Möglichkeiten und Grenzen - Semantic Scholar

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Hirnbildgebung im forensischen Kontext - Möglichkeiten und Grenzen - Semantic Scholar
Journal für

 Neurologie, Neurochirurgie
 und Psychiatrie
             www.kup.at/
 JNeurolNeurochirPsychiatr   Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems

Hirnbildgebung im forensischen
                                                                               Homepage:
Kontext - Möglichkeiten und Grenzen
                                                                       www.kup.at/
// Neuroimaging in the forensic                                  JNeurolNeurochirPsychiatr

context – possibilities and                                            Online-Datenbank
                                                                         mit Autoren-
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Komorowski A, Kautzky A, Vanicek T
Lanzenberger R, Kasper S
Journal für Neurologie
Neurochirurgie und Psychiatrie
2019; 20 (1), 25-33

                                                                                            Indexed in
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 Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz
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Hirnbildgebung im forensischen Kontext - Möglichkeiten und Grenzen - Semantic Scholar
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                   Hirnbildgebung im forensischen Kontext –
                          Möglichkeiten und Grenzen
                                 A. Komorowski, A. Kautzky, T. Vanicek, R. Lanzenberger, S. Kasper

  Kurzfassung: In den Neurowissenschaften hat              Grundlagen der Neurobildgebung sowie re-       be the most promising technique, given its in-
  in den vergangenen Jahren die Anzahl von bild-        levante Limitationen der Anwendungsbereiche       significant side effects. Using MRI, both struc-
  gebenden Studien stark zugenommen, sodass             werden folgend beschrieben und diskutiert.        tural as well as functional measurements can
  der Einsatz der Neurobildgebung mittlerwei-           Neben der Notwendigkeit der Validierung und       be conducted. In particular, functional MRI
  le auch im Bereich des Zivil- oder Strafrechts        Replikation bisheriger Studien ist letztendlich   techniques for lie detection have been inves-
  diskutiert wird. Anwendungsgebiete bestehen           die adäquate Übertragung neurowissenschaft-       tigated and developed within the last years.
  unter anderem im Rahmen forensischer Begut-           licher Forschungsergebnisse in juristisch-nor-    Despite substantial neuroscientific advances,
  achtungen oder Therapieevaluationen, im wis-          mative Klassifikationen entscheidend, um bild-    neuroimaging methods have not been estab-
  senschaftlichen Kontext oder auch bei der Lü-         gebende Verfahren im forensischen Kontext         lished during legal proceedings. Most notably,
  gendetektion.                                         anwenden zu können.                               imaging results are not reflective of human be-
     Unter den modernen Verfahren stellt die                                                              havior in real life situations or determining of-
  Magnetresonanztomographie (MRT), bei ver-             Schlüsselwörter: Forensische Psychiatrie,         fending behaviour. Furthermore, internationally
  nachlässigbaren Nebenwirkungen, die viel-             Neurobildgebung, Lügendetektor, Psychopa-         accepted medical or legal guidelines for imple-
  versprechendste Methode dar. Es bieten sich           thy, Aggression                                   mentation of current methods or standards of
  zahlreiche Untersuchungsmöglichkeiten, bei-                                                             quality have not been defined yet.
  spielsweise strukturelle oder funktionelle Auf-                                                            In this article neurobiological basics as well
  nahmen des Gehirns, welche auch die Täu-                                                                as recent studies are presented and possible
  schungserkennung durch funktionelle MRT               Abstract: Neuroimaging in the forensic context    applications and limitations within the legal
  einschließen. Im Gegensatz zu der erheblichen         – possibilities and limitations. In recent years, context are discussed. In general, validation
  Wissenszunahme in den Neurowissenschaf-               an increasing number of neuroimaging studies      and replication of existing results as well as
  ten konnte sich die Bildgebung im forensischen        has resulted in a wide range of methodolo­gies    an adequate translation between neurobiologi-
  Kontext bisher nicht etablieren – vor allem weil      probably allowing to decode the human brain       cal results and the legal system is crucial for
  der Nachweis neurobiologischer Marker nicht           and to translate imaging results into legal con-  the application of neuroimaging in the forensic
  zwangsläufig delinquentes Verhalten bedingt           texts. Suggested applications include diagnos-    field. J Neurol Neurochir Psychiatr 2019; 20 (1):
  bzw. deren Fehlen Straffälligkeit ausschließt.        tic procedures and evaluation of therapy for      25–33.
  Ebenfalls wurden bisher noch keine internatio­        psychiatric disorders, gain of scientific knowl-
  nal akzeptierten juristischen oder medizini-          edge or detection of deception.
  schen Richtlinien bzw. Qualitätsstandards zur            Among numerous neuroimaging methods, Keywords: forensic psychiatry, neuroimaging,
  Durchführung von Messungen definiert.                 magnetic resonance imaging (MRI) seems to deception, psychopathy, aggression

„„ Stand der Neurowissenschaften im                                              anderseits [3, 7]. Im Zivil- oder Strafrecht eindeutige Grenz-
   ­forensischen Kontext                                                         werte für pathologische Zustände zu beschreiben, erscheint aus
                                                                                 neurowissenschaftlicher Sicht schwierig, da Studienergebnisse
Mit der Erkenntniszunahme im Bereich der klinischen Neu-                         größtenteils auf empirischen Untersuchungen von Gruppen
rowissenschaften, zu großen Teilen gefördert durch die neuro-                    basieren, eine gewisse Unschärfe aufweisen und daher Schluss-
nale Bildgebung, hat in den letzten Jahren auch das Interesse                    folgerungen auf Einzelpersonen nur eingeschränkt zulassen.
am Einsatz bildgebender Befunde im Rahmen von komplexen
rechtlichen Fragestellungen zugenommen [1–4]. Dabei wur-                         Im Gegensatz zu Aussagen von gerichtlichen Sachverständigen
den bereits seit Beginn des neuen Jahrtausends, hauptsächlich                    oder angeklagten Personen wecken neurobiologische Verfah-
in den USA, neurowissenschaftliche Befunde sowohl zur Un-                        ren, von der Magnetresonanztomographie (MRT) über die
terstützung einer Anklage als auch zur Verteidigung vor dem                      Einzelphotonen-Emissions-Computertomographie (SPECT)
Gericht zugelassen [5, 6]. Während die wissenschaftlichen                        und die Positronenemissions-Tomographie (PET) bis hin
Erkenntnisse der Neurobildgebung im Hinblick auf Ursachen                        zur Elektroenzephalographie (EEG), als vermeintliche Quel-
oder Therapiemöglichkeiten von psychischen Erkrankungen                          len objektiver Befunde, die Hoffnung auf eine verständliche
unbestritten sind, erscheinen mögliche Anwendungsgebiete                         Darstellung komplexer psychischer Zustandsbilder. Unter
im forensischen Kontext jedoch sowohl im deutschsprachi-                         den derzeit gängigen Verfahren stellt die MRT bei fehlender
gen, als auch im internationalen Raum noch unzureichend                          Strahlenbelastung und breiter Anwendungsmöglichkeit die
definiert. Hindernisse ergeben sich v.a. durch Unterschiede im                   vielversprechendste Methode dar. Sowohl strukturelle als auch
Verständnis und Sprachgebrauch psychischer Erkrankungen                          funktionelle Aufnahmen, die Rückschlüsse auf Morphologie,
zwischen den Natur- und Rechtswissenschaften, dimensiona-                        neuronale Aktivierungen sowie neuronale Netzwerke zulas-
len Erkenntnissen einerseits und normativen Zuordnungen                          sen, können aufgezeichnet werden. Aufgrund eines steigenden
                                                                                 Interesses an prädiktiven Verfahren in den vergangenen Jah-
                                                                                 ren wurde auch der Lügendetektion mithilfe der funktionellen
Eingelangt am: 17.04.2018, angenommen nach Überarbeitung am: 18.07.2018,         MRT (fMRT) großes Potential zugeschrieben. Dagegen gehen
Pre-Publishing Online am 12.12.2018
Aus der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische      sowohl PET- als auch SPECT-Untersuchungen mit einer Strah-
Universität Wien                                                                 lenbelastung und einem hohen Kostenfaktor einher, während
Korrespondenzadresse: o. Univ.-Prof. Dr. Siegfried Kasper, Universitäts­klinik
für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Wien, A-1090
                                                                                 beim klassischen EEG die räumliche Auflösung und mangeln-
Wien, Währinger Gürtel 18–20, E-mail: gen-psychiatry@meduniwien.ac.at            de topologische Zuordnung limitierende Faktoren darstellen.

                                                                                                   J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1)             25
Hirnbildgebung im forensischen Kontext

Im Gegensatz zum großen Enthusiasmus der Anfangsjahre               wurde in Studien mit über 100 Probandinnen und Probanden
wird der Einsatz der Neurobildgebung im forensischen Rah-           untersucht, in denen funktionelle Genvarianten des Enzyms
men mittlerweile kritisch hinterfragt, da sich eine relevante       Monoaminooxidase-A (MAO-A) sowie des Serotonin­
Überlegenheit hinsichtlich Treffsicherheit im Vergleich zu an-      transporters mit gewalttätigem Verhalten assoziiert waren,
deren Methoden nicht zwangsläufig ergibt. Unbestritten zei-         insbesondere bei Vorhandensein von widrigen sozialen Be-
gen die modernen Verfahren ein großes Potential auf, jedoch         dingungen [14–16]. Dabei konnten veränderte Konzentratio­
bestehen wesentliche Einschränkungen bei der Anwendung              nen der MAO-A bei bestimmten Genvarianten mit der PET
unter Realbedingungen und die statistische und technische           nachgewiesen werden. Ebenfalls zeigte sich, dass Probanden
Komplexität kann naturwissenschaftliche oder medizinische           mit dem für Gewaltanwendung assoziierten Risikoallel der
Laien bisweilen überfordern [8, 9]. Zentral erscheint daher die     MAO-A eine Hyperreagibilität des Mandelkerns (Amygdala)
adäquate Translation zwischen biologischen Befunden und             sowie eine verminderte Aktivität in präfrontalen Hirnregionen
Anforderungen des Rechtswesens, um letztendlich die Rolle           aufwiesen und dass die Aktivität des Enzyms einen negativen
und den Gültigkeitsbereich zu definieren.                           Zusammenhang mit einer Aggressionskala zeigte [17, 18].

In den folgenden Kapiteln soll vor diesem Hintergrund zu-           Genetische Untersuchungen beschrieben zwar vorrangig die
nächst ein kurzer Überblick über die forensische Relevanz           Rolle von MAO-A, in einer Meta-Analyse zum Einfluss von
(neuro-) biologischer Befunde sowie die Stufen der Hirn­            Kandidatengenen, allerdings mit vergleichsweise kleinen Stich-
entwicklung gegeben werden, um schließlich sowohl die Mög-          proben, konnte dagegen kein einzelner signifikanter geneti-
lichkeiten, z. B. im Rahmen der Gewaltprädiktion oder Lügen-        scher Marker gefunden werden, welcher mit aggressivem oder
detektion, als auch die Limitationen der Neurobildgebung zu         gewalttätigem Verhalten assoziiert war [19]. Es wird daher von
verdeutlichen.                                                      einem Kontinuum ausgegangen, in welchem einzelne Genva-
                                                                    rianten jeweils nur geringe Effekte, zumeist < 1 %, zeigen und
„„ Beitrag biologischer Faktoren und poten-                         es erst in Verbindung mit (sozialen) Umweltfaktoren zu einem
                                                                    signifikanten Einfluss auf der Handlungsebene kommt [20–22].
   tieller Determinanten zur Delinquenz
                                                                    In der Vergangenheit erfolgten im Rahmen von Strafverfahren
Während der Umgang mit straffälligen Personen einerseits ein        zwar bereits mehrfach Genuntersuchungen hinsichtlich Poly-
relevantes gesellschaftliches Problem darstellt, verdeutlicht an-   morphismen von MAO-A, insgesamt erscheinen die Mechanis-
dererseits die hohe Prävalenz von psychischen Erkrankungen          men der Gen-Umweltinteraktion im breiten Kontext derzeitig
in Justizanstalten, z. B. das etwa 10 x häufigere Vorkommen         aber noch unzureichend untersucht, um Genotypisierungen
der antisozialen Persönlichkeitsstörung, die Notwendigkeit          bei forensischen Fragestellungen empfehlen zu können [23].
der Forschungstätigkeit in diesem Bereich, insbesondere zur
Entwicklung präventiver Therapieansätze [10]. Forschungs-           Neben genetischen Faktoren wurden ebenfalls prä- sowie pe-
fragen ergeben sich dadurch, dass beispielsweise gewalttätige       rinatale Einflüsse auf eine spätere Delinquenz beschrieben,
Verhaltensweisen nicht ausschließlich von Populationen mit          beispielsweise ein Zusammenhang zwischen Geburtskompli-
dissozialen Persönlichkeitsmerkmalen gezeigt werden, sondern        kationen und späterem externalisierendem Verhalten bei Kin-
im longitudinalen Verlauf auch im Rahmen von anderen Er-            dern [24, 25]. Auch ein mütterlicher Substanzkonsum wäh-
krankungen, wie einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperak-          rend der Schwangerschaft und die Ernährung im Kindesalter
tivitätsstörung (ADHS) oder demenziellen Prozessen, gehäuft         sowie der Kortisol- oder Testosteronlevel bzw. Belastungen
auftreten. Es wurden zwar mehrfach mögliche biologische Ur-         durch Schadstoffe wie Alkohol, Nikotin oder Blei korrelier-
sachen von deviantem Verhalten beschrieben, in individuellen        ten in Studien mit antisozialem Verhalten in der Adoleszenz
Fällen zeigt sich aber, dass hirnmorphologische Veränderun-         [26–30]. Replikationen dieser Befunde waren jedoch entwe-
gen nicht zwingend eine Einschränkung der Einsichts- bzw.           der inkonsistent oder es zeigte sich vorranging das familiäre
Urteilsfähigkeit oder gar Delinquenz bedingen [11]. Potentielle     Umfeld relevant und weniger die Noxen selbst, wie z. B. im
Determinanten im Rahmen von Straffälligkeit, wie z. B. bei Ge-      Fall von Nikotinbelastung [31, 32]. Physiologische Marker, die
waltanwendung, sollen folgend erläutert werden, wenngleich          bei Probanden mit antisozialem Verhalten assoziiert wurden,
sich die meisten durchgeführten Untersuchungen nur auf Kor-         wie Herzfrequenzmessungen in Ruhe und Veränderungen von
relations- und Querschnittstudien bei männlichen Probanden          EEG oder Hautleitfähigkeit [33] implizieren verminderte au-
beschränken. Auf die limitierte Aussagekraft der Studien, v.a.      tonome Reaktionen auf angstauslösende Reize, welche durch
durch den überwiegenden Anteil von Männern im Strafvoll-            Hirnstrukturen wie die Amygdala, die Inselrinde oder auch
zug bedingt, wird hingewiesen. Auch wurden Begrifflichkeiten        den anterioren cingulären Kortex (ACC) reguliert werden
häufig nicht klar definiert, sodass z. B. keine Unterscheidung      [34]. Insgesamt lassen die bisherigen Studienergebnisse ledig-
zwischen delinquentem oder gewalttätigem Verhalten erfolgte.        lich auf eine mediierende Funktion von Entwicklungsfaktoren
                                                                    mit geringen Effektstärken und weitestgehend unspezifischen
Im Hinblick auf den Einfluss von Nervenüberträgerstoffen wie        physiologischen Markern schließen [3, 35].
den modulatorischen Neurotransmittern Dopamin, Serotonin
und Norepinephrin sind die Forschungsergebnisse teilweise           „„ Relevante Aspekte der Hirnentwicklung
divergierend, mehrfach wurden jedoch genetische Faktoren
                                                                       und -topographie
sowie die Rolle des präfrontalen Kortex (PFC) im Zusammen-
hang mit verminderten Serotoninspiegeln und e­ inem Anspre-         Bereits seit Jahrzehnten wird nach spezifischen Hirnregionen
chen auf Dopamin-Antagonisten bei aggressivem Verhalten             oder -aktivierungen gesucht, die aggressives oder gewalttätiges
hervorgehoben [12, 13]. Der Einfluss des serotonergen Systems       Verhalten beeinflussen. Im Falle einer Zuordnung psychopa-

26     J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1)
Hirnbildgebung im forensischen Kontext

thologischer Symptome zu bildgebenden Befunden erschei-          ßende Abnahme der Delinquenz im Jugendalter auf ca. 10 %
nen dabei zunächst Kenntnisse über die Hirnentwicklung und       der befragten nunmehr 18-Jährigen.
-topographie von besonderer Relevanz. Das einzigartige Ver-
mögen des Menschen, sich fortwährend auf neue Situatio­nen       Eine mechanistische Sichtweise, welche den Menschen ledig-
anzupassen, wird vom zentralen Nervensystem gewährleistet,       lich zum Vollstrecker neurobiologischer Abläufe erklärt, greift
welches sich zwar während der gesamten Lebensspanne in           sicherlich zu kurz, dennoch wurden in der Vergangenheit
­einem Prozess der Reorganisation befindet, aber gerade in den   mehrfach Fallbeispiele über Zusammenhänge zwischen so-
 ersten zwei bis drei Lebensdekaden grundlegende Verände-        zial inadäquatem Verhalten und strukturellen Schädigungen
 rungen der grauen und weißen Substanz zeigt [36].               des Gehirns publiziert, wie im prominenten Fall der Kopfver-
                                                                 letzung von Phineas Gage [47]. In der Folge wurde in epide-
Aus Längsschnittstudien, welche mehr als hundert Probanden       miologischen Studien mit mehreren tausend Teilnehmern aus
inkludieren, geht hervor, dass während des Erwachsenwerdens      Schweden und Finnland über erhöhte Wahrscheinlichkeiten
deutliche strukturelle sowie funktionelle Anpassungen bis weit   für Straftaten nach traumatischen Hirnverletzungen berichtet
in das dritte Lebensjahrzehnt messbar sind [37, 38]. Während     [48, 49]. Rezentere Untersuchungen belegen ein häufigeres
der Fetalzeit kommt es zu einer Hyperplasie von Neuronen in      Vorliegen von hirnmorphologischen Veränderungen bei Häft-
kortikalen und subkortikalen Hirnregionen sowie zu einer Zu-     lingen und forensisch-psychiatrischen Patienten im Vergleich
nahme von Synapsen, wobei das Maximum an grauer Substanz         zur Allgemeinbevölkerung [50, 51] bzw. eine Zunahme von
in den ersten Jahren nach der Geburt erreicht wird. Im wei-      delinquenten Handlungen nach Schädel-Hirn-Traumata, ins-
teren Verlauf der Kindheit und Adoleszenz nimmt die graue        besondere bei Frontallappenbeteiligung, zuvor bestehender
Substanz schließlich ab und die weiße Substanz, als Träger der   psychischer Erkrankung oder erhöhter Impulsivität [52–54].
Leitungsbahnen, stetig zu [39, 40]. Nervenzellen und Synap-
sen, die nicht maßgeblich zur Hirnleistung beitragen, werden     Hirntopographisch wurden überwiegend Veränderungen im
im Rahmen des „Prunings“ (Beschnitt) abgebaut, während           Frontallappen des Neokortex, insbesondere im Bereich des
aktivere Neurone erhalten bleiben [41].                          PFC, mit aggressivem, gewalttätigem oder antisozialem Ver-
                                                                 halten assoziiert, wie beispielsweise in einer Studie an Viet-
Bemerkenswert ist, dass diese Umbauprozesse in verschie-         nam-Veteranen in den USA, in welcher erhöhte Werte in Ag-
denen Hirnarealen, entsprechend ihrer Funktion, in einem         gressionsskalen in Verbindung mit Läsionen des PFC gebracht
unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Muster voran-        wurden [55]. Bezüglich aggressiver Handlungen wird im
schreiten [42]. So kommt es im visuellen, akustischen und        Allgemeinen zwischen reaktiver/impulsiver, durch Angst oder
im sensomotorischen Kortex, welcher für die Prozessierung        Ärger motivierter und proaktiver/instrumenteller, also vor-
haptischer Wahrnehmungen verantwortlich ist, bereits sehr        sätzlicher Aggression unterschieden [56–58]. Nach Bogerts &
früh zur maximalen Synapsen- und Neuronendichte. Höhere          Möller-Leimkühler werden aufkommende aggressive Impulse
Assoziationsareale wie beispielsweise der PFC erreichen dage-    subkortikaler Hirnstrukturen durch neokortikale Kontrollme-
gen erst zu einem späteren Zeitpunkt ihr Maximum an grauer       chanismen an die jeweilige Umweltsituation adaptiert [59]. In
Substanz.                                                        Untersuchungen zur Täuschung wurde konkreter beschrieben,
                                                                 dass beim Lügen u.a. Regionen wie der ACC, der dorso-laterale
Die Zeit der Adoleszenz, in welcher sich der Mensch am Hö-       PFC (dlPFC), der Thalamus und der Nucleus caudatus im Sin-
hepunkt seiner körperlichen Belastbarkeit befindet, aber sein    ne einer spezifischen neuronalen Aktivierung beteiligt sind
moralisches und ethisches Verständnis noch nicht vollständig     [60, 61]. Die Involvierung der genannten Hirnareale konnte
entwickelt ist, stellt in diesem Zusammenhang eine besonders     dabei unabhängig von gewählten Täuschungsszenarien sowie,
vulnerable Lebensspanne dar. Neben essentiellen Aufgaben         nach aktuellen Erkenntnissen, unbeeinflusst von Geschlecht,
wie der Entwicklung einer eigenen Identität sowie dem Ver-       Händigkeit und Sprache gezeigt werden.
mögen, intime Beziehungen einzugehen und sozial adäquat
interagieren zu können, erfolgen gleichzeitig grundlegende       Schließlich wiesen Yang et al. in einer umfassenden Meta-Ana-
neurobiologische Prozesse, u.a. die relativ späte Reifung der    lyse auf veränderte strukturelle und funktionelle Parameter im
Assoziationsareale [43]. Das Verhalten während der Ado-          Bereich des rechten orbitofrontalen Kortex (OFC), des ACC so-
leszenz ist dabei durch impulsive und riskante Handlungen        wie des linken dlPFC in Populationen mit antisozialem Verhal-
charakterisiert, welche vorrangig durch den PFC und dessen       ten hin [62]. Eine besondere Rolle wird dabei dem OFC bei der
reziproke Verbindungen zu kortikalen und subkortikalen           Emotionsregulation und bei Lernprozessen und dem ACC im
Hirnregionen reguliert werden [4, 44]. Dies spiegelt sich in     Rahmen des Konfliktmanagements sowie beim Fehlerverarbei-
einer erhöhten Mortalität aufgrund von Unfällen, aber auch       ten und Vermeidungslernen zugeschrieben [13, 63]. Probanden
vermehrter Gewalttätigkeit sowie dem Konsum von Alkohol          mit Veränderungen des rechten OFC zeigten im Gegensatz zu
und illegalen Substanzen wider und unterstreicht die foren-      linksseitigen Läsionen Schwierigkeiten im Sozialverhalten und
sische Relevanz der neurobiologischen Hirnentwicklung in         bei Entscheidungsprozessen [64], während Läsionen des ACC,
der Adoleszenz [45]. Diesbezügliche Daten stammen u.a aus        vorrangig der rechten Gehirnhälfte, mit verminderter Inhibi­
longitudinalen Untersuchungen aus Deutschland, wo über           tionskontrolle und eingeschränkter Emotionsverarbeitung,
3000 Kinder und Jugendliche über mehrere Jahre hinweg zu         aber auch enthemmten und aggressiven Verhaltensweisen asso-
straffälligem Verhalten befragt wurden [46]. Beobachtet wurde    ziiert waren [65–69]. Der dlPFC ist assoziiert mit Aufmerksam-
dabei eine Zunahme der Delinquenz gegen Ende des Kindes-         keit, kognitiver Flexibilität, schlussfolgerndem Denken sowie
alters, wobei bis zu 25 % aller befragten 14-jährigen Jungen     Impulskontrolle, weshalb ebenfalls eine Rolle in Rahmen der
angaben, Gewaltdelikte begangen zu haben, und eine anschlie-     Verhaltensregulierung angenommen wird [62, 70, 71].

                                                                                J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1)    27
Hirnbildgebung im forensischen Kontext

Die Amygdala wurde als weitere Schlüsselstruktur im Kon-            Revised“ (PCL-R) erhoben wird und als wesentlicher statischer
text von delinquentem, besonders von aggressivem Verhal-            Prädiktor für Gewalt gilt [88–90]. Auf klinischer Ebene zeigen
ten beschrieben, jedoch zumeist in Populationen mit hoher           Personen mit hohen Werten in der PCL-R u.a. ein übersteiger-
„Psychopathy“-Ausprägung (im Sinne des „Psychopathy“-               tes Selbstwertgefühl, betrügerisch-manipulatives Verhalten,
Konzepts nach Robert D. Hare [72], abzugrenzen vom deut-            fehlende Empathie, mangelnde Beziehungsfähigkeit sowie
schen Begriff der Psychopathie), sodass hierbei vermutlich von      häufige Missachtungen von Weisungen und Auflagen [72,
einem indirekten Zusammenhang zwischen Gewalt und Hirn-             91]. Insbesondere besteht auch eine Korrelation zwischen der
funktion ausgegangen werden muss. Gezeigt wurde beispiels-          Ausprägung der „Psychopathy“ und dem Risiko gewalttätiger
weise eine verminderte Aktivität der Amygdala bei proaktiver,       Rückfälle nach Haftentlassung [92].
jedoch eine erhöhte bei impulsiver Aggression [73–75]. Im Fal-
le von bilateralen Läsionen wurde außerdem eine Verschlech-         Von Seiten der Neurobildgebung wurden dabei vorrangig Dys-
terung im Erkennen potentieller Gefahrensituationen oder            funktionen in kortikolimbischen und kortikostriatalen Schalt-
ängstlicher Gesichtsausdrücke beschrieben [76, 77].                 kreisen beschrieben sowie die Relevanz des ventro-medialen
                                                                    PFC und der Mandelkerne hervorgehoben [74, 93–95]. Letz-
Im Bereich der Sexualdelinquenz liegen insgesamt weniger            tere zeigten bei Individuen mit hohen Werten in der PCL-R
bildgebende Befunde vor, da die Durchführung von Studien            verminderte Volumina und eine reduzierte Aktivität. Eine
durch die Heterogenität der Tätergruppen erschwert wird und         praxisorientierte Anwendung präsentierten Steele et al. in
bisher überwiegend Fallstudien publiziert wurden, wie z. B.         einer rezenten Arbeit, in welcher anhand struktureller MRT-
über die Ausbildung pädophiler Präferenzen und Handlun-             Befunde ein statistisches Modell erstellt wurde, um zwischen
gen aufgrund von Hirntumoren des Frontalhirns und dem               Individuen mit niedriger und hoher Ausprägung einer „Psy-
anschließenden Sistieren der Symptomatik nach erfolgter             chopathy“ sowie zwischen Inhaftierten und Nichtinhaftierten
Operation [78–80]. Schiffer et al. konnten in einer größeren        unterscheiden zu können [96]. In der Studie konnten entspre-
Studie mit über 200 Probanden verminderte Hirnvolumina im           chend dem Vorhersagemodell, anhand von Veränderungen in
Bereich des dorso-medialen PFC und des ACC bei pädophilen           13 Hirnregionen, Probanden mit einer Treffsicherheit von bis
Sexualstraftätern nachweisen [81].                                  zu 82,6 % einer der Gruppen zugeordnet werden.

Im Kontext vorliegender Studien bleibt der kausale Zusam-           In den letzten Jahren wurden ebenfalls prospektive Unter-
menhang zwischen bildgebenden Befunden und delinquen-               suchungen publiziert, in welchen bildgebende Befunde und
tem Verhalten jedenfalls fraglich, v.a. da teilweise gegenteilige   Delinquenzraten in Beziehung gesetzt wurden. Pardini et al.
Effekte bestehen, wie im Bereich der Wirtschaftskriminalität,       untersuchten bei gewalttätigen Männern die Vorhersage von
wo eine Vergrößerung und vermehrte Aktivität des PFC im             späterem gewalttätigem Verhalten sowie die Ausprägung der
Vergleich zu Kontrollprobanden beschrieben wurde [82].              „Psychopathy“ anhand verminderter Volumina der ­Amygdala
Einschränkend muss auch darauf hingewiesen werden, dass             [97]. Aharoni et al. führten zusätzlich zu (statischen) Pro-
ähnliche Veränderungen auch bei chronischem Alkoholkon-             gnoseinstrumenten fMRT-Untersuchungen durch, um die
sum nachgewiesen werden konnten [83]. Um die genannten              funktionelle Aktivität im ACC von Gefängnisinsassen wäh-
biologischen Marker unter der Rücksichtnahme von Komor-             rend eines Go / NoGo-Paradigmas zu messen [98]. Die Grup-
biditäten zukünftig entsprechend zuordnen zu können, sind           pe, die anfangs eine im Vergleich zum Median verminderte
weitere symptomorientierte Untersuchungen notwendig.                ACC-Aktivierung zeigte, hatte 3 Jahre nach Haftentlassung ein
                                                                    60 %iges Risiko einer erneuten Festnahme, während es bei ver-
„„ Forensische Anwendungsbereiche der                               mehrter ACC-Aktivierung nur 40 % waren. In diesem Kollek-
                                                                    tiv konnte bei multimodaler Analyse (durch die Hinzunahme
   Neurobildgebung
                                                                    elektrophysiologischer Parameter) sogar noch eine verbesserte
Generell sollten bei schwerwiegenden Entscheidungen wie             Vorhersage erneuter Festnahmen erzielt werden [99, 100].
z. B. der Frage der (weiteren) Unterbringung von Straftätern
oder der Anordnung einer Strafe alle verfügbaren Methoden           Möglichkeiten und v.a. Grenzen der Integration bildgeben-
berücksichtigt werden [84, 85]. Etablierte Konzepte der Risiko-     der Befunde in gängige Prognoseverfahren werden durch
einschätzung inkludieren eine Vielzahl von klinischen, biogra-      diese Studien deutlich. Hier können lediglich grobe Risiko-
phischen und historischen Variablen, die in unterschiedlicher       einschätzungen gemacht werden, nicht jedoch für die Praxis
Form in standardisierte Prognoseinstrumente einfließen. Die-        notwendige Einzelfallprognosen, für welche die Einbeziehung
se führen zwar zu einer Verbesserung der Prognosen im Ver-          sämtlicher (auch dynamischer) Risikofaktoren erforderlich
gleich zur klinisch-psychiatrischen Einschätzung, insgesamt ist     ist. Unlängst wurde sogar eine Unterlegenheit der Neurobild­
die Prognosegenauigkeit jedoch weiterhin nicht zufriedenstel-       gebung gegenüber einfachen persönlichen Daten bei der Dia­
lend [86]. Als Konsequenz entstanden Erwartungen auf eine           gnose von ADHS berichtet [101, 102].
Verbesserung von Risikoeinschätzungen unter Einbeziehung
bildgebender Verfahren [9, 87], die aufgrund des derzeitigen        Als weitere Anwendungsmöglichkeit der Neurobildgebung
Wissenstandes (s.u.) allerdings verfrüht erscheinen.                wurde die Evaluation von medikamentösen oder psychothe-
                                                                    rapeutischen Therapien sowie Rehabilitationsmaßnahmen
Wegen der Praxisrelevanz für Legalprognosen besteht ein             genannt [103]. Erfolgreich hat sich bei freiwilligen Probanden
besonderes Interesse für psychologische und bildgebende Er-         z. B. die Echtzeit-fMRT (Real-Time-fMRT, rtfMT) gezeigt, bei
kenntnisse zum spezifisch antisozialen Verhalten im Sinne der       welcher, ähnlich dem Neurofeedback, während der Untersu-
„Psychopathy“, welches anhand der „Psychopathy Checklist-           chung eine direkte Rückmeldung des Messsignals erfolgt. In

28     J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1)
Hirnbildgebung im forensischen Kontext

mehreren Studien konnte so in trainierten Hirnregionen eine           durchschauen sind. Untersuchungen haben Lügendetektions-
veränderte Reaktion auf emotionale Stimuli mit dem Ziel ­einer        raten beschrieben, die kaum von der Zufallsrate abwichen und
Adaptation bestimmter Aktivierungsmuster erreicht werden              wenig trainiert werden konnten [114–116]. Gestützt auf psy-
[104–106]. Eine Anwendung der rtfMRT im forensischen                  chologische Theorien wie das Vier-Faktoren-Modell nach Zu-
Bereich erscheint zwar prinzipiell durchführbar, in einer klei-       ckerman oder die IDT werden beim Lügen, neben einer Betei-
nen Studie war es jedoch nur bei einem von insgesamt vier             ligung von kognitiver Verhaltenskontrolle sowie Emotionen,
Teilnehmern mit hoher „Psychopathy“-Ausprägung möglich,               auch physiologische Veränderungen postuliert. Diese können
die erwünschte Hochregulierung der anterioren Inselrinde zu           ohne großen technischen Aufwand registriert werden, wie
erreichen [107]. Aufgrund der kleinen Stichprobe und den be-          z. B. Blinzeln, Pupillenerweiterung, Stimmlagenveränderung,
kannten motivationalen Problemen bei der zu untersuchenden            Herzfrequenzerhöhung, widersprüchliche (Körper-) Sprache
Klientel können die bisherigen Ergebnisse nur eingeschränkt           sowie vermehrtes Schwitzen [117]. Der klassische Polygraph
beurteilt werden, sodass in forensischen Populationen die             soll dabei Auslenkungen der Messparameter beim Lügen er-
­rtfMRT derzeit keine realistische Therapiealternative darstellt      kennen. Mit einer Trefferquote von unter 70 % und konzeptu-
 [108].                                                               ellen Schwächen konnte sich diese Methode im forensischen
                                                                      Bereich jedoch nicht durchsetzen [118]. Vor allem begleitende
„„ Exkurs: Täuschungserkennung und fMRT-                              physiologische Auslenkungen aufgrund von Angst, Erinne-
                                                                      rungen, Wut oder anderen Gründen können polygraphisch
   basierte Lügendetektion
                                                                      nicht ausgeschlossen werden. Alternativ wurden Konzepte
Die einfachste Form der Täuschung, die Lüge, ist der aktive           wie das „Brain Fingerprinting“ durch EEG-Untersuchungen
Versuch einer Person, jemanden von der Wahrheit einer Be-             propagiert, welche sich aber aufgrund der mangelnden räum-
hauptung zu überzeugen, deren Unwahrheit dieser Person                lichen Auflösung nicht erfolgreich zeigten.
selbst bewusst ist. Einem Täuschenden ist die Wahrheit be-
kannt, jedoch wird diese durch Lügen, Unterlassen von Infor-          Die Verwendung der fMRT als Lügendetektor fußt auf der
mationen oder Übertreibungen verzerrt bzw. unterschlagen.             Idee einer Diskriminierung von Lüge und Wahrheit als Abbild
Als mögliche Motivationen zum Lügen gemäß der gängigen                einer Hirnaktivierung, vergleichbar dem neuronalen Korrelat
interpersonellen Täuschungstheorie („interpersonal decep-             beim Betrachten von weißen und schwarzen Quadraten. Die
tion theory“, IDT) nach Buller and Burgoon gelten das Ver-            Unterdrückung einer wahrheitsgemäßen Antwort, welche
meiden von Strafen oder Gesichts- bzw. Selbstwertverlust, das         auch beim Lügen zunächst gedacht wird, setzt eine kogniti-
Aufrechterhalten von zwischenmenschlichen Beziehungen                 ve Kontrolle voraus. Dabei ähneln Aktivierungsmuster beim
und der Schutz von Ressourcen [109]. Ein etabliertes Testver-         Lügen jenen des Stroop-Tests, der ebenfalls auf einer Antwort-
fahren, welches ursprünglich 1957 für den Polygraphen ent-            unterdrückung basiert [119]. Dagegen erfordern komplexere
wickelt wurde, ist der „Guilty Knowledge“- bzw. „Concealed            Täuschungsparadigmen von den Teilnehmern beispielsweise
Information“-Test (CIT). Dieser beruht darauf, dass wesentli-         wahrheitsgemäße Antworten, wenn diese davon ausgehen,
che Informationen zu Tathergang, -ort, -zeit oder -umständen          dass das Gegenüber mit einer Lüge rechnet.
nur dem Täter zugänglich sind und daher damit verbundene
Fragen nur beim Täter zu einer Lüge führen [110, 111]. Neben          Nach Integration von Testverfahren zur Lügendetektion in ent-
dem CIT hat sich im wissenschaftlichen Bereich auch der „Dif-         sprechende fMRT-Paradigmen sowie unter Anwendung mul-
ferentiation of Deception“-Test etabliert, bei dem mehrmals           tivariater Datenauswertung konnte bereits 2004 das Lügen von
gestellte Fragen sowohl wahrheitsgemäß als auch unwahr be-            Testpersonen mit hoher Treffsicherheit vorhergesagt werden
antwortet werden sollen [112]. Die Fragen beziehen sich dabei         (Tab. 1) [120–123]. Unterschiedliche Täuschungs­    szenarien
üblicherweise auf ein Testszenario, welches beispielsweise ein        wie z. B. ob eine Uhr bzw. ein Ring aus einem Schrank ge-
nachgespieltes Delikt oder den Diebstahl eines Gegenstandes           stohlen worden waren oder ob eine Testperson im Besitz einer
betreffen kann [113].                                                 bestimmten Spielkarte war, wurden in weiterer Folge sogar mit
                                                                      einer Trefferquote von 90 % bestimmt und mehrfach repliziert
Bemerkenswert ist, dass falsche Behauptungen für die Durch-           [124]. Im Rahmen des Versuches, die Bedingungen realitäts-
schnittsbevölkerung ebenso wie für vermeintlich in der Lü-            näher zu gestalten, wurden Teilnehmer während der Unter-
generkennung erfahrenere Berufsgruppen nur schwer zu                  suchung mit einem scheinbar realen und zum überwiegenden

 Tabelle 1: Individuelle Vorhersagemodelle für Lügen unter Studienbedingungen
 Autor                         Publi­kationsjahr             Paradigma                Teil­nehmer     Trefferquote

 Langleben et al. [143]              2005              Guilty Knowledge Test              26          78 %
 Kozel at al. [121]                  2005               Simple Mock Crime                 61          über 90 %
 Davatzikos et al. [120]             2005              Guilty Knowledge Test              22          88 %
 Kozel at al. [124]                  2009               Simple Mock Crime                 29          90 %
 Kozel at al. [125]                  2009              Complex Mock Crime                 36          71 %
 Ganis et al. [131]                  2011              Guilty Knowledge Test              26          100 % (33 % mit Sabotage*)
 Cui et al. [144]                    2014              Complex Mock Crime                 32          87–94 %
 Langleben et al. [118]              2016              Guilty Knowledge Test              28          über 90 %

 Alle Modelle basieren auf logistischer Regression oder „machine learning“ mit fMRT Daten. * Sabotage durch gezielte Bewegungsartefakte.

                                                                                      J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1)       29
Hirnbildgebung im forensischen Kontext

Teil als glaubwürdig empfundenen Störfall konfrontiert, wo-          funktionelle Hirnveränderungen begangen werden. Neurobio-
nach die korrekte Zuordnung zu Lügnern und wahrheitsge-              logische Befunde unterliegen immer einer gewissen Unschärfe
mäß aussagenden Probanden auf nur ca. 70 % fiel [125]. Ob-           und beschreiben jeweils nur aktuelle Zustände, die möglicher-
wohl es in den USA mehrmals zu Versuchen kam, bildgebende            weise zuvor, z. B. zum Zeitpunkt eines Delikts, nicht relevant
Verfahren zur Glaubwürdigkeit von Angeklagten vor Gericht            waren. Normabweichende Parameter können sich gleicherma-
geltend zu machen, kann die fMRT-basierte Lügendetektion             ßen durch neuroplastische Prozesse im Rahmen deprivierter
aufgrund der wissenschaftlichen Unzulänglichkeiten im foren-         Umgebungen oder jahrelanger krimineller Verhaltensweisen
sischen Bereich derzeit noch nicht empfohlen werden [126].           ergeben [128].

„„ Voraussetzungen und Limitationen                                  In neurowissenschaftlichen Studien beschreiben statistische
                                                                     Auswertungen meist Gruppenunterschiede messbarer Ziel-
Bei der Anwendung der Neurobildgebung im Rahmen foren-               größen, die jedoch nicht automatisch eine Übertragung auf
sischer Begutachtungen können einzelne potentielle Determi-          den Einzelfall erlauben [129]. Die Vorhersage erneuter Straf-
nanten von antisozialem bzw. delinquentem Verhalten zwar             fälligkeit bzw. definierte Grenzwerte, welche auf spezifische
objektiviert werden, die Herausforderung besteht allerdings          Verhaltensweisen hinweisen, existieren in der forensischen
darin, zu beschreiben, inwieweit diese Determinanten tatsäch-        Neurobildgebung bislang nicht. Voraussetzung für den Ein-
lich handlungsrelevant waren oder werden können.                     satz bildgebender Verfahren im forensischen Kontext wären
                                                                     ausreichend große und replizierbare Studien mit adäquaten
Darüber hinaus fehlen trotz detaillierter Darstellungen von          Kontrollgruppen, die bezüglich relevanter Einflussfaktoren
Neuronenverbindungen und -aktivitäten valide empirische              (z. B. sozioökonomischer Status, Schulbildung etc.) vergleich-
Daten über den Zusammenhang zwischen messbaren biologi-              bar sind. Um neurowissenschaftliche Erkenntnisse im Rahmen
schen Befunden und einwirkenden Umweltfaktoren. Morpho-              von Gerichtsverhandlungen zu berücksichtigen, wurden im
logische oder funktionelle Veränderungen von Hirnregionen            amerikanischen Sprachraum entsprechende Qualitätskriterien
alleine erlauben noch keine juristisch-normative Einordnung          definiert, die auch als Daubert-Standard bezeichnet werden.
von Pathologien, denn zahlreiche Normabweichungen zeigen             Dazu zählen u.a. die Prüf- und Reproduzierbarkeit einer Me-
sich auch in der Allgemeinbevölkerung. Beispielsweise wur-           thode, die Publikation in einer Fachzeitschrift, die Angabe der
den in einer Onlinebefragung pädophile Neigungen von bis             Fehlerraten sowie die Akzeptanz in der Wissenschaftsgemein-
zu 10 % der Männer und 4 % der Frauen berichtet [127]. Die           schaft [1, 130]. Wenngleich die fMRT-basierte Lügendetektion,
fehlende Kausalität bildgebender Befunde wird nicht zuletzt          mit einer reproduzierbaren Fehlerrate von weniger als 10 %,
dadurch deutlich, dass Straftaten auch ohne strukturelle oder        die Bedingungen des Daubert-Standards hinreichend erfüllte,
                                                                     waren die berichteten Ergebnisse eng an die experimentellen
                                                                     Bedingungen geknüpft. Zum einen war der persönliche An-
                                                                     reiz zur Täuschung in einer wissenschaftlichen Untersuchung
                                                                     unvergleichlich geringer als bei realen Gerichtsprozessen, zum
                                                                     anderen wurde bislang nicht geklärt, ob Aktivierungsmuster in
                                                                     der fMRT unter Studienbedingungen auch juristischen Frage-
                                                                     stellungen entsprechen. Problematisch ist auch die Möglich-
                                                                     keit, durch mentale oder physische Maßnahmen Messwerte
                                                                     zu verfälschen, sodass beispielsweise die Trefferquote zur Er-
                                                                     kennung von Lügen bezüglich des eigenen Geburtsdatums von
                                                                     fast 100 % auf weniger als 33 % fällt. Erreicht wird diese Ma-
                                                                     nipulation u.a. durch minimale Bewegungen des Kiefers oder
                                                                     auch aktives Vorstellen diverser Gedankeninhalte während der
                                                                     Aufgaben im Scanner [131].

                                                                     Als weitere Einschränkungen sollen hier die Kontraindika-
                                                                     tionen für gewisse Verfahren (z. B. Metallimplantate für die
                                                                     MRT) sowie der Einfluss willkürlicher statistischer Grenzwerte
                                                                     bei der Datenauswertung und -interpretation erwähnt werden.
                                                                     Daneben erwecken Abbildungen von Gehirnaktivierungen oft-
                                                                     mals den Eindruck gravierender anatomischer Veränderungen
Abbildung 1: Visuell ansprechende Darstellungen struktureller        und weniger von statistischen Wahrscheinlichkeiten, was auch
oder funktioneller Befunde erwecken bei unerfahrenen Beobach-        als „Christmas tree phenomenon“ bezeichnet wurde (Abb. 1)
tern oftmals den Eindruck eindeutiger Veränderungen und können
so zu verzerrten Bewertungen führen – ein Effekt, der auch als       [2, 132, 133]. Dahingehend zeigten Weisberg et al. außerdem,
„Christmas tree phenomenon“ beschrieben wurde [2]. Im Rah-           dass medizinische Laien oder Studierende unzureichende Er-
men rechtlicher Fragestellungen erscheint es daher notwendig,        klärungsmodelle bei Hinzunahme (irrelevanter) neurowissen-
dass Sachverständige die adäquate Translation und Interpretation
neurowissenschaftlicher Befunde ermöglichen. Dargestellt wer-        schaftlicher Befunde eher akzeptieren, während Experten sich
den Hirnregionen, welche in mehreren Studien mit delinquentem        in dieser Hinsicht deutlich weniger beeinflussen lassen und die
Verhalten assoziiert wurden: Der linke und rechte Mandelkern         Relevanz von Zusatzinformationen adäquat bewerten können
(Amygdala; rot) bzw. anteriore cinguläre Kortex (ACC; grün) in der
Koronar- (A; 1), Sagittal- (B; 7) und Axialebene (C; -15) sowie in   [134, 135]. Aus diesen Gründen erscheint es notwendig, eine
dreidimensionaler Rekonstruktion (D).                                adäquate Übersetzung und Erklärung neurowissenschaftlicher

30     J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1)
Hirnbildgebung im forensischen Kontext

Befunde durch fachkundige Sachverständige zu gewährleisten,                                 außerdem, dass nach wie vor unklar ist, welche (technischen)
um möglichen Fehlinterpretationen bildgebender Befunde zu                                   Qualitätskriterien und Standards an die Verfahren gestellt wer-
begegnen [85].                                                                              den müssen bzw. wie mit Befunden umgegangen werden sollte,
                                                                                            die durch starkes Rauschen, eine geringe Signalstärke oder Ar-
„„ Fazit und Ausblick                                                                       tefakte in ihrer Gültigkeit eingeschränkt sind. Der Einsatz der
                                                                                            Bildgebung im Rahmen forensischer Fragestellungen ist daher
In den letzten 15 Jahren kam es zu einer Zunahme von Pu-                                    nur dann zu erwägen, wenn dadurch tatsächlich ein Erkennt-
blikationen im Überschneidungsbereich der Rechts- und                                       niswert zu erwarten ist [140–142]. Im Gerichtssaal besteht für
Neurowissenschaften, was zunächst eine Anwendung in Straf-                                  Sachverständige die Herausforderung anschließend darin, auf
verfahren nahelegt, um in zweifelhaften Fällen eine möglichst                               ethische, wissenschaftliche und juristische Schwierigkeiten
objektive Beurteilung anzustreben (in dubio pro reo) [85, 128].                             einzugehen sowie eine gemeinsame Sprache aller beteiligten
Allerdings können bildgebende Verfahren bei strafrechtlich                                  Parteien zu finden.
relevanten Fragenstellungen das psychopathologische Refe-
renzsystem als Entscheidungsgrundlage nicht ersetzen.
                                                                                                    Relevanz für die Praxis
Im forensischen Kontext wurden vielfach Dysfunktionen in                                       —— Die Verwendung bildgebender Befunde im Rahmen von
den Hirnregionen beschrieben, die maßgeblich bei Regula-                                          Strafprozessen oder psychiatrischen Begutachtungen er-
                                                                                                  scheint derzeit lediglich als Hilfsmittel bei diagnostischen
tions- und Exekutivfunktionen involviert sind. Zwar wurden
                                                                                                  Überlegungen oder im Rahmen der Hypothesengenerie-
dabei divergente neuronale Entwicklungen oder auch Trauma-                                        rung indiziert.
ta (inklusive struktureller und funktioneller Veränderungen)                                   —— Die meisten publizierten Untersuchungen erfolgten an
mit einer erhöhten Prävalenz antisozialer Verhaltensweisen in                                     männlichen Straftätern, die Übertragung von Studiener-
Verbindung gebracht, jedoch stehen zum heutigen Zeitpunkt                                         gebnissen auf andere Populationen ist daher problema-
                                                                                                  tisch.
noch zuwenig validierte und reliable Daten zur Verfügung.
                                                                                               —— Die Durchführung von Messungen erfordert zur Generie-
Entsprechend den Erkenntnissen im Bereich der Genetik kann                                        rung verwertbarer Befunde das Einverständnis sowie die
auch im Fall veränderter Hirnmorphologie, -funktion oder                                          Kooperation der Probanden, insbesondere bei der fMRT.
-konnektivität davon ausgegangen werden, dass die Befunde                                      —— Die Komplexität realer forensischer Fragestellungen
lediglich einen geringen Anteil der Varianz für delinquen-                                        schränkt die Anwendung bereits etablierter fMRT-Para-
                                                                                                  digmen erheblich ein, v.a. im Rahmen der Täuschungser-
tes Verhalten erklären [9]. Wie erwähnt, ist der Schluss von
                                                                                                  kennung.
Gruppenergebnissen auf Einzelfälle nicht zulässig, das Fehlen                                  —— Die Etablierung internationaler Richtlinien und Gütekri-
definierter Mindeststandards von Messparametern schränkt                                          terien ist notwendig, um im Anwendungsfall möglichst
das forensische Potential der Neurobildgebung zusätzlich ein                                      standardisierte Befundinterpretationen zu ermöglichen.
[3, 8]. Ähnliches gilt für den Nachweis von Täuschung und                                      —— Insbesondere (psychiatrische) Sachverständige müssen
                                                                                                  daher zwischen Rechts- und Naturwissenschaften vermit-
Lüge. Aufgrund der Möglichkeit zur Manipulation bleibt die
                                                                                                  teln können, um ihre Expertise bei der Interpretation von
tatsächliche Trefferquote im Gerichtssaal, bei hoher persönli-                                    Befunden einzubringen.
cher Motivation zu lügen, unbekannt [118, 136, 137].

Fraglich erscheint ebenfalls eine Ausweitung des Anwen-                                     Dr. med. univ. Arkadiusz Komorowski
dungsbereichs auf die Sexualdelinquenz, z. B. im Bereich der                                                             Absolvierung des Medizinstudiums an der Medizini-
Pädophilie. Zwar besteht die Möglichkeit zur Objektivierung                                                              schen Universität Wien. Seit 2013 in Ausbildung
                                                                                                                         zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeu­
sexueller Präferenzen mittels fMRT, die eine weniger belasten-                                                           tische Medizin an der Universitäts­klinik für Psy­
de Alternative etwa zur Phallometrie darstellt [128, 138], aller-                                                        chiatrie und Psychotherapie sowie in der Justiz­
dings bilden die bisher durchgeführten Studien an Pädophilen                                                             anstalt Göllersdorf.
das Spektrum forensisch relevanter Störungen des Sexualver-                                                              Wissenschaftliche Tätigkeit: Forensisch-psychia­
                                                                                                                         trische Forschung sowie Anwendung von bild­
haltens nicht ausreichend ab, um die Anwendung in der Praxis                                                             gebenden Verfahren, insbesondere im Bereich der
empfehlen zu können [139].                                                                                               Gen- und Proteinexpression.

Neben der Frage der Kosten bzw. der Verfügbarkeit von bild-
gebenden Verfahren ist die Bereitschaft und Kooperation der
Betroffenen eine wesentliche Voraussetzung, da zwangsweise                                  „„ Interessenkonflikt
Untersuchungen weder technisch möglich, noch ethisch oder
rechtlich zu rechtfertigen sind. Problematisch erweist sich                                 Keiner.

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Hirnbildgebung im forensischen Kontext

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                                                                                                                                                 tributions of anterior cingulate cortex to
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                                                                                                                                                 late: An event-related fMRI study. Psycho­
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                                                                                                                                                 physiol 2000; 37: 216–23.
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                                                 Testosterone and aggression: A reanalysis                                                       amygdala in individuals with psychopathy.
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                                                                                                straftätern: Risk-Management, Methoden
                                                                                                                                                 constructional apraxia sign. Arch Neurol
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