Hirnbildgebung im forensischen Kontext - Möglichkeiten und Grenzen - Semantic Scholar
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems Hirnbildgebung im forensischen Homepage: Kontext - Möglichkeiten und Grenzen www.kup.at/ // Neuroimaging in the forensic JNeurolNeurochirPsychiatr context – possibilities and Online-Datenbank mit Autoren- limitations und Stichwortsuche Komorowski A, Kautzky A, Vanicek T Lanzenberger R, Kasper S Journal für Neurologie Neurochirurgie und Psychiatrie 2019; 20 (1), 25-33 Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/BIOBASE/SCOPUS Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz P.b.b. 02Z031117M, Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21 Preis : EUR 10,–
For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH. Hirnbildgebung im forensischen Kontext – Möglichkeiten und Grenzen A. Komorowski, A. Kautzky, T. Vanicek, R. Lanzenberger, S. Kasper Kurzfassung: In den Neurowissenschaften hat Grundlagen der Neurobildgebung sowie re- be the most promising technique, given its in- in den vergangenen Jahren die Anzahl von bild- levante Limitationen der Anwendungsbereiche significant side effects. Using MRI, both struc- gebenden Studien stark zugenommen, sodass werden folgend beschrieben und diskutiert. tural as well as functional measurements can der Einsatz der Neurobildgebung mittlerwei- Neben der Notwendigkeit der Validierung und be conducted. In particular, functional MRI le auch im Bereich des Zivil- oder Strafrechts Replikation bisheriger Studien ist letztendlich techniques for lie detection have been inves- diskutiert wird. Anwendungsgebiete bestehen die adäquate Übertragung neurowissenschaft- tigated and developed within the last years. unter anderem im Rahmen forensischer Begut- licher Forschungsergebnisse in juristisch-nor- Despite substantial neuroscientific advances, achtungen oder Therapieevaluationen, im wis- mative Klassifikationen entscheidend, um bild- neuroimaging methods have not been estab- senschaftlichen Kontext oder auch bei der Lü- gebende Verfahren im forensischen Kontext lished during legal proceedings. Most notably, gendetektion. anwenden zu können. imaging results are not reflective of human be- Unter den modernen Verfahren stellt die havior in real life situations or determining of- Magnetresonanztomographie (MRT), bei ver- Schlüsselwörter: Forensische Psychiatrie, fending behaviour. Furthermore, internationally nachlässigbaren Nebenwirkungen, die viel- Neurobildgebung, Lügendetektor, Psychopa- accepted medical or legal guidelines for imple- versprechendste Methode dar. Es bieten sich thy, Aggression mentation of current methods or standards of zahlreiche Untersuchungsmöglichkeiten, bei- quality have not been defined yet. spielsweise strukturelle oder funktionelle Auf- In this article neurobiological basics as well nahmen des Gehirns, welche auch die Täu- as recent studies are presented and possible schungserkennung durch funktionelle MRT Abstract: Neuroimaging in the forensic context applications and limitations within the legal einschließen. Im Gegensatz zu der erheblichen – possibilities and limitations. In recent years, context are discussed. In general, validation Wissenszunahme in den Neurowissenschaf- an increasing number of neuroimaging studies and replication of existing results as well as ten konnte sich die Bildgebung im forensischen has resulted in a wide range of methodologies an adequate translation between neurobiologi- Kontext bisher nicht etablieren – vor allem weil probably allowing to decode the human brain cal results and the legal system is crucial for der Nachweis neurobiologischer Marker nicht and to translate imaging results into legal con- the application of neuroimaging in the forensic zwangsläufig delinquentes Verhalten bedingt texts. Suggested applications include diagnos- field. J Neurol Neurochir Psychiatr 2019; 20 (1): bzw. deren Fehlen Straffälligkeit ausschließt. tic procedures and evaluation of therapy for 25–33. Ebenfalls wurden bisher noch keine internatio psychiatric disorders, gain of scientific knowl- nal akzeptierten juristischen oder medizini- edge or detection of deception. schen Richtlinien bzw. Qualitätsstandards zur Among numerous neuroimaging methods, Keywords: forensic psychiatry, neuroimaging, Durchführung von Messungen definiert. magnetic resonance imaging (MRI) seems to deception, psychopathy, aggression Stand der Neurowissenschaften im anderseits [3, 7]. Im Zivil- oder Strafrecht eindeutige Grenz- forensischen Kontext werte für pathologische Zustände zu beschreiben, erscheint aus neurowissenschaftlicher Sicht schwierig, da Studienergebnisse Mit der Erkenntniszunahme im Bereich der klinischen Neu- größtenteils auf empirischen Untersuchungen von Gruppen rowissenschaften, zu großen Teilen gefördert durch die neuro- basieren, eine gewisse Unschärfe aufweisen und daher Schluss- nale Bildgebung, hat in den letzten Jahren auch das Interesse folgerungen auf Einzelpersonen nur eingeschränkt zulassen. am Einsatz bildgebender Befunde im Rahmen von komplexen rechtlichen Fragestellungen zugenommen [1–4]. Dabei wur- Im Gegensatz zu Aussagen von gerichtlichen Sachverständigen den bereits seit Beginn des neuen Jahrtausends, hauptsächlich oder angeklagten Personen wecken neurobiologische Verfah- in den USA, neurowissenschaftliche Befunde sowohl zur Un- ren, von der Magnetresonanztomographie (MRT) über die terstützung einer Anklage als auch zur Verteidigung vor dem Einzelphotonen-Emissions-Computertomographie (SPECT) Gericht zugelassen [5, 6]. Während die wissenschaftlichen und die Positronenemissions-Tomographie (PET) bis hin Erkenntnisse der Neurobildgebung im Hinblick auf Ursachen zur Elektroenzephalographie (EEG), als vermeintliche Quel- oder Therapiemöglichkeiten von psychischen Erkrankungen len objektiver Befunde, die Hoffnung auf eine verständliche unbestritten sind, erscheinen mögliche Anwendungsgebiete Darstellung komplexer psychischer Zustandsbilder. Unter im forensischen Kontext jedoch sowohl im deutschsprachi- den derzeit gängigen Verfahren stellt die MRT bei fehlender gen, als auch im internationalen Raum noch unzureichend Strahlenbelastung und breiter Anwendungsmöglichkeit die definiert. Hindernisse ergeben sich v.a. durch Unterschiede im vielversprechendste Methode dar. Sowohl strukturelle als auch Verständnis und Sprachgebrauch psychischer Erkrankungen funktionelle Aufnahmen, die Rückschlüsse auf Morphologie, zwischen den Natur- und Rechtswissenschaften, dimensiona- neuronale Aktivierungen sowie neuronale Netzwerke zulas- len Erkenntnissen einerseits und normativen Zuordnungen sen, können aufgezeichnet werden. Aufgrund eines steigenden Interesses an prädiktiven Verfahren in den vergangenen Jah- ren wurde auch der Lügendetektion mithilfe der funktionellen Eingelangt am: 17.04.2018, angenommen nach Überarbeitung am: 18.07.2018, MRT (fMRT) großes Potential zugeschrieben. Dagegen gehen Pre-Publishing Online am 12.12.2018 Aus der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische sowohl PET- als auch SPECT-Untersuchungen mit einer Strah- Universität Wien lenbelastung und einem hohen Kostenfaktor einher, während Korrespondenzadresse: o. Univ.-Prof. Dr. Siegfried Kasper, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Wien, A-1090 beim klassischen EEG die räumliche Auflösung und mangeln- Wien, Währinger Gürtel 18–20, E-mail: gen-psychiatry@meduniwien.ac.at de topologische Zuordnung limitierende Faktoren darstellen. J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1) 25
Hirnbildgebung im forensischen Kontext Im Gegensatz zum großen Enthusiasmus der Anfangsjahre wurde in Studien mit über 100 Probandinnen und Probanden wird der Einsatz der Neurobildgebung im forensischen Rah- untersucht, in denen funktionelle Genvarianten des Enzyms men mittlerweile kritisch hinterfragt, da sich eine relevante Monoaminooxidase-A (MAO-A) sowie des Serotonin Überlegenheit hinsichtlich Treffsicherheit im Vergleich zu an- transporters mit gewalttätigem Verhalten assoziiert waren, deren Methoden nicht zwangsläufig ergibt. Unbestritten zei- insbesondere bei Vorhandensein von widrigen sozialen Be- gen die modernen Verfahren ein großes Potential auf, jedoch dingungen [14–16]. Dabei konnten veränderte Konzentratio bestehen wesentliche Einschränkungen bei der Anwendung nen der MAO-A bei bestimmten Genvarianten mit der PET unter Realbedingungen und die statistische und technische nachgewiesen werden. Ebenfalls zeigte sich, dass Probanden Komplexität kann naturwissenschaftliche oder medizinische mit dem für Gewaltanwendung assoziierten Risikoallel der Laien bisweilen überfordern [8, 9]. Zentral erscheint daher die MAO-A eine Hyperreagibilität des Mandelkerns (Amygdala) adäquate Translation zwischen biologischen Befunden und sowie eine verminderte Aktivität in präfrontalen Hirnregionen Anforderungen des Rechtswesens, um letztendlich die Rolle aufwiesen und dass die Aktivität des Enzyms einen negativen und den Gültigkeitsbereich zu definieren. Zusammenhang mit einer Aggressionskala zeigte [17, 18]. In den folgenden Kapiteln soll vor diesem Hintergrund zu- Genetische Untersuchungen beschrieben zwar vorrangig die nächst ein kurzer Überblick über die forensische Relevanz Rolle von MAO-A, in einer Meta-Analyse zum Einfluss von (neuro-) biologischer Befunde sowie die Stufen der Hirn Kandidatengenen, allerdings mit vergleichsweise kleinen Stich- entwicklung gegeben werden, um schließlich sowohl die Mög- proben, konnte dagegen kein einzelner signifikanter geneti- lichkeiten, z. B. im Rahmen der Gewaltprädiktion oder Lügen- scher Marker gefunden werden, welcher mit aggressivem oder detektion, als auch die Limitationen der Neurobildgebung zu gewalttätigem Verhalten assoziiert war [19]. Es wird daher von verdeutlichen. einem Kontinuum ausgegangen, in welchem einzelne Genva- rianten jeweils nur geringe Effekte, zumeist < 1 %, zeigen und Beitrag biologischer Faktoren und poten- es erst in Verbindung mit (sozialen) Umweltfaktoren zu einem signifikanten Einfluss auf der Handlungsebene kommt [20–22]. tieller Determinanten zur Delinquenz In der Vergangenheit erfolgten im Rahmen von Strafverfahren Während der Umgang mit straffälligen Personen einerseits ein zwar bereits mehrfach Genuntersuchungen hinsichtlich Poly- relevantes gesellschaftliches Problem darstellt, verdeutlicht an- morphismen von MAO-A, insgesamt erscheinen die Mechanis- dererseits die hohe Prävalenz von psychischen Erkrankungen men der Gen-Umweltinteraktion im breiten Kontext derzeitig in Justizanstalten, z. B. das etwa 10 x häufigere Vorkommen aber noch unzureichend untersucht, um Genotypisierungen der antisozialen Persönlichkeitsstörung, die Notwendigkeit bei forensischen Fragestellungen empfehlen zu können [23]. der Forschungstätigkeit in diesem Bereich, insbesondere zur Entwicklung präventiver Therapieansätze [10]. Forschungs- Neben genetischen Faktoren wurden ebenfalls prä- sowie pe- fragen ergeben sich dadurch, dass beispielsweise gewalttätige rinatale Einflüsse auf eine spätere Delinquenz beschrieben, Verhaltensweisen nicht ausschließlich von Populationen mit beispielsweise ein Zusammenhang zwischen Geburtskompli- dissozialen Persönlichkeitsmerkmalen gezeigt werden, sondern kationen und späterem externalisierendem Verhalten bei Kin- im longitudinalen Verlauf auch im Rahmen von anderen Er- dern [24, 25]. Auch ein mütterlicher Substanzkonsum wäh- krankungen, wie einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperak- rend der Schwangerschaft und die Ernährung im Kindesalter tivitätsstörung (ADHS) oder demenziellen Prozessen, gehäuft sowie der Kortisol- oder Testosteronlevel bzw. Belastungen auftreten. Es wurden zwar mehrfach mögliche biologische Ur- durch Schadstoffe wie Alkohol, Nikotin oder Blei korrelier- sachen von deviantem Verhalten beschrieben, in individuellen ten in Studien mit antisozialem Verhalten in der Adoleszenz Fällen zeigt sich aber, dass hirnmorphologische Veränderun- [26–30]. Replikationen dieser Befunde waren jedoch entwe- gen nicht zwingend eine Einschränkung der Einsichts- bzw. der inkonsistent oder es zeigte sich vorranging das familiäre Urteilsfähigkeit oder gar Delinquenz bedingen [11]. Potentielle Umfeld relevant und weniger die Noxen selbst, wie z. B. im Determinanten im Rahmen von Straffälligkeit, wie z. B. bei Ge- Fall von Nikotinbelastung [31, 32]. Physiologische Marker, die waltanwendung, sollen folgend erläutert werden, wenngleich bei Probanden mit antisozialem Verhalten assoziiert wurden, sich die meisten durchgeführten Untersuchungen nur auf Kor- wie Herzfrequenzmessungen in Ruhe und Veränderungen von relations- und Querschnittstudien bei männlichen Probanden EEG oder Hautleitfähigkeit [33] implizieren verminderte au- beschränken. Auf die limitierte Aussagekraft der Studien, v.a. tonome Reaktionen auf angstauslösende Reize, welche durch durch den überwiegenden Anteil von Männern im Strafvoll- Hirnstrukturen wie die Amygdala, die Inselrinde oder auch zug bedingt, wird hingewiesen. Auch wurden Begrifflichkeiten den anterioren cingulären Kortex (ACC) reguliert werden häufig nicht klar definiert, sodass z. B. keine Unterscheidung [34]. Insgesamt lassen die bisherigen Studienergebnisse ledig- zwischen delinquentem oder gewalttätigem Verhalten erfolgte. lich auf eine mediierende Funktion von Entwicklungsfaktoren mit geringen Effektstärken und weitestgehend unspezifischen Im Hinblick auf den Einfluss von Nervenüberträgerstoffen wie physiologischen Markern schließen [3, 35]. den modulatorischen Neurotransmittern Dopamin, Serotonin und Norepinephrin sind die Forschungsergebnisse teilweise Relevante Aspekte der Hirnentwicklung divergierend, mehrfach wurden jedoch genetische Faktoren und -topographie sowie die Rolle des präfrontalen Kortex (PFC) im Zusammen- hang mit verminderten Serotoninspiegeln und e inem Anspre- Bereits seit Jahrzehnten wird nach spezifischen Hirnregionen chen auf Dopamin-Antagonisten bei aggressivem Verhalten oder -aktivierungen gesucht, die aggressives oder gewalttätiges hervorgehoben [12, 13]. Der Einfluss des serotonergen Systems Verhalten beeinflussen. Im Falle einer Zuordnung psychopa- 26 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1)
Hirnbildgebung im forensischen Kontext thologischer Symptome zu bildgebenden Befunden erschei- ßende Abnahme der Delinquenz im Jugendalter auf ca. 10 % nen dabei zunächst Kenntnisse über die Hirnentwicklung und der befragten nunmehr 18-Jährigen. -topographie von besonderer Relevanz. Das einzigartige Ver- mögen des Menschen, sich fortwährend auf neue Situationen Eine mechanistische Sichtweise, welche den Menschen ledig- anzupassen, wird vom zentralen Nervensystem gewährleistet, lich zum Vollstrecker neurobiologischer Abläufe erklärt, greift welches sich zwar während der gesamten Lebensspanne in sicherlich zu kurz, dennoch wurden in der Vergangenheit einem Prozess der Reorganisation befindet, aber gerade in den mehrfach Fallbeispiele über Zusammenhänge zwischen so- ersten zwei bis drei Lebensdekaden grundlegende Verände- zial inadäquatem Verhalten und strukturellen Schädigungen rungen der grauen und weißen Substanz zeigt [36]. des Gehirns publiziert, wie im prominenten Fall der Kopfver- letzung von Phineas Gage [47]. In der Folge wurde in epide- Aus Längsschnittstudien, welche mehr als hundert Probanden miologischen Studien mit mehreren tausend Teilnehmern aus inkludieren, geht hervor, dass während des Erwachsenwerdens Schweden und Finnland über erhöhte Wahrscheinlichkeiten deutliche strukturelle sowie funktionelle Anpassungen bis weit für Straftaten nach traumatischen Hirnverletzungen berichtet in das dritte Lebensjahrzehnt messbar sind [37, 38]. Während [48, 49]. Rezentere Untersuchungen belegen ein häufigeres der Fetalzeit kommt es zu einer Hyperplasie von Neuronen in Vorliegen von hirnmorphologischen Veränderungen bei Häft- kortikalen und subkortikalen Hirnregionen sowie zu einer Zu- lingen und forensisch-psychiatrischen Patienten im Vergleich nahme von Synapsen, wobei das Maximum an grauer Substanz zur Allgemeinbevölkerung [50, 51] bzw. eine Zunahme von in den ersten Jahren nach der Geburt erreicht wird. Im wei- delinquenten Handlungen nach Schädel-Hirn-Traumata, ins- teren Verlauf der Kindheit und Adoleszenz nimmt die graue besondere bei Frontallappenbeteiligung, zuvor bestehender Substanz schließlich ab und die weiße Substanz, als Träger der psychischer Erkrankung oder erhöhter Impulsivität [52–54]. Leitungsbahnen, stetig zu [39, 40]. Nervenzellen und Synap- sen, die nicht maßgeblich zur Hirnleistung beitragen, werden Hirntopographisch wurden überwiegend Veränderungen im im Rahmen des „Prunings“ (Beschnitt) abgebaut, während Frontallappen des Neokortex, insbesondere im Bereich des aktivere Neurone erhalten bleiben [41]. PFC, mit aggressivem, gewalttätigem oder antisozialem Ver- halten assoziiert, wie beispielsweise in einer Studie an Viet- Bemerkenswert ist, dass diese Umbauprozesse in verschie- nam-Veteranen in den USA, in welcher erhöhte Werte in Ag- denen Hirnarealen, entsprechend ihrer Funktion, in einem gressionsskalen in Verbindung mit Läsionen des PFC gebracht unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Muster voran- wurden [55]. Bezüglich aggressiver Handlungen wird im schreiten [42]. So kommt es im visuellen, akustischen und Allgemeinen zwischen reaktiver/impulsiver, durch Angst oder im sensomotorischen Kortex, welcher für die Prozessierung Ärger motivierter und proaktiver/instrumenteller, also vor- haptischer Wahrnehmungen verantwortlich ist, bereits sehr sätzlicher Aggression unterschieden [56–58]. Nach Bogerts & früh zur maximalen Synapsen- und Neuronendichte. Höhere Möller-Leimkühler werden aufkommende aggressive Impulse Assoziationsareale wie beispielsweise der PFC erreichen dage- subkortikaler Hirnstrukturen durch neokortikale Kontrollme- gen erst zu einem späteren Zeitpunkt ihr Maximum an grauer chanismen an die jeweilige Umweltsituation adaptiert [59]. In Substanz. Untersuchungen zur Täuschung wurde konkreter beschrieben, dass beim Lügen u.a. Regionen wie der ACC, der dorso-laterale Die Zeit der Adoleszenz, in welcher sich der Mensch am Hö- PFC (dlPFC), der Thalamus und der Nucleus caudatus im Sin- hepunkt seiner körperlichen Belastbarkeit befindet, aber sein ne einer spezifischen neuronalen Aktivierung beteiligt sind moralisches und ethisches Verständnis noch nicht vollständig [60, 61]. Die Involvierung der genannten Hirnareale konnte entwickelt ist, stellt in diesem Zusammenhang eine besonders dabei unabhängig von gewählten Täuschungsszenarien sowie, vulnerable Lebensspanne dar. Neben essentiellen Aufgaben nach aktuellen Erkenntnissen, unbeeinflusst von Geschlecht, wie der Entwicklung einer eigenen Identität sowie dem Ver- Händigkeit und Sprache gezeigt werden. mögen, intime Beziehungen einzugehen und sozial adäquat interagieren zu können, erfolgen gleichzeitig grundlegende Schließlich wiesen Yang et al. in einer umfassenden Meta-Ana- neurobiologische Prozesse, u.a. die relativ späte Reifung der lyse auf veränderte strukturelle und funktionelle Parameter im Assoziationsareale [43]. Das Verhalten während der Ado- Bereich des rechten orbitofrontalen Kortex (OFC), des ACC so- leszenz ist dabei durch impulsive und riskante Handlungen wie des linken dlPFC in Populationen mit antisozialem Verhal- charakterisiert, welche vorrangig durch den PFC und dessen ten hin [62]. Eine besondere Rolle wird dabei dem OFC bei der reziproke Verbindungen zu kortikalen und subkortikalen Emotionsregulation und bei Lernprozessen und dem ACC im Hirnregionen reguliert werden [4, 44]. Dies spiegelt sich in Rahmen des Konfliktmanagements sowie beim Fehlerverarbei- einer erhöhten Mortalität aufgrund von Unfällen, aber auch ten und Vermeidungslernen zugeschrieben [13, 63]. Probanden vermehrter Gewalttätigkeit sowie dem Konsum von Alkohol mit Veränderungen des rechten OFC zeigten im Gegensatz zu und illegalen Substanzen wider und unterstreicht die foren- linksseitigen Läsionen Schwierigkeiten im Sozialverhalten und sische Relevanz der neurobiologischen Hirnentwicklung in bei Entscheidungsprozessen [64], während Läsionen des ACC, der Adoleszenz [45]. Diesbezügliche Daten stammen u.a aus vorrangig der rechten Gehirnhälfte, mit verminderter Inhibi longitudinalen Untersuchungen aus Deutschland, wo über tionskontrolle und eingeschränkter Emotionsverarbeitung, 3000 Kinder und Jugendliche über mehrere Jahre hinweg zu aber auch enthemmten und aggressiven Verhaltensweisen asso- straffälligem Verhalten befragt wurden [46]. Beobachtet wurde ziiert waren [65–69]. Der dlPFC ist assoziiert mit Aufmerksam- dabei eine Zunahme der Delinquenz gegen Ende des Kindes- keit, kognitiver Flexibilität, schlussfolgerndem Denken sowie alters, wobei bis zu 25 % aller befragten 14-jährigen Jungen Impulskontrolle, weshalb ebenfalls eine Rolle in Rahmen der angaben, Gewaltdelikte begangen zu haben, und eine anschlie- Verhaltensregulierung angenommen wird [62, 70, 71]. J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1) 27
Hirnbildgebung im forensischen Kontext Die Amygdala wurde als weitere Schlüsselstruktur im Kon- Revised“ (PCL-R) erhoben wird und als wesentlicher statischer text von delinquentem, besonders von aggressivem Verhal- Prädiktor für Gewalt gilt [88–90]. Auf klinischer Ebene zeigen ten beschrieben, jedoch zumeist in Populationen mit hoher Personen mit hohen Werten in der PCL-R u.a. ein übersteiger- „Psychopathy“-Ausprägung (im Sinne des „Psychopathy“- tes Selbstwertgefühl, betrügerisch-manipulatives Verhalten, Konzepts nach Robert D. Hare [72], abzugrenzen vom deut- fehlende Empathie, mangelnde Beziehungsfähigkeit sowie schen Begriff der Psychopathie), sodass hierbei vermutlich von häufige Missachtungen von Weisungen und Auflagen [72, einem indirekten Zusammenhang zwischen Gewalt und Hirn- 91]. Insbesondere besteht auch eine Korrelation zwischen der funktion ausgegangen werden muss. Gezeigt wurde beispiels- Ausprägung der „Psychopathy“ und dem Risiko gewalttätiger weise eine verminderte Aktivität der Amygdala bei proaktiver, Rückfälle nach Haftentlassung [92]. jedoch eine erhöhte bei impulsiver Aggression [73–75]. Im Fal- le von bilateralen Läsionen wurde außerdem eine Verschlech- Von Seiten der Neurobildgebung wurden dabei vorrangig Dys- terung im Erkennen potentieller Gefahrensituationen oder funktionen in kortikolimbischen und kortikostriatalen Schalt- ängstlicher Gesichtsausdrücke beschrieben [76, 77]. kreisen beschrieben sowie die Relevanz des ventro-medialen PFC und der Mandelkerne hervorgehoben [74, 93–95]. Letz- Im Bereich der Sexualdelinquenz liegen insgesamt weniger tere zeigten bei Individuen mit hohen Werten in der PCL-R bildgebende Befunde vor, da die Durchführung von Studien verminderte Volumina und eine reduzierte Aktivität. Eine durch die Heterogenität der Tätergruppen erschwert wird und praxisorientierte Anwendung präsentierten Steele et al. in bisher überwiegend Fallstudien publiziert wurden, wie z. B. einer rezenten Arbeit, in welcher anhand struktureller MRT- über die Ausbildung pädophiler Präferenzen und Handlun- Befunde ein statistisches Modell erstellt wurde, um zwischen gen aufgrund von Hirntumoren des Frontalhirns und dem Individuen mit niedriger und hoher Ausprägung einer „Psy- anschließenden Sistieren der Symptomatik nach erfolgter chopathy“ sowie zwischen Inhaftierten und Nichtinhaftierten Operation [78–80]. Schiffer et al. konnten in einer größeren unterscheiden zu können [96]. In der Studie konnten entspre- Studie mit über 200 Probanden verminderte Hirnvolumina im chend dem Vorhersagemodell, anhand von Veränderungen in Bereich des dorso-medialen PFC und des ACC bei pädophilen 13 Hirnregionen, Probanden mit einer Treffsicherheit von bis Sexualstraftätern nachweisen [81]. zu 82,6 % einer der Gruppen zugeordnet werden. Im Kontext vorliegender Studien bleibt der kausale Zusam- In den letzten Jahren wurden ebenfalls prospektive Unter- menhang zwischen bildgebenden Befunden und delinquen- suchungen publiziert, in welchen bildgebende Befunde und tem Verhalten jedenfalls fraglich, v.a. da teilweise gegenteilige Delinquenzraten in Beziehung gesetzt wurden. Pardini et al. Effekte bestehen, wie im Bereich der Wirtschaftskriminalität, untersuchten bei gewalttätigen Männern die Vorhersage von wo eine Vergrößerung und vermehrte Aktivität des PFC im späterem gewalttätigem Verhalten sowie die Ausprägung der Vergleich zu Kontrollprobanden beschrieben wurde [82]. „Psychopathy“ anhand verminderter Volumina der Amygdala Einschränkend muss auch darauf hingewiesen werden, dass [97]. Aharoni et al. führten zusätzlich zu (statischen) Pro- ähnliche Veränderungen auch bei chronischem Alkoholkon- gnoseinstrumenten fMRT-Untersuchungen durch, um die sum nachgewiesen werden konnten [83]. Um die genannten funktionelle Aktivität im ACC von Gefängnisinsassen wäh- biologischen Marker unter der Rücksichtnahme von Komor- rend eines Go / NoGo-Paradigmas zu messen [98]. Die Grup- biditäten zukünftig entsprechend zuordnen zu können, sind pe, die anfangs eine im Vergleich zum Median verminderte weitere symptomorientierte Untersuchungen notwendig. ACC-Aktivierung zeigte, hatte 3 Jahre nach Haftentlassung ein 60 %iges Risiko einer erneuten Festnahme, während es bei ver- Forensische Anwendungsbereiche der mehrter ACC-Aktivierung nur 40 % waren. In diesem Kollek- tiv konnte bei multimodaler Analyse (durch die Hinzunahme Neurobildgebung elektrophysiologischer Parameter) sogar noch eine verbesserte Generell sollten bei schwerwiegenden Entscheidungen wie Vorhersage erneuter Festnahmen erzielt werden [99, 100]. z. B. der Frage der (weiteren) Unterbringung von Straftätern oder der Anordnung einer Strafe alle verfügbaren Methoden Möglichkeiten und v.a. Grenzen der Integration bildgeben- berücksichtigt werden [84, 85]. Etablierte Konzepte der Risiko- der Befunde in gängige Prognoseverfahren werden durch einschätzung inkludieren eine Vielzahl von klinischen, biogra- diese Studien deutlich. Hier können lediglich grobe Risiko- phischen und historischen Variablen, die in unterschiedlicher einschätzungen gemacht werden, nicht jedoch für die Praxis Form in standardisierte Prognoseinstrumente einfließen. Die- notwendige Einzelfallprognosen, für welche die Einbeziehung se führen zwar zu einer Verbesserung der Prognosen im Ver- sämtlicher (auch dynamischer) Risikofaktoren erforderlich gleich zur klinisch-psychiatrischen Einschätzung, insgesamt ist ist. Unlängst wurde sogar eine Unterlegenheit der Neurobild die Prognosegenauigkeit jedoch weiterhin nicht zufriedenstel- gebung gegenüber einfachen persönlichen Daten bei der Dia lend [86]. Als Konsequenz entstanden Erwartungen auf eine gnose von ADHS berichtet [101, 102]. Verbesserung von Risikoeinschätzungen unter Einbeziehung bildgebender Verfahren [9, 87], die aufgrund des derzeitigen Als weitere Anwendungsmöglichkeit der Neurobildgebung Wissenstandes (s.u.) allerdings verfrüht erscheinen. wurde die Evaluation von medikamentösen oder psychothe- rapeutischen Therapien sowie Rehabilitationsmaßnahmen Wegen der Praxisrelevanz für Legalprognosen besteht ein genannt [103]. Erfolgreich hat sich bei freiwilligen Probanden besonderes Interesse für psychologische und bildgebende Er- z. B. die Echtzeit-fMRT (Real-Time-fMRT, rtfMT) gezeigt, bei kenntnisse zum spezifisch antisozialen Verhalten im Sinne der welcher, ähnlich dem Neurofeedback, während der Untersu- „Psychopathy“, welches anhand der „Psychopathy Checklist- chung eine direkte Rückmeldung des Messsignals erfolgt. In 28 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1)
Hirnbildgebung im forensischen Kontext mehreren Studien konnte so in trainierten Hirnregionen eine durchschauen sind. Untersuchungen haben Lügendetektions- veränderte Reaktion auf emotionale Stimuli mit dem Ziel einer raten beschrieben, die kaum von der Zufallsrate abwichen und Adaptation bestimmter Aktivierungsmuster erreicht werden wenig trainiert werden konnten [114–116]. Gestützt auf psy- [104–106]. Eine Anwendung der rtfMRT im forensischen chologische Theorien wie das Vier-Faktoren-Modell nach Zu- Bereich erscheint zwar prinzipiell durchführbar, in einer klei- ckerman oder die IDT werden beim Lügen, neben einer Betei- nen Studie war es jedoch nur bei einem von insgesamt vier ligung von kognitiver Verhaltenskontrolle sowie Emotionen, Teilnehmern mit hoher „Psychopathy“-Ausprägung möglich, auch physiologische Veränderungen postuliert. Diese können die erwünschte Hochregulierung der anterioren Inselrinde zu ohne großen technischen Aufwand registriert werden, wie erreichen [107]. Aufgrund der kleinen Stichprobe und den be- z. B. Blinzeln, Pupillenerweiterung, Stimmlagenveränderung, kannten motivationalen Problemen bei der zu untersuchenden Herzfrequenzerhöhung, widersprüchliche (Körper-) Sprache Klientel können die bisherigen Ergebnisse nur eingeschränkt sowie vermehrtes Schwitzen [117]. Der klassische Polygraph beurteilt werden, sodass in forensischen Populationen die soll dabei Auslenkungen der Messparameter beim Lügen er- rtfMRT derzeit keine realistische Therapiealternative darstellt kennen. Mit einer Trefferquote von unter 70 % und konzeptu- [108]. ellen Schwächen konnte sich diese Methode im forensischen Bereich jedoch nicht durchsetzen [118]. Vor allem begleitende Exkurs: Täuschungserkennung und fMRT- physiologische Auslenkungen aufgrund von Angst, Erinne- rungen, Wut oder anderen Gründen können polygraphisch basierte Lügendetektion nicht ausgeschlossen werden. Alternativ wurden Konzepte Die einfachste Form der Täuschung, die Lüge, ist der aktive wie das „Brain Fingerprinting“ durch EEG-Untersuchungen Versuch einer Person, jemanden von der Wahrheit einer Be- propagiert, welche sich aber aufgrund der mangelnden räum- hauptung zu überzeugen, deren Unwahrheit dieser Person lichen Auflösung nicht erfolgreich zeigten. selbst bewusst ist. Einem Täuschenden ist die Wahrheit be- kannt, jedoch wird diese durch Lügen, Unterlassen von Infor- Die Verwendung der fMRT als Lügendetektor fußt auf der mationen oder Übertreibungen verzerrt bzw. unterschlagen. Idee einer Diskriminierung von Lüge und Wahrheit als Abbild Als mögliche Motivationen zum Lügen gemäß der gängigen einer Hirnaktivierung, vergleichbar dem neuronalen Korrelat interpersonellen Täuschungstheorie („interpersonal decep- beim Betrachten von weißen und schwarzen Quadraten. Die tion theory“, IDT) nach Buller and Burgoon gelten das Ver- Unterdrückung einer wahrheitsgemäßen Antwort, welche meiden von Strafen oder Gesichts- bzw. Selbstwertverlust, das auch beim Lügen zunächst gedacht wird, setzt eine kogniti- Aufrechterhalten von zwischenmenschlichen Beziehungen ve Kontrolle voraus. Dabei ähneln Aktivierungsmuster beim und der Schutz von Ressourcen [109]. Ein etabliertes Testver- Lügen jenen des Stroop-Tests, der ebenfalls auf einer Antwort- fahren, welches ursprünglich 1957 für den Polygraphen ent- unterdrückung basiert [119]. Dagegen erfordern komplexere wickelt wurde, ist der „Guilty Knowledge“- bzw. „Concealed Täuschungsparadigmen von den Teilnehmern beispielsweise Information“-Test (CIT). Dieser beruht darauf, dass wesentli- wahrheitsgemäße Antworten, wenn diese davon ausgehen, che Informationen zu Tathergang, -ort, -zeit oder -umständen dass das Gegenüber mit einer Lüge rechnet. nur dem Täter zugänglich sind und daher damit verbundene Fragen nur beim Täter zu einer Lüge führen [110, 111]. Neben Nach Integration von Testverfahren zur Lügendetektion in ent- dem CIT hat sich im wissenschaftlichen Bereich auch der „Dif- sprechende fMRT-Paradigmen sowie unter Anwendung mul- ferentiation of Deception“-Test etabliert, bei dem mehrmals tivariater Datenauswertung konnte bereits 2004 das Lügen von gestellte Fragen sowohl wahrheitsgemäß als auch unwahr be- Testpersonen mit hoher Treffsicherheit vorhergesagt werden antwortet werden sollen [112]. Die Fragen beziehen sich dabei (Tab. 1) [120–123]. Unterschiedliche Täuschungs szenarien üblicherweise auf ein Testszenario, welches beispielsweise ein wie z. B. ob eine Uhr bzw. ein Ring aus einem Schrank ge- nachgespieltes Delikt oder den Diebstahl eines Gegenstandes stohlen worden waren oder ob eine Testperson im Besitz einer betreffen kann [113]. bestimmten Spielkarte war, wurden in weiterer Folge sogar mit einer Trefferquote von 90 % bestimmt und mehrfach repliziert Bemerkenswert ist, dass falsche Behauptungen für die Durch- [124]. Im Rahmen des Versuches, die Bedingungen realitäts- schnittsbevölkerung ebenso wie für vermeintlich in der Lü- näher zu gestalten, wurden Teilnehmer während der Unter- generkennung erfahrenere Berufsgruppen nur schwer zu suchung mit einem scheinbar realen und zum überwiegenden Tabelle 1: Individuelle Vorhersagemodelle für Lügen unter Studienbedingungen Autor Publikationsjahr Paradigma Teilnehmer Trefferquote Langleben et al. [143] 2005 Guilty Knowledge Test 26 78 % Kozel at al. [121] 2005 Simple Mock Crime 61 über 90 % Davatzikos et al. [120] 2005 Guilty Knowledge Test 22 88 % Kozel at al. [124] 2009 Simple Mock Crime 29 90 % Kozel at al. [125] 2009 Complex Mock Crime 36 71 % Ganis et al. [131] 2011 Guilty Knowledge Test 26 100 % (33 % mit Sabotage*) Cui et al. [144] 2014 Complex Mock Crime 32 87–94 % Langleben et al. [118] 2016 Guilty Knowledge Test 28 über 90 % Alle Modelle basieren auf logistischer Regression oder „machine learning“ mit fMRT Daten. * Sabotage durch gezielte Bewegungsartefakte. J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1) 29
Hirnbildgebung im forensischen Kontext Teil als glaubwürdig empfundenen Störfall konfrontiert, wo- funktionelle Hirnveränderungen begangen werden. Neurobio- nach die korrekte Zuordnung zu Lügnern und wahrheitsge- logische Befunde unterliegen immer einer gewissen Unschärfe mäß aussagenden Probanden auf nur ca. 70 % fiel [125]. Ob- und beschreiben jeweils nur aktuelle Zustände, die möglicher- wohl es in den USA mehrmals zu Versuchen kam, bildgebende weise zuvor, z. B. zum Zeitpunkt eines Delikts, nicht relevant Verfahren zur Glaubwürdigkeit von Angeklagten vor Gericht waren. Normabweichende Parameter können sich gleicherma- geltend zu machen, kann die fMRT-basierte Lügendetektion ßen durch neuroplastische Prozesse im Rahmen deprivierter aufgrund der wissenschaftlichen Unzulänglichkeiten im foren- Umgebungen oder jahrelanger krimineller Verhaltensweisen sischen Bereich derzeit noch nicht empfohlen werden [126]. ergeben [128]. Voraussetzungen und Limitationen In neurowissenschaftlichen Studien beschreiben statistische Auswertungen meist Gruppenunterschiede messbarer Ziel- Bei der Anwendung der Neurobildgebung im Rahmen foren- größen, die jedoch nicht automatisch eine Übertragung auf sischer Begutachtungen können einzelne potentielle Determi- den Einzelfall erlauben [129]. Die Vorhersage erneuter Straf- nanten von antisozialem bzw. delinquentem Verhalten zwar fälligkeit bzw. definierte Grenzwerte, welche auf spezifische objektiviert werden, die Herausforderung besteht allerdings Verhaltensweisen hinweisen, existieren in der forensischen darin, zu beschreiben, inwieweit diese Determinanten tatsäch- Neurobildgebung bislang nicht. Voraussetzung für den Ein- lich handlungsrelevant waren oder werden können. satz bildgebender Verfahren im forensischen Kontext wären ausreichend große und replizierbare Studien mit adäquaten Darüber hinaus fehlen trotz detaillierter Darstellungen von Kontrollgruppen, die bezüglich relevanter Einflussfaktoren Neuronenverbindungen und -aktivitäten valide empirische (z. B. sozioökonomischer Status, Schulbildung etc.) vergleich- Daten über den Zusammenhang zwischen messbaren biologi- bar sind. Um neurowissenschaftliche Erkenntnisse im Rahmen schen Befunden und einwirkenden Umweltfaktoren. Morpho- von Gerichtsverhandlungen zu berücksichtigen, wurden im logische oder funktionelle Veränderungen von Hirnregionen amerikanischen Sprachraum entsprechende Qualitätskriterien alleine erlauben noch keine juristisch-normative Einordnung definiert, die auch als Daubert-Standard bezeichnet werden. von Pathologien, denn zahlreiche Normabweichungen zeigen Dazu zählen u.a. die Prüf- und Reproduzierbarkeit einer Me- sich auch in der Allgemeinbevölkerung. Beispielsweise wur- thode, die Publikation in einer Fachzeitschrift, die Angabe der den in einer Onlinebefragung pädophile Neigungen von bis Fehlerraten sowie die Akzeptanz in der Wissenschaftsgemein- zu 10 % der Männer und 4 % der Frauen berichtet [127]. Die schaft [1, 130]. Wenngleich die fMRT-basierte Lügendetektion, fehlende Kausalität bildgebender Befunde wird nicht zuletzt mit einer reproduzierbaren Fehlerrate von weniger als 10 %, dadurch deutlich, dass Straftaten auch ohne strukturelle oder die Bedingungen des Daubert-Standards hinreichend erfüllte, waren die berichteten Ergebnisse eng an die experimentellen Bedingungen geknüpft. Zum einen war der persönliche An- reiz zur Täuschung in einer wissenschaftlichen Untersuchung unvergleichlich geringer als bei realen Gerichtsprozessen, zum anderen wurde bislang nicht geklärt, ob Aktivierungsmuster in der fMRT unter Studienbedingungen auch juristischen Frage- stellungen entsprechen. Problematisch ist auch die Möglich- keit, durch mentale oder physische Maßnahmen Messwerte zu verfälschen, sodass beispielsweise die Trefferquote zur Er- kennung von Lügen bezüglich des eigenen Geburtsdatums von fast 100 % auf weniger als 33 % fällt. Erreicht wird diese Ma- nipulation u.a. durch minimale Bewegungen des Kiefers oder auch aktives Vorstellen diverser Gedankeninhalte während der Aufgaben im Scanner [131]. Als weitere Einschränkungen sollen hier die Kontraindika- tionen für gewisse Verfahren (z. B. Metallimplantate für die MRT) sowie der Einfluss willkürlicher statistischer Grenzwerte bei der Datenauswertung und -interpretation erwähnt werden. Daneben erwecken Abbildungen von Gehirnaktivierungen oft- mals den Eindruck gravierender anatomischer Veränderungen Abbildung 1: Visuell ansprechende Darstellungen struktureller und weniger von statistischen Wahrscheinlichkeiten, was auch oder funktioneller Befunde erwecken bei unerfahrenen Beobach- als „Christmas tree phenomenon“ bezeichnet wurde (Abb. 1) tern oftmals den Eindruck eindeutiger Veränderungen und können so zu verzerrten Bewertungen führen – ein Effekt, der auch als [2, 132, 133]. Dahingehend zeigten Weisberg et al. außerdem, „Christmas tree phenomenon“ beschrieben wurde [2]. Im Rah- dass medizinische Laien oder Studierende unzureichende Er- men rechtlicher Fragestellungen erscheint es daher notwendig, klärungsmodelle bei Hinzunahme (irrelevanter) neurowissen- dass Sachverständige die adäquate Translation und Interpretation neurowissenschaftlicher Befunde ermöglichen. Dargestellt wer- schaftlicher Befunde eher akzeptieren, während Experten sich den Hirnregionen, welche in mehreren Studien mit delinquentem in dieser Hinsicht deutlich weniger beeinflussen lassen und die Verhalten assoziiert wurden: Der linke und rechte Mandelkern Relevanz von Zusatzinformationen adäquat bewerten können (Amygdala; rot) bzw. anteriore cinguläre Kortex (ACC; grün) in der Koronar- (A; 1), Sagittal- (B; 7) und Axialebene (C; -15) sowie in [134, 135]. Aus diesen Gründen erscheint es notwendig, eine dreidimensionaler Rekonstruktion (D). adäquate Übersetzung und Erklärung neurowissenschaftlicher 30 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1)
Hirnbildgebung im forensischen Kontext Befunde durch fachkundige Sachverständige zu gewährleisten, außerdem, dass nach wie vor unklar ist, welche (technischen) um möglichen Fehlinterpretationen bildgebender Befunde zu Qualitätskriterien und Standards an die Verfahren gestellt wer- begegnen [85]. den müssen bzw. wie mit Befunden umgegangen werden sollte, die durch starkes Rauschen, eine geringe Signalstärke oder Ar- Fazit und Ausblick tefakte in ihrer Gültigkeit eingeschränkt sind. Der Einsatz der Bildgebung im Rahmen forensischer Fragestellungen ist daher In den letzten 15 Jahren kam es zu einer Zunahme von Pu- nur dann zu erwägen, wenn dadurch tatsächlich ein Erkennt- blikationen im Überschneidungsbereich der Rechts- und niswert zu erwarten ist [140–142]. Im Gerichtssaal besteht für Neurowissenschaften, was zunächst eine Anwendung in Straf- Sachverständige die Herausforderung anschließend darin, auf verfahren nahelegt, um in zweifelhaften Fällen eine möglichst ethische, wissenschaftliche und juristische Schwierigkeiten objektive Beurteilung anzustreben (in dubio pro reo) [85, 128]. einzugehen sowie eine gemeinsame Sprache aller beteiligten Allerdings können bildgebende Verfahren bei strafrechtlich Parteien zu finden. relevanten Fragenstellungen das psychopathologische Refe- renzsystem als Entscheidungsgrundlage nicht ersetzen. Relevanz für die Praxis Im forensischen Kontext wurden vielfach Dysfunktionen in —— Die Verwendung bildgebender Befunde im Rahmen von den Hirnregionen beschrieben, die maßgeblich bei Regula- Strafprozessen oder psychiatrischen Begutachtungen er- scheint derzeit lediglich als Hilfsmittel bei diagnostischen tions- und Exekutivfunktionen involviert sind. Zwar wurden Überlegungen oder im Rahmen der Hypothesengenerie- dabei divergente neuronale Entwicklungen oder auch Trauma- rung indiziert. ta (inklusive struktureller und funktioneller Veränderungen) —— Die meisten publizierten Untersuchungen erfolgten an mit einer erhöhten Prävalenz antisozialer Verhaltensweisen in männlichen Straftätern, die Übertragung von Studiener- Verbindung gebracht, jedoch stehen zum heutigen Zeitpunkt gebnissen auf andere Populationen ist daher problema- tisch. noch zuwenig validierte und reliable Daten zur Verfügung. —— Die Durchführung von Messungen erfordert zur Generie- Entsprechend den Erkenntnissen im Bereich der Genetik kann rung verwertbarer Befunde das Einverständnis sowie die auch im Fall veränderter Hirnmorphologie, -funktion oder Kooperation der Probanden, insbesondere bei der fMRT. -konnektivität davon ausgegangen werden, dass die Befunde —— Die Komplexität realer forensischer Fragestellungen lediglich einen geringen Anteil der Varianz für delinquen- schränkt die Anwendung bereits etablierter fMRT-Para- digmen erheblich ein, v.a. im Rahmen der Täuschungser- tes Verhalten erklären [9]. Wie erwähnt, ist der Schluss von kennung. Gruppenergebnissen auf Einzelfälle nicht zulässig, das Fehlen —— Die Etablierung internationaler Richtlinien und Gütekri- definierter Mindeststandards von Messparametern schränkt terien ist notwendig, um im Anwendungsfall möglichst das forensische Potential der Neurobildgebung zusätzlich ein standardisierte Befundinterpretationen zu ermöglichen. [3, 8]. Ähnliches gilt für den Nachweis von Täuschung und —— Insbesondere (psychiatrische) Sachverständige müssen daher zwischen Rechts- und Naturwissenschaften vermit- Lüge. Aufgrund der Möglichkeit zur Manipulation bleibt die teln können, um ihre Expertise bei der Interpretation von tatsächliche Trefferquote im Gerichtssaal, bei hoher persönli- Befunden einzubringen. cher Motivation zu lügen, unbekannt [118, 136, 137]. Fraglich erscheint ebenfalls eine Ausweitung des Anwen- Dr. med. univ. Arkadiusz Komorowski dungsbereichs auf die Sexualdelinquenz, z. B. im Bereich der Absolvierung des Medizinstudiums an der Medizini- Pädophilie. Zwar besteht die Möglichkeit zur Objektivierung schen Universität Wien. Seit 2013 in Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeu sexueller Präferenzen mittels fMRT, die eine weniger belasten- tische Medizin an der Universitätsklinik für Psy de Alternative etwa zur Phallometrie darstellt [128, 138], aller- chiatrie und Psychotherapie sowie in der Justiz dings bilden die bisher durchgeführten Studien an Pädophilen anstalt Göllersdorf. das Spektrum forensisch relevanter Störungen des Sexualver- Wissenschaftliche Tätigkeit: Forensisch-psychia trische Forschung sowie Anwendung von bild haltens nicht ausreichend ab, um die Anwendung in der Praxis gebenden Verfahren, insbesondere im Bereich der empfehlen zu können [139]. Gen- und Proteinexpression. Neben der Frage der Kosten bzw. der Verfügbarkeit von bild- gebenden Verfahren ist die Bereitschaft und Kooperation der Betroffenen eine wesentliche Voraussetzung, da zwangsweise Interessenkonflikt Untersuchungen weder technisch möglich, noch ethisch oder rechtlich zu rechtfertigen sind. Problematisch erweist sich Keiner. Literatur: 1. Jones OD, Wagner AD, Faigman DL, et 4. Steinberg L. The influence of neurosci- 7. Nedopil N. Juristische Schwellenvor 10. Fazel S, Danesh J. Serious mental dis- al. Neuroscientists in court. Nat Rev ence on US Supreme Court decisions gaben, psychiatrische Diagnostik und psy- order in 23 000 prisoners: a systematic Neurosci 2013; 14: 730–6. about adolescents‘ criminal culpability. chopathologisches Erkennen. Forens review of 62 surveys. Lancet 2002; 359: 2. Mobbs D, Lau HC, Jones OD, et al. Law, Nature Rev Neurosci 2013; 14: 513–8. Psychiatr Psychol Kriminol 2015; 9: 171–8. 545–50. Responsibility, and the Brain. PLoS Biology 8. Müller J. Forensische Psychiatrie im 11. Schleim S. Brains in context in the neu- 5. Feresin E. Italian court reduces murder 2007; 5: e103. Zeitalter der „neuroscience“. Nervenarzt rolaw debate: the examples of free will sentence based on neuroimaging data. 3. Buckholtz JW, Faigman DL. Promises, 2009; 80: 241–51. and „dangerous“ brains. Int J Law Nature News Blog 2011: 1–272. promises for neuroscience and law. Curr 9. Poldrack RA, Monahan J, Imrey PB, et Psychiatry 2012; 35: 104–11. Biol 2014; 24: R861–7. 6. Feresin E, Hand E, Kaplan M, et al. News al. Predicting violent behavior: What can 12. Nelson RJ, Trainor BC. Neural mecha- Lighter sentence for murderer with „bad neuroscience add? Trends Cogn Sci 2018; nisms of aggression. Nat Rev Neurosci genes“. Nature 2009; 461: 1171. 22: 111–23. 2007; 8: 536–46. J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1) 31
Hirnbildgebung im forensischen Kontext 13. Seo D, Patrick CJ, Kennealy PJ. Role of 31. Jaffee SR, Strait LB, Odgers CL. From 49. Timonen M, Miettunen J, Hakko H, et cingulate cortices. Brain 2003; 126: 1691– serotonin and dopamine system interac- correlates to causes: can quasi-experi- al. The association of preceding traumatic 712. tions in the neurobiology of impulsive ag- mental studies and statistical innovations brain injury with mental disorders, alco- 68. Devinsky O, Morrell MJ, Vogt BA. Con gression and its comorbidity with other bring us closer to identifying the causes of holism and criminality: the Northern Fin tributions of anterior cingulate cortex to clinical disorders. Aggression and violent antisocial behavior? Psych Bull 2012; 138: land 1966 Birth Cohort Study. Psychiatry behaviour. Brain 1995; 118: 279–306. behavior 2008; 13: 383–95. 272. Res 2002; 113: 217–26. 69. Kiehl KA, Liddle PF, Hopfinger JB. Error 14. Reif A, Rosler M, Freitag CM, et al. 32. D’Onofrio BM, Singh AL, Iliadou A, et 50. Schiltz K, Witzel JG, Bausch-Hölterhoff processing and the rostral anterior cingu- Nature and nurture predispose to violent al. Familial confounding of the association J, et al. High prevalence of brain patholo- late: An event-related fMRI study. Psycho behavior: serotonergic genes and adverse between maternal smoking during preg- gy in violent prisoners: a qualitative CT and physiol 2000; 37: 216–23. childhood environment. Neuropsycho nancy and offspring criminality: a popula- MRI scan study. Eur Arch Psychiatr Clin pharmacol 2007; 32: 2375–83. tion-based study in Sweden. Arch Gen Neurosci 2013; 263: 607–16. 70. Bunge SA. How we use rules to select Psychiatry 2010; 67: 529–38. 51. Witzel JG, Bogerts B, Schiltz K. In actions: a review of evidence from cogni- 15. Retz W, Retz-Junginger P, Supprian T, creased frequency of brain pathology in tive neuroscience. Cog Affect Behav et al. Association of serotonin transporter 33. Armstrong TA, Keller S, Franklin TW, et inmates of a high-security forensic institu- Neurosci 2004; 4: 564–79. promoter gene polymorphism with vio- al. Low resting heart rate and antisocial lence: relation with personality disorders, behavior: a brief review of evidence and tion: a qualitative CT and MRI scan study. 71. Miller EK, Cohen JD. An integrative impulsivity, and childhood ADHD psycho- preliminary results from a new test. Crim Eur Arch Psychiatr Clin Neurosci 2016; 266: theory of prefrontal cortex function. Ann pathology. Behavioral Sci Law 2004; 22: Justice Behavior 2009; 36 1125–40. 533–41. Rev Neurosci 2001; 24: 167–202. 415–25. 52. Tateno A, Jorge RE, Robinson RG. Clini 34. Sehlmeyer C, Schöning S, Zwitserlood 72. Hare RD. The Hare psychopathy check- 16. Buckholtz JW, Meyer-Lindenberg A. P, et al. Human fear conditioning and ex- cal correlates of aggressive behavior after list-revised: Manual. Multi-Health Systems Genetic Perspectives on the Neuro tinction in neuroimaging: a systematic re- traumatic brain injury. J Neuropsychiatr Inc., 1991. chemistry of Human Aggression and Vio view. PloS one 2009; 4: e5865. Clin Neurosci 2003; 15: 155–60. 73. Yang Y, Raine A, Narr KL, et al. lence. The Oxford Handbook of Molecular 53. Perron BE, Howard MO. Prevalence 35. Archer J, Graham-Kevan N, Davies M. Localization of deformations within the Psychology, 2014. and correlates of traumatic brain injury Testosterone and aggression: A reanalysis amygdala in individuals with psychopathy. 17. Meyer-Lindenberg A, Buckholtz JW, of Book, Starzyk, and Quinsey’s (2001) among delinquent youths. Crim Behav Arch Gen Psychiatr 2009; 66: 986–94. Kolachana B, et al. Neural mechanisms of study. Aggression Violent Behav 2005; 10: Ment Health 2008; 18: 243–55. 74. Birbaumer N, Veit R, Lotze M, et al. genetic risk for impulsivity and violence in 241–61. 54. Huw Williams W, Cordan G, Mewse AJ, Deficient fear conditioning in psychopa- humans. Proc Natl Acad Sci U S A 2006; et al. Self-reported traumatic brain injury 36. Toga AW, Thompson PM, Sowell ER. thy: a functional magnetic resonance im- 103: 6269–74. in male young offenders: A risk factor for Mapping brain maturation. Trends aging study. Arch Gen Psychiatr 2005; 62: 18. Alia-Klein N, Goldstein RZ, Kriplani A, Neurosci 2006; 29: 148–59. re-offending, poor mental health and vio- 799–805. et al. Brain monoamine oxidase A activity lence? Neuropsych Rehab 2010; 20: 801– 37. Dennis EL, Jahanshad N, McMahon 75. Coccaro EF, McCloskey MS, Fitzgerald predicts trait aggression. J Neurosci 2008; 12. KL, et al. Development of brain structural DA, et al. Amygdala and orbitofrontal re- 28: 5099–104. 55. Grafman J, Schwab K, Warden D, et al. connectivity between ages 12 and 30: a activity to social threat in individuals with 19. Vassos E, Collier DA, Fazel S. Sys 4-Tesla diffusion imaging study in 439 ado- Frontal lobe injuries, violence, and aggres- impulsive aggression. Biol Psychiatry 2007; tematic meta-analyses and field synopsis lescents and adults. Neuroimage 2013; 64: sion a report of the vietnam head injury 62: 168–78. of genetic association studies of violence 671–84. study. Neurology 1996; 46: 1231–31. and aggression. Mol Psychiatry 2014; 19: 76. Tranel D, Gullickson G, Koch M, et al. 38. Raznahan A, Shaw PW, Lerch JP, et al. 56. Siever LJ. Neurobiology of aggression Altered experience of emotion following 471–7. and violence. Am J Psychiatry 2008; 165: Longitudinal four-dimensional mapping of bilateral amygdala damage. Cog 20. Caspi A, McClay J, Moffitt TE, et al. subcortical anatomy in human develop- 429–42. Neuropsychiatr 2006; 11: 219–32. Role of genotype in the cycle of violence ment. Proc Nat Acad Sci U S A 2014; 111: 57. Krug EG, Mercy JA, Dahlberg LL, et al. in maltreated children. Science 2002; 297: 1592–7. 77. Adolphs R, Gosselin F, Buchanan TW, The world report on violence and health. et al. A mechanism for impaired fear rec- 851–4. Lancet 2002; 360: 1083–8. 39. Gogtay N, Giedd JN, Lusk L, et al. ognition after amygdala damage. Nature 21. Ouellet-Morin I, Cote SM, Vitaro F, et al. Dynamic mapping of human cortical de- 58. Weierstall R, Elbert T. Formen und klas- 2005; 433: 68–72. Effects of the MAOA gene and levels of velopment during childhood through early sifikation menschlicher aggression. In: exposure to violence on antisocial out- adulthood. Proc Nat Acad Sci U S A 2004; 78. Burns JM, Swerdlow RH. Right orbito- Interventionen bei Gewalt- und Sexual comes. Br J Psychiatry 2016; 208: 42–8. 101: 8174–9. frontal tumor with pedophilia symptom and straftätern: Risk-Management, Methoden constructional apraxia sign. Arch Neurol 22. Kim-Cohen J, Caspi A, Taylor A, et al. 40. Schmithorst VJ, Yuan W. White matter und Konzepte der forensischen Therapie 2003; 60: 437–40. MAOA, maltreatment, and gene-environ- development during adolescence as 2012; 3–14. ment interaction predicting children’s shown by diffusion MRI. Brain Cognition 79. Sartori G, Scarpazza C, Codognotto S, 59. Bogerts B, Moller-Leimkuhler AM. mental health: new evidence and a meta- 2010; 72: 16–25. et al. An unusual case of acquired pedo- Neurobiologische Ursachen und psycho- analysis. Mol Psychiatry 2006; 11: 903–13. philic behavior following compression of 41. Chechik G, Meilijson I, Ruppin E. soziale Bedingungen individueller Gewalt. orbitofrontal cortex and hypothalamus by 23. Chiarella J, Tremblay RE, Szyf M, et al. Synaptic pruning in development: a com- Nervenarzt 2013; 84: 1329–44. a Clivus Chordoma. J Neurol 2016; 263: Impact of Early Environment on Children’s putational account. Neural Computation 60. Spence SA, Hunter MD, Farrow TF, et 1454–5. Mental Health: Lessons From DNA 1998; 10: 1759–77. al. A cognitive neurobiological account of Methylation Studies With Monozygotic deception: evidence from functional neu- 80. Aigner M, Eher R, Fruehwald S, et al. 42. Shaw P, Kabani NJ, Lerch JP, et al. Brain abnormalities and violent behavior. J Twins. Twin Res Hum Genet 2015; 18: 623– roimaging. Philos Trans R Soc Lond B Biol Neurodevelopmental trajectories of the Psychol Hum Sexual 2000; 11: 57–64. 34. Sci 2004; 359: 1755–62. human cerebral cortex. J Neurosci 2008; 24. Raine A. The anatomy of violence: The 28: 3586–94. 61. Spence SA, Kaylor-Hughes C, Farrow 81. Schiffer B, Amelung T, Pohl A, et al. biological roots of crime; Vintage, 2013. TF, et al. Speaking of secrets and lies: the Gray matter anomalies in pedophiles with 43. Crone EA, Dahl RE. Understanding ado- and without a history of child sexual of- 25. Mednick SA, Kandel ES. Congenital lescence as a period of social–affective contribution of ventrolateral prefrontal cortex to vocal deception. Neuroimage fending. Translat Psychiatr 2017; 7: e1129. determinants of violence. J Am Acad engagement and goal flexibility. Nat Rev Psychiatry Law Online 1988; 16: 101–9. Neurosci 2012; 13: 636–50. 2008; 40: 1411–8. 82. Raine A, Laufer WS, Yang Y, et al. In 62. Yang Y, Raine A. Prefrontal structural creased executive functioning, attention, 26. Sood B, Delaney-Black V, Covington C, 44. Harden KP, Tucker-Drob EM. Individual and cortical thickness in white-collar et al. Prenatal alcohol exposure and child- differences in the development of sensa- and functional brain imaging findings in antisocial, violent, and psychopathic indi- criminals. Hum Brain Mapp 2012; 33: 2932– hood behavior at age 6 to 7 years: I. dose- tion seeking and impulsivity during adoles- 40. response effect. Pediatrics 2001; 108: e34. cence: further evidence for a dual systems viduals: a meta-analysis. Psychiatr Res model. Develop Psychol 2011; 47: 739. Neuroimag 2009; 174: 81–8. 83. Laakso MP, Gunning-Dixon F, Vaurio O, 27. Brennan PA, Grekin ER, Mortensen EL, et al. Prefrontal volumes in habitually vio- et al. Relationship of maternal smoking 45. Snyder H. Arrest in the United States, 63. Glenn AL, Raine A. Neurocriminology: implications for the punishment, prediction lent subjects with antisocial personality during pregnancy with criminal arrest and 1990–2010. NCJ 239423. Department of disorder and type 2 alcoholism. Psychiatr hospitalization for substance abuse in Justice Office of Justice Programs, and prevention of criminal behaviour. Nat Rev Neurosci 2014; 15: 54–63. Res Neuroimag 2002; 114: 95–102. male and female adult offspring. Am J Bureau of Justice Statistics, Washington Psychiatry 2002; 159: 48–54. DC, 2012; 26. 64. Blair R. The roles of orbital frontal cor- 84. Nadelhoffer T, Bibas S, Grafton S, et al. tex in the modulation of antisocial behav- Neuroprediction, Violence, and the Law: 28. Olympio KPK, Gonçalves C, Günther 46. Boers K, Reinecke J, Bentrup C, et al. ior. Brain Cognition 2004; 55: 198–208. Setting the Stage. Neuroethics 2012; 5: 67– WMR, et al. Neurotoxicity and aggressive- Jugendkriminalität – Altersverlauf und 99. ness triggered by low-level lead in chil- Erklärungszusammenhänge: Ergebnisse 65. Tranel D, Bechara A, Denburg NL. dren: a review. Revista Panamericana de der Duisburger Verlaufsstudie Kriminalität Asymmetric functional roles of right and 85. Merkel R. Neuroimaging and Criminal Salud Pública 2009; 26: 266–75. in der modernen Stadt. Neue Kriminal left ventromedial prefrontal cortices in so- Law. In: Handbook of Neuroethics. politik 2010; 22: 58–66. cial conduct, decision-making, and emo- Springer Netherlands, 2015; 1335–62. 29. Liu J, Raine A, Venables PH, et al. Malnutrition at age 3 years and externaliz- 47. Damasio H, Grabowski T, Frank R, et al. tional processing. Cortex 2002; 38: 589–612. 86. Yang M, Wong SC, Coid J. The efficacy ing behavior problems at ages 8, 11, and The return of Phineas Gage: clues about 66. Danckert J, Maruff P, Ymer C, et al. of violence prediction: a meta-analytic 17 years. Am J Psychiatry 2004; 161: 2005– the brain from the skull of a famous pa- Goal-directed selective attention and re- comparison of nine risk assessment tools. 13. tient. Science 1994; 264: 1102–5. sponse competition monitoring: evidence Psychol Bull 2010; 136: 740. 30. Shoal GD, Giancola PR, Kirillova GP. 48. Fazel S, Lichtenstein P, Grann M, et al. from unilateral parietal and anterior cingu- 87. Meynen G. A neurolaw perspective on Salivary cortisol, personality, and aggres- Risk of violent crime in individuals with late lesions. Neuropsychol 2000; 14: 16. psychiatric assessments of criminal re- sive behavior in adolescent boys: a 5-year epilepsy and traumatic brain injury: a 35- 67. Hornak J, Bramham J, Rolls ET, et al. sponsibility: decision-making, mental dis- longitudinal study. J Am Acad Child Adol year Swedish population study. PLoS Med Changes in emotion after circumscribed order, and the brain. Int J Law Psychiatry Psych 2003; 42: 1101–7. 2011; 8: e1001150. surgical lesions of the orbitofrontal and 2013; 36: 93–9. 32 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2019; 20 (1)
Sie können auch lesen