Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung - Sylvia Wehren - HilDok
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Plattform für Forschungs- und Fallorientiertes Lernen Methodenforum Sylvia Wehren Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung
Herausgegeben vom Kompetenzzentrum Frühe Kindheit Niedersachsen der Stiftung Universität Hildesheim. Dr. Sylvia Wehren Universität Hildesheim, Institut für Erziehungswissenschaft wehren@uni-hildesheim.de Dieser Text wurde erstellt für die Plattform für Forschungs- und Fallorientierte Lehre | Methodenforum des Kompetenzzentrums Frühe Kindheit Niedersachsen Die Erstellung der Plattform und der Texte wurde durch das Herausgebenden- und Redaktionsteam des ,,Methodenforums für forschungsorientierte Lehre“: Yvonne Bulander, Jennifer Carnin, Peter Cloos, Svenja Garbade, Frauke Gerstenberg, Sandra Koch und Sylvia Wehren begleitet. Die Erstellung der Plattform wurde im Rahmen des Förderprogramms „Innovation plus“ gefördert durch
Inhaltsverzeichnis 1. Grundlegende Aspekte 4 Gegenstand und Material 4 Inhaltliche und didaktische Dimensionen 4 Quellenauswahl und Methode 5 Einbezogene Texte des Fallarchivs Kindheitspädagogische Forschung 5 Modulzuordnung 5 Voraussetzungen 5 Ziele 6 Leistungsnachweise 6 Anwendungsbereich/Lehrformat 6 2. Inhalte, Arbeitsschritte und Methoden 7 Grundlagen 7 Arbeitsschritt 1: Vorbereitung und Einführung in die Theoreme und Geschichte von Kindheit (Selbststudium) 7 Arbeitsschritt 2: Grundlagen der Tagebuchforschung und der Geschichte von Kindheit (Videochat/Präsenz) 7 Arbeitsschritt 3: Erste Beschäftigung mit Kindertagebüchern: Walter Eckel und Aini Teufel (Selbststudium) 8 Arbeitsschritt 4: Erste Quellenerkundungen – Kindheit im 2. Weltkrieg (Videochat/Präsenz) 9 Arbeitsschritt 5: Aufnahme weiterer Tagebücher: Gretel Bechtold und Anaïs Nin (Selbststudium) 9 Arbeitsschritt 6: Tagebuchanalysen in Bezug auf soziale Differenzen und methodische Anfänge (Videochat/Präsenz) 10 Arbeitsschritt 7: Aufnahme eines weiteren Tagebuchs (Hermann Franck/Hugo Franck) und dessen bildungshistorische Rezeption (Selbststudium) 11 Arbeitsschritt 8: Bildungshistorische Analysen, das Beispiel Hugo und Hermann Franck (Videochat/ Präsenz) 11 Arbeitsschritt 9: Lejeune (Selbststudium) 12 Arbeitsschritt 10: Reflexion von Kindertagebüchern und ihre bildungshistorische Beforschung mit Hilfe von Philippe Lejeune (Videochat/Präsenz) 12 3. Reflexion 13 4. Literatur 14
1. Grundlegende Aspekte Gegenstand und Material Inhaltliche und didaktische Dimensionen Progressives und emanzipatorisches pädagogisches Den- Zur Ausgestaltung des Seminars werden vier inhaltliche ken und Handeln wird dann sinnvoll möglich, wenn Phä- und didaktische Dimensionen tiefergehend verfolgt: Ers- nomene der Erziehung, der Bildung und des Lernens in tens soll ein grundlegender Einblick in spezifische Pers- ihrer historischen Gewordenheit und sozialen Kontingenz pektiven, Inhalte und Arbeitsweisen bildungshistorischer begriffen werden können. Dazu kann auch eine Auseinan- Forschung gegeben werden. Zweitens wird den Studie- dersetzung mit historischen Tagebüchern dienen, die nicht renden eine vertiefte Auseinandersetzung mit kindheits- nur durch das Zusammenspiel von Privatheit und Historizi- geschichtlichen Fragestellungen und Forschungsständen tät faszinieren, sondern auch einen Einblick in pädagogisch ermöglicht. Drittens wird die Rolle von Medien nicht nur relevante Lebenslagen und Erfahrungsräume bieten. Da für die Prozesse des Aufwachsens, sondern auch für die Tagebücher zudem sehr verschieden gestaltet werden und Subjektivierung und Instituierung von Kindheit problema- als Kulturphänomene immer wieder einen Funktionswan- tisiert und viertens gefragt, wie die Phänomene und Reali- del erfahren, lassen sich einerseits die persönlichen Inhal- täten sozialer Differenz in Bezug auf konkrete historische te, andererseits die medialen und materialen Eigenschaften Kontexte Vermittlung finden. Mit Bezug auf diese Dimen- der Quelle in eine bildungshistorische und erziehungswis- sionen soll ebenfalls diskutiert werden, welche pädagogi- senschaftliche Auseinandersetzung einbeziehen. schen sowie erziehungswissenschaftlichen Potentiale sich Basierend auf diesen Grund- und Leitgedanken setzen durch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der sich die Studierenden im Seminar mit historischen Kinder- Quellensorte ergeben. Da Kindertagebücher zu den sel- tagebüchern aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhun- tenen historischen Zeugnissen gehören, die von Kindern dert und damit mit einer wenig genutzten und darüber hi- selbst verfasst wurden, können die Quellen in diesem Zu- naus überaus seltenen Quelle kindheitspädagogischer und sammenhang u. a. zu einer Diskussion darüber führen, bildungshistorischer Forschung auseinander. Dabei erwei- was überhaupt unter ‚kindlichen Perspektiven‘ verstanden sen sich die historischen Tagebücher, verfasst von Kindern werden kann und wie diese in den historischen Tagebü- zwischen 9 und 12 Jahren, als höchst eindrucksvolle Doku- chern – die oft ‚unter Aufsicht‘ entstanden – vorfindlich mente kindlicher Lebenswelten. Denn zum einen geben und erkennbar werden. In dieser Hinsicht ist gleichfalls zu sie die Möglichkeit Kindheit als individuelles, historisch erkunden, wie Kinderperspektiven theoretisch und analy- veränderliches und mikrogeschichtlich situiertes Phäno- tisch fassbar werden (Kraus 2010; Heinzel 2012; Hartnack men wahrzunehmen, andererseits zeigen sich die persön- 2019). Das führt ferner zu Fragen der Herstellung von Ge- lichen Verhältnisse von Menschen in einer gesellschaftlich nerationendifferenz und damit zu einer Theoretisierung determinierten Lebensphase in ihren makrogeschichtli- des Zusammenhangs von Kindheit und Erwachsenheit chen Zusammenhängen und damit in ihren sozialen und (Alanen 2005; Baader/Eßer/Schroer 2014; King 2015; Titze gesellschaftlichen Kontexten. Über die Beschäftigung mit 2019). Somit werden auch gesellschaftliche und kollektive dem empirischem Material können auf diese Weise nicht Vorstellungen vom Kind thematisch (Baader 2004, 2007). nur sozial und kulturgeschichtliche Zusammenhänge er- Diese Themen mithilfe von Quellen zu diskutieren, die forscht, sondern auch direkte Bezüge zu den Kategorien kindlich-kreatives Vermögen enthalten, kann die domi- sozialer Differenz (z. B. race, class und gender) in ihren inter- nante Perspektive von Erwachsenen zurückstellen. Dies sektionalen Ausformungen und Verschränkungen heraus- ist zum einen bedeutsam, da in der erziehungstheoreti- gearbeitet werden. Ebenfalls bieten Kindertagebücher die schen und bildungshistorischen Diskussion üblicherwei- Gelegenheit, Medien als subjektkonstituierenden Faktor se pädagogische Klassiker*innen sowie programmatische von Kindheiten bzw. von deren Vorstellungen zu begreifen. Perspektiven größere Repräsentation erfahren (Sauerbrey 2020). Zum anderen wird dadurch ein produktiver An- schluss an die aktuelle Verwendung von (Kinder-)Tagebü- chern in pädagogischen Handlungsfeldern ermöglicht, da diese nicht nur als privates Ausdrucksmittel, sondern auch als Funktionsträger pädagogisch und/oder therapeuti- Wehren, Sylvia (2022): Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung . In: Plattform für 4 Forschungs- und Fallorientiertes Lernen | Methodenforum. DOI: 10.18442/pforle-m-3
scher Arbeit Einsatz finden (Wilz/Brähler 1997; Alaszewski Modulzuordnung 2006; Eigner/Hämmerle/Müller 2006; Kunz 2015). Nicht zuletzt wird die Frage nach dem Akteursstatus von Kindern Master Erziehungswissenschaft Universität Hildesheim gestellt (Baader 2021, 2018). Basierend auf den vier ausgeführten inhaltlich-didakti- schen Dimensionen, ist das Seminar für folgende Studien- Quellenauswahl und Methode inhalte geeignet: In Anbetracht der vorangegangenen Überlegungen wurden 1. Es werden Horizonte und Techniken bildungshistori- für das Seminarkonzept historische Kindertagebücher aus- schen Arbeitens vermittelt, in diesem Zusammenhang gewählt, die größere Diversität in Bezug auf Entstehungs- werden archivalische, medienhistorische, forschungs- kontexte, Zugänge, Funktionen des Schreibens in Inhalt, analytische, erkenntnistheoretische und methodolo- Gestaltung und Form aufweisen. Um dennoch Systemati- gische Inhalte bearbeitet (Modul 6, TM 1: Forschungs- sierung zu ermöglichen, wurde bei der Auswahl darauf ge- methoden, Methodologie und Wissenschaftstheorie, achtet, dass die Tagebücher innerhalb eines spezifischen Modul 6, TM 2: Bildungsforschung). historischen Zeitrahmens (spätes 19. und frühes 20. Jahr- 2. Eine vertiefte Beschäftigung mit kindheitsgeschichtlichen hundert) entstanden, der im Seminar sinnvoll im Zusam- Fragestellungen und Forschungsständen wird ermöglicht menhang erfass- und kontextualisierbar ist. Hinsichtlich (Modul 5a: Pädagogik der Kindheit Vertiefung I). der Methodenwahl ist an dieser Stelle darauf hinzuwei- 3. Es findet eine beständige Auseinandersetzung mit den sen, dass Tagebücher, insbesondere Kinder- und Jugend- pluralen und heterogenen Bedingungen des Aufwach- tagebücher, nicht nur textlich, sondern auch bildlich oder sens und den Kategorien sozialer Differenz statt. (Modul anderweitig material verfasst und gestaltet sein können. 5b: Diversity Education: Vertiefung I). Dies ermöglicht unterschiedliche methodisch-analytische Zugänge, die im Seminar auch triangulierend oder kont- Leistungspunkte/Credits: Es werden in dem Teilmodul rastierend behandelt werden können. So bieten sich nicht 2–4 Leistungspunkte erworben. nur inhalts- bzw. textanalytische Verfahren an, sondern Teilnehmende: Bis zu 30 Studierende im Master, in ähn- auch Methoden die Bild-, Artefakt- und Objektanalysen ak- licher Form wurde das Seminar auch im Bachelor Erzie- zentuieren. Da sich das Seminar auch als Einführung in die hungswissenschaft durchgeführt Historische Bildungsforschung versteht, wurde keine spe- zifische Methode ausgewählt, die das Seminar hätte durch- gehend begleiten können, sondern es werden – je nach Art Voraussetzungen des einzelnen Tagebuchs – verschiedene methodische Zu- gänge vorgestellt. Das Seminar versteht sich zwar als exemplarische Ver- tiefung in kindheitsgeschichtliche Zusammenhänge, es verfährt jedoch auch einführend in Bezug auf bildungshis- Einbezogene Texte des Fallarchivs torische Arbeitsweisen. Diese Seminarkonzeption basiert Kindheitspädagogische Forschung auf dem Gedanken, dass sowohl kindheitsgeschichtliche als auch bildungshistorische Forschungszusammenhänge in Sauerbrey, Ulf (2020): Kindergärtnerinnen-Briefe als Doku- Bezug auf die empirischen Analysen von Tagebüchern größ- mente historischer kindheitspädagogischer Forschung. tenteils unbekannt sein dürften. Es ist empfehlenswert, In: Fallarchiv Kindheitspädagogische Forschung. Online- dass die teilnehmenden Studierenden bereits über Grund- Zeitschrift zu Qualitativen Methoden in Forschung und kenntnisse im Bereich der Geschichte der Pädagogik verfü- Lehre 3, H. 1 ISSN (Internet) 2626-4773 | DOI: 10.18442/090 gen. Zudem sollten sie mit Grundbegriffen und Theorien der Hildesheim: Universitätsverlag Hildesheim. Erziehungswissenschaft vertraut sein. Vertiefte Kenntnisse im wissenschaftlichen Arbeiten sind für eine produktive (Der Text von Ulf Sauerbrey wurde nicht im Seminar be- Teilnahme am Seminar ebenfalls von Vorteil. Grundsätzlich handelt, jedoch bei der Erstellung des vorliegenden Bau- sollten die Studierenden befähigt sein, auf Basis von grund- steins in die Auseinandersetzung einbezogen.) legendem Fach- und Überblickswissen, die spezifischen Wehren, Sylvia (2022): Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung . In: Plattform für 5 Forschungs- und Fallorientiertes Lernen | Methodenforum. DOI: 10.18442/pforle-m-3
Inhalte des Seminars in erziehungswissenschaftliche Frage- Inhaltlich sind für die Ausgestaltung des Portfolios vier stellungen und Horizonte einordnen zu können. Qualitätsmerkmale zu erfüllen: Erstens soll das Portfolio in Bezug auf Seminarinhalte vollständig sein, zweitens muss eine durchgehende Auseinandersetzung mit den Ziele Primär- und Sekundärliteraturen erkennbar werden. Drittens wird die Verschriftlichung von eigenen the- 1. Die Studierenden erhalten einen zusammenfassenden men- und problembezogenen Gedanken erwartet und Überblick über historische Phasen der Entwicklung viertens sollen die Grundprinzipien wissenschaftlichen von Kindheiten im deutschen resp. europäischen Raum Arbeitens Anwendung finden (z. B. Transparenz in Be- (18.–21. Jahrhundert). Danach setzen sie sich näher mit zug auf Autor*innenschaft der Quellen sowie Literatu- Kindsein und den Vorstellungen von Kindheit im späten ren). Alle genannten Richtlinien zielen auf den Zusam- 19. und frühen 20. Jahrhundert auseinander. menhang von Dokumentation und Reflexion. 2. Begleitend dazu sollen die Teilnehmenden des Seminars 2. Zusätzlich – je nach erforderlicher Prüfungsleistung – ist vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der geschichtlichen eine schriftliche Abschlussaufgabe zu leisten. Die Stu- Ausbildung erziehungswissenschaftlicher Kindheitsfor- dierenden, die 2 Punkte im Seminar erwerben möchten, schung erwerben und für unterschiedliche bildungshis- schreiben am Ende der Vorlesungszeit entweder eine torische Zugänge und Positionen sensibilisiert werden. abschließende Reflexion zum Thema „Was habe ich zum In diesem Zusammenhang wird eine vertiefte Ausein- Thema des Seminars gelernt?“ (2–3 Seiten) oder sie pro- andersetzung mit den Themen ‚Kindheit als Konstrukt‘ bieren eine selbstständige Analyse zu einem Kindertage- und der ‚kindlichen Perspektive‘ angestrebt. buch in Bezug auf einen Themenfokus ihrer Wahl (z. B. 3. Daneben lernen die Studierenden (Kinder-)Tagebücher Freundschaft, Tod und Krankheit, Geschwisterbezie- als eine spezifische, erziehungshistorische Quellensorte hung) (2–3 Seiten). Die Analyse kann, muss aber nicht kennen und erlangen grundlegendes Wissen über die methodisch reflektiert werden, jedoch sollen Bezüge zu Entstehung und die Ausgestaltung der sozial-kulturel- Texten aus der Seminarliteratur hergestellt werden. Die len Praxis des Tagebuchschreibens. Studierenden, die 4 Punkte im Seminar erwerben möch- 4. Ebenfalls werden in einem vergleichenden sowie kon- ten, versuchen sich gegen Ende des Seminars entweder trastierenden Überblick einige ausgewählte Methoden in einer selbstständigen methodisch und thematisch der historischen Bildungsforschung vorgestellt, dies in fokussierten Analyse eines Auszuges aus einem Kinder- stetem Bezug zur Quellensorte Tagebuch. Die Studie- tagebuch. Diese soll sich intensiver auf Sekundärlite- renden erhalten zudem die Möglichkeit, methodisch an- raturtexte beziehen (4–6 Seiten). Oder sie setzen einen geleitete Probeanalysen durchzuführen. der im Seminar verwendeten Texte von Phillipe Lejeune 5. Darüber hinaus sollen die Studierenden in die Lage ver- (2014; 2015), in denen er über seine Forschungen zu den setzt werden, selbstständig Informationen zur Überlie- Charakteristika und Praxen von Tagebüchern reflektiert, ferungs- und Entstehungsgeschichte, zu Autor*innen in Beziehung zu einem im Seminar bearbeiteten Kinder- und Kontexten fachbezogen zu recherchieren. Dazu tagebuch (4–6 Seiten). werden sie die entsprechenden Institutionen und Hilfs- mittel kennenlernen. In diesem Zusammenhang erwer- ben die Studierenden auch Fähigkeiten zu quellen- und medienkritischen Arbeitsweisen. Anwendungsbereich/Lehrformat a) Master-Studiengang Erziehungswissenschaft Leistungsnachweise b) Seminarkonzept für ein Semester 1. Alle Studierenden legen ein Portfolio an. Dieses wird als Lehrformat: aller zwei Wochen Videochat und/oder Prä- selbstständig organisiertes Lerntagebuch verstanden. senzsitzung, dazwischen Phasen im Selbststudium. Es gibt keine weiteren formalen Vorgaben, außer, dass das Portfolio zur Leistungsüberprüfung in eine zur Be- gutachtung nachvollziehbare Ordnung zu bringen ist. Wehren, Sylvia (2022): Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung . In: Plattform für 6 Forschungs- und Fallorientiertes Lernen | Methodenforum. DOI: 10.18442/pforle-m-3
2. Inhalte, Arbeitsschritte und Methoden Grundlagen Die Studierenden sollen zentrale Inhalte und wichtige The- sen aus den Texten in das Portfolio aufnehmen. Gleichzeitig Das Seminarkonzept ist zwar unter Pandemiebedingungen sind sie aufgefordert, Fragen und persönliche Interessen zu entstanden. Es kann aber auch im regulären Veranstaltungs- notieren. betrieb, mit ggf. situationsbedingten Anpassungen, Anwen- dung finden. Gespräch und Vermittlung der Inhalte finden grundsätzlich in Seminargesprächen statt (über Videochat Arbeitsschritt 2: Grundlagen der oder in Präsenz). Diese werden zweiwöchig zur selben Zeit anberaumt und haben einen Umfang von 90 Minuten. Zwi- Tagebuchforschung und der Geschichte schen den Plenumsterminen haben die Studierenden Zeit für von Kindheit (Videochat/Präsenz) Lektüre und für ein vertieftes Selbststudium. In diesen Pha- sen können die Studierenden zusammenarbeiten, dies ist Nach zwei Wochen im Selbststudium treffen sich die Teil- aber keine Bedingung. Für die Zeiten im Selbststudium hat nehmenden des Seminars erstmalig im Plenum. Die Stu- es sich bewährt, feste Termine zur individuellen Beratung dierenden haben ein Portfolio angelegt und beide Texte und Hilfestellung anzubieten (1x wöchentlich). Ebenfalls (Andresen 2004; Winkler 2017) vorbereitet. Ziel der ersten hat es sich als sinnvoll erwiesen, den Studierenden dabei zu gemeinsamen Sitzung ist ein Basisgespräch über das Semi- helfen, sich untereinander in Verbindung zu setzen, z. B. in nar und Kindertagebücher sowie ein vertiefendes Gespräch Form von Interessensverbünden. Zur gemeinsamen Zusam- zur Geschichte der Kindheit, der bildungshistorischen menarbeit ist des Weiteren eine digitale Lernplattform von Kindheitsforschung und der Genese der gesellschaftlichen Vorteil, die z. B. Seminarmaterialien zur Verfügung stellen Konstruktion von Kindheit. Dabei wird auch das bereits kann. Für dieses Seminar wurde das Learnweb verwendet. vorhandene Wissen der Studierenden über diese Themen- bereiche erfragt. Arbeitsschritt 1: Vorbereitung und Vorgehen Einführung in die Theoreme und 1. Nach einer Begrüßungsrunde werden Bilder von Origi- Geschichte von Kindheit (Selbststudium) nalkindertagebüchern gezeigt. Dabei wird erzählt, wie die Tagebücher aufgefunden und tradiert wurden, wo Zwei Wochen vor Beginn der ersten gemeinsamen Sitzung sie archiviert oder veröffentlicht sind und was über die erhalten die Studierenden eine E-Mail zur Begrüßung. Die- historischen Personen bekannt ist, die die Tagebücher se gibt grundsätzliche Informationen zur Organisation des geschrieben haben. Dadurch sollen erstens die Diversi- Seminars und zu den Leistungserwartungen. Zudem ent- tät sowie die Objektgeschichten der Quellen deutlich hält das Schreiben eine Leseaufgabe. Die Materialien sind gemacht sowie zweitens die Aufmerksamkeit auf den auf der Lernplattform (Learnweb) zu finden. Dadurch kön- Kontext, die Person(en), den schriftlichen Gehalt und nen folgende Textauszüge bis zur ersten Sitzung im (neu das Artefakt zugleich gelenkt werden. angelegten) Portfolio aufbereitet werden: 2. Daran anschließend werden virtuelle Ausflüge zu den Archiven und Bibliotheken unternommen in denen Kin- Sekundärliteratur 1: Winkler, Martina (2017): Kindheits- dertagebücher aufbewahrt werden und in denen weitere geschichte. Eine Einführung. Göttingen: Vandenhoeck & kindheitsgeschichtlich relevante Quellen zu entdecken Ruprecht, S. 9–16, 79–138. sind. Auch dadurch wird der Blick von Studierenden auf Sekundärliteratur 2: Andresen, Sabine (2004): Kindheit diverse Quellensorten geweitet (Sauerbrey 2020, S. 3). als Dispositiv. In: Pongratz, Ludwig/Wimmer, Michael/ Zum Beispiel können folgende Institutionen virtuell be- Nieke, Wolfgang/Masschelein, Jan (Hrsg.): Nach Fou- sucht werden: cault. Diskurs- und machtanalytische Perspektiven der a) Deutsches Tagebucharchiv Emmendingen: https:// Pädagogik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaf- tagebucharchiv.de/ ten, S. 158–175. Wehren, Sylvia (2022): Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung . In: Plattform für 7 Forschungs- und Fallorientiertes Lernen | Methodenforum. DOI: 10.18442/pforle-m-3
b) pictura paedagogica online: Arbeitsschritt 3: Erste Beschäftigung http://opac.bbf.dipf.de/virtuellesbildarchiv c) Archiv der Akademie der Künste: mit Kindertagebüchern: Walter Eckel https://www.adk.de/de/archiv/index.htm und Aini Teufel (Selbststudium) d) Stiftung Preußischer Kulturbesitz: https://digital.staatsbibliothek-berlin.de/ Die Studierenden haben über den Seminarplan und durch 3. An die virtuellen sowie materialen Erkundungen die digitale Plattform Learnweb Überblick über die Aufga- schließt sich ein Gespräch mit den Studierenden an. Die- ben und Inhalte der kommenden Wochen. Sie haben nun se sind nun aufgefordert zu erzählen, welche Assoziatio- zwei Wochen Zeit, um das Portfolio weitergehend zu orga- nen und Erfahrungen sie persönlich mit dem Schreiben nisieren, die erste gemeinsame Sitzung nachzubereiten, sich von Tagebüchern verbinden, auch in Bezug auf eigene mit weiteren Texten zu beschäftigen und die kommende Sit- Kindheits- und Jugenderfahrungen. Daneben haben sie zung vorzubereiten. Für die zweite Sitzung ist angedacht, in die Möglichkeit, Interessenfragen zu stellen oder bisher einen ersten Kontakt mit den Quellen zu gehen, daher ste- unverständliche Zusammenhänge zu erfragen. Im Rah- hen nun zwei Kindertagebücher bzw. Auszüge aus diesen men des Gesprächs werden Informationen darüber ver- im Mittelpunkt der Betrachtungen und der weiteren Port- mittelt, in welchen professionellen Settings Tagebücher folioarbeit. Folgende Texte und Materialien sollen daher zur aktuell Einsatz finden und welche Geschichte das Tage- nächsten Seminarsitzung vor- und aufbereitet werden: buchschreiben aufweist. 4. Darauffolgend wird ein Gespräch über die historischen Tagebuch 1: Eckel, Walter (2009): Ich habe alles aufge- und familiären Umstände angestrebt, die dazu geführt schrieben! Ein Kindertagebuch aus dem Krieg. Norder- haben, dass Kinder im 19. und frühen 20. Jahrhundert stedt: Books on Demand, S. 1–42. Tagebuch schrieben bzw. in die Lage versetzt waren Tagebuch 2: Teufel, Aini (2011[1944]): Ich und die Stadt. Tagebuch zu führen. In diesem Zusammenhang ist es Kindertagebuch 1944–45. Dresden: Thelem, S. 5–43. Aufgabe im Plenum Textbezüge zu Winkler (2014) her- Webpräsenz von Aini Teufel, online unter http://www. zustellen. Dadurch wird ein Nachvollzug kindheitsge- aini-teufel.de/autorin/index.php?navi=kindertagebuch schichtlicher Entwicklungen (auch in Bezug auf die Pra- xen des Tagebuchschreibens) angestrebt. Die vorgeschlagenen Tagebücher ähneln sich insofern, als 5. Zuletzt wird die soziale Konstruktion von Kindheit ge- dass sie als Tagebücher unter Kriegserfahrung (2. Weltkrieg) meinsam thematisiert (Andresen 2004). Dabei soll in verfasst und zur fast gleichen Zeit entstanden sind. Beide einem ersten Angang das Potential der Quelle für die er- Tagebücher wurden zudem nachträglich von den Schrei- ziehungswissenschaftliche Auseinandersetzung fassbar benden selbst veröffentlicht. Während jedoch Walter Eckel gemacht werden. sich sehr bemüht zeigt, die Veröffentlichung so originalge- treu wie möglich zu halten – zum Beispiel werden Auszüge Die erste gemeinsame Sitzung ist sehr reich an Eindrücken aus dem Original mit abgedruckt und sich selbst auferlegte und Informationen. Vornehmlich dient sie dazu, Interessen Transkriptionsregeln transparent gemacht – und auch Be- zu wecken und Assoziationsräume herzustellen. Da nicht mühungen zur historischen Kontextualisierung erkennbar alle Informationen von den Studierenden gedanklich und sind, ist das Kindertagebuch von Aini Teufel in eine starke schriftlich aufgenommen werden können, ist es hilfreich, literarische und auch explizit politisch gerahmte Umschrift anschließend eine Liste mit den gezeigten Materialen und einbezogen. Dabei ordnet die Autorin Einträge neu an und Einrichtungen zur Verfügung zu stellen oder auch eine pflegt auch frühe, selbstangefertigte Kinderzeichnungen schriftliche Zusammenfassung der Inhalte zu bieten. und zeitgenössische Materialien (z. B. Fotos, Zeitungsaus- schnitte, Formulare) mit ein. Zudem unterscheiden sich Motivationslagen der kindlichen Schreibenden. Walter Eckel fängt im Alter von 9 Jahren an, das Tagebuch als Be- richt über seine Kinderlandverschickung in einer Art Rei- sebericht zu verfassen, setzt dann die Einträge regelmäßig und selbstständig fort. Dazu nutzt er Schreibhefte. Aini Teu- fel wird über ihre Mutter zum Tagebuchschreiben angehal- Wehren, Sylvia (2022): Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung . In: Plattform für 8 Forschungs- und Fallorientiertes Lernen | Methodenforum. DOI: 10.18442/pforle-m-3
ten. Das Tagebuch, dass explizit als solches vorgesehen ist, Diese zweite gemeinsame Sitzung dient wie die erste bekommt sie von ihrer Mutter zum Geburtstag geschenkt. Sitzung dazu, sich einen Eindruck zu verschaffen, diesmal In der vorliegenden Publikation werden die (wahrschein- in Fokussierung auf die Tagebücher. Zudem können erste lich bearbeiteten) Originalbeiträge aus dem Tagebuch den Bezüge zwischen Sekundärmaterialien und Sekundärlite- familialen und historischen Materialien beigemischt. raturen sowie den Primärquellen hergestellt werden. Es ist empfehlenswert, die Sitzung stark auf die Interessen und Impulse der Studierenden zu konzentrieren und darauf ba- Arbeitsschritt 4: Erste sierend die weitere inhaltliche Beschäftigung mit den Tage- büchern zu entwickeln. Auch für diese Sitzung ist es hilf- Quellenerkundungen – Kindheit im reich, den Studierenden nachträglich einige Materialien, 2. Weltkrieg (Videochat/Präsenz) Begriffe und Hinweise gesammelt zur Verfügung zu stellen. Nach zwei Wochen treffen sich die Teilnehmenden des Seminars wieder im Plenum. Die Studierenden haben das Arbeitsschritt 5: Aufnahme weiterer Portfolio weiterbearbeitet und die Tagebücher vorbereitet. Einige Studierende haben in der Zwischenzeit das angebo- Tagebücher: Gretel Bechtold und tene Beratungsgespräch in Anspruch genommen. In diesem Anaïs Nin (Selbststudium) wurden vornehmlich Unsicherheiten in Bezug auf das Port- folio geklärt. Ziel der zweiten gemeinsamen Sitzung ist nun Die Studierenden haben erneut zwei Wochen Zeit, um In- die Erkundung der ersten Kindertagebücher. Dabei sollen halte nach- und vorzubereiten. Geplant ist nun eine weitere sowohl quellenkritische Überlegungen angestellt als auch Beschäftigung mit neuen Tagebuchauszügen und einigen Verknüpfungen mit der Sekundärliteratur zur Kindheitsge- anliegenden historischen Materialen. Die Tagebücher sind schichte angestrebt werden. Dies ist auch in Bezug auf den so ausgewählt, dass sie die Tagebücher von Walter Eckel sozialen Status der Tagebuchschreibenden relevant, da es und Aini Teufel mit weiterer Vielfalt ergänzen. Folgende sich bei diesen um christlich und bürgerlich situierte weiße Texte und Materialien sollen zur nächsten Seminarsitzung Personen handelt, die selber nicht zum Ziel nationalsozia- vor- und aufbereitet werden: listischer Verfolgung wurden. Tagebuch 3: Bechtold, Gretel (1997): Ein Deutsches Kinder- Vorgehen tagebuch in Bildern. 1933–1945. Freiburg i. Br: Kore, S. 1–41. Tagebuch 4: Nin, Anaïs (1995): Das Kindertagebuch (1914– Die Sitzung beginnt mit weiteren einordnenden und kon- 1919). Mit einem Vorwort von Joaquín Nin-Culmell, Aus- textualisierenden Informationen zu den Tagebuchschrei- züge. Aus dem Französischen von Irène Kuhn, S. 1–35. benden und zu den Objektgeschichten der originalen Ta- Wikipediaeintrag Anaïs Nin, online unter https:// gebücher. Diese sind durch die Dozierende in Form einer de.wikipedia.org/wiki/Ana%C3%AFs_Nin Präsentation aufbereitet. Danach werden die Eindrücke Wikipediaeintrag Hitlerjungen Quex – Ein Film vom der Studierenden zu den Tagebüchern gesammelt. Dabei Opfergeist der deutschen Jugend, online unter https:// ist eine Aufgabe für die Studierenden, die Tagebücher im de.wikipedia.org/wiki/Hitlerjunge_Quex Seminar gemeinsam kindheitsgeschichtlich (Winkler 2017) zu verorten. Es schließt sich ein Gespräch darüber an, in- Beide Tagebuchauszüge setzen an, als beide Schreiben- wieweit die Tagebücher als authentisch in Bezug auf kind- de – Anaïs Nin und Gretel Bechthold – 11 Jahre alt sind. Die liche Perspektiven zu verstehen sind. In dieser Hinsicht Schreib- und Ausdrucksweisen unterscheiden sich jedoch werden erste quellen- und kindheitskritische Überlegun- beträchtlich, sowohl voneinander als auch von den bereits gen angestellt, die hauptsächlich von den Informationen im Seminar behandelten Tagebüchern. Es ist unbekannt, und Hinweisen getragen werden, die durch die Dozierende wann Gretel Bechtold ihr Tagebuch begann. Veröffentlicht eingegeben werden. Danach sollen die Studierenden sich wurden nur Auszüge von 1933 bis 1945. Die Tagebucheinträ- inhaltlich-vergleichend zu den Tagebüchern äußern, dabei ge wurden zusammen mit weiteren Materialien (von Gretel kann Staunenswertes, Unverständliches oder auch persön- gezeichnete Bilder und selbst verfasste Gedichte, Briefaus- lich Interessantes formuliert werden. züge und Schulaufgaben) später in Zusammenarbeit mit Wehren, Sylvia (2022): Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung . In: Plattform für 9 Forschungs- und Fallorientiertes Lernen | Methodenforum. DOI: 10.18442/pforle-m-3
der historisch und feministisch interessierten Verlegerin rialien vorbereitet. Ziel der dritten gemeinsamen Sitzung ist Traute Hensch veröffentlicht. Die Publikation versteht sich nun eine konkrete analytische Arbeit an den Tagebuchaus- auch als Dokumentation des Nationalsozialismus und als zügen – dies sowohl in Verbindung zum historischen Kon- kritisches Kriegszeugnis. Während die Originaltagebücher text als auch mit Fokussierung auf verschiedene Aspekte von Walter Eckel und Aini Teufel größtenteils in Form von sozialer Differenz. Zudem werden einführend konkrete bil- schriftlichen Eintragungen abgefasst wurden, zeichnet sich dungshistorische Methoden vorgestellt und besprochen. das Tagebuch von Gretel Bechtold – auch geprägt durch ver- legerische Intentionen – durch eine Vielzahl an Bildern aus. Vorgehen Die Tagebücher von Anaïs Nin erweitern den Korpus eben- falls. Die Einträge wurden nicht nur zwischen 1914 und 1919 1. Zunächst werden die Studierenden aufgefordert, Ein- geschrieben, und damit in einer Zeit vor dem zweiten Welt- drücke aus den Tagebüchern zu formulieren. Das Ge- krieg. Auch befand sich Anaïs Nin nicht in Deutschland, spräch wird insbesondere auf kindheitsgeschichtliche sondern zuerst in Spanien (Barcelona), dann in US-Ameri- Perspektiven, auf historische Kontexte, auf Aspekte so- ka (New York). Zudem wird das Tagebuch zunächst in Form zialer Ungleichheit und auch methodisch-analytische von Briefen an den Vater verfasst, es erfährt im Verlauf der Ansätze bezogen. Zum Beispiel werden die Studierenden Einträge jedoch einen Funktionswandel. Auf Deutsch liegt aufgefordert, die Situationen der Tagebuchschreiben- das Tagebuch vor, da es sich bei Anaïs Nin – ebenfalls im den in Bezug auf kindheitsgeschichtliche Entwicklun- Unterschied zu den vorhergehenden Schreibenden – um gen einzuordnen, Differenzkategorien im Tagebuch zu eine später berühmte Person öffentlichen Lebens handelt, markieren, die ihnen auffallen und zu überlegen, wie u. a. aufgrund ihrer weltweit rezipierten Schriftstellerei. man die Tagebücher nun methodisch behandeln könnte. Dies führt u. a. zu einer völlig anderen Quellenlage in Be- Auch geht es um eine Ausarbeitung und Unterscheidung zug auf das Originaltagebuch, z. B. hinsichtlich der Tra- der im Tagebuch vorfindlichen ‚kindlichen‘ Perspekti- dierungs- und Rezeptionsgeschichte. Auch unterscheiden ven. sich die Tagebücher stark in Bezug auf den anzunehmen- 2. Bei passender Gelegenheit werden zwei weitere Mate- den Entwicklungs- und Kenntnisstand der Schreibenden. rialien hinzugezogen. Zum einen wird, wenn z. B. Fragen Während das publizierte Tagebuch von Gretel in Teilen nach der Autorin Anaïs Nin aufkommen, die Dokumen- differente Alterstände vermuten lässt und durch die Zeich- tation „Anaïs observed. A portrait of a woman as artist“ nungen und die Art des Schreibens stark kindlich assoziiert (1976), von Robert Snyder, online unter https://www. wird, wirkt das Tagebuch von Anaïs Nin bildungsbürger- youtube.com/watch?v=s3AC39RxjPU im Ausschnitt ge- lich bewandert und poetisch versiert. Sowohl in Ausdruck zeigt. In diesem Film spricht Anaïs Nin selbst über ihr als auch in Form orientiert es sich an einem Schreibstil, der Tagebuch, klärt zum Beispiel ihre eigene erinnerte Mo- aktuell eher Erwachsenen zugeschrieben wird. tivlage in Bezug auf das Schreiben. Zum anderen wird, Von besonderem Interesse für die Bearbeitung im Semi- wenn z. B. Inhalte aus dem Tagebuch von Gretel Bech- nar sind zudem die inhaltlichen Fokussierungen von Gretel thold angesprochen sind, der Film „Hitlerjunge Quex – Bechtold und Anaïs Nin. Anhand beider Tagebücher lassen Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend“ (1933) sich zudem Themen von geschlechtlicher und gesellschaft- thematisiert. Bei diesem Film handelt es sich um einen licher Differenz bearbeiten. sogenannten Vorbehaltsfilm der Friedrich-Wilhelm- Murnau-Stiftung. Über ihn bzw. über einige Szenen schreibt Gretel Bechthold im Tagebuch. Er stellt ihre Arbeitsschritt 6: Tagebuchanalysen erste Kinoerfahrung dar. Die Studierenden können sich in Bezug auf soziale Differenzen über eine wissenschaftliche Einordnung des Films so- wohl dem Schreiben Gretels nähern als auch weitere his- und methodische Anfänge torische Kontexte kennenlernen. Didaktisch zu beachten (Videochat/Präsenz) ist, dass der Film einer stärkeren Kontextualisierung be- darf, da es sich um einen nationalsozialistischen Propa- Nach zwei Wochen treffen sich die Teilnehmenden des Se- gandafilm handelt, der explizite Hassrede, Falsch- und minars wieder im Plenum. Die Studierenden haben das Port- Gewaltdarstellungen enthält. Und in diesem Zusam- folio weiterbearbeitet und die Tagebücher sowie die Mate- menhang ist zu ergänzen: Auch das Tagebuch von Gretel Wehren, Sylvia (2022): Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung . In: Plattform für 10 Forschungs- und Fallorientiertes Lernen | Methodenforum. DOI: 10.18442/pforle-m-3
Bechthold enthält Symbole, die in der Bundesrepublik rische Bearbeitung des Tagebuchs exemplarisch zeigen. Die unter Verbot stehen. Eine Aufklärung darüber, weshalb Studierenden sollen daher folgende Texte aufbereiten: diese nichtsdestotrotz im Seminar gezeigt und bearbei- tet werden dürfen, ist daher unbedingt geboten. Sekundärliteratur 3: Becchi, Egle (2014): Ein Vater, ein 3. Im Anschluss werden Arbeitstechniken und Methoden Kind, zwei Egodokumente. In: Ketelhut, Klemens (Hrsg.): der Historischen Bildungsforschung über eine Power- Erziehungsgeschichte/n. Kindheiten – Selbstzeugnis- Point-Präsentation resp. über eine Buchvorstellung ein- se – Reflexionen (Beiträge zur Historischen Bildungsfor- führend vermittelt. schung, Bd. 43). Köln/Weimar/Wien: Böhlau, S. 119–137. Für bildanalytische Verfahrensweisen, die in Verbin- Tagebuch 5/Sekundärliteratur 3: Hermann Franck (1997): dung mit dem Tagebuch von Gretel Bechtold bespro- Wenn Du dies liest … Tagebuch für Hugo. Mit einer Ein- chen werden, finden u. a. folgende Texte Verwendung: führung von Hartmut von Hentig. Herausgegeben von a) Mollenhauer, Klaus (1997): Methoden erziehungs- Andreas Feuchte. München: Hanser Verlag, S. 21–40, wissenschaftlicher Bildinterpretation. In: Frieberts- 77–160 (mit Unterbrechungen). häuser, Barbara; Prengel Annedore (Hrsg.): Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungs- wissenschaft. Weinheim und München: Juventa, Arbeitsschritt 8: Bildungshistorische S. 247–264. b) Ehrenspeck, Yvonne/Schäffer, Burkhard (2003) Analysen, das Beispiel Hugo und (Hrsg.): Film- und Fotoanalyse in der Erziehungswis- Hermann Franck (Videochat/Präsenz) senschaft: ein Handbuch. Opladen: Leske + Budrich. c) Pilarczyk, Ulrike/Mietzner, Ulrike (2005). Das reflek- Nach zwei Wochen treffen sich die Teilnehmenden des Semi- tierte Bild: die seriell-ikonografische Fotoanalyse in nars wieder im Plenum. Die Studierenden haben das Portfo- den Erziehungs- und Sozialwissenschaften. Bad Heil- lio weiterbearbeitet und die Tagebücher sowie die Sekundär- brunn: Klinkhardt. literatur vorbereitet. Ziel der vierten gemeinsamen Sitzung d) Marotzki, Winfried/Niesyto, Horst (2006) (Hrsg.): ist es nun sowohl wiederholt über kindliche Perspektiven zu Bildinterpretation und Bildverstehen: Methodische sprechen, als auch Tagebücher historisch und medial diffe- Ansätze aus sozialwissenschaftlicher, kunst- und rent wahrzunehmen und darüber hinaus bildungshistori- medienpädagogischer Perspektive. Wiesbaden: VS sche Lesarten von Tagebüchern kennenzulernen. Verlag für Sozialwissenschaften. Vorgehen Arbeitsschritt 7: Aufnahme In der Sitzung wird zunächst das Tagebuch von Hermann eines weiteren Tagebuchs Franck besprochen. Die Einträge beginnen im Jahr 1847, (Hermann Franck/Hugo Franck) sein Sohn Hugo ist zu diesem Zeitpunkt 7 Jahre alt. Da es das früheste Tagebuch im Quellenkorpus des Seminars dar- und dessen bildungshistorische stellt und aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammt, wird Rezeption (Selbststudium) eine kurze historische Kontextualisierung vorgenommen. Das Tagebuch unterscheidet sich nicht nur zeitlich, son- Weitere zwei Wochen dienen der Vor- und Nachbereitungs- dern auch textlich sehr stark von den bisher betrachteten zeit von Seminarinhalten. Geplant ist nun die weitere Be- Tagebüchern, da es von einem Erwachsenen verfasst wur- schäftigung mit neuen Tagebuchauszügen und einigen an- de. Hermann Franck beginnt mit dem Schreiben des Tage- liegenden historischen Materialen. Das Besondere in der buchs nur wenige Tage nach dem Tod seiner Frau, Hugos kommenden Sitzung wird sein, dass zum einen ein vermit- Mutter. Das Besondere ist, dass er nicht vornehmlich über teltes Tagebuch im Tagebuch als Quelle vorliegt, da ein Va- sich selbst schreibt, sondern vor allem über seinen Sohn ter (Hermann Franck) sehr ausführlich Tagebuch über sei- Hugo, zumeist in direkter Ansprache an ihn. Das Tagebuch nen Sohn (Hugo Franck) führt, der im Tagebuch in teilweise ist als Erziehungstagebuch sowie als Mitteilung an Hugo wörtlicher Rede repräsentiert ist. Zum anderen werden zwei angelegt. Neben der Rechtfertigung seiner Erziehungswei- Sekundärliteraturtexte besprochen, die eine bildungshisto- sen ist dem Vater wichtig, die Sichtweisen seines Sohnes auf Wehren, Sylvia (2022): Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung . In: Plattform für 11 Forschungs- und Fallorientiertes Lernen | Methodenforum. DOI: 10.18442/pforle-m-3
die Geschehnisse der Tage und seiner Erziehung festzuhal- Arbeitsschritt 10: Reflexion von ten. Er dokumentiert die Äußerungen von Hugo so detail- Kindertagebüchern und ihre liert wie möglich. Auf diese Weise ergeben sich an einigen Stellen des Tagebuchs auch Passagen in rekonstruktiver bildungshistorische Beforschung mit Hilfe Dialogform. Im Seminar wird daher noch einmal eingehend von Philippe Lejeune (Videochat/Präsenz) über die Theoretisierung von ‚Kinderperspektiven‘ gespro- chen, auch wird die historische Beziehung zwischen Vater Nach zwei Wochen treffen sich die Teilnehmenden des und Sohn thematisiert, die auch deshalb für viele spannend Seminars wieder im Plenum. Die Studierenden haben das ist, weil das Leben der beiden Personen tragisch endet. Hugo Portfolio weiterbearbeitet und die Tagebücher sowie die stirbt unter ungeklärten Umständen im Alter von 15 Jahren Materialien vorbereitet. Ziel der fünften und letzten ge- in einem Hotelbett, sein Vater nimmt sich zu gleicher Zeit meinsamen Sitzung ist eine Reflexion der Seminararbeit das Leben. Um die Faszination an den dramatischen und zu über die Vorlesungszeit, sowohl in Bezug auf die Kinderta- Spekulation einladenden Ereignissen wissenschaftlich ein- gebücher als auch deren bildungshistorische Beforschung. zubetten, werden im Seminar auch ausführlich die Sekun- In dieser Hinsicht sollen zusammenfassende, ordnende därliteraturquellen (Hentig 1997; Becchi 2014) besprochen. und systematisierende Gespräche stattfinden. Die Sitzung Diese sollen als nachvollziehbare Beispiele zur bildungshis- zielt damit auf die Entwicklung und die Zusammenfassung torischen Bearbeitung von Tagebüchern dienen. von Ergebnissen. Vorgehen Arbeitsschritt 9: Lejeune (Selbststudium) 1. Das Plenum spricht zunächst über die Texte von Philip- Mit diesem Arbeitsschritt beginnt die letzte Phase im pe Lejeune. Neue Informationen werden eingeordnet Selbststudium. Sie ist bereits auf die Reflexion des bisher und kontextualisiert, bereits Bekanntes wird in Bezug Gelernten, Gesehenen und Erarbeiteten angelegt. Für die auf die bisherigen Seminarmaterialien diskutiert. Studierenden ist es die Aufgabe, sich mit zwei Texten von 2. Dann werden gemeinsam – in Form einer Liste – die Po- Philippe Lejeune, einem französischen Historiker, der sehr tentiale von Kindertagebüchern für ein erziehungswis- intensiv zu Tagebüchern forscht, zu beschäftigen. Lejeune senschaftliches Studium überlegt und formuliert. Dabei reflektiert in diesen Texten seine analytische Arbeit an werden auch Bezüge zu kindheitsgeschichtlichen Frage- Mädchentagebüchern aus dem 19. Jahrhundert. Zudem dis- stilen und Forschungshorizonten aufgenommen. kutiert er verschiedene Problemzusammenhänge in Bezug 3. Zuletzt steht die Vielfalt der historischen Zugänge und auf die Erforschung von Tagebüchern im Allgemeinen. Die Arbeitsweisen im Mittelpunkt der Betrachtungen. Auch Studierenden bereiten folgende Texte vor: hier erfolgt eine gemeinsame, und in eine schriftliche Ordnung gebrachte, Reflexion. Sekundärliteratur 4: Lejeune, Philippe (2015): Datierte Spuren in Serie. In: Steuwer, Janosch/Graf, Rüdiger (2015) (Hrsg.): Selbstreflexionen und Weltdeutungen. Tage- bücher in der Geschichte und der Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts. Göttingen: Wallstein, S. 37–46. Sekundärliteratur 5: Lejeune, Philippe (2014): Mädchen- tagebücher aus dem 19. Jahrhundert. In: „Liebes Tage- buch“ Zur Theorie und Praxis des Journals (Herausge- geben von Lutz Hagstedt), S. 161–193. Wehren, Sylvia (2022): Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung . In: Plattform für 12 Forschungs- und Fallorientiertes Lernen | Methodenforum. DOI: 10.18442/pforle-m-3
3. Reflexion Der Lehrbaustein lässt sich in vielerlei Hinsicht adaptieren, Didaktische Überlegungen erweitern oder umgestalten. Nicht nur die Personengrup- pe oder der Bezugshorizont kann anders gewählt werden, Die Tagebücher regen ebenso dazu an, die eigenen poli- sondern es bieten sich auch zu erweiternde thematische tisch-normativen Reflexe und pädagogischen Einstellun- Fokussierungen an. Es wäre z. B. denkbar, sich nicht mit gen zu beobachten. Gerade aufgrund der didaktischen Kindertagebüchern, sondern mit Jugend-, Frauen oder Sol- Eigenheiten der Quelle ,Tagebuch‘, ist im Allgemeinen eine dat*innentagebüchern zu beschäftigen. Ebenfalls könnten stärkere Emotionalisierung der Lesenden zu erwarten, u. a. Tagebücher aus explizit pädagogischen Zusammenhän- weil private Inhalte geteilt werden, aber auch weil histo- gen, wie z. B. Berufs-, Ausbildungs- oder Schultagebücher rische Individuen mit eigenen sozialen Horizonten und betrachtet werden. Daneben kann (fast) jedes Thema, das Kontexte sprechen, die oftmals stark wertende Setzungen von pädagogischem Interesse ist, entlang von Tagebüchern vornehmen. In dieser Weise fordern die Tagebücher die ei- Bearbeitung finden. Hier wäre z. B. eine nähere Auseinan- genen Positionierungen heraus. Auch daran lassen sich so- dersetzung mit Lebensphänomenen wie Freundschaft, ziale Differenzverhältnisse besprechen und wissenschaft- Krankheit, Tod, Schule oder Unterricht denkbar. Auch eine lich bearbeiten. So kann bemerkt werden, dass Studierende intensivierte Beschäftigung mit einer spezifischen Katego- im Kontakt mit Tagebüchern des Öfteren dazu tendieren, rie sozialer Differenz ist möglich: Z. B. können Geschlech- die Tagebücher entweder nach Unterhaltungswert zu beur- ter- oder Klassenverhältnisse sowie unterschiedliche religi- teilen und/oder die Tagebuchinhalte bzw. die schreibenden öse Überzeugungen und Praktiken an den Quellen studiert Personen stark affektiv zu besetzen. In beiden Fällen ist es werden. Ferner wäre es möglich, stärker auf Gefühls- oder wichtig, Übersetzungs- und Transferhilfen anzubieten, die Identitätsbildungsprozesse abzuheben oder Generations- die Besetzungen reflektieren, aufnehmen oder abweisen. und Familienbeziehungen zu thematisieren. Da das Semi- Zum Beispiel können die Interessen der Studierenden über narkonzept viel Wert auf eine intensive empirische und eine Fokussierung auf spezifische Inhalte gelenkt werden, forschungsreflexive Arbeit am Material legt, können die auch sind konkrete Lese- und Bearbeitungsaufgaben pro- Inhalte der Kindertagebücher stets im Zusammenhang mit duktiv und zielführend. Die angesprochenen Tendenzen dem Status der Bearbeitung und Veröffentlichung disku- schwinden auch, wenn gemeinsam bildungshistorische tiert werden. Auf diese Weise könnten auch Objektbiogra- Fragestellungen entwickelt oder wenn die Methoden und fien rekonstruiert und nachverfolgt sowie Artefakt- bzw. Gütekriterien qualitativer Forschung besprochen werden. Materialanalysen vorgenommen werden. Auch wenn das Diese Vorschläge können helfen, einen analytischen Ab- Originaltagebuch ggf. nur als Foto oder digital zur Verfü- stand zum Material zu entwickeln. In dieser Hinsicht sind gung stehen sollte, sind Annäherungen an diesen Komplex auch Überlegungen nützlich, die für qualitative Forschung möglich. Ebenfalls können ethische Frage diskutiert wer- im Allgemeinen formuliert wurden (Flick et al. 2015). Nicht den: Wie z. B. verhält es sich in Bezug auf die Autor*innen- zuletzt ist häufig zu beobachten, dass Studierende ver- rechte der Tagebuchschreibenden? Wie setzt man sich als suchen, direkte Bezüge zwischen den Inhalten der Tage- Forschende zu rassistischen, antisemitischen, sexistischen bücher und aktuellen pädagogischen Arbeitszusammen- oder klassistischen Gehalten in Beziehung? hängen herzustellen. In diesem Zuge wird des Öfteren der Wunsch geäußert, im Seminar aktuellere Tagebücher zu behandeln. Diesbezüglich besteht zum einen die Möglich- keit, gemeinsam die Potentiale von historischer Distanz und Fremdheitserfahrungen für das Denken von pädago- gischer Gegenwart und Zukunft zu überlegen (Kliebard 2004). Zum anderen können die Impulse jedoch auch für eine nähere Erkundung der forscherischen und pädago- gisch-praktischen Zusammenhänge genutzt werden, in denen Tagebücher aktuell Verwendung und Einsatz finden (Wilz/Brähler 1997; Alaszewski 2006; Eigner/Hämmerle/ Müller 2006; Kunz 2015). Wehren, Sylvia (2022): Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung . In: Plattform für 13 Forschungs- und Fallorientiertes Lernen | Methodenforum. DOI: 10.18442/pforle-m-3
4. Literatur Im Seminar verwendete Literatur Baader, Meike Sophia (2007): Von der romantischen Anth- ropologie des Kindes zu einer modernen pädagogischen Kindertagebücher Anthropologie und einer zeitgemäßen Sicht des Kin- des. In: Andresen, Sabine/Pinhard, Inga/Weyers, Stefan Bechthold, Gretel (1997): Ein Deutsches Kindertagebuch in (Hrsg.): Erziehung – Ethik – Erinnerung. Pädagogische Bildern. 1933–1945. Freiburg i. Br.: Kore. Aufklärung als intellektuelle Herausforderung. Micha Eckel, Walter (2009): Ich habe alles aufgeschrieben! Ein Brumlik zum 60. Geburtstag, Weinheim und Basel: Kindertagebuch aus dem Krieg. Norderstedt: Books on Beltz, S. 76–89. Demand. Baader, Meike Sophia (2015): Vulnerable Kinder in der Franck, Hermann (1997): „Wenn Du dies liest …“ Tagebuch Moderne in erziehungs- und emotionsgeschichtlicher für Hugo. Mit einer Einführung von Hartmut von Hen- Perspektive. In: Andresen Sabine/Koch Claus/König Ju- tig. Hrsg. von Andreas Feuchte. München: Deutscher Ta- lia (Hrsg.): Vulnerable Kinder. Wiesbaden: Springer VS, schenbuch Verlag. S. 79–101. Nin, Anaïs (1995): Das Kindertagebuch (1914–1919). Mit Baader, Meike Sophia/Eßer, Florian/Schröer, Wolfgang einem Vorwort von Joaquín Nin-Culmell. Aus dem Fran- (2014): Kindheiten in der Moderne. Eine Geschichte der zösischen von Irène Kuhn. Frankfurt am Main: Fischer Sorge. Frankfurt am Main: Campus. Taschenbuch. Baader, Meike Sophie (2018): Kinder als Akteure oder wie Teufel, Aini (2011): Ich und die Stadt. Kindertagebuch 1944– ist das Kind als Subjekt zu denken? Historische Kontex- 45. Dresden: Thelem. te, relationale Verhältnisse, pädagogische Traditionen, neue Perspektiven. In: Bloch/Bianca/Cloos, Peter/Koch, Sekundärlliteratur Sandra/Schulz, Marc/Schmidt/Wilfried (Hrsg.): Kinder und Kindheiten. Frühpädagogische Perspektiven. Wein- Alanen, Leena (2005): Kindheit als generationales Konzept. heim und Basel: Beltz Juventa, S. 22–39. In: Hengst, Heinz/Zeiher, Helga (Hrsg.): Kindheit sozio- Baader, Meike Sophie (2021): Kindheit. In: Kluchert, Ger- logisch, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenchaften, hard/Horn, Klaus-Peter/Groppe, Carola/Caruso, Marcelo S. 65–82. (Hrsg.): Historische Bildungsforschung. Konzepte – Me- Alaszewski, Andy (2006). Using Diaries for Social Research. thoden – Forschungsfelder. Wien und Köln und Weimar: Thousand Oaks: Sage. Böhlau, S. 149–160. Andresen, Sabine (2004): Kindheit als Dispositiv. In: Pong- Bauer, Franz J. (2004): Das lange 19. Jahrhundert. Profil ei- ratz, Ludwig/Wimmer, Michael/Nieke, Wolfgang/Mas- ner Epoche. Stuttgart: Reclam. schelein, Jan (Hrsg.): Nach Foucault. Wiesbaden: Verlag Becchi, Egle (2014): Ein Vater, ein Kind, zwei Egodokumen- für Sozialwissenschaften. te. In: Ketelhut, Klemens (Hrsg.): Erziehungsgeschich- Andresen, Sabine/Baader, Meike Sophia (1998): Wege aus te/n. Kindheiten – Selbstzeugnisse – Reflexionen. Köln/ dem Jahrhundert des Kindes. Tradition und Utopie bei Weimar/Wien: Böhlau, S. 119–137. Ellen Key. Neuwied/Kriftel: Luchterhand. Boerner, Peter (1969): Tagebuch. Stuttgart: J. B. Metzleri- Ariès, Philippe (1975): Geschichte der Kindheit. München: sche Verlagsbuchhandlung. Hanser. Bollig, Sabine/Kelle, Helga (2014): Kinder als Akteure oder Baader, Meike Sophia (1996): Die romantische Idee des Kin- Partizipanden von Praktiken. In: Zeitschrift für Soziolo- des und der Kindheit. Auf der Suche nach der verlorenen gie der Erziehung und Sozialisation 34., H. 3, S. 263–279. Unschuld (Geschichte der Pädagogik). Neuwied/Kriftel/ Ehrenspeck, Yvonne/Schäffer, Burkhard (2003) (Hrsg.): Berlin: Luchterhand. Film- und Fotoanalyse in der Erziehungswissenschaft. Baader, Meike Sophia (2004): Der romantische Kindheits- Ein Handbuch. Opladen: Leske + Budrich. mythos und seine Kontinuitäten in der Pädagogik und in Eigner, Peter/Hämmerle, Christa/Müller, Günter (Hrsg.) der Kindheitsforschung. In: Zeitschrift für Erziehungs- (2006): Briefe – Tagebücher – Autobiographien. Studien wissenschaft 7, H. 3, S. 416–430. und Quellen für den Unterricht. Innsbruck/Wien/Bozen: StudienVerlag. Wehren, Sylvia (2022): Historische Kindertagebücher. Empirische Zugänge und Potentiale der Erforschung . In: Plattform für 14 Forschungs- und Fallorientiertes Lernen | Methodenforum. DOI: 10.18442/pforle-m-3
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