Hufschmied in Piber 61. Jahrgang - Alpenländischer Kulturverband Südmark

Die Seite wird erstellt Nikolas Böhme
 
WEITER LESEN
Hufschmied in Piber

Heft 4       61. Jahrgang      2014
Inhalt
                                             Lot und Waage 61/4 (2014)

  1914 – Entscheidung für den Krieg.............................................................................1
  Die Steiermark im Ersten Weltkrieg ............................................................................9
  Weltkriegs-Gedenken im Banater Bergland und in der Untersteiermark..................11
  Volksgruppen-Symposium in Wien – 60 Jahre VLÖ................................................13
  Banater und Untersteirer beim Aufsteirern................................................................16
  24. Deutsche Kulturdekade im Banater Bergland .....................................................18
  Der Klapotetz von Reschitz .......................................................................................24
  Gedenkfeier in Tüchern .............................................................................................26
  Aus der Untersteiermark............................................................................................28
  Herbstfahrt auf den Spuren der phantastischen Realisten .........................................30
  Spontane Grenzlandwanderung .................................................................................34
  Brahms-Abend: „Wach auf, mein’ Herzensschöne“..................................................36
  Anna Aldrian – Trägerin des Dombrowski-Preises 2014 (Literatur) ........................38
  Ausschreibung des Dombrowski-Preises 2015 (Musik)............................................39
  Willibald Völsing †....................................................................................................40
  Umschau ....................................................................................................................40
  Buchvorstellungen .....................................................................................................41
  Unsere nächsten Veranstaltungen ..............................................................................49

Zum Titelbild: Im Gestüt Piber werden die Pferde von einem gestütseigenen Huf-
schmied beschlagen. Siehe Bericht über die Herbstfahrt 2014 des AKVS auf Seite 30.

  Die Meinung der Autoren unserer Beiträge muß sich nicht unbedingt mit
  jener der Schriftleitung decken; sie kann Anregung zur Diskussion und
  Spiegel der Meinungsvielfalt – auch innerhalb unseres Verbandes – sein.

Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Alpenländischer Kulturverband Südmark,
ZVR 031834376. Schriftleitung: Dr. Reinhold Reimann
Alle: A-8010 Graz, Joanneumring 11/1, Tel. ++43 / (0)316 / 82 53 18, Fax ++43 / (0)316 / 82 53 13,
Netz: akvs@kulturverband.at; www.suedmark.at/AKVS.
Bankverbindung: Steiermärkische Bank- und Sparkassen-AG, BLZ 20815,
Girokonto 0000-065086, IBAN AT132081500000065086, BIC STSPAT2G
Hersteller: Alexander Bauer Druck und Grafik, 8020 Graz, Annenstraße 19.
Erscheinungsort Graz, Verlagspostamt 8010 Graz. P. b. b. Postnr. GZ 02Z033165 M
Heft 4                               61. Jahrgang                                    2014

                    1914: Entscheidung für den Krieg
         Die Rolle des Generalstabschefs Conrad von Hötzendorf
                                    Von Lothar Höbelt
    Bei unserem heurigen Kul-                             die Russen gegen die Japaner ...
turverbandstag (11. Juni 2014)                            Krieg zu führen ist zu dieser Zeit
hielt der bekannte Wiener Histo-                          nichts Schuldhaftes. Insofern ist
riker Univ.-Prof. Dr. Lothar                              es also ziemlich anachronistisch,
Höbelt die Festrede – frei und                            den Begriff Schuld in die De-
temperamentvoll, wie man es                               batte zu werfen.
von ihm gewohnt ist. Hier finden                              Dieser Krieg hat sich freilich
unsere Leser eine für den Druck                           ganz anders entwickelt als alle
eingerichtete Fassung.                                    anderen zuvor – er hat sehr viel
    Die Mißverständnisse im Fall Conrad        länger gedauert, sehr viel mehr Opfer ge-
beginnen schon beim Namen: Freund und          fordert. Zum ersten Mal sind wirklich wäh-
Feind meinen, er heiße mit Vornamen            rend der Kämpfe sehr viel mehr Leute ge-
Conrad. Nein – es ist wie bei Schiller:        storben als an Krankheiten; vorher mußte
Franz heißt die Kanaille! Aber ob nun          man schon sehr viel Pech haben, um von
Kanaille oder nicht – Hötzendorf ist nur das   einer feindlichen Kugel getroffen zu wer-
Prädikat, der Familienname war Conrad.         den, die Menschen sind viel eher an Ty-
Die Conrads waren eine südmährische            phus, Cholera oder Tuberkulose zugrunde
Familie, Verwalter adeliger Güter, eine        gegangen; außerdem zog der Krieg auch
Offiziersfamilie, die bald nach Wien kam.      das Hinterland, die „Heimatfront“, massiv
    Die Debatten, die da jetzt angestoßen      in Mitleidenschaft: Die ganze Gesellschaft
wurden um die Frage, ob Conrad ein             wurde auf den Kopf gestellt, der Mittel-
Kriegstreiber war, ob er sozusagen am          stand verlor seine Ersparnisse usf.
Ersten Weltkrieg schuld war, sind an sich          Deshalb ändert sich nach diesem Krieg
schon ein Anachronismus, denn Krieg zu         auch die Einstellung zum Krieg. Der Krieg
führen galt bis zum Ersten Weltkrieg über-     an sich als Mittel der Politik wird geächtet.
haupt nicht als etwas Schuldhaftes, im         Was freilich nicht sehr viel geholfen hat –
Gegenteil, es war etwas sehr Ehrenhaftes,      heute erklärt man den Krieg eben nicht und
absolut Selbstverständliches. Alle führten     führt ihn trotzdem.
Krieg – Cosi fan tutte! – die Serben gegen         Ein Vierteljahrhundert hatte Kaiser
die Bulgaren, die Briten gegen die Buren,      Franz Joseph gemeinsam mit seinem
2                                                              Lot und Waage 61/4 (2014)

Generalstabschef regiert, dem Freiherrn         gebracht. Das verleitet den Historiker na-
von Beck-Rzikowsky, einem Breisgauer,           türlich zu der Frage: Wenn er ohnehin
also einem aus dem „außerösterreichischen       weiß, daß der Kaiser nein sagt – wieso
Deutschland“ Zugewanderten; Beck galt           kommt er ihm dann damit alle fünf Nasen
als eine Art Vize-Kaiser – kein idealer         lang? Und daraus ergibt sich die Frage:
Stratege, aber ein idealer Vorzimmer-           Was will eine Armee? Nun, sie will, wie
mensch für den Kaiser. Er ging 1906 –           jede andere Bürokratie: Geld. Das heißt,
quasi gestoßen vom Thronfolger Franz            Conrad hatte immer den Schlußsatz: „Nun
Ferdinand – in Pension.                         – wenn wir keinen Präventivkrieg wollen,
                                                dann müssen wir in Fragen der Rüstung
    Auf ihn folgt mit Conrad von Hötzen-        einen entscheidenden Schritt vorwärts ma-
dorf ein energischer, relativ junger Mann.      chen. Das heißt: Wir brauchen mehr
Er gerät zum Kaiser von Anfang an in ein        Geld.“ Diese ständigen Rufe nach Prä-
gewisses Spannungsverhältnis. Conrad hat        ventivkrieg waren also nicht zuletzt eine
die Lage so eingeschätzt (und er hatte da-      Geldbeschaffungsmasche. Darüber muß
mit nicht unrecht): Wenn wir wie die            man sich im Klaren sein – Conrad mußte ja
Engländer wären, nämlich eine Insel, hät-       wissen, daß der Kaiser nicht ja sagen wird.
ten wir unsere Ruhe – und kein Problem.
Österreich hat jedoch das Pech, lange,              Es ist völlig absurd zu meinen, Conrad
trockene Grenzen zu haben. Und hinter           hätte mit seiner Forderung nach einem
jeder Grenze lauert ein potentieller Feind.     Präventivkrieg den Ersten Weltkrieg ausge-
Gerade, daß wir uns mit den Preußen ver-        löst, denn der Kaiser hat ihm dies immer
stehen …, aber die Russen, die Rumänen,         verwehrt. Ein Indiz, das erkennen läßt, daß
die Serben, die Montenegriner, wenn es          Conrad 1914 sehr wenig mit der Entschei-
hart kommt auch die Italiener als unsichere     dung zum Krieg zu tun gehabt hat: Bei
Kantonisten – also: rundherum Feinde.           einer Sitzung des Ministerrates, zu der er
Wenn die alle über uns herfallen, dann ha-      zugezogen wurde und bei der man beriet,
ben wir keine Chance. Also wäre es viel-        ob man Krieg führen solle, fragte ihn der
leicht geschickter, einen Präventivkrieg zu     Politiker, der den Krieg als einziger wirk-
führen gegen den einen oder anderen dieser      lich verhindern hätte können, nämlich der
potentiellen Gegner. Wobei er gern noch         ungarische Ministerpräsident Tisza, der so
hinzufügte: Es gibt keine Präventivkriege,      etwas wie ein Bismarck der Ungarn war
es gibt nur erfolgreiche oder erfolglose        und gleich nach Kaiser Franz Joseph die
Kriege – erfolglose immer dann, wenn man        entscheidende Rolle spielte: „Also, was
dem Gegner die Wahl des Zeitpunkts über-        meinen Sie – werden die Dinge für uns in
läßt.                                           Zukunft schlimmer werden?“ Conrad ant-
                                                wortete: „Eher ja.“ Worauf Tisza sagte:
    Wann immer Conrad Derartiges forder-        „,Eher‘ ist keine Antwort. Das gilt nicht.“
te, holte er sich beim alten Kaiser eine
Abfuhr. Mit der Idee eines Präventivkrie-          Conrad hat keine Rolle gespielt für den
ges ist Conrad also gescheitert. Er hat diese   Kriegsausbruch, obwohl er immer für den
Pläne dennoch jedes Jahr beim Kaiser vor-       Krieg war. Zwar – 1914 vielleicht schon
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                               3

nicht mehr. Das ist wiederum eine quellen-        Conrad als Taktiker war ein Infanterist,
kritische Frage, bei der man unterschied-     der immer für die Gebirgstruppe eingetre-
licher Meinung sein kann. Nachdem sich        ten ist – die Bedeutung der Artillerie für
dieser Krieg nämlich nicht so entwickelt      den Krieg hat er vielleicht zu spät erkannt.
hatte, wie man gehofft hatte – nachdem die    Aber das gilt für alle anderen auch; allein
ersten Niederlagen gekommen waren,            die preußisch-deutsche Armee war da ein
nachdem auch sein eigener Sohn gefallen       bißchen weitsichtiger – sie hatte auch das
war, mit dem er zwar Schwierigkeiten          nötige industrielle Hinterland, um diese
hatte, weil der mit Oberst Redl gut bekannt   Idee mit Leben zu erfüllen. Man kann über
war –, wurde er im Vorzimmer des Kaisers      Conrad daher sehr wohl sagen, er habe das
von einem Kollegen gefragt: „Na, warum        eine oder andere falsch gesehen – aber am
sind Sie denn nicht gleich gegen den Krieg    Krieg selbst war er nicht schuld. Er hat ihn
aufgetreten?“ Er gab zur Antwort: „Na,        zwar immer gefordert, aber dem wurde nie
das konnte ich doch nicht machen als          stattgegeben.
Soldat – das wäre mir ja als Feigheit vor         Deshalb lohnt ein Blick darauf, warum
dem Feind ausgelegt worden.“                  der Kaiser und seine Umgebung dann 1914
                                              für den Krieg optieren, ohne daß Conrad
    Am Kriegsausbruch 1914 ist Conrad         dabei eine tragende Rolle spielt. Be-
relativ unschuldig. Etwas anderes ist da      kanntlich ist der Balkan zwischen 1912 und
schon die Frage der eingeschlagenen Tak-      1913 in zwei Balkankriegen völlig umge-
tik: Alle Militärs in Europa waren damals     stülpt worden. Und die Österreicher haben
überzeugt, in einem Krieg müsse man an-       das gemacht, was Großmächte in solchen
greifen, denn der Angreifer hat den Elan      Fällen immer tun: Sie haben Ultimaten
und die Moral für sich und wird dann am       gestellt; und um diesen Ultimaten Nach-
ehesten gewinnen. Und das hat sich 1914       druck zu verleihen, sind sie an den Grenzen
als Trugschluß herausgestellt. Ein russi-     aufmarschiert. Es gab aber in Österreich
scher Offizier, den die Österreicher gefan-   keine Marines, die man einfach so schicken
gen hatten, hat ihnen das zweifelhafte        hätte können, und es gab keine Fremden-
Kompliment gemacht: „Tja, wissen Sie –        legion, sondern man mußte, wenn man auf-
so wie Sie haben nicht einmal die Japaner     marschieren wollte, eines tun: Mobilisie-
angegriffen…“ – womit er meinte: so ver-      ren! Das heißt: Man hat Zigtausende Leute
rückt. Diese selbstmörderische Tapferkeit     von ihren Zivilberufen und von ihren Fa-
der Österreicher in den ersten Kriegsmo-      milien weggeholt, sie eingekleidet, licht-
naten hat dazu geführt, daß wir die größten   blau inzwischen, und hat sie nach Bosnien
Verluste, die wir je hatten, im November      geschickt. Und kaum waren die dort ange-
1914 verzeichnet haben; 1918, als zehnmal     kommen, haben die Serben gesagt: „Ach,
so viele Maschinengewehre im Einsatz wa-      der G’scheitere gibt nach.“ Dann sind alle
ren, gab es die geringsten Verluste – weil    wieder zurückmarschiert, und das hat sich
die Leute inzwischen gelernt hatten, in       in den Jahren 1912 und 1913 dreimal so
Deckung zu gehen. Am Anfang taten sie         abgespielt. Ein deutschnationaler Abgeord-
das nicht …                                   neter sagte damals: „Das ist eine schöne
4                                                             Lot und Waage 61/4 (2014)

Blamage – eine halbe Milliarde an Zu-            Berchtold und der Kaiser waren Ende
schauerkosten! Um das Geld hätten wir         1913 übereingekommen: So etwas passiert
uns die Prügel auch selber holen können.“     uns nicht noch einmal – daß wir da aufmar-
                                              schieren, in Wahrheit nichts gewinnen und
    Damals haben sich die Politiker um die    dabei bankrott gehen. Und das heißt: Bei
finanzielle Solidität noch gekümmert. Sie     der nächsten Krise machen wir entweder
haben gesagt: So kann es nicht weitergehen    gar nichts – oder wir machen Krieg. Auch
– wir werden ja schon im Frieden bankrott,    der Kaiser sagte: Eine nächste Mobilma-
wenn wir ständig diese ergebnislosen Mo-      chung ohne Krieg darf es nicht geben. Die
bilmachungen durchführen. Wir erringen        Armee hält das nicht noch einmal durch,
diplomatische Pyrrhussiege – die Serben       von der Moral her – und die Finanzen auch
geben dann zwar vielleicht ein kleines        nicht.
Stück Albanien auf –, aber davon haben
wir nichts. Die Entwicklung läuft gegen
uns, und wir haben nur noch die Spesen zu         Denn wenn ein Staat für eine Interven-
übernehmen. Die letzte dieser Krisen gab      tion in Serbien Geld braucht, muß er es am
es 1913, als es wieder einmal um ein Stück    Markt zu hohen Zinsen aufnehmen. Die
Albanien ging.                                Franzosen werden uns gewiß nicht aus Lie-
                                              be etwas borgen, die Deutschen brauchen
    Dankbarkeit ist keine politische Kate-    ihr Geld selbst, und bei uns selbst ist nicht
gorie, hat Kreisky einmal gesagt – aber       viel da. Und dann kommt der ungarische
wenn sie das wäre, müßte in Tirana ein rie-   Finanzminister in den Ministerrat und sagt:
siges Denkmal für den Grafen Leopold          „Ein Balkanfeldzug würde unsere Geldver-
Berchtold stehen, den österreichisch-unga-    hältnisse in gröbere Schwierigkeiten brin-
rischen Außenminister, der auf der Grün-      gen. Eine Generalmobilmachung aber und
dung eines unabhängigen Albanien be-          ein großer Krieg, das wäre einfach. Denn
stand. Berchtold war – gestatten Sie diesen   dann setzen wir einfach die Bankakte außer
Exkurs – ein herrlich nonchalanter Grand-     Kraft und beginnen, Geld zu drucken, und
seigneur, überhaupt nicht nationalistisch …   dann wird der Krieg über die Inflation
Immer, wenn es um Deutsch versus Tsche-       finanziert.“ Das heißt, es kommt hier –
chisch ging, hat er gesagt: „Da erklär ich    nicht bei Conrad, der hat sich mit den Fi-
mich neutral.“ Sein Trumpf war: Er war        nanzen nicht beschäftigt – dieses seltsame
der einzige, der mit Kaiser und Thronfolger   Syndrom bei den Zivilisten auf, die aus
reden konnte. Die Apotheose seiner Unvor-     einem gewissen Verantwortungsgefühl für
eingenommenheit finden wir wohl 1939, als     die Finanzen heraus sagen: Ein Krieg ist
man ihm mitteilte, eine Beflaggung seines     vielleicht leichter zu machen als diese stän-
Schlosses am 20. April würde „oben“ gut       digen Interventionen, denn den Krieg zah-
ankommen. Nichts leichter als das, meinte     len wir dann nicht mehr aus einer Porto-
er – und hißte zum gegebenen Zeitpunkt die    kassa, die wir nicht haben, sondern den
deutsche Fahne, zusammen mit der tsche-       finanzieren wir durch die Inflation, wie es
chischen und der ungarischen. Soll niemand    im Ersten Weltkrieg dann auch alle ge-
sagen, er habe nicht beflaggt …               macht haben.
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                                  5

    Jedenfalls ist völlig klar: Die Zivilisten   daß er die Giftkapsel, die er mit hat, nicht
sind es, die 1913/1914 zu den „Falken“           richtig zerkaut, dann springt er in den Fluß
werden und sagen: „Entweder – oder; so           und überlebt dennoch. Erst dem sechsten
wie es bisher war, kann es nicht weiterge-       Attentäter fährt der Erzherzog wirklich vor
hen.“ Jeder Apparat hat eine gewisse             den Revolver, noch dazu bleibt er stehen,
Schwerfälligkeit und macht Dinge am lieb-        weil das Auto reversieren muß – und
sten nach Schema F – wir machen es so,           Gavrilo Princip schießt.
wie wir es immer gemacht haben. Aber ge-
nau das hört sich 1914 auf: So, wie wir es           Im Heeresgeschichtlichen Museum in
immer gemacht haben, so geht es nicht            Wien kann man den Wagen des Thron-
mehr – und daher kommt 1914 die Ent-             folgers sehen: Wo schießt Princip hin? Die
scheidung zum Krieg. Noch einmal Droh-           erste Kugel geht ins Auto, nicht auf den im
gebärden gegen die Serben, das bringt            offenen Fond sitzenden Erzherzog, sie
nichts. Entweder wir machen gar nichts,          schlägt durch die Karosserie und trifft die
oder wir führen Krieg. Die Ermordung des         Erzherzogin im Unterleib, trifft eine Ader,
Thronfolgers in Sarajevo war dann jene           sie verblutet. Durch den Rückstoß zieht er
Herausforderung, die ein wenig zu groß           die Pistole hoch, drückt noch einmal ab,
war, um gar nichts zu tun.                       und beim zweiten Mal trifft er den Erz-
                                                 herzog am Hals. Das ist Zufall. Er hätte
    Die Ermordung des Thronfolgers, um           genausogut beide Male daneben schießen
nun irgendwelchen Verschwörungstheorien          können, was zwar immer noch ein Skandäl-
den Wind aus den Segeln zu nehmen, be-           chen gewesen wäre, aber nicht unbedingt
ruht auf einem gewissen Element des Zu-          eine so heftige Reaktion provoziert hätte,
falls. Wenn Sie den Thronfolger ermorden         wie die Österreicher jetzt glauben zeigen
wollen, dann gibt es auch schon 1914 eine        zu müssen.
deppensichere Methode: Sie nehmen einen
Scharfschützen, setzen ihn in Sarajevo auf           Natürlich, zum Kriegführen gehören
die andere Seite des Flusses, und der kann       immer zumindest zwei, und die zweiten
ihn dann mit Blattschuß erlegen – gar kein       sind in diesem Fall die Russen. Denen geht
Problem.                                         es langfristig weniger um Serbien, sondern
                                                 um die Meerengen bei Konstantinopel.
    Was der serbische Geheimdienst ge-           Denn wann immer am Balkan ein Unwetter
macht hat, war nicht wirklich ein gezieltes      herrscht, schließen die Türken die Meer-
Attentat, sondern er wollte Unruhe stiften.      engen, und die Russen bleiben auf ihrer
Er schickt diese leicht verrückten jungen        Ernte sitzen, weil sie diese nicht exportie-
Leute vor – und dann kommt Schicksal,            ren können. Die Russen wissen aber, daß
dann kommt fatum dazu. Sechs Attentäter          ihre eigentlichen Verbündeten, die Englän-
sind da aufgereiht, vier verläßt im letzten      der und die Franzosen, die Meerengen ih-
Moment die Courage, die tun gar nichts.          nen nicht gern überlassen würden, denn
Der fünfte wirft eine Bombe, und zwar da-        speziell die Franzosen haben viel Geld ins
neben; er trifft das Auto danach, und der        Osmanische Reich investiert und wollen
Adjutant wird verwundet; er ist so nervös,       deshalb nicht, daß es auseinanderbricht.
6                                                                Lot und Waage 61/4 (2014)

Die Engländer wiederum wollen keine rus-         ganze Kriegsschuld! Das geht wirklich
sische Flotte im Mittelmeer. Wann immer          nicht!“ Und da hat er nicht Unrecht, der
die Russen kleine Kriege gegen die Türkei        Herr Polizeioffizier.
geführt haben, haben sie gewonnen, und
                                                     Jetzt verfolgen wir noch kurz Conrads
dann kamen die europäischen Mächte und
                                                 Karriere im Krieg weiter: Wer gewinnt
haben ihnen alles wieder weggenommen.
                                                 einen Krieg? Der, der als erster mit den
Wenn es aber einen großen Krieg gibt, dann
                                                 meisten Leuten am Schlachtfeld eintrifft.
müssen die Westmächte zustimmen, daß
                                                 Dafür gibt es einen großen Eisenbahn-Auf-
die Russen Konstantinopel bekommen,
                                                 marsch, der minutiös durchgeplant ist. Die
weil sie von den Russen abhängig sind.
                                                 einzigen, die diesen Aufmarsch total ver-
    Darin besteht für die Russen ein starker     masselt haben, waren die Österreicher, weil
Anreiz, jetzt Krieg zu führen, obwohl sie        sie zuerst gegen Serbien aufmarschiert sind
vielleicht zwei, drei Jahre später besser ge-    und dann, ein paar Tage später, den Auf-
rüstet gewesen wären. Die Frage lautet ja        marsch gegen Rußland gewendet haben.
nicht: Krieg oder nicht Krieg? Sie lautet        Die Eisenbahn-Fachleute haben gesagt:
immer: Krieg jetzt oder Krieg später. Doch       „Ganz einfach, da fahren wir mit den Zü-
die Russen sagen schon 1914 ja – und be-         gen zurück in die Ausgangsstationen und
schließen nicht, bis 1917 zu warten. Und         fangen wieder von vorne an.“ Doch damit
sobald sich die Österreicher und die Russen      waren die Politiker nicht einverstanden:
für den Krieg entschieden haben, bleibt den      „Die sind gerade mit großem Hallo verab-
Deutschen und den Franzosen nicht viel           schiedet worden! Was sagt die Bevölke-
anderes übrig, als mitzuziehen – denn sie        rung dazu, wenn sie drei Tage später schon
können ihre Verbündeten nicht im Stich           wieder da sind? Die muß man umleiten.“
lassen. Ob sie es gern getan haben, oder         Und zwar über Ungarn, und das wurde
nicht – darüber lässt sich trefflich streiten.   mühsam …
Aber das Wesentliche ist: Die Entschei-              In diesem Punkt haben die österreichi-
dung war bereits gefallen.                       schen Militärs versagt, wenn es vielleicht
                                                 auch gute Gründe dafür gab, daß Conrad
    Nebenbei: Unsere bundesdeutschen
                                                 zuerst gegen Serbien zog – aber das hier zu
Volksgenossen sind ja so veranlagt, daß sie
                                                 erläutern, würde zu weit führen. Hier trifft
immer, wenn die Frage nach der Schuld
                                                 Conrad eine gewisse technische Schuld,
sich stellt, „Hier!“ schreien – noch ehe sie
                                                 aber in anderer Art als es der Chor der poli-
wissen, worum es geht. In einem jüngst in
                                                 tisch Korrekten im Sinn hat.
Wien erschienenen Roman, einem Krimi-
nalroman, der in der Nachkriegszeit spielt,           Und dann gibt es große Schlachten im
gibt es eine Szene, in der ein Polizeioffizier   Osten, die für Österreich verlorengehen.
auf den Tisch haut und sinngemäß                 Was Hindenburg in Ostpreußen gelungen
schimpft: „Das ist zu viel! Also die Deut-       ist, gelingt Conrad in Galizien ja nicht –
schen – zuerst wollten sie den ganzen            nämlich sich zwischen zwei russischen
Osten, dann wollten sie den ganzen               Armeen so zu positionieren, so zu manöv-
Westen, und jetzt wollen sie auch noch die       rieren, daß man zuerst die eine schlägt und
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                                7

dann die andere. Das ging in Ostpreußen        daß der Kaiser wohl nachgeben würde,
mit seinem Eisenbahnnetz, seinen Seen und      wenn er als siegreicher Feldherr heimkehr-
seinen Sperrforts, die gab es in Galizien      te … und so war es dann auch. Nach der
aber nicht.                                    Schlacht bei Tarnow ergibt sich für Gina
                                               die Möglichkeit, sich scheiden zu lassen,
    So begann der Erste Weltkrieg mit gro-
                                               und zwar indem sie von einem ungarischen
ßen Enttäuschungen. Dann kam mit dem
                                               General adoptiert wird – sie ist inzwischen
Kriegseintritt Italiens ein massiver Ein-
                                               um die Vierzig –, dann ist sie nämlich Un-
schnitt. Das ist der große Moment für Con-
                                               garin, und als Ungarin kann sie sich schei-
rad. Die Italiener treten in den Krieg ein,
                                               den lassen. Ihr Ehemann hat dem Verneh-
unterdessen ist eine große Offensive der
                                               men nach einen Kredit bekommen, dann
Deutschen und der Österreicher in Rußland
                                               war er auch einverstanden. Gina läßt sich
losgegangen; beide Generalstabchefs, Fal-
                                               also scheiden, es wird geheiratet, und dann
kenhayn auf der einen, Conrad auf der
                                               – die Preußen waren von den Socken –
anderen Seite, sagen: Jetzt machen wir mit
                                               zieht die Frau Gemahlin ins Hauptquartier
unserer Großoffensive weiter, wir lassen
                                               in Teschen ein. Das Paar residiert nun dort
die Italiener beiseite und schicken die Bal-
                                               in den Kaffeehäusern der Stadt, während
kanarmee dorthin.
                                               die Preußen ihre Frauen und ihre Geliebten
    Churchill hat einmal gesagt: „Wenn das     irgendwo verstecken müssen. Die waren
britische Empire noch 1000 Jahre bestehen      sauer. Und da kommt dann noch der Ar-
würde, an die Luftschlacht um England          meekommandant Erzherzog Friedrich und
würde sich jeder erinnern als the finest       meint: „Majestät, ist ja schön und gut, aber
hour of the British Empire.“ The finest        kirchenrechtlich gesehen ist die Gina wei-
hour des österreichischen Reiches ist ein-     terhin eine Konkubine …?!“ Worauf der
deutig dieses kalkulierte Risiko: Wir tun      großmütige Kaiser zur Antwort schreibt:
so, als ob es die Italiener nicht gäbe und     „Auf Dauer des Krieges ist der Marschall
machen lieber erfolgreich im Osten weiter.     mit dieser Frage nicht weiter zu behelli-
Das war dann der größte Einzelerfolg des       gen.“ Und Conrad resümiert: „Der Kaiser
Krieges, die Offensive von Tarnow-             ist wahrlich der erste Gentleman der
Gorlice.                                       Welt.“
    Ein Sieg, der für Conrad auch dazu             1916 kommt der große Rückschlag für
führt, daß er sich – und jetzt kommen wir      Österreich im Osten, die Brussilow-Offen-
endlich nach Graz – seinen höchst privaten     sive. Die Diplomaten, die im Hauptquartier
Traum erfüllen konnte. Er war seit 1907        waren, hatten mit Conrad und seinen Bera-
unsterblich verliebt in eine verheiratete      tern nur bedingt Freude – Generalstabs-
Frau, nämlich Gina von Reininghaus, Gat-       republik nannten sie diese Clique, die über-
tin eines Grazer Industriellen und von Ge-     all mitregieren will und im Hinterland alle
burt eine Triestiner Italienerin. Damals gab   möglichen Verhaftungen vornimmt, mit de-
es in Österreich keine Scheidung, und eine     nen die Politiker nicht einverstanden sind.
Wiederverheiratung schon gar nicht. Aber       1916 setzt deshalb das Außenministerium
Conrad hatte schon immer darauf gesetzt,       gleichsam zum Gnadenstoß gegen Conrad
8                                                                Lot und Waage 61/4 (2014)

an. Ein Diplomat schreibt: „Conrads Ideen            Ludendorff in Deutschland hat sich ge-
sind als Ding an sich immer genial, nur in       wissermaßen in die Sektiererei verrannt,
der Praxis nicht durchführbar.“ Er war ein       Hindenburg ließ sich zum Präsidenten
genialer Stratege, doch das Instrument, mit      wählen, was seinem Image zum Schluß
dem er umzugehen hatte, war überfordert –        auch nicht gut tat. Conrad von Hötzendorf
mit dem konnte er das nicht machen.              starb friedlich im dritten Band seiner Me-
    So wird Conrad zunächst entmachtet           moiren. Und seine Generalstabsoffiziere
und dann, Anfang 1917, vom neuen Kaiser          haben seine Reputation vortrefflich ge-
Karl als General nach Südtirol abgescho-         wahrt, in „Österreich-Ungarns letzter
ben – was das Beste ist, das ihm mit seiner      Krieg“ finden sich nur leichte Anflüge lei-
Reputation passieren konnte. Ludendorff          ser Kritik zwischen den Zeilen.
galt damals ja als der militärische Diktator
Deutschlands, und so muß er auch die                 Kritik an seinen militärischen Entschei-
ganze Schuld für die Niederlage auf sich         dungen wäre eine lohnende Aufgabe. Aber
nehmen. Conrad hingegen gab das Ober-            dafür müßte man sich mit den Akten aus-
kommando rechtzeitig ab und blieb daher          einandersetzen und etwas vom Militär ver-
auch nach dem Krieg ein Vorzeigegeneral,         stehen: Und derlei fachliche Qualifikation
ein Symbol der untergegangenen Monar-            haben unsere Vergangenheitsbewältiger in
chie. Einer seiner Adjutanten ging dann so-      der Regel nicht. Aber zu sagen, daß er den
gar zu den Sozialdemokraten, sogar dort          Ersten Weltkrieg ausgelöst habe – ein ame-
hatte er also seine Anhänger. Sein Begräb-       rikanisches Buch trägt gar den Titel „Der
nis 1925 ist ziemlich das einzige große          Architekt der Apokalypse“ –: Das ist ein
Staatsbegräbnis der Ersten Republik.             wenig zu viel des „Guten“!

                             DIPL.-ING.-BREINL
                             INGENIEURKONSULENT FÜR VERMESSUNGSWESEN
                          8010 Graz, Stubenberggasse 5, Telefon (0 316) 82 95 47

        Herstellung von Teilungs- und Widmungsplänen – Durchführung von allen
      techn. Vermessungen – meßtechnische Überwachung von Großbauvorhaben
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                                9

                      Die Steiermark im Ersten Weltkrieg
                         Mitgliederabend am 12. November 2014

    In den gut besetzten Gothen-                         Straßennamen und Kasernenbe-
saal mußten vor Beginn der                               zeichnungen in Graz weisen auf
Veranstaltung noch Stühle nach-                          weitere hier stationierte Ein-
gebracht werden, als Univ.-Prof.                         heiten hin: Dreierschützengasse,
Dr. Günther Jontes über die Be-                          Bosniakengasse, Reiterkaserne,
züge unseres Landes und Aus-                             Kadettenschule in Liebenau
wirkungen des Ersten Weltkrie-                           (heute BG/BORG HIB Graz
ges auf dasselbe (gemeint war                            Liebenau) und weitere.
das Herzogtum Steiermark ein-
                                                             Namentlich die Obersteier-
schließlich der Untersteiermark)
                                               mark (Mur-Mürz-Furche) war als Zentrum
sprach.
                                               der Schwerindustrie ein wichtiger Pro-
    Da ist einmal der Umstand, daß der         duzent von Rüstungsgütern, während für
1914 ermordete Thronfolger 1863 in Graz        die Bereitstellung von Verpflegung die
(Palais Khuenburg in der Sackstraße) gebo-     Mittel- und Untersteiermark große Bedeu-
ren wurde und sein Leichnam nach dem           tung hatten. Bedingt durch den Einsatz und
Attentat von Triest aus mit der Südbahn        den Ausfall der Männer an der Front über-
durch die Steiermark nach Wien gebracht        nahmen immer mehr Frauen deren Funk-
wurde. Noch eine interessante Einzelheit:      tionen in Fabriken und in der Landwirt-
Zur Zeit des von Österreich an Serbien         schaft – eine erste echte „Emanzipation“
gestellten Ultimatums befand sich der ser-     des weiblichen Geschlechtes.
bische Generalstabschef, Radomir Putnik,
auf Kur im oststeirischen Gleichenberg.            Das 3. Korps (zuständig für die Länder
    Über die Jahre des Weltkrieges blieb die   Steiermark, Kärnten, Krain und das Kü-
Steiermark vom eigentlichen Kampfge-           stenland) hatte seinen Standort in Graz. Es
schehen verschont, sieht man von jenen         hatte wesentlichen Anteil an den Ison-
„Abwehrkämpfen“ ab, die unmittelbar            zoschlachten, in welchen viele Steirer zum
nach Kriegsende um die Festlegung der          Einsatz kamen.
Staatsgrenze zwischen Deutsch-Österreich           In der Steiermark mußten 40.000 Ge-
und dem „Königreich der Serben, Kroaten        fangene und 25.000 Flüchtlinge in Lagern
und Slowenen“ (ab 1929 Jugoslawien) ent-       Aufnahme finden und versorgt werden, die
brannten.                                      Hungerblockade durch die Entente wirkte
    Zwei Regimenter hatten ihre Rekrutie-      sich geradezu verheerend aus. Das größte
rungsbezirke in der Steiermark: Das Infan-     Lazarett für die Südfront befand sich in St.
terieregiment Nr. 27 („Albert I., König der    Michael in der Obersteiermark. Das heuti-
Belgier“) in Graz und das Infanterie-          ge Landeskrankenhaus Wagna bei Leibnitz
regiment Nr. 47 („Graf von Beck-Rzi-           ging aus einem Lazarettkrankenhaus des
kowsky“) in Marburg an der Drau.               Ersten Weltkrieges hervor.
10                                                            Lot und Waage 61/4 (2014)

   Eine Reihe von „Russenstraßen“ zeugt            Die Steiermark hatte im Ersten Welt-
bis heute von dem Einsatz russischer           krieg 43.000 Fronttote zu verzeichnen –
Kriegsgefangener im Straßenbau.                etwa drei Prozent der Bevölkerung des
                                               Landes! Kriegerdenkmäler im ganzen Land
   Auch der Kriegssteig des Grazer             halten durch die dort angeführten Namen
Schloßberges wurde damals von russischen       fest, daß die Männer von ganzen Familien
Kriegsgefangenen errichtet.                    an der Front geblieben waren.

     Allen unseren Mitgliedern, Freunden und Gönnern, die uns auch im vergangenen
     Jahr treu zur Seite gestanden sind und unsere Bestrebungen in selbstloser Weise
     unterstützt haben, wünschen wir auf diesem Wege

                               ein besinnliches Weihnachtsfest
                               sowie Gesundheit und Glück
                               im kommenden Jahr!

     Wir verbinden diesen Wunsch mit unserem herzlichen Dank an die vielen
     Menschen, die unsere Arbeit für Heimat und Kultur, unseren Einsatz im steirischen
     Grenzland, in der Untersteiermark und im Banater Bergland durch ihre materielle
     und tätige Hilfe ermöglichen.

                          Vorstand und Hauptleitung des AKVS
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                                11

                         Weltkriegs-Gedenken
             im Banater Bergland und in der Untersteiermark

    Im Rumänien diesseits der Karpaten
gibt es nur wenige Denkmäler für Rumä-
nen, die im Ersten Weltkrieg auf der Seite
Österreich-Ungarns gefallen sind – wer
hätte sie auch errichten sollen, fielen doch
Siebenbürgen, der Großteil des Banats, das
Marmarosch- und das Kreischgebiet 1920
an Groß-Rumänien, das sich in der
Tradition des Siegerstaates Rumänien sah
(bis zum Frieden von Trianon hatte das
Königreich lediglich aus der Walachei, der
Moldau und der Dobrudscha bestanden).

                                               Kriegerdenkmal in Hochenegg. „147 pa-
                                               dlim v prvi svetovni vojni 1914–1918“ –
                                               den 147 Gefallenen des Ersten Weltkrieges
                                               1914–1918.

                                               Hingegen gibt es eine Reihe von Denkmä-
                                               lern für die Gefallenen der deutschen
                                               Volksgruppen – auch im Banater Bergland.

                                                   Dort fanden von 23. bis 29. Juni 2014
                                               Gedenkveranstaltungen in folgenden Orten
                                               statt: Bosowitsch/Bozovici, Sigismund bei
                                               Steierdorf, Gerlischte/Gârlis¸te, Nadrag/Na˘-
                                               drag, Deutsch-Saska/Sasca Montana˘, Mo-
Kriegerdenkmal für die Gefallenen des          ritzfeld/Ma˘ureni und Karansebesch/Ca-
Ersten Weltkrieges in Moritzfeld               ransebes¸.
12                                                            Lot und Waage 61/4 (2014)

    Reschitz/Res¸i®a, die Hauptstadt des Ba-       In Slowenien bestehen nicht wenige
nater Berglandes, war am 27. Juni Ort der      Denkmäler für die Gefallenen des Ersten
zentralen Gedenkveranstaltung. Sie fand        Weltkrieges – so etwa in Hochenegg/Voj-
im Festsaal des Kreisrates Karasch-Severin     nik bei Cilli/Celje in der Untersteiermark.
in Reschitz in Anwesenheit des Vize-           Unter den Gefallenen finden sich Ange-
konsuls Siegfried Geilhausen vom deut-         hörige des berühmten Steirischen Infante-
schen Konsulat in Temeswar statt. Das          rieregiments Nr. 87 „Freiherr von Succo-
Hauptreferat des Gedenkens mit dem Titel       vaty“, des Hausregimentes von Cilli.
„Das Banater Bergland und der Erste Welt-
krieg“ hielt Univ.-Prof. Dr. Rudolf Gräf,
                                                                   *
der Prorektor der Klausenburger Babes¸-
Bolyai-Universität, ein gebürtiger Reschit-
zarer. Anschließend folgte die Präsentation        Der österreichische Bundeskanzler
des Buches „Carol Bereczky: Album mit          (1961–1964) Alfons Gorbach, selbst 1917
Fotos aus dem Ersten Weltkrieg“ (Bespre-       Teilnehmer an den Kämpfen an der Isonzo-
chung siehe Seite 48).                         Front, wo er ein Bein verlor, sagte:
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                           13

                 14. VLÖ-Volksgruppensymposium in Wien
                             60 Jahre VLÖ
    Unter dem Motto „60 Jahre VLÖ –           band der Volksdeutschen Landsmann-
Interessensvertretung und Vertreter eines     schaften Österreichs“ vorgestellt.
Europas der Regionen“ hielt der Verband
                                                 Die feierliche Eröffnung nahm der
der Volksdeutschen Landsmannschaften
                                              Zweite Präsident des Niederösterreichi-
Österreichs (VLÖ) sein bereits traditionel-
                                              schen Landtages, Mag. Johann Heuras, vor,
les Volksgruppensymposium zum nunmehr
                                              auch das Außenministerium und die Kärnt-
14. Male ab und lud – wie schon in den
                                              ner Landesregierung hatten als Mitspon-
Jahren zuvor – Vertreter der Heimatver-
                                              soren hohe Vertreter entsandt.
triebenenverbände und Repräsentanten der
deutschen altösterreichischen Minderheiten        160 Festgäste folgten der gemeinsamen
in den Nachfolgestaaten der Donaumo-          Einladung des VLÖ und des Parlamentes
narchie sowie zahlreiche Interessierte von    zu einem Festakt im Parlament unter dem
11. bis 13. September in das „Haus der        Motto „60 Jahre VLÖ – Interessensver-
Heimat“ in Wien ein. Anläßlich der Tagung     tretung für Vertriebene und Verbliebene“.
wurde die Gedenkschrift „60 Jahre Ver-        Der Zweite Nationalratspräsident, Karl-

In der Säulenhalle des Parlaments (v. l. n. r.): Mag. Udo Puschnig (Amt der Kärntner
Landesregierung), Dr. Helge Schwab (AKVS), Erwin Josef ©igla (Banater Bergland),
Gesandter Dr. Georg Woutsas (Außenministerium), ein Buchenlanddeutscher aus der
Ukraine
14                                                          Lot und Waage 61/4 (2014)

Dr. Helge Schwab, Leiter des Arbeitskreises „Volkstanz“

heinz Kopf, Univ.-Prof. DDr. Oliver Rath-    Thema „Europäisches Geschichtsbewußt-
kolb und die Vertriebenensprecher aller      sein“ Projekte zu entwickeln.
Parlamentsparteien kamen zu Wort. Unter
www.parlament.gv.at kann man die Parla-          In mehreren Arbeitskreisen wurden u.
mentskorrespondenz Nr. 796/2014 vom          a. folgende Themen ausgearbeitet: Litera-
11. September 2014 nachlesen.                tur, Kulinarik, Volkstanz, Trachten. Dabei
    Die eigentliche Arbeit widmete sich      ging es vor allem darum, in den Hei-
unter Anleitung des VLÖ-Generalsekre-        matländern Projekte mit Ausstrahlungs-
tärs, Ing. Norbert Kapeller, dem Thema       kraft auch auf die Mehrheitsbevölkerung
„EU-Projekte als Chance unserer gemein-      und andere Volksgruppen zu entwickeln,
samen Arbeit in Ostmittel- und Südost-       sich mit anderen altösterreichischen deut-
europa“ und stellte die umfangreichen        schen Volksgruppen auszutauschen, um so
Möglichkeiten von länderübergreifenden       zur „Wahrung des gemeinsamen kulturel-
Projekten vor, die es dem VLÖ und den        len, sprachlichen und ethnischen Erbes der
heimatverbliebenen deutschen altösterrei-    heimatverbliebenen deutschen altösterrei-
chischen Minderheiten – basierend auf dem    chischen Minderheiten“ beizutragen, wie
EU-Programm „Europa für Bürgerinnen          Norbert Kapeller und der VLÖ-Bundesvor-
und Bürger 2014–2020“ – ermöglichen sol-     sitzende, Dipl.-Ing. Rudolf Reimann, ge-
len, in den verschiedensten Bereichen zum    meinsam betonten.
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                             15

Prälat Karl Rühringer (rechts vorne) bei der Führung durch den Stephansdom; hinten
Dr. Helge Schwab (links) und Erwin Josef ©igla

   Eine Führung durch Domdekan Prälat        mannschaften Österreichs (VLÖ) wurde
Karl Rühringer (einem Südmährer) durch       eine eigene Gedenkschrift publiziert, die
den Dom zu St. Stephan mit einem gemein-     im Rahmen des 14. VLÖ-Volksgruppen-
samen Gedenk- und Dankgottesdienst in        symposiums bei der Festveranstaltung im
der Krypta war sicherlich ein zweiter        Parlament präsentiert wurde“, so VLÖ-
Höhepunkt für die Gäste aus Tschechien,      Bundesvorsitzender Dipl.-Ing. Rudolf Rei-
Polen, der Slowakei, Ungarn, der Ukraine     mann und VLÖ-Generalsekretär Ing. Nor-
(Buchenlanddeutsche!), Rumänien, Ser-        bert Kapeller.
bien, Kroatien und Slowenien und alle an-
deren Teilnehmer.                               Auf knapp 85 Seiten wird dabei auf die
                                             Geschichte des VLÖ und der Heimat-
    Insgesamt ein hervorragend organisier-
                                             vertriebenen in Österreich eingegangen,
tes und inhaltsreiches Symposium, das den
                                             darüber hinaus werden die einzelnen
VLÖ als wichtigen Impulsgeber unserer
                                             Volksgruppen kapitelweise mit Illustratio-
gemeinsamen Arbeit für unsere Minder-
                                             nen dargestellt. Auch die Situation der hei-
heiten zeigte.
                                             matverbliebenen deutschen altösterreichi-
                                     H.S.    schen Minderheiten in Ostmittel- und
                                             Südosteuropa wird beleuchtet.
Gedenkschrift des Verbands der                  Der VLÖ gibt diese Schrift gegen
Volksdeutschen Landsmannschaften             Ersatz der Versandkosten kostenlos ab.
Österreichs (VLÖ)                            Bestellmöglichkeiten: VLÖ – Haus der
   „Anläßlich des 60-jährigen Jubiläums      Heimat, Steingasse 25, 1030 Wien; Tel.
des Verbands der Volksdeutschen Lands-       0043 / 01 / 71 85 905; sekretariat@vloe.at
16                                                           Lot und Waage 61/4 (2014)

                 Banater und Untersteirer beim Aufsteirern
                           Graz, Sonntag, 14. September 2014

    Wie in den vergangenen Jahren hatte           Nach intensivem Proben am Samstag-
auch heuer der Verein Südmark Volkstanz-      vormittag lud zu Mittag der Bürgermeister,
gruppen aus Slowenien und dem Banater         vertreten durch Herrn GR Mag. Andreas
Bergland zur Teilnahme am Aufsteirern         Molnar, zu einem Empfang mit Buffet ins
eingeladen.                                   Rathaus. Der Blick vom Rathausbalkon
    Bereits am Freitag reiste die Tanzgrup-   und der Stadtbummel danach waren leider
pe aus dem Banater Bergland an und wurde      durch Regenwetter getrübt, so blieb nur die
von Dipl.-Ing. Gerhard Krajicek herzlich      Hoffnung auf besseres Wetter bei den
empfangen. Die acht Tanzpaare unter der       Auftritten am nächsten Tag.
Leitung von Nelu Florea kamen diesmal            Am frühen Sonntagvormittag kam die
aus sieben Tanzgruppen und unterschied-       Gruppe aus Cilli mit sechs Tanzpaaren, drei
lichen Orten. In Graz erfolgten erstmals      Musikern und deren Familien, begleitet
gemeinsame Proben unter Krajiceks An-         von Andrej Ajdicˇ. Der Wettergott hatte ein
leitung und mit dem äußerst begabten jun-     Einsehen, und es regnete erstmals seit drei
gen steirischen Harmonikaspieler Simon        Tagen nicht mehr. So waren die Auftritte
Ankowitsch, der auch bei den Auftritten       der Tanzgruppen geprägt von guter Stim-
die musikalische Begleitung übernahm.         mung, zumal zeitweise sogar die Sonne

Die schwungvolle Volkstanzgruppe aus Cilli
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                            17

Die Gruppe aus dem Banater Bergland im Gemeinderats-Sitzungssaal des Grazer
Rathauses; von rechts: Nelu Florea, GR Molnar, Dipl.-Ing. Gerhard Krajicek, Dr. Inge
Mader, die jugendlichen Tänzer.

durch das Gewölk blinzelte. Hervorzu-            Alles in allem war das Aufsteirern 2014
heben ist, daß die Gruppe aus dem Banater    eine gelungene recht gut besuchte Ver-
Bergland ausschließlich deutsche Volks-      anstaltung. Unser Dank gilt vor allem
tänze aus Rumänien vorführte: Landler aus    „Tanz mit Franz“ und dessen Obmann
Großau (Siebenbürgen), Holzaktion (Ba-       Dipl.-Ing. Krajicek für die finanzielle und
nater Bergland), Zweischritt aus Wolfsberg   ideelle Unterstützung, sowie jenen Mit-
(Banater Bergland), Neppendorfer Landler     gliedern des AKVS, die die Gruppen
(Siebenbürgen), Siebenschritt aus dem        betreut und begleitet haben.
[Banater] Bergland, Banater Schottischer,                                Dr. Inge Mader
Reschitzer Landler (Banater Bergland).
18                                                          Lot und Waage 61/4 (2014)

                           24. Deutsche Kulturdekade
                        Banater Bergland, 3. – 12. Oktober 2014

    Wie alljährlich nahm auch heuer eine     Tietz-Haus, das gerade vor zehn Jahren aus
Abordnung unseres AKVS an den ersten         Mitteln der BR Deutschland in Re-
Tagen der Kulturdekade teil. Zu neunt wa-    schitz/Res¸i®a errichtet worden war, mit
ren wir in einem Kleinbus aus Graz ange-     einer Feierstunde eröffnet. Der deutsche
reist: Die Goasmoß-Musi (Alexander Lap-      Vizekonsul aus Temeswar/Timis¸oara, Sieg-
pi – Steirische Harmonika und Kontrabaß,     fried Geilhausen, ergriff unter anderen pro-
Lukas Gürtl – Steirische Harmonika, Jo-      minenten Gästen das Wort, um den Weg zur
hanna Spath – Querflöte), Elisabeth Thal-    deutschen Vereinigung von 1989/90 nach-
hammer, AKVS-Geschäftsführerin Dr.           zuzeichnen.
Inge Mader, Mag. Renate und Dr. Reinhold         Der Nachmittag sah uns in Sekul/Secul
Reimann sowie Johanna und Dipl.-Ing.         bei Reschitz. Dort wurde zunächst in der
Gerhard Krajicek, der den Bus besorgt und    Kirche „Geburt Mariens“ in zwei Sprachen
dankenswerterweise auch über die ganze       (deutsch, rumänisch) die „Heimatmesse“
Strecke hin und zurück chauffiert hat.       gefeiert, musikalisch gestaltet durch den
    Der erste Tag der Dekade, ein Freitag,   ambitionierten Chor „Harmonia sacra“ aus
fiel auf den 3. Oktober, den Tag der Deut-   Reschitz. Danach traten auf dem Rasen vor
schen Einheit. Dieser wurde im Alexander-    der Kirche die Volkstanzgruppen aus Piatra

Das Alexander-Tietz-Haus entsteht (2004)
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                            19

Das fertiggestellte Alexander-Tietz-Haus
Neam® (Kreuzburg an der Bistritz; wörtlich    (hier in der Reihenfolge des Auftretens):
„Deutschstein“) und „Enzian“ aus Reschitz     Goasmoß-Musi, Kinderchor „Menestrelul“
(Kleine und Große) sowie unsere Goas-         aus Reschitz, der Reschitzer „Franz-Stür-
moß-Musiker aus der Steiermark auf.           mer-Chor“ (Frauenchor), das Banater-
    Der Abend vereinte die auswärtigen        Bergland-Musikensemble, der Temeswarer
Gäste aus Piatra Neam®, Baca˘u (alter deut-   Liederkranz, der Volkstumskreis „Edel-
scher Name Barchau, ung. Bákó) und unse-      weiß“ aus Piatra Neam® (der nicht nur
re Gruppe zu einem fröhlichen Begrü-
                                              tanzt, sondern auch mehrstimmig chorisch
ßungsabend mit spontanem Gesang und
                                              singt), das Ensemble „Zwei plus“ aus
Volkstanz beim „Oberen Dusˇan“ in Re-
schitz – ein ungekünstelter, stimmungsvol-    Baca˘u, der gemischte Chor der ukraini-
ler Ausklang des Tages.                       schen Volksgruppe aus Karansebesch/Ca-
    Der folgende Samstag war zwei Musik-      ransebes¸, ein buchenlanddeutscher Chor
festen gewidmet: dem Musik- und Chor-         aus Kimpolung/Câmpulung (Süd-Buko-
treffen im Reschitzer Kulturpalais und dem    wina), der gemischte Chor „Lyra 2000“ aus
Steierdorfer Blasmusikfestival am Sitz des    Reschitz. Die Darbietungen reichten von
deutschen Ortsforums Steierdorf-Anina.        geistlicher Chormusik und Madrigalen
    Deutlich mehr Gruppen als im Vorjahr      über Heimat- und Volkslieder bis hinein in
beteiligten sich am Musik- und Chortreffen    den Bereich der Schlagermusik.
20                                                         Lot und Waage 61/4 (2014)

Die Goasmoß-Musi: Johanna Spath, Lukas          Dipl.-Ing. Karl Ludwig Lups¸iasca – der
Gürtl, Alexander Lappi (v. l. n. r.)            Nestor des Banater-Bergland-Ensembles

Die Volkstanzgruppe aus Piatra Neam® in Sekul
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                  21

                                      Der Eingang zu „Alten Mühle“ in Deutsch-
Prof. Ioan Sporea vor seinem Museum   Saska

Trachtenaufmarsch in Deutsch-Saska
22                                                           Lot und Waage 61/4 (2014)

    Hervorhebenswert scheinen uns zwei        Tracht gestellt wurden. Im Anschluß an
Formationen: Das Banater-Bergland-En-         den Gottesdienst reihten sich die Volks-
semble (zwei Geigen, zwei Gitarren, her-      tänzer aus Orawitz/Oravi®a, Reschitz und
vorgegangen aus dem Banater-Bergland-         Piatra Neam® zum gemeinsamen Auf-
Trio), das bodenständige Instrumental-        marsch, dem der buntgeschmückte Kirch-
musik (Semenik-Walzer, „Drei Steirer“)        weihbuschen vorangetragen wurde. An-
brachte; und der Kinderchor „Menestrelul“,    schließend tanzten die genannten Gruppen
der das Publikum mit dynamischem Aus-         einzeln und gemeinsam mit den Besuchern
druck und frischer Unbekümmertheit be-        der Kirchweih auf dem Platz vor der Kir-
geisterte.                                    che, und wieder spielten unsere die Tage
                                              hindurch bewährten Goasmoß-Musiker
    Als gemeinsamer Schlußchor wurde          auf.
das „Heimatlied der Banater Bergland-
deutschen“ gesungen: Es ist das aus Ober-         Saska wartete auch mit einer besonde-
schlesien ins Bergland „gewanderte“           ren Überraschung für uns auf: Nach dem
Tarnowitzer Fahrtenlied „Schon wieder         Tanz führte uns Univ.-Prof. Dr. Ioan Spo-
tönt vom Schachte her … Glück auf!“           rea in ein von ihm eingerichtetes kleines
                                              Lokalmuseum, das die Geschichte des vor-
    Im Unterschied zum Chortreffen wurde
                                              nehmlich von deutschen Bergleuten betrie-
das Steierdorfer Blasmusikfest diesmal von
                                              benen historischen Bergbaus in Saska
deutlich weniger Gruppen bestritten als im
                                              zeigt. Dr. Sporea hat auch die alte Dorf-
Vorjahr – wir bedauerten das Fehlen der
                                              mühle von Deutsch-Saska zu einer kleinen
hervorragenden Blasmusikkapellen aus
                                              Pension „Alte Mühle“ (La Vechea Moara˘)
Temeswar und Karansebesch. Die Kapelle
                                              im alpenländischen Stil umgestaltet, wohin
der rumänischen Volksgruppe aus Ritisˇevo
                                              er unsere Gruppe aus der Steiermark zu
(rumän. Râtis¸or), einem mehrheitlich ru-
                                              einem großzügigen Mahl einlud.
mänischen Dorf im serbischen Banat süd-
lich von Werschetz/Vrsˇac, beeindruckte
durch zündende Rhythmen. Die heimische            Wieder einmal durften wir einprägsame
Blasmusik aus Steierdorf-Anina sorgte für     Tage erleben: Unsere „Erstlinge“, Dr. Inge
den vertrauten „altösterreichischen“ Ton.     Mader und die drei Goasmoß-Musikanten,
Auftritte der Steierdorfer Kindervolkstanz-   zeigten sich beeindruckt von der steiri-
gruppe und unserer vortrefflichen Goas-       schen Kultur hunderte Kilometer fernab
moß-Musi rundeten das Programm ab.            der Steiermark; wir anderen konnten darü-
                                              ber hinaus alte Freunde treffen und neue
    Ein besonderes Fest konnten wir am        Freundschaften schließen.
Sonntag miterleben: In Deutsch-Saska
(Sasca Montana˘) wurde Kirchweih ge-                                                RRR
feiert. Die Messe war diesmal dreisprachig
(deutsch, rumänisch, ungarisch); bemer-          Die diesmalige Dekade wies noch zwei
kenswert war, daß die Ministranten von        besondere Höhepunkte auf, die in die Zeit
Volkstänzern aus Reschitz in steirischer      nach unserem Aufenthalt in Reschitz fielen:
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                         23

BRD-Orden für Erwin ©igla
    Im Zuge der Zehn-Jahres-Feier des
Alexander-Tietz-Hauses am 6. Oktober
2014 wurde der Vorsitzende des Demo-
kratischen Forums der Banater Berg-
landdeutschen (DFBB), der zugleich Leiter
der deutschen Alexander-Tietz-Bibliothek
und Leiter des Kultur- und Erwach-
senenbildungsvereines „Deutsche Vor-
tragsreihe Reschitza“ ist, mit dem Ver-
dienstkreuz am Bande des Verdienstordens
der BR Deutschland „in Anerkennung der
um die Bundesrepublik Deutschland er-
worbenen besonderen Verdienste“ ausge-
zeichnet. Die Überreichung des Ordens
erfolgte durch den Botschafter der BR
Deutschland in Bukarest, Werner Hans        Erwin ©igla erhält das Verdienstkreuz aus
Lauk.                                       den Händen von Botschafter Lauk (rechts).

Tietz-Preis für Udo Puschnig
   Mit dem höchsten Preis, den die Ba-
nater Berglanddeutschen vergeben, dem
1999 erstmals vergebenen Alexander-
Tietz-Preis, wurde heuer der Kärntner
Mag. Udo Peter Puschnig ausgezeichnet.
Er ist Unterabteilungsleiter für Entwick-
lungsstrategien im Bereich Volksgruppen,
Auslandskärntner und regionale Ko-
operationen im Amt der Kärntner Lan-
desregierung und hat sich seit eineinhalb
Jahrzehnten in besonderem Maße der
Berglanddeutschen angenommen.
Beiden Ausgezeichneten gelten unsere        Mag. Udo Puschnig (Mitte) mit dem
herzlichen Glückwünsche!                    Alexander-Tietz-Preis
24                                                             Lot und Waage 61/4 (2014)

                            Der Klapotetz von Reschitz
    Der Klapotetz ist eine im steirischen
Weinland zu beiden Seiten der Grenze ver-
breitete Vogelscheuche. Sie besteht aus
einem Windrad mit Noppenwelle und
Schlägeln, die durch ihr rhythmisches Ge-
klapper die Vögel (namentlich Stare) zur
Zeit der Traubenreife fernhalten sollen.
Über die Jahre hin haben sich die Vögel
jedoch an das Geklapper gewöhnt und
lassen sich dadurch kaum mehr vom
„Naschen“ an den Trauben abhalten – und
so ist der Klapotetz Sinnzeichen für die
steirische Weinbautradition und für die
vom Weinbau geprägte Landschaft gewor-
den.
    Der Klapotetz wurde schon 1797 in
einer Handschrift erwähnt. Erzherzog
Johann besaß 1836 auf seinem Muster-
weingut in Pickern/Pekre bei Marburg/
Maribor einen Klapotetz. Der Name des
Windrades stammt aus dem Slowenischen:
klopotati = klappern, klopotec = (Klappe-       Der Klapotetz im Garten des Alexander-
rer).                                           Tietz-Hauses
    Jedenfalls ist der Klapotetz etwas
typisch Steirisches. Dies veranlaßte unser          Und so steht er nun, der Weinland-
hochgeschätztes, den Berglanddeutschen          Klapotetz aus der Steiermark, ein wenig als
seit Jahren durch großzügige Förderung          Fremdkörper im schön gepflegten Garten
verbundenes AKVS-Mitglied Dr. Herwig            des Alexander-Tietz-Hauses in Reschitz,
Brandstetter dazu, unsere steirischen           dem Kulturzentrum der Berglanddeut-
Freunde im Banater Bergland zum Auf-            schen, das sich in dicht verbautem Gebiet
stellen eines Klapotetz in Reschitz/Res¸i®a,    der Stadt befindet. Doch nicht nur die Her-
der Hauptstadt des Banater Berglandes, zu       kunft, sondern auch die Aufstellung des
überreden; dies, obgleich sich die steirische   Lärmerzeugers hat ihre Geschichte:
Tradition des Banater Berglandes und die           Moderne Klapotetze haben eine Sperre,
Herkunft vieler seiner Bewohner auf die         mit der man das Drehen des Windrades
Obersteiermark und das oberösterreichi-         (und damit das Geklapper) verhindern
sche Salzkammergut (Bergbau!) gründen –         kann. Nun wurde unser Reschitzer Kla-
keinesfalls aber auf ein Weinbaugebiet!         potetz bei schönem, windstillem Wetter an
Lot und Waage 61/4 (2014)                                                               25

der beschriebenen Stelle angebracht – und      nicht schlafen konnten und die anderen
niemand sah sich veranlaßt, die Sperre zu      lautstark bellten, sodaß die Nachtruhe der
betätigen … Doch in der Nacht, da erhob        ersten noch zusätzlich und andauernd ge-
sich heftiger Wind, und der Klapotetz tat,     stört war. Und als man endlich die Lärm-
was er ja soll: er verursachte heftigen        quelle geortet hatte, war keiner da, der Zu-
Lärm.                                          gang zum versperrten Garten verschaffen
    Dieser war nun den Bewohnern des           hätte können!
Stadtviertels und namentlich auch deren            Diese Nacht ging dort wohl bei Mensch
zahlreichen Hunden nicht nur völlig unbe-      und Hund als nachhaltige Denkwürdigkeit
kannt, sondern auch so lästig, daß die einen   ein …
26                                                            Lot und Waage 61/4 (2014)

                              Gedenkfeier in Tüchern
    In Tüchern/Teharje bei Cilli/Celje (Un-    Ljubljana und Agram/Zagreb gekommen
tersteiermark) errichteten Tito-Partisanen     sowie Vertreter von Kärntner Organisatio-
zu Ende des Monats Mai 1945 ein Kon-           nen und auch der Vorsitzende des Ver-
zentrationslager, in dem vermutlich 5000       bandes deutschsprachiger Kulturvereine in
slowenische Domobranzen und Regime-            Slowenien, Andrej Ajdicˇ. Das zahlreiche
gegner, kroatische Domobranen sowie            Publikum bildeten Einheimische und 60
Deutsche aus der Untersteiermark und der       Personen aus Österreich (zumeist aus
Gottschee festgehalten und in den Folge-       Kärnten), die sich auf einer Erinnerungs-
monaten an verschiedenen Orten in der          und Bildungsfahrt durch Unterkärnten und
Umgebung von Cilli ermordet wurden; nur        die Untersteiermark befanden.
wenige hundert von ihnen überlebten. Das
Lager wurde 1946 geschlossen.                      Rulitz wies in seiner Rede auf den sym-
    2004 errichtete die Republik Slowenien     bolischen Wert dieses „grenzüberschreiten-
auf dem Gelände des ehemaligen Konzen-         den Erinnerns“ hin – ein solches wäre vor
trationslagers einen Gedenkpark für die        30 Jahren nicht denkbar, ja sogar gefährlich
„verschwiegenen Opfer der Nachkriegs-          gewesen. Er betonte die „Vielseitigkeit“
massaker“. Am 20. September 2014 war           des Erinnerns, das allen Opfern politischer
diese Erinnerungsstätte Ort einer Gedenk-      Gewalt gelte, gleichgültig welcher ethni-
feier mit Kranzniederlegungen.                 scher Zugehörigkeit oder politischer An-
                                               schauung sie gewesen sind. So stehe auch
    Hauptinitiator der Feier war der Kärnt-    die Erinnerungs- und Bildungsfahrt der aus
ner Historiker Dr. Florian Rulitz, der durch   Österreich Angereisten unter dem Motto
seine wissenschaftlichen Arbeiten über die     „Der Wahrheit und der unerforschten Zeit-
Geschehnisse in Kärnten und der Unter-         geschichte auf der Spur“.
steiermark zu Ende des Zweiten Weltkrie-
ges und nach dessen Ende bekanntgewor-             Die Abgeordnete Eva Irgl (SDS – Slo-
den ist (u. a.: Die Tragödie von Bleiburg      wenische Demokratische Partei, Vorsitzen-
und Viktring. Hermagoras, Klagenfurt           de der Kommission für Petitionen und
2011. 420 Seiten, ISBN 978-3-7086-0616-        Menschenrechte im slowenischen Parla-
3, Euro 32,00). Rulitz kommt das Verdienst     ment) führte aus, daß „die Zeit des Krieges
zu, im deutschen Sprachraum der erste zu       eine besondere Zeit“ sei und daher „andere
sein, der sich mit diesem Themenkreis wis-     Werte gelten“. Dennoch sei es schwer zu
senschaftlich befaßt. Die seinen Arbeiten      verstehen, daß Slowenien übersät sei mit
nicht eben wohlgesonnene Klagenfurter          Orten, an welchen Opfer politischer Gewalt
slowenische Wochenschrift „Novice“ (=          liegen. Ihre Namen habe der Wind vertra-
Neuigkeiten) bezeichnet ihn als „umstritte-    gen, genauso wie die Namen ihrer Henker
nen Historiker“ (17. 10. 2014).                – und von den Zeugen werde manches bis
   Zu der Feier am 20. September waren         heute aus Furcht oder Feigheit verschwie-
auch Parlamentsabgeordnete aus Laibach/        gen.
Sie können auch lesen