NEU Das Magazin für die Pflege in Deutschland - Deutsches Pflegeblatt
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ISSN 2510-0653 | www.bibliomed.de 1|16 NEU Das Magazin für die Pflege in Deutschland r P fl e ge t a g 2 01 7: Deutsche r li n f f p u n k t in B e Zentraler Tre m er ? | Po li ti k: Hermann Gröhe – geka m am m er : W an n ko mmt die Bundespfle el Tec hn ik br au ch t das Krankenhaus? Pflegek Wie vi fü r E th ik un d H ig htech | Vor Ort: Minister Cover_DtPflegeblatt_final.indd 1 13.09.16 11:13
POLITIK WIRTSCHAFT PFLEGE GESELLSCHAFT Die zentrale Veranstaltung für professionell Pflegende in Deutschland! Seien Sie dabei, wenn sich professionell AB Pflegende, Politiker, Wirtschaftslenker und Spitzenvertreter der Gesellschaft TO B E R OK vom 23. bis 25. März 2017 in Berlin zum intensiven Dialog über die Herausforde- K E T S rungen und Chancen in der Pflege treffen TIC ! E R N SICH und bestellen Sie Ihre Tickets ab Oktober online auf deutscher-pflegetag.de. Wir sehen uns in Berlin! 23.–25. MÄRZ 2017 | STATION-Berlin Eine Veranstaltung von FOLGEN SIE UNS JETZT MITREDEN /deutscherpflegetag #pflegetag Cover_DtPflegeblatt_final.indd 2 DPT-2017-AZ-Deutsches-Pflegeblatt-216x286-09092016.indd 1 13.09.16 09.09.16 11:13 11:17
MEINUNGSWELT 1 Warum gehen Sie zum Deutschen Pflegetag? xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx „Gemeinsam stark auftreten“ Mein Beruf macht mir Spaß; ich bin stolz auf das, was ich leiste. Oft habe ich jedoch das Gefühl, dass wir Pflegenden nicht adäquat anerkannt, gewürdigt und wertgeschätzt werden. Deswegen komme ich zum Deutschen Pflegetag. Aus einem gemeinsamen starken und professionellen Auftreten erhoffe ich mir, dass die Pflege berufspolitisch vorankommt und der Beruf endlich attraktiver wird. Jan Kazubski, 32, ist Fachgesundheits- und Krankenpfleger für Anästhesie und Intensivpflege aus Paderborn xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx „Ich genieße es, mein Wissen aufzufrischen“ Ich fahre zum Pflegetag nach Berlin, weil ich durch die beruflichen Vorträge von mir ausgewähltes, aktuelles Pflegewissen bekomme und durch die gesundheitspolitischen Erklärungen verantwortlicher Minister die diesbezüglich zu erwartende Gesetzgebung erkennen kann. Zudem macht es mir Spaß, mich mit Kolleginnen und Kollegen verschiedenster Fachbereiche und akademischer Lehrrichtungen auszutauschen. Edith Kellnhauser, 82, ist emeritierte Professorin für Pflegewissenschaft der Fachhochschule Mainz und langjährige Mitstreiterin zur Gründung von Pflegekammern in Deutschland xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx „Spirit des Pflegetags lädt mich energetisch auf“ Der Deutsche Pflegetag ist für mich ein Pflichttermin. Nirgends wird mehr Schulterschluss demonstriert, nirgends mehr Pflegepolitik gemacht und nirgends mehr Öffentlichkeit erreicht. Und ich bin ehrlich: Der Spirit des Deutschen Pflegetags lädt mich energetisch auf. Diese Energie setze ich für meine berufspolitische Arbeit in Bayern ein. Meine persönliche „Akku- Docking-Station“ ist übrigens der Stand der Pflegekammer Rheinland-Pfalz. Dort bin ich seit letztem Jahr freiwilliges Mitglied. Michael Bossle, 44, ist Professor für Pflegepädagogik und Dekan der Fakultät Angewandte Gesundheitswissenschaften an der Technischen Hochschule Deggendorf xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx „Gesicht zeigen“ Ich besuche den Deutschen Pflegetag, weil ich es als wichtig erachte, Gesicht zu zeigen und Stellung zu beziehen. Das schließt zum einen den kollegialen und fachlichen Austausch mit Pflegenden ein, zum anderen verstärkt jeder Teilnehmer den notwendigen Blick nach außen. Zudem treffe ich gerne ehemalige Kollegen und Freunde wieder. Mathias Furch, 31, ist stellvertretender Pflegedirektor aus Berlin Layout_DtPflegeblatt.indd 1 13.09.16 09:01
2 EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, „und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, schrieb Hermann Hesse vor 75 Jahren in seinem lebensfrohen Gedicht „Stufen“. Die Pflege steht in Deutschland am Anfang einer neuen Entwicklungsstufe. Sie bildet sich x zur politischen Gestaltungskraft heran, definiert ihre x stefan.deges@bibliomed.de x x eigenen Ansprüche an Qualität, Professionalität und Mitspracherecht x x neu. Pflege scheut nicht mehr den Konflikt mit dem politischen und x x x wirtschaftlichen Establishment, sondern ficht für ihre berechtigten x x Anliegen. x x x Das Deutsche Pflegeblatt versteht sich als Planche für die x x Verfechter dieses neuen Selbstwertgefühls. Es wird Pflegepolitik x x x x fortan kritisch hinterfragen und ebenso den Wandel des Pflegeberufs x hautnah verfolgen. Die Redaktion weiß sich dabei in bester Gesell- x x x x schaft: Sichtbarstes Zeichen für den Bedeutungszuwachs der Pflege x ist der Deutsche Pflegetag, der im März 2017 seine vierte Auflage x x x x erleben wird. Die nun vor Ihnen liegende Erstausgabe des Deutschen 12 x Pflegeblatts widmet sich in Absprache mit den Veranstaltern intensiv x x x x der wichtigsten Branchenveranstaltung für die Pflege. Gemeinsam x arbeiten wir daran, die Zahl von 6 500 Gästen, die im vergangenen x x x März den Deutschen Pflegetag besuchten, sukzessive zu steigern. x x Nicht weniger Strahlkraft geht von den Pflegekammern aus, die x x x sich landauf, landab gründen. Sie dokumentieren den Anspruch der x x Pflege, Versorgung anhand verlässlicher Kriterien mit beruflichen x x x Richtlinien und Vorgaben zu verbessern. Selbst die Gründung einer x x Bundespflegekammer ist keine Vision mehr, sondern eher eine Frage x x x der Zeit, wie Brigitte Teigeler für diese Ausgabe recherchiert hat x x x (s. Seite 13). Die Pflege soll schon bald in den wichtigsten informellen x x und gesetzlich verankerten Gremien auf Augenhöhe mit der x x x organisierten Ärzteschaft agieren, was deren Repräsentanten – so x x lassen sich die jüngsten Verlautbarungen deuten – wenig zu gefallen x x scheint. Das Deutsche Pflegeblatt wird die Fortschritte, Beschlüsse 27 x x x und Personalia der Pflegekammern eng begleiten und den Diskurs x x x mit der Politik in Bund, Ländern und Gemeinden fördern. x x Der Anfang ist gemacht. Wenn er Ihnen gefällt, reservieren Sie x x x x sich einfach schon jetzt die zweite Ausgabe des Deutschen Pflege- x IMPRESSUM x blatts, die zu Jahresbeginn 2017, kurz vor dem 4. Deutschen Pflegetag, x x x erscheinen wird (pflegeblatt@bibliomed.de). x x x x Ihr Stefan Deges Anschrift der Redaktion: x Bibliomed Med. Verlagsgesellschaft mbH x Herausgeber x Redaktion Deutsches Pflegeblatt x x Deutsches Pflegeblatt Stadtwaldpark 10 34212 Melsungen Telefon: (0 56 61) 73 44-83 Mail: pflegeblatt@bibliomed.de Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 2 13.09.16 09:01
INHALT 3 FOKUS 4 Rückblick Deutscher Pflegetag 2016: Aufbruchstimmung in der Hauptstadt 8 Ausblick: „Das ist unsere Veranstaltung“ KAMMER 12 Pflegekammern in Deutschland 13 Bundespflegekammer: Alles andere als Zukunftsmusik 14 Rheinland-Pfalz: „Viel Gegenwind“ 4 16 18 Auf dem Weg – Schleswig-Holstein und Niedersachsen Quiz: Pflegekammer: Wie gut kennen Sie sich aus? POLITIK 20 Porträt: Minister für Ethik und Hightech 22 Kommentar: Bildung, Bildung, Bildung! VOR ORT 24 Charité-Tarifvertrag: Signalwirkung für alle Kliniken 27 Technik: Viel Überzeugungsarbeit nötig 28 Führungskräfte in der Pflege: „Casting“ für Stationsleitungen 30 Pflegedokumentation: Blaupause für das System 32 Meinung: Im Zweikampf mit dem Frust 20 34 36 Pflege-Thermometer 2016: „Wir haben den Nerv der Zeit getroffen“ Mitarbeiterentwicklung: „An den Stärken ansetzen“ CAMPUS 38 Neuer Studiengang „Evidenzbasierte Pflege“: Bundesweit einzigartig Coverfoto: iStockphoto/Leonardo Patrizi 38 Die nächste Ausgabe erscheint Anfang März 2017 Herausgeber: Redaktion: Anzeigen: Stefan Deges Brigitte Teigeler (Chefredakteurin), Dr. Thomas Veitschegger (Leiter Bibliomed Med. Verlagsgesellschaft mbH Stephan Lücke, Nadine Millich, Mediaberatung und Anzeigenverkauf), Stadtwaldpark 10, 34212 Melsungen Dr. Stephan Balling Telefon: (0 56 61) 73 44-69 Telefon: (0 56 61) 73 44-0 Redaktionsassistenz: Hidajete Gashi Waltraud Zemke, Telefon: (0 56 61) 73 44-81 Mail: info@bibliomed.de Grafik: Nina Dietrich Herstellung/Druck: Geschäftsführer: Druckerei Bernecker GmbH, Stefan Deges, Dr. Annette Beller ISSN: 2510-0653 34212 Melsungen, www.bernecker.de Layout_DtPflegeblatt.indd 3 13.09.16 09:01
4 FOKUS Deutscher Pflegetag Fotos: Deutscher Pflegetag, St. Lücke Rückblick Deutscher Pflegetag 2016. Es geht voran – so lautete die Botschaft des dritten Deutschen Pflegetags. Eindrucksvolle 6 500 Besucher und 170 Referenten trafen sich Mitte März 2016 im Berliner Tagungsort „Station“. Aufbruchstimmung in der Hauptstadt Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 4 13.09.16 09:01
5 D ie Zeiten des Stillstands zen, wenn nicht auch etwas beim sind passé. Die Pflege Personalschlüssel passiert.“ Die Fotos: Deutscher Pflegetag, ist bereit für Verän- Pflegeversicherung gebe künf- derungen, aber auch tig drei Milliarden Euro mehr dafür, diese einzufordern. Die Be- aus, davon 800 Millionen für den rufsgruppe ist in sich geschlossen. stationären Sektor. „Da kann es St. Lücke Diese Aufbruchstimmung ging doch nicht sein, dass die Pflege- vom Deutschen Pflegetag 2016 heimbetreiber sagen, wir machen aus. Selten präsentierten sich Spit- eine personalneutrale Überleitung. zenvertreter aus Pflege, Politik und Wo soll das Geld denn bleiben?“ Gesundheitsbranche so geschlos- Er verwies auf Niedersachsen, wo sen und entschlossen. eine Rahmenvereinbarung nicht mehr Personal vorsehe. Laumann: „Wer unterschreibt denn so einen DPR-Präsident „Wir sind eine Andreas Wester- Schwachsinn? Es geht um die starke Profession!“ fellhaus im Gespräch Glaubwürdigkeit des Systems.“ mit Journalisten „Wir brauchen es jetzt!“ – mit die- Der Pflegebeauftragte stellte sen Worten hob Andreas Wester- das Thema Personalausstattung mit fellhaus, Präsident des Deutschen ins Zentrum seiner Rede. Er ver- Pflegerats (DPR), in einer kraft- wies darauf, dass es in der Hoheit vollen Begrüßungsrede die Be- der Regierungen der Bundesländer deutung des Pflegeberufsgesetzes liege, Personalschlüssel in der Al- zur Reform der Pflegeausbildung tenpflege vorzugeben. Davon habe hervor. noch keine einzige Landesregie- Angesichts der anhaltenden rung Gebrauch gemacht. Sämtli- Skepsis lautete sein Appell an die che vorhandene Schlüssel seien das Pflegefachpersonen in Deutsch- Ergebnis von Verhandlungen. land: „Informiert euch über die Auch in den Krankenhäusern Inhalte, lasst euch nicht von inte- sei eine bessere Ausstattung mit ressengeleiteten Falschmeldungen Personal nötig. Laumann sagte, in die Irre führen. Wir sind eine dass die Krankenhäuser bei der starke Profession. Lassen wir uns Pflege sparten, um nötige Inves- nicht auseinanderdividieren!“ titionen zu finanzieren, für die die Viel Wertschätzung für die zuständigen Bundesländer wieder- Berufsgruppe ging auch vom um nicht ausreichende Gelder zur Pflegebeauftragten der Bundes- Verfügung stellten. Zuvor hatte regierung, Karl-Josef Laumann, Deutscher Pflegetag: Wichtigste auch sein Parteifreund aus Berlin, aus. Der CDU-Mann aus Nord- Gesundheitssenator Mario Cza- Fachveranstaltung für die Pflege rhein-Westfalen wies auf die ja, darauf hingewiesen. Er warte In nur drei Jahren ist es gelungen, den umfangreiche Pflegereform der noch darauf, dass der Gemeinsame Deutschen Pflegetag zu der zentralen laufenden Legislaturperiode hin: Bundesausschuss Qualitätsvor- Fachveranstaltung für die Pflege zu „Wir haben eine neue Definition gaben nicht nur mit Blick auf die entwickeln. Mit 6 500 Besuchern, des Pflegebedürftigkeitsbegriffs ge- Ärzte-Ausstattung erlasse, son- 170 Referenten und einer breiten macht. Er ist nicht von der Politik dern auch auf die Vorhaltung von Medienpräsenz hat der Pflegetag seinen erarbeitet worden. Er ist ein Ergeb- Pflegekapazitäten. Anspruch, als führender Kongress der nis der pflegewissenschaftlichen Branche wahrgenommen zu werden. Diskussion.“ Wirklich spannend Arbeitsbedingungen Mit dem Deutschen Pflegetag besteht – werde es jetzt, wo es um die Umset- analog zum Deutschen Ärztetag – eine zung in den Bundesländern gehe. verbessern zentrale Plattform, um zentrale Themen Laumann stellte klar: „Der Bundesgesundheitsminister Her- und Anliegen der Berufsgruppe zu neue Pflegebedürftigkeitsbegriff mann Gröhe (CDU) hob die diskutieren und voranzutreiben. lässt sich in keiner einzigen Ein- Bedeutung einer guten Personal- richtung in Deutschland umset- ausstattung in der Pflege hervor. Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 5 13.09.16 09:01
6 Viel Prominenz auf dem Deutschen Pflegetag xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx auf die Eckpunkte zur Ausbil- dungsverordnung: „Da sieht auch die Kinderkrankenpflege, dass wer Selten präsentierten sich Spitzenvertreter diese Vertiefung wählt, in gleicher aus Politik und Gesundheitsbranche Tiefe ausgebildet wird. Wir brau- so geschlossen und entschlossen chen einen Modernitätsschub für die Berufsausbildung in der Pfle- xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx ge.“ Unverständnis äußerte er für Kritik der Gewerkschaften. Diese hätten gewarnt, dass die Genera- listik aufgrund der besseren Be- zahlung in der Krankenpflege zu Dort gebe es, anders als etwa in der rauf hin, dass bis zum Jahr 2020 einem Personalmangel in der Al- Automobilindustrie, kein Potenzial ein wissenschaftliches Gutachten tenpflege führe. zur Rationalisierung. „Ein moder- mit objektiven Daten für den Per- nes Pflegebett macht die Pflege sonalbedarf erarbeitet werde. „Das Westerfellhaus leichter, es ersetzt kein Personal“, heißt nicht, dass bis dahin alles lobte Minister argumentierte der Minister. bleibt, wie es ist“, sagte Gröhe. Der Es sei zentrales Anliegen sei- Pflegezuschlag für die Kranken- Pflegeratspräsident Westerfellhaus ner Regierung, die Arbeitsbedin- häuser führe dazu, „dass mancher lobte Gröhe für sein Engagement gungen in der Pflege zu verbes- Geschäftsführer neu nachdenken“ bei der Ausbildungsreform: „Herr sern. Die Große Koalition habe müsse. Schließlich flössen diese Minister, wir diskutieren hier- gesetzgeberisch dafür gesorgt, dass Gelder nur, wenn die Stationspfle- über seit zehn Jahren. Danke, dass die Zahlung von Tariflöhnen vom ge gestärkt werde. In der Psychi- Sie das jetzt angepackt haben.“ Kostenträger zu refinanzieren sei. atrie würden mit der Rücknahme Zum Argument, die generalisti- „Anständige Arbeit hat eine an- des Systems der pauschalen Ent- sche Ausbildung produziere einen ständige Vergütung verdient“, rief gelte wieder Personalmindestvor- Fachkräftemangel, sagte er: „Nein. Gröhe. Er hob hervor, dass im Zuge gaben eingeführt. Den haben wir jetzt.“ Und der der Pflegestärkungsgesetze 20 000 Zur geplanten Reform der Befürchtung, es gehe um die Ab- Stellen für Betreuungsassisten- Ausbildung sagte Gröhe: „Die schaffung der Altenpflege, entgeg- ten geschaffen worden seien, fügte gute Nachricht ist: Wir haben nete er mit den Worten: „Was für jedoch in Richtung der Pflegekas- heute einen Ausbildungsrekord in ein Unsinn wird hier verbreitet!“ sen hinzu: „Betreuungsassisten- der Pflege, sowohl in der Kranken- Die Finanzierungsfrage werde von ten können die Arbeit der Pflege pflege als auch in der Altenpflege. den Kritikern „geradezu malträ- ergänzen, aber nie ersetzen.“ Das ist ein ausgezeichnetes Zei- tiert“. Westerfellhaus dazu: „Wie In der Altenpflege gelte es chen.“ Befürchtungen im Zusam- wäre es mit Veränderungen bei den nun, die Personalschlüssel neu zu menhang mit dem Pflegeberufe- Prioritäten in der Ausgabenpoli- verhandeln. Zugleich wies er da- gesetz trat er entgegen und verwies tik? Moratorien werden verfasst, Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 6 13.09.16 09:01
7 Stilvolles Ambiente im Berliner Tagungsort „Station“ Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe gab sich kampfstark Präsidium der Pflegekammer Rheinland-Pfalz Sandra Postel und Dr. Markus Mai mit der rheinland-pfälzischen Ministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler die das Papier nicht wert sind, auf Westerfellhaus äußerte sich dem sie geschrieben sind!“ auch zur aktuellen Flüchtlingskri- Der Pflegepräsident verwies se: „Wir dürfen als Berufsgruppe indes auch auf Erfolge und nannte nicht wegschauen. Wir müssen unter anderem das Entbürokrati- uns fragen, was können wir bei der sierungsgesetz in der Altenpflege Versorgung der Flüchtlinge tun? sowie die Pflegestärkungsgesetze I Professionelle Pflege und rech- und II. Er kritisierte jedoch, dass te Gewalt sind unvereinbar! Wir Bitte seine Profession in vielen Berei- chen nicht angemessen beteiligt sollten Demagogen nicht das Feld überlassen. Die Situation ist nicht vormerken werde, etwa beim E-Health-Ge- einfach. Aber einfach kann doch 23. bis 25. März 2017 setz, beim Institut für Qualitäts- jeder.“ Dafür bekam er stehende STATION-Berlin sicherung und Transparenz im Ovationen. Stephan Lücke (Gleisdreieck) Gesundheitswesen, dem Gemein- samen Bundesausschuss oder dem Palliativ- und Hospizgesetz. Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 7 13.09.16 09:01
8 Fotos: Deutscher Pflegetag Ausblick. Der Deutsche Pflegetag ist schon jetzt eine Erfolgsgeschichte. Was erwartet die Teilnehmer im März 2017? „Das ist unsere Veranstaltung“ Herr Westerfellhaus, der 3. Deutsche Pflegetag 2016 zählte mehr als 6 000 Besucher und ist damit der größte Pflegekongress in Deutschland. Was ist das Erfolgsrezept? Ich glaube, dass die Berufsgruppe wahrnimmt, dass der Deutsche Pflegetag wirklich die zentrale Veran- staltung für die Pflege ist – mit diesem Anspruch sind wir ja auch in die Konzeption gegangen. Eine zentrale Plattform für die eigene Berufsgruppe zu ha- ben, stärkt das Selbstverständnis der Pflegenden. Es macht deutlich: Wir jammern und resignieren nicht, sondern machen uns auf den Weg, um Lösungen zu finden. Zudem trägt die hohe politische und media- le Aufmerksamkeit der Veranstaltung dazu bei, dass Andreas Westerfellhaus ist Präsident des Deutschen Pflegerates und sich ein „Wir-Gefühl“ bei den Pflegenden einstellt: Initiator des Deutschen Pflegetages „Das ist unsere Veranstaltung – wir sind nicht länger Anhängsel.“ Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 8 13.09.16 09:01
INNOVATIONEN FÜR PSG II PFLEGEMANAGER SIS • Pflegeplanung und Dokumentation • 100% Strukturmodel (SIS) Welche persönliche Rückmeldung haben Sie nach dem Deutschen Pflegetag erhalten? Ich habe sowohl von Politikern, Referenten als auch den Teilnehmern eine ganz tolle Resonanz bekom- PDL- COCKPIT MOBIL men. Besonders gefreut hat mich, dass viele Pflegende • Pflegeleistungen erfolgreich verkaufen mir im Nachhinein gesagt oder geschrieben haben: • Pflegegrade korrekt berechnen „Sie sind wirklich ein Präsident zum Anfassen! Man • Erstgespräch professionell dokumentieren kann zu Ihnen kommen, mit Ihnen sprechen, und Sie setzen sich wirklich für uns ein.“ Die Pflegenden ha- ben gemerkt: Das ist kein Lobbyist, das ist einer von Fotos: Deutscher Pflegetag uns! Dieser Rückhalt, den ich von der Berufsgruppe bekomme, wird auch von der Politik wahrgenommen. Die sehen, das ist eine starke Berufsgruppe, die steht zusammen. Ein besonderer Moment war auch, als Ihre Rede PDL- COCKPIT SERVER mit Standing Ovations honoriert wurde. • Pflegeprozesse effizient steuern Ja, das hat mich persönlich sehr berührt. Das habe ich • Informationsflüsse verbessern in dieser Form und mit so vielen Menschen erstmalig • Outlook-Alternative für die Pflege erlebt, und ich habe wirklich physisch spürbar eine Gänsehaut bekommen. Deshalb freue ich mich auch sehr auf meine Rede im kommenden Jahr und hoffe, dass sie bei den Pflegenden wieder gut ankommen wird. Das ist dann wie eine Welle, die einen trägt. Überhaupt ist der kommende Pflegetag ein ganz be- sonderer Termin für mich: Es ist der letzte Deutsche Pflegetag, den ich als Präsident des Deutschen Pfle- CAREASSIST gerates ausrichte, und damit möchte ich noch mal • Vollständige mobile Pflegedokumentation wichtige Akzente setzen. • Exakte Leistungs- und Zeiterfassung Welches Ziel haben Sie sich für 2017 vorgenom- • Nachrichten, Kalender, Kontakte men? Wir haben die Besucherzahl in den drei Jahren seit Bestehen des Deutschen Pflegetages kontinuierlich gesteigert – im vergangenen Jahren waren es rund 6 500 Teilnehmer. Erfolg Nummer 1 wäre es für mich, wenn wir diese Zahl halten könnten, auch wenn mich 1 000 Teilnehmer mehr natürlich sehr freuen wür- den. Für mich hängt der Erfolg aber nicht allein an der Teilnehmerzahl. Wichtiger ist mir, der Politik zu signalisieren: Der Deutsche Pflegetag ist die zentrale Veranstaltung in der Pflegeszene, und die hohen Teil- INFOTERMINAL nehmerzahlen und der gemeinsame starke Auftritt • Elektronisches Übergabebuch zeigen, dass die Pflegenden hinter der Veranstaltung • Papierloses Büro mit XML-Formularen und damit hinter dem Präsidenten und dem Deut- schen Pflegerat stehen. Der Deutsche Pflegetag erfährt auch in den Medi- BoS&S GmbH T 030 / 60 98 111-20 en eine enorme Resonanz. Welche Rolle spielt die anfrage@boss-software.de mediale Berichterstattung? www.boss-software.de Deutsches Pflegeblatt 1-2016 DP_Anzeige_PSGII_2016-09.indd 1 25.08.16 15:35 Layout_DtPflegeblatt.indd 9 13.09.16 09:01
10 xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Wir haben ein halbes Jahr vor der Wahl die große Chance, die Positionen der Pflege festzulegen und im Rahmen des Deutschen Pflegetags einen klaren Auftrag an die Politik zu vermitteln xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Sie ist die Grundlage, um von der Politik ernst schen Pflegetag kommen und sich mit der Veranstal- genommen und wertgeschätzt zu werden. Wir möchten tung identifizieren. Aus diesem Grunde planen wir, der Politik, den Medien und auch der Gesellschaft eine Plattform zu schaffen, damit junge Pflegende die klare Botschaft vermitteln: Wir sind eine wich- sich treffen und miteinander diskutieren können. tige und selbstbewusste Berufsgruppe, und so möch- Welche inhaltlichen Themen wird der Deutsche ten wir auch behandelt werden. Wir lassen uns nicht Pflegetag 2017 haben? länger verschaukeln. Die Programmkommission ist gerade in der intensi- Bleiben Sie beim Konzept des Vorjahres, oder gibt ven Planung. Pflegekammer, Generalistik und Perso- es Neuerungen? nalentwicklung sind natürlich Schwerpunktthemen, Das Konzept und der Veranstaltungsort werden blei- die uns auch 2017 erhalten bleiben, auch die Pfle- ben, aber wir werden die Raumkonzeption weiterent- gepolitik wird wieder eine entscheidende Rolle spie- wickeln. Mir ist es zudem ein wichtiges Anliegen, den len. Wir werden uns, wie in den Vorjahren auch, um Nachwuchs stärker einzubinden. Schließlich sind die politische Prominenz bemühen. Der Gesundheits- jungen Pflegenden unsere Nachfolger – nicht nur in minister Herrmann Gröhe hat schon fest zugesagt, der Pflege vor Ort, sondern auch in der Berufspolitik. und auch der Patienten- und Pflegebeauftragte Deshalb finde ich es sehr wichtig, dass sie zum Deut- Karl-Josef Laumann wird mich nicht im Stich lassen. Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 10 13.09.16 09:01
11 Im September 2017 ist Bundestagswahl. Welche dersachsen zwei weitere Pflegekammern präsentieren Rolle spielt das für den Deutschen Pflegetag? können – das ist eine tolle berufspolitische Entwick- Wir haben ein halbes Jahr vor der Wahl die große lung, die wir im Moment erleben. Chance, die Positionen der Pflege festzulegen und im Stichwort Kammer: Werden Sie 2017 schon einen Rahmen des Deutschen Pflegetags einen klaren Auf- festen Starttermin für eine Bundespflegekammer trag an die Politik zu vermitteln. Ich hoffe auf eine ankündigen können? lebendige Diskussion, in der die Pflegenden klar ver- Es ist mein erklärtes Ziel, im März 2017 zu sagen, mitteln, was sie von der künftigen Bundesregierung wann diese gegründet wird. Ich gehe davon aus, dass erwarten. wir noch vor der Bundestagswahl im September 2017 Was sind weitere Highlights? eine Bundespflegekammer in Deutschland haben Wir werden wieder den Deutschen Pflegepreis ver- werden. Das wäre auch in politischer Hinsicht ein leihen, eventuell wird es – wie schon in 2016 – auch immens wichtiges Signal an die neue Regierung: Wir weitere Auszeichnungen geben. In diesem Jahr wur- möchten und werden politische Entscheidungen, die den ja zusätzlich die Charité-Pflegenden für ihren die Pflege betreffen, mitgestalten. Es kann nicht sein, Einsatz geehrt. Zudem ist für das kommende Jahr dass andere Berufsgruppen und Interessenvertreter erstmalig eine Come-together-Party geplant – in ei- über pflegerische Belange entscheiden und niemand nem anderen feierlichen Rahmen wird voraussicht- auf die Idee kommt, die Pflege selbst zu fragen! Wir lich auch die Verleihung des Deutschen Pflegepreises brauchen deshalb eine Institution, die zwingend zu stattfinden. Wir haben also tolle Ideen, von denen wir beteiligen ist und an der man nicht vorbeikommt. hoffentlich möglichst viele in 2017 umsetzen können. Mit der Bundespflegekammer können wir dieses Ziel Außerdem werden sich im kommenden Jahr neben erreichen. Rheinland-Pfalz mit Schleswig-Holstein und Nie- Interview: Brigitte Teigeler Alle BAchelor Auch ohne ABitur! BAchElor & MAstEr pEr FErnstUdIUM! Bachelor Pflegemanagement (B. A.) Bachelor Gesundheitsökonomie (B. A.) Bachelor Sozialmanagement (B. A.) Bachelor Präventions- und Gesundheitsmanagement (B. A.) Bachelor Angewandte Psychologie (B. Sc.) – ohne NC! Master Gesundheitsökonomie (M. A.) Zertifikatskurse! U. a. Gerontologie, Ernährungsberater, Public Health, Betriebliches Gesundheitsmanagement Kostenlose Infos: 0800 3427655 (gebührenfrei) AA664 apollon-hochschule.de Ein Unternehmen der Klett Gruppe Layout_DtPflegeblatt.indd 11 13.09.16 09:01
12 KAMMER Neues aus den Landespflegekammern Pflegekammern in Deutschland Stillstand in Berlin Die Forderungen in Berlin für die Umsetzung einer Pflegekammer werden lauter. Eine Befragung von Was passiert in Ihrem 1 200 Berliner Pflegenden aus April 2015 hatte ergeben, dass 58,8 Bundesland? Prozent für eine Pflegekammer Mehr Details und Hintergründe sind. Dennoch verkündete die zum Stand der Pflege- SPD, sie halte eine Pflegekammer kammern in den einzelnen nicht für zielführend. In der Haupt- stadt ist die Koalition aus SPD und Bundesländern gibt es unter CDU in dieser Frage gespalten. www.station24.de/ themenseite- pflegekammer Keine Pflegekammer in Bayern Das bayerische Kabinett hat eine „Vereinigung der bayerischen Pflege“ mit freiwilliger Mitglied- schaft beschlossen. Eine Pflege- kammer wie in Rheinland-Pfalz ist damit in Bayern vom Tisch. Die Pflegebranche reagierte darauf mit scharfer Kritik. Sie sieht in der Vereinigung keine Aufwertung des Pflegeberufs, sondern befürchtet eine weitere massive Schwächung Saarland diskutiert der Berufsgruppe. Im Saarland ist sich die Große Koalition uneins über die Errichtung einer Pflegekammer. Die CDU-Land- tagsfraktion forderte, das Thema neu zu diskutieren, der Koalitionspartner SPD stellte sich dagegen. Die CDU bezieht sich auf die durchweg positiven ersten Erfahrungen in Rheinland-Pfalz. Die SPD-Fraktion bezeichnete die Errichtung einer Pflegekammer im Land indes als „den falschen Weg“. Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 12 13.09.16 09:01
13 Bundespflegekammer. Nachdem die erste Landespflegekammer ihre Arbeit aufgenommen hat, werden die Rufe nach einer Bundespflegekammer lauter. Tatsächlich könnte diese schon 2017 Realität werden. Alles andere als Zukunftsmusik W ir brauchen zügig die Einrichtung einer Bundespflegekammer“, forderte der Präsident des Deutschen Pflege- rates (DPR), Andreas Westerfellhaus, auf dem Deutschen Pflegetag 2016. „Es geht um die Eindeutigkeit des Ansprechpartners. Die Politik braucht Orientierung, der Beruf braucht einen ein- deutigen Vertreter, die Gesellschaft einen Ansprech- partner.“ Um diese Orientierung zu bieten, sei eine Bundespflegekammer unabdingbar. Doch ist dieses Vorhaben so leicht umsetzbar? Rein formaljuristisch auf jeden Fall, meint der Jurist Prof. Dr. Heinrich Hanika. „Die Landespflegekam- mern können einen privatrechtlich verfassten Spit- zenverband gründen, nämlich die Bundespflegekam- mer. Diese wäre keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern könnte als Arbeitsgemeinschaft der deutschen Landespflegekammern zum Beispiel als eingetragener Verein gegründet werden“, so der Jurist, der sich seit vielen Jahren mit dem Heilberufe- und Kammerrecht beschäftigt. Das Vorgehen dazu sei re- lativ einfach: Es muss eine Gründungsversammlung erfolgen, eine Satzung beschlossen und von mindes- tens sieben Mitgliedern unterzeichnet werden, ein arbeit vor Ort in Berlin leisten zu können. „Vie- Vorstand gewählt, ein Gründungsprotokoll erstellt le Entscheidungen, die die Pflege betreffen, werden und der Verein schriftlich ins Vereinsregister einge- nicht auf Landes-, sondern auf Bundesebene getrof- tragen werden. fen“, weiß der DPR-Präsident, die Generalistik sei Ob die Gründung einer Bundespflegekammer hierfür das beste Beispiel. „Wir müssen die politische zum jetzigen Zeitpunkt politisch bereits Sinn mache, Entwicklung mitgestalten, wir müssen die überge- sei aus seiner Sicht allerdings fraglich. „Grundsätzlich ordneten Interessen der Landespflegekammern in die wäre es vorteilhafter, wenn die bestehenden Landes- Bundesregierung hineintragen.“ Dieses gehe nur aus pflegekammern zunächst ihre Funktionsfähigkeit be- einer Position der Stärke heraus – die Bundespflege- weisen und weitere große Bundesländer mit von der kammer sei hier definitiv der richtige Weg. Partie wären“, so Hanika. „Eine Bundespflegekam- Vom Zeitpunkt her hat Westerfellhaus klare Vor- mer hätte politisch ein deutlich stärkeres Gewicht, je stellungen: „Ich gehe davon aus, dass wir noch vor mehr Bundesländer vertreten wären.“ Andererseits sei der Bundestagswahl im September 2017 eine Bun- es vielleicht auch „an der Zeit, jetzt einfach mal nach despflegekammer haben werden.“ Im Hintergrund vorne zu preschen. Bedenkenträger gibt es schließlich werde dazu im Moment schon viel vorbereitet. Auch genug“, gibt sich der Jurist unentschieden. in anderen Kammern wie zum Beispiel der Bundes- So sieht es auch Andreas Westerfellhaus. Er hält ärztekammer hätte es einen Sinneswandel gegeben. die Bundespflegekammer bereits zum jetzigen Zeit- „Die unterstützen unser Anliegen mittlerweile.“ punkt für dringend erforderlich, um wichtige Lobby- Brigitte Teigeler Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 13 13.09.16 09:01
14 KAMMER Neues aus den Landespflegekammern Rheinland-Pfalz. Die Unruhen um die erste deutsche Pflegekammer erreichen gerade ihren Höhepunkt. Darüber geraten die bisherigen Erfolge der Selbst- verwaltung leicht in den Hintergrund. „Viel Gegenwind“ Frau Postel, wie ist die Stimmung in Rheinland-Pfalz? Sehr gemischt. Positiv ist: Wir haben im ersten halben Jahr vieles von dem erreicht, was wir uns vorgenommen haben. Wir sind mittlerweile in vie- len politischen Gremien mit Stimmrecht vertreten, die Pflege findet – zu- mindest in Rheinland-Pfalz – endlich mehr politisches Gehör. Dennoch bereitet uns die Stimmung unter den Mitgliedern derzeit Sorgen. Es hat sich eine Gegenbewegung entwickelt, der rund 1 100 Pflegende angehören und die sich im Moment stark gegen die Pflegekammer und hier vor allem gegen die Pflichtmitgliedschaft positioniert. Wie zeigt sich der Protest? Es gab im August eine Demonstration in Mainz, zudem hat sich eine Widerstandsbewegung auf Facebook formiert, und es kommen zahlreiche persönliche Anrufe und Beschwerden in der Geschäftsstelle an. Auch ha- ben im Sommer fünf Pflegende aus Mainz eine Verfassungsbeschwerde ge- gen die „Zwangsmitgliedschaft“ eingelegt. Diese Beschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zwar sehr schnell abgewiesen, eine generelle Unzufriedenheit ist aber weiter spürbar. Wie gehen Sie mit dieser Situation um? Wir sind als Gesamtvorstand präsent und versuchen, uns der Diskussion mit den Kritikern zu stellen. Allerdings wird diese Diskussion teilweise sehr emo- tional geführt. Einige Vorwürfe sind auch einfach falsch, wie das Gerücht, Sandra Postel ist die Vizepräsidentin dass der gesamte Vorstand mit einem Dienstwagen ausgestattet wurde. der ersten Landespflegekammer Welches Motiv treibt die Kritiker an? Rheinland-Pfalz. Sie ist Pflegewissen- Im Grunde erlebe ich zwei unterschiedliche Stränge in der Motivation. Die schaftlerin und bei der Marienhaus GmbH tätig einen sind schon lange in der Pflege tätig, oft berufspolitisch oder gewerk- schaftlich engagiert und erleben die zunehmende Verschlechterung der Rah- menbedingungen für die Pflege. Diese Gruppe ist einfach skeptisch gegen die Grundidee: „Die Kammer wird es schon richten.“ Die andere Gruppe erin- nert mich ein bisschen an das Phänomen der „Wutbürger“. Diese Kollegen sind jung und sehr politikverdrossen. Ihnen fehlt es an Vertrauen, dass eine Kammer etwas an den Bedingungen in der Pflege ändern kann, und daraus resultiert in der Konsequenz: „Dafür will ich dann auch nicht zahlen!“ Können Sie diese Positionen nachvollziehen? Natürlich, die Skepsis ist aus meiner Sicht sehr nachvollziehbar. Aber was wäre denn die Alternative? Es gibt keine schnellen Lösungen. Es gibt nur diesen einen Weg, der langfristig angelegt ist und der über Selbstbestim- mung sowie politische Mitbestimmung läuft. Wie behalten Sie Ihre Motivation bei so viel Gegenwind? Wir bekommen ja zum Glück auch viel positives Feedback, das ist sehr bestärkend. Zudem sehe ich mittlerweile auch vieles, was wir schon erreicht haben. Wir haben beispielsweise ein unmittelbares Stimmrecht in der Lan- Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 14 13.09.16 09:01
15 deskrankenhausplanung, wir sind in vielen politischen Gremien vertreten, und wir stehen im direkten Kontakt mit dem Gesundheitsministerium des Landes. Diese Erfolge rücken bei der momentanen Unruhe leider etwas in den Hintergrund, aber sie bestärken mich, weiterzumachen. Was war im vergangenen halben Jahr die größte Herausforderung? Mit der Flut an Kontakten und Anfragen zurechtzukommen. Seitdem wir den Beitragsbescheid verschickt haben, haben uns Tausende von Mitglie- Startjahr dern angerufen. Mit welchen Anfragen und Sorgen haben sich diese konkret gemeldet? Da gab es zum einen verwaltungsrelevante Fragen wie: „Ich bin im Mut- terschutz. Muss ich trotzdem zahlen?“ Viele haben sich aber auch über den Beitragsbescheid beschwert. Dann gab es viele Anrufe, in denen Pflegende sich über die schlechten Arbeitsbedingungen und die hohe Arbeitsbelas- tung beklagt haben. Aber auch Mobbing, gerade zwischen den Berufsgrup- pen, ist ein Thema, das erschreckend oft angesprochen wurde. Haben Sie mit so viel Unzufriedenheit gerechnet? Kammer Wir haben zwar geahnt, dass diese Welle kommt. Es ist trotzdem schlimm, wenn man erlebt, dass uns so viele unzufriedene Pflegekräfte anrufen. Die Pflegenden erleben im Moment eine extrem hohe Arbeitsbelastung und gleichzeitig einen hohen Motivationsverlust. Und in dieser Situation kommt dann die Pflegekammer und fordert Geld. Pflegende waren schon immer fremdbestimmt, und diese Pflichtmitgliedschaft erleben sie nun als den Gip- fel der Fremdbestimmung. Dass es tatsächlich um Selbstbestimmung geht, sehen die Pflegenden noch gar nicht. Hier ist unsere Aufgabe, sichtbar zu werden, in der Öffentlichkeit, in der Politik, in der Berufsgruppe selbst. Was sind die nächsten Schritte, die nun anstehen? registrierte Mitglieder Aktuell entwickeln wir unsere Homepage weiter und arbeiten mit Hoch- druck an der Weiterbildungsordnung, die bis 2017 stehen muss. Dann sind wir dabei, ein „Mobbing“- oder „Notruf“-Telefon zu etablieren, um den vie- len Mobbinganfragen gerecht zu werden, die uns erreichen. Unser Herz- thema bleibt die Berufsordnung, die von Pflegenden für Pflegende erstellt werden soll. Es bleibt also eine Menge zu tun. Was sind Ihre Wünsche für die Pflegekammer in 2017? Mein größter Wunsch wäre es, nachweisen zu können, dass die Pflege- kammer positive Effekte erzielen kann und dass die Pflegenden von ihr profi- tieren. Und natürlich auch, dass es Wirkung zeigt, wenn Pflege in politischen Vertreter Gremien eingebunden ist. Interview: Brigitte Teigeler n rf as su ng sb es ch w erde zurückgewiese Ve g“ in Bayern Mai: „Mogelpackun ssungsbe- sgericht hat die Verfa Das Bundesverfassung s Mainz einland-pfälzischen Pfl egekammer, rd e ein er G ru pp e von Pflegekräften au en t de r rh sch we er abgewie- D er Pr äs id rch tet, dass die geplante „Vereini- n di e rh ein lan d- pf älzische Pflegekamm ai, be fü gege dener Dr. M ark us M eg e“ die Mitwirkungsrec hte der as be ric ht ete An fan g August der „Wiesba ch en Pfl sen. D fecht- gung de r ba ye ris eit swesen erheblich besch neidet. D ie En tsc he id un g aus Karlsruhe sei unan fe im G es un dh Kurier“. f Angaben Pflegeberu Pflegenden nicht, die Selbst- ng unter Berufung au „Dieser So nd er we g di en t de n bar, schreibt die Zeitu erdings nicht. eberufe wird dadurch im Kern ge- gründung gebe es all verwaltung der Pfleg des Gerichts. Eine Be vor allem die Dies zeige sich insbes ondere durch Pflegenden, in der sie schwächt“, sagte Mai. Die Beschwerde der rten, habe Haushaltslage. So en tstehe etwa eine hl en de „Z wa ng sm itgliedschaft“ kritisie ier un g de r zu za ts im Juli di e Fi na nz r Po litik. Zudem sieht de r Präsident D rit te Ka m m er de s Zweiten Senats berei igk eit vo n de die Abhä ng dung der ten de ut sch en Pfl eg ekammer die Einbin einstimmig zurückge wiesen. der ers , dass auf die Es bestehe die Gefahr Arbeitgeber kritisch: m en werde. siv“ Einfluss genom Berufsgestaltung „mas Layout_DtPflegeblatt.indd 15 13.09.16 09:01
16 KAMMER Neues aus den Landespflegekammern e g – S c h le s w ig - H o lstein Auf dem W und Niedersachsen Die Pflegenden sind nicht Knechte der Kammer, sondern deren Gestalter D er Errichtungsausschuss der Pflegeberufekammer Schles- wig-Holstein hat am 11. August 2016 den ersten Meilenstein erreicht: Nach sechs Monaten intensiver Arbeit – auch jen- seits der öffentlichen Aufmerksamkeit – haben wir in Neu- münster unsere Geschäftsstelle eröffnet. Damit sind wir nun ein sicht- barer Ansprechpartner für unsere potenziellen Mitglieder, aber auch für alle anderen interessierten Personen und Organisationen im Land. Wir hoffen, dass wir im vierten Quartal dieses Jahres mit der Registrie- rung beginnen können. Die registrierten Mitglieder werden dann das Wählerverzeichnis für die erste Kammerwahl bilden. Es ist unser be- sonderes Anliegen, dass es uns gelingt, die Kolleginnen und Kollegen Patricia Drube ist Altenpflegerin zu motivieren, sich aktiv einzubringen und für die Wahl zu kandidieren. und Referentin für Pflegeunter- In den kommenden Monaten werden wir landesweit Informations- nehmer/-innen und Langzeitpflege beim Deutschen Berufsverband veranstaltungen durchführen, um die beruflich Pflegenden über die Pflege- für Pflegeberufe (DBfK) Nordwest. berufekammer zu informieren – insbesondere darüber, welche Mög- Sie ist Vorsitzende des Errichtungs- lichkeiten der aktiven Beteiligung es gibt. Uns ist wichtig, zu vermit- ausschusses in Schleswig-Holstein teln, dass die Pflegeberufekammer nichts ist, was unserer Berufsgruppe übergestülpt wird. Das Pflegeberufekammergesetz bildet nur den Rah- men für die Kammer, quasi den Plan für den Rohbau. Wie die Kammer arbeitet, welche Entscheidungen sie trifft und wie nah sie bei denen ist, die täglich beruflich pflegen, bestimmen die, die sich einbringen – also wir, die in Schleswig-Holstein tätigen Pflegefachpersonen! Wir sind nicht Knechte der Kammer, sondern deren Gestalter. Uns ist bewusst, dass mit der Registrierung von geschätzt 25 000 Foto: iStockphoto/Ulrich Knaupe Pflegenden eine Mammutaufgabe vor uns liegt. Derzeit beschäftigen wir uns intensiv mit der Schaffung einer IT-Infrastruktur, die einen möglichst ressourcensparen- den Registrierungsprozess ermöglicht. Wir hoffen, dass wir dann innerhalb des Jahres 2017 die Registrierung abschließen können, denn spätestens am 9. Juni 2018 muss die erste Kammerversammlung gewählt sein. Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 16 13.09.16 09:01
17 richten, er, di e ei ne La nd espflegekammer er at em en ts . D ie nä chsten Bundesländ St an d de r Dinge informieren St hsen. Ü be r de n stein und Niedersac rzeit die Aufbauarb eit leisten. sind Schleswig-Hol G re m ie n, di e de r beiden die Vorsitzenden de Nur wer informiert ist, kann sich eine Meinung bilden I m Februar 2016 hat die Landesregierung Niedersachsen die Errich- Iris Meyenburg-Altwarg ist pflegerische tung einer Pflegekammer beschlossen. Die Gründungskonferenz Geschäftsführerin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Sie ist zur Errichtung einer Pflegekammer in Niedersachsen – der rund 50 Vorsitzende des Gründungsausschusses engagierte, ehrenamtliche Kollegen aus allen Bereichen der Pflege zur Errichtung einer Pflegekammer angehören – hatte bereits im Juli vergangenen Jahres ihre Arbeit auf- in Niedersachsen genommen. Wenn wir im Zeitplan bleiben, kann die Pflegekammer Niedersachsen frühestens Mitte 2017 ihren Betrieb aufnehmen. Aktuell ist es wichtig, über direkte Kontakte und gezielte Informati- onsveranstaltungen der Basis das Thema Pflegekammer vor Ort näher- zubringen. Denn nur wer informiert ist, kann sich eine Meinung bilden und erkennen, wo die Vorteile für die längst überfällige Selbstverwaltung liegen. Die Stimmung unter den niedersächsischen Pflegenden ist sehr unterschiedlich. Vielfach erlebe ich bei Pflegenden ein hohes Maß an Unterstützung für das Thema Pflegekammer und die damit verbun- denen Chancen, Pflege aus der Fremdbestimmung herauszuholen. Die meisten Pflegenden wollen die Gestaltung pflegerischen Handelns selbst in die Hand nehmen. Sie möchten bei Gesetzgebungen, die sie selbst betreffen, aktiv eingebunden und gefragt werden. Andere Pflegende sind aufgrund der derzeitigen Rahmenbedingungen und der Einflussnahme anderer Interessengruppen desillusioniert. Aus diesen Gründen haben sie eine eher abwartende, skeptische oder sogar ablehnende Haltung. Eine Pflegekammer in Niedersachsen wird den Kolleginnen und Kollegen eine professionelle Stimme geben. Dies ergibt sich aus drei Punkten: erstens aus der Selbstbestimmung der Pflegenden, zweitens aus der Qualitätssicherung und Entwicklung der Pflege sowie drittens aus dem Schutz, der Anerkennung und der Wertschätzung des Pflege- berufs. Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 17 13.09.16 09:01
18 Foto: iStockphoto/Ida Jarosova Pflegekammer: Wie gut kennen Sie sich aus? Seit Anfang 2016 gibt es die erste deutsche Pflegekammer in Rheinland-Pfalz, weitere Bundesländer sind auf dem Weg. Testen Sie Ihr Wissen! Die korrekten Buchstaben der Antworten ergeben in der Reihenfolge der Fragen das richtige Lösungswort. 1. Welche Gesundheitsministerin hat die Pflegekammer in Rheinland-Pfalz auf den Weg gebracht? A Melanie Huml G Malu Dreyer P Barbara Steffens M Ulla Schmidt 2. In welchem Bundesland stimmten im Jahr 2013 insgesamt 50 Prozent der Pflegenden für eine Kammer, und sie wurde dennoch nicht umgesetzt? E Bayern O Berlin C Mecklenburg-Vorpommern H Nordrhein-Westfalen 3. Wer ist der erste Landespflegekammer-Präsident in Deutschland? N Andreas Westerfellhaus E Karl-Josef Laumann S Markus Mai K Frank Ulrich Montgomery 4. Wie lange gibt es in Großbritannien schon eine Pflegekammer? L seit 150 Jahren (1866) E seit 100 Jahren (1916) G seit 50 Jahren (1966) A seit 25 Jahren (1991) 5. Was sind nach Rheinland-Pfalz die nächsten beiden Bundesländer, in denen eine Pflegekammer errichtet wird? (2 Antworten) U Bayern B Baden-Württemberg C Berlin I Mecklenburg-Vorpommern T Niedersachsen A Nordrhein-Westfalen H Sachsen Z Schleswig-Holstein Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 18 13.09.16 09:01
19 6. Was gehört nicht zum Aufgabenbereich einer Pflegekammer? (2 Antworten) Foto: iStockphoto/Ida Jarosova A Organisation der Fort- und Weiterbildung M Gutachtertätigkeit; Benennung von Sachverständigen C Registrierung aller Pflegenden des Bundeslandes G Tarifverhandlungen U Politische Beratung der Gesetzgeber E Rechtsberatung der Arbeitgeber N Durchsetzung einer einheitlichen Berufsethik und Berufsordnung 7. Womit hat der Gründungsausschuss der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz unter anderem auf die erste Kammerwahl Ende 2015 aufmerksam gemacht? I Mit Kinowerbung O Mit einer Plakataktion auf allen Bussen in Rheinland-Pfalz B Mit einem Radiospot M Mit Werbung auf Heißluftballons 8. Ab wann wird die Pflegekammer Rheinland-Pfalz die bislang vom Land geregelte Weiterbildungsordnung übernehmen? A ab 2017 U ab 2018 P ab 2019 R ab 2020 9. In welcher Reihenfolge verlaufen die typischen Etappen auf dem Weg zur Pflegekammer? N Gründungskonferenz – Neuformulierung des Heilberufegesetzes – Gründungsausschuss – Pflegekammer O Neuformulierung des Heilberufegesetzes – Gründungskonferenz – Gründungsausschuss – Pflegekammer G Gründungsausschuss – Gründungskonferenz – Neuformulierung des Heilberufegesetzes – Pflegekammer 10. Welche Institution soll in Bayern anstelle der Pflegekammer etabliert werden? A Pflegebund G Pflegering E Pflegegemeinschaft S Pflegepol Lösungswort: Viel Erfolg! n S ie 3 x 2 Fre ika rten Gewinne in Berlin. r d e n D e u ts ch e n Pflegetag 2017 xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx fü xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx per Mail an: ng sw or t bi tt e bi s zum 15. 11. 2016 . su ist ausgeschlossen Senden Sie das Lö e. D er Re ch ts w eg med.d pflegeblatt@biblio n schriftlich benach richtigt. Die Gewinner werde Layout_DtPflegeblatt.indd 19 13.09.16 09:01
20 POLITIK Aktuelles aus Politik und Verbänden Porträt. Nach knapp drei Jahren im Amt findet Bundesgesundheitsminister Gröhe seine gesundheitspolitische Agenda. Innovationen betont er ebenso wie menschliche Nähe und humane Lebensbedingungen für Kranke und Alte. Minister für Ethik und Hightech D ie Berliner Gesund- dass zwei Pflegestärkungsgesetze das Krankenhausstrukturgesetz heitsszene staunte nicht rasch durchs Parlament kamen. Ab und der Pharmadialog nur einige schlecht, als Bundes- dem kommenden Jahr erhalten an Beispiele für die bereits zu Ende kanzlerin Angela Mer- Demenz erkrankte Personen den- gebrachten Hausaufgaben. Eigene kel (CDU) vor knapp drei Jahren selben Zugang zu Leistungen der Akzente setzte er wenige. Gröhe ausgerechnet ihren Generalse- Pflegeversicherung wie rein kör- beschränkte sich auf die gerade aus kretär Hermann Gröhe zum Ge- perlich Beeinträchtigte. Insgesamt der Sicht des Christen wichtigen sundheitsminister ernannte. Sein stehen laut Ministerium ab 2017 ethischen Fragen wie Sterbehilfe Parteifreund Jens Spahn hatte pro Jahr fünf Milliarden Euro an und Palliativgesetz. Die solide Fi- zuvor den gesundheitspolitischen Mehrausgaben in der Pflegever- nanzlage der Gesetzlichen Kran- Teil des Koalitionsvertrages für sicherung bereit. Einzig die Frage kenversicherung (GKV) ließ dies die CDU verhandelt. In der SPD der nachhaltigen Finanzierung zu. Die langfristige Bezahlbarkeit macht sich seit vielen Jahren der ließ Gröhe offen. des Gesundheitswesens machte Kölner Professor und Bundestags- Zwar nahmen dem Minister er hingegen nicht zu seinem Pro- abgeordnete Karl Lauterbach Hoff- lange Zeit die wenigsten ab, dass gramm. „Teuer, teurer, Gröhe“, lau- nungen auf den Spitzenposten des Gesundheitspolitik sein Leib- tete deshalb bereits vor einem Jahr Gesundheitswesens. Gröhe selbst und Magen-Thema sei. In kleinen eine Überschrift in der „Welt“. war bis dato in keinster Weise in Runden sprach er zu gern über Doch nun, zum Ende seiner puncto Gesundheitspolitik aufge- die strategische Ausrichtung der ersten Amtszeit – und er selbst fallen. Entsprechend groß war die Union und die Wahlchancen seiner steht bereit für eine Fortsetzung Skepsis, die ihm entgegenschlug. Partei in verschiedenen Kommu- nach der Bundestagswahl 2017 –, Und in der Tat: Gröhe und nen an Rhein und Ruhr. Der alte zeigt Gröhe immer stärker Kon- sein Ministerium waren zunächst Generalsekretär und Parteisoldat turen einer eigenen gesundheits- in vielen Fragen nicht sprechfähig. ließ grüßen. Gröhe ist Christde- politischen Agenda. Besonders Doch erstaunlich rasch arbeitete mokrat durch und durch, verweist deutlich wurden diese auf seiner sich der ehemalige Vorsitzende gerne auch auf seine Verankerung Sommerreise im August. „Gute der Jungen Union in die kom- in der evangelischen Kirche und Versorgung braucht Innovati- plexe gesundheitspolitische Ma- ist bekennender Konservativer. on“, diktierte er den mitreisenden terie ein. Nach einigen Monaten Aber der Minister selbst fand Journalisten in ihre Notizblöcke. wagte der heute 55-Jährige sich auch immer stärker Gefallen an Es gehe darum, innovative Ideen, in öffentliche Diskussionsrunden seinem neuen Aufgabengebiet. Hightech und menschliche Zu- und überzeugte dort mit bemer- Trotzdem hielt er sich zunächst wendung zusammenzubringen. kenswerter Detailkenntnis. Seinen an die detaillierten Vorgaben des „Auch die Technik darf nie verges- ersten Schwerpunkt setzte er in Koalitionsvertrages, arbeitete die- sen, dass sie ein dienstbarer Geist der Debatte über Sterbehilfe und sen Punkt für Punkt ab. Neben ist“, erklärte Gröhe. in der Pflege. Gröhe trieb die Ein- den beiden Pflegegesetzen sind Seine Sommerreise startete am führung des neuen Pflegebedürf- eine erste Arzneimittelreform, Max-Planck-Institut für Infek- tigkeitsbegriffs voran, sorgte dafür, das Versorgungsstärkungsgesetz, tionsbiologie. Dort forscht die Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 20 13.09.16 09:01
21 Fotos: Bundesministerium für Gesundheit Foto: Bundesregierung/Steffen Kugle Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) während seiner Sommerreise 2016 mit Vertretern der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (o. r.), SAP-Vorstandsmitglied Michael Kleinemeier (u. M.) und der Wissenschaftlerin Prof. Dr. Emmanuelle Charpentier vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin (u. r.) französischstämmige Professorin de des Deutschen Ethikrates und „Es geht immer wieder um die Emmanuelle Charpentier. Sie Erlanger Theologie-Professor Pe- Verteidigung der Menschenwür- wird längst als künftige No- ter Dabrock. Auch die Einladung de.“ belpreisträgerin gehandelt. Der für Dabrock zu dem Besuch zeigt: Den Rat von Experten sucht Grund: Charpentier hat die soge- Gröhe sieht sich als Hightech- der Minister. So hörte er auch die nannte Genschere erfunden. Vor und als Ethik-Minister. Argumente der Pflege-Experten vier Jahren hatte sie in der Zeit- Das betrifft nicht nur den Um- bei der Reform der Pflegeausbil- schrift „Science“ zusammen mit gang mit neuen Technologien, dung intensiv an. Mit seinem Ge- der US-Biochemikerin Jennifer sondern auch mit Kranken und setzentwurf zeigte sich das Gros Doudna die Crispr-Cas9-Metho- Alten. Nach dem Besuch beim der Profession zufrieden. In seiner de – auch Genom Editing oder Max-Planck-Institut ließ er sich eigenen Fraktion erfährt Gröhe je- eben Genschere genannt – vor- und die mitreisenden Journalisten doch Widerstand. Er selbst vertritt gestellt. Diese erlaubt, das Erb- von der Deutschen Alzheimer Ge- das Reformprojekt standhaft aus gut von Lebewesen beliebig zu sellschaft zum „Demenz Partner“ Überzeugung. Ob das ausreicht, verändern. „Diese Technik wird schulen. „Meine erste Urkunde, die damit die generalistische Ausbil- die Medizin revolutionieren – mit ich selbst unterschrieben habe“, dung eine Mehrheit im Bundestag enormen Konsequenzen für die scherzte er nach Erhalt derselben, und im Bundesrat erfährt, wird gesamte Gesellschaft“, erklärte um anschließend mit Verweis auf sich zeigen. der bei Gröhes Besuch ebenfalls die Vorträge zu Crispr-Cas9 und Dr. Stephan Balling anwesende Vorstandsvorsitzen- die Demenz-Schulung zu sagen: Deutsches Pflegeblatt 1-2016 Layout_DtPflegeblatt.indd 21 13.09.16 09:01
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