Identität statt Diskurs? - Diskursivität in der politischen Bildung und ihre Gefährdungen - Ingenta Connect

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PR 2021, 75. Jahrgang, S. 293-306
                     © 2021 Wolfgang Sander - DOI https://doi.org/10.3726/PR032021.0027

                                           Wolfgang Sander

                             Identität statt Diskurs?
                Diskursivität in der politischen Bildung und
                             ihre Gefährdungen

Diskursivität ist in der politischen Bildung                Extremismus und identitätspolitische Posi-
und ihrer Didaktik ein seit langem etablier-                tionen. Abschließend soll nach Perspek-
tes Prinzip. Zwar ist der Begriff bislang in                tiven einer professionellen Haltung von
diesem Fach eher weniger verbreitet; das                    Lehrerinnen und Lehrern im Umgang mit
mit ihm Gemeinte wird hier aber unter                       diesen Problemfeldern gefragt werden.
den Begriffen politische Mündigkeit als
Bildungsziel, Perspektivität und vor allem
Kontroversität als didaktisches Prinzip                     1. Diskurs und Kontroversität:
politischer Bildung intensiv verhandelt. In                     ein etabliertes Prinzip in
der Didaktik der politischen Bildung gilt es                    der politischen Bildung
nahezu unbestritten als eine zentrale Auf-
gabe des Fachunterrichts, Schüler in der                    Im Jahr 1976 fand im schwäbischen Beu-
multiperspektivischen       Auseinanderset-                 telsbach auf Einladung des damals neu
zung mit politischen Problemen und Kon-                     berufenen Direktors der Landeszentrale
flikten zur eigenständigen und reflektierten                für politische Bildung Baden-Württem-
politischen Urteilsbildung zu befähigen.1                   berg, Siegfried Schiele, eine hochkarätig
     Da die grundlegenden erkenntnis- und                   besetzte Fachtagung statt. Ihr Gegen-
bildungstheoretischen Aspekte von Dis-                      stand war die Frage, ob angesichts der
kursivität mit Blick auf Schule und Unter-                  damaligen, auf die Folgen der 1968er-
richt im Aufsatz von Ludwig Duncker und                     Bewegung zurückgegangen politischen
Katja Siepmann in diesem Heft bereits dar-                  Rechts-Links-Polarisierung, die auch auf
gelegt wurden, konzentriert sich der nach-                  die politische Bildung und ihre Didaktik
folgende Beitrag ganz auf die fachinterne                   übergegriffen hatte, die Verständigung auf
Diskussion in der politischen Bildung. Zu-                  einen Minimalkonsens möglich wäre.2 Als
nächst soll ein seit Jahrzehnten bestehen-                  Referenten waren renommierte universitä-
der Basiskonsens über Kontroversität als                    re Fachdidaktiker der politischen Bildung
didaktisches Prinzip skizziert werden. So-                  aus unterschiedlichen politischen Lagern
dann wird auf zwei Problemfelder einge-                     eingeladen worden.
gangen, mit denen sich Forderungen nach                         Ergebnis dieser Tagung war der ‚Beu-
Grenzen von Kontroversität und damit                        telsbacher Konsens‘. Seine drei Prinzipien
von Diskursivität verbinden: politischer                    dürften der wahrscheinlich meistzitierte

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Text zur politischen Bildung in Deutsch-                       3. Der Schüler muss in die Lage ver-
land sein:                                                     setzt werden, eine politische Situation
                                                               und seine eigene Interessenlage zu
  „1. Überwältigungsverbot. Es ist nicht
                                                               analysieren, sowie nach Mitteln und
  erlaubt, den Schüler – mit welchen
                                                               Wegen zu suchen, die vorgefundene
  Mitteln auch immer – im Sinne er-
                                                               politische Lage im Sinne seiner Inte-
  wünschter Meinungen zu überrumpeln
                                                               ressen zu beeinflussen. Eine solche
  und damit an der ‚Gewinnung eines
                                                               Zielsetzung schließt in sehr starkem
  selbständigen Urteils‘ zu hindern. Hier
                                                               Maße die Betonung operationaler Fä-
  genau verläuft nämlich die Grenze
                                                               higkeiten ein, was eine logische Kon-
  zwischen Politischer Bildung und In-
                                                               sequenz aus den beiden vorgenannten
  doktrination. Indoktrination aber ist
                                                               Prinzipien ist.“3
  unvereinbar mit der Rolle des Lehrers
  in einer demokratischen Gesellschaft                     Besonders bemerkenswert an diesem
  und der – rundum akzeptierten – Ziel-                    Konsens – und wahrscheinlich einer der
  vorstellung von der Mündigkeit des                       Gründe dafür, dass er im damaligen politi-
  Schülers.                                                schen Klima überhaupt möglich war –, ist,
                                                           dass er niemals Gegenstand einer formel-
  2. Was in Wissenschaft und Politik
                                                           len Beratung auf der Tagung oder gar eines
  kontrovers ist, muß auch im Unterricht
                                                           Beschlusses war. Die zitierte Formulierung
  kontrovers erscheinen. Diese For-
                                                           ist Teil eines Berichts über die Tagung, um
  derung ist mit der vorgenannten aufs
                                                           den der damalige Publikationsreferent der
  engste verknüpft, denn wenn unter-
                                                           Landeszentrale, Hans-Georg Wehling,
  schiedliche Standpunkte unter den
                                                           von Schiele gebeten worden war – mit
  Tisch fallen, Optionen unterschlagen
                                                           der Maßgabe, „genau aufzupassen, ob
  werden, Alternativen unerörtert blei-
                                                           man aus den Diskussionen und Referaten
  ben, ist der Weg zur Indoktrination
                                                           etwas Konsensfähiges herausfiltern kann.
  beschritten. Zu fragen ist, ob der Leh-
                                                           Das hat dann Wehling in dieser hervor-
  rer nicht sogar eine Korrekturfunktion
                                                           ragenden Weise getan.“4 Seine Geltung
  haben sollte, d. h. ob er nicht solche
                                                           erlangte der Beutelsbacher Konsens in
  Standpunkte und Alternativen beson-
                                                           den folgenden Jahrzehnten durch seine
  ders herausarbeiten muss, die den
                                                           faktische Akzeptanz in der Fachkultur, zu
  Schülern (und anderen Teilnehmern
                                                           der im Laufe der Zeit freilich auch vielfäl-
  politischer Bildungsveranstaltungen)
                                                           tige Verweise auf ihn in amtlichen Doku-
  von ihrer jeweiligen politischen und so-
                                                           menten wie etwa Lehrplänen hinzukamen.
  zialen Herkunft her fremd sind.
                                                           Dies spricht dafür, dass Wehlings For-
  Bei der Konstatierung dieses zweiten                     mulierung letztlich ein Selbstverständnis
  Grundprinzips wird deutlich, warum                       politischer Bildung zum Ausdruck brachte,
  der persönliche Standpunkt des Leh-                      das auch schon vor 1976 und trotz aller
  rers, seine wissenschaftstheoretische                    Kontroversen in diesen Jahren unter den
  Herkunft und seine politische Meinung                    Akteuren im Fach verbreitet war.5 Tatsäch-
  verhältnismäßig uninteressant werden.                    lich lässt es sich in ersten Ansätzen schon
  Um ein bereits genanntes Beispiel er-                    im staatsbürgerlichen Unterricht der Wei-
  neut aufzugreifen: Sein Demokratiever-                   marer Republik nachweisen.6
  ständnis stellt kein Problem dar, denn                        Auch wenn es in vier Jahrzehnten nach
  auch dem entgegenstehende andere                         der Beutelsbacher Tagung immer wie-
  Ansichten kommen ja zum Zuge.                            der zu Bilanzdebatten, vereinzelter Kritik

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und Vorschlägen zu Ergänzungen kam7,                        (Alltags-Theorien) von Schülern oder sol-
ist es bis heute bei der grundsätzlichen                    chen Vorurteilen (im Sinne von vorläufigen
Akzeptanz dieses Konsenses geblieben.                       Urteilen), die aus wissenschaftlicher Per-
Der Beutelsbacher Konsens gilt heute als                    spektive unvertretbar sind, hat der Unter-
Kern der Berufsethik und damit zentrales                    richt eine Korrekturaufgabe.
Element professionellen Handelns von                             Dies gilt für jedes Fach, so auch für
Lehrern in der politischen Bildung. Un-                     die politische Bildung. In der politischen
verkennbar sind auch Schulbücher und                        Bildung kommt aber eine weitere Grenz-
Lernmaterialien für das Fach heute in der                   ziehung hinzu, die nicht im wissenschaft-
Regel (und sofern sie Schulen nicht von                     lichen Bezug, sondern im politischen
außenstehenden Lobbygruppen ange-                           Charakter seiner Gegenstände begründet
boten werden), deutlich vom Prinzip der                     liegt. Sie betrifft die Fragen, ob, warum,
Kontroversität geprägt. Nicht anders zeigt                  wann und auf welche Weise Lehrer die
sich im Methodenspektrum des Faches,                        Aufgabe haben, bestimmten politischen
wie es sich in einschlägigen Handbüchern                    Meinungen und Einstellungen nicht nur
niederschlägt, die von der Didaktik der                     aus wissenschaftlichen, sondern auch aus
politischen Bildung intendierte diskursive                  politischen Gründen entgegenzutreten mit
Prägung des Unterrichts.8                                   dem Ziel, diese Meinungen und Einstellun-
                                                            gen mit pädagogischen Mitteln zu verän-
                                                            dern. Wehling erwähnt en passant, dass
2. Politischer Extremismus und                             diese Frage wohl deshalb auf der Beutels-
    die Grenzen von Kontroversität                          bacher Tagung keine Rolle gespielt habe,
                                                            weil damals „im politischen Leben der
Es versteht sich für jeden fachlichen Unter-                Bundesrepublik die extremen Ränder als
richt, dass eine Grenze für Kontroversität                  mitbestimmende Größe“ fehlten und das
durch ein anderes didaktisches Prinzip                      habe sich auch in der politischen Bildung
gesetzt ist: das der Wissenschaftsorientie-                 widergespiegelt.9 Dies änderte sich aber
rung. Zwar betont der Beutelsbacher Kon-                    bereits in den 1990er-Jahren, als sich mit
sens auch die Kontroversität innerhalb der                  dem Erstarken neuer rechtsextremer Be-
Wissenschaften, die im Unterricht zu reprä-                 wegungen und Parteien besonders unter
sentieren sei. Gleichwohl aber gilt ebenso,                 Lehrern in den neuen Bundesländern eine
dass das zu vermittelnde Wissen sowie                       gewisse Unsicherheit darüber verbreitete,
der methodische Umgang mit ihm vor dem                      ob das Kontroversitätsgebot die gleichbe-
Hintergrund der jeweiligen Fachwissen-                      rechtigte Repräsentation von Positionen
schaften, im Falle der politischen Bildung                  aus diesem Spektrum verlange. Ich habe
der Sozialwissenschaften, verantwortbar                     damals in einem Vortrag und Aufsatz ar-
sein muss. So dürfen beispielsweise im                      gumentiert, dem Beutelsbacher Konsens
Unterricht keine als widerlegt geltenden                    liege eine implizite, aus den Beiträgen der
Tatsachenbehauptungen verbreitet, wis-                      auf der Tagung beteiligten Fachdidaktiker
senschaftliche       Forschungsergebnisse                   leicht erschließbare Übereinstimmung dar-
und Theorien unzutreffend dargestellt,                      über zugrunde, dass die Kontroversen, um
Fachbegriffe dauerhaft falsch gebraucht                     die es in der Praxis der politischen Bildung
oder für den jeweiligen Gegenstand be-                      gehe, sich im Rahmen des demokratischen
deutsame wissenschaftliche Erkenntnisse                     Spektrums hielten. Zur Klarstellung habe
willkürlich ausgeblendet werden. Gegen-                     ich dann – wissend, dass dies von nieman-
über      aus    fachlich-wissenschaftlicher                dem formell beschlossen werden kann –
Sicht problematischen Konzepten und                         vorgeschlagen, die drei Prinzipien des

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Beutelsbacher Konsenses um ein viertes                      und kulturell homogenen Volkes geprägt.
zu ergänzen: „Politische Bildung versteht                   Dabei wird von der Ungleichwertigkeit
sich als Teil einer demokratischen Kultur.                  der Menschen ausgegangen und an-
Sie will mit pädagogischen Mitteln an der                   deren Menschen als den Angehörigen
Erhaltung und Weiterentwicklung der De-                     des eigenen Volkes rechtliche Gleichheit
mokratie mitwirken, denn nur demokra-                       und gleiche Menschenwürde abgespro-
tisch verfaßte Gesellschaften können die                    chen. Nationalismus, Fremdenfeindlich-
pädagogisch intendierte Mündigkeit der                      keit und Rassismus sind daher zentrale
Schülerinnen und Schüler akzeptieren.“10                    Elemente rechtsextremen Denkens. Das
     25 Jahre später ergibt sich der Ein-                   Gesellschaftsverständnis des Rechts-
druck, dass ein solcher Vorbehalt und                       extremismus ist antipluralistisch, antide-
die mit ihm verbundene normative und                        mokratisch und antiliberal. Verbunden mit
politische Grenzsetzung im Fachdiskurs                      einer aggressiven Rhetorik werden der
der politischen Bildung über Kontroversi-                   demokratische Verfassungsstaat und die
tät und Diskursivität breit akzeptiert ist.                 freiheitlich-demokratische Grundordnung
Schwieriger und kontroverser gestaltet                      abgelehnt und bekämpft. Angestrebt wird
sich jedoch die Frage, wogegen konkret                      ein illiberales, autoritär-diktatorisches Herr-
sich diese Abgrenzung richten soll. Es                      schafts- und Staatsmodell. Oft ist damit
bietet sich an, hierfür auf den Begriff des                 die Verharmlosung des Nationalsozialis-
politischen Extremismus zu rekurrieren,                     mus und die Leugnung oder Relativierung
der im politischen und wissenschaftlichen                   seiner Verbrechen verbunden.
Diskurs eine prominente Rolle spielt. Gele-                      Von Linksextremismus ist dann zu
gentlich wird dessen Tauglichkeit für diese                 reden, wenn sich Kapitalismuskritik mit
Grenzsetzung innerhalb der politischen                      einer generellen Ablehnung des demo-
Bildung bestritten, andererseits wird er                    kratischen Verfassungsstaates und seiner
praktisch durchgehend für entsprechen-                      Organe, einer grundsätzlichen Infrage-
de Positionen aus dem rechten Spektrum                      stellung des staatlichen Gewaltmonopols
verwendet, und plausible Alternativen sind                  sowie einer Relativierung der individuellen
nicht recht erkennbar.11 Im Folgenden wer-                  Rechte derjenigen verbindet, die als politi-
den die folgenden Begriffsbestimmungen                      sche Gegner gelten. Freiheit für Anders-
zugrunde gelegt, die 2018 von einer Grup-                   denkende, Pluralismus, Rechtsstaat und
pe von vier Autoren in einen öffentlichen                   Gewaltenteilung werden in linksextremis-
Aufruf mit dem Titel „Verteidigung der Re-                  tischen Ideologien einem Gesellschafts-
publik – Politische Bildung angesichts von                  verständnis untergeordnet, das auf die
Extremismus“ formuliert wurden:                             Durchsetzung einer egalitären und ideolo-
     Politischer Extremismus wendet sich                    gisch formierten gesellschaftlichen Einheit
hiernach „gegen Kernprinzipien der kons-                    zielt. Gegenwärtige Spielarten von Links-
titutionellen Demokratie ... Als extremis-                  extremismus knüpfen an verschiedene
tisch können solche ... Positionen gelten,                 kommunistische und anarchistische Tradi-
die die rechtsstaatlich verfasste und men-                  tionen an und verharmlosen die dabei ent-
schenrechtsbasierte Demokratie, die frei-                   standenen Diktaturen und terroristischen
heitliche Republik selbst und damit auch                    Bewegungen.
die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger                        Der Islamismus und seine terroristi-
beseitigen wollen. (...)                                    sche Zuspitzung, der Dschihadismus, stel-
     Die Vorstellungswelt des Rechtsext-                    len eine freiheitsfeindliche Ideologie dar,
remismus ist von der Idee eines ethnisch                    die sich auf eine religiöse Begründung

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beruft. Überdies wird mit dem Anspruch,                     gleiche Freiheit aller an ihm Beteiligten von
den ‚wahren Islam‘ zu vertreten, ein Mono-                  allen anerkannt wird.
polanspruch erhoben, der mit der Intole-                         Nun ist mit einer solchen normativen
ranz gegenüber anderen Verständnissen                       und politischen Grenzsetzung noch nicht
des Islams wie gegenüber anderen Reli-                      viel über professionelle Handlungsstrate-
gionen einhergeht. Extremistisch ist der Is-                gien von Lehrern im Umgang mit solchen
lamismus deshalb, weil er unter Berufung                    Einstellungen gesagt, die ja durchaus
auf eine gottgewollte Ordnung jede von                      auch von Schülern im Unterricht aktiv
Menschen gemachte politische Ordnung                        eingebracht oder zumindest bei ihnen er-
ablehnt und sich daher gegen Demokratie                     kennbar sein können. Das Lehrerhandeln
und die Vielfalt von Lebensformen wendet.                   auch gegenüber Schülern mit extremis-
Im Dschihadismus wird überdies aus einer                    musaffinen Meinungen muss von einer
angeblichen ‚Demütigung aller Muslime‘                      pädagogischen Brechung geprägt sein.
das Recht auf die gewaltsame Bekämp-                        Kurt Edler hat ein idealtypisches Selbst-
fung der freien Gesellschaften abgeleitet.                  konzept eines Lehrers oder einer Lehrerin
    In allen drei Extremismen gibt es eine                  mit Blick auf den Umgang mit Islamismus
Affinität zu Gewalt oder mindestens zu                      so beschrieben: „Vom demokratischen
deren Rechtfertigung. In allen dreien finden                Verfassungsstaat und der aufgeklärten
sich auch Formen des Antisemitismus.“12                     Republik habe ich ein persönliches Kon-
    Es versteht sich, dass sich diese For-                  zept, kenne Programme und Strategien
men von Extremismus in vieler Hinsicht                      des Islamismus, bin rhetorisch trainiert
unterscheiden und zu verschiedenen Zei-                     und kann cool bleiben, so dass ich auch
ten in den vergangenen Jahrzehnten ein                      in zugespitzten Situationen genug päda-
jeweils sehr unterschiedliches Gewicht                      gogische Rollendistanz wahren kann, um
haben konnten. Gleichwohl sind mit den                      meine Schüler nicht als politische Gegner
Begriffen Rechtsextremismus, Linksextre-                    zu betrachten oder zu behandeln.“13 Dies
mismus, Islamismus sowie Antisemitismus                     lässt sich zwanglos auch auf den Um-
und Rassismus aus heutiger Sicht jene                       gang mit den anderen hier angesproche-
Syndrome politischer Einstellungen und                      nen Grenzsetzungen übertragen. Edler
Praxen benannt, die in der politischen Bil-                 beschreibt eine pädagogisch geprägte
dung nicht in gleicher Weise wie andere                     Haltung von Lehrern. Lehrer sind auch in
politische Positionen in kontroverse und                    der politischen Bildung keine Aktivisten,
ergebnisoffene Diskurse eingebracht wer-                    die gegen ihre Schüler in den politischen
den können, sondern bei denen die päd-                      Kampf ziehen. Zur professionellen Haltung
agogischen Intentionen auf Prävention,                      gehört dagegen der Blick auf extremismus-
Problematisierung und soweit möglich                        affin denkende Schüler als Adressaten,
auch Überwindung durch neue Bildungs-                       denen Möglichkeiten für die Erweiterung
erfahrungen zielen. Hier kann in normati-                   ihres Weltverstehens und die Entwicklung
ver Hinsicht von einer symbolischen ‚roten                  ihrer Persönlichkeit eröffnet werden sollen,
Linie’ gesprochen werden, deren Legiti-                     also für ihre weitere Bildung. Dazu gehört
mität im hier diskutierten Zusammenhang                     auch, dass es möglich sein muss, offen
einer diskursiven Didaktik sich gerade aus                  zu sprechen, dass also auch den Lehren-
der Verteidigung von Diskursivität ergibt.                  den unbequeme Gedanken und Meinun-
Denn der freie Meinungsstreit ist nur mög-                  gen geäußert werden können und dass
lich, wenn die durch die Grundprinzipien                    es keine vorschnelle moralische Verurtei-
freiheitlicher Verfassungen garantierte                     lung gibt. Grenzsetzung heißt daher nicht

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Tabuisierung und Gesprächsverweige-                             Letztlich aber geht es unter dem As-
rung. Der Politikdidaktiker Wolfgang Hil-                   pekt der Bildung darum, Schülern, die mit
ligen hat den Balanceakt, den Lehrer in                     den hier in Rede stehenden Sichtweisen
solchen Situationen vollbringen müssen,                     sympathisieren, alternative Möglichkeiten
so beschrieben: „Der Lehrer muß die In-                     des Weltverstehens zu vermitteln. Das
toleranz gegenüber jeder Intoleranz mit der                 aber erfordert in sehr vielen Fällen einen
Toleranz gegenüber den noch Intoleranten                    langen Atem, der umso länger sein muss,
verbinden.“14                                               je bedeutsamer solche problematischen
     Diese pädagogisch geprägte Haltung                     Sichtweisen für das Selbst- und Welt-
kann zu verschiedenen Konsequenzen füh­ren:                 verständnis von Adressaten bereits ge-
     Situationsklug reagieren, das heißt,                   worden sind. Der Lernpsychologe Gerd
nicht schematisch zu reagieren und sich                     Mietzel hat die Schritte beschrieben, die
nicht provozieren zu lassen. Einschlägige                   üblicherweise gegangen werden müssen,
Äußerungen von Lernenden können sehr                        wenn eine Veränderung im Weltverstehen,
verschiedenes bedeuten: eine spontane                       also ein ‚conceptual change‘, möglich ein
Randbemerkung ohne tiefere Relevanz,                        sein soll15: Zunächst bedarf es einer ‚Über-
auf die einzugehen nicht lohnt; eine geziel-                raschung‘ (Pertubation) im Sinne eines
te Provokation, um zu testen, wie der oder                  Anlasses, an einer bestimmten Stelle mit
die da vorne reagiert; ein ernst gemeinter                  den bisherigen Konzepten der Welter-
Beitrag, der im Gespräch aufgenommen                        klärung unzufrieden zu sein; sodann sind
werden kann. Entsprechend unterschied-                      überzeugende Alternativen erforderlich,
lich wird eine angemessene Reaktion aus-                    die im Konflikt mit dem bisherigen Denken
fallen können.                                              zu einer kognitiven Dissonanz führen; die
     Im Gespräch bleiben ist essenziell,                    neuen, alternativen Erklärungen müssen
wenn neues Lernen anregt werden soll.                       sich an neuen Beispielen bewähren und
Verhärtete Fronten sollten daher vermie-                    als den alten überlegen erfahren werden;
den werden und das ernsthafte Interesse                     schließlich bedarf es der subjektiven, auch
von Lehrenden an dem, was Schüler oder                      emotionalen Bereitschaft, eine neue Kon-
Teilnehmer denken und meinen, ist wohl                      zeption zu übernehmen und die alte zu ver-
die beste Basis dafür.                                      werfen oder zu korrigieren.
     Widerpart sein kann freilich ebenfalls zu                  Es ist im Regelfall sehr unwahrschein-
einem ernsthaften Gespräch gehören. Ext-                    lich, dass eine einzelne diskursive Situation
remistischen, rassistischen oder antisemiti-                oder eine bestimmte andere Intervention
schen Positionen muss durchaus deutlich                     ausreichen, um einen solchen Prozess des
widersprochen werden, wenn auch nicht                       Um- und Neudenkens in Gang zu setzen
notwendigerweise immer spontan und auch                     oder ihn gar mit einer ‚Abkürzung’ erfolg-
nicht in jedem Fall durch eine persönliche                  reich zu beenden. Aber gerade deshalb ist
Antwort. Es kann unter Umständen sinnvol-                   im Umgang mit diesem Problemfeld der
ler sein, in der nächsten oder übernächsten                 Lernort Schule für politische Bildung von
Stunde gut vorbereitet auf eine bestimmte                   herausgehobener Bedeutung, denn an-
Aussage zurückzukommen oder mit geeig-                      ders als in der außerschulischen Bildung
netem Lernmaterial oder Arbeitsaufgaben                     besteht hier durch die relativ langen Zeit-
zu reagieren. Was aber nicht geschehen                      räume, in denen Lehrer mit festen Schü-
sollte, ist solchen Positionen schlicht nur                 lergruppen arbeiten, zumindest eine gute
eine Bühne zu bieten, ohne dass sie mit                     Chance für solche mittel- und längerfristig
Widerspruch rechnen müssen.                                 angelegten Interventionen.

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3. Identitätspolitik und die                               sprechen? Möchten Sie gewarnt werden
    Verweigerung von Diskursivität                          davor?‘ Sofort sprang ihr eine Profes-
                                                            sorin bei und sagte: ‚Das kann man jetzt
Während die bisher diskutierten Grenz-                      aber hier nicht verhandeln.‘ Dann sagte
setzungen sich aus dem Selbstverständ-                      ich: ‚Das kann man allerdings verhan-
nis politischer Bildung ergeben, werden                     deln, denn das ist eine wissenschaftliche
andere Forderungen nach Grenzen der                         Veranstaltung.‘“16 Im gleichen Interview
Diskursivität zunehmend von sich politisch                  berichtet Svenja Flaßpöhler von einer Ver-
links verstehenden Vertretern identitäts-                   anstaltung in Berlin, bei der sie eine dif-
politischer Positionen und Strategien ge-                   ferenzierte Position zur ‚gendergerechten
fordert. Mit dieser Identitätspolitik sollen                Sprache‘ einnehmen wollte und aggressi-
die Interessen einer Vielzahl von Gruppen                   ve Zwischenrufe erntete, die im dem Satz
und Minderheiten durchgesetzt werden,                       kulminierten: „Hören Sie auf, Sie beleidi-
die sich als diskriminiert betrachten oder                  gen uns!“
denen ein solches Selbstverständnis von                         Diese Beispiele mögen noch relativ
identitätspolitischen Akteuren zugeschrie-                  harmlos klingen, aber sie zeigen schon
ben wird. Vor allem geht es um Gruppen                      recht deutlich, wo mit Blick auf Diskursivi-
und Minderheiten, die durch Geschlecht,                     tät das Problem mit Identitätspolitik liegt.
sexuelle Orientierung, ethnische Herkunft                   Es geht nicht einfach um das Recht auf
und Religion verbunden sind, wobei bei                      einen eigenen Lebensstil, sondern um
Religion in diesem Zusammenhang prak-                       den Anspruch an die Mehrheitsgesell-
tisch ausschließlich der Islam gemeint ist.                 schaft, die jeweilige kollektive Identität
Identitätspolitik unterstellt diesen Gruppen                nicht einem, ggf. ja auch kritischen, Dis-
nicht nur gemeinsame Interessen, sondern                    kurs aussetzen zu müssen. Dafür werden
eine durch das jeweils in Rede stehende                     bestimmte Sichtweisen als ‚unverhandel-
Merkmal geprägte gemeinsame Weltsicht,                      bar’ postuliert. Selbstverständlich geht es
eben eine kollektive Identität. Für diese                   dabei nicht alleine um Befindlichkeiten,
Identität wird Geltung beansprucht in dem                   sondern auch um Macht, um Dominanz in
Sinn, dass deren Authentizität und die                      bestimmten Teilöffentlichkeiten – vorrangig
damit begründeten Ansprüche von ande-                       in Bildungssystem, Kultur und Medien –,
ren nicht in Frage gestellt werden dürfen.                  um von dort aus Wirkungen in die brei-
     Das folgende Beispiel stammt von                       tere Gesellschaft hinein zu erzielen: „Im
einem der Interviewer Peter Unfried oder                    allgegenwärtigen politischen Deutungs-
Harald Welzer, die in einer Publikation der                 kampf verhilft die glaubwürdige Behaup-
taz mit Svenja Flaßpöhler über diese Form                   tung, es ginge um nichts weniger als die
von Identitätspolitik gesprochen haben:                     Identität, zu einem erheblichen Vorteil.“17
„Ich war unlängst auf einer Tagung zum                     Die damit verbundenen Gefahren für de-
Thema Krieg und habe dort einen Vortrag                     mokratische Politik liegen auf der Hand.
zum Thema ‚Vergewaltigung als Kriegs-                       Sie beginnen mit Diskursverweigerung,
waffe‘ gehalten. Da meldete sich eine                       steigern sich zur Kompromissunfähigkeit
Studentin und fragte ganz empört, warum                    – denn Identitäten sind „unverträglich mit
ich keine Triggerwarnung ausgesprochen                      Kompromissen, sie werden durch sie ge-
hätte. Ich habe sie gefragt: ‚Haben Sie auf                radezu kompromittiert“18 – und führen zu
den Veranstaltungstitel geguckt? Glauben                    massiven Polarisierungen in der Gesell-
Sie, dass Vergewaltigung kein Mittel des                    schaft, weil auch andere Gruppen damit
Krieges ist? Darf man dann darüber nicht                   indirekt dazu gedrängt werden, ihrerseits
                                                            unverhandelbare Identitätspostulate zu

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formulieren und diese aggressiv zu ver-                     Zoologischen Gesellschaft heraus ent-
treten. Die zunehmende Polarisierung in                     standenen ‚Jenaer Erklärung‘ nochmals
den USA lässt sich ohne diese Konstella-                    bekräftigt: „Beim Menschen besteht der
tion nicht erklären, ebenso wie die Wahl                    mit Abstand größte Teil der genetischen
einer Persönlichkeit wie Donald Trump                       Unterschiede nicht zwischen geographi-
zum US-Präsidenten, zu der der amerika-                     schen Populationen, sondern innerhalb
nische Politikwissenschaftler Francis Fu-                   solcher Gruppen. (...) Es gibt im mensch-
kuyama treffend bemerkt: „Obwohl vielen                     lichen Genom unter den 3,2 Milliarden
seiner Anhänger sicher nicht jedes dieser                   Basenpaaren keinen einzigen fixierten
Statements gefallen hat, gefiel ihnen die                   Unterschied, der zum Beispiel Afrikaner
Tatsache, dass er sich von dem Zwang,                       von Nicht-Afrikanern trennt. Es gibt – um
politisch korrekt aufzutreten, nicht ein-                   es explizit zu sagen – somit nicht nur kein
schüchtern ließ.“19                                         einziges Gen, welches ‚rassische’ Unter-
     Es können hier nicht alle inhaltlichen                 schiede begründet, sondern noch nicht
Problemfelder erörtert werden, die mit                      mal ein einziges Basenpaar.“20
solchen identitätspolitischen Strategien                         Mit dieser veränderten Sichtweise ist
adressiert werden. Aber zumindest an                        freilich das vom Grundgesetz adressierte
einem Beispielfeld sollen Strategien und                    Problem nicht verschwunden, dass Men-
Gefahren dieser Identitätspolitik etwas                     schen aufgrund äußerlicher Merkmale, die
näher verdeutlicht werden: der Umdefi-                      mit dem Begriff ‚Rasse‘ angesprochen
nition von Rassismus und Antirassismus                      werden sollten, benachteiligt oder bevor-
in einer identitätspolitisch verstandenen                   zugt werden können und dass dies in der
‚Rassismuskritik‘.                                          gesellschaftlichen Wirklichkeit auch tat-
     Ohne Zweifel verstößt Rassismus                        sächlich vorkommt. Dieses Problem lässt
gegen die Menschenwürde. Wie bereits                        sich aber begrifflich durchaus lösen. Die
erwähnt, findet er sich oft im Kontext                      so genannte Leipziger Mitte-Studie – die
rechtsextremen Denkens. Das deutsche                        ansonsten durchaus zu Recht für ihre oft-
Grundgesetz verbietet in Artikel 3 aus-                     mals unscharfen Begrifflichkeiten kritisiert
drücklich die Benachteiligung oder Be-                      wird21 – löst es recht treffend so: „Ras-
vorzugung von Menschen unter anderem                        sismus definieren und messen wir in der
aufgrund ihrer Rasse. Nun ergibt sich hier                  Form von generalisierenden Einstellungen
die Schwierigkeit, dass der Rassebegriff,                   und Ideologien, welche die Abwertung
den das Grundgesetz zwar in klarer Ab-                      durch eine vermeintlich biologische und
grenzung vom Nationalsozialismus ver-                       ideologisch konstruierte ‚natürliche‘ Hö-
wendet, aber doch in seiner Aussagekraft                    herwertigkeit der Eigengruppe ausdrückt
als gegeben voraussetzt, aus heutiger                       wie rechtfertigt. Wir messen dabei einen
wissenschaftlicher Sicht kaum mehr halt-                    traditionellen ethnisch-biologischen Ras-
bar ist. Die Biologie, die im 19. und frühen                sismus.“22 Weniger umständlich, aber in
20. Jahrhundert über den Darwinismus                        die gleiche Richtung gehend formuliert
und die Eugenik eine entscheidende Rolle                    Ibrahim X Kendi: „Meine Definition einer
bei der Legitimation und Verbreitung ras-                   rassistischen Idee ist einfach: Es ist jeg-
sistischer Vorstellungen spielte, hat sich                  liche Vorstellung, die eine bestimmte
unter dem Einfluss der Genetik von der                      ethnische Gruppe als einer anderen ethni-
Vorstellung gelöst, die Menschen ließen                     schen Gruppe unterlegen oder überlegen
sich in kohärenter Weise ähnlich wie man-                   betrachtet.“23
che Tierarten in Rassen unterteilen. Erst                        Von diesen recht präzise bestimmten
2020 wurde dies in der aus der Deutschen                    Verständnissen von Rassismus grenzt

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                             wiederverwendbar. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0
sich das identitätspolitische Rassismus-                    diskriminieren.“24 Dieser Rassismus rich-
konzept ab. Im Deutschen wird dieses                        te sich nicht nur gegen ‚People of Color’;
Konzept oft mit der Selbstbezeichnung                       mit Blick auf Kopftuchverbote beispiels-
‚Rassimuskritik‘ verbunden, um sich vom                     weise, so Fereidooni, sei „die Tatsache,
klassischen Antirassismus abzusetzen.                       dass nur Muslima von dieser Gesetzge-
Das entscheidende Merkmal dieses An-                        bung betroffen sind, als sexistischer und
satzes ist es, einerseits den Rassismus-                    antimuslimischer Rassismus zu werten.“25
begriff auf unterschiedlichste Formen von                   Letztlich, und hier liegt der identitätspoli-
Benachteiligungen auszuweiten und ihn in                    tische Bezug, liegt die Definitionsmacht
diesem Sinn vom Bezug auf biologische                       über Rassismus in einem solchen Ver-
Aspekte zu lösen, andererseits aber auf-                    ständnis bei Gruppen unterschiedlichster
grund der historischen Bezüge zum Kolo-                     Art, die sich in ihrer kollektiven Identität
nialismus zu behaupten, Rassismus gebe                      von der weißen Mehrheit nicht zureichend
es nur bei Weißen. Die Stichworte ‚Kultur-                  anerkannt sehen und deshalb als Opfer
rassismus‘ und ‚Rassismus ohne Rassen‘                      von Rassismus konstruiert werden.
kennzeichnen diesen Ansatz, ebenso das                           Dieses Verständnis von Rassismus-
Konzept der ‚Critical Whiteness‘, das da-                   kritik zieht vielfältige Probleme nach sich.
rauf abzielt, Menschen mit weißer Haut-                     Wissenschaftlich ist es schon deshalb
farbe Elemente rassistischen Denkens                        kritisch zu sehen, weil es mit höchst un-
nachzuweisen und sie zu Selbstkritik an-                    präzise definierten Kategorien arbeitet,
zuhalten. Zu einem geschlossenen ideolo-                    die sachlich notwendige Unterscheidun-
gischen System wird dieser Ansatz dann,                     gen erschweren oder unmöglich machen.
wenn von Weißen geübte Kritik an ihm als                    Benachteiligungen wegen der Hautfarbe,
Ausdruck von deren Rassismus gedeutet                       des Geschlechts oder der Religion ge-
wird.                                                       meinsam als Rassismus zu bezeichnen,
    Dieser Ansatz entstand in den 1980er-                   bringt keinen Erkenntnisgewinn, sondern
Jahren in den USA, ist aber inzwischen                      steht angemessen differenzierten Ana-
auch in Europa verbreitet, besonders                        lysen gesellschaftlicher Problemlagen im
wirksam wohl in Großbritannien. Im deut-                    Wege. Genau deshalb greift zum Beispiel
schen Fachdiskurs der politischen Bildung                   die oben zitierte Leipziger Mitte-Studie auf
wird er besonders pointiert von Karim                       einen traditionell ethnisch-biologischen
Fereidooni vertreten. Fereidooni sieht die                  Rassismusbegriff zurück. Diese Studie
ganze Gesellschaft von Rassismus ge-                        kommt zu einem Anteil von knapp zehn
prägt: „Wir wünschen uns Schulen ohne                       Prozent rassistischer Einstellungen in der
Rassismus, aber es gibt vielleicht rassis-                  Bevölkerung in Deutschland.26 Behauptun-
mussensible Schulen, aber keine Schulen                     gen wie die, es gebe keine rassimusfreien
ohne Rassismus (...) Rassismus ist ein                      Räume, lassen sich damit jedenfalls nicht
weißes Dominanzsystem, deshalb gibt                         begründen, und die weitgehend empirie-
es beispielsweise keine Deutschenfeind-                     freie Unterstellung, Menschen weißer
lichkeit. (…) um Rassismus zu betreiben,                    Hautfarbe hätten per se mindestens eine
muss man gesellschaftliche Macht besit-                     Tendenz zu rassistischen Einstellungen, ist
zen, um andere Menschen systematisch                        eben genau dies: eine Unterstellung.
auszuschließen. People of Color haben                            In politischer Hinsicht ist nicht zu
nicht die Macht, Schwarze Menschen                          übersehen, dass die Ausweitung des
vom Bildungs- oder Arbeitsmarkt auszu-                      Rassismusbegriffs auf ‚antimuslimischer
schließen, weiße Menschen haben sie.                        Rassismus‘ als Immunisierung gegen Kri-
People of Color können also nur situativ                    tik genutzt werden kann. Nur ein Beispiel:

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Als Reaktion auf die Rede des französi-                     – bemerkenswerterweise auf Anforderung
schen Präsidenten Macron, in der am 2.                      durch einen Studenten – erst die Poli-
Oktober 2020 nach über 280 Opfern is-                       zei Störungen einer Vorlesung, die sich
lamistischen Terrors in Frankreich zu einer                 gegen die Behandlung von Texten der an-
offensiven Auseinandersetzung mit dem                       geblichen Rassisten Kant und Rousseau
Islamismus aufrief, kam aus der Kairoer                     richteten.29
Al-Azhar-Universität die Antwort, dies sei                       Im Alltagsleben wirkt freilich auch in
rassistisch.27                                              Deutschland die identitätspolitische Ras-
    In den USA zeigen sich bereits deut-                    sismuskritik für unbefangene Gespräche
lich noch weiterreichende Gefahren eines                    bisweilen toxisch. Die deutsch-türkische
identitätspolitischen Rassismuskonzepts.                    Publizistin Canan Topçu formuliert es in
Ingolf Dalferth berichtet: „An amerikani-                   einem prägnanten Artikel mit dem Titel
schen Universitäten werden inzwischen                       „Nicht mein Antirassimus“ so: „Das un-
verbreitet Studienprogramme eingestellt,                    befangene Miteinander wird schwieriger;
weil sie ‚too white, too European, too male‘                aus Sorge, als Rassist angeprangert zu
sind. In Yale sollen in Kunstgeschichte                     werden, wissen viele nicht mehr, wie sie
künftig nur noch Kurse angeboten wer-                       sich verhalten sollen, welche Themen sie
den, die ‚questions of gender, class and                    ansprechen dürfen, und was sie besser
race‘ ins Zentrum stellen und sich auf das                  nicht fragen sollten. ‚Wo kommst du her?‘
Schlüsselthema ‚climate change‘ bezie-                      Fremde Menschen, mit denen ich ins
hen. An meiner Universität in Kalifonien                    Gespräch komme, verkneifen sich inzwi-
wird den ‚humanities‘ nahegelegt, sich zu                   schen, mich das zu fragen, weil das auch
‚ethnic studies‘ oder ‚applied humanities‘                  als rassistisch gilt.“30 Nun kann es gewiss
nach dem Modell der Kulturwissenschaf-                      auch Situationen geben, in denen die Art,
ten umzugestalten. Philosophie wurde im                     wie solche Fragen gestellt oder nachha-
letzten Jahr zum überflüssigen Fach er-                     kend vertieft werden, als unhöflich oder
klärt und alle Professoren entlassen. Am                    übergriffig erlebt und deshalb zu Recht
Department of Religion wird Studenten                       zurückgewiesen werden. Rassistisch wer-
geraten, sich nicht länger mit ‚traditional,                den sie freilich dadurch nicht, solange sie
European, dead white guys‘ philosophy                       nicht mit einer Abwertung des anderen
and theology‘ zu beschäftigen. Der Lehr-                    wegen dessen Aussehens oder Herkunft
stuhl für Religionsphilosophie durfte auf                   verbunden sind. Topçu fährt deshalb fort:
Anweisung der Universitätsleitung an keine                  „Ich kläre aber gerne und auch schon mal
Weiße oder Asiaten vergeben werden,                         ungefragt über meine Herkunft auf. Ich
sondern nur an eine ‚Person of Color‘. Be-                  bin Tochter von türkischen Arbeitsmigran-
rufen wurde ein Kandidat mit Schwerpunkt                    ten, lebe seit meinem achten Lebensjahr
‚African Studies‘, der sich weder in Pub-                   in diesem Land, bin inzwischen 55 Jahre
likationen noch in Forschung und Lehre                      alt, und so lange ich mich erinnern kann,
mit Religionsphilosophie befasst hat. Man                   hat meine Herkunft eine Rolle gespielt.
hätte ebenso gut einem Literaturwissen-                     Mein Gefühl von Zugehörigkeit hängt nicht
schaftler den Lehrstuhl für Ökonomie                        davon ab, ob andere sie mir zugestehen;
übertragen können.“28 Ganz so weit gehen                    die Frage nach der Herkunft empfinde ich
identitätspolitisch motivierte Angriffe auf                 daher nicht als ausgrenzend.“31
die akademische Freiheit in Deutschland                          Überdies kann die identitätspolitische
bislang nicht. Aber auch hier gibt es ver-                  Rassismuskritik leicht zu performativen
einzelt schon solche Zensurversuche. So                     Selbstwidersprüchen führen, die Kom-
beendete an der Humboldt-Universität                        munikation in der Öffentlichkeit zusätzlich

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erschweren. Ein Beispiel: Alice Hastings                    auf Richard Sennett treffend analysiert
sagt über sich einerseits: „Hautfarbe ist                   hat: „Gerade diese Fähigkeit, im öffentli-
nicht egal. (…) Deshalb bezeichne ich                       chen Raum das eigene, vermeintlich au-
mich selbst als Schwarz. Es ist ein wichti-                 thentische Selbst hintanzustellen, war die
ger Teil meiner Identität und spiegelt mein                 entscheidende Tugend mündiger Bürger-
Verhältnis zur Weltgeschichte wider.“32 An                  lichkeit. Respekt verdiente man für diese
anderer Stelle ihres Buches schreibt sie                    Leistung (das Hintanstellen des Selbst)
dann: „Eine unangenehme Seite hat der                       – und eben nicht (...) für dieses Selbst in
Sommer für mich allerdings auch. Mit den                    seiner vermeintlichen Identitätskostbarkeit
Temperaturen steigt die Zahl der unange-                    oder Verletzlichkeit. (...) Gleichheit setzt
nehmen Fragen an: ‚Kannst du überhaupt                      Erwachsenheit voraus: die Fähigkeit, vom
brauner werden?‘, oder ‚Kannst du Son-                      Privaten und Persönlichen abzusehen und
nenbrand bekommen?‘“33 Einerseits will                      nur das öffentlich Relevante zu behandeln.
sie also ihre Hautfarbe als wichtigen Teil                  Dagegen ist die Unterwerfung des öffent-
ihrer Identität verstanden und akzeptiert                   lichen Raumes unter die Kriterien persön-
wissen – andererseits fühlt sich selbst bei                 licher Empfindlichkeit – die Fähigkeit, sich
dieser durchaus naheliegenden, interes-                     verletzt zu fühlen, und den Zwang, dies
sierten Frage zu diesem ihr doch wichti-                    sofort kundzutun – die stärkste Ressource
gen Merkmal bereits belästigt.                              zum Abbau von bürgerlicher Teilhabe und
     Es gehört zum Alltag, dass Menschen                    Politikfähigkeit.“35
sich einander etwas sagen oder fragen,                          Hier zeigt sich, dass diese neuen For-
wodurch der jeweils andere sich unan-                       men von Identitätspolitik nicht nur einen
genehm berührt fühlen und verärgert                         interessanten Gegenstand für politische
reagieren kann. Die identitätspolitische                    Bildung, sondern ebenfalls eine erhebliche
Rassismuskritik versieht bestimmte Sze-                     Herausforderung für die Professionalität
nen dieser Art mit einer hoch moralischen                   von Lehrerinnen und Lehrer darstellen. Ge-
Aufladung, die keinen Platz mehr lässt „für                 rade im Sinne der intendierten Förderung
die alltägliche Fehlbarkeit des Menschen                    von politischer Mündigkeit und Urteilsfä-
(...). Wer etwas sagt oder tut, was man                     higkeit der Schüler dürfen sich Lehrer von
als rassistisch verstehen kann, ist in dieser               Versuchen, identitätspolitisch begründe-
Lesart automatisch Teil eines rassistischen                 te Tabus zu errichten und Diskursräume
Unterdrückungssystems. Im Zweifel auch,                     einzuengen, nicht beeindrucken lassen.
ohne davon etwas zu wissen. Darunter                        Ganz im Gegenteil ist es ihre Aufgabe, als
geht es nicht mehr.“34                                      Wächter über Diskursivität im Unterricht
     Was hier zur identitätspolitischen                     zu fungieren und Angriffen auf sie ent-
Rassismuskritik gesagt wurde, gilt cum                      schieden entgegenzutreten – ob sie nun im
grano salis auch für andere Themenfelder                    Gewand des Rassismusvorwurfs, der Ver-
der neuen linken Identitätspolitik. Mit An-                 dächtigung einer Quelle als ‚Lügenpresse‘
sprüchen auf Authentizität, Identität und                   oder der Verweigerung einer Lektüre als
Verletzlichkeit wird versucht, offene Dis-                  ‚haram‘ erscheinen, um Beispiele zu nen-
kursräume einzuschränken, Rederechte zu                     nen. Zugleich geht es darum, die zentrale
vergeben (‚nur betroffene Person of Color                   Aufgabe politischer Bildung, Menschen zu
dürfen über Rassismus reden‘) und auf die-                  befähigen, vom bloßen Meinen und vom
sem Wege Deutungshoheiten durchzuset-                       bloßen Ausdruck eigener Betroffenheit zu
zen. Für die politische Öffentlichkeit in der               reflektierten und gut begründeten politi-
Demokratie ist dies eine gefährliche Ent-                   schen Urteilen zu kommen, mit Blick auf die
wicklung, wie Robert Pfaller unter Bezug                    identitätspolitischen Herausforderungen

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neu zu durchdenken. Dies betrifft auch                      fühlen, nicht aus. Aber gebildete Men-
die Frage nach der Lehrerautorität. Sie                     schen bewahren sich zugleich die Offen-
wird wohl neu an Bedeutung gewinnen –                       heit für Fremdes und Neues.
wegen der Notwendigkeit, Diskursivität zu                       Bildung ist nicht etwas, was man
gewährleisten und die dafür erforderlichen                  besitzt, sondern etwas, was man ist. Sie
Regeln auch durchzusetzen, aber auch,                       lässt sich also durchaus als Habitus oder
indem Lehrerinnen und Lehrer als Er-                        eben: als Haltung verstehen. Lehrerinnen
wachsene zugleich Repräsentanten eines                      und Lehrer sollten diese Haltung repräsen-
Erwachsenseins sein sollten, die jungen                     tieren, also auch vorleben. Vielleicht wäre
Menschen vorleben, was Engagement für                       das das wichtigste Gegengift gegen jede
eine Sache jenseits eines narzisstischen                    Art von Ressentiment und Borniertheit und
Ich-Kults sein kann.                                        die möglicherweise wichtigste Ressource,
                                                            die Schulen für die Auseinandersetzung
                                                            mit den in diesem Beitrag skizzierten He-
4. Ein Fazit: Bildung als Haltung                          rausforderungen nutzen können. Und viel-
                                                            leicht liegt in der Reflexion und Förderung
Bildung und Diskursivität sind aufeinander                  einer solchen professionellen Haltung bei
verwiesen. Ohne Diskursivität in Schule                     angehenden Lehrerinnen und Lehrern
und Unterricht, aber auch in Wissenschaft                   eine Aufgabe der Lehrerbildung an den
und Universität, ist Bildung in einem ge-                   Hochschulen, die angesichts zunehmen-
haltvollen Sinn nicht möglich. Aber umge-                   der Vielfalt in modernen Gesellschaften
kehrt erfordern Pflege und Erhaltung von                    immer stärker an Bedeutung gewinnen
sozialen Räumen für Diskursivität auch ein                  wird. Überdies könnte sich eine Rück- und
Mindestmaß an Bildung der an Diskursen                      Neubesinnung auf die Leitidee der Bildung
Beteiligten. Welche destruktiven Potenzia-                  als diejenige Perspektive erweisen, die in
le Kommunikationsorte entfalten können,                     einer sich immer weiter differenzierenden
wenn Falschinformationen (‚Fake News‘),                     und pluralisierenden Wissenschaftsland-
Verschwörungstheorien oder von irrita-                      schaft für die Lehrerbildung einen fokus-
tionsfreier wechselseitiger Bestätigung                     sierenden Zusammenhang stiftet.
geprägte Austauschbeziehungen (‚Filter-
blasen‘, ‚Echokammern‘) gleichgewichtig
neben reflexiven, von Offenheit und Inter-
essen an anderen Sichtweisen geprägten                      Anmerkungen
Foren stehen, sehen wir in unserer Zeit an
den digitalen Sozialen Medien.                              1     Vgl. u.a. die breite und weitgehend auf poli-
    Bildung zielt auf Möglichkeiten der                           tische Bildung bezogene Diskussion zum
                                                                  Thema „Bildung und Perspektivität – Kon-
Erweiterung des Selbst- und Weltver-
                                                                  troversität und Indoktrinationsverbot als
ständnisses von Menschen.36 Horizont-                             Grundsätze von Bildung und Wissenschaft“
erweiterung ist die vielleicht kürzeste                           in Erwägen – Wissen – Ethik 2/2009. Zur
Formulierung für einen Bildungsvorgang.                           Didaktik der politischen Bildung vgl. einfüh-
Bildung fördert also gerade nicht die Ein-                        rend sowie als Überblick u.a. Autorengruppe
mauerung in kollektiven Identitäten, son-                         Fachdidaktik: Was ist gute politische Bil-
dern dient der Befähigung von Menschen,                           dung? 2. Aufl., Schwalbach/Ts. 2017; San-
                                                                  der, Wolfgang (Hrsg.): Handbuch politische
die Welt auch mit anderen Augen als den
                                                                  Bildung. 4. Aufl., Schwalbach/Ts. 2014
eigenen zu sehen. Bildung schließt die                      2     Vgl. zur Vorgeschichte der Tagung Buch-
Identifikation mit dem Eigenen und den vie-                       stein, Hubertus/Frech, Siegfried/Pohl, Kers-
len Wir, denen Menschen sich zugehörig                            tin (Hrsg.): Beutelsbacher Konsens und

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                             wiederverwendbar. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0
politische Kultur. Siegfried Schiele und die           13    Edler, Kurt: Islamismus als pädagogische He-
     politische Bildung. Schwalbach/Ts. 2016,                     rausforderung. Stuttgart 2015, S. 56
     S. 102-129. Die Tagung ist dokumentiert                14    Hilligen, Wolfgang: Didaktische Zugänge
     in Schiele, Siegfried/Schneider, Herbert                     in der politischen Bildung. Schwalbach/Ts.
     (Hrsg.): Das Konsensproblem in der politi-                   1991, S. 36
     schen Bildung. Stuttgart 1977                          15    Vgl. Mietzel, Gerd: Pädagogische Psycholo-
3    Wehling, Hans-Georg: Konsens à la Beutels-                   gie des Lernens und Lehrens, 7. Aufl. 2003,
     bach? Nachlese zu einem Expertengespräch.                    S. 310
     In: Schiele/Schneider, a.a.O., S. 179 f.               16    Hören Sie auf, Sie beleidigen uns! In: taz FU-
4    Schiele in Buchstein/Frech/Pohl, a.a.O.,                     TURZWEI Nr. 9, 2019; online unter https://taz.
     S. 115                                                       de/Von-moralischem-Totalitarismus/!168884/
5    Vgl. auch Pohl, Kerstin/Will, Stephanie: Der                 ?fbclid=IwAR1jL21YYjUEMWJyLEO22Nfb
     Beutelsbacher Konsens: Wendepunkt in der                     HqCgxDXfoUJoN4aDIiS4thykmiXpYhU_04U
     Politikdidaktik? In: Widmaier, Benedikt/Zorn,                (22.12.2020)
     Peter (Hrsg.): Brauchen wir den Beutels-               17    Llangue, Marcus: Identitätspolitik. Dimensio-
     bacher Konsens? Eine Debatte in der politi-                  nen eines vielschichtigen Konzepts. In: POLI-
     schen Bildung. Bonn 2016, S. 43 ff.                          TIKUM 4/2018, S. 9
6    Vgl. Busch, Matthias: Staatsbürgerkunde in             18    Ebd., S. 10
     der Weimarer Republik. Genese einer de-                19    Fukuyama, Francis: Identität. Wie der Verlust
     mokratischen Fachdidaktik. Bad Heilbrunn                     der Würde unsere Demokratie gefährdet. 2.
     2016, S. 378 ff.                                             Aufl., Hamburg 2019, S. 146
7    Vgl. zuletzt Frech, Siegfried/Richter, Dagmar          20    Jenaer Erklärung: Das Konzept der Rasse ist das
     (Hrsg.): Der Beutelsbacher Konsens. Bedeu-                   Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Vo-
     tung, Wirkung, Kontroversen. Schwalbach/                     raussetzung. Veröffentlicht von der Deutschen
     Ts. 2017; Widmaier /Zorn, a.a.O.                             Zoologischen Gesellschaft 2020, URL: https://
8    Vgl. u.a. Sander, Handbuch politische Bil-                   www.uni-jena.de/190910_JenaerErklaerung,
     dung, a.a.O.; Achour, Sabine/Frech, Sieg-                    von 2020 (20.12.2020)
     fried/Massing, Peter/Strassner, Veit (Hrsg.):          21    Vgl. z.B. Jesse, Eckhard: Was und wo ist die
     Methodentraining für den Politikunterricht.                  nebulöse „Mitte“? In: Frankfurter Allgemeine
     Neuauflage, Frankfurt/M. 2020                                Zeitung online, aktualisiert am 29.5.2019, URL:
9    Wehling, a.a.O., S. 181                                      https://www.faz.net/-gyl-9nfgo (20.12.2020)
10   Sander, Wolfgang: Rechtsextremismus als pä-            22    Zick, Andreas/Küpper, Beate/Berghan, Wil-
     dagogische Herausforderung für Schule und                    helm: Verlorene Mitte - Feindselige Zustände.
     politische Bildung. In: Bundeszentrale für poli-             Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland
     tische Bildung (Hrsg.): Verantwortung in einer               2019/19. Bonn 2019, S. 58
     unübersichtlichen Welt. Aufgaben wertorien-            23    Kendi, Ibrahim X: Gebrandmarkt. Die wahre
     tierter politischer Bildung. Bonn 1995, S. 217               Geschichte des Rassismus in Amerika. Mün-
11   Vgl. beispielsweise die einschlägigen Fach-                  chen 2017 (zit. nach Kindle-Ausgabe o.S.)
     beiträge in Heft 4/2020 der Zeitschrift POLIS.         24    Fereidooni, Karim: Worte finden. Interview für
     Erstaunlicherweise spielt in dieser kritischen               die Berliner GEW, 2020, online, S. 2 f.; URL:
     Debatte zum Extremismusbegriff der Islamis-                  https://www.gew-berlin.de/aktuelles/detail-
     mus überhaupt keine und der Linksextremis-                   seite/neuigkeiten/worte-finden (20.12.2020)
     mus nur eine periphere Rolle. Gelegentlich             25    Fereidooni, Karim: Diskrimierungs- und Ras-
     ergibt sich der Eindruck, von ‚Extremismus‘                  sismuserfahrungen von Referendar*innen
     solle überhaupt nur mit Blick auf Rechtsext-                 und Lehrer*innen ‚mit Migrationshintergrund‘
     remismus gesprochen werden, womit jedoch                     im deutschen Schulwesen. Inauguraldisser-
     die Frage ausgeblendet wird, wie antidemo-                   tation, Heidelberg 2015, S. 193
     kratische Einstellungen im Kontext anderer             26    Vgl. Zick et al., a.a.O., S. 70 f.
     politischer Richtungen zu bezeichnen wären.            27    Vgl. u.a. Weisflog, Christian: Macron wird
12   Edler, Kurt/Hafeneger, Benno/Sander, Wolf-                   in der muslimischen Welt zur Hassfigur. In:
     gang/Scherr, Albert: Verteidigung der Re-                    Neue Zürcher Zeitung, 27.10.2020, online;
     publik - Politische Bildung angesichts von                   URL: https://www.nzz.ch/international/streit-
     Extremismus. Ein Aufruf. 2018, URL: https://                 um-mohammed-karikaturen-macron-wird-zur-
     chn.ge/2DqAsII (20.12.2020)                                  hassfigur-ld.1583609 (20.12.2020)

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                             wiederverwendbar. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0
28    Dalferth, Ingolf U.: Vor der Selbstabschaf-          33    Ebd., S. 123
      fung? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom         34    Giese, Christoph: Warum und wie ich auch
      23.7.2020, S. 6                                            als Weißer über Rassismus rede. In: Aus
29    Vgl. Schumacher, Juliane: Kant? Rouse-                     Politik und Zeitgeschichte 42-44/2020, S. 9
      au? Alles Sexisten! In: die tageszeitung vom         35    Pfaller, Robert: Erwachsenensprache. Über
      17.2.2014                                                  ihr Verschwinden aus Politik und Kultur.
30    Topçu, Canan: Nicht mein Antirassismus. In:                Frankfurt/M. 2018, S. 24
      Süddeutsche Zeitung vom 1.10.2020, on-               36    Vgl. zum hier vertretenen Verständnis von
      line; URL: https://www.sueddeutsche.de/                    Bildung Sander, Wolfgang: Bildung – ein kul-
      politik/rassismus-deutschland-gastbeitrag-                 turelles Erbe für die Weltgesellschaft. Frank-
      1.5043198?print=true (20.12.2020)                          furt/M. 2018; ders.: Zurück zur Bildung? Die
31    Ebd.                                                       gesellschaftswissenschaftlichen Fächer nach
32    Hastings, Alice: Was weiße Menschen nicht                  der Kompetenzorientierung. In: zeitschrift
      über Rassismus hören wollen aber wissen                    für didaktik der gesellschaftswissenschaften
      sollten. 14. Aufl., München 2020, S. 29                    2/2019

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