Im Austausch - KARL& FABER Journal 2022 - Kunst im Wandel Dr. Felix Krämer NFTs aus drei Perspektiven - Karl & Faber

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Im Austausch - KARL& FABER Journal 2022 - Kunst im Wandel Dr. Felix Krämer NFTs aus drei Perspektiven - Karl & Faber
KARL& FABER
                         Journal 2022

Im Austausch
 Kunst im Wandel · Dr. Felix Krämer · NFTs aus drei Perspektiven
Im Austausch - KARL& FABER Journal 2022 - Kunst im Wandel Dr. Felix Krämer NFTs aus drei Perspektiven - Karl & Faber
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde unseres Hauses,

              Panta rhei: Alles fließt und nichts bleibt; es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln.
              Gegründet 1923, befindet sich KARL & FABER heuer im hundertsten Jahr seiner Geschich­
              te. Wir bestehen und werden durch einen ewigen Wandel, in einer Welt, die im stetigen
              Fluss ist. Unsere zunehmende Digitalisierung haben wir schon im letzten Journal vor­
              gestellt. Weiterhin führen wir kontinuierlich neue Formen der Kommunikation ein. Zu­sätz-
              lich zu unserem filmischen Format „KARL & FABER im Austausch“ haben wir letzten
              Herbst einen Podcast mit Dr. Julia Runde, Leiterin der Abteilung Zeitgenössische Kunst,
              entwickelt. Was wir damit bezwecken, lesen Sie auf S. 58. Unser unter der Pandemie
              eingeführtes Verkaufsformat einer Real-Time-Onlineauktion haben wir angepasst und
              erweitert: Im April starten wir mit unserem Spring Prints Sale, eine Saalauktion mit Pub­
              likum und Onlinekatalog (S. 72).
                     Aber nicht nur KARL & FABER verändert sich. Auch der Kunstmarkt ist im stetigen
              Fluss. Neu als Handelsobjekt dazugekommen sind die Non-Fungible Tokens (NFTs).
              Spätestens seit dem Rekordpreis von Beeples digitaler Arbeit „Everyday“ auf einer
            ­Online-Auktion letztes Frühjahr sind diese in aller Munde. Ob es sich hierbei nur um
           „des Kaisers neue Kleider“ oder doch um ein bleibendes Phänomen handelt, besprechen
              der Rechtswissenschaftler Matthias Leistner, die Kunstwissenschaftlerin Annette Doms
              und der Unternehmer Magnus Resch ab S. 48. Auch Museen müssen sich ändern. In
              seinem Gespräch mit Rupert Keim erklärt Felix Krämer, Generaldirektor des Kunst­
              palasts Düsseldorf, warum er heutzutage neben Barocker Kunst eine von Claudia Schiffer
              kuratierte Ausstellung von Modefotografien in seinem Haus zeigt (ab S. 40). Das Zu­
              sammenspiel von Alten Meistern und zeitgenössischer Kunst findet sich auch in den
              Sammlungen von Sophie Neuendorf und Katrin Bellinger. Ihre Antworten zu unseren
              Fragen über ihr Verständnis von Kunst und Sammeln finden Sie ab S. 60. Werner Murrer
              ist ebenfalls von der Notwendigkeit eines (Sinnes)wandels überzeugt: In seinem
              Beitrag zur gegenwärtigen Rahmenkultur rät er zu einem Umdenken weg von protzigen
              Rahmen hin zum nackten, rahmenlosen Werk, wenn es der Künstler so vorsah.
                     Bei diesem ständigen Wandel bleibt jedoch eines konstant: KARL & FABERs Mission
              der Kunst der Sammlung®. Mit welchem Erfolg wir unsere Kenntnisse des Markts und
              unser Verständnis für Kunst einbringen, um Sammlungen für unsere Kunden zu verstei­
              gern, sehen Sie auf S. 10 und S. 66. Ob Sammler, Kunstfreund oder Marktneuling:
             ­Kontaktieren Sie uns. Wir sind für Sie da.

           Ihr Dr. Rupert Keim, Geschäftsführender Gesell­schafter &
           Ihre Sheila Scott, Geschäftsführerin
Grußwort
Im Austausch - KARL& FABER Journal 2022 - Kunst im Wandel Dr. Felix Krämer NFTs aus drei Perspektiven - Karl & Faber
Bieten über MY KARL & FABER                                                 JETZT EINLIEFERN!

Sie haben in unseren Katalogen ein Werk für Ihre Sammlung entdeckt?         Einlieferungsschluss Frühjahr 2022
Über unsere h­ auseigene Online-Plattform MY KARL & FABER können            Alte Meister & Kunst des 19. Jahrhunderts: Mitte März 2022
Sie nicht nur bequem per Mausklick Ihre Gebote abgeben, sondern unsere      Sonderauktionen Spring Prints | Ladies & Gentlemen: Ende März 2022
Auktionen auch ­zusätzlich im Livestream mitverfolgen. Erleben Sie die      Moderne & Zeitgenössische Kunst: Mitte April 2022
Spannung eines Auktionstages von zuhause aus!
                                                                            Einlieferungsschluss Herbst 2022
Jetzt ihr MY KARL & FABER-Profil anlegen!                                   Alte Meister & Kunst des 19. Jahrhunderts: Mitte September 2022
                                                                            Moderne & Zeitgenössische Kunst: Anfang Oktober 2022

                                                                                      Termine 2022             Expertentage                                           4
                                                                                                               Vorbesichtigungen & Auktionen                          5

                                                                                      Kontakt                  KARL & FABER München                                   6
                                                                                                               Repräsentanten & Dependancen                           8

                                                                                      KARL & FABER in Zahlen                                                          10
                                                                                      KARL & FABER Beirat                                                             12

                                                                                      Top-Ergebnisse 2021                                                             17

                                                                                      Titelthema               „Arroganz hilft uns nicht weiter“ – Wandel im Museum   40
                                                                                                               NFTs aus drei Perspektiven                             48
                                                                                                               „Eine Frage der Zeit“ – Der KARL & FABER Podcast       58
                                                                                                               Fragen an Sammlerinnen                                 60

                                                                                      Rückblick 2021           Weiß ist eine Farbe!                                   66
                                                                                                               Ein faszinierender Fund für die Forschung              68

                                                                                      Ausblick 2022            Der andere Blick – Kolumne von Max Scharnigg           70
                                                                                                               Spring Prints | Ladies & Gentlemen                     72
                                                                                                               Ausblick Zeitgenössische Kunst                         74
                                                                                                               Einfach. Eigen. Einzig: Otto Mueller                   76
                                                                                                               Ausblick Moderne Kunst                                 78
                                                                                                               Ausblick Alte Meister & Kunst des 19. Jahrhunderts     82

                                                                                      Praxistipp               Eine Diagnose gegenwärtiger Rahmenkultur               84

                                                                                      Impressum                                                                       88

2                                                                        Inhalt                                                                                           3
Im Austausch - KARL& FABER Journal 2022 - Kunst im Wandel Dr. Felix Krämer NFTs aus drei Perspektiven - Karl & Faber
EXPERTENTAGE FRÜHJAHR 2022                                                         AUKTIONEN FRÜHJAHR 2022

ALTE MEISTER & KUNST DES 19. JAHRHUNDERTS                                          EINLIEFERUNGSSCHLUSS

        Salzburg & Wien		    3. und 4. März 2022                                           Mitte März 2022: Alte Meister & Kunst des 19. Jahrhunderts
        Düsseldorf		         7. und 8. März 2022                                           Ende März 2022: Sonderauktionen Spring Prints | Ladies & Gentlemen
        Hamburg		            14. – 16. März 2022                                           Mitte April 2022: Moderne & Zeitgenössische Kunst

MODERNE & ZEITGENÖSSISCHE KUNST                                                    LIVE-AUKTIONEN IN MÜNCHEN

        Düsseldorf		      10. und 11. März 2022                                            Mittwoch, 27. April 2022: Sonderauktion Spring Prints
        Berlin			10. – 12. März 2022                                                       Mittwoch, 27. April 2022: Sonderauktion (Fotografie) Ladies & Gentlemen
        Mailand			14. – 16. März 2022                                                      Mittwoch, 18. Mai 2022: Alte Meister & Kunst des 19. Jahrhunderts
        Hamburg		         14. – 16. März 2022                                              Mittwoch, 22. Juni 2022: Moderne & Zeitgenössische Kunst
        Schweiz			15. – 17. März 2022                                                      Donnerstag, 23. Juni 2022: Moderne & Zeitgenössische Kunst
        Leipzig & Dresden 22. und 23. März 2022
        Frankfurt am Main 22. und 23. März 2022                                    ONLINE-ONLY-AUKTIONEN
        Brüssel			24. – 26. März 2022
        Fünfseenland		    29. und 30. März 2022                                            Mittwoch, 27. April bis Mittwoch, 11. Mai 2022: Alte Meister & Kunst des 19. Jahrhunderts
                                                                                           Mittwoch, 1. Juni bis Mittwoch, 15. Juni 2022: Moderne & Zeitgenössische Kunst

                                                                                   VORBESICHTIGUNGEN FRÜHJAHR 2022

                                                                                   SONDERAUKTIONEN SPRING PRINTS | LADIES & GENTLEMEN

                                                                                           München           Dienstag, 19.  – Dienstag, 26. April 2022
    Wir freuen uns auf ein persönliches Gespräch und Ihre Einlieferung!
    Vereinbaren Sie mit uns einen persönlichen Termin,                             ALTE MEISTER & KUNST DES 19. JAHRHUNDERTS
    auch außerhalb der Expertentage.
                                                                                           München           Montag, 9. – Dienstag, 17. Mai 2022

    KARL & FABER Kunstauktionen GmbH                                               MODERNE & ZEITGENÖSSISCHE KUNST
    Amiraplatz 3 · Luitpoldblock · D 80333 München
                                                                                           Hamburg           Montag, 30. und Dienstag, 31. Mai 2022
    T + 49 89 22 18 65 · F + 49 89 22 83 350                                               Düsseldorf        Donnerstag, 2. und Freitag, 3. Juni 2022
    info@karlundfaber.de                                                                   Wien		            Dienstag, 7. Juni 2022
                                                                                           München           Montag, 13. – Dienstag, 21. Juni 2022

    Expertentage für die Herbstauktionen 2022 auf karlundfaber.de
    (Änderungen vorbehalten)
                                                                                   Alle Orte sowie weitere Termine auf karlundfaber.de (Änderungen vorbehalten)

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GESCHÄFTSFÜHRUNG                                                      MODERNE KUNST

                 Dr. Rupert Keim
                 Geschäftsführender          Sheila Scott                              Annegret Thoma                                  Benedikt Müller
                 Gesell­schafter             Geschäftsführerin                         Expertin Moderne Kunst                          Experte Moderne Kunst
                 + 49 89 22 18 65            + 49 89 24 22 87 16                       + 49 89 24 22 87 222                            + 49 89 24 22 87 228
                 info@karlundfaber.de        sscott@karlundfaber.de                    athoma@karlundfaber.de                          bmueller@karlundfaber.de

ZEITGENÖSSISCHE KUNST                                                 ALTE MEISTER & KUNST DES 19. JAHRHUNDERTS

                                                                                       Heike Birkenmaier
                 Dr. Julia Runde             Caroline Klapp                            Leiterin Kunst des 15.
                 Leiterin                    Expertin                                  bis 19. Jahrhunderts                            Katharina Wieland
                 Zeitgenössische Kunst       Zeitgenössische Kunst                     + 49 89 24 22 87 15                             Leiterin Druckgrafik
                 + 49 89 24 22 87 29         + 49 89 24 22 87 12                       hbirkenmaier@                                   + 49 89 24 22 87 231
                 jrunde@karlundfaber.de      cklapp@karlundfaber.de                    karlundfaber.de                                 kwieland@karlundfaber.de

                 Alexandra Liebherr
                 Expertin
                 Zeitgenössische Kunst
                 + 49 89 24 22 87 18
                 aliebherr@karlundfaber.de

                                                                                                                KARL & FABER
                                                                                                                Kunstauktionen seit 1923
                                                                                                                Amiraplatz 3 · München
                                                                                                                T + 49 89 22 18 65
                                                                                                                F + 49 89 22 83 350
                                                                                                                info@karlundfaber.de

6                                                                     Kontakt                                                                                 7
Im Austausch - KARL& FABER Journal 2022 - Kunst im Wandel Dr. Felix Krämer NFTs aus drei Perspektiven - Karl & Faber
KARL & FABER IN IHRER NÄHE / UNSERE REPRÄSENTANTEN                    NIEDERLASSUNG HAMBURG                           DEPENDANCE DÜSSELDORF

                                                                                           Erika Wiebecke
             Christiane Zapp               Benedikt Graf Douglas                           Repräsentantin                                   Alexa Riederer von Paar
             Tegernsee, Rheinland          Österreich                                      + 49 40 82 24 38 23                              Repräsentantin
             + 49 179 242 10 38            + 43 66 01 35 08 02                             ewiebecke@                                       +49 211 91 19 41 14
             czapp@karlundfaber.de         bdouglas@karlundfaber.de                        karlundfaber.de                                  ariederer@karlundfaber.de

             Anastasia Gabrielle Hoyos     Gabrielle J. Fehse                              Frauke Willems
             Österreich                    Schweiz                                         Repräsentantin Hamburg
             +43 660 189 88 89             + 41 612 72 12 13                               + 49 40 82 24 38 23
             ghoyos@karlundfaber.de        gfehse@karlundfaber.de                          fwillems@karlundfaber.de

             Teresa Meucci
             Italien                       Dr. Amelie Beier
             + 39 33 38 63 32 55           London
             tmeucci@                      + 44 794 152 73 37
             karlandfaber.com              abeier@karlundfaber.de

             Dr. Sabine Caroline Wilson
             US Market Liaison
             New York
             + 1 9 17 328 10 15
             swilson@karlandfaber.com                                 KARL & FABER HAMBURG                            KARL & FABER DÜSSELDORF
                                                                      Magdalenenstraße 50 · 20148 Hamburg             Mannesmannufer 7 · 40213 Düsseldorf
                                                                      Termine nach Vereinbarung:                      Termine nach Vereinbarung:
                                                                      hamburg@karlundfaber.de                         duesseldorf@karlundfaber.de

8                                                   Repräsentanten    Dependancen                                                                                   9
Im Austausch - KARL& FABER Journal 2022 - Kunst im Wandel Dr. Felix Krämer NFTs aus drei Perspektiven - Karl & Faber
KARL & FABER IN ZAHLEN

           Im Vorjahr brach der Kunstauktionsmarkt in Europa um 30 % ein, während er in Deutschland um
           4 % gewachsen ist und seither ein konstantes Wachstum aufweist. Das zeigt, dass der deutsche
           Auktionsmarkt stabiler und damit für seine Kunden wesentlich berechenbarer ist.

           Auch KARL & FABER konnte sein Wachstum des erfolgreichen Vorjahres ungebrochen fortsetzen                                                   290% *
                                                                                                                                                         2021                                                       221,3% *
           und bleibt weiterhin das seit 2011 am dynamischsten wachsende Auktionshaus Deutschlands
                                                                                                                                                                                                                       2021
           (plus 297%).

            Der Bereich Private Sales (Privatvermittlungen) hat sich 2021 zur festen Größe entwickelt: Sie
            tragen mit einem siebenstelligen Ergebnis wie im Vorjahr zur erfolgreichen Jahresbilanz bei.
           ­Soweit ersichtlich, baut derzeit kein anderes deutsches Auktionshaus diesen Service in einem
            solchen Umfang aus.

                                                                                                                                                                                                     144,5% *
                KARL & FABER           Deutschland   Europa     Durchschnitt der Top 4 deutschen Kunstauktionshäuser                                                                                    2020
                                                                                                                                                                145,2%*
 350%                                                                                                                                                            2020

     300
                                                                                                                                                                                                                            100% *
                                                                                                                                           100%*                                                                              2019
     250                                                                                                                                     2019

     200

                                                                                                                              Wachstum Online-Only-Auktionen      Wachstum Online Bidding   * Umsatzsteigerung in Prozent

     150
                                                                                                                            Online-Only-Auktionen haben sich bei KARL & FABER in den letzten drei Jahren zu einer Erfolgs­
                                                                                                                            geschichte entwickelt: Der Umsatz hat sich innerhalb von drei Jahren verdreifacht.
     100
                                                                                                                            Online-Only-Auktionen ermöglichen einen unkomplizierten Einstieg in den internationalen Kunst­
                                                                                                                            markt – schnell und bequem, ob von zu Hause oder von unterwegs.
      50
                                                                                                                            Durch Fokus auf Digitalisierung, Technologie und Internet – z.B. durch die neue My KARL & FABER
                                                                                                                            Bietplattform – konnten 2021 noch mehr Onlinebieter aus aller Welt erreicht und das internationale
      0                                                                                                                     Netzwerk erweitert werden.
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                                                                      Quelle: Artnet, Datenabfrage Jan. 2022
10                             Für Top 4, deutscher und europäischer Markt für Bildende Kunst des 15. – 21. Jh.             KARL & FABER in Zahlen                                                                                   11
Im Austausch - KARL& FABER Journal 2022 - Kunst im Wandel Dr. Felix Krämer NFTs aus drei Perspektiven - Karl & Faber
Breit aufgestellt: Der KARL & FABER Beirat

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12   COPYRIGHTS V.L.N.R.: © ANTONIO CORPORA, © ARNULF RAINER, © KARL HORST HÖDICKE, VICTOR VASARELY © VG BILD-KUNST, BONN 2022, © 2022 PER KIRKEBY   Rupert Keim, Daniel Beringer.                                                               13
Im Austausch - KARL& FABER Journal 2022 - Kunst im Wandel Dr. Felix Krämer NFTs aus drei Perspektiven - Karl & Faber
KARL & FABER BEIRAT

              Andreas Langenscheidt                                                                                                         Daniel Beringer
                       „Als langjähriger Sammler der Gegenwartskunst freue ich mich, Bei-                                                            „Ich engagiere mich gerne im Beirat von KARL & FABER, weil es als das
                       ratsvorsitzender bei KARL & FABER zu sein, denn das Haus steht                                                                am dynamischsten wachsende Kunstauktionshaus in Deutschland
                       nicht nur für großes Engagement und hohe Standards in seiner Arbeit,                                                          immer am Puls der Zeit ist und neue Entwicklungen im Kunstmarkt
                       sondern überzeugt auch durch sein persönliches internatio­nales                                                               in seine Strategien einfließen lässt, um so besonders gut auf die
                       Netzwerk zu Sammlern, Händlern, Museen und Kunstexperten aus                                                                  Bedürfnisse seiner Kunden eingehen zu können.“
                       aller Welt.“
                                                                                                                                            Daniel Beringer ist Managing Partner, Mitgründer und Sprecher von GREENPEAK.
              Andreas Langenscheidt ist Verleger, Unternehmer und war von 1985 bis 2004                                                     Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung als Unternehmer und Private-­Equity-
              ­geschäftsführender Gesellschafter der Langenscheidt Verlagsgruppe.                                                           Investor mit einer langen Erfolgsbilanz beim Aufbau von Unternehmen und Inves­
                     1981 trat er in die Langenscheidt Verlagsgruppe ein und baute das Verlags­                                             titionen in den Bereichen Business Services, Tech, Immobilien und Infrastruktur. Er
               geschäft Langenscheidt Publishers Inc. in New York auf, bevor er 1990 das weltweite                                          hat bei der Gründung und dem Aufbau von Unternehmen mit einem Gesamtumsatz
               Familiengeschäft mit den Marken F. A. Brockhaus AG, Meyer und Duden vollständig                                              von über € 500 Mio. geholfen.
               übernahm. Herr Langenscheidt war Aufsichtsratsvorsitzender der Artnet AG und                                                        Herr Beringer hat einen M.A. in Wirtschaftswissenschaften von der New
               langjähriger Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft Freunde Haus der Kunst                                                   York University und einen B.A. in Philosophie, Politik und Wirtschaft von der Keele
               München, Vorstandsmitglied des Busch-Reisinger Museums in Harvard und                                                        University. Außerdem nimmt er am YPO (Young Presidents’ Organization) der
               ist Boardmitglied der Peggy Guggenheim Collection in Venedig.                                                                Harvard Business School teil.
                     Er studierte Wirtschaftsingenieurwissenschaften in München und absolvierte
               seinen MBA an der University of California, Los Angeles.

              Annegret Hoberg                                                                                                               Nicola Keim
                       „Ich freue mich, neues Mitglied im Beirat von KARL & FABER zu sein,                                                           „Mit großer Freude und Leidenschaft für die Kunst begleite ich das
                       denn als ältestes aktives Auktionshaus in München steht es nicht                                                              Wachstum von KARL & FABER seit bald zwanzig Jahren von dem
                       nur für eine lange regionale und internationale Tradition, sondern                                                            kleinen Münchner Haus, das mein Schwager, mein Mann und ich
                       auch durchgängig für hohe Qualität des Angebots, kunsthistori­-                                                               2003 übernommen haben, zu einem der fünf umsatzstärksten
                       sche Kenntnis sowie absolute Seriosität und Diskretion. Auch die                                                              Auktionshäuser in Deutschland, das bald sein 100-jähriges Beste-
                       jetzige Geschäftsführung unter der Leitung von Dr. Rupert Keim                                                                hen einläuten wird.“
                       und Sheila Scott steht für diese Kontinuität und zugleich für
                       Zukunfts­fähigkeit.“                                                                                                  Nicola Keim ist Juristin und seit 2003 Mehrheitsgesellschafterin der KARL & FABER
                                                                                                                                             Kunstauktionen GmbH. Geprägt von einem Familienunternehmen verfügt sie über
              Annegret Hoberg ist Kunsthistorikerin und war bis 2021 Kuratorin und Sammlungs­                                                langjährige Arbeitserfahrung in internationalen Aufsichtsgremien von mittelständi­
              leiterin an der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München. Dort betreute sie                                               schen Unternehmen. Sie arbeitete mehrere Jahre im Personalbereich einer Großbank.
              die Abteilung Blauer Reiter sowie das Kubin-Archiv. Als Herausgeberin und Autorin                                              Frau Keim ist Mitgründerin und maßgebliche Förderin eines gemeinnützigen Vereins
              publizierte sie zahlreiche Ausstellungskataloge und Bücher zu den Themen Blauer                                                im Schulförderungs- und Bildungsbereich. Daneben ist sie Mitglied zahl­reicher
              Reiter, Deutscher Expressionismus und deren Künstler sowie zu Alfred Kubin.                                                   ­Museumsvereine sowie der Coniuncta Florescit, dem Förderverein des Zentral­
                                                                                                     FOTOGRAFIE: VERENA KATHREIN

                     Nach dem Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Archäologie in Tü­                                                 instituts für Kunstgeschichte München sowie Mitglied des Kuratoriums im Haus der
              bingen, Hamburg, Paris und München promovierte Frau Hoberg 1983 in Tübingen.                                                   Kunst München.
                                                                                                                                                    Nicola Keim hat an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn, am Institut
                                                                                                                                             d’études politiques de Paris und an der Ludwig-Maximilians-Universität in München
                                                                                                                                             studiert sowie ihr juristisches Referendariat in Berlin absolviert.

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Im Austausch - KARL& FABER Journal 2022 - Kunst im Wandel Dr. Felix Krämer NFTs aus drei Perspektiven - Karl & Faber
Top-Ergebnisse 2021

„Auch das Münchener
Auktionshaus KARL & FABER
profitierte [ … ] von der fort-
schreitenden Digitalisierung
und verzeichnete ‚eine Erfolgs-
bilanz‘, die sich auf die
Investitionen des Kunsthauses
in die digitale Innovation
zurückführen lässt.“
Sachwert Magazin, 20. August 2021

                                                      17
ZEITGENÖSSISCHE KUNST                                                                                    EDUARDO CHILLIDA                            Ergebnis: € 287.500*
                                                                                                         Oxido 62, 1981

„Ein preisverlässlicher
Name in der Nachkriegs-
und Gegenwartskunst
ist schon lange Eduardo
Chillida. Sein archaisch
bemalter Schamottstein
‚Oxido‘ von 1981 kostete
letztlich 287.500 Euro.“
Sabine Spindler, Handelsblatt, 22.7.2021
                                           © ZABALAGA-LEKU / VG BILD-KUNST, BONN 2022

                                                                                                         Kupferoxid auf Schamotte, 33 � 34 � 11 cm

18    *INKLUSIVE AUFGELD                                                                Top-Ergebnisse   Zeitgenössische Kunst                                         19
ANDY WARHOL                                                             Ergebnis: € 225.000*                                                                 PAOLO SCHEGGI                                                   Ergebnis: € 225.000*
Hartmut Stöcker, 1980                                                                                                                                        „Zone Riflesse“, 1963

                                                                                                 © THE ANDY WARHOL FOUNDATION

                                                                                                                                © VG BILD-KUNST, BONN 2022

Acryl und farbige Serigraphie auf Leinwand, 102 � 101,5 cm                                                                                                   Acryl auf 3 übereinandergelegten Leinwänden, 60 � 60 � 5,5 cm

     „In Amerika unverkäuflich, in München ein Stück Kunstgeschichte:
     Andy Warhols Porträt des Galeristen Hartmut Stöcker (1980)“
     art Plus Auktionen 01.11.2021

20   *INKLUSIVE AUFGELD                                                         Top-Ergebnisse                                                               Zeitgenössische Kunst                                                             21
GÜNTER BRUS                                                               Ergebnis: € 162.500*                                                                         JOANNIS AVRAMIDIS                                                 Ergebnis: € 108.750*
„Bestattung im Eigenblut“, 1981                                                                                                                                        Kopf mit tiefenräumlichen Flächen, 1969 / 1970

                                                                                                                       © JOANNIS AVRAMIDIS UND JULIA FRANK-AVRAMIDIS
                                                                                                       © GÜNTER BRUS

Pastellkreide und Graphit auf Packpapier, 120,5 � 79,5 cm

      „Einen Ausreißer markierte Günter Brus’ großformatige Farbzeichnung ‚Bestattung im Eigenblut‘,
      ein Documenta-Beitrag von 1982, als sie ihre obere Taxe mit 130.000 Euro fast verdoppelte.“
      Brita Sachs, FAZ, 13.8.2021                                                                                                                                              Bronze mit goldbrauner Patina, ca. 144 � 35,5 � 53,5 cm

22    *INKLUSIVE AUFGELD                                                              Top-Ergebnisse                                                                   Zeitgenössische Kunst                                                               23
MODERNE KUNST                                                PIERRE-AUGUSTE RENOIR                           Ergebnis: € 462.500*
                                                             Femme nue à sa toilette, 1892

„Wie ein französischer Solitär wirkte
in der Dezember-Auktion Pierre-
Auguste Renoirs kleinformatiges
Gemälde ‚Femme nue à sa toilette‘
zwischen Werken deutscher Künstler
wie Emil Nolde, Gabriele Münter
und Oscar Schlemmer. Impressio­nis­
mus-­Sammler haben es dennoch
nicht übersehen. Gegen interna­tio­
nale Konkurrenz setzte sich ein
norddeutscher Sammler durch. Mit
einem Erlös von rund 460.000 Euro
(alle Preise mit Aufgeld) wurde die
intime Szene das teuerste Los
der Saison.“
Sabine Spindler, Handelsblatt, 16.12.2021                                      Öl auf Leinwand, 35 � 22 cm

24    *INKLUSIVE AUFGELD                    Top-Ergebnisse   Moderne Kunst                                                     25
MAX ERNST                       Ergebnis: € 312.500*                                  PAUL KLEE                                                            Ergebnis: € 200.000*
Oiseaux spectraux, 1932                                                               „Haelften, der Clown“, 1938

                                                         © VG BILD-KUNST, BONN 2022

                                                                                                  Schwarze Kleisterfarbe auf feinem Japan, vom Künstler punktuell auf
Öl auf Karton, 34,5 � 21,5 cm                                                                     glattes Papier montiert, 57 � 42 cm

26    *INKLUSIVE AUFGELD                Top-Ergebnisse                                Moderne Kunst                                                                          27
EMIL NOLDE                                                           Ergebnis: € 175.000*                                EDVARD MUNCH                                                            Ergebnis: € 150.000*
„Meer“ (Welle), 1926                                                                                                     Der Kuss IV, 1902

                                                                                              © NOLDE STIFTUNG SEEBÜLL
Farbige Lithographie, mit Aquarell überarbeitet, auf dünnem Japan,
60,5 � 77,5 cm (Blattgröße 68 � 84,5 cm)

                                                                                                                         Holzschnitt in Grau und Schwarz auf feinem Japan, mit der bei Schiefler genannten
                                                                                                                         Hinterlegung mit Japan, 46,5 � 47 cm (Blattgröße ca. 49 � 54,5 cm)

     „Seinem exzellenten Ruf als Adresse für Arbeiten
     auf Papier wird KARL & FABER wieder mit Zeichnungen
     und Grafik deutscher Expressionisten gerecht [ … ].“
     Brita Sachs, FAZ, 4.12.2021

28   *INKLUSIVE AUFGELD                                                      Top-Ergebnisse                              Moderne Kunst                                                                             29
KUNST DES 19. JAHRHUNDERTS                         HANS THOMA                           Ergebnis: € 143.750*
                                                   Einsamkeit, 1896

„Einen Umsatz von 2,5 Millionen
Euro meldet [Rupert Keim] für
die Auktion Alter Meister und Kunst
des 19. Jahr­hunderts, damit die
­bislang umsatzstärkste dieser Sek­
 tion bei KARL & FABER. Am teuer­s-
 ten wurde Hans Thomas Jüngling,
 der 1896 auf einem Felsen am
 Meer nackt und in sich gekehrt
 ­‚Einsamkeit‘ verkörpert: Einer der
  fünfzehn Bieter, ein Berliner Sammler,
  gewährte nach heftigem Gefecht                   Öl auf festem Karton, 69 � 78,5 cm

  mit 115.000 Euro die fast fünffache
  untere Taxe.“
Brita Sachs, FAZ, 13.8.2021

30    *INKLUSIVE AUFGELD          Top-Ergebnisse   Kunst des 19. Jahrhunderts                             31
JOHN RODDAM SPENCER STANHOPE       Ergebnis: € 100.000*     DOMENICO QUAGLIO                        Ergebnis: € 55.000*
Andromeda, um 1870                                          Abteikirche St-Ouen in Rouen, um 1825

                                                            Öl auf Leinwand, 91,6 � 108,2 cm

Öl auf Leinwand, 128,4 � 53,4 cm

32   *INKLUSIVE AUFGELD                    Top-Ergebnisse   Kunst des 19. Jahrhunderts                               33
ALTE MEISTER                                                ALBRECHT DÜRER                                             Ergebnis: € 137.500*
                                                            Der heilige Eustachius, um 1501

„Umsatzplus bei KARL & FABER –
Eine Bietergemeinde aus fast
60 Ländern hat um die Alte Kunst,
vor allem Grafik von Dürer und
­Rembrandt, bei KARL & FABER
gekämpft. [ … ] Der Umsatz stieg
 in diesem Bereich 16,4 Prozent auf
 über vier Millionen Euro.“
Handelsblatt, 3. / 4. / 5. Dezember 2021

                                                            Kupferstich auf feinem Bütten, 35,3 � 26 cm (Blattgröße)

34    *INKLUSIVE AUFGELD                   Top-Ergebnisse   Alte Meister                                                                 35
ALBRECHT DÜRER                                        Ergebnis: € 87.500*     HENDRIK VAN DER BORCHT D. Ä.                  Ergebnis: € 30.000*
Ritter, Tod und Teufel, 1513                                                  Strauß mit Tulpen, Schachbrettblume und
                                                                              Narzissen in einer Silbervase, 1630er Jahre

Kupferstich auf Bütten, 24,6 � 18,9 cm (Blattgröße)

                                                                              Öl auf Holz, 43,2 � 28,2 cm

36    *INKLUSIVE AUFGELD                                     Top-Ergebnisse   Alte Meister                                                   37
Die Kunst im
                                                                                                                              Wandel

                                                                                          PAK, MASS BANNER. © NIFTY GATEWAY

                                                                                                                              Arroganz hilft uns nicht weiter – Museum im Wandel   40
                                                                                                                              NFTs aus drei Perspektiven                           48
                                                                                                                              Eine Frage der Zeit – Der KARL & FABER Podcast       58
                                                                                                                              Kunst der Sammlung – Fragen an Sammlerinnen          60

Von analoger Kunst zu digitalen Originalen – Auf den Seiten 48 – 57 beleuchten Experten
aus drei Perspektiven, wie NFTs die Kunstwelt verändern.                                                                                                                                39
Arroganz hilft
                                                                      Dr. Felix Krämer zu Gast bei KARL & FABER am 25. Oktober 2021

       uns nicht
        weiter

     Topmodel Claudia Schiffer kuratiert eine Ausstellung über
     Mode­foto­g rafie, Kunstwerke werden mit Augmented Reality
     auf dem ­d igitalen Endgerät dargestellt – wird so künftig das
     Interesse für Kunst geweckt? Brauchen wir neue Formate,
     um Menschen zum Museumsbesuch oder zum Kauf von Kunst
     zu bewegen? Welche Strukturen sind aufzubrechen, um
     neue Zielgruppen anzusprechen? Wie gewinnen wir ein brei-
     teres Publikum? Und: Was macht das mit der Kunst?

     Dr. Rupert Keim, Geschäftsführender Gesellschafter von
     KARL & FABER Kunstauktionen, im Austausch mit Dr. Felix
     Krämer, Generaldirektor des Kunstpalasts und des NRW-
     Forums im Düsseldorfer Ehrenhof.

40                                                                                                                              41
Dr. Rupert Keim Herzlich willkommen, lieber Felix, zu unserer Gesprächsreihe „Im                                                                          a­ rrogant auf bestimmte Formate herabzuschauen – nach dem Motto „Autos
       ­ ustausch“! Derzeit ist ja ein merkwürdiges Phänomen zu beobachten: Auf der einen
       A                                                                                                                                                            sind nur was Populäres“. Solche Projekte führen viel effektiver ein diverses
        Seite setzen sich immer mehr Menschen mit Kunst auseinander – wir lesen viel über                                                                          ­Publikum an die Kunst heran als eine klassische Ausstellung.
     Ausstellungen, grandiose Auktionen oder große Kunstmessen. Andererseits wird es                                                                    RK Wäre es auch ohne Claudia Schiffer gegangen?
      ­immer schwieriger, Besucher in Ausstellungen zu locken.                                                                                                      FK Wir waren damit auf der Titelseite der „Süddeutschen Zeitung“ und diversen
                     Nun hast du in den vier, fünf Jahren, seit du in Düsseldorf tätig bist, neue                                                                   Magazinen. Das gibt es selten. Ich bezweifle, dass die mediale Resonanz genauso
       ­Akzente gesetzt. Sie kulminieren in der Ausstellung „Captivate! Modefotografie der 90er“                                                                    groß gewesen wäre, hätte Claudia Schiffer die Ausstellung nicht kuratiert.
        mit einer Kuratorin, die wir so nicht kennen: Claudia Schiffer. Was trieb dich, das Topmo­                                                      RK Prominenz ist wichtig, wie der Erfolg der David-Bowie-Schau 2018 im Londoner
        del in deinen Kunstpalast zu locken?                                                                                                          ­Victoria and Albert Museum beweist. Mit zwei Millionen Besuchern die meistfrequentierte
                     Dr. Felix Krämer Wir haben eine Kunstsammlung, aber diese beinhaltet seit                                                        Ausstellung überhaupt. Prominenz „adelt“ also die Kunst. Wenn wir bei unseren Auktionen
                  1929 auch die Bestände des ehemaligen Kunstgewerbemuseums in Düsseldorf.                                                              etwas versteigern, hinter dem eine berühmte Persönlichkeit steht, erzielen diese Werke
                     Somit haben wir auch eine Designsammlung. Claudia Schiffer, die in den 1980er                                                      in der Regel einen höheren Preis. Damit kommen wir zum Thema „Aura“: Sollten die
                  Jahren in Düsseldorf als Model entdeckt wurde, kommt aus der Gegend. Ich                                                             ­Museen das künftig stärker spielen?
                     wollte sie als Kuratorin gewinnen, weil ich um ihre große Leidenschaft für die                                                                 FK Wer wissen will, wie es mit den Museen weitergeht, sollte sich die Entwicklung
                     Kunst weiß. Zudem wollte ich eine Expertin haben, die die damalige Modeszene                                                                   in England, Holland oder Skandinavien anschauen. Wir hinken oft hinterher.
                     miterlebt hat. Claudia Schiffer kann aus erster Hand berichten, wie es ist, von                                                    RK Woran liegt das?
                     Mario Testino, Karl Lagerfeld oder Ellen von Unwerth fotografiert zu werden.                                                                   FK Wir sind eher konservativ, weniger spielerisch. In Deutschland gehen die
        RK Das Thema der Ausstellung ist weiter gefasst als üblich. Schlug sich das in den                                                                          Leute ins Museum wie in die Kirche: Es wird dort nur leise gesprochen. Hier ist
     ­Besucherzahlen nieder?                                                                                                                                        es unüblich, dass in den Museumsräumen Festivitäten stattfinden wie in Frank­
                     FK Zeitungen in Indien, Japan oder Südamerika berichten selten ausführlich                                                                     reich und England, während es dort selbstverständlich dazu gehört.
                     über deutsche Institutionen. Über diese Ausstellung schrieben sie aber. Wir                                                        RK Wollen sich Museen keine neuen Kreise erschließen?
                    ­haben also eine viel größere Öffentlichkeit erreicht. Zudem kamen neben den                                                                    FK Das ist nicht nur eine Frage der Museen. Der Kunsthandel und die Auktions­
                     üblichen Museumsgängern viele Besuchende, die sonst nicht in Museen gehen.                                                                     häuser hierzulande sind da nicht anders. Im Ausland ist mehr Pop, Aufregung
                     Bereits meine erste Ausstellung in Düsseldorf, „PS: Ich liebe dich“, war für viele                                                             und Wagemut zu finden.
                     ein Schockmoment. Zuvor gab es Werkschauen von Cranach und Zurbarán im                                                             RK Ja, ich kenne diese Diskussion. Auch wir fragen uns immer wieder: Wie kunst­histo­
                     Programm, aber plötzlich wurden Sportwagen der 1950er bis 1970er Jahre als                                                         risch sollen Texte in Auktionskatalogen sein? Am Ende hat es mit der Zielgruppe zu tun.
                     Designobjekte präsentiert. Dieser Ausstellung haben wir viel zu verdanken, weil                                                    Orientieren wir uns aber daran, erreichen wir vielleicht nur ein bestimmtes Publikum. Die
                     ein vollkommen neues Publikum das Museum für sich entdeckt hat. Angesichts                                                         Gruppe, die wir ansprechen, ist nicht mehr so homogen wie vor 30, 40 Jahren. Die Gründe,
                     des kleinen Prozentsatzes der Gesamtbevölkerung, der regelmäßig in die deutsch-                                                    Kunst zu kaufen, sind unterschiedlicher als früher. Wir müssen das Feld weiten, was aber
                     landweit 6000 Museen geht, die überwiegend durch die Öffentlichkeit finan­                                                         komplizierter und aufwendiger ist. Dank der digitalen Medien ist das heute machbar.
                  ziert sind, ist es ab und zu wichtig, über die Museumsblase hinweg zu denken
                     und nach Formaten zu suchen, die eine andere Besucherschaft a­ nsprechen.
        RK Was ist die Legitimation dafür? Soll der Kunstbegriff erweitert, die Leute auf neue
        Dinge gestoßen werden? Oder ist es Mittel zum Zweck, um Besucher ins Haus zu locken
        und ihnen danach die „wahre“ Kunst näherzubringen?
                     FK Letztlich führe ich das Museum wie ein mittelständisches Unternehmen.
                     Ich muss den Markt und meine Mitbewerber und Mitbewerberinnen anschauen
                     und mich fragen: Was kann ich mit meinem Etat leisten und was bieten die
                   ­anderen? So stellten wir fest, dass – obwohl auch in Deutschland Interesse
                     besteht – hier in puncto Mode wenig geboten ist, während in Paris oder New
                                                                                                                FOTOGRAFIE: VERENA KATHREIN

                  York diese Ausstellungen die beliebtesten überhaupt sind. Und bei uns läuft ja
                     nicht nur Claudia Schiffer. Parallel dazu gab es eine Ausstellung, in der Kunst
                     des Barock Werken aus der Nachkriegszeit gegenüber gestellt wurden. Da bei
                     uns die Besuchenden ein Ticket für alle aktuellen Ausstellungen erwerben,
                  ­gehen sie dann eben auch in die Barock-Ausstellung. Es gibt keinen Grund,

42                                                                                                 Titelthema                                 Arroganz hilft uns nicht weiter                                                                           43
FK Das Tolle an digitaler Kommunikation und Vermittlung ist, dass sie weitest­
                                       gehend barrierefrei ist. Schon vor Corona haben wir hier verschiedene Initiativen
                                       ergriffen – etwa mit unserer Kinder-Website. Bis heute sind wir das einzige
                                       Kunstmuseum in Deutschland, das ein solches Angebot hat.
                           RK Wobei es die Eltern dafür braucht, damit sie auf die Website gehen. Holst du damit
                           nicht wieder dieselbe bildungsbürgerliche Klientel ab wie bisher?
                                       FK Genau!

Ausstellungen,
                           RK Aber wie dringst du dann in bildungsfernere Schichten vor?
                                       FK Unsere Kinder-Website ist nur eine Maßnahme. Flankiert wird sie etwa
                                       von einem jährlichen Kunstwettbewerb für die Düsseldorfer Grundschulen, in
                                       die ja alle Kinder gehen. In das erste Jahr des Wettbewerbs fiel ausgerechnet
                                       der erste pandemiebedingte Lockdown. Zum Glück haben wir das Projekt aber
                                       durchgezogen und konnten uns gleich in der ersten Runde über 87 teil-

in die der
                                       nehmende Klassen freuen – über diesen Weg erreicht man eine große Vielzahl
                                       an Kindern. Damit kein einzelnes Kind im Vordergrund steht, konnten nur
                                    ­Gemeinschaftsarbeiten der ganzen Klasse eingereicht und ausgestellt werden.
                                    Jedes Kind, das teilgenommen hat, guckt danach mit anderen Augen auf
                                     ­unsere Institution.

Besucher
                           RK Die Idee ist also ein Museum, das sich in der breiten Öffentlichkeit etabliert?
                                       FK Das ist das Ziel. Und dabei sind Kinder ein wichtiger Faktor. Wenn man in
                                       England, Holland oder Polen morgens unter der Woche in Museen geht, sind
                                       sie voller junger Besucher. In Deutschland ist man schon froh, auch vereinzelt
                                       Schulklassen anzutreffen. Die Politik stellt zwar Mittel zur Verfügung, aber die
                                       Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und natürlich die Schüler müssen sich dafür

eintauchen
                                       begeistern. Die Pandemie hat gezeigt, was für eine schlechte Lobby die Kultur
                                       hier hat. Es ist auch an den Museen, die Initiative zu ergreifen und an dieser
                                       Situation etwas zu ändern.
                           RK Im Metropolitan in New York erlebte ich mal, wie sich im Study Room fürs 19. Jahr­
                           hundert eine ganze Gruppe von Schulkindern hingebungsvoll über eine berühmte Grafik

kann, sind
                           beugte, um sich mit der deutschen Romantik auseinanderzusetzen. Hierzulande würden
                           die Mitarbeiter der grafischen Sammlung erschrecken, wenn eine Schulklasse einfällt.
                           Muss sich was an der Einstellung der Museen ändern?
                                       FK Ja, es ist wichtig, dass Museen besucherfreundlich sind und die Aufent­
                                       haltsqualität in den Blick nehmen. Ich habe auch das Gefühl, man geht ins
                                      ­Museum und belohnt sich danach mit einem Gang ins Café. Dabei sollte ein

besonders
                                    Ausstellungsbesuch doch Freude machen – und wenn es gut läuft, Gedanken
                                       anregen und neue Einsichten vermitteln. Da gibt es noch viel zu tun!
                           RK Merkst du einen Bruch zwischen dir und deinen Kollegen, bei denen noch die Old
                           School gilt? Wollen die überhaupt die multimediale Verarbeitung und darüber viele
                         ­Besucher reinholen? Womöglich wollen sie sich gar nicht damit auseinandersetzen,

erfolgreich.
                           sind eher wissenschaftlich orientiert und beim bloßen Gedanken an Blockbuster-Aus­
                           stellungen stellen sich ihnen die Nackenhaare auf? Spürst du in Deutschland einen
                          ­Graben zwischen den beiden Lagern?
                                       FK Eine Auto-Ausstellung veranstaltet man nicht, um einen Kritikerpreis zu
                                       bekommen. Mir war auch vollkommen klar, dass die Meinungen über Claudia

44               Arroganz hilft uns nicht weiter                                                                           45
Schiffer als Kuratorin geteilt sind. Erfreulicherweise ist das Publikum viel offener                            FK Das eine schließt das andere nicht aus. Oft wird die derzeitige Kommer­
                  und progressiver als mancher Kritiker. Der Ruf nach Wissenschaftlichkeit klingt                                 zialisierung beklagt. Aber das tut jede Generation. So findet man in den Ausstel­
                 zunächst nach Qualität – aber was ist damit jeweils konkret gemeint? Ich habe                                    lungskatalogen der 1980er Jahre mittendrin Werbeanzeigen. Die Impressionisten
                  viele Jahre selbst Ausstellungen konzipiert. Die Königsklasse ist für mich, eine                                zeigten ihre Arbeiten in Schaufenstern – mehr Kommerzialität ist schwer vor­
                  sogenannte Blockbuster-Ausstellung zu kuratieren, die inhaltlich Neues beiträgt,                                stellbar. Die „Global Gallery“-Aktion ist nur konsequent. Auch wenn ich mir nicht
                  aber trotzdem ein breites Publikum anspricht. Es ist viel schwieriger, bei popu­                                sicher bin, ob die Passanten vor den Billboards den Unterschied zum Umfeld
                  lären Themen und Künstler, wie etwa Monet oder van Gogh neue Aspekte zu                                         mitkriegen. Aber es ist eine interessante Entwicklung, dass sich die Dinge immer
                  entdecken als unbekannte Künstler vorzustellen, bei denen im Prinzip jeder                                      stärker aufeinander zubewegen.
                  Satz etwas Neues bringt.                                                                               RK Jetzt noch ein letzter Aspekt: Das Haus der Kunst präsentiert in der Ausstellung
        RK Im Multimediabereich gäbe es Möglichkeiten – wie bei der immersiven Ausstellung                              „Sweat“ Kunstwerke aus allen Kontinenten dieser Welt. Und ich muss gestehen: Von 90
     „Van Gogh Alive – the Experience“. Da werden Bilder projiziert, der Besucher taucht darin                           Prozent der Künstler hörte ich noch nie. Dabei war alles sehr spannend und interessant.
        ein und kann das Präsentierte mit allen Sinnen erkunden. Das ist mit Werken von Monet                            Wenn wir nun mehr Menschen für den Kunstgenuss gewinnen wollen und ich auf die
        oder Da Vinci ebenso möglich, da sind alle Rechte frei. Damit kann man auch den                                 Teile unserer Gesellschaft mit Migrationshintergrund schaue – funktioniert das überhaupt
       ­Klassikern etwas Neues abgewinnen.                                                                               mit der Kunst hier aus Deutschland? Damit repräsentieren wir unseren Kulturkreis, aber
                  FK Aber was hat das noch mit van Gogh zu tun?                                                          müssen wir nicht viel mehr aus anderen zeigen?
        RK Gute Frage. Zudem tut sich da eine merkwürdige Mischung auf: Das Format geht bis                                       FK Den Blick auf andere Kulturkreise zu weiten ist wichtig, aber mit unseren
      zu „Alice im Wunderland“ oder Planetarien. So verschwimmen die Grenzen zwischen                                             Etats können das nicht alle Häuser gleichermaßen leisten. Eine Erweiterung
      Ausstellung, Kinobesuch und Zooausflug. Werden die Museen so weit gehen – Hauptsache,                                       des Kanons ist zudem auch auf anderen Ebenen möglich; dafür muss man nicht in
        sie kommen an mehr Leute ran? Oder ist das zu weit weg vom Kunstgenuss am Original?                                       jedem Fall in die Ferne schweifen: So war vor drei Jahren unsere Schau über DDR-
        Wo ziehst du da die rote Linie?                                                                                           Kunst die erste westdeutsche Museumsausstellung zu diesem Thema seit dem
                  FK Für mich ist es wichtig, vom Inhalt her zu denken. Und als öffentlich finan­                                 Mauerfall. Spannende und gesellschaftsrelevante Themen gibt es mehr als genug.
                 zierte Institution haben wir auch eine Verpflichtung den Exponaten gegenüber.
                  Letztlich bin auch ich ein klassischer Kunsthistoriker und will die Geschichte                Auszüge aus dem Gespräch vom 25. Oktober 2021 bei KARL & FABER.
                  der Kunst erzählen. Wenn das bei van Gogh mit einem immersiven Erlebnis                       Den kompletten Austausch finden Sie als Video unter folgendem QR-Code.
                  funktioniert, mag das hier und da sinnvoll sein. Dass die Künstlerin Yayoi Kusama             Transkription: Lucas Wilson, Redaktion: Nicola Scheifele
                  gerade so populär ist, hat auch mit der Erfahrbarkeit ihrer Arbeiten zu tun. Aus­
                  stellungen, in die Besuchende eintauchen können, sind besonders erfolgreich.
                  Das ist wie ein Spielplatz für Erwachsene. Unsere AR-Biennale, eine Ausstellung
                  im Außenbereich mit Augmented Reality, bei der die Kunstwerke nur via digi­
                  talem Endgerät zu sehen sind, wird viel von Jugendlichen frequentiert. Die
                 ­können ihren Eltern wiederum erklären, wie die Ausstellung funktioniert und
                  damit verschiebt sich die Deutungshoheit.
        RK An diesen Stellen ist dann das Digitale super hilfreich!
                  FK Ja, es ist ganz selbstverständlich und wird auch seinen festen Platz in den
                  Museen finden. Wie bei der Videokunst vor 20, 30 Jahren wird das auch bei
                 AR- und VR-Formaten nur eine Frage der Zeit sein.
        RK Das geht sogar noch weiter, wie wir an einem Beispiel des internationalen
      ­Kunst­betriebs sehen: bei der „Global Gallery“-Aktion, bei der wir in den Bereich der
        multimedialen oder auch internetbasierten Kunstvermittlung kommen. Dabei be­
        spielte Johann König von der König Galerie in Kooperation mit Porsche große Wer­
        bebildschirme mit Kunstclips – etwa am New Yorker Times Square. Parallel konntest
        du NFTs von den Künstlern über das Handy kaufen. Ist das die Zukunft? Müssen wir
        alle – Museen und Kunsthändler – digitaler werden, um die Menschen zu erreichen?
        Oder dürfen wir weiterhin kommunizieren, dass der Genuss des Originals im Mittel­
        punkt stehen sollte?

46                                                                                                 Titelthema   Arroganz hilft uns nicht weiter                                                                       47
NFTs – Was
                                                                                        Die Frage, was hinter der zugrunde liegenden Technologie steckt und wie sie aus der Sicht des
                                                                                        Rechts einzuordnen ist, wie gegebenenfalls erworbene Rechtspositionen auch durchzusetzen
                                                                                        sind, ist vor diesem Hintergrund aktuell und wichtig.
                                                                                               Aus technischer Sicht handelt es sich bei der zugrunde liegenden Blockchain-Technologie
                                                                                        um eine komplexe, dezentrale Verschlüsselungstechnologie in vielen unterschiedlichen Erschei-­

      kaufe ich da
                                                                                        nungsformen (man denke nur an die Kryptowährungen, die ihrerseits auf fungiblen Token
                                                                                  ­beruhen). Gemeinsam ist den unterschiedlichen NFT-Ansätzen aber eine kryptologische,
                                                                                   ­wegen des dezentralen Charakters, der „Verteilung“ auf alle beteiligten Nutzercomputer ver­
                                                                                        gleichsweise manipulationssichere, technologisch eindeutige Zuordnung eines nicht aus­
                                                                                        tauschbaren digitalen Tokens an seinen „Schöpfer“, nämlich die Person, die den Token in einem

      eigentlich ?
                                                                                        sogenannten „Minting“-Vorgang erzeugt hat. Zugleich gestattet die Technologie über die
                                                                                    ­jeweils beigeordneten Metadaten eine eindeutige Dokumentation der sich anschließenden
                                                                                     ­Erwerbs- und Zweiterwerbskette (also letztlich der Provenienz) hinsichtlich eines solchen
                                                                                      ­Tokens. Wichtig ist aber, dass der Token in den derzeit realisierten Modellen typischerweise
                                                                                        nicht das eigentlich veräußerte digitale oder ganz traditionell analoge Werk enthält, sondern
                                                                                        darauf nur verweist, nämlich häufig in der Form eines Hyperlinks und hinsichtlich der Zuord­
                                                                                        nung abgesichert durch eine kryptographische Verschlüsselung. Damit stellt sich aber aus
             Matthias Leistner über NFTs aus rechtlicher Sicht                          rechtlicher Sicht die Frage, was man hier eigentlich erwirbt und welche Rechte und Pflichten
                                                                                        Käufer und Verkäufer treffen. Hinzu kommen rechtstechnische Details, etwa die Frage nach
                                                                                        dem Eingriff in urheberrechtliche Nutzungsrechte und nach der Anwendbarkeit des Folge­
                                                                                        rechts. Wie ernst sind die neuen Kunstformen und ihr Handel also aus rechtlicher Sicht zu
                                                                                        nehmen? Hat der neue, schillernde Kaiser des digitalen Kunstmarkts Kleider an oder sind die
                                                                                        NFTs nur „des Kaisers neue Kleider“, so dass Käufer im Streitfall nackt da stehen?
                                                                                               Eine erste rechtliche Analyse muss beim deutschen Sachenrecht und der Frage nach
                                                                                        einer Eigentumsposition des Erwerbers von Kryptokunst ansetzen. Erwirbt der Käufer also
                                                                                       ­Eigentum? Die Wurzeln des deutschen Sachenrechts (und natürlich auch aller romanischen
                                                                                        Rechtsordnungen in Europa) stammen aus dem römischen Recht. Sachen sind körperliche
                                                                                        Gegenstände. Entsprechend leicht fällt die Antwort auf die eigentumsrechtliche Relevanz des
                                                                                        Kryptokunsthandels. Körperliche Sachen im traditionellen Sinne werden hier nicht übergeben
                                                                                        und übereignet (außer bei bestimmten, weniger verbreiteten Sonderformen, wenn der Käufer
                                                                                        etwa das veräußerte Werk auf einem Datenträger erhält). Damit erwirbt der Käufer aber auch
     Spätestens mit der Rekordauktion eines digitalen Werks von Beeple                  nicht die unbeschränkte Nutzungsbefugnis über eine körperliche Sache und demnach kein
     (Mike Winkelmann) in Form eines Non-Fungible Token (NFT) für                       Eigentum und auch sonst keine sachenrechtlich relevante Position. Das hat Folgen. Insbeson­
     69 Mio. USD im März 2021 hat der Krypto-Hype mit einem Pauken-                     dere kommt der Schutz des deutschen Delikts- und Schadensersatzrechts deshalb allein auf
                                                                                        der Grundlage eines erworbenen Tokens kaum in Betracht. Sonderformen virtuellen „Eigen­
     schlag auch den Kunstmarkt erreicht. Neben derartigen, schon heute                 tums“, die hier greifen könnten, werden zwar in der US-amerikanischen Diskussion und auch in
     zahlreichen und ernstzunehmenden Kunstformen und Ver­käufen in                     der deutschen Rechtswissenschaft lebhaft diskutiert, doch sind diese Diskussionen weit von
     diesem Bereich schlägt der Kryptokunstmarkt derzeit zugleich zum Teil              einer praktischen, gar gesetzgeberischen oder gerichtlichen Umsetzung entfernt.
                                                                                               Weil im Übrigen in den allermeisten Fällen das eigentliche Werk in den NFTs gar nicht
     etwas halbseidene Kapriolen, wenn etwa bestimmte Verkäufer mehr                    enthalten ist, sondern diese vielmehr nur (meistens per Link) auf das Werk verweisen bzw.
     oder weniger erfolgreich versuchen, große „Namen“ aus der Vergangen-               dieses kryptographisch dem „Inhaber“ des Tokens zuordnen, liegen letztlich, obwohl es hier
     heit im Wege des Kryptohandels zu versilbern und damit Gefahr laufen,              natürlich auch auf die genaue technische Ausgestaltung ankommt und insofern die eine oder
                                                                                        andere Einzelheit umstritten ist, in den allermeisten Fällen wohl auch keine urheberrechtlich
     sie – beinahe nach Art von Museumsshops – zur kleinen Münze des                    relevanten Rechtspositionen oder Nutzungen vor. Urheberrechtliche Klärung kann hier allen­
     Kunst­betriebs zu inflationieren.                                                  falls mit Blick auf die Werbung für NFT-Auktionen, Kataloge und ähnliches vonnöten sein, wenn

48                                                                           Was kaufe ich da eigentlich?                                                                                49
© PICTURE ALLIANCE / UNCREDITED

Beeple (Mike Winkelmann), „Everydays: The First 5000 Days“, geminted am 16. Februar 2021                 51
hier das eigentliche, von dem Token symbolisierte Kunstwerk verwendet wird. Hier ist es                           So ist die Sicherheit, dass es dort für den (trotz des hochfliegenden Namens wohl zumindest
     n­ ämlich, je nach Ausgestaltung, nicht sicher, wie weit die traditionellen Ausnahmen des Urheber-                       derzeit zumeist noch irdischen) Zugriff erhalten bleibt, jedenfalls vergleichsweise sehr hoch.
            rechts für öffentliche Berichterstattung, Kataloge und Ähnliches greifen. Häufig wird dann aber                   Der zugehörige Token, den der Käufer erworben hat, enthält nur eine kryptographische
            natürlich ohnedies eine Einwilligung des Urheberrechtsinhabers hinsichtlich solcher verkaufs­                  ­Verschlüsselung, einen sogenannten Hash-Wert, der den Käufer dem Kunstwerk eindeutig
            begleitender Maßnahmen vorliegen; manche NFT-Plattformen haben diese auch schon in                              ­zuordnet und der auch kaum „geknackt“ werden kann. In anderen Fällen sind den Erwerbern
         ­ihren Nutzungsbedingungen vorgesehen.                                                                               der NFTs die zugehörigen Kunstwerke oder Dateien auch schon auf USB-Sticks übergeben
                   Wenn also Eigentum und Urheberrecht gar nicht zentral betroffen sind, was ist dann                         worden. Hier schließt sich also der Kreis und das digitale Kunstwerk wird am Ende doch in Form
      ­eigentlich ein solches NFT? Soweit es um Währungen, wie den Bitcoin geht, mag man auch im                              eines körperlichen Werkstücks ausgehändigt. Alles in allem lohnt es sich also, auf das „Klein­
            Wertpapierrecht nach Lösungsansätzen suchen; aber für den Kunstmarkt hilft all das wenig                          gedruckte“ zu achten, was beispielsweise Nachhaltigkeit des Zugriffs und auch die urheber­
            und von einer rechtssicheren Einordnung ist auch die dortige Diskussion noch recht weit                           rechtlichen Rahmenbedingungen, etwa betreffend verkaufsbegleitende Maßnahmen und ihre
       ­entfernt. Letztlich geht es also derzeit bei einem NFT um die möglichst sichere, dezentrale                       Zulässigkeit angeht.
            kryptographische Verkörperung von Informationen über die Entstehung eines Werks und                                       Mit diesen mehr technischen Details ist schon eine weitere, für den Kunsthandel durch­
        ­dessen Veräußerung und Weiterveräußerungen. Dabei ist das NFT als solches aber kein Vertrag.                         aus interessante Frage angesprochen. Ist das Folgerecht, das dem Künstler bei gewerblichen
     Verträge werden entsprechenden Veräußerungen in der Regel zugrunde liegen, schließlich                                   Weiterveräußerungen von Werken der bildenden Künste eine gewisse Beteiligung sichert, auch
            können sie auch mündlich oder sogar durch bloßes schlüssiges Verhalten geschlossen werden;                        bei der Weiterveräußerung von NFTs anwendbar? Die Antwort auf diese Frage ist nicht ganz
            insofern hat man das zugrunde liegende Kunstwerk, sei es nun digitale Kunst oder auch ein                         unumstritten – aber die Mehrheit der Experten geht davon aus, dass das Folgerecht hier nicht
            traditionelles Gemälde, sicher im Regelfall auch erworben. Das NFT ist aber insoweit nicht von                zur Anwendung kommt. Um den betroffenen Künstlern auch im digitalen Bereich ihr Auskommen
            unmittelbarer rechtlicher Relevanz, sondern nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Symbol,               zu sichern, ist das auch nicht wirklich notwendig – denn die den NFTs in der Blockchain
            ein Beweiszeichen, entfernt vergleichbar einer Signatur, wobei NFTs natürlich deutlich mehr                   ­zugrunde liegenden Metadaten gestatten es, in den Weiterveräußerungsmechanismus auch
            Informationen hinsichtlich der Provenienz- und Weiterveräußerungskette in verschlüsselter                         eine Beteiligung des ursprünglichen Schöpfers („Minters“) des NFT einzubauen, so dass es ihm
            Form enthalten können als herkömmliche Signaturen. Geht es demnach also letztlich nur um                          unbenommen bleibt, sich gleichsam schon ab initio sein ganz persönliches „Folgerecht“ zu sichern.
            die vergleichsweise sichere Verkörperung von Informationen insbesondere über Zuordnung                                    Um nun noch die Antwort auf die Eingangsfrage zu geben, ob hier juristisch nur des
            und Veräußerungskette, schärft sich der Blick auf die Frage, was NFTs leisten können und was nicht.               Kaisers neue Kleider gehandelt werden: So einfach liegen die Dinge nicht. Eigentumsrechtlich,
                   Rechtlich geht es für analoge Kunstwerke gleichermaßen wie für digitale Kunst, zunächst                    urheberrechtlich und auch wertpapierrechtlich verkörpern NFTs im Kunstmarkt keine abso­
            einmal wie bisher primär darum, was in den zugrunde liegenden Verträgen hinsichtlich Kauf                         luten, durchsetzbaren Rechtspositionen. Einmal einem analogen oder digitalen Werk zugeord­
            und Übereignung geregelt ist. Die NFTs helfen als leicht handelbares, vergleichsweise manipu­                     net, können sie aber helfen, Veräußerungsverträge, Erwerbsketten und damit letztendlich die
            lationssicheres Beweismittel und können es zugleich ermöglichen, Kunstwerke relativ einfach                       Provenienz vergleichsweise manipulationssicher zu rekonstruieren. Zudem sind sie einfach
            auch in kleinen Splittern zu verkaufen. Geht es also darum, Erwerbsketten und die Provenienz                      handelbar und gestatten es, auch digitale Werke, die im Netz als Original oder in Form von
            digitaler (oder auch analoger) Kunst zu belegen, können NFTs schon heute und werden sie                           Kopien uneingeschränkt für die Öffentlichkeit zugänglich bleiben, mit hoher technischer
     zweifellos in der Zukunft eine Hilfe sein. But make no mistake: Letzte Manipulationssicherheit                          ­Sicherheit einer Person zuzuordnen. So werden sie, nachdem der erste Hype einmal abgeklungen
            ist hier ebenso wenig gegeben wie bei klassischen Signaturen oder sonstigen Provenienzbe­                         ist, im Kunstmarkt zweifellos auch in der Zukunft ihre Rolle spielen.
            legen und Vorsicht bleibt geboten. Jede neue Technologie ruft stets auch Fälscher auf den
            Plan. Und schon der Schöpfungsvorgang, bei dem der eigentliche Token geschaffen und mit
            einem Kunstwerk, z.B. mittels Hyperlink, verknüpft wird, steht im Ausgangspunkt jedem offen,
            der über das notwendige technische Know-how verfügt. Die Provenienzforschung hat also mit                     Professor Dr. Matthias Leistner, LL.M. (Cambridge) ist
            den NFTs ein neues Instrument, ein zusätzliches, insbesondere für den digitalen Bereich                       Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Recht
          ­wertvolles Hilfsmittel an die Hand bekommen – letzte Sicherheit lässt sich aber auch damit                     des Geistigen Eigentums, mit Informationsrecht und
            naturgemäß nicht erlangen.                                                                                    IT-Recht (GRUR-Lehrstuhl) an der Ludwig-Maximilians-
                   Und selbst wenn Kunstwerk und Veräußerer echt, die Erwerbskette und Provenienz                         Universität München.
           ­sicher belegt sind, stellen sich gewisse weitere technische Fragen: Was, wenn der Server, auf
            dem das „Original“ liegt, abgeschaltet wird oder aus sonstigen Gründen nicht mehr erreichbar
            ist? Welches Recht ist anwendbar, wenn der Server in einem wenig verlässlichen Drittstaat
            steht? Die Marktteilnehmer bemühen sich hier durchaus schon um passende Lösungen – so
            wurde Beeples Kunstwerk auf das InterPlanetary File System, ein wiederum dezentrales, beson­
            ders sicheres und nachhaltiges Dateisystem in Form eines Peer-to-Peer-Netzwerks hochgeladen.

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NFTs – Hype oder Revolution                                                                                                                                                    der Blockchain, für jeden einsehbar. Ein NFT kann somit auch einfach nur als Eigentums­
                                                                                                                                                                                        zertifikat dienen, was für die Provenienzforschung ein Segen wäre.
                                                                                                                                                                                                Warum ich glaube, dass NFTs keinen Hype darstellen, sondern bleiben werden? Die
                                                                                                                                                                                        Pandemie hat die digitale Transformation beschleunigt. Das kommende Web3 ist Blockchain-­
               Annette Doms über NFTs aus kunsthistorischer Sicht                                                                                                                       basiert. Im Web3 verknüpfen wir uns mit dem Internet mit einer digitalen Wallet, in der Krypto­
                                                                                                                                                                                        geld und NFTs gelagert sowie transferiert werden können. Im Web3 geht es um digitale Werte,
                                                                                                                                                                                        um Eigentum.
                                                                                                                                                                                                Schlüsselwort ist das Metaverse, der zukünftige Raum für Kommunikation und Konsum –
                                                                                                                                                                                        eine virtuelle Welt, die durch Virtual Reality und Augmented Reality geprägt ist und unabhängig
       Über das neue Phänomen der drei Buchstaben NFT und die symbiotische Beziehung einer                                                                                              von einem einzelnen User existiert. Hier entstehen Kunstmuseen, Galerien, Auktionshäuser
       digitalen Datei zu einer Blockchain wurde im Jahr 2021 vielfältig diskutiert. Für viele ungreifbar                                                                               und hier werden bereits die eigenen digitalen Räume mit digitalen Kunstwerken dekoriert. Das
       ist, dass ein NFT nicht spezifiziert werden, sondern alles sein kann, was immateriell oder physisch                                                                              Metaverse verknüpft die physische mit der virtuellen Welt. Unser Leben wird in beiden Welten
       existiert: ein Bild, ein Turnschuh, Gedanken, Immobilien, Momente und vor allem auch Kunst.                                                                                      weiter existieren. Das neue Wort lautet „phygital“.
               Die Sammler von NFTs sind laut Statistik (2021) vor allem männliche Millennials. Sie sind                                                                                        Die Kultur der NFTs scheint derzeit noch sehr spielerisch. Sie wird sich jedoch wie jede
       in eine Kultur der Bild- und Informationsüberflutung hinein sozialisiert, extrem zukunftsorien­                                                                                  Kultur im Verlauf der Zeit über die Adaption neuer Gewohnheitsmuster institutionell verankern.
       tiert und technologiebegeistert. Am beliebtesten sind Profile Pictures (PFP), die vornehmlich                                                                                    Ich selbst helfe Sammlern seit Monaten bei der Einrichtung von Wallets und dem Erwerb von NFTs.
       im Bereich Social Media als Statussymbol für die Zurschaustellung einer digitalen Identität                                                                                              Mit NFTs erleben wir meiner Meinung nach eine der bedeutendsten zeitgenössischen
       dienen, zunehmend auch von Celebrities. Im Sektor zeitgenössische Kunst sind animierte                                                                                           Innovationen nicht nur im Technologie- und Finanzbereich. NFTs sind auch ein kulturelles
      ­Darstellungen der CyberPunk-Ästhetik, Anime und Science-Fiction Themen populär.                                                                                                  Phänomen.
               Die Reaktionen der Kunstwelt auf NFTs sind noch verhalten. Nur wenige Protagonisten                                                                                              Blockchain-basierte Konzepte werden sämtliche Lebensbereiche verändern! Als Kunst­
       wagten den Schritt nach vorne. Nachdem Christie’s 2021 mit der Auktion der digitalen Collage                                                                                     historikerin finde ich es extrem aufregend, live bei einer Avantgarde dabei zu sein!
       des Künstlers Beeple für Schlagzeilen sorgte, zogen einige Projekte nach: digitale Zwillinge in
       Form von NFTs von beispielsweise Michelangelos „Doni Tondo“, (1506/07) aus dem Reich der
       Uffizien kompensierten die pandemiebedingten Einnahmeausfälle. Das British Museum veräu­
       ßerte historische NFTs von Hokusai und William Turner. Damien Hirst stellte mit seinem bunt
       gepunkteten Werk „The Currency“ das Publikum vor die Wahl, entweder das NFT oder das
       Original zu behalten. „Fumeur V“, eine Zeichnung von Pablo Picasso aus dem Jahr 1964 wurde
       in das neue Medium NFT überführt, das Original verbrannt. Mit den NFTs aus dem Catalogue

                                                                                                                FOTOGRAFIE: PASCAL MAILLARD, 2013 IM STUDIO VON MIGUEL CHEVALIER
       Raisonné von August Sander erhält der Sammler eine 60MB Datei für die private Nutzung. Das
       Projekt dient der Finanzierung des August Sander Estate und dem Erhalt des künstlerischen
       Erbes. Solche Geschichten gibt es viele.
              Zeitgenössische Künstler nutzen die Blockchain bzw. NFTs gerne auch als Medium. Bei
       dem Drop (ein Drop bedeutet die Veröffentlichung eines NFT Projektes) der Arbeit „The Merge“
       des berühmten NFT Blue-Chip- und Konzeptkünstlers PAK ging es um das Sammeln, das
       Fusionieren und den Konsum von Masse. Der Verkauf bot potenziellen Sammlern die Möglichkeit,
     „Stakes“ zu erwerben, die gegen Ende zu einer größeren „Masse“ aufgestockt werden konnten.
       28.983 Sammler gaben in zwei Tagen 91.806.519 US-Dollar aus, um insgesamt 312.686 Einheiten
       der so genannten „Masse“ zu kaufen. Ich selbst besitze einige davon.
              Anders als im traditionellen Kunstmarkt richtet sich die Wertigkeit eines NFTs nach der
       Idee, den Urhebern, den Investoren, dem Nutzen, einer Roadmap und den sogenannten Rari­
       ties, welche die Seltenheit von bestimmten Attributen innerhalb eines NFTs anzeigen. Die auf­
       fallend intensive Analyse findet auf den Community Plattformen Twitter und Discord statt.                                                                                   Dr. Annette Doms ist Kunsthistorikerin mit Expertise in technologiebasierter Kunst (AR, VR,
               Ein NFT ist also mehr als ein digitales Sammelobjekt. Es kann auch die Eintrittskarte für                                                                           AI und NFTs), CEO der Kunstberatungsgesellschaft ICAA, Partner & Head of Curation der NFT
       weitere Projekte sein: ein exklusiver Zugang zu Informationen, zu Clubs oder VIP-Events. Der                                                                                Plattform Metadibs®, Co-Gründerin der ersten digitalen Kunstmesse UNPAINTED (2014 / 2016).
       Besitz von NFTs schafft zudem absolute Transparenz. Er ist auf einer dezentralen Datenbank,                                                                                 Kuratorin, Autorin, Keynote-Speakerin und Dozentin an der LMU München.

54                                                                                                 Titelthema                                                                      NFTs – Hype oder Revolution                                                                             55
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