Misericordia - TESTEN UND IMPFEN Die Corona-Pandemie stellt Behinderten- und Altenhilfe vor große Herausforderungen - Paul Gerhardt Haus

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Misericordia - TESTEN UND IMPFEN Die Corona-Pandemie stellt Behinderten- und Altenhilfe vor große Herausforderungen - Paul Gerhardt Haus
misericordia                    Februar 2021

TESTEN UND IMPFEN
Die Corona-Pandemie stellt Behinderten-
und Altenhilfe vor große Herausforderungen

Dualer Studiengang    Berufe im Krankenhaus:   Trägerwechsel beim
Heilerziehungspflege   Physiotherapie           Kinderheim Kostenz
Misericordia - TESTEN UND IMPFEN Die Corona-Pandemie stellt Behinderten- und Altenhilfe vor große Herausforderungen - Paul Gerhardt Haus
2       INHA LT

                                     Inhalt
                                     Corona

                                     Wie Altenhilfe, Behindertenhilfe und Hospiz mit der Pandemie zurechtkommen     4

                                     Eine Heilerziehungspflege-Schülerin über die Quarantäne in einer Wohngruppe     8

                                     Sozialpsychologin Marlene Altenmüller über unser Verhalten in der Krise       10

                                     Versuche sich gegen Corona zu stemmen – eine Betrachtung                      12

                                     Gesundheit und Lebensfreude

                                     NEUE SERIE: G‘SUND BLEIB‘N
                                     Gesund essen und den Planeten schützen                                        13
           Unser Titelbild zeigt
       Michael Derbacher, der        Pflegen und Assistieren
       sich von seiner Kollegin
       Michaela Weber bei den
                                     NEUE SERIE: BERUFE IM KRANKENHAUS
       Barmherzigen Brüdern          Physiotherapeut                                                               14
       Gremsdorf auf das Coro-
       navirus testen lässt. Eine
                                     Barmherzige Brüder
       Szene, die in den Einrich-
       tungen der Barmherzigen
       Brüder derzeit sehr häufig     Kostenz: Franz Kellner geht in den Ruhestand                                  16

       zu sehen ist. Durch das       Neuburg: 80. Geburtstag von Frater Paulus Haug                                16

       regelmäßige Testen kön-       Neuer Träger für das Kinderheim Kostenz                                       17
       nen Infektionen rechtzeitig   Dualer Studengang für Heilerziehungspflegende                                  18
       erkannt und die nötigen       Soziale Inklusion: Internationale Arbeitsgruppen der Barmherzigen Brüder      20
       Maßnahmen zum Schutz          Gremsdorf: Inklusives Wohnprojekt mit der Gemeinde Adelsdorf                  22
       von Bewohnern und
                                     Barmherzige Brüder Reichenbach bauen neue Werkstatt in Regensburg             23
       Mitarbeitenden getroffen
                                     München: Krankenhaus Barmherzige Brüder und Klinikum Dritter Orden kooperieren 24
       werden. Der Aufwand
       jedoch ist enorm. Bleibt
       zu hoffen, dass es bald       Kirche und Gesellschaft
       mehr Impfungen gibt und
       die Pandemie irgendwann       NEUES AUS DER IT-SICHERHEIT: Corona und die Cybersicherheitslage              26
       ihrem Ende zugeht.            Barmherzige Schwestern und Barmherzige Brüder in Bayern                       28

                                     RÄTSEL                                                                        30

                                     NEUE SERIE: UNSERE WERTE
                                     Hospitalität                                                                  32

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EDITOR IAL           3

Liebe Leserinnen und Leser,
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
wir haben einen stillen Jahreswechsel hinter uns und noch
schwierige Wochen oder Monate vor uns. Aber wir dürfen auf
Besserung hoffen, auch wenn wir nicht genau wissen, wann
und wie schnell diese eintreten wird.
Die Corona-Pandemie hat großen             bitte ich um kreative Mithilfe bei der
Einfluss auf unseren Alltag, beruflich wie   Vorbereitung unseres Jubiläumsjahrs
privat. Mein allerhöchster Respekt gilt    2022, in dem wir an die Ankunft der
unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbei-     Barmherzigen Brüder in Bayern vor
tern, die in dieser Krise einen langen     400 Jahren in Neuburg an der Donau
Atem beweisen und enorme Heraus-           erinnern werden.
forderungen bewältigen. Dafür mein
aufrichtiges „Vergelt’s Gott“!             In ihrer Geschichte haben sich die bay-
                                           erischen Barmherzigen Brüder auch im-
Bei der Hoffnung auf Besserung denke       mer wieder von Einrichtungen getrennt –
ich vor allem an die Impfungen gegen       das ist oft schmerzlich, aber manchmal
SARS-CoV-2, die nun auch in unse-          notwendig. So hat der Verwaltungsrat
ren Einrichtungen begonnen haben.          im vergangenen Jahr beschlossen, die
Manche zögern noch, sich für die Imp-      Trägerschaft des St. Johannes Kinder-
fung anzumelden, haben Fragen, sind        heims in Kostenz zum Jahreswechsel
unsicher. Das müssen wir ernst nehmen      2020/21 der Dechant Wiser Stiftung
und alle sachlichen Informationen zur      zu übertragen, bei der die Belange der
Verfügung stellen. Wir Brüder vertrauen    Kinder und Jugendlichen auf lange
den Argumenten vieler seriöser Wis-        Sicht gut aufgehoben sind. Nach gut 50
senschaftler, die sich für die Impfung     Jahren gemeinsamen Wegs sagen wir
einsetzen. Ich bin überzeugt: Wenn sich    „Ade – behüt‘ euch Gott“, bleiben aber
möglichst viele Mitarbeitende und Be-      in Kostenz noch miteinander verbunden.
wohner freiwillig impfen lassen, ist das
ein wichtiger Beitrag, um menschliches     Gott behüte auch Sie, liebe Leserinnen
Leid zu vermeiden.                         und Leser – und bleiben Sie hoffnungs-
                                           froh!
Aber neben Corona gibt es auch noch
andere Themen, die uns in der Bayeri-      Ihr
schen Ordensprovinz beschäftigen: Wir
werden in diesem Jahr in besonderer
Weise des seligen Eustachius Kugler
gedenken, dessen Todestag sich am          Frater Benedikt Hau
10. Juni zum 75. Mal jährt. Außerdem       Provinzial

                                                                 M ISERICOR D I A 2/21
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    „Ungeheurer Kraftakt“
    Wie die Altenhilfe, die Behindertenhilfe und das Johannes-Hospiz
    mit der Corona-Pandemie zurechtkommen

    Nach wie vor hält uns die Corona-Pandemie in Atem. Das gilt        sen. Impfungen sollen in der dritten Kalenderwoche (ab 18.
    in besonderer Weise auch für die Menschen, die in der Alten-       Januar) beginnen.
    und Behindertenhilfe der Barmherzigen Brüder in Bayern tätig
    sind oder dort leben. Wir haben am 11. Januar bei den Heim-        Besonders beschäftigt den Heimleiter die Sorge, „dass es
    leitungen der Alten-und Pflegeheime, den Geschäftsführungen         bei den aufgetretenen Infektionsfällen bleibt“. Er kritisiert die
    der Behindertenhilfe und beim Münchner Johannes-Hospiz             Behörden: „Bislang waren wir mit allen Maßnahmen, die im
    nachgefragt, wie sich die Lage für sie darstellt. Eine Moment-     Hause ergriffen wurden, deutlich schneller als die Verordnun-
    aufnahme.                                                          gen der Behörden. Medizinischer Dienst und Heimaufsicht
                                                                       haben sich in der Pandemie gänzlich unsichtbar gemacht.“
    ALTEN- UND PFLEGEHEIM ST. RAPHAEL KÖNIGSTEIN
                                                                       ALTEN- UND PFLEGEHEIM ST. AUGUSTIN NEUBURG
    Heimleiter Detlev Oberhell berichtet, am 11. Januar seien
    fünf Mitarbeitende und fünf Bewohner positiv auf Sars-CoV-2        In Neuburg gab es zum Stichtag keine positiven Personen,
    getestet, das Haus sei aber schon mehr als eine Woche ohne         berichtet Pflegedienstleiterin Nicole Schorer. Eine Mitarbeiterin
    Neuinfektion. Zwei Mitarbeitende und zwei Bewohner waren           befand sich nach einer Covid-19-Erkrankung noch in Quaran-
    ernsthaft erkrankt, ein Bewohner sei nicht wegen, aber mit         täne. In der ersten Coronawelle litt ein multimorbider Bewoh-
    Covid-19 gestorben. Mitarbeitende werden derzeit täglich vor       ner nach Rückkehr aus dem Krankenhaus an Covid-19 – nach
    Dienstantritt getestet, Bewohner einmal wöchentlich – wenn         Rückverlegung in die Klinik starb er dort wenige Tage später.
    es in einem Wohnbereich bereits Positiv-Fälle gibt, täglich. Der   Die nun mindestens zweimal wöchentlich für das Personal
    Personalaufwand sei enorm, aber die Mitarbeitenden „ziehen         vorgeschriebenen Tests hält Schorer für „sehr sinnvoll und
    gut mit“. Ab 13. Januar dürfen wieder Besucher ins Haus – ein      längst überfällig“. Sie hätte sich aber für den „ungeheuren
    Besuch pro Woche pro Bewohner. Vom 29. Dezember bis 12.            Kraftakt“ mehr Unterstützung durch Hilfsdienste oder vom
    Januar war es wegen aufgetretener Infektionsfälle geschlos-        Bund gewünscht. „Eine Refinanzierung für zusätzliches Perso-

    Königstein: Ordensschwester Liza Kuruvila Valsamma nimmt           Neuburg: Auch Prior Frater Donatus Wiedenmann lässt sich
    den Test bei ihrer Kollegin Anette Lietz ab.                       gegen das Coronavirus impfen.

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Gremsdorf: Karina Szymaniec, Florian Egermaier und Nicole Moninger (von links) erklärten sich gemeinsam mit weiteren Kollegen
bereit, an Heiligabend die Begleitung einiger Bewohner auf der Isolierstation zu übernehmen, die an Corona erkrankt waren.

nal wäre zumindest ein Ansatz gewesen.“ Bewohner werden
stichpunktartig durch ihre Bezugspflegekräfte getestet.                  Ich würde mir wünschen, dass eine
                                                                     Umkehr erfolgt, der erfüllende Pflege-
Besucher werden auch getestet, sie dürfen das Alten- und
Pflegeheim nur mit einem negativen Testergebnis betreten.             beruf wieder mehr gesellschaftlichen
Besuche können Montag bis Samstag nachmittags nach                   Respekt erfährt und auch die Würde und
telefonischer Anmeldung im Besucherbereich stattfinden. Be-           der Respekt, den ältere Menschen ver-
wohner, die das Zimmer nicht verlassen können, dürfen dort
Angehörige in Schutzkleidung empfangen. „Die Begleitung
                                                                     dient haben, nicht reduziert wird auf ‚mit‘
Sterbender ist jederzeit gestattet ... In diesem Falle dürfen        oder ‚an‘ Corona. Gemeinschaftlich und
auch mehrere Personen zu jeder Tages- und Nachtzeit zu               hoffnungsvoll Menschen zu pflegen und
ihrem Angehörigen kommen.“
                                                                     in die Gesellschaft zu integrieren, ohne
Impfung: „Am 31. Dezember wurden durch ein mobiles Impf-             die Gefahr, durch körperlichen Kontakt
Team vor Ort 22 Bewohner und acht Mitarbeiter geimpft. Am            zu erkranken oder andere anzustecken,
1. Januar wurden erneut 20 Bewohner und 5 Mitarbeiter ge-
                                                                     Zeit zu haben für ein Gespräch, für eine
impft. Am 2. Januar war die Impfung bei den Bewohnern der
gerontopsychiatrischen Fachabteilung geplant. Leider waren           Umarmung, die Möglichkeit für unsere
dann kurzfristig keine Impfkapazitäten mehr vorhanden.“              Bewohner, wieder viel Besuch und en-
                                                                     gen Kontakt mit ihren Angehörigen zu
Der Spagat zwischen dem Schutz der pflegebedürftigen
Menschen und den Einschränkungen im sozialen Leben habe              haben, ohne die Furcht vor einer ernsten
vielen Mitarbeitenden sehr zu schaffen gemacht, weiß Nicole          Erkrankung, das wären meine Wünsche
Schorer. Ebenso die Umstellung der täglichen Routinen und            für 2021. Und dass die Gesellschaft wie-
das Arbeiten in Schutzkleidung. Die Situation der Pflege ma-
che ihr große Sorge (siehe auch Zitat rechts).
                                                                     der neu zusammenfindet und sich nicht
                                                                     spaltet, sondern begreift, dass man nur
BARMHERZIGE BRÜDER ALGASING                                          zusammen stark sein kann.
Geschäftsführer Ary Witte-Kriegner berichtet von insgesamt           Nicole Schorer, Pflegedienstleitung, Alten- und
55 Mitarbeitenden und 70 Bewohnerinnen und Bewohnern,                Pflegeheim St. Augustin Neuburg a. d. Donau
die bis zum 11. Januar 2021 positiv auf Sars-CoV-2 getestet

                                                                                                           M ISERICOR D I A 2/21
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    wurden. Ein Mensch starb an Covid-19, drei mit dieser Krank-
    heit. Drei Mitarbeitende hatten einen schweren Krankheitsver-             Unsere Mitarbeitenden melden uns
    lauf. Die Bewohnerinnen und Bewohner gehen laut Witte „mit
                                                                           immer deutlicher zurück, dass dies
    großer Zuversicht, Tapferkeit und Solidarität mit uns durch die
    Krise“. In Algasing fanden Reihentestungen durch eine externe          für sie eine Chance hätte sein können
    Firma statt. Täglich gibt es die Möglichkeit zu Schnelltests           und auch noch ist, die Wertschät-
    in der Einrichtung, einmal wöchentlich bietet eine Arztpraxis          zung für diesen Beruf im Altenheim,
    PCR-Testungen im Haus an. Wegen der zahlreichen Infektio-
    nen dürfen Besuche (in festen Besuchsräumen) erst wieder ab
                                                                           im Krankenhaus, in der Behinder-
    16. Januar stattfinden; Besucher können sich in der Einrich-            tenhilfe als Anlass zu nehmen, um
    tung einem Schnelltest unterziehen. Ein Impftermin steht noch          wirklich die Themen anzugehen, die
    nicht fest.
                                                                           seit Jahren bekannt sind. Nämlich die
    BARMHERZIGE BRÜDER GREMSDORF                                           grundsätzliche Personalausstattung,
                                                                           die grundsätzliche Honorierung von
    Für die Gremsdorfer Einrichtung antwortet Beate Drückler,
                                                                           Schichtarbeit, von Wochenend- und
    Bereichsleiterin Wohnangebote und Pandemiebeauftragte. 22
    Mitarbeitende und 19 Bewohner waren am 11. Januar positiv              Feiertagsarbeit etc., die mit den jetzi-
    auf das Coronavirus getestet. Die vielen Testungen erforderten         gen Mechanismen beileibe nicht dem
    einen hohen Personaleinsatz und seien nur durch „sehr flexible
                                                                           gerecht werden, was unsere Frauen
    Mitarbeitende“ zu bewältigen, die Überstunden nicht scheuen.
    Besuche sind nur mit einem negativen Testergebnis erlaubt,             und Männer an Verzicht im privaten
    Gruppenräume dürfen nicht betreten werden. Bewohner, die               Bereich etc. hinnehmen müssen.
    bei ihren Angehörigen zu Besuch waren, werden bei Rückkehr
    in die Einrichtung getestet. Einen Impftermin gibt es noch             Hans Emmert, Geschäftsführer,
    nicht.                                                                 Barmherzige Brüder Behindertenhilfe

    BARMHERZIGE BRÜDER REICHENBACH
                                                                      Besuche in der Einrichtung sind derzeit nur nach Voranmel-
    In Reichenbach waren am 11. Januar laut Geschäftsführer Ro-       dung erlaubt: ein Besucher pro Bewohner pro Tag.
    land Böck vier Mitarbeitende positiv getestet. Seit Beginn der
    Pandemie waren es 40, von denen zwei im Frühjahr schwere          Zu den Impfungen führt der Geschäftsführer aus: „Am 2./3. Ja-
    Verläufe hatten. Bei den Bewohnern gab es aktuell elf Positiv-    nuar wurden alle Bewohner und externen Beschäftigten sowie
    Fälle, von denen derzeit zwei im Krankenhaus behandelt            impfwillige Mitarbeitende der Förderstätten und Wohnhäuser
    werden (seit Frühjahr 2020 insgesamt sechs Krankenhaus-           in Waldmünchen und Regensburg-Schwabelweis geimpft (104
    Behandlungen). Insgesamt 14 Bewohner sind nach der Infek-         Impfungen; zweiter Termin ab 22.01. geplant). Die Standor-
    tion wieder genesen, zwei sind leider verstorben. Tests: „Alle    te Reichenbach, Walderbach, Bernhardswald und Nittenau
    Teams sind in der Testabnahme geschult; es gibt zudem ein         werden in Reichenbach geimpft.“ Gestartet wurde in Reichen-
    Testzentrum in Reichenbach für Besucher und Mitarbeitende.“       bach am 13. Januar mit 240 Impfungen, am 18. Januar folgten
                                                                      knapp 50 weitere. 114 Bewohner und Externe von Werkstatt
                                                                      und Förderstätte sowie 400 Mitarbeitende stehen noch aus.

                                                                      Zum Zeitpunkt der Umfrage bereitete Roland Böck ein „dif-
                                                                      fuses Ausbruchsgeschehen“ mit mehreren Infektionsherden
                                                                      Sorgen; am 10. Januar wurden deshalb 200 PCR-Tests ab-
                                                                      genommen. Der Geschäftsführer kritisiert, dass die Finanzie-
                                                                      rung des enormen Aufwands für die PoC-Schnelltests für die
                                                                      Behindertenhilfe nicht geregelt sei. Bei der Impfbereitschaft
                                                                      der Mitarbeitenden sei noch „Luft nach oben“.

                                                                      BARMHERZIGE BRÜDER STRAUBING

                                                                      In der Straubinger Einrichtung waren am 11. Januar acht
                                                                      Mitarbeitende und 13 Bewohner positiv auf das Coronavirus
    Schnelltest auf Sars-CoV-2 in Reichenbach                         getestet. Drei Menschen mit Behinderung werden aktuell im

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Krankenhaus behandelt, teilt Geschäfts-
führer Hans Emmert mit. Bei der Ab-
nahme von Tests hilft seit 18. Dezember
die Bundeswehr, die bis 10. Januar
mehr als 4000 Abstriche vorgenommen
habe (siehe nebenstehenden Beitrag).
Bewohnerinnen und Bewohner können
täglich eine halbe Stunde Besuch erhal-
ten – Besucher müssen entweder einen
negativen Test mitbringen (nicht älter als
48 Stunden) oder sich in der Einrichtung
einem Test unterziehen. Mit Impfungen
soll ab 24. Januar begonnen werden.

Hans Emmert sorgt sich nicht nur um
die kurzfristigen, zum Beispiel finanziel-    Straubings OB Markus Pannermayr (linkes Bild links) lässt sich von Haupt-
len, Folgen der Pandemie, sondern be-        feldwebel Thomals Völtl das Vorgehen bei den Tests erklären; Sabine Letsch-
fürchtet unter anderem auch Probleme         Stockmann (rechtes Bild rechts), Bereichsleitung Wohnangebote der Barmher-
bei der Nachwuchsgewinnung für die           zigen Brüder Straubing, wird auf Sars-CoV-2 getestet.
Heilerziehungspflege, „weil wir schon
seit Monaten keine Berufswahl-/Berufs-
orientierungstage mehr haben, keine
Schnuppertage für Praktikanten etc., die
                                             Bundeswehr unterstützt
uns somit nicht kennenlernen konnten“.
Außerdem beklagt der Geschäftsführer
                                             bei Corona-Tests
die mangelnde Wertschätzung für die
Mitarbeitenden – es reiche nicht, „Men-      Seit 15. Dezember gilt für Einrichtungen für Menschen mit Behinderung: Mit-
schen mit einem befristeten Gratisessen      arbeitende müssen sich zweimal wöchentlich einem Test auf das Coronavirus
bei der Stange zu halten, ihnen eine         Sars-CoV-2 unterziehen. Bei den 650 Mitarbeitenden der Barmherzigen Brüder
Prämie zuzuerkennen und sie zu beklat-       Straubing bedeutet dies 1300 Testungen in der Woche; hinzu kommen Tests
schen, zu feiern und zu bejubeln“ (siehe     bei den Frauen und Männern, die dort leben, sowie bei Angehörigen/Besuchern
auch Zitat gegenüber auf Seite 6).           und externen Partnern wie Handwerksbetrieben oder Therapeuten.

JOHANNES-HOSPIZ MÜNCHEN                      Hilfe und Unterstützung kommt in Straubing seit 18. Dezember vom Sanitäts-
                                             lehrregiment der Bundeswehr aus Feldkirchen, in unmittelbarer Nähe zu Strau-
Im Münchner Johannes-Hospiz gab es           bing. Sieben Tage in der Woche von 6 bis 15 Uhr sind vier Soldatinnen und
laut Aussage von Hospizleiter Gregor         Soldaten vor Ort und führen die erforderlichen Tests durch, die Dokumentation
Linnemann am 11. Januar keine positiv        erfolgt durch Mitarbeitende der Einrichtung.
getesteten Patienten und Mitarbei-
tenden. Die Mitarbeitenden werden            Oberbürgermeister Markus Pannermayr besuchte am 5. Januar die Teststation
vorschriftsgemäß zweimal wöchentlich         und sagte: „Wir wüssten nicht, wen wir sonst fragen könnten. Wir sind unend-
getestet, Besucher werden erfasst und        lich dankbar.“ Stellvertretender Kommandeur Oberstleutnant Rainer Grießbaum
möglichst auch einem Schnelltest unter-      betonte, dass dem Sanitätslehrregiment viel an der Partnerschaft mit Straubing
zogen. Zutritt zu einem Patienten oder       liege. Hauptfeldwebel Thomas Völtl, der das Testzentrum einige Zeit leitete,
einer Patientin erhält immer nur eine        sagte: „Wir bekommen viel zurück, und es holt einen ein bisschen zurück auf
Person nach Voranmeldung; Besucher           den Boden. Wir machen das wirklich mit Herzblut.“ Sabine Letsch-Stockmann,
müssen auch im Zimmer FFP-2-Masken           Bereichsleitung Wohnangebote und Pandemiebeauftragte der Einrichtung,
tragen. Am 9. Januar wurde fast das ge-      freut sich über die Unterstützung: Durch die vielen Tests hätten Infektionsherde
samte Hospiz-Team geimpft. Abschlie-         schneller eingegrenzt werden können.
ßend gibt der Hospizleiter zu Protokoll:
„Alle freuen sich auf eine Normalisie-       In Zeiten der Pandemie ein Lichtblick, eine „Win-win-Situation“, in der echtes
rung, insbesondere im Hinblick auf die       Miteinander erlebbar ist.
Besuchsregelung.“
                                             Barbara Eisvogel
Johann Singhartinger

                                                                                                             M ISERICOR D I A 2/21
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8      COR ONA

    Mit Teamgeist
    durch die Quarantäne
    Heilerziehungspflege-Schülerin Stephanie Settles von den Barmherzigen Brüdern
    Reichenbach berichtet über ihre Erfahrungen in einer Wohngruppe

    Knappe vier Wochen vor Weihnachten verbrachten wir auf       sie rund um die Uhr betreut und versorgt wurde. Vor unserer
    Wohngruppe Richard in Reichenbach in häuslicher Quaran-      Wohngruppe wurde binnen eines Tages eine Schleuse auf-
    täne. Zwei Mitarbeitende und eine Bewohnerin hatten sich     gebaut, die als Umkleide für uns Mitarbeitende funktionierte.
    zunächst mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert. Zur Ein-   Wir wurden mit Arbeits- und Schutzkleidung, FFP3-Masken,
    dämmung arbeiteten wir unter strikten Hygienemaßnahmen.      Haarnetz, Handschuhen und Schutzbrillen ausgerüstet,
    Die Bewohnerin zog in die früheren Räume des Konvents, wo    außerdem über einen Hol- und Bringdienst täglich versorgt.

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Sowohl wir Mitarbeitenden als auch unsere Betreuten unterzo-      AKTIV SEIN
gen sich regelmäßigen Schnell- und PCR-Tests.
                                                                  Um der Trägheit und dem Gedankenkreisen vorzubeugen, wa-
TÄGLICHE UNGEWISSHEIT                                             ren wir stets auf der Suche nach Aktivitäten. Die Adventszeit
                                                                  war ein guter Rahmen, um besinnlich zu werden, zu basteln,
Der Alltag während dieser Zeit war belastend und herausfor-       Plätzchen zu backen und weihnachtlich zu dekorieren. Eine
dernd. Jeder Tag fühlte sich ungewiss an, wir sorgten uns         Weihnachtsplaylist sorgte zusätzlich für entspannte Stim-
zum einen um den Krankheitsverlauf der Infizierten und zum         mung. Wir spielten außerdem verschiedene Brett- und Karten-
anderen, ob es weitere Infektionen geben wird. Hinzu kam die      spiele, misteten Schränke aus oder forderten uns sportlich bei
Schutzkleidung: die FFP3-Maske, die Kopf- und Halsschmer-         Wettkämpfen an der Spielkonsole heraus. Zwischendrin war
zen mit sich brachte, oder die Brille, die Striemen im Gesicht    immer wieder Zeit für Gespräche.
hinterließ und auf die Nase drückte. Wir Mitarbeitenden waren
zwar aufgrund der eingehaltenen Maßnahmen und den Tes-            Die erste Woche verging zügig und es wurde auf die Been-
tungen nicht in häuslicher Quarantäne, dennoch schränkten         digung der Quarantäne gehofft. Wider Erwarten brach der
wir unsere Kontakte ein und verzichteten auf aufschiebbare        Virus am zehnten Tag bei zwei weiteren Bewohnern aus.
Termine. Ich gewöhnte mich unerwartet schnell an diese Situ-      Das schockte uns und setzte alles auf Anfang. Die beiden
ation. Auch meine Kolleginnen und die Betreuten. Wir sitzen       Infizierten zogen auch in den Konvent um. So machten wir
im gleichen Boot, haben die gleichen Ängste und Sorgen und        weiter. Die Tage fühlten sich zäher an, die Stimmung zeitweise
müssen einander schützen.                                         getrübt.

                                                                  LERNEN IN DER WARTESCHLEIFE

                                                                  In meiner Rolle als Schülerin des Oberkurses bot sich immer
                                                                  wieder die Möglichkeit, mein theoretisch erlerntes Wissen
                                                                  umzusetzen und in den Alltag zu integrieren. Während der
                                                                  Quarantäne konnte ich jedoch die Fachschule nicht besuchen.
                                                                  Nach zwei Wochen wurde ein Konzept entwickelt, um den
                                                                  Unterricht digital zu begleiten, da ich nicht mehr die einzige
                                                                  war, die sich in „Schul-Quarantäne“ befand.

                                                                  Im Gespräch mit Mitschülerinnen und Mitschülern ergab
                                                                  sich folgendes Bild: Die zweite Welle ist anders als die erste,
                                                                  schlimmer. Die Ausbildung steht „on hold“ (in der Warteschlei-
                                                                  fe), was die Lerninhalte betrifft. Die Arbeit wird intensiver, die
                                                                  Stunden länger, die Bedingungen schwieriger. Die eigenen
                                                                  Kapazitäten werden weniger und die Motivation pausiert.
                                                                  Es ist eine Herausforderung, Schule und Ausbildung mit der
                                                                  Arbeit in diesem Ausnahmezustand zu vereinen. Nichtsdesto-
                                                                  trotz wird die Relevanz unseres Berufs deutlich.

                                                                  Und Dankbarkeit kommt auf. Dankbarkeit für die eigene
                                                                  Gesundheit, den sicheren Arbeitsplatz und die vorherige
                                                                  unbeschwerte Zeit. Das Berufsfeld Heilerziehungspflege ist
                                                                  vielseitig, eben auch in Zeiten einer Pandemie.

                                                                  Pünktlich vor Weihnachten gingen wir gesundheitlich unbe-
                                                                  schadet aus der Quarantäne. Es steckte sich keine weitere
                                                                  Person an, und die infizierten Be-
                                                                  wohner blieben symptomfrei. Der
                                                                  Zusammenhalt und die Zusammenar-
                                                                  beit im Team waren die Basis für das
                                                                  Durchstehen der Krise, die vielleicht
Ob beim Kochen oder im Büro (gegenüberliegende Seite) –           nicht die letzte war.
das Arbeiten in Schutzkleidung ist in jeder Hinsicht „belastend
und herausfordernd“.                                              Stephanie Settles

                                                                                                                M ISERICOR D I A 2/21
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     „Die Pandemie nimmt
     vielen Menschen die gefühlte
     Kontrolle und Autonomie“
     Warum wir uns so in der Corona-Krise verhalten und welche Chancen die Krise
     birgt. Diese und andere Fragen haben wir Marlene Altenmüller, Sozialpsychologin
     an der Ludwig-Maximilians-Universität München, gestellt.

     Wie haben Sie ganz persönlich das                                                    Was erklärt den Anstieg von Wohl-
     vergangene Jahr erlebt? Wie beruf-                                                   fühltees, Brotbackrezepten, Ratge-
     lich?                                                                                berdossiers in Zeitungen, Ernäh-
                                                                                          rungstipps?
     Es war ein Ausnahmejahr! Persönlich
     habe ich das Glück, dass ich, meine                                                  Ich kenne dazu keine Daten. Generell
     Familie und Freunde bisher gut durch                                                 würde ich aber vermuten, dass das
     diese Zeit gekommen sind. Ich selbst                                                 Thema Gesundheit gerade sehr salient,
     war allerdings auch in der privilegier-                                              also im Kopf präsent ist. Menschen
     ten Position, meinen Beruf weitest-                                                  verbringen mehr Zeit damit, über ihre
     gehend normal ausführen zu können,         Sozialpsychologin Marlene Altenmüller     Gesundheit nachzudenken, verbringen
     nur eben größtenteils im Homeoffice.                                                  auch mehr Zeit zuhause und beschäfti-
     Die Digitalisierung unserer Lehr- und      fen zunehmend um ihre Existenz. Die       gen sich mehr mit sich selbst.
     Forschungstätigkeiten war stellenwei-      Dauer der coronabedingten Einschrän-
     se eine Herausforderung, ist aber gut      kungen nagt an uns und sorgt natürlich    Sind Frauen wirklich die „Verliere-
     gelungen. Spannend war das Jahr für        auch teilweise dafür, dass sich kleine,   rinnen in der Krise“, also wieder in
     mich insbesondere im Hinblick auf          aber laute Stimmen des Widerstands        ihrem Selbstverständnis um Jahr-
     meine Forschung: Mein Schwerpunkt ist      stärker mobilisieren.                     zehnte zurückgeworfen worden
     Wissenschaftskommunikation, und da                                                   durch Homeschooling, Kinderbetreu-
     wurde ich dieses Jahr quasi täglich zu     Hefe und Klopapier waren in der ers-      ung, Mittagstisch und eigener Arbeit
     neuen, interessanten Forschungsfragen      ten Phase oft ausverkauft, was sagt       in Homeoffice oder Kurzarbeit?
     inspiriert.                                das über uns aus?
                                                                                          Aktuelle Untersuchungen zu diesem
     Können Sie eine Zweiteilung der            Das hat natürlich zum einen ganz prak-    Thema deuten in der Tat einen solchen
     Gesellschaft 2020 im Verhalten fest-       tische Gründe: Mehr Zeit im Homeoffice     Trend an. Dafür gibt es verschiedene
     stellen, also: im Frühjahr stärkerer       bedeutet auch mehr Zeit auf dem heimi-    Gründe und Erklärungsansätze. Insge-
     Zusammenhalt, im Herbst und Winter         schen Klo, und die Hefe wird dringend     samt wurde schon häufig festgestellt:
     ein Mehr an Depression und Aggres-         für den neu aufgekommenen Trend des       Die Pandemie ist ein Brennglas sozialer
     sion, ein Gegeneinander?                   Brotbackens benötigt. Trotzdem ist das    Ungleichheit.
                                                Hamstern ein zutiefst soziales Phäno-
     Eine starke Zweiteilung nehme ich nicht    men: Die vielen Medienberichte über       Gehen da Familien entzwei, die
     wahr und auch die großen Umfragen          leer gekaufte Supermarktregale haben      vorher schon keinen Zusammenhalt
     dazu bilden das nicht ab. Aber natürlich   quasi einen „Herdeneffekt“ ausgelöst:     mehr hatten?
     haben die Menschen gelinde gesagt die      Wenn alle anderen Klopapier zu kaufen
     Nase voll von der Pandemie. Manche         scheinen, sollte ich vielleicht sicher-   Die Krisensituation hat einen eingespiel-
     ärgern sich, ihr Sozialleben anhaltend     heitshalber auch noch eine Packung        ten Alltag aufgerüttelt, bestehende Sys-
     einschränken zu müssen, andere kämp-       mehr einpacken?                           teme und eingespielte Hilfsstrukturen

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Gemeinsam zuhause lernen und arbeiten – für manche Familien eine echte Belastungsprobe

auf den Kopf gestellt und Ausgleichs-       Nähe bei physischer Distanz zu erleben.     den anerkannt und berücksichtigt und
möglichkeiten genommen. Das führt                                                       mein Beitrag wird wertgeschätzt, bin ich
natürlich dazu, dass man Schwierig-         Wie beurteilen Sie die politischen Ent-     auch eher bereit, für das Gemeinwohl
keiten schlechter aus dem Weg gehen         scheidungen: Lockdown, Lockerun-            zurückzustecken. Zudem nimmt die
kann und generell die Anspannung groß       gen, Teil-Lockdown, wieder schärfere        Pandemie vielen Menschen die gefühl-
ist. So treten bestehende Probleme          Maßnahmen …? Kommen Bürgerin-               te Kontrolle und Autonomie – beides
deutlicher hervor, werden von anderen       nen und Bürger da noch mit?                 wichtige Grundbedürfnisse. Daher sollte
Herausforderungen angefeuert und so-                                                    gutes Krisenmanagement deutlich auf-
ziale Beziehungen werden einer echten       Natürlich müssen Maßnahmen auf die          zeigen, welchen ganz konkreten Beitrag
Belastungsprobe unterzogen.                 aktuelle Situation passen und immer         jeder Einzelne leisten kann und Partizi-
                                            wieder kritisch überprüft werden. Des-      pations- und Gestaltungsmöglichkeiten
Man sagt andererseits auch „Krisen          halb ist es nun mal so, dass sie immer      bei der Bewältigung der Krise bieten.
setzen ungeahnte Kräfte frei …“             wieder dynamisch verändert werden
                                            müssen. Psychologisch gesehen kann          Sie haben zwar keine Kristallkugel
Es ist ein Irrglaube, dass Krisen immer     ein Hin und Her allerdings die Kom-         – das Corona-Virus haben wir nun
das Schlechteste im Menschen hervor-        plexität erhöhen und die Transparenz,       mit ins Jahr 2021 genommen, was
bringen. Ganz im Gegenteil: Sie bringen     Nachvollziehbarkeit und damit dann          können wir selbst anders/besser
uns auch zusammen, machen uns               auch die Akzeptanz von Maßnahmen            machen, was macht uns Mut und gibt
solidarischer und prosozialer, was wir in   verringern. Eine gute Kommunikation ist     uns eine Perspektive?
der Corona-Pandemie zum Beispiel an         hier wichtig.
den vielen Nachbarschaftshilfen beim                                                    Der Impfstoff bietet zumindest mal
Einkaufen und Co. erlebt haben. Zudem       Wie funktioniert eine gute Krisenkom-       einen Hoffnungsblick auf ein näherkom-
hat uns die Pandemie in vielerlei Hin-      munikation?                                 mendes Ende der Pandemie und auf
sicht gezwungen schnell, und (teilweise)                                                die Rückkehr der Normalität. So ein Ziel
unbürokratisch, neue Kompetenzen            Es muss deutlich werden, warum die          im Blick zu haben ist wichtig für unser
zu erlernen und neue Ressourcen zur         jeweiligen Maßnahmen richtig, wichtig       Durchhaltevermögen und unsere Moti-
Verfügung zu stellen, die uns bleiben       und angemessen sind. Nachvollziehbare       vation, bis dahin die Einschränkungen
werden. Ein gutes Beispiel sind die         Begründungen und klare Regeln sind          auszuhalten und Schutzmaßnahmen
Videokonferenzen, die nun weithin zum       zentral, aber gleichzeitig darf die Empa-   einzuhalten.
Alltag gehören und uns ermöglichen,         thie nicht zu kurz kommen. Denn wenn
sowohl beruflich als auch privat soziale     ich das Gefühl habe, meine Sorgen wer-      Das Interview führte Kirsten Oberhoff.

                                                                                                             M ISERICOR D I A 2/21
12      COR ONA

     Winterpause: Bis Anfang Januar hielt das Christbäumchen durch.

     Schöne Bescherung
     Versuche sich gegen Corona zu stemmen – eine Betrachtung

     Kuschelsocken handgestrickt, selbstge-    zepte, bis sie schließlich ganz schließen   fängt das Gute und die Woche stets am
     machte Marmelade, Bienenwachsker-         mussten – oft waren die Bedienungen         Sonntag an: Die Kirchen feierten erst
     zen und Glückstee … Einige Geschenke      die einzigen, die stundenlang, ausgerüs-    keine, dann Gottesdienste virtuell im
     unter so manchem Weihnachtsbaum           tet mit Mund-Nasen-Schutz, unzählige        Netz, im Freien, später mit Platzkarten
     erinnerten ein wenig an die 1980er-       „Micky Mäuse“ oder „Donald Trumps“          und viel Abstand. Statt dem Gesang der
     Jahre. Und auch übers Jahr hin war der    bewirteten. Gästelisten wurden so ad        Gemeinde gab es schöne Solostimmen
     Retro-Trend sichtbar. Schon im ersten     absurdum geführt, den Mitarbeitenden        von Sängerinnen oder Musik-Studie-
     Lockdown 2020 wurden in den sozialen      in den Gesundheitsämtern Extra-Über-        renden. Nachbarn kauften füreinander
     Netzwerken nicht nur Musiklisten aus      stunden beschert, den Krankenhäusern        ein, redeten miteinander oder joggten
     der Jugendzeit getauscht, auch viel       mehr Patienten.                             gemeinsam. Der Spaziergang wurde
     Analog-Fotografie mit „lustigen“ Ju-                                                   wiederentdeckt. Wohlig warm duftete es
     gendbildern war da zu sehen. Rezepte      SCHATTENSEITEN                              in so mancher Wohnung, wenn selbst-
     wurden ausprobiert, selbst gekocht,       UND NEUES MITEINANDER                       gebackenes Brot auf den großen Ess-
     statt nur den TV-Köchen zugeschaut.                                                   tisch kam, der zuvor (meist) den Mamas
     Die Wohnung blitzblank geputzt und        Magazine gaben Tipps zur Stärkung des       als auch den Kindern als Basislager für
     entrümpelt, Balkon oder Terrasse üppig    Immunsystems, Menschen bewiesen             Homeoffice und Homeschooling diente,
     begrünt; die Schlangen vor dem Bau-       ein Herz für Tiere, aber nicht füreinan-    während (meist) die Papas – jeder
     markt und beim Wertstoffhof wurden        der: Hunde und Katzen wurden in gro-        einzeln – in seinem großen, für raues
     länger und länger; die Kinos, Theater     ßer Zahl aus Tierheimen befreit, doch       Gelände geeigneten Allwetter-Panzer
     und Museen lagen einsam im Dunkeln.       der Anstieg an häuslicher Gewalt nahm       sich in den täglichen Straßenkampf ein-
     Oder wurden in stillem Protest nachts     zu. Die Paketboten schleppten bis in die    reihten, um Bürotürme oder Werkshallen
     rot beleuchtet. Musik von Nachbarn hei-   Abendstunden an den vielen Online-          zu füllen. Bis auch diese geschlossen
     terte im Freien auf, auch die Bewohner    Bestellungen, während die ersten „Wir       wurden. „Stille Nacht“ kam dieses Mal
     von Altenheimen. Die Clubs mutierten      schließen“-Schilder in Geschäften           eher. Aber auch erfüllter: Gottes Sohn
     zu Galerien, später zu Schnelltest-Sta-   der Innenstädte hingen. Plätze waren        kam leise in unsere Welt.
     tionen privater Anbieter. Kneipen und     sonntags voll von Demonstranten, die
     Restaurants hatten anfangs viel inves-    ihre Freiheit in Gefahr und eine Weltver-   Kirsten Oberhoff
     tiert in Abstandsregeln und Hygienekon-   schwörung am Werk sahen. Für andere

     MISERI C O R D I A 2 / 2 1
G‘S U N D BL EIB ‘ N         13

Gesund essen und den Planeten schützen
Jeder dritte Deutsche fasst laut einer      jedes Jahr an erster Stelle (kein Wunder
aktuellen Studie gute Vorsätze fürs neue    nach den Feiertagen und dem Corona-             NEUE SERIE „G’SUND BLEIB‘N“
Jahr. (siehe Grafik) „Abspecken“ oder        Lockdown), gefolgt von (mehr) Sport
                                                                                            Das Zentrum für Ernährungsme-
eine gesündere Ernährung steht wie          treiben. Erfreulicherweise rutscht das
                                                                                            dizin und Prävention (ZEP) am
                                            Thema „umweltbewusstes Handeln“
                                                                                            Krankenhaus Barmherzige Brüder
                                            schon auf Platz 4. Gesund essen, mehr
                                                                                            München gibt in diesem Jahr in
                                            Bewegung und den Planeten retten! Das
                                                                                            jeder misericordia-Ausgabe kurze
                                            gleichzeitig umzusetzen klingt für viele
                                                                                            und praktische Tipps für Ihre
                                            vielleicht nach Überforderung, ist aber
                                                                                            Gesundheit. Es wird im Wechsel
                                            gar nicht schwer. Die „Planetary Health
                                                                                            um Ernährung, Bewegung und die
                                            Diet“ (wörtlich: planetare Gesundheits-
                                                                                            psychische Gesundheit gehen.
                                            diät) gibt uns hier einen tollen Überblick.
                                            Kurz zusammengefasst gilt: Gemüsever-
                                            zehr verdoppeln, den Verzehr von rotem        zwei Portionen Fisch, pro Monat einein-
                                            Fleisch und Zucker halbieren.                 halb Eier sowie zwei Steaks. Pflanzliche
                                            Die Menge an Gemüse entspricht zum            Eiweißlieferanten gewinnen dafür an
                                            Beispiel pro Tag etwa einer halben            Bedeutung.
                                            Zucchini, einer halben Paprika und
                                            zwei Tomaten, die Menge an Obst etwa          Werden Sie kreativ und probieren Sie
                                            einem Apfel und einer Banane pro Tag,         eher ungewöhnliche Rezepte mit einer
                                            die Menge an Milchprodukten einem             bunten regionalen und saisonalen Ge-
                                            Becher Joghurt und einem halben Glas          müseauswahl aus!
                                            Milch pro Tag. Tierisches Eiweiß sollte
                                            weniger verzehrt werden: pro Woche            Monika Bischoff, Zentrum für
                                            jeweils eine Portion Hähnchenbrust,           Ernährungsmedizin und Prävention

REZEPT PAPRIKA-BULGUR (von Sabine Johanntoberens)

Zutaten für 4 Personen:
1 rote Paprikaschote
1 grüne Paprikaschote
1 größere Zwiebel
2 EL Olivenöl
2 EL Paprika-Tomaten-Mark (alternativ Tomatenmark)
300 g Bulgur
600 ml Gemüsebrühe
2 EL Butter

• Die Paprika waschen, den Stiel entfernen, halbieren, entker-
  nen und in kleine Würfel schneiden.
• Die Zwiebel schälen und ebenfalls klein würfeln.
• Das Öl mit 2 EL Wasser in einen kalten Topf geben, lang-
  sam erhitzen und, sobald das Wasser kocht, die Paprika-
  und Zwiebelwürfel darin anschwitzen.
• Das Paprika-Tomaten-Mark dazugeben und einige Minuten
  unter Rühren mit anbraten.
• Den Bulgur einrühren und mit der Gemüsebrühe ablöschen.          Paprika-Bulgur
• 5 Minuten leicht köcheln, anschließend vom Herd ziehen           Wer Interesse an dem Rezept der Kräutersoße
  und zugedeckt 15 Minuten ausquellen lassen.                      und/oder des Kohlrabi-Carpaccios mit gehobeltem
• Zum Schluss die Butter unterrühren.                              Orangenjoghurt im Hintergrund hat, schreibt eine E-Mail an
Dazu passt eine frische Kräutersauce oder ein bunter Salat.        monika.bischoff@barmherzige-munechen.de .

                                                                                                              M ISERICOR D I A 2/21
14       BER UF E IM K RA N KE N H A U S

                                                                                     In der neuen Serie
                                                                                     „Berufe im Kran-
                                                                                     kenhaus“ stellen
                                                                                     wir in diesem Jahr
                                                                                     Vertreterinnen und
                                                                                     Vertreter von Be-
                                                                                     rufsgruppen vor,
                                                                                     die nicht wie Ärzte
                                                                                     und Pflegekräfte
                                                                                     zu den klassischen
                                                                                     zentralen Akteuren
                                                                                     in den Kliniken
                                                                                     zählen, aber den-
                                                                                     noch sehr wichtig
                                                                                     für eine ganzheit-
                                                                                     liche Versorgung
                                                                                     von Patientinnen
                                                                                     und Patienten
                                                                                     sind. Für 2022 pla-
                                                                                     nen wir dann eine
                                                                                     ähnliche Serie für
                                                                                     die Behinderten-
                                                                                     und Altenhilfe.

                                                                                   Physiotherapeut
                                                                                   Wolfgang Bergauer
                                                                                   mit einer frisch
                                                                                   operierten Patientin

     Serie Berufe im Krankenhaus: Physiotherapeut

     Sicherheit geben,
     Mut zusprechen
     Laut Deutschem Verband für Physiotherapie nimmt mindestens jeder fünfte Bundesbürger im
     Laufe eines Jahres Physiotherapie in Anspruch. Die Mehrzahl der Behandlungen entfällt auf den
     ambulanten Bereich. Doch auch im Krankenhaus sind die Therapeuten gefragte Leute.

     MISERI C O R D I A 2 / 2 1
BERU FE IM K RA N K ENHAUS                15

Wolfgang Bergauer feiert dieses Jahr
sein 20-jähriges Dienstjubiläum als Phy-        Unterschiedliche Patientengruppen
siotherapeut im Krankenhaus Barmher-
zige Brüder in Regensburg. Hat er seine         Physiotherapeutinnen und -therapeuten arbeiten mit Patienten, die aus un-
Entscheidung für diesen Beruf bereut?           terschiedlichsten Gründen im Krankenhaus behandelt werden. Die Bandbrei-
„Nein, das war und ist das, was ich             te reicht von chirurgisch-orthopädischen Patienten (zum Beispiel nach Unfall
wirklich machen will“, bestätigt er und         oder Gelenkersatz) über Patienten der Stroke-Units nach Herzinfarkt und
ergänzt mit Nachdruck: „Und vor allem           Schlaganfall bis hin zu onkologischen Patienten. Menschen, die auf den In-
hier, im Krankenhaus.“ Was ist das              tensivstationen behandelt werden, bekommen ebenso physiotherapeutische
Besondere daran, als Physiotherapeut            Unterstützung wie pneumologische Patienten, die atemtherapeutisch betreut
in einem Krankenhaus zu arbeiten?               werden. Einen Behandlungsschwerpunkt bilden daneben die Patienten der
                                                geriatrischen Rehabilitation und der Alterstraumatologie.
ZUSAMMEN ARBEITEN

Zum einen ist da die große Bandbreite
der Krankheitsbilder: „Natürlich entwi-     sie aber sprichwörtlich wieder in Gang,       den jungen Wolfgang nicht das Wahre.
ckelt man im Lauf der Jahre Routine,        stehen auf, bewältigen Treppen“, erklärt      Nach mehreren beruflichen Stationen
aber die Arbeit in einem großen Akut-       Bergauer.                                     und dem Beginn eines Studiums setzte
Krankenhaus bleibt dennoch unglaub-                                                       er sich mit Anfang 30 nochmals intensiv
lich vielfältig“, erklärt Bergauer. Oft     MENSCHENFREUND SEIN                           mit seinen Vorstellungen auseinander.
arbeiten er und seine Kollegen mit frisch                                                 Über die Ausbildung zum Masseur kam
operierten Patienten. „Die Kunst für uns    Der Weg zum Traumberuf war für Wolf-          er zur Physiotherapie. Sein Fazit: „Der
besteht darin, zusammen mit dem Pati-       gang Bergauer mit Umwegen verbun-             Umgang mit Menschen liegt mir einfach
enten herauszufinden, was zum jetzigen       den. Als Sohn eines Unternehmers war          mehr als der Umgang mit trockenen
Zeitpunkt für ihn möglich ist“, fasst der   eigentlich vorgesehen, dass er in die         Zahlen! Ich bin hier bei den Barmherzi-
erfahrene Therapeut zusammen.               Fußstapfen seines Vaters tritt. Allein, die   gen Brüdern beruflich und als Mensch
                                            Betätigung im kaufmännischen Bereich          angekommen.“
Physiotherapeut im Krankenhaus zu           nach einer abgeschlossenen Ausbil-
sein bedeute vor allem „Teamplayer“         dung als Industriekaufmann war für            Franziska Schiegl
zu sein. Denn für die bestmögliche
Behandlung braucht es die Abstimmung
aller Beteiligten – vom Arzt über die
Pflegekraft bis hin zur Ergotherapeutin,
Logopädin oder Psychologin. „Das ist
                                                Hauptaufgaben von Physiotherapeuten
das, was ich an meiner Arbeit am meis-          im Krankenhaus
ten schätze: Wir wollen gemeinsam ein
Problem lösen, wir arbeiten gemeinsam           Fachgerechte Mobilisierung
auf ein Ziel hin“, betont Bergauer.             Folgeschäden, wie zum Beispiel Muskelabbau und Embolien, vermeiden.

ÜBERRASCHUNGEN ERMÖGLICHEN                      Aufklärung über die Krankheit und die Operation
                                                Was darf der Patient noch bzw. schon wieder machen und was nicht?
Genauso wichtig wie die Absprache im
Team ist die Kommunikation mit dem              Anleitung
Patienten oder der Patientin. Sicherheit        Wie bewege ich mich sicher? Wie lassen sich Stürze vermeiden? Wie kann
geben und Mut zusprechen: das gehört            ich meinen Alltag zu Hause gut bewältigen? Wichtig ist auch die Beratung
ebenso zum Handwerkszeug eines                  zur Versorgung mit Hilfsmitteln.
Physiotherapeuten wie fachgerechte
Techniken und Anleitungen.                      Kommunikation und Empathie
                                                Die zunehmend interdisziplinär ausgerichteten Behandlungsansätze erfor-
„Das Schönste ist, wenn wir den Patien-         dern ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit. Darüber hinaus müssen
ten überraschen können: Nach länge-             sich Physiotherapeuten schnell und passgenau auf die unterschiedlichen
rer Krankheit oder direkt nach einer            Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten einstellen können.
Operation trauen sich viele nur noch
wenig zu. Mit unserer Hilfe kommen

                                                                                                              M ISERICOR D I A 2/21
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                                                                                             Gruppenbild mit Maske und Abstand:
                                                                                             Franz Kellner (Mitte) mit (von links) Pro-
                                                                                             vinzial Frater Benedikt Hau, Janina Wel-
                                                                                             cker von der Barmherzige Brüder Träger
                                                                                             GmbH, Prior Frater Erhard Hillebrand,
                                                                                             Kinderheim-Leiter Martin Werner, Ta-
                                                                                             gungshaus-Leiterin Angela Graf-Knauss
                                                                                             und Christian Kuhl, Geschäftsführer der
                                                                                             Barmherzige Brüder Träger GmbH

     Franz Kellner geht in den Ruhestand
     Mit dem Jahresende 2020 ist Franz          kleinsten Kreis sagte: „Dies im Alltag auf   tem Einvernehmen gestaltet“, würdigte
     Kellner aus dem Dienst bei den Barm-       einen gemeinsamen Nenner zu bringen,         Frater Benedikt die Loyalität des schei-
     herzigen Brüdern ausgeschieden. Seit       war sicherlich nicht immer einfach und       denden Gesamtleiters zum Orden und
     2005 war er Gesamtleiter in Kostenz        bedurfte mancher ‚Spagat-Übung‘.“            seinem Auftrag. Für den „verantwor-
     und in dieser Funktion sowohl für                                                       tungsvollen Leitungsdienst“ sagte der
     das Tagungs- und Erholungshaus als         Am 1. Oktober 1991 hatte Franz Kellner       Provinzobere ein „aufrichtiges Vergelt’s
     auch für das St. Johannes Kinderheim       als Verwaltungsleiter seinen Dienst in       Gott“ und wünschte Franz Kellner alles
     zuständig. Zwei sehr unterschiedliche      Kostenz angetreten. Mit fünf Provinzia-      Gute für den neuen Lebensabschnitt.
     Einrichtungen, wie Provinzial Frater Be-   len und sechs Prioren habe Kellner die
     nedikt Hau bei der Verabschiedung im       fast 30-jährige Zusammenarbeit „in gu-       js

     80. Geburtstag von Frater Paulus Haug
     Am 8. Dezember konnte Frater Paulus        ßerei und arbeitete drei Jahre im Einkauf    ßend war er viele Jahre Prior und
     Haug in kleiner Runde im Altenheim         der Hoechst AG. 1963 trat Hans-Jürgen        Heimleiter im Alten- und Pflegeheim
     St. Augustin in Neuburg an der Do-         Haug, so sein Taufname, in den Hospi-        St. Augustin in Püttlingen (Saarland)
     nau seinen 80. Geburtstag begehen.         talorden der Barmherzigen Brüder ein         sowie Delegaturrat.
     Frater Paulus gehörte der Rheinischen      und legte 1964 seine Einfache, 1969
     Ordensprovinz (zuletzt Generaldele-        seine Feierliche Profess ab. Nach seiner     js
     gatur) an, bis sich diese 2007 mit der     Krankenpflege-Ausbildung war er fast
     Bayerischen Provinz vereinigte. Der        zwei Jahrzehnte im Brüderkrankenhaus
     gebürtige Frankfurter – oder besser        in Frankfurt am Main und im Altenheim
     Höchster – machte zunächst eine Lehre      St. Raphael in Königstein, damals im
     als Industriekaufmann in einer Eisengie-   Stadtteil Falkenstein, tätig. Anschlie-

                                       Wir gratulieren
                                       zum 80. Geburtstag am 8. Februar
                                       Frater Emerich Steigerwald, München
                                                                                             Frater Paulus beim Anschneiden der
                                                                                             Geburtstagstorte

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Neuer Träger für
das Kinderheim Kostenz
Das St. Johannes Kinderheim Kostenz
war mehr als 50 Jahre in der Trägerver-
antwortung der Barmherzigen Brü-
der. Im Juli 1969 war es noch als „St.
Vinzenz Kinderheim“ mit 106 Kindern
und 13 Dillinger Franziskanerinnen von
Wallersdorf nach Kostenz umgezogen,
wo es dann den Namen St. Johannes
erhielt.

DECHANT WISER STIFTUNG
ÜBERNIMMT

Nach eingehender Analyse, Beratung
und Abwägung hatte der Verwaltungsrat
der Barmherzigen Brüder entschieden,
die Einrichtung in eine neue Träger-
schaft zu überführen. Zum 1. Januar
2021 wurde dieser Trägerwechsel für
das St. Johannes Kinderheim Kostenz
und die beiden Außenwohngruppen in          Winterspaß beim Kinderheim Kostenz
Straubing vollzogen. Neuer Träger ist
die Dechant Wiser Stiftung, die an meh-     Christian Kuhl, Geschäftsführer der        Die Barmherzigen Brüder und die De-
reren Standorten in Niederbayern und        Barmherzige Brüder gemeinnützige Trä-      chant Wiser Stiftung arbeiten seit vielen
der Oberpfalz flexible und differenzierte    ger GmbH, ergänzt: „Die Barmherzigen       Jahren auf diversen Themenfeldern
Formen der Hilfe zur Erziehung im am-       Brüder betreiben einen großen Verbund      vertrauensvoll zusammen. Diese Zu-
bulanten, teilstationären und stationären   an Krankenhäusern und medizinischen        sammenarbeit wird nun weiter ergänzt,
Bereich anbietet.                           Versorgungszentren sowie einen Ver-        denn vorerst bleiben das Kinderheim
                                            bund mit Einrichtungen für Menschen        und die beiden Außenwohngruppen in
Frater Benedikt Hau, Provinzial der Bay-    mit Behinderung. In diesen Bereichen       Straubing in ihren bisherigen Räumlich-
erischen Ordensprovinz der Barmherzi-       haben wir unsere Kernkompetenzen. Im       keiten. Außerdem werden in Kostenz
gen Brüder, erläutert: „Unser wesentli-     Bereich der Kinderheime sind andere        Dienstleistungen in den Bereichen Tech-
ches Ziel war es, mit diesem Schritt eine   Fähigkeiten und auch eine andere Grö-      nik und Speisenversorgung von den
sichere und familiäre Umgebung für die      ße gefordert, um im Interesse der Kinder   Barmherzigen Brüdern für die Dechant
uns anvertrauten Kinder und Jugendli-       und Jugendlichen die zunehmenden           Wiser Stiftung erbracht.
chen zu schaffen und den Mitarbeite-        Herausforderungen zu bewältigen.“
rinnen und Mitarbeitern eine gesicherte                                                Aktuell betreuen 28 Mitarbeitende des
berufliche Perspektive zu geben. Die         Das Konzept des Thomas Wiser Hauses        St. Johannes Kinderheims zwei heilpäd-
Dechant Wiser Stiftung überzeugte uns       habe überzeugt, sowohl in Bezug auf        agogische Wohngruppen mit 18 Plätzen
mit einem hochqualitativen und innova-      die pädagogische Versorgung der            in Kostenz und zwei heilpädagogische
tiven Konzept für den Weiterbetrieb des     Kinder und Jugendlichen als auch im        Außenwohngruppen für Jugendliche
St. Johannes Kinderheimes.“                 Hinblick auf die Mitarbeitenden des Kin-   und junge Erwachsene mit 19 Plätzen in
                                            derheimes und deren Zusatzversorgung,      Straubing.
Für ihr „jahrzehntelanges fürsorgliches     wöchentliche Arbeitszeit, Leistungsent-
Wirken“ dankt Frater Benedikt auch den      gelt, Jahressonderzahlung, Erholungs-      Janina Welcker, Barmherzige Brüder
Dillinger Franziskanerinnen.                urlaub und Altersversorgung.               gemeinnützige Träger GmbH

                                                                                                            M ISERICOR D I A 2/21
18      BARM HE RZ IGE B R Ü DE R

     Damit Menschen
     das „Leben in Fülle“ haben
     Dualer Studiengang für Heilerziehungspflegende geplant

     Viele klassische Ausbildungsberufe an (Berufs-) Fachschu-        braucht mehr Kräfte, um dem gerecht werden zu können. Un-
     len kann man inzwischen auch studieren: Erzieher werden          sere Überzeugung ist, dass wir mit der Akademisierung einen
     Kindheitspädagogen, Physio- und Ergotherapeuten studieren        Schritt in die richtige Richtung gehen.
     parallel zur Ausbildung, Pflegefachfrauen und –männer können
     Pflege studieren und Hebammen müssen neuerdings für ein           WARUM BRAUCHEN WIR STUDIERTE HEPS?
     Studium an die Hochschule.
                                                                      Durch die Einführung des BTHG wurde die Finanzierung und
     Die Akademisierung in diesen Berufen hat die Landesarbeits-      das Erbringen von Leistungen für Menschen mit Beeinträchti-
     gemeinschaft der Fachschulen für Heilerziehungspflege in          gung unter völlig neue Vorzeichen gestellt. Durch das Wunsch-
     Bayern (LAG HEP) veranlasst, auch für Heilerziehungspflegen-      und Wahlrecht für die Klienten in allen Bereichen der Assistenz
     de die Fühler in Richtung duales Studium auszustrecken. Die      wird das Management von Teilhabe und der entsprechenden
     Einführung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) setzt neue          Leistungen zu einer wichtigen Kompetenz. Viele der Leistungs-
     Maßstäbe in der Gestaltung von Lebenswelten von Menschen         berechtigten werden aber bei dieser Aufgabe Unterstützung
     mit Beeinträchtigungen. Alle beteiligten Akteure trifft die      benötigen, sodass für die Heilerziehungspflegenden vertiefte
     Herausforderung zu Veränderung, Dynamik und Flexibilität. Es     Kompetenzen in Management-, Beratungs- und Vernetzungs-

     Prof. Dr. Christian Rester (links) und Marco Schleicher bei einem Treffen zur Planung des dualen Studienangebots „Management
     von Inklusion und Teilhabe“, die derzeit nur per Videokonferenz stattfinden.

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aufgaben nötig sind. Die Leistungserbringer/Träger brauchen       WER KANN STUDIEREN?
ihrerseits Mitarbeitende (gerade auf der mittleren Führungs-
ebene), die über entsprechende Kompetenz verfügen. Außer-         Das Studienangebot richtet sich an junge Menschen mit
dem eröffnen sich neue Tätigkeitsfelder für Heilerziehungspfle-    (Fach-) Abitur, die eine berufliche Laufbahn in der Heilerzie-
gende mit einer akademischen Qualifikation, zum Beispiel in        hungspflege einschlagen wollen. Aber auch Menschen mit
der Teilhabeberatung, bei Initiativen der Selbsthilfe oder auch   bereits abgeschlossener Ausbildung und Berufserfahrung im
in der Selbständigkeit.                                           Bereich der Heilerziehungspflege möchten wir ansprechen.
                                                                  Ziel ist die Verknüpfung der Ausbildung an der Fachschule mit
WELCHE ERWARTUNGEN HABEN WIR                                      dem Studium an der Hochschule, um sowohl den Abschluss
AN DEN STUDIENGANG?                                               als staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger als auch den
                                                                  akademischen Abschluss „Bachelor Management von Inklusi-
Wir sind überzeugt, dass studierte HEPs die Teilhabemöglich-      on und Teilhabe“ zu erlangen. Verfügen Studienbewerber über
keiten von Menschen mit Beeinträchtigungen weiter verbes-         eine abgeschlossene Ausbildung und drei Jahre Berufserfah-
sern können. Der Transfer von wissenschaftlichem Wissen           rung, dann ist kein (Fach-) Abitur zur Aufnahme ins Studium
aus Forschung und Entwicklung kann beschleunigt und noch          notwendig. Das Studium kann dann verkürzt in fünf Semestern
transparenter gemacht werden. Den Herausforderungen der           absolviert werden. Beide Abschlüsse zusammen sind in neun
Praxis kann noch zielgenauer mit Methoden des wissenschaft-       Semestern zu erreichen.
lichen Arbeitens begegnet werden. Durch Digitalisierung kann
Wissen leichter zirkulieren. Im Studium werden Qualitätssiche-    WIE GREIFEN AUSBILDUNG UND STUDIUM INEINANDER?
rung, strategisches und operatives Controlling, Personalma-
nagement sowie Marketing als Handwerkszeug vermittelt, die        Während der HEP-Ausbildung machen die Studierenden
Absolventen können damit das Management in den Einrich-           jeweils ein Studienmodul pro Semester, was etwa 20 Tagen an
tungen entlasten und die Leistungstransparenz erhöhen.            der Hochschule pro Schuljahr entspricht. Nach der Abschluss-
                                                                  prüfung in der Heilerziehungspflege geht es für weitere drei
WAS HABEN DIE KLIENTINNEN UND KLIENTEN DAVON?                     Semester in den zweiten Studienabschnitt an der Hochschule.
                                                                  Während der neun Semester arbeiten die Studierenden und
Die Absolventen werden Klienten passgenau dabei unterstüt-        können so das Studium finanzieren: in der Ausbildung mit
zen, ein noch selbstbestimmteres und letztlich gelingendes        zehn bis zwölf Wochenstunden in einer bezahlten Praxisstelle,
Leben zu führen. Die studierten Heilerziehungspflegenden           ab dem 7. Semester halbtags als dann fertige HEP-Fachkräfte.
werden vertieft begreifen können, worin die besonderen            Wie sich diese drei Lernorte (Fachschule, Hochschule und
Herausforderungen ihrer Rolle liegen und wie sie die Praxis       Praxisstelle) gut in einem Stundenplan vereinbaren lassen,
konstruktiv hinterfragen können. Junge Menschen werden            wird für die Planungsgruppe eine der großen Aufgaben in der
diese Arbeit attraktiver finden. Insgesamt geht es also darum,     nächsten Zeit.
den besonderen Stellenwert der Arbeit mit beeinträchtigten
Menschen für die Gesellschaft zu erneuern. Vor einem christ-      WELCHE TRÄGER MACHEN MIT?
lichen Hintergrund könnte man auch sagen: Die akademisch
ausgebildeten HEPs helfen mit, dass Menschen „das Leben in        Bis wir mit dem Studiengang starten können, ist es eine
Fülle“ haben.                                                     wichtige Aufgabe der AG HEP DUAL, die bayerischen Trä-
                                                                  ger der Eingliederungshilfe ins Boot zu holen. Denn es geht
WER FÜHRT DEN STUDIENGANG DURCH                                   auch darum, für die Absolventen eine berufliche Perspektive
UND WANN STARTET ER?                                              anzubahnen. Wir haben unsere Planungen bereits bei der Cari-
                                                                  tas, der Diakonie und den privaten Trägern auf Landesebene
Mit der Technischen Hochschule Deggendorf – Fakultät              vorgestellt. Bald folgt mit der Lebenshilfe der vierte große Trä-
angewandte Gesundheitswissenschaften – wurde eine junge           gerverband. Außerdem sind wir mit der Arbeitsgemeinschaft
und schnell wachsende Hochschule gefunden, deren Verant-          aller Träger von Einrichtungen und Diensten aus Niederbayern
wortliche eine motivierte und dynamische Zusammenarbeit auf       im Gespräch. Das Maß der Nähe zur realen Versorgungspraxis
Augenhöhe anboten. Die nach ersten Gesprächen gegründete          wird auch über den Erfolg des Studiengangs entscheiden.
AG HEP DUAL, der unter Federführung von Prof. Christian
Rester und Marco Schleicher Vertreter der Fachschulen aus         Marco Schleicher, Johannes-Grande-Schule Straubing
Passau und Pfarrkirchen sowie der Deggendorfer Fakultät           Prof. Dr. Christian Rester, Technische Hochschule Deggendorf
angehören, arbeitet nun seit drei Jahren an der Entwicklung ei-
nes dualen Studienangebots, das im Wintersemester 2022/23
starten soll.

                                                                                                               M ISERICOR D I A 2/21
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