Misericordia - TESTEN UND IMPFEN Die Corona-Pandemie stellt Behinderten- und Altenhilfe vor große Herausforderungen - Paul Gerhardt Haus
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misericordia Februar 2021 TESTEN UND IMPFEN Die Corona-Pandemie stellt Behinderten- und Altenhilfe vor große Herausforderungen Dualer Studiengang Berufe im Krankenhaus: Trägerwechsel beim Heilerziehungspflege Physiotherapie Kinderheim Kostenz
2 INHA LT Inhalt Corona Wie Altenhilfe, Behindertenhilfe und Hospiz mit der Pandemie zurechtkommen 4 Eine Heilerziehungspflege-Schülerin über die Quarantäne in einer Wohngruppe 8 Sozialpsychologin Marlene Altenmüller über unser Verhalten in der Krise 10 Versuche sich gegen Corona zu stemmen – eine Betrachtung 12 Gesundheit und Lebensfreude NEUE SERIE: G‘SUND BLEIB‘N Gesund essen und den Planeten schützen 13 Unser Titelbild zeigt Michael Derbacher, der Pflegen und Assistieren sich von seiner Kollegin Michaela Weber bei den NEUE SERIE: BERUFE IM KRANKENHAUS Barmherzigen Brüdern Physiotherapeut 14 Gremsdorf auf das Coro- navirus testen lässt. Eine Barmherzige Brüder Szene, die in den Einrich- tungen der Barmherzigen Brüder derzeit sehr häufig Kostenz: Franz Kellner geht in den Ruhestand 16 zu sehen ist. Durch das Neuburg: 80. Geburtstag von Frater Paulus Haug 16 regelmäßige Testen kön- Neuer Träger für das Kinderheim Kostenz 17 nen Infektionen rechtzeitig Dualer Studengang für Heilerziehungspflegende 18 erkannt und die nötigen Soziale Inklusion: Internationale Arbeitsgruppen der Barmherzigen Brüder 20 Maßnahmen zum Schutz Gremsdorf: Inklusives Wohnprojekt mit der Gemeinde Adelsdorf 22 von Bewohnern und Barmherzige Brüder Reichenbach bauen neue Werkstatt in Regensburg 23 Mitarbeitenden getroffen München: Krankenhaus Barmherzige Brüder und Klinikum Dritter Orden kooperieren 24 werden. Der Aufwand jedoch ist enorm. Bleibt zu hoffen, dass es bald Kirche und Gesellschaft mehr Impfungen gibt und die Pandemie irgendwann NEUES AUS DER IT-SICHERHEIT: Corona und die Cybersicherheitslage 26 ihrem Ende zugeht. Barmherzige Schwestern und Barmherzige Brüder in Bayern 28 RÄTSEL 30 NEUE SERIE: UNSERE WERTE Hospitalität 32 MISERI C O R D I A 2 / 2 1
EDITOR IAL 3 Liebe Leserinnen und Leser, Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wir haben einen stillen Jahreswechsel hinter uns und noch schwierige Wochen oder Monate vor uns. Aber wir dürfen auf Besserung hoffen, auch wenn wir nicht genau wissen, wann und wie schnell diese eintreten wird. Die Corona-Pandemie hat großen bitte ich um kreative Mithilfe bei der Einfluss auf unseren Alltag, beruflich wie Vorbereitung unseres Jubiläumsjahrs privat. Mein allerhöchster Respekt gilt 2022, in dem wir an die Ankunft der unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Barmherzigen Brüder in Bayern vor tern, die in dieser Krise einen langen 400 Jahren in Neuburg an der Donau Atem beweisen und enorme Heraus- erinnern werden. forderungen bewältigen. Dafür mein aufrichtiges „Vergelt’s Gott“! In ihrer Geschichte haben sich die bay- erischen Barmherzigen Brüder auch im- Bei der Hoffnung auf Besserung denke mer wieder von Einrichtungen getrennt – ich vor allem an die Impfungen gegen das ist oft schmerzlich, aber manchmal SARS-CoV-2, die nun auch in unse- notwendig. So hat der Verwaltungsrat ren Einrichtungen begonnen haben. im vergangenen Jahr beschlossen, die Manche zögern noch, sich für die Imp- Trägerschaft des St. Johannes Kinder- fung anzumelden, haben Fragen, sind heims in Kostenz zum Jahreswechsel unsicher. Das müssen wir ernst nehmen 2020/21 der Dechant Wiser Stiftung und alle sachlichen Informationen zur zu übertragen, bei der die Belange der Verfügung stellen. Wir Brüder vertrauen Kinder und Jugendlichen auf lange den Argumenten vieler seriöser Wis- Sicht gut aufgehoben sind. Nach gut 50 senschaftler, die sich für die Impfung Jahren gemeinsamen Wegs sagen wir einsetzen. Ich bin überzeugt: Wenn sich „Ade – behüt‘ euch Gott“, bleiben aber möglichst viele Mitarbeitende und Be- in Kostenz noch miteinander verbunden. wohner freiwillig impfen lassen, ist das ein wichtiger Beitrag, um menschliches Gott behüte auch Sie, liebe Leserinnen Leid zu vermeiden. und Leser – und bleiben Sie hoffnungs- froh! Aber neben Corona gibt es auch noch andere Themen, die uns in der Bayeri- Ihr schen Ordensprovinz beschäftigen: Wir werden in diesem Jahr in besonderer Weise des seligen Eustachius Kugler gedenken, dessen Todestag sich am Frater Benedikt Hau 10. Juni zum 75. Mal jährt. Außerdem Provinzial M ISERICOR D I A 2/21
4 COR ONA „Ungeheurer Kraftakt“ Wie die Altenhilfe, die Behindertenhilfe und das Johannes-Hospiz mit der Corona-Pandemie zurechtkommen Nach wie vor hält uns die Corona-Pandemie in Atem. Das gilt sen. Impfungen sollen in der dritten Kalenderwoche (ab 18. in besonderer Weise auch für die Menschen, die in der Alten- Januar) beginnen. und Behindertenhilfe der Barmherzigen Brüder in Bayern tätig sind oder dort leben. Wir haben am 11. Januar bei den Heim- Besonders beschäftigt den Heimleiter die Sorge, „dass es leitungen der Alten-und Pflegeheime, den Geschäftsführungen bei den aufgetretenen Infektionsfällen bleibt“. Er kritisiert die der Behindertenhilfe und beim Münchner Johannes-Hospiz Behörden: „Bislang waren wir mit allen Maßnahmen, die im nachgefragt, wie sich die Lage für sie darstellt. Eine Moment- Hause ergriffen wurden, deutlich schneller als die Verordnun- aufnahme. gen der Behörden. Medizinischer Dienst und Heimaufsicht haben sich in der Pandemie gänzlich unsichtbar gemacht.“ ALTEN- UND PFLEGEHEIM ST. RAPHAEL KÖNIGSTEIN ALTEN- UND PFLEGEHEIM ST. AUGUSTIN NEUBURG Heimleiter Detlev Oberhell berichtet, am 11. Januar seien fünf Mitarbeitende und fünf Bewohner positiv auf Sars-CoV-2 In Neuburg gab es zum Stichtag keine positiven Personen, getestet, das Haus sei aber schon mehr als eine Woche ohne berichtet Pflegedienstleiterin Nicole Schorer. Eine Mitarbeiterin Neuinfektion. Zwei Mitarbeitende und zwei Bewohner waren befand sich nach einer Covid-19-Erkrankung noch in Quaran- ernsthaft erkrankt, ein Bewohner sei nicht wegen, aber mit täne. In der ersten Coronawelle litt ein multimorbider Bewoh- Covid-19 gestorben. Mitarbeitende werden derzeit täglich vor ner nach Rückkehr aus dem Krankenhaus an Covid-19 – nach Dienstantritt getestet, Bewohner einmal wöchentlich – wenn Rückverlegung in die Klinik starb er dort wenige Tage später. es in einem Wohnbereich bereits Positiv-Fälle gibt, täglich. Der Die nun mindestens zweimal wöchentlich für das Personal Personalaufwand sei enorm, aber die Mitarbeitenden „ziehen vorgeschriebenen Tests hält Schorer für „sehr sinnvoll und gut mit“. Ab 13. Januar dürfen wieder Besucher ins Haus – ein längst überfällig“. Sie hätte sich aber für den „ungeheuren Besuch pro Woche pro Bewohner. Vom 29. Dezember bis 12. Kraftakt“ mehr Unterstützung durch Hilfsdienste oder vom Januar war es wegen aufgetretener Infektionsfälle geschlos- Bund gewünscht. „Eine Refinanzierung für zusätzliches Perso- Königstein: Ordensschwester Liza Kuruvila Valsamma nimmt Neuburg: Auch Prior Frater Donatus Wiedenmann lässt sich den Test bei ihrer Kollegin Anette Lietz ab. gegen das Coronavirus impfen. MISERI C O R D I A 2 / 2 1
C OR ONA 5 Gremsdorf: Karina Szymaniec, Florian Egermaier und Nicole Moninger (von links) erklärten sich gemeinsam mit weiteren Kollegen bereit, an Heiligabend die Begleitung einiger Bewohner auf der Isolierstation zu übernehmen, die an Corona erkrankt waren. nal wäre zumindest ein Ansatz gewesen.“ Bewohner werden stichpunktartig durch ihre Bezugspflegekräfte getestet. Ich würde mir wünschen, dass eine Umkehr erfolgt, der erfüllende Pflege- Besucher werden auch getestet, sie dürfen das Alten- und Pflegeheim nur mit einem negativen Testergebnis betreten. beruf wieder mehr gesellschaftlichen Besuche können Montag bis Samstag nachmittags nach Respekt erfährt und auch die Würde und telefonischer Anmeldung im Besucherbereich stattfinden. Be- der Respekt, den ältere Menschen ver- wohner, die das Zimmer nicht verlassen können, dürfen dort Angehörige in Schutzkleidung empfangen. „Die Begleitung dient haben, nicht reduziert wird auf ‚mit‘ Sterbender ist jederzeit gestattet ... In diesem Falle dürfen oder ‚an‘ Corona. Gemeinschaftlich und auch mehrere Personen zu jeder Tages- und Nachtzeit zu hoffnungsvoll Menschen zu pflegen und ihrem Angehörigen kommen.“ in die Gesellschaft zu integrieren, ohne Impfung: „Am 31. Dezember wurden durch ein mobiles Impf- die Gefahr, durch körperlichen Kontakt Team vor Ort 22 Bewohner und acht Mitarbeiter geimpft. Am zu erkranken oder andere anzustecken, 1. Januar wurden erneut 20 Bewohner und 5 Mitarbeiter ge- Zeit zu haben für ein Gespräch, für eine impft. Am 2. Januar war die Impfung bei den Bewohnern der gerontopsychiatrischen Fachabteilung geplant. Leider waren Umarmung, die Möglichkeit für unsere dann kurzfristig keine Impfkapazitäten mehr vorhanden.“ Bewohner, wieder viel Besuch und en- gen Kontakt mit ihren Angehörigen zu Der Spagat zwischen dem Schutz der pflegebedürftigen Menschen und den Einschränkungen im sozialen Leben habe haben, ohne die Furcht vor einer ernsten vielen Mitarbeitenden sehr zu schaffen gemacht, weiß Nicole Erkrankung, das wären meine Wünsche Schorer. Ebenso die Umstellung der täglichen Routinen und für 2021. Und dass die Gesellschaft wie- das Arbeiten in Schutzkleidung. Die Situation der Pflege ma- che ihr große Sorge (siehe auch Zitat rechts). der neu zusammenfindet und sich nicht spaltet, sondern begreift, dass man nur BARMHERZIGE BRÜDER ALGASING zusammen stark sein kann. Geschäftsführer Ary Witte-Kriegner berichtet von insgesamt Nicole Schorer, Pflegedienstleitung, Alten- und 55 Mitarbeitenden und 70 Bewohnerinnen und Bewohnern, Pflegeheim St. Augustin Neuburg a. d. Donau die bis zum 11. Januar 2021 positiv auf Sars-CoV-2 getestet M ISERICOR D I A 2/21
6 COR ONA wurden. Ein Mensch starb an Covid-19, drei mit dieser Krank- heit. Drei Mitarbeitende hatten einen schweren Krankheitsver- Unsere Mitarbeitenden melden uns lauf. Die Bewohnerinnen und Bewohner gehen laut Witte „mit immer deutlicher zurück, dass dies großer Zuversicht, Tapferkeit und Solidarität mit uns durch die Krise“. In Algasing fanden Reihentestungen durch eine externe für sie eine Chance hätte sein können Firma statt. Täglich gibt es die Möglichkeit zu Schnelltests und auch noch ist, die Wertschät- in der Einrichtung, einmal wöchentlich bietet eine Arztpraxis zung für diesen Beruf im Altenheim, PCR-Testungen im Haus an. Wegen der zahlreichen Infektio- nen dürfen Besuche (in festen Besuchsräumen) erst wieder ab im Krankenhaus, in der Behinder- 16. Januar stattfinden; Besucher können sich in der Einrich- tenhilfe als Anlass zu nehmen, um tung einem Schnelltest unterziehen. Ein Impftermin steht noch wirklich die Themen anzugehen, die nicht fest. seit Jahren bekannt sind. Nämlich die BARMHERZIGE BRÜDER GREMSDORF grundsätzliche Personalausstattung, die grundsätzliche Honorierung von Für die Gremsdorfer Einrichtung antwortet Beate Drückler, Schichtarbeit, von Wochenend- und Bereichsleiterin Wohnangebote und Pandemiebeauftragte. 22 Mitarbeitende und 19 Bewohner waren am 11. Januar positiv Feiertagsarbeit etc., die mit den jetzi- auf das Coronavirus getestet. Die vielen Testungen erforderten gen Mechanismen beileibe nicht dem einen hohen Personaleinsatz und seien nur durch „sehr flexible gerecht werden, was unsere Frauen Mitarbeitende“ zu bewältigen, die Überstunden nicht scheuen. Besuche sind nur mit einem negativen Testergebnis erlaubt, und Männer an Verzicht im privaten Gruppenräume dürfen nicht betreten werden. Bewohner, die Bereich etc. hinnehmen müssen. bei ihren Angehörigen zu Besuch waren, werden bei Rückkehr in die Einrichtung getestet. Einen Impftermin gibt es noch Hans Emmert, Geschäftsführer, nicht. Barmherzige Brüder Behindertenhilfe BARMHERZIGE BRÜDER REICHENBACH Besuche in der Einrichtung sind derzeit nur nach Voranmel- In Reichenbach waren am 11. Januar laut Geschäftsführer Ro- dung erlaubt: ein Besucher pro Bewohner pro Tag. land Böck vier Mitarbeitende positiv getestet. Seit Beginn der Pandemie waren es 40, von denen zwei im Frühjahr schwere Zu den Impfungen führt der Geschäftsführer aus: „Am 2./3. Ja- Verläufe hatten. Bei den Bewohnern gab es aktuell elf Positiv- nuar wurden alle Bewohner und externen Beschäftigten sowie Fälle, von denen derzeit zwei im Krankenhaus behandelt impfwillige Mitarbeitende der Förderstätten und Wohnhäuser werden (seit Frühjahr 2020 insgesamt sechs Krankenhaus- in Waldmünchen und Regensburg-Schwabelweis geimpft (104 Behandlungen). Insgesamt 14 Bewohner sind nach der Infek- Impfungen; zweiter Termin ab 22.01. geplant). Die Standor- tion wieder genesen, zwei sind leider verstorben. Tests: „Alle te Reichenbach, Walderbach, Bernhardswald und Nittenau Teams sind in der Testabnahme geschult; es gibt zudem ein werden in Reichenbach geimpft.“ Gestartet wurde in Reichen- Testzentrum in Reichenbach für Besucher und Mitarbeitende.“ bach am 13. Januar mit 240 Impfungen, am 18. Januar folgten knapp 50 weitere. 114 Bewohner und Externe von Werkstatt und Förderstätte sowie 400 Mitarbeitende stehen noch aus. Zum Zeitpunkt der Umfrage bereitete Roland Böck ein „dif- fuses Ausbruchsgeschehen“ mit mehreren Infektionsherden Sorgen; am 10. Januar wurden deshalb 200 PCR-Tests ab- genommen. Der Geschäftsführer kritisiert, dass die Finanzie- rung des enormen Aufwands für die PoC-Schnelltests für die Behindertenhilfe nicht geregelt sei. Bei der Impfbereitschaft der Mitarbeitenden sei noch „Luft nach oben“. BARMHERZIGE BRÜDER STRAUBING In der Straubinger Einrichtung waren am 11. Januar acht Mitarbeitende und 13 Bewohner positiv auf das Coronavirus Schnelltest auf Sars-CoV-2 in Reichenbach getestet. Drei Menschen mit Behinderung werden aktuell im MISERI C O R D I A 2 / 2 1
C OR ONA 7 Krankenhaus behandelt, teilt Geschäfts- führer Hans Emmert mit. Bei der Ab- nahme von Tests hilft seit 18. Dezember die Bundeswehr, die bis 10. Januar mehr als 4000 Abstriche vorgenommen habe (siehe nebenstehenden Beitrag). Bewohnerinnen und Bewohner können täglich eine halbe Stunde Besuch erhal- ten – Besucher müssen entweder einen negativen Test mitbringen (nicht älter als 48 Stunden) oder sich in der Einrichtung einem Test unterziehen. Mit Impfungen soll ab 24. Januar begonnen werden. Hans Emmert sorgt sich nicht nur um die kurzfristigen, zum Beispiel finanziel- Straubings OB Markus Pannermayr (linkes Bild links) lässt sich von Haupt- len, Folgen der Pandemie, sondern be- feldwebel Thomals Völtl das Vorgehen bei den Tests erklären; Sabine Letsch- fürchtet unter anderem auch Probleme Stockmann (rechtes Bild rechts), Bereichsleitung Wohnangebote der Barmher- bei der Nachwuchsgewinnung für die zigen Brüder Straubing, wird auf Sars-CoV-2 getestet. Heilerziehungspflege, „weil wir schon seit Monaten keine Berufswahl-/Berufs- orientierungstage mehr haben, keine Schnuppertage für Praktikanten etc., die Bundeswehr unterstützt uns somit nicht kennenlernen konnten“. Außerdem beklagt der Geschäftsführer bei Corona-Tests die mangelnde Wertschätzung für die Mitarbeitenden – es reiche nicht, „Men- Seit 15. Dezember gilt für Einrichtungen für Menschen mit Behinderung: Mit- schen mit einem befristeten Gratisessen arbeitende müssen sich zweimal wöchentlich einem Test auf das Coronavirus bei der Stange zu halten, ihnen eine Sars-CoV-2 unterziehen. Bei den 650 Mitarbeitenden der Barmherzigen Brüder Prämie zuzuerkennen und sie zu beklat- Straubing bedeutet dies 1300 Testungen in der Woche; hinzu kommen Tests schen, zu feiern und zu bejubeln“ (siehe bei den Frauen und Männern, die dort leben, sowie bei Angehörigen/Besuchern auch Zitat gegenüber auf Seite 6). und externen Partnern wie Handwerksbetrieben oder Therapeuten. JOHANNES-HOSPIZ MÜNCHEN Hilfe und Unterstützung kommt in Straubing seit 18. Dezember vom Sanitäts- lehrregiment der Bundeswehr aus Feldkirchen, in unmittelbarer Nähe zu Strau- Im Münchner Johannes-Hospiz gab es bing. Sieben Tage in der Woche von 6 bis 15 Uhr sind vier Soldatinnen und laut Aussage von Hospizleiter Gregor Soldaten vor Ort und führen die erforderlichen Tests durch, die Dokumentation Linnemann am 11. Januar keine positiv erfolgt durch Mitarbeitende der Einrichtung. getesteten Patienten und Mitarbei- tenden. Die Mitarbeitenden werden Oberbürgermeister Markus Pannermayr besuchte am 5. Januar die Teststation vorschriftsgemäß zweimal wöchentlich und sagte: „Wir wüssten nicht, wen wir sonst fragen könnten. Wir sind unend- getestet, Besucher werden erfasst und lich dankbar.“ Stellvertretender Kommandeur Oberstleutnant Rainer Grießbaum möglichst auch einem Schnelltest unter- betonte, dass dem Sanitätslehrregiment viel an der Partnerschaft mit Straubing zogen. Zutritt zu einem Patienten oder liege. Hauptfeldwebel Thomas Völtl, der das Testzentrum einige Zeit leitete, einer Patientin erhält immer nur eine sagte: „Wir bekommen viel zurück, und es holt einen ein bisschen zurück auf Person nach Voranmeldung; Besucher den Boden. Wir machen das wirklich mit Herzblut.“ Sabine Letsch-Stockmann, müssen auch im Zimmer FFP-2-Masken Bereichsleitung Wohnangebote und Pandemiebeauftragte der Einrichtung, tragen. Am 9. Januar wurde fast das ge- freut sich über die Unterstützung: Durch die vielen Tests hätten Infektionsherde samte Hospiz-Team geimpft. Abschlie- schneller eingegrenzt werden können. ßend gibt der Hospizleiter zu Protokoll: „Alle freuen sich auf eine Normalisie- In Zeiten der Pandemie ein Lichtblick, eine „Win-win-Situation“, in der echtes rung, insbesondere im Hinblick auf die Miteinander erlebbar ist. Besuchsregelung.“ Barbara Eisvogel Johann Singhartinger M ISERICOR D I A 2/21
8 COR ONA Mit Teamgeist durch die Quarantäne Heilerziehungspflege-Schülerin Stephanie Settles von den Barmherzigen Brüdern Reichenbach berichtet über ihre Erfahrungen in einer Wohngruppe Knappe vier Wochen vor Weihnachten verbrachten wir auf sie rund um die Uhr betreut und versorgt wurde. Vor unserer Wohngruppe Richard in Reichenbach in häuslicher Quaran- Wohngruppe wurde binnen eines Tages eine Schleuse auf- täne. Zwei Mitarbeitende und eine Bewohnerin hatten sich gebaut, die als Umkleide für uns Mitarbeitende funktionierte. zunächst mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert. Zur Ein- Wir wurden mit Arbeits- und Schutzkleidung, FFP3-Masken, dämmung arbeiteten wir unter strikten Hygienemaßnahmen. Haarnetz, Handschuhen und Schutzbrillen ausgerüstet, Die Bewohnerin zog in die früheren Räume des Konvents, wo außerdem über einen Hol- und Bringdienst täglich versorgt. MISERI C O R D I A 2 / 2 1
C OR ONA 9 Sowohl wir Mitarbeitenden als auch unsere Betreuten unterzo- AKTIV SEIN gen sich regelmäßigen Schnell- und PCR-Tests. Um der Trägheit und dem Gedankenkreisen vorzubeugen, wa- TÄGLICHE UNGEWISSHEIT ren wir stets auf der Suche nach Aktivitäten. Die Adventszeit war ein guter Rahmen, um besinnlich zu werden, zu basteln, Der Alltag während dieser Zeit war belastend und herausfor- Plätzchen zu backen und weihnachtlich zu dekorieren. Eine dernd. Jeder Tag fühlte sich ungewiss an, wir sorgten uns Weihnachtsplaylist sorgte zusätzlich für entspannte Stim- zum einen um den Krankheitsverlauf der Infizierten und zum mung. Wir spielten außerdem verschiedene Brett- und Karten- anderen, ob es weitere Infektionen geben wird. Hinzu kam die spiele, misteten Schränke aus oder forderten uns sportlich bei Schutzkleidung: die FFP3-Maske, die Kopf- und Halsschmer- Wettkämpfen an der Spielkonsole heraus. Zwischendrin war zen mit sich brachte, oder die Brille, die Striemen im Gesicht immer wieder Zeit für Gespräche. hinterließ und auf die Nase drückte. Wir Mitarbeitenden waren zwar aufgrund der eingehaltenen Maßnahmen und den Tes- Die erste Woche verging zügig und es wurde auf die Been- tungen nicht in häuslicher Quarantäne, dennoch schränkten digung der Quarantäne gehofft. Wider Erwarten brach der wir unsere Kontakte ein und verzichteten auf aufschiebbare Virus am zehnten Tag bei zwei weiteren Bewohnern aus. Termine. Ich gewöhnte mich unerwartet schnell an diese Situ- Das schockte uns und setzte alles auf Anfang. Die beiden ation. Auch meine Kolleginnen und die Betreuten. Wir sitzen Infizierten zogen auch in den Konvent um. So machten wir im gleichen Boot, haben die gleichen Ängste und Sorgen und weiter. Die Tage fühlten sich zäher an, die Stimmung zeitweise müssen einander schützen. getrübt. LERNEN IN DER WARTESCHLEIFE In meiner Rolle als Schülerin des Oberkurses bot sich immer wieder die Möglichkeit, mein theoretisch erlerntes Wissen umzusetzen und in den Alltag zu integrieren. Während der Quarantäne konnte ich jedoch die Fachschule nicht besuchen. Nach zwei Wochen wurde ein Konzept entwickelt, um den Unterricht digital zu begleiten, da ich nicht mehr die einzige war, die sich in „Schul-Quarantäne“ befand. Im Gespräch mit Mitschülerinnen und Mitschülern ergab sich folgendes Bild: Die zweite Welle ist anders als die erste, schlimmer. Die Ausbildung steht „on hold“ (in der Warteschlei- fe), was die Lerninhalte betrifft. Die Arbeit wird intensiver, die Stunden länger, die Bedingungen schwieriger. Die eigenen Kapazitäten werden weniger und die Motivation pausiert. Es ist eine Herausforderung, Schule und Ausbildung mit der Arbeit in diesem Ausnahmezustand zu vereinen. Nichtsdesto- trotz wird die Relevanz unseres Berufs deutlich. Und Dankbarkeit kommt auf. Dankbarkeit für die eigene Gesundheit, den sicheren Arbeitsplatz und die vorherige unbeschwerte Zeit. Das Berufsfeld Heilerziehungspflege ist vielseitig, eben auch in Zeiten einer Pandemie. Pünktlich vor Weihnachten gingen wir gesundheitlich unbe- schadet aus der Quarantäne. Es steckte sich keine weitere Person an, und die infizierten Be- wohner blieben symptomfrei. Der Zusammenhalt und die Zusammenar- beit im Team waren die Basis für das Durchstehen der Krise, die vielleicht Ob beim Kochen oder im Büro (gegenüberliegende Seite) – nicht die letzte war. das Arbeiten in Schutzkleidung ist in jeder Hinsicht „belastend und herausfordernd“. Stephanie Settles M ISERICOR D I A 2/21
10 COR ONA „Die Pandemie nimmt vielen Menschen die gefühlte Kontrolle und Autonomie“ Warum wir uns so in der Corona-Krise verhalten und welche Chancen die Krise birgt. Diese und andere Fragen haben wir Marlene Altenmüller, Sozialpsychologin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, gestellt. Wie haben Sie ganz persönlich das Was erklärt den Anstieg von Wohl- vergangene Jahr erlebt? Wie beruf- fühltees, Brotbackrezepten, Ratge- lich? berdossiers in Zeitungen, Ernäh- rungstipps? Es war ein Ausnahmejahr! Persönlich habe ich das Glück, dass ich, meine Ich kenne dazu keine Daten. Generell Familie und Freunde bisher gut durch würde ich aber vermuten, dass das diese Zeit gekommen sind. Ich selbst Thema Gesundheit gerade sehr salient, war allerdings auch in der privilegier- also im Kopf präsent ist. Menschen ten Position, meinen Beruf weitest- verbringen mehr Zeit damit, über ihre gehend normal ausführen zu können, Sozialpsychologin Marlene Altenmüller Gesundheit nachzudenken, verbringen nur eben größtenteils im Homeoffice. auch mehr Zeit zuhause und beschäfti- Die Digitalisierung unserer Lehr- und fen zunehmend um ihre Existenz. Die gen sich mehr mit sich selbst. Forschungstätigkeiten war stellenwei- Dauer der coronabedingten Einschrän- se eine Herausforderung, ist aber gut kungen nagt an uns und sorgt natürlich Sind Frauen wirklich die „Verliere- gelungen. Spannend war das Jahr für auch teilweise dafür, dass sich kleine, rinnen in der Krise“, also wieder in mich insbesondere im Hinblick auf aber laute Stimmen des Widerstands ihrem Selbstverständnis um Jahr- meine Forschung: Mein Schwerpunkt ist stärker mobilisieren. zehnte zurückgeworfen worden Wissenschaftskommunikation, und da durch Homeschooling, Kinderbetreu- wurde ich dieses Jahr quasi täglich zu Hefe und Klopapier waren in der ers- ung, Mittagstisch und eigener Arbeit neuen, interessanten Forschungsfragen ten Phase oft ausverkauft, was sagt in Homeoffice oder Kurzarbeit? inspiriert. das über uns aus? Aktuelle Untersuchungen zu diesem Können Sie eine Zweiteilung der Das hat natürlich zum einen ganz prak- Thema deuten in der Tat einen solchen Gesellschaft 2020 im Verhalten fest- tische Gründe: Mehr Zeit im Homeoffice Trend an. Dafür gibt es verschiedene stellen, also: im Frühjahr stärkerer bedeutet auch mehr Zeit auf dem heimi- Gründe und Erklärungsansätze. Insge- Zusammenhalt, im Herbst und Winter schen Klo, und die Hefe wird dringend samt wurde schon häufig festgestellt: ein Mehr an Depression und Aggres- für den neu aufgekommenen Trend des Die Pandemie ist ein Brennglas sozialer sion, ein Gegeneinander? Brotbackens benötigt. Trotzdem ist das Ungleichheit. Hamstern ein zutiefst soziales Phäno- Eine starke Zweiteilung nehme ich nicht men: Die vielen Medienberichte über Gehen da Familien entzwei, die wahr und auch die großen Umfragen leer gekaufte Supermarktregale haben vorher schon keinen Zusammenhalt dazu bilden das nicht ab. Aber natürlich quasi einen „Herdeneffekt“ ausgelöst: mehr hatten? haben die Menschen gelinde gesagt die Wenn alle anderen Klopapier zu kaufen Nase voll von der Pandemie. Manche scheinen, sollte ich vielleicht sicher- Die Krisensituation hat einen eingespiel- ärgern sich, ihr Sozialleben anhaltend heitshalber auch noch eine Packung ten Alltag aufgerüttelt, bestehende Sys- einschränken zu müssen, andere kämp- mehr einpacken? teme und eingespielte Hilfsstrukturen MISERI C O R D I A 2 / 2 1
C OR ONA 11 Gemeinsam zuhause lernen und arbeiten – für manche Familien eine echte Belastungsprobe auf den Kopf gestellt und Ausgleichs- Nähe bei physischer Distanz zu erleben. den anerkannt und berücksichtigt und möglichkeiten genommen. Das führt mein Beitrag wird wertgeschätzt, bin ich natürlich dazu, dass man Schwierig- Wie beurteilen Sie die politischen Ent- auch eher bereit, für das Gemeinwohl keiten schlechter aus dem Weg gehen scheidungen: Lockdown, Lockerun- zurückzustecken. Zudem nimmt die kann und generell die Anspannung groß gen, Teil-Lockdown, wieder schärfere Pandemie vielen Menschen die gefühl- ist. So treten bestehende Probleme Maßnahmen …? Kommen Bürgerin- te Kontrolle und Autonomie – beides deutlicher hervor, werden von anderen nen und Bürger da noch mit? wichtige Grundbedürfnisse. Daher sollte Herausforderungen angefeuert und so- gutes Krisenmanagement deutlich auf- ziale Beziehungen werden einer echten Natürlich müssen Maßnahmen auf die zeigen, welchen ganz konkreten Beitrag Belastungsprobe unterzogen. aktuelle Situation passen und immer jeder Einzelne leisten kann und Partizi- wieder kritisch überprüft werden. Des- pations- und Gestaltungsmöglichkeiten Man sagt andererseits auch „Krisen halb ist es nun mal so, dass sie immer bei der Bewältigung der Krise bieten. setzen ungeahnte Kräfte frei …“ wieder dynamisch verändert werden müssen. Psychologisch gesehen kann Sie haben zwar keine Kristallkugel Es ist ein Irrglaube, dass Krisen immer ein Hin und Her allerdings die Kom- – das Corona-Virus haben wir nun das Schlechteste im Menschen hervor- plexität erhöhen und die Transparenz, mit ins Jahr 2021 genommen, was bringen. Ganz im Gegenteil: Sie bringen Nachvollziehbarkeit und damit dann können wir selbst anders/besser uns auch zusammen, machen uns auch die Akzeptanz von Maßnahmen machen, was macht uns Mut und gibt solidarischer und prosozialer, was wir in verringern. Eine gute Kommunikation ist uns eine Perspektive? der Corona-Pandemie zum Beispiel an hier wichtig. den vielen Nachbarschaftshilfen beim Der Impfstoff bietet zumindest mal Einkaufen und Co. erlebt haben. Zudem Wie funktioniert eine gute Krisenkom- einen Hoffnungsblick auf ein näherkom- hat uns die Pandemie in vielerlei Hin- munikation? mendes Ende der Pandemie und auf sicht gezwungen schnell, und (teilweise) die Rückkehr der Normalität. So ein Ziel unbürokratisch, neue Kompetenzen Es muss deutlich werden, warum die im Blick zu haben ist wichtig für unser zu erlernen und neue Ressourcen zur jeweiligen Maßnahmen richtig, wichtig Durchhaltevermögen und unsere Moti- Verfügung zu stellen, die uns bleiben und angemessen sind. Nachvollziehbare vation, bis dahin die Einschränkungen werden. Ein gutes Beispiel sind die Begründungen und klare Regeln sind auszuhalten und Schutzmaßnahmen Videokonferenzen, die nun weithin zum zentral, aber gleichzeitig darf die Empa- einzuhalten. Alltag gehören und uns ermöglichen, thie nicht zu kurz kommen. Denn wenn sowohl beruflich als auch privat soziale ich das Gefühl habe, meine Sorgen wer- Das Interview führte Kirsten Oberhoff. M ISERICOR D I A 2/21
12 COR ONA Winterpause: Bis Anfang Januar hielt das Christbäumchen durch. Schöne Bescherung Versuche sich gegen Corona zu stemmen – eine Betrachtung Kuschelsocken handgestrickt, selbstge- zepte, bis sie schließlich ganz schließen fängt das Gute und die Woche stets am machte Marmelade, Bienenwachsker- mussten – oft waren die Bedienungen Sonntag an: Die Kirchen feierten erst zen und Glückstee … Einige Geschenke die einzigen, die stundenlang, ausgerüs- keine, dann Gottesdienste virtuell im unter so manchem Weihnachtsbaum tet mit Mund-Nasen-Schutz, unzählige Netz, im Freien, später mit Platzkarten erinnerten ein wenig an die 1980er- „Micky Mäuse“ oder „Donald Trumps“ und viel Abstand. Statt dem Gesang der Jahre. Und auch übers Jahr hin war der bewirteten. Gästelisten wurden so ad Gemeinde gab es schöne Solostimmen Retro-Trend sichtbar. Schon im ersten absurdum geführt, den Mitarbeitenden von Sängerinnen oder Musik-Studie- Lockdown 2020 wurden in den sozialen in den Gesundheitsämtern Extra-Über- renden. Nachbarn kauften füreinander Netzwerken nicht nur Musiklisten aus stunden beschert, den Krankenhäusern ein, redeten miteinander oder joggten der Jugendzeit getauscht, auch viel mehr Patienten. gemeinsam. Der Spaziergang wurde Analog-Fotografie mit „lustigen“ Ju- wiederentdeckt. Wohlig warm duftete es gendbildern war da zu sehen. Rezepte SCHATTENSEITEN in so mancher Wohnung, wenn selbst- wurden ausprobiert, selbst gekocht, UND NEUES MITEINANDER gebackenes Brot auf den großen Ess- statt nur den TV-Köchen zugeschaut. tisch kam, der zuvor (meist) den Mamas Die Wohnung blitzblank geputzt und Magazine gaben Tipps zur Stärkung des als auch den Kindern als Basislager für entrümpelt, Balkon oder Terrasse üppig Immunsystems, Menschen bewiesen Homeoffice und Homeschooling diente, begrünt; die Schlangen vor dem Bau- ein Herz für Tiere, aber nicht füreinan- während (meist) die Papas – jeder markt und beim Wertstoffhof wurden der: Hunde und Katzen wurden in gro- einzeln – in seinem großen, für raues länger und länger; die Kinos, Theater ßer Zahl aus Tierheimen befreit, doch Gelände geeigneten Allwetter-Panzer und Museen lagen einsam im Dunkeln. der Anstieg an häuslicher Gewalt nahm sich in den täglichen Straßenkampf ein- Oder wurden in stillem Protest nachts zu. Die Paketboten schleppten bis in die reihten, um Bürotürme oder Werkshallen rot beleuchtet. Musik von Nachbarn hei- Abendstunden an den vielen Online- zu füllen. Bis auch diese geschlossen terte im Freien auf, auch die Bewohner Bestellungen, während die ersten „Wir wurden. „Stille Nacht“ kam dieses Mal von Altenheimen. Die Clubs mutierten schließen“-Schilder in Geschäften eher. Aber auch erfüllter: Gottes Sohn zu Galerien, später zu Schnelltest-Sta- der Innenstädte hingen. Plätze waren kam leise in unsere Welt. tionen privater Anbieter. Kneipen und sonntags voll von Demonstranten, die Restaurants hatten anfangs viel inves- ihre Freiheit in Gefahr und eine Weltver- Kirsten Oberhoff tiert in Abstandsregeln und Hygienekon- schwörung am Werk sahen. Für andere MISERI C O R D I A 2 / 2 1
G‘S U N D BL EIB ‘ N 13 Gesund essen und den Planeten schützen Jeder dritte Deutsche fasst laut einer jedes Jahr an erster Stelle (kein Wunder aktuellen Studie gute Vorsätze fürs neue nach den Feiertagen und dem Corona- NEUE SERIE „G’SUND BLEIB‘N“ Jahr. (siehe Grafik) „Abspecken“ oder Lockdown), gefolgt von (mehr) Sport Das Zentrum für Ernährungsme- eine gesündere Ernährung steht wie treiben. Erfreulicherweise rutscht das dizin und Prävention (ZEP) am Thema „umweltbewusstes Handeln“ Krankenhaus Barmherzige Brüder schon auf Platz 4. Gesund essen, mehr München gibt in diesem Jahr in Bewegung und den Planeten retten! Das jeder misericordia-Ausgabe kurze gleichzeitig umzusetzen klingt für viele und praktische Tipps für Ihre vielleicht nach Überforderung, ist aber Gesundheit. Es wird im Wechsel gar nicht schwer. Die „Planetary Health um Ernährung, Bewegung und die Diet“ (wörtlich: planetare Gesundheits- psychische Gesundheit gehen. diät) gibt uns hier einen tollen Überblick. Kurz zusammengefasst gilt: Gemüsever- zehr verdoppeln, den Verzehr von rotem zwei Portionen Fisch, pro Monat einein- Fleisch und Zucker halbieren. halb Eier sowie zwei Steaks. Pflanzliche Die Menge an Gemüse entspricht zum Eiweißlieferanten gewinnen dafür an Beispiel pro Tag etwa einer halben Bedeutung. Zucchini, einer halben Paprika und zwei Tomaten, die Menge an Obst etwa Werden Sie kreativ und probieren Sie einem Apfel und einer Banane pro Tag, eher ungewöhnliche Rezepte mit einer die Menge an Milchprodukten einem bunten regionalen und saisonalen Ge- Becher Joghurt und einem halben Glas müseauswahl aus! Milch pro Tag. Tierisches Eiweiß sollte weniger verzehrt werden: pro Woche Monika Bischoff, Zentrum für jeweils eine Portion Hähnchenbrust, Ernährungsmedizin und Prävention REZEPT PAPRIKA-BULGUR (von Sabine Johanntoberens) Zutaten für 4 Personen: 1 rote Paprikaschote 1 grüne Paprikaschote 1 größere Zwiebel 2 EL Olivenöl 2 EL Paprika-Tomaten-Mark (alternativ Tomatenmark) 300 g Bulgur 600 ml Gemüsebrühe 2 EL Butter • Die Paprika waschen, den Stiel entfernen, halbieren, entker- nen und in kleine Würfel schneiden. • Die Zwiebel schälen und ebenfalls klein würfeln. • Das Öl mit 2 EL Wasser in einen kalten Topf geben, lang- sam erhitzen und, sobald das Wasser kocht, die Paprika- und Zwiebelwürfel darin anschwitzen. • Das Paprika-Tomaten-Mark dazugeben und einige Minuten unter Rühren mit anbraten. • Den Bulgur einrühren und mit der Gemüsebrühe ablöschen. Paprika-Bulgur • 5 Minuten leicht köcheln, anschließend vom Herd ziehen Wer Interesse an dem Rezept der Kräutersoße und zugedeckt 15 Minuten ausquellen lassen. und/oder des Kohlrabi-Carpaccios mit gehobeltem • Zum Schluss die Butter unterrühren. Orangenjoghurt im Hintergrund hat, schreibt eine E-Mail an Dazu passt eine frische Kräutersauce oder ein bunter Salat. monika.bischoff@barmherzige-munechen.de . M ISERICOR D I A 2/21
14 BER UF E IM K RA N KE N H A U S In der neuen Serie „Berufe im Kran- kenhaus“ stellen wir in diesem Jahr Vertreterinnen und Vertreter von Be- rufsgruppen vor, die nicht wie Ärzte und Pflegekräfte zu den klassischen zentralen Akteuren in den Kliniken zählen, aber den- noch sehr wichtig für eine ganzheit- liche Versorgung von Patientinnen und Patienten sind. Für 2022 pla- nen wir dann eine ähnliche Serie für die Behinderten- und Altenhilfe. Physiotherapeut Wolfgang Bergauer mit einer frisch operierten Patientin Serie Berufe im Krankenhaus: Physiotherapeut Sicherheit geben, Mut zusprechen Laut Deutschem Verband für Physiotherapie nimmt mindestens jeder fünfte Bundesbürger im Laufe eines Jahres Physiotherapie in Anspruch. Die Mehrzahl der Behandlungen entfällt auf den ambulanten Bereich. Doch auch im Krankenhaus sind die Therapeuten gefragte Leute. MISERI C O R D I A 2 / 2 1
BERU FE IM K RA N K ENHAUS 15 Wolfgang Bergauer feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Dienstjubiläum als Phy- Unterschiedliche Patientengruppen siotherapeut im Krankenhaus Barmher- zige Brüder in Regensburg. Hat er seine Physiotherapeutinnen und -therapeuten arbeiten mit Patienten, die aus un- Entscheidung für diesen Beruf bereut? terschiedlichsten Gründen im Krankenhaus behandelt werden. Die Bandbrei- „Nein, das war und ist das, was ich te reicht von chirurgisch-orthopädischen Patienten (zum Beispiel nach Unfall wirklich machen will“, bestätigt er und oder Gelenkersatz) über Patienten der Stroke-Units nach Herzinfarkt und ergänzt mit Nachdruck: „Und vor allem Schlaganfall bis hin zu onkologischen Patienten. Menschen, die auf den In- hier, im Krankenhaus.“ Was ist das tensivstationen behandelt werden, bekommen ebenso physiotherapeutische Besondere daran, als Physiotherapeut Unterstützung wie pneumologische Patienten, die atemtherapeutisch betreut in einem Krankenhaus zu arbeiten? werden. Einen Behandlungsschwerpunkt bilden daneben die Patienten der geriatrischen Rehabilitation und der Alterstraumatologie. ZUSAMMEN ARBEITEN Zum einen ist da die große Bandbreite der Krankheitsbilder: „Natürlich entwi- sie aber sprichwörtlich wieder in Gang, den jungen Wolfgang nicht das Wahre. ckelt man im Lauf der Jahre Routine, stehen auf, bewältigen Treppen“, erklärt Nach mehreren beruflichen Stationen aber die Arbeit in einem großen Akut- Bergauer. und dem Beginn eines Studiums setzte Krankenhaus bleibt dennoch unglaub- er sich mit Anfang 30 nochmals intensiv lich vielfältig“, erklärt Bergauer. Oft MENSCHENFREUND SEIN mit seinen Vorstellungen auseinander. arbeiten er und seine Kollegen mit frisch Über die Ausbildung zum Masseur kam operierten Patienten. „Die Kunst für uns Der Weg zum Traumberuf war für Wolf- er zur Physiotherapie. Sein Fazit: „Der besteht darin, zusammen mit dem Pati- gang Bergauer mit Umwegen verbun- Umgang mit Menschen liegt mir einfach enten herauszufinden, was zum jetzigen den. Als Sohn eines Unternehmers war mehr als der Umgang mit trockenen Zeitpunkt für ihn möglich ist“, fasst der eigentlich vorgesehen, dass er in die Zahlen! Ich bin hier bei den Barmherzi- erfahrene Therapeut zusammen. Fußstapfen seines Vaters tritt. Allein, die gen Brüdern beruflich und als Mensch Betätigung im kaufmännischen Bereich angekommen.“ Physiotherapeut im Krankenhaus zu nach einer abgeschlossenen Ausbil- sein bedeute vor allem „Teamplayer“ dung als Industriekaufmann war für Franziska Schiegl zu sein. Denn für die bestmögliche Behandlung braucht es die Abstimmung aller Beteiligten – vom Arzt über die Pflegekraft bis hin zur Ergotherapeutin, Logopädin oder Psychologin. „Das ist Hauptaufgaben von Physiotherapeuten das, was ich an meiner Arbeit am meis- im Krankenhaus ten schätze: Wir wollen gemeinsam ein Problem lösen, wir arbeiten gemeinsam Fachgerechte Mobilisierung auf ein Ziel hin“, betont Bergauer. Folgeschäden, wie zum Beispiel Muskelabbau und Embolien, vermeiden. ÜBERRASCHUNGEN ERMÖGLICHEN Aufklärung über die Krankheit und die Operation Was darf der Patient noch bzw. schon wieder machen und was nicht? Genauso wichtig wie die Absprache im Team ist die Kommunikation mit dem Anleitung Patienten oder der Patientin. Sicherheit Wie bewege ich mich sicher? Wie lassen sich Stürze vermeiden? Wie kann geben und Mut zusprechen: das gehört ich meinen Alltag zu Hause gut bewältigen? Wichtig ist auch die Beratung ebenso zum Handwerkszeug eines zur Versorgung mit Hilfsmitteln. Physiotherapeuten wie fachgerechte Techniken und Anleitungen. Kommunikation und Empathie Die zunehmend interdisziplinär ausgerichteten Behandlungsansätze erfor- „Das Schönste ist, wenn wir den Patien- dern ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit. Darüber hinaus müssen ten überraschen können: Nach länge- sich Physiotherapeuten schnell und passgenau auf die unterschiedlichen rer Krankheit oder direkt nach einer Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten einstellen können. Operation trauen sich viele nur noch wenig zu. Mit unserer Hilfe kommen M ISERICOR D I A 2/21
16 Gruppenbild mit Maske und Abstand: Franz Kellner (Mitte) mit (von links) Pro- vinzial Frater Benedikt Hau, Janina Wel- cker von der Barmherzige Brüder Träger GmbH, Prior Frater Erhard Hillebrand, Kinderheim-Leiter Martin Werner, Ta- gungshaus-Leiterin Angela Graf-Knauss und Christian Kuhl, Geschäftsführer der Barmherzige Brüder Träger GmbH Franz Kellner geht in den Ruhestand Mit dem Jahresende 2020 ist Franz kleinsten Kreis sagte: „Dies im Alltag auf tem Einvernehmen gestaltet“, würdigte Kellner aus dem Dienst bei den Barm- einen gemeinsamen Nenner zu bringen, Frater Benedikt die Loyalität des schei- herzigen Brüdern ausgeschieden. Seit war sicherlich nicht immer einfach und denden Gesamtleiters zum Orden und 2005 war er Gesamtleiter in Kostenz bedurfte mancher ‚Spagat-Übung‘.“ seinem Auftrag. Für den „verantwor- und in dieser Funktion sowohl für tungsvollen Leitungsdienst“ sagte der das Tagungs- und Erholungshaus als Am 1. Oktober 1991 hatte Franz Kellner Provinzobere ein „aufrichtiges Vergelt’s auch für das St. Johannes Kinderheim als Verwaltungsleiter seinen Dienst in Gott“ und wünschte Franz Kellner alles zuständig. Zwei sehr unterschiedliche Kostenz angetreten. Mit fünf Provinzia- Gute für den neuen Lebensabschnitt. Einrichtungen, wie Provinzial Frater Be- len und sechs Prioren habe Kellner die nedikt Hau bei der Verabschiedung im fast 30-jährige Zusammenarbeit „in gu- js 80. Geburtstag von Frater Paulus Haug Am 8. Dezember konnte Frater Paulus ßerei und arbeitete drei Jahre im Einkauf ßend war er viele Jahre Prior und Haug in kleiner Runde im Altenheim der Hoechst AG. 1963 trat Hans-Jürgen Heimleiter im Alten- und Pflegeheim St. Augustin in Neuburg an der Do- Haug, so sein Taufname, in den Hospi- St. Augustin in Püttlingen (Saarland) nau seinen 80. Geburtstag begehen. talorden der Barmherzigen Brüder ein sowie Delegaturrat. Frater Paulus gehörte der Rheinischen und legte 1964 seine Einfache, 1969 Ordensprovinz (zuletzt Generaldele- seine Feierliche Profess ab. Nach seiner js gatur) an, bis sich diese 2007 mit der Krankenpflege-Ausbildung war er fast Bayerischen Provinz vereinigte. Der zwei Jahrzehnte im Brüderkrankenhaus gebürtige Frankfurter – oder besser in Frankfurt am Main und im Altenheim Höchster – machte zunächst eine Lehre St. Raphael in Königstein, damals im als Industriekaufmann in einer Eisengie- Stadtteil Falkenstein, tätig. Anschlie- Wir gratulieren zum 80. Geburtstag am 8. Februar Frater Emerich Steigerwald, München Frater Paulus beim Anschneiden der Geburtstagstorte MISERI C O R D I A 2 / 2 1
BA RMH ERZIGE B R ÜDER 17 Neuer Träger für das Kinderheim Kostenz Das St. Johannes Kinderheim Kostenz war mehr als 50 Jahre in der Trägerver- antwortung der Barmherzigen Brü- der. Im Juli 1969 war es noch als „St. Vinzenz Kinderheim“ mit 106 Kindern und 13 Dillinger Franziskanerinnen von Wallersdorf nach Kostenz umgezogen, wo es dann den Namen St. Johannes erhielt. DECHANT WISER STIFTUNG ÜBERNIMMT Nach eingehender Analyse, Beratung und Abwägung hatte der Verwaltungsrat der Barmherzigen Brüder entschieden, die Einrichtung in eine neue Träger- schaft zu überführen. Zum 1. Januar 2021 wurde dieser Trägerwechsel für das St. Johannes Kinderheim Kostenz und die beiden Außenwohngruppen in Winterspaß beim Kinderheim Kostenz Straubing vollzogen. Neuer Träger ist die Dechant Wiser Stiftung, die an meh- Christian Kuhl, Geschäftsführer der Die Barmherzigen Brüder und die De- reren Standorten in Niederbayern und Barmherzige Brüder gemeinnützige Trä- chant Wiser Stiftung arbeiten seit vielen der Oberpfalz flexible und differenzierte ger GmbH, ergänzt: „Die Barmherzigen Jahren auf diversen Themenfeldern Formen der Hilfe zur Erziehung im am- Brüder betreiben einen großen Verbund vertrauensvoll zusammen. Diese Zu- bulanten, teilstationären und stationären an Krankenhäusern und medizinischen sammenarbeit wird nun weiter ergänzt, Bereich anbietet. Versorgungszentren sowie einen Ver- denn vorerst bleiben das Kinderheim bund mit Einrichtungen für Menschen und die beiden Außenwohngruppen in Frater Benedikt Hau, Provinzial der Bay- mit Behinderung. In diesen Bereichen Straubing in ihren bisherigen Räumlich- erischen Ordensprovinz der Barmherzi- haben wir unsere Kernkompetenzen. Im keiten. Außerdem werden in Kostenz gen Brüder, erläutert: „Unser wesentli- Bereich der Kinderheime sind andere Dienstleistungen in den Bereichen Tech- ches Ziel war es, mit diesem Schritt eine Fähigkeiten und auch eine andere Grö- nik und Speisenversorgung von den sichere und familiäre Umgebung für die ße gefordert, um im Interesse der Kinder Barmherzigen Brüdern für die Dechant uns anvertrauten Kinder und Jugendli- und Jugendlichen die zunehmenden Wiser Stiftung erbracht. chen zu schaffen und den Mitarbeite- Herausforderungen zu bewältigen.“ rinnen und Mitarbeitern eine gesicherte Aktuell betreuen 28 Mitarbeitende des berufliche Perspektive zu geben. Die Das Konzept des Thomas Wiser Hauses St. Johannes Kinderheims zwei heilpäd- Dechant Wiser Stiftung überzeugte uns habe überzeugt, sowohl in Bezug auf agogische Wohngruppen mit 18 Plätzen mit einem hochqualitativen und innova- die pädagogische Versorgung der in Kostenz und zwei heilpädagogische tiven Konzept für den Weiterbetrieb des Kinder und Jugendlichen als auch im Außenwohngruppen für Jugendliche St. Johannes Kinderheimes.“ Hinblick auf die Mitarbeitenden des Kin- und junge Erwachsene mit 19 Plätzen in derheimes und deren Zusatzversorgung, Straubing. Für ihr „jahrzehntelanges fürsorgliches wöchentliche Arbeitszeit, Leistungsent- Wirken“ dankt Frater Benedikt auch den gelt, Jahressonderzahlung, Erholungs- Janina Welcker, Barmherzige Brüder Dillinger Franziskanerinnen. urlaub und Altersversorgung. gemeinnützige Träger GmbH M ISERICOR D I A 2/21
18 BARM HE RZ IGE B R Ü DE R Damit Menschen das „Leben in Fülle“ haben Dualer Studiengang für Heilerziehungspflegende geplant Viele klassische Ausbildungsberufe an (Berufs-) Fachschu- braucht mehr Kräfte, um dem gerecht werden zu können. Un- len kann man inzwischen auch studieren: Erzieher werden sere Überzeugung ist, dass wir mit der Akademisierung einen Kindheitspädagogen, Physio- und Ergotherapeuten studieren Schritt in die richtige Richtung gehen. parallel zur Ausbildung, Pflegefachfrauen und –männer können Pflege studieren und Hebammen müssen neuerdings für ein WARUM BRAUCHEN WIR STUDIERTE HEPS? Studium an die Hochschule. Durch die Einführung des BTHG wurde die Finanzierung und Die Akademisierung in diesen Berufen hat die Landesarbeits- das Erbringen von Leistungen für Menschen mit Beeinträchti- gemeinschaft der Fachschulen für Heilerziehungspflege in gung unter völlig neue Vorzeichen gestellt. Durch das Wunsch- Bayern (LAG HEP) veranlasst, auch für Heilerziehungspflegen- und Wahlrecht für die Klienten in allen Bereichen der Assistenz de die Fühler in Richtung duales Studium auszustrecken. Die wird das Management von Teilhabe und der entsprechenden Einführung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) setzt neue Leistungen zu einer wichtigen Kompetenz. Viele der Leistungs- Maßstäbe in der Gestaltung von Lebenswelten von Menschen berechtigten werden aber bei dieser Aufgabe Unterstützung mit Beeinträchtigungen. Alle beteiligten Akteure trifft die benötigen, sodass für die Heilerziehungspflegenden vertiefte Herausforderung zu Veränderung, Dynamik und Flexibilität. Es Kompetenzen in Management-, Beratungs- und Vernetzungs- Prof. Dr. Christian Rester (links) und Marco Schleicher bei einem Treffen zur Planung des dualen Studienangebots „Management von Inklusion und Teilhabe“, die derzeit nur per Videokonferenz stattfinden. MISERI C O R D I A 2 / 2 1
BA RMH ERZIGE B R ÜDER 19 aufgaben nötig sind. Die Leistungserbringer/Träger brauchen WER KANN STUDIEREN? ihrerseits Mitarbeitende (gerade auf der mittleren Führungs- ebene), die über entsprechende Kompetenz verfügen. Außer- Das Studienangebot richtet sich an junge Menschen mit dem eröffnen sich neue Tätigkeitsfelder für Heilerziehungspfle- (Fach-) Abitur, die eine berufliche Laufbahn in der Heilerzie- gende mit einer akademischen Qualifikation, zum Beispiel in hungspflege einschlagen wollen. Aber auch Menschen mit der Teilhabeberatung, bei Initiativen der Selbsthilfe oder auch bereits abgeschlossener Ausbildung und Berufserfahrung im in der Selbständigkeit. Bereich der Heilerziehungspflege möchten wir ansprechen. Ziel ist die Verknüpfung der Ausbildung an der Fachschule mit WELCHE ERWARTUNGEN HABEN WIR dem Studium an der Hochschule, um sowohl den Abschluss AN DEN STUDIENGANG? als staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger als auch den akademischen Abschluss „Bachelor Management von Inklusi- Wir sind überzeugt, dass studierte HEPs die Teilhabemöglich- on und Teilhabe“ zu erlangen. Verfügen Studienbewerber über keiten von Menschen mit Beeinträchtigungen weiter verbes- eine abgeschlossene Ausbildung und drei Jahre Berufserfah- sern können. Der Transfer von wissenschaftlichem Wissen rung, dann ist kein (Fach-) Abitur zur Aufnahme ins Studium aus Forschung und Entwicklung kann beschleunigt und noch notwendig. Das Studium kann dann verkürzt in fünf Semestern transparenter gemacht werden. Den Herausforderungen der absolviert werden. Beide Abschlüsse zusammen sind in neun Praxis kann noch zielgenauer mit Methoden des wissenschaft- Semestern zu erreichen. lichen Arbeitens begegnet werden. Durch Digitalisierung kann Wissen leichter zirkulieren. Im Studium werden Qualitätssiche- WIE GREIFEN AUSBILDUNG UND STUDIUM INEINANDER? rung, strategisches und operatives Controlling, Personalma- nagement sowie Marketing als Handwerkszeug vermittelt, die Während der HEP-Ausbildung machen die Studierenden Absolventen können damit das Management in den Einrich- jeweils ein Studienmodul pro Semester, was etwa 20 Tagen an tungen entlasten und die Leistungstransparenz erhöhen. der Hochschule pro Schuljahr entspricht. Nach der Abschluss- prüfung in der Heilerziehungspflege geht es für weitere drei WAS HABEN DIE KLIENTINNEN UND KLIENTEN DAVON? Semester in den zweiten Studienabschnitt an der Hochschule. Während der neun Semester arbeiten die Studierenden und Die Absolventen werden Klienten passgenau dabei unterstüt- können so das Studium finanzieren: in der Ausbildung mit zen, ein noch selbstbestimmteres und letztlich gelingendes zehn bis zwölf Wochenstunden in einer bezahlten Praxisstelle, Leben zu führen. Die studierten Heilerziehungspflegenden ab dem 7. Semester halbtags als dann fertige HEP-Fachkräfte. werden vertieft begreifen können, worin die besonderen Wie sich diese drei Lernorte (Fachschule, Hochschule und Herausforderungen ihrer Rolle liegen und wie sie die Praxis Praxisstelle) gut in einem Stundenplan vereinbaren lassen, konstruktiv hinterfragen können. Junge Menschen werden wird für die Planungsgruppe eine der großen Aufgaben in der diese Arbeit attraktiver finden. Insgesamt geht es also darum, nächsten Zeit. den besonderen Stellenwert der Arbeit mit beeinträchtigten Menschen für die Gesellschaft zu erneuern. Vor einem christ- WELCHE TRÄGER MACHEN MIT? lichen Hintergrund könnte man auch sagen: Die akademisch ausgebildeten HEPs helfen mit, dass Menschen „das Leben in Bis wir mit dem Studiengang starten können, ist es eine Fülle“ haben. wichtige Aufgabe der AG HEP DUAL, die bayerischen Trä- ger der Eingliederungshilfe ins Boot zu holen. Denn es geht WER FÜHRT DEN STUDIENGANG DURCH auch darum, für die Absolventen eine berufliche Perspektive UND WANN STARTET ER? anzubahnen. Wir haben unsere Planungen bereits bei der Cari- tas, der Diakonie und den privaten Trägern auf Landesebene Mit der Technischen Hochschule Deggendorf – Fakultät vorgestellt. Bald folgt mit der Lebenshilfe der vierte große Trä- angewandte Gesundheitswissenschaften – wurde eine junge gerverband. Außerdem sind wir mit der Arbeitsgemeinschaft und schnell wachsende Hochschule gefunden, deren Verant- aller Träger von Einrichtungen und Diensten aus Niederbayern wortliche eine motivierte und dynamische Zusammenarbeit auf im Gespräch. Das Maß der Nähe zur realen Versorgungspraxis Augenhöhe anboten. Die nach ersten Gesprächen gegründete wird auch über den Erfolg des Studiengangs entscheiden. AG HEP DUAL, der unter Federführung von Prof. Christian Rester und Marco Schleicher Vertreter der Fachschulen aus Marco Schleicher, Johannes-Grande-Schule Straubing Passau und Pfarrkirchen sowie der Deggendorfer Fakultät Prof. Dr. Christian Rester, Technische Hochschule Deggendorf angehören, arbeitet nun seit drei Jahren an der Entwicklung ei- nes dualen Studienangebots, das im Wintersemester 2022/23 starten soll. M ISERICOR D I A 2/21
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