Immobilien-Banking 2014 | 2015 - Professionelles Immobilien-Banking - Fakten und Daten

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Immobilien-Banking 2014 | 2015 - Professionelles Immobilien-Banking - Fakten und Daten
Immobilien-Banking 2014 | 2015
  Professionelles Immobilien-Banking – Fakten und Daten
Immobilien-Banking 2014 | 2015 - Professionelles Immobilien-Banking - Fakten und Daten
Mitgliedsinstitute des vdp
Immobilien-Banking 2014 | 2015 - Professionelles Immobilien-Banking - Fakten und Daten
Die gegenwärtig 38 im Verband deutscher Pfandbriefbanken e.V. (vdp)
zusammengeschlossenen Mitgliedsinstitute sind Marktführer für die ge-
werbliche Immobilienfinanzierung in Deutschland und gehören auch inter-
national zu den bedeutenden Playern. Als Repräsentant ­seiner Mitglieds-
institute nimmt der vdp die Interessen der Pfandbrief­banken gegenüber
nationalen und europäischen Entscheidungsgremien sowie gegenüber einer
breiteren Fach­öffentlichkeit wahr. Als Spitzen­organi­sation der deutschen
Pfandbriefbanken unterstützt der vdp seine Mitglieder außerdem mit hoch­
spezialisierten Geschäftslösungen.
    Das Know-how des vdp ist auf die spezifischen Anforderungen der Pfand-
briefemittenten – den Pfandbrief und das deckungsfähige Kredit­geschäft –
zugeschnitten. Der vdp fördert die wirtschaftlichen Belange der Mitglieds-
institute durch gezielte Lobbyaktivität in der Kapitalmarktpolitik sowie in
allen politischen Bereichen, die für das Pfandbriefgeschäft relevant sind. Er
betreut seine Mitgliedsinstitute zudem in re­gulatorischen Fragestellungen
und vertritt diese gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden. Im Rahmen
der Group Governance werden in den Verbandsgremien Informationen und
Erfahrungen aus den Mitglieds­­instituten ausgetauscht, aufbereitet und zu
Marktstandards entwickelt. Der vdp bietet seinen Mitgliedsinstituten darüber
hinaus Geschäftslösungen, die das besondere Kredit- und Emissionsgeschäft
der Pfandbrief­banken unterstützen. Die Geschäftsaktivitäten der vdp-Mitglie-
der profitieren von der anerkannten Expertise, der umfassenden Vernetzung
und den gut eingeführten Kommunikationsinstrumenten des vdp.
Immobilien-Banking 2014 | 2015 - Professionelles Immobilien-Banking - Fakten und Daten
Inhalt

         Professionelles Immobilien-Banking

     4   Vorwort
         Jan Bettink, Präsident des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken

     8   Langfristfinanzierung in Gefahr
         Prof. Dr. Michael Voigtländer und Heide Haas,
         Institut der deutschen Wirtschaft Köln

    16   Banken, Versicherer, Debt Funds in der gewerblichen Immobilien-
    		   finanzierung – Konkurrenten oder Partner?
         Jan Bettink, Berlin Hyp und Verband deutscher Pfandbriefbanken

    24   Der deutsche Markt für gewerbliche Immobilienfinanzierungen –
2   		   eine Analyse
         Markus Hesse und Prof. Dr. Tobias Just, IREBS

    36   Diskussionen um einen nachhaltigen Wert
    		   Oder: Warum ist der Immobilienmarkt in Deutschland weniger volatil?
         Jörg Quentin, pbb Deutsche Pfandbriefbank

    44   Finanzierung großvolumiger Transaktionen in der Wohnungswirtschaft –
    		   aktuelle Entwicklungen
         Gerhard Meitinger, pbb Deutsche Pfandbriefbank
Immobilien-Banking 2014 | 2015 - Professionelles Immobilien-Banking - Fakten und Daten
Porträts von vdp-Mitgliedsinstituten

 50   Aareal Bank | Wiesbaden
 51   BayernLB | München
 52   Berlin Hyp | Berlin
 53   Bremer Landesbank | Bremen
 54   Commerzbank | Frankfurt am Main
 55   COREALCREDIT BANK | Frankfurt am Main
 56   DekaBank | Frankfurt am Main
 57   Deutsche Apotheker- und Ärztebank | Düsseldorf
 58   Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank | Hamburg
 59   Deutsche Hypothekenbank | Hannover
 60   Deutsche Kreditbank | Berlin
 61   Deutsche Pfandbriefbank | Unterschleißheim
                                                                        3
 62   Deutsche Postbank | Bonn
 63   Düsseldorfer Hypothekenbank | Düsseldorf
 64   Hamburger Sparkasse | Hamburg
 65   HSH Nordbank | Hamburg
 66   ING-DiBa | Frankfurt am Main
 67   Kreissparkasse Köln | Köln
 68   Landesbank Baden-Württemberg | Stuttgart
 69   Landesbank Berlin | Berlin
 70   Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) | Frankfurt am Main
 71   M. M. Warburg & CO Hypothekenbank | Hamburg
 72   Münchener Hypothekenbank | München
 73   Natixis Pfandbriefbank | Frankfurt am Main
 74   Nord/LB Norddeutsche Landesbank Girozentrale | Hannover
 75   SaarLB Landesbank Saar | Saarbrücken
 76   Santander Consumer Bank | Mönchengladbach
 77   SEB | Frankfurt am Main
 78   Sparkasse KölnBonn | Köln
 79   UniCredit Bank HypoVereinsbank | München
 80   VALOVIS BANK | Essen
 81   WL BANK Westfälische Landschaft Bodenkreditbank | Münster
 82   Wüstenrot Bank Pfandbriefbank | Ludwigsburg

		 Weitere Informationen

 83 Professionelles Immobilien-Banking – Themen der Jahre 2002 – 2013
 86 Weitere Informationsmaterialien zum Immobilien-Banking
Immobilien-Banking 2014 | 2015 - Professionelles Immobilien-Banking - Fakten und Daten
Vorwort

    auch wenn die unmittelbaren Auswirkungen der Finanzkrise überwunden
    scheinen, bewegen sich die Pfandbriefbanken nach wie vor in einem herausfor-
    dernden Umfeld. Regulatorische Eingriffe und stabilisierende Maßnahmen der
    Europäischen Zentralbank bestimmen weiterhin die Märkte. Auch die Staats-
    schuldenkrise schwelt weiter, rückt aber aufgrund der bislang erfolgreichen
    Krisenbekämpfung durch die EZB und angesichts der geopolitischen Risiken
    in den Hintergrund. Am Kapitalmarkt treibt der Anlagedruck die Renditen von
4
    Pfandbriefen analog zu jenen deutscher Staatsanleihen auf bisher nie gekannte
    Tiefstände. Gleichzeitig erweitern am gewerblichen Immobilienmarkt neue
    Marktteilnehmer das Spektrum der gewerblichen Immobilienfinanzierer und
    erhöhen damit den Wettbewerbsdruck auf der Angebotsseite.

    Diesen Trend greift das in diesem Jahr zum dreizehnten Mal erscheinende Fact
    Book „Professionelles Immobilien Banking – Fakten und Daten“ ebenso auf wie
    die Themen Langfristigkeit und Transparenz, die weitere Schwerpunkte der Aus-
    gabe 2014/2015 bilden. Das Fact Book soll dabei, wie gewohnt, nicht nur infor-
    mieren, sondern auch Handreichung für Investoren bei ihren Investitions- und
    Finanzierungsentscheidungen sein.

    Langfristige Finanzierungen tragen ganz wesentlich zur Stabilität von Immobi-
    lienmärkten und damit zur Stabilisierung ganzer Volkswirtschaften bei. Nicht
    zuletzt deshalb hat der Verband deutscher Pfandbriefbanken einen Forschungs-
    auftrag zum Thema „Langfristfinanzierung durch Banken“ des Instituts der
    deutschen Wirtschaft (IW) Köln unterstützt. Zwei der Autoren stellen in diesem
    Fact Book erste Ergebnisse ihrer Analysen vor. Sie zeigen, dass die Fähigkeit der
    Banken, weiterhin langfristige Darlehen in immobilientypischer Höhe zu verge-
    ben, durch künftige Regulierungen deutlich eingeschränkt werden könnte. Statt
Immobilien-Banking 2014 | 2015 - Professionelles Immobilien-Banking - Fakten und Daten
Jan Bettink | präsident

die Vergabe langfristiger Darlehen zu fördern, würden Anreize zur Vergabe kurz-
fristiger Darlehen gesetzt. Problematisch werde es, wenn Finanzierungen künftig
von weniger etablierten und weniger regulierten Finanzintermediären angeboten
würden. Die Regulierung könne kontraproduktiv sein, wenn auf der einen Seite
die Banken zwar robuster würden, auf der anderen Seite aber die Risiken für das
gesamte Finanzsystem und die Volkswirtschaft stiegen.

                                                                                    5
Der Beitrag „Banken, Versicherer, Debt Funds in der gewerblichen Immobilien-
finanzierung – Konkurrenten oder Partner?“ zeigt auf, dass die für die Jahre 2012
bis 2014 prognostizierte Finanzierungslücke nicht eingetreten ist. Im Gegenteil
sei in den Kernländern der EU, darunter auch in Deutschland, sogar ein Ange-
botsüberhang für Finanzierungen festzustellen. Der Markt werde auch durch
verschiedene, teils neue Finanzierungsformen sowie durch neue Finanzierer
bereichert. Der Autor analysiert die Motivation und die Renditeerwartungen
der jeweiligen Anbieter. Zugleich sagt er den Pfandbriefbanken eine neue Rolle
voraus: Ihre Aufgabe werde künftig verstärkt in der „Orchestrierung“ zwischen
dem Kunden einerseits und den verschiedenen Fremdkapitalgebern andererseits
bestehen.

Alternative Anbieter von Immobilienfinanzierungen sind auch im dritten Beitrag
ein Thema. Im zweiten Jahr in Folge hat die International Real Estate Business
School (IREBS) der Universität Regensburg den deutschen Markt für gewerbli-
che Immobilienfinanzierungen untersucht. Dazu wurden Interviews mit 32 füh-
renden Vertretern namhafter Anbieter von Immobilienfinanzierungen geführt,
die gemeinsam ein Kreditvolumen von 137 Milliarden Euro abdecken. In ihrem
Beitrag stellen die beiden Autoren der Analyse ihre Ergebnisse detailliert vor.
Beispielsweise nehme der „Finanzierungsradius“ der Anbieter von Immobilien-
Immobilien-Banking 2014 | 2015 - Professionelles Immobilien-Banking - Fakten und Daten
Vorwort

    darlehen spürbar zu. Das Kreditwachstum finde nicht mehr nur bei Core-Objek-
    ten in den sogenannten A-Städten statt. Der durchschnittliche Darlehensauslauf
    (LTV) im Neugeschäft liege seit 2010 stabil bei etwa 66 Prozent. Allerdings sagen
    die Teilnehmer der Befragung für die kommenden zwei Jahre einen Anstieg die-
    ses Wertes auf 72 Prozent voraus. Zugleich erwarten sie für diesen Zeitraum aus
    Bankensicht ein verschlechtertes Chance-Risiko-Profil, das maßgeblich auf die
    gestiegenen Regulierungsanforderungen zurückzuführen ist.
6

    Im Beitrag „Diskussionen um einen nachhaltigen Wert – oder: Warum ist der
    Immobilienmarkt in Deutschland weniger volatil?“ geht es um die Frage, wie der
    Wert von Immobilien, der naturgemäß und teils erheblich schwankt, in Unter-
    nehmensbilanzen und als Kreditsicherheit abgebildet wird. Vor allem wegen der
    Kapitalintensität von Immobilien kann die Art ihrer Bilanzierung oder Bewertung
    wirtschaftliche Krisen verstärken, wenn nicht sogar auslösen. Diese Erkenntnis
    setzt sich inzwischen auch in Ländern durch, in denen der Marktwert bislang als
    alleinige Richtschnur galt. So hat die Bank of England in der stichtagsbezoge-
    nen Bewertung eine Ursache prozyklisch agierender Gewerbeimmobilienmärkte
    entdeckt. In Großbritannien wird jetzt nach einem nachhaltigen Wert von Immo-
    bilien gesucht, der unabhängig von Wirtschaftskrisen und Boomzeiten ist. In
    Deutschland wird dieser Weg schon lange beschritten. Hier wird neben einem
    stichtagsbezogenen Marktwert zumeist auch ein Beleihungswert als nachhal-
    tiger Wert ermittelt. Dies hat dazu beigetragen, dass Immobiliendarlehen von
    Pfandbriefbanken auch dann noch über Pfandbriefe refinanzierbar waren, als
    eine Kapitalmarkt-Refinanzierung mit keinem anderen Produkt mehr möglich
    war. Der Autor zeigt auf, in welchen Bereichen ein „internationaler“ nachhaltiger
    Wert mindestens Regelungen treffen müsste, und wie diese aussehen sollten
um auch auf ausländischen Märkten Übertreibungen des Marktgeschehens
zuverlässig abzufedern – so wie es in Deutschland seit Jahrzehnten geschieht.

Seit jeher stehen Pfandbriefbanken mit ihren Produkten auch den Bestands-
haltern von Wohnimmobilienportfolios zur Verfügung. In diesem Segment ist
weniger die „Financial Engineering“-Kompetenz der Banken gefragt, sondern
lösungsorientierte und praktikable Finanzierungsformen, die den täglichen
                                                                                7
Belangen ihrer Kunden entsprechen. Der letzte Beitrag unseres diesjährigen
Fact Books beleuchtet, welche Finanzierungsformen diesen Kunden (wieder)
zur Verfügung stehen und mit welchen Vor- und Nachteilen sie jeweils verbun-
den sind. Der Autor unterstreicht die Bedeutung des Vorhandenseins eines
professionellen Bank-Ansprechpartners für Wohnunternehmen, der flexibel auf
individuelle Kundenwünsche reagieren kann. Dagegen stünden dem sogenann-
ten Servicer eines verbrieften Darlehens nur die Optionen zur Verfügung, die
vorab in der Vertragsdokumentation geregelt wurden.

Wir wünschen allen Lesern eine spannende und informative Lektüre. Unser
besonderer Dank geht an die Autoren des Fact Books, ohne deren Fachkompe-
tenz die Erstellung einer an den hohen Ansprüchen von Investoren ausgerich-
teten Publikation nicht möglich gewesen wäre.

Jan Bettink
vdp-präsident
Immobilien Banking 2014 | 2015

    Langfristfinanzierung in Gefahr
    Prof. Dr. Michael Voigtländer und Heide Haas,
    Institut der deutschen Wirtschaft Köln

8
Langfristige Finanzierungen tragen wesentlich zur Beruhigung der Märkte
    und damit zur Stabilität von Volkswirtschaften bei. Durch die neuen Finanz-
    marktregulierungen für Banken wird sich der Markt für langfristige Finan-
    zierungen jedoch verkleinern, und auch andere Finanzintermediäre werden
    diese Lücke kaum schließen können. Geboten ist daher eine differenziertere
    Ausgestaltung dieses Regelwerks, damit der Bankensektor zwar robuster
    wird, gleichzeitig aber seine originären volkswirtschaftlichen Funktionen
    weiter erfüllen kann.

           Hintergrund

    Langfristige Finanzierungen sind ein wichtiger Schlüssel zur Erklärung geringerer Marktvola-
    tilitäten. Haushalte und Unternehmen, die langfristig finanziert sind, haben Planungssicherheit
    und können unabhängig von dem volatilen Kapitalmarktumfeld handeln. Dies trägt maßgeblich
    dazu bei, dass sich die Märkte stetiger entwickeln. Besonders anschaulich lässt sich dies am
    Beispiel des Wohnimmobilienmarktes verdeutlichen. Während in Ländern mit überwiegend
    variabel verzinslichen Darlehen die Nachfrage stark auf die Zinsänderungen vor und nach der
    Finanzkrise reagierte und damit auch die Basis für den Aufbau einer spekulativen Blase legte,
    reagierte die Nachfrage nach Wohnimmobilien in Deutschland deutlich stabiler, was maßgeb-
    lich dazu beigetragen hat, dass wir trotz der Finanzkrise keine Exzesse im hiesigen Wohnungs-                                          9

    markt erlebt haben.
         Paradoxerweise könnte die Langfristfinanzierung aber gerade wegen der geplanten Finanz-
    marktregulierungen – die ja die Stabilität erhöhen sollen – in Gefahr geraten. Schließlich set-
    zen Basel III und Solvency II Anreize, eher kürzere Kreditlaufzeiten anzubieten. Damit sinken
    zwar die Zinsänderungsrisiken im Bankensektor, aber sie werden letztlich verlagert auf den
    nichtfinanziellen Sektor, der diese Risiken deutlich schlechter moderieren kann. Eine wesent-
    liche volkswirtschaftliche Funktion der Banken ist nicht zuletzt die Fristentransformation, die
    jedoch unter den geplanten Regeln deutlich schwieriger wird.*

           Basel III und Langfristfinanzierung

    In der Diskussion der Bankenregulierung nach Basel III stehen die neuen quantitativen und
    qualitativen Eigenkapitalvorschriften im Vordergrund. Um die Kapitalgrundlage der Kredit-
    institute entsprechend den Erfahrungswerten aus der Wirtschafts- und Finanzkrise sicherer
    zu gestalten, sind Banken in der EU dazu angehalten, ihr Eigenkapital sowohl quantitativ als
    auch qualitativ hinsichtlich der eingegangen Risiken aufzubauen. Dies könnte die Kreditkosten
    insgesamt erhöhen, da die Eigenkapitalkosten für Banken typischerweise über den Fremd-
    kapitalkosten liegen, aber ein unmittelbarer Einfluss auf den Anteil der Langfristfinanzierung
    ist nicht erkennbar.

*
    Grundlage für den vorliegenden Beitrag ist die vom Verband deutscher Pfandbriefbanken im Rahmen eines Forschungsauftrags geförderte,
    in Arbeit befindliche Untersuchung „Langfristfinanzierung durch Banken“, die im Herbst als IW-Analyse erscheinen wird.
Immobilien Banking 2014 | 2015

            Langfristfinanzierung in Gefahr

     Neben den Vorschriften für höheres risikogewichtetes Eigenkapital im Rahmen der Basel-III-
     Einführung ist jedoch auch eine risikounabhängige Verschuldungskennziffer (Leverage Ratio)
     vorgesehen. Zur Ermittlung dieser Kennziffer wird das Eigenkapital im Verhältnis zur gesam-
     ten Bilanzsumme berechnet, wobei einzelne Positionen keine besondere Gewichtung erfahren:

                                                         Kernkapital (Tier 1)
                               Leverage Ratio =                               >3%
                                                            Bilanzsumme

     Sollte der Baseler Zielwert von drei Prozent in Europa umgesetzt werden, haben Institute zur
     Erfüllung dieses Wertes drei Möglichkeiten: Sie können ihr Eigenkapital mit neuen Kapital-
     gebern erhöhen, sie können Gewinne thesaurieren oder ihre Bilanzsumme reduzieren, bei-
     spielsweise indem auslaufende Kreditverträge nicht verlängert werden. Ein genauerer Blick
     auf die verschiedenen Institutsgruppen zeigt, dass insbesondere klassische Langfristfinanzie-
     rer wie Realkreditinstitute aufgrund der Leverage Ratio unter Anpassungsdruck stehen.
         In Deutschland haben sich die Realkreditinstitute auf die langfristige Finanzierung von
     Immobilien und Gebietskörperschaften spezialisiert. Diese Kredite refinanzieren sie größten-
     teils über Pfandbriefe, die ihnen eine fristenkongruente Refinanzierung der Darlehen erlauben.
     Zwar können seit dem Pfandbriefgesetz von 2005 heute nahezu alle Kreditinstitute eine Lizenz
     zur Emission von Pfandbriefen beantragen, aber nichtsdestotrotz werden die meisten Pfand-
     briefe immer noch von den darauf spezialisierten Instituten emittiert. Die langfristige Immobi-
10   lien- und Staatsfinanzierung ist ein sicheres, aber auch margenarmes Geschäft. Daher haben
     Realkreditinstitute typischerweise eine niedrige Leverage Ratio, wie Abbildung 1 zeigt. Neben
     den Großbanken, die eine Teilgruppe der Kreditbanken darstellen, weisen die Realkredit-
     institute mit 3,8 Prozent mit die niedrigste Leverage Ratio aller Bankengruppen auf. Während
     bei den Großbanken die niedrigen Werte als eine Folge der Finanzkrise interpretiert werden
     können, sind sie bei den Realkreditinstituten strukturell bedingt niedriger. So lag die Leverage
     Ratio Anfang der 2000er Jahre sogar nur bei zwei Prozent und auch 2010 lag sie noch bei
     2,6 Prozent. Erst seitdem wurde, vor allem durch Bilanzverkürzungen, die Quote erhöht.

     Abb. 1:    Durchschnittliche Leverage Ratio deutscher Bankengruppen im Oktober 2013

                         Kreditbanken       3,7%
                          Großbanken        3,0%
                        Landesbanken        6,5%
                    Genossenschaften        6,6%
                   Realkreditinstitute      3,8%
                       Bausparkassen        4,4%

                                         0%             1%     2%     3%      4%    5%   6%   7%

     Quelle: Deutsche Bundesbank, eigene Berechnungen
Wird die Einhaltung der Leverage Ratio bindend, sind die Folgen je nach Geschäftsmodell
nur schwer abschätzbar. Als gesichert kann gelten, dass die Staats- und die Immobilienfinan-
zierung (Geschäfte, die in Deutschland vor allem von Langfristfinanzierern gemacht werden)
dadurch zumindest nicht gestärkt werden. Die einheitliche und risikounabhängige Eigenka-
pitalquote steht im Gegenteil in Konflikt mit diesen Kerngeschäftsfeldern von Langfristfinan-
zierern, die mit ihren Angeboten langfristiger Finanzierungen auch privaten Haushalten zur
Verfügung stehen. Dies gilt umso mehr, als die Liquiditätskennziffern ohnehin Anreize zu
kürzeren Laufzeiten setzen. Sowohl von Seiten der Politik als auch von Regulatoren wurde die
Problematik der vereinheitlichenden Kennziffer bereits erkannt und auf die Möglichkeit einer
Differenzierung nach Geschäftsmodellen hingewiesen.
    Für die Zukunft der Langfristfinanzierung sind weiterhin die neuen Liquiditätsstandards
von Bedeutung, die auf europäischer Ebene durch die Capital Requirements Regulation (CRR)
eingeführt werden. Mit der Vorgabe einer einzuhaltenden Mindestliquiditätsquote (Liquidity
Coverage Ratio – LCR) sollen Kreditinstitute auch bei einem Abfluss von Liquidität, beispiels-
weise in Form von Spareinlagen, zahlungsfähig bleiben. Nach den Vorgaben des Baseler
Ausschusses für Bankenaufsicht müssen Banken einen Mindestbestand hochliquider Aktiva
vorhalten, mit dem sie den in einem Zeitraum von 30 Tagen auftretenden kumulierten Netto-
zahlungsverpflichtungen nach verschiedenen Stressszenarien nachkommen können. Diese
Mindestliquiditätsquote wird nur einen geringen Effekt auf die Langfristfinanzierung haben,
wobei die Definition hochliquider Assets einen entscheidenden Parameter für die Nachfrage
nach Refinanzierungstiteln innerhalb des Bankensektors darstellt.                                   11

    Neben der Mindestliquiditätsquote (LCR) bestehen derzeit Überlegungen, für die Beurtei-
lung der Liquidität eines Institutes zusätzlich die Kennziffer der strukturellen Liquiditätsquote
(Net Stable Funding Ratio – NSFR) zu verwenden. Diese Kennziffer soll anzeigen, ob auch die
mittel- und langfristige Finanzierung von Finanzinstituten den Stabilitätsanforderungen ent-
sprechen und soll damit einen potenziellen Ansatz zur Ermittlung des Refinanzierungsrisikos
darstellen. Nach dem derzeitigen Planungsstand wird sie aus dem Verhältnis zwischen lang-
fristig stabilen Refinanzierungsquellen zu den möglichen Liquiditätsanforderungen errechnet,
die sich aus den Refinanzierungen ergeben könnten. Da die sich in der kurzen Frist ergeben-
den Refinanzierungsnotwendigkeiten jederzeit durch Refinanzierungsquellen gedeckt sein
sollten, soll dieses Verhältnis stets größer sein als 100 Prozent:

                          Verfügbarer Betrag stabiler Refinanzierung
              NSFR =                                                      > 100 %
              		         Erforderlicher Betrag stabiler Refinanzierung

Die NSFR soll verhindern, dass Banken aufgrund einer nicht risikoadjustierten Fristentrans-
formation in Liquiditätsprobleme geraten, die ein Eingreifen des Staates erfordern. Allerdings
werden hiermit auch Anreize gesetzt, die ein Hemmnis für die Langfristfinanzierung darstel-
len. Abbildung 2 zeigt eine grobe Kalkulation dieses Liquiditätsmaßes für alle deutschen
Banken. Demnach erfüllen die deutschen Banken im Durchschnitt bereits heute die NSFR.
Allerdings ist es wahrscheinlich, dass eine beträchtliche Anzahl der Institute diese Quote
gerade noch nicht oder nur knapp erfüllt. Diese Institute müssen dann sowohl die Passiv- als
auch die Aktiv-Seite ihrer Bilanz verändern, um die Vorgaben zu erfüllen. Auf der Passiv-Seite
können insbesondere zwei Refinanzierungsmöglichkeiten die NSFR-Quote verbessern: Eigen-
kapital und Schuldverschreibungen mit langen Laufzeiten, da diese Refinanzierungen ohne
Abschlag in die Bemessung der NSFR eingehen.
Immobilien Banking 2014 | 2015

            Langfristfinanzierung in Gefahr

     Abb. 2:       Refinanzierung deutscher Kreditinstitute nach der NSFR im Jahr 2013
                   in Milliarden Euro

       350.000                                                        Eigenkapital
                                                                      Einlagen private Haushalte

       250.000                                                        Einlagen Unternehmen
                                                                      Verbindlichkeiten >1 Jahr
                                                                      Verbindlichkeiten
alternative Finanzintermediäre verlagern wird, schlichtweg weil diese durch die Regulierung
bevorzugt werden. So müssen Versicherer zum Beispiel keine Liquiditätskennziffern einhalten,
bei Kreditfonds gibt es zwar Vorschriften bezüglich der Höhe des Eigenkapitals, jedoch sind
die Qualitätsanforderungen an das Eigenkapital deutlich geringer. Fraglich ist jedoch, ob die
alternativen Finanzintermediäre sich auch in der Langfristfinanzierung engagieren werden.
Ein Blick in die Historie zeigt, dass sich Langfristfinanzierung nur langsam entwickelt und die
Anbieter auch über eine entsprechende Erfahrung verfügen müssen, um die Kreditausfall-
wahrscheinlichkeit über einen langen Zeitraum einschätzen zu können. Sofern Kreditfonds
außerhalb des Bankensektors aufgelegt werden, müssen erst Erfahrungen gewonnen werden.
Da die Investoren außerdem typischerweise bei Fonds nur mittlere Anlagedauern bevorzugen,
scheint eine Langfristfinanzierung durch Fonds eher unwahrscheinlich. Bei Versicherern, bei
denen ein Engagement in der Finanzierung bereits eingeübt ist, muss überdies berücksichtigt
werden, dass auch Solvency II in der Kreditvergabe Anreize zu kürzeren Laufzeiten setzt, da
die Eigenkapitalanforderungen mit der Laufzeit ansteigen.

     Reform der Regulierung

Wie gezeigt, werden die verschiedenen Anbietergruppen regulatorisch unterschiedlich
behandelt, was eine mangelnde Wettbewerbsgleichheit zwischen den Finanzierern zur Folge
hat. Wichtig ist, dass es für die Kreditvergabe einen einheitlichen Wettbewerbs-Rahmen gibt.      13

Werden einzelne Finanzintermediäre bei der Kreditvergabe regulatorisch bevorzugt, gibt es
Verzerrungen im Markt, die neue Ungleichgewichte schaffen könnten. Die Konsequenz ist,
dass sich im Schattensektor – zunächst unbeobachtet – Risiken kumulieren, die den Ausgangs-
punkt neuer Krisen darstellen können. Zur Erhöhung der Finanzstabilität wird es nicht ausrei-
chen die Banken stärker zu regulieren. Stattdessen muss das Gesamtsystem im Auge behalten
werden. Die Idee einer Verschiebung der Langfristfinanzierung an alternative Finanzinter-
mediäre, womöglich sogar unterstützt durch weitere Vorteile in der Regulierung, muss daher
unbedingt verworfen werden.
    Dabei sprechen das über Jahre akkumulierte Fachwissen, die bestehende Expertise in
der Risikoanalyse und die damit zusammenhängenden Prüfungskapazitäten deutlich dafür,
zunächst die Bedingungen des Angebotes von Langfristfinanzierung durch Banken nicht
durch Regulierungen zu erschweren. Ein weiterer wichtiger Vorteil von Banken besteht in
dem zur Verfügung stehenden Refinanzierungsmix aus Einlagen, gedeckten und ungedeckten
Schuldverschreibungen und Verbriefungen, der es erlaubt, flexibel auf Marktveränderungen
zu reagieren und Risiken zu streuen. Anders sieht dies etwa bei Kreditfonds aus, die bei einem
Rückzug der Investoren – aus welchem Grund auch immer – schnell in Schieflage geraten
können.
    Derzeit setzt die Umsetzung von Basel III auf europäischer Ebene noch Anreize zu kürze-
ren Kreditlaufzeiten. Dies erfolgt über eine Mischung aus Nachteilen für traditionelle Lang-
fristfinanzierer wie Realkreditinstitute und der mit den Liquiditätsquoten gesetzten Anreize in
Kombination mit anderen Regulierungen, etwa Solvency II.
    Kerngedanke von Basel III ist es dabei, die Risiken im Bankensektor zu reduzieren und
damit die Finanzstabilität zu erhöhen. Gleichzeitig wird damit jedoch die volkswirtschaftliche
Funktion der Banken eingeschränkt. Die Regulierung sieht sich damit einem Dilemma ausge-
setzt: Auf der einen Seite muss vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der Finanzkrise die
Sicherheit des Finanzmarktes erhöht werden, um negative Rückwirkungen auf die Realwirt-
Immobilien Banking 2014 | 2015

          Langfristfinanzierung in Gefahr

     schaft zukünftig zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen. Auf der anderen Seite wird damit
     die Langfristfinanzierung erschwert, was ebenfalls negative Rückwirkungen auf die Realwirt-
     schaft hat, weil damit Planungssicherheit verloren geht und weil sich langfristige Finanzierun-
     gen beruhigend auf die Preisentwicklung auswirken.
         Das Ziel muss folglich darin bestehen, die Regulierung so zu gestalten, dass Banken zwar
     sicherer und robuster werden, gleichzeitig aber ihre Funktionsfähigkeit erhalten bleibt. Kon-
     zentrieren muss sich die Regulierung dabei insbesondere auf das systemische Risiko, also die
     Gefahr von Domino-Effekten bei Insolvenzen einzelner Banken, da dies eine wesentliche Prob-
     lematik in der Finanzkrise darstellte. Mit der Umsetzung der Bankenunion wurden hier bereits
     wesentliche Maßnahmen getroffen, um die Effekte einer Insolvenz einzudämmen. Während
     die Bankenunion allerdings den Fall von Insolvenzen regelt, muss Basel III dazu beitragen, die
     Insolvenzwahrscheinlichkeit zu reduzieren.
         Ausgehend von der bisherigen Analyse werden im Folgenden einige Leitlinien für eine
     Überarbeitung von Basel III abgeleitet.
         Unstrittig ist, dass die Banken mehr Eigenkapital vorhalten müssen. Der Mangel an Eigen-
     kapital war der wesentliche Grund dafür, dass die Banken die anfänglichen Verluste aus der
     Subprime-Krise nicht verkraften konnten. In Abhängigkeit von ihrem Risiko sollten Banken
     daher, wie dies auch nach Basel III vorgesehen ist, mehr Eigenkapital unterlegen. Dies hat
     auch nur einen geringen Einfluss auf die Art der Kreditvergabe und stellt somit kein generel-
     les Hemmnis für langfristige Finanzierungen dar. Weil die Eigenkapitalkosten zwar über den
14   Fremdkapitalkosten liegen, wird dies zwar die Kreditkosten erhöhen, aber dafür ist von einer
     Erhöhung der Finanzstabilität auszugehen. Anders gelagert ist die Bewertung allerdings bei
     der Leverage Ratio. Die Leverage Ratio ist unabhängig vom Geschäftsmodell und den einge-
     gangenen Risiken und soll nach derzeitigen Vorschlägen drei Prozent betragen. Wie gezeigt,
     wird die Leverage Ratio insbesondere negative Rückwirkungen auf Geschäftsfelder haben, die
     in Deutschland vor allem von Langfristfinanzierern besetzt werden, und für die aufgrund ihrer
     Stabilität und Risikoarmut bis dato nur wenig Eigenkapital vorgehalten werden musste. Es
     erscheint wahrscheinlich und ist bereits zu beobachten, dass die betroffenen Langfristfinan-
     zierer ihre Bilanzsumme anpassen werden, was die Langfristfinanzierung insgesamt schwächt.
     Dennoch erscheint ein gänzlicher Verzicht auf die Leverage Ratio ebenfalls problematisch,
     da die jüngere Vergangenheit gezeigt hat, dass die Risikomessung der Banken zwar den gel-
     tenden aufsichtsrechtlichen Regeln entsprach, aber der Realität nicht immer standhielt. Ein
     Kompromiss könnte es daher sein, die Leverage Ratio nur als an die Aufsicht zu meldende
     Beobachtungskennziffer zu nutzen, und nicht verbindlich einzufordern. Verringerungen der
     Kernkapitalquote könnten dann einen Anlass für die Finanzaufsicht darstellen, die Bilanz
     und die Aktivitäten der betreffenden Bank eingehend zu prüfen. Dies würde auch eher der
     Intention der Leverage Ratio entsprechen, die letztlich auch theoretisch nicht begründet wer-
     den kann. Schließlich wird sie eben vor allem deswegen gefordert, weil die Risikomessung
     unsicher ist.
         Ein weiteres wesentliches Hemmnis stellt die Net Stable Funding Ratio dar. Sie setzt
     zugleich Anreize, die Refinanzierung langfristig und die Kreditlaufzeiten kurzfristig zu gestal-
     ten. In der Literatur werden die neuen Liquiditätskennziffern insgesamt kritisch betrachtet.
     Zwar finden sich auch in nationalen Regelwerken Vorgaben für das Liquiditätsmanagement,
     aber die in Basel III gestellten Anforderungen gehen deutlich darüber hinaus. Durch die ver-
     schiedenen Haircuts bei Refinanzierungen und Aktiva bewertet der Regulierer darüber hinaus
     die einzelnen Geschäftsfelder und Refinanzierungsquellen und legt damit Umschichtungen
nahe. Dabei kann jedoch nur sehr grob vorgegangen werden und die Sicherheit einzelner Refi-
nanzierungsquellen kann sich im Zeitablauf auch ändern. So gehen Einlagen privater Kunden
etwa mit einer vergleichsweise hohen Quote von 80 Prozent in die NSFR ein. Die Erfahrung
lehrt jedoch, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auch Privatkunden ihre Mittel kurzfris-
tig abziehen können, was häufig genug ein Grund für die Illiquidität von Banken war. Gerade
der bereits erwähnte Refinanzierungsmix ist deshalb ein Garant für eine stabile und effiziente
Refinanzierung. Die Bewertung der Refinanzierung (und der Aktiva) hinsichtlich ihrer Liqui-
ditätseigenschaften kann Monostrukturen begünstigen, die sich bei veränderten Marktbedin-
gungen als nachteilig erweisen. Grundsätzlich sollten die Liquiditätskennziffern daher nicht zu
restriktiv gewählt werden. Eine Möglichkeit besteht daher darin, den Schwellenwert der NSFR
und auch der LCR nicht auf 100 Prozent zu setzen, sondern etwa auf 95 Prozent. Dies würde
den Spielraum der Banken erhöhen, gleichzeitig aber exzessive Fristentransformationen, wie
sie teilweise vor der Finanzkrise gewählt wurden, unterbinden. Gleichzeitig könnte festgelegt
werden, dass Banken deren NSFR sich verschlechtert oder aber unter einen Wert von 100 Pro-
zent fällt, besonders beobachtet werden.
    Insgesamt wird damit hier für eine Regulierung plädiert, die sich weniger an reinen Kenn-
zahlen orientiert, sondern verstärkt individuelle Prüfungen durchführt und in den Dialog mit
den Finanzinstituten eintritt. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass die Geschäftsmo-
delle der Banken in der EU sehr verschieden sind und sowohl die Kernkapitalquote als auch
die Liquiditätsquoten nur eine begrenzte Aussagekraft für die Insolvenzwahrscheinlichkeit
eines Instituts haben. Daher dürfen insbesondere diese Kennziffern nicht zu restriktiv ausge-     15

staltet werden.

     Schlussfolgerungen

Als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise sollen Banken künftig stärker reguliert
werden. Damit soll die Stabilität des Finanzsystems gestärkt und die Gefahr einer neuen Krise
verringert werden. Es steht außer Frage, dass die Robustheit der Banken durch die neuen
Regeln verbessert wird. Gleichsam wird jedoch zunehmend deutlich, dass die Regulierung
die volkswirtschaftliche Funktion der Banken spürbar einschränkt. Insbesondere ihre Funktion
als Langfristfinanzierer können die Banken künftig nur begrenzt wahrnehmen.
    Die EU-Kommission hat dieses Thema mittlerweile erkannt und auf die Agenda gesetzt.
Dies ist verdienstvoll, doch der Ansatz, die Langfristfinanzierung auf andere Finanzintermedi-
äre zu verlagern, muss als äußerst problematisch angesehen werden. So lässt sich ausführlich
darlegen, dass Banken aufgrund ihrer Refinanzierungsmöglichkeiten, ihres Geschäftsmodells
und ihrer langen Erfahrung für die Bereitstellung von Langfristfinanzierung prädestiniert sind.
Verlagerungen auf andere Marktteilnehmer können durch ungleiche Rahmenbedingungen
in der Regulierung oder andere Anreize erreicht werden, was jedoch nicht zielführend ist.
Schließlich können Langfristfinanzierungen dann nicht mehr von den günstigsten Anbietern
bereitgestellt werden, sofern alternative Finanzierer überhaupt in der Lage sind, in nennens-
wertem Umfang langfristige Darlehen anzubieten. Noch problematischer ist jedoch, dass
damit die Kreditvergabe in einen weniger regulierten und auch weniger etablierten Sektor
verschoben wird, was die Gefahr neuer Verwerfungen erhöht. Im Endeffekt werden damit
die Banken zwar robuster, die Risiken für das gesamte Finanzsystem und die Realwirtschaft
steigen aber.
Immobilien Banking 2014 | 2015

     Banken, Versicherer, Debt Funds in der
     gewerblichen Immobilienfinanzierung –
     Konkurrenten oder Partner?
     Jan Bettink, Berlin Hyp und Verband deutscher Pfandbriefbanken

16
Die Bankenbranche bewegt sich nach wie vor in einem Umfeld voller
     Herausforderungen, auch wenn die direkten Auswirkungen der Finanz-
     krise ihren Schrecken langsam verlieren. So hatte das allgemein erwartete
     „financing gap“ insbesondere auf dem deutschen Immobilienmarkt nicht
     die befürchteten Ausmaße angenommen, auch aufgrund des Auftretens
     neuer Finanzierungsanbieter. Die neuen Marktteilnehmer erweitern das
     Spektrum der gewerblichen Immobilienfinanzierer sowohl für Investo-
     ren als auch als Konsortialpartner für die etablierten Pfandbriefbanken,
     gleichzeitig verstärken sie den Wettbewerb auf der Angebotsseite. Der
     Beitrag beleuchtet die jeweiligen Interessen und zeigt auf, wie das künf-
     tige Zusammenwirken der verschiedenen Player aussehen könnte.

     Auch wenn im „Jahr 6 nach Lehman“ die Belastungen und Herausforderungen für Banken
     in Europa, darunter auch die gewerblichen Immobilienfinanzierer in Deutschland, nicht
     eben klein sind – als Stichworte seien hier nur der ungebrochene Trend der Regulierungs-
     verschärfung, Basel III, weiter steigende Eigenkapital-Anforderungen sowie der EZB-Stress-
     test genannt – sind dennoch deutliche Anzeichen einer Entspannung zu erkennen.
         Ängstlich hatte der Markt seinerzeit auf die Jahre 2012 bis 2014 geschaut, in denen der
     Höhepunkt der zur Refinanzierung anstehenden Volumina aus noch zu Vorkrisenzeiten arran-
     gierten Finanzierungen und CMBS-Transaktionen erwartet wurde. Bis in das Jahr 2012 hinein         17

     war dieses „financing gap“ ein Unsicherheitsfaktor. Die Angst vor einer nachhaltigen Finan-
     zierungslücke hat ihren Schrecken für den Finanzmarkt jedoch inzwischen verloren. Der Blick
     auf Zahlen, die der Immobiliendienstleister DTZ im Mai veröffentlichte, ließ manche sich ver-
     wundert die Augen reiben: In den Kernländern der EU, darunter auch Deutschland, gibt es
     einen Angebotsüberhang für Finanzierungen1) und dies trotz des Ausscheidens durchaus
     namhafter Banken wie der Eurohypo. Bei der Frage nach den Gründen für das Ausbleiben
     weiterer Marktturbulenzen sind folgende Fakten in Erwägung zu ziehen:

          Problemkredite und auch Verbriefungen wurden nur in seltenen Fällen gekündigt und
          (zwangs)verwertet. Vielmehr wurden europaweit sogenannte Bad Banks geschaffen, in
          denen auch Immobilienfinanzierungen geparkt und marktschonend abgebaut wurden.
          Nicht zuletzt dank der Eingriffe der EZB hat sich die Refinanzierungssituation der Banken
          deutlich entspannt. Die „dicke Bertha“ hat ihren Zweck erfüllt. Auch in Zeiten von Nied-
          rigstzinsen blieb darüber hinaus der Pfandbrief ein nachgefragtes und anerkannt erfolgrei-
          ches Refinanzierungsmittel für die deutschen Pfandbriefbanken, die daraus einen Wettbe-
          werbsvorteil generieren konnten.
          Die Liquiditätsschwemme und der – vor dem Hintergrund historischer Niedrigstzinsen –
          zunehmende Anlagedruck internationaler Investoren hat insbesondere in den letzten bei-
          den Jahren dazu geführt, dass der Preiseinbruch auf den Immobilienmärkten in relativ
          kurzer Zeit gestoppt wurde. Auf breiter Front steigende Preise führten dazu, dass sich
          viele internationale Banken vergleichsweise „geräuschlos“ und vor allem eigenkapitalscho-
          nend von ihren Problemkrediten trennen konnten. Zum Teil erschien es sogar attraktiv, die
          Darlehen zu verlängern, da die LTVs der Finanzierungen wieder auf ein akzeptables Maß
          gesunken waren.

1)
     DTZ Insight vom 19.05.2014
Immobilien Banking 2014 | 2015

                  Banken, Versicherer, Debt Funds in der gewerblichen
                  Immobilienfinanzierung – Konkurrenten oder Partner?

                 Auch die „new arrivals“, d. h. neue Kreditgeber am Markt für gewerbliche Immobilien-
                 finanzierungen haben dazu beigetragen, die Finanzierungslücke zu schließen. Zu ihnen
                 zählen insbesondere Staatsfonds, die auf der Suche nach sicheren „safe haven“ Invest-
                 ments den Immobilienmarkt deutlich übergewichtet haben, aber auch Versicherer,
                 Pensionskassen und mit Kreditfonds eine Vielzahl weiterer institutioneller Anleger.

          Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass insbesondere auf dem Finanzierungsmarkt
          für Immobilien in Deutschland eine positive Stimmung zu vermelden ist. Der Wettbewerb der
          Investoren um Finanzierungen bei Kreditgebern hat sich in Teilbereichen zu einem Wettbe-
          werb der Kreditgeber um Investoren gewandelt. Dieser Trendumschwung auf dem deutschen
          Immobilienfinanzierungsmarkt in den vergangenen 18 Monaten war in dieser Deutlichkeit von
          vielen Marktteilnehmern nicht erwartet worden. Diese Entwicklung wird auch im aktuellen
          DIFI-Report2) bestätigt:

          Deutscher Immobilienfinanzierungsindex (DIFI)
          Saldo in Prozentpunkten

                       Finanzierungssituation             Finanzierungserwartung                DIFI
           50
18
           40

           30

           20

           10

             0

          -10

          -20

          -30
                   Q4/11      Q1/12      Q2/12       Q3/12      Q4/12       Q1/13       Q2/13        Q3/13     Q4/13       Q1/14      Q2/14

          Quelle: ZEW; der DIFI (Deutscher Immobilienfinanzierungsindex), der die aktuelle Situation (vergangene sechs Monate) und die Erwartungen
          (kommende sechs Monate) der Umfrageteilnehmer bezüglich der deutschen Immobilienfinanzierungsmärkte abbildet wird quartalsweise
          ermittelt und berechnet sich als Mittelwert der Salden für die Immobilienmarktsegmente Büro, Einzelhandel, Logistik und Wohnen.

     2)
          DIFI Report, 2. Quartal / Einschätzungen zum Immobilienfinanzierungsmarkt in Deutschland
Das nun vorherrschende Thema ist der aktuell hohe Konkurrenzdruck unter den Finanzie-
     rungsgebern insbesondere für Core-Immobilien mit den entsprechenden Auswirkungen wie
     sinkenden Margen, steigenden Beleihungsausläufen und höheren Darlehensvolumina. Wurden
     in den vergangenen Jahren größere Transaktionen überwiegend als Clubdeals realisiert, gehen
     nunmehr einige Immobilienfinanzierer wieder dazu über, zunächst auch allein größere Volu-
     mina bereit zu stellen. Als relativ aktuelles Beispiel kann hier das Leo Portfolio von Patrizia
     mit einem Refinanzierungsvolumen von ca. 1 Mrd. Euro herangezogen werden. Trotz dieser
     aus Kreditnehmersicht insgesamt positiven Entwicklung bleibt abzuwarten, inwieweit die viel-
     zitierten neuen regulatorischen Rahmenbedingungen und der anhaltende Margendruck die
     klassischen Immobilienfinanzierer gegebenenfalls an ihre Leistungsgrenzen bringen – auch im
     Hinblick auf die Rentabilität. Können hier die „new arrivals“ unterstützen oder verschärfen sie
     nur den Wettbewerb? Sind sie Partner oder Wettbewerber?

            Versicherer/Pensionskassen

     International betrachtet ist es nichts Neues, dass Versicherer und institutionelle Fonds als
     bedeutende Finanziers von Immobilieninvestments auftreten. Vor allem in den USA und Groß-
     britannien verfügen Versicherer über langjährige Erfahrung und einen bedeutenden Anteil
     am Immobilienfinanzierungsmarkt. Aber auch für die deutschen Immobilienfinanzierer sind
     Versicherer keine unbekannten Marktteilnehmer. In den 1980er Jahren waren sie schon einmal               19

     stärker als Anbieter von Immobilienfinanzierungen aktiv. Die Gründe für ihren Wiedereintritt
     sind vielschichtig. An prominentester Stelle sind hier wohl Anlagedruck und die geänderte
     Regulierung der Versicherungsbranche – Solvency II – zu nennen. Bislang haben Versicherer
     ihre Allokationsziele in der Assetklasse Immobilien überwiegend durch direkte und indirekte
     Investition in den Immobilienerwerb erreicht. Solvency II sieht dafür nun einen Stressfaktor
     von 25 % vor, so dass diese Investitionsform an Attraktivität eher verlieren wird. Gleichzei-
     tig wird unter Solvency II die direkte Vergabe von grundpfandrechtlich besicherten Krediten
     durch Versicherer bevorzugt behandelt und hat eine deutliche Reduzierung der Solvenzkapi-
     talanforderungen zur Folge. In Abhängigkeit von der Besicherung durch das Grundpfandrecht
     kann diese sogar gegen null gehen.
         Ausgehend von dem beschriebenen Regulierungsvorteil von grundpfandrechtlich besi-
     cherten Darlehen gegenüber dem direkten oder indirekten Erwerb von Immobilien ist es nur
     logisch, eine zunehmende Präsenz von Versicherern und Pensionskassen auf dem Immobilien-
     finanzierungsmarkt zu erwarten. Für branchenweite Beachtung sorgte beispielsweise die Alli-
     anz, die sich mit großen Finanzierungen von „Trophy-Immobilien“ (z. B. 315 Mio. Euro für die
     Deutsche Bank-Zwillingstürme und 350 Mio. Euro für das CentrO Oberhausen) sukzessive ein
     Immobilienfinanzierungsportfolio in Deutschland von rund 1 Mrd. Euro aufgebaut hat. Abseits
     dieser Ausnahmefinanzierungen finden sich jedoch kaum belastbare Daten zu den tatsächli-
     chen Marktanteilen der Versicherer am geschätzt rund 350-400 Mrd. Euro großen deutschen
     Finanzierungsmarkt für gewerblich genutzte Immobilien.3) Die Realität scheint somit – zumin-
     dest aktuell – der hohen Erwartungshaltung hinterher zu hinken.

3)
     IREBS German Debt Project 2013, Analyse des deutschen Marktes für gewerbliche Immobilienfinanzierungen
Immobilien Banking 2014 | 2015

         Banken, Versicherer, Debt Funds in der gewerblichen
         Immobilienfinanzierung – Konkurrenten oder Partner?

          Kreditfonds

     Als weitere Alternative zur klassischen Immobilienfinanzierung haben sich in den letzten Jah-
     ren auch Kreditfonds am deutschen Markt etabliert. Sie übernehmen die Funktion der Kapital-
     sammelstelle und investieren entsprechend der jeweiligen Anlagestrategie. Letztere kann von
     einem Investment in Senior-Darlehen bis hin zum Erwerb von ausfallgefährdeten/gekündigten
     Darlehen reichen. Kreditfonds verwalten meist Mittel institutioneller Anleger, um diesen mit
     dem Einsatz ihrer Management-Leistung einen rentablen, profitablen Zugang zur Assetklasse
     Immobilienfinanzierung zu ermöglichen. Mit Blick auf die Kosten des aktiven Managements
     und die nur niedrigen Margen der Senior-Darlehen engagieren sie sich hauptsächlich außer-
     halb des Realkreditbereiches als subordinierter Junior/Mezzanine-Darlehensgeber und je nach
     Risk/Return-Profil der Anleger in LTV-Klassen zwischen 60 % und 80 %, zum Teil auch bis zu
     85 % (High Yield-Ansatz).
         Trotz des hohen Anlagedrucks für das eingeworbene Kapital scheint es, dass auch Kredit-
     fonds bislang keine wirklich nennenswerten Marktanteile am deutschen Immobilienfinanzie-
     rungsmarkt gewinnen konnten. Insbesondere im Segment der Senior-Darlehen ist der Wett-
     bewerb zwischen den Banken in Deutschland sehr intensiv und eine Domäne der deutschen
     Pfandbriefbanken. Aufgrund der höheren Renditeanforderungen ihrer Investoren fällt es Kre-
     ditfonds sehr schwer, mit den von ihnen angebotenen Konditionen gegen die starke Konkur-
     renz der Pfandbriefbanken zu bestehen. Dies wird sich voraussichtlich auch in Zukunft nicht
20   ändern.
         Erfolgsversprechender sieht es dagegen im Bereich von nachrangigen Junior/Mezzanine-
     Darlehen aus. Aufgrund der nach wie vor ausgeprägten Risikoaversion der Banken bietet sich
     in einer Finanzierungsspanne zwischen 70-85 % des Marktwertes der Objekte eine Vielzahl
     von Opportunitäten für alternative Finanzierungsgeber. Ausgehend von einem (Re-)Finanzie-
     rungsvolumen von geschätzten 50 Mrd. Euro pro Jahr bis 2016 ergibt sich ein durchaus nen-
     nenswertes Potential für Junior/Mezzanine-Darlehen.

          Private Equity

     Diese in ihrem Investmenthorizont sehr flexiblen Fonds werden ebenso zumeist von privaten
     und institutionellen Investorengeldern gespeist. Zum Teil wurden aber auch Direkt-Invest-
     ments von Family Offices oder hochspezialisierten Finanzdienstleistern getätigt. Auch hier
     steht ein sehr aktives Fonds-Management im Zentrum, das die hohen Renditeerwartungen
     der Fondsinvestoren von 15 bis 30 % mit Investments in (Preferred-) Equity bei hohen LTV’s
     zwischen 80 % bis knapp unter 100 % zu erfüllen beabsichtigt. Zum Teil wird in einigen
     Fonds nur geringe Liquidität vorgehalten, so dass für Investments durchaus Abrufzeiten von
     Fondseigenkapital berücksichtigt werden müssen.
TRANCHEN- UND INTERESSENSVERTEILUNG AUSSERHALB DES BANKENBEREICHS:

Finanzierungstranche                           LTV-Bereich            Finanzierungsgeber                      Verzinsung
 		                                            (etwa, in %)			                                                (etwa, in % p. a.)

 Senior-Darlehen (Realkreditbereich)           0 bis 50               Versicherer, Pensionsfonds,             über Bund /
 			                                                                  Versorgungskassen                       Pfandbriefe

 Senior-Darlehen                               0 bis 75               Versicherer, Kreditfonds
 			                                                                  (Senior Debt Strategy)                  4-6

 Junior / Mezzanine- Darlehen                  60 bis 85              Kreditfonds
 			                                                                  (Subordinated Debt Strategy)            5-15

 Equity (EK-Ersatz) / Preferred Equity         80 bis 95              Private Equity Fonds,
 			                                                                  spezialisierte institutionelle
 			                                                                  Anleger / Family Offices                15-30

Eine genaue Abgrenzung der Tranchen nach LTV und Rendite ist wegen der Individualität jeder größeren Immobilienfinanzierungstrans-
aktion nahezu unmöglich. Insofern ist diese Darstellung als beispielhaft und die Zahlen nur als annäherungsweise zu verstehen.

       „The challenge of a new normal“

Das Spannungsfeld zwischen Partnerschaft und Konkurrenz, in dem sich die etablierten
Pfandbriefbanken und die „new arrivals“ bewegen, wird maßgeblich von den Investoren
determiniert, die eine Immobilienfinanzierung aus einer Hand durchaus präferieren. Hier                                              21

können die Pfandbriefbanken den Vorteil langjähriger Erfahrungen in der administrativen
Abwicklung von Immobilienfinanzierungen sowie ihre Kundenbeziehungen einbringen. Für
die neuen Marktteilnehmer ist der Aufbau einer entsprechend eigenen Infrastruktur hingegen
zeit- und kostenaufwendig. Deshalb erscheint es nur konsequent, wenn sich beide Seiten part-
nerschaftlich begegnen und gemeinsam ihre jeweiligen Stärken sinnvoll kombinieren.
    Nicht nur für Pfandbriefbanken kann dies einen geänderten geschäftsstrategischen Ansatz
und eine Erweiterung des eigenen Selbstverständnisses zur Folge haben: weg vom Monoliner
hin zum Gesamt-Finanzierungs-Produzenten. Dieser arrangiert und strukturiert die relevanten
Finanzierungskomponenten aus seinem bereit stehenden Baukasten so passgenau, dass das
Endprodukt optimal die Bedürfnisse der Investoren erfüllt, u. a. im Hinblick auf die Aspekte
Preis, Volumen, Umsetzungsgeschwindigkeit, ein Ansprechpartner und konzertierte Verhand-
lungen. Dies kann gerade in der Geschäftsanbahnungsphase eine Veränderung und Erweite-
rung der Geschäftsprozesse erfordern.
    Die Bereitstellung komplexer Finanzierungen (von Senior- über Junior/Mezzanine-Darle-
hen bis hin zu Equity) aus einer Hand erfordert einen partnerschaftlichen Umgang. Kontakte
müssen geknüpft, erweitert und intensiviert werden. Neue Finanzierungspartner und deren
Interessenslagen müssen sorgfältig analysiert und Vertragsmuster sollten im Vorfeld harmo-
nisiert werden. Gegebenenfalls sind neue Ansätze zum Interessensausgleich der unterschied-
lichen Darlehensgeber im Hinblick auf deren Rangfolge in der Kapitalstruktur unter Berück-
sichtigung etablierter Ratinganforderungen zu schaffen. Und last but not least ist den sich
schnell ändernden regulatorischen Anforderungen Rechnung zu tragen. Dabei sollte von dem
Grundsatz auszugehen sein, dass jeder Marktteilnehmer, der sich wie eine Bank verhält, auch
ähnlichen oder gleichen Regeln unterliegt bzw. unterliegen wird.
    Die Herausforderung für die Pfandbriefbanken besteht darin, standardisierte Module und
Plattformen sowohl in der Vertragsgestaltung als auch im Management einer Immobilienfi-
nanzierung mit mehreren Darlehensgebern („Agency-Funktion“) zu entwickeln. Der Interes-
Immobilien Banking 2014 | 2015

           Banken, Versicherer,
     Der Pfandbriefmarkt        Debt Funds in der gewerblichen
                         2010/2011
           Immobilienfinanzierung – Konkurrenten oder Partner?

     sensausgleich zwischen den einzelnen Finanzierungspartnern wie auch zwischen dem
     Finanzierungskonsortium und dem Kunden muss von der Pfandbriefbank berücksichtigt,
     verhandelt und umgesetzt werden. Dies darf nicht zulasten der Schnelligkeit und einer
     gewissen Flexibilität gehen. Weiterhin muss – trotz der gestiegenen Komplexität – der
     gesamte Transaktionsmanagement-Prozess kosteneffizient abgewickelt werden können.
     Dies gilt für alle Phasen der Finanzierung, von der Umsetzung bis hin zur laufenden Ver-
     waltung. Dabei ist besonderes Augenmerk auf ein oft sehr umfangreiches (Dritt-) Sicher-
     heiten-Management zu legen. Bezüglich der Beteiligung weiterer Finanzierungspartner
     an Grundpfandrechten hat der Gesetzgeber seit Beginn dieses Jahres den Versicherern,
     Pensionsfonds und -kassen bei Konsortialfinanzierungen die Nutzung von Refinanzierungs-
     registern ermöglicht. Mit diesem Schritt lassen sich Grundpfandrechte (insbesondere aus
     granularen Immobilienportfolios) effizienter verwalten. Insofern bietet sich damit eine
     echte Erleichterung für die Beteiligung dieser Kreditgeber.

          Konkurrenten oder verlässliche Partner?

     Eine Vielzahl von Pfandbriefbanken sammelt bereits die eine oder andere Erfahrung mit den
     neuen Finanzierungspartnern. Die Herausforderung besteht darin, diese Zusammenarbeit vom
     Einzelfall zu lösen und auf eine strategische Ebene zu heben, unter Berücksichtigung einer
22   hinreichenden Diversifikation und gleichzeitig beherrschbaren Anzahl von Kontakten zu poten-
     ziellen Finanzierungspartnern.
         Bezüglich der Frage der Nachhaltigkeit im Sinne einer dauerhaften Präsenz der „new arri-
     vals“ ist sicher nicht auszuschließen, dass bei einem substanziellen Anstieg des Zinsumfeldes
     einige der neuen Finanzierungsgeber ihr Engagement wieder zurück fahren werden. Insbe-
     sondere Versicherer und Pensionskassen könnten dann liquide Anleihen oder Pfandbriefe
     wieder höher gewichten. Zumal in diesem Fall der aus dem aufwendigeren und komplexeren
     Immobilienfinanzierungsgeschäft erzielbare Renditevorsprung im Aufwand-Nutzenvergleich
     als zu gering erachtet werden könnte.
         Hingegen ist mit einer dauerhaften Präsenz der Kreditfonds zu rechnen. Sie bilden zusam-
     men mit Preferred Equity eine wichtige Brücke zwischen den angebotenen Senior-Darlehen
     und dem Eigenkapital. Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass die Senior-Darlehen
     nicht wieder Vorkrisen-Ausläufe erreichen werden und sich damit eine dauerhafte Markt-
     chance für Junior/Mezzanine-Darlehensanbieter bietet. Zusätzlich werden Kreditfonds zumeist
     von langfristig zur Verfügung stehendem Investorengeld gespeist und sollten ob ihrer gesuch-
     ten Funktion im Spannungsfeld zwischen Equity und Senior in der Lage sein, ihren Investoren
     stabile und risiko-adäquate Renditen anzubieten.

          Die Mischung macht’s

     Zweifelsfrei belebt Konkurrenz den Wettbewerb. Es gilt aus der Vielzahl der Anbieter zu selek-
     tieren und für die zumeist sehr individuellen Finanzierungs-Transaktionen die jeweils optimale
     Finanzierungsstruktur und die dafür besten Talente zu finden. Gleichzeitig sind die Interes-
senslagen der Finanzierungspartner in einem ausgewogenen Risiko/Chance-Verhältnis zu
fairen Preisen auszubalancieren. Die Kunst ist, alle Beteiligten so koordinieren zu können, dass
dem Immobilien-Investor idealerweise aus einer Hand eine in den Dimensionen Preis und Zeit
optimale Finanzierungsstruktur angeboten werden kann.
    Die Anforderungen, die sich allein aus der Anzahl und Interessenslage der Beteiligten
ergibt, erfordert ein hohes Maß an profunder Marktkenntnis und die Fähigkeit, komplexe
Transaktionslösungen aus einer Hand anbieten, organisieren und managen zu können. Pfand-
briefbanken bietet sich durch die „new arrivals“ die Chance, ihre angestammten Produktfelder
zu ergänzen. Die damit einhergehende Vertiefung des Produktes „Gewerbliche Immobilienfi-
nanzierung“ kann zudem eine gute Chance sein, sich im Wettbewerb positiv unterscheiden zu
können und Marktanteile zu behaupten oder dazu zu gewinnen.

     Stetig ist der Wandel

Die Kombination alternativer Finanzierungsquellen mit der etablierten, sicheren und zuverläs-
sigen Finanzierungsbereitschaft und -kraft der Pfandbriefbanken wird eventuell ein gewisses
Maß an Umdenken bis hin zu Teil-Strategieänderungen bei einigen Marktteilnehmern erfor-
dern, die es bisher gewohnt waren, sich auf die Rolle des Senior-Darlehensgebers zu kon-
zentrieren. Auch im Rahmen eines geänderten regulatorischen Umfelds taucht hier weniger
die Frage auf, ob sich die Risikopolitik der Banken ändern sollte, sondern wer welche Teile        23

der Gesamtfinanzierung zu welchem Preis liefern kann. Und: wer am besten geeignet ist, alle
Beteiligten zu orchestrieren und auf einer grundsoliden und verlässlichen Basis, die erforderli-
chen Managementkapazitäten bereit zu stellen.
     Weltmeisterliche Leistungen sind – wie sich kürzlich wieder bewiesen hat – meist nur dann
möglich, wenn unterschiedliche Talente mit klarer Rollenverteilung bei größtmöglicher Flexi-
bilität zusammen treffen. Auch braucht es einen „Teammanager“, der mit dem richtigen Kon-
zept die Talente an den richtigen Stellen zur richtigen Zeit einsetzt.
     Die Chance, mehr Mandate für Finanzierungen gewinnen, sollte sich für Institute, die Part-
nerschaften nutzen, erhöhen, indem sie ihre angestammte Stärke als Senior-Darlehensgeber
um den Service der Arrangierung auch aller anderen Finanzierungskomponenten erweitern.
Für den Investor könnten sowohl der Nutzen von Zeitgewinn als auch damit verbundene,
positive Disintermediationseffekte ein wichtiges Entscheidungsargument sein, ein modulares
Gesamtfinanzierungspaket aus einer Hand zu präferieren.
     Insofern sind die deutschen Pfandbriefbanken mit ihren Kapazitäten (auch im Sinne von
„know how“ und „know who“) und verlässlichen Qualitäten gut geeignet, alle Finanzierungs-
partner transaktionsspezifisch an einen Tisch zu bringen, den besten „Mix“ der Talente zu
finden und zu konzertieren. Die Voraussetzungen für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit
sind also gegeben – zumindest in der Theorie. Die Praxis wird zeigen, wie weit die möglichen
Vorteile einer Partnerschaft zwischen den etablierten Immobilienfinanzierern und den „new
arrivals“ tragen werden – oder um es mit Otto Rehhagel zu sagen: „Die Wahrheit liegt auf dem
Platz“.
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