Immobilien-Banking 2014 | 2015 - Professionelles Immobilien-Banking - Fakten und Daten
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Die gegenwärtig 38 im Verband deutscher Pfandbriefbanken e.V. (vdp) zusammengeschlossenen Mitgliedsinstitute sind Marktführer für die ge- werbliche Immobilienfinanzierung in Deutschland und gehören auch inter- national zu den bedeutenden Playern. Als Repräsentant seiner Mitglieds- institute nimmt der vdp die Interessen der Pfandbriefbanken gegenüber nationalen und europäischen Entscheidungsgremien sowie gegenüber einer breiteren Fachöffentlichkeit wahr. Als Spitzenorganisation der deutschen Pfandbriefbanken unterstützt der vdp seine Mitglieder außerdem mit hoch spezialisierten Geschäftslösungen. Das Know-how des vdp ist auf die spezifischen Anforderungen der Pfand- briefemittenten – den Pfandbrief und das deckungsfähige Kreditgeschäft – zugeschnitten. Der vdp fördert die wirtschaftlichen Belange der Mitglieds- institute durch gezielte Lobbyaktivität in der Kapitalmarktpolitik sowie in allen politischen Bereichen, die für das Pfandbriefgeschäft relevant sind. Er betreut seine Mitgliedsinstitute zudem in regulatorischen Fragestellungen und vertritt diese gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden. Im Rahmen der Group Governance werden in den Verbandsgremien Informationen und Erfahrungen aus den Mitgliedsinstituten ausgetauscht, aufbereitet und zu Marktstandards entwickelt. Der vdp bietet seinen Mitgliedsinstituten darüber hinaus Geschäftslösungen, die das besondere Kredit- und Emissionsgeschäft der Pfandbriefbanken unterstützen. Die Geschäftsaktivitäten der vdp-Mitglie- der profitieren von der anerkannten Expertise, der umfassenden Vernetzung und den gut eingeführten Kommunikationsinstrumenten des vdp.
Inhalt Professionelles Immobilien-Banking 4 Vorwort Jan Bettink, Präsident des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken 8 Langfristfinanzierung in Gefahr Prof. Dr. Michael Voigtländer und Heide Haas, Institut der deutschen Wirtschaft Köln 16 Banken, Versicherer, Debt Funds in der gewerblichen Immobilien- finanzierung – Konkurrenten oder Partner? Jan Bettink, Berlin Hyp und Verband deutscher Pfandbriefbanken 24 Der deutsche Markt für gewerbliche Immobilienfinanzierungen – 2 eine Analyse Markus Hesse und Prof. Dr. Tobias Just, IREBS 36 Diskussionen um einen nachhaltigen Wert Oder: Warum ist der Immobilienmarkt in Deutschland weniger volatil? Jörg Quentin, pbb Deutsche Pfandbriefbank 44 Finanzierung großvolumiger Transaktionen in der Wohnungswirtschaft – aktuelle Entwicklungen Gerhard Meitinger, pbb Deutsche Pfandbriefbank
Porträts von vdp-Mitgliedsinstituten 50 Aareal Bank | Wiesbaden 51 BayernLB | München 52 Berlin Hyp | Berlin 53 Bremer Landesbank | Bremen 54 Commerzbank | Frankfurt am Main 55 COREALCREDIT BANK | Frankfurt am Main 56 DekaBank | Frankfurt am Main 57 Deutsche Apotheker- und Ärztebank | Düsseldorf 58 Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank | Hamburg 59 Deutsche Hypothekenbank | Hannover 60 Deutsche Kreditbank | Berlin 61 Deutsche Pfandbriefbank | Unterschleißheim 3 62 Deutsche Postbank | Bonn 63 Düsseldorfer Hypothekenbank | Düsseldorf 64 Hamburger Sparkasse | Hamburg 65 HSH Nordbank | Hamburg 66 ING-DiBa | Frankfurt am Main 67 Kreissparkasse Köln | Köln 68 Landesbank Baden-Württemberg | Stuttgart 69 Landesbank Berlin | Berlin 70 Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) | Frankfurt am Main 71 M. M. Warburg & CO Hypothekenbank | Hamburg 72 Münchener Hypothekenbank | München 73 Natixis Pfandbriefbank | Frankfurt am Main 74 Nord/LB Norddeutsche Landesbank Girozentrale | Hannover 75 SaarLB Landesbank Saar | Saarbrücken 76 Santander Consumer Bank | Mönchengladbach 77 SEB | Frankfurt am Main 78 Sparkasse KölnBonn | Köln 79 UniCredit Bank HypoVereinsbank | München 80 VALOVIS BANK | Essen 81 WL BANK Westfälische Landschaft Bodenkreditbank | Münster 82 Wüstenrot Bank Pfandbriefbank | Ludwigsburg Weitere Informationen 83 Professionelles Immobilien-Banking – Themen der Jahre 2002 – 2013 86 Weitere Informationsmaterialien zum Immobilien-Banking
Vorwort auch wenn die unmittelbaren Auswirkungen der Finanzkrise überwunden scheinen, bewegen sich die Pfandbriefbanken nach wie vor in einem herausfor- dernden Umfeld. Regulatorische Eingriffe und stabilisierende Maßnahmen der Europäischen Zentralbank bestimmen weiterhin die Märkte. Auch die Staats- schuldenkrise schwelt weiter, rückt aber aufgrund der bislang erfolgreichen Krisenbekämpfung durch die EZB und angesichts der geopolitischen Risiken in den Hintergrund. Am Kapitalmarkt treibt der Anlagedruck die Renditen von 4 Pfandbriefen analog zu jenen deutscher Staatsanleihen auf bisher nie gekannte Tiefstände. Gleichzeitig erweitern am gewerblichen Immobilienmarkt neue Marktteilnehmer das Spektrum der gewerblichen Immobilienfinanzierer und erhöhen damit den Wettbewerbsdruck auf der Angebotsseite. Diesen Trend greift das in diesem Jahr zum dreizehnten Mal erscheinende Fact Book „Professionelles Immobilien Banking – Fakten und Daten“ ebenso auf wie die Themen Langfristigkeit und Transparenz, die weitere Schwerpunkte der Aus- gabe 2014/2015 bilden. Das Fact Book soll dabei, wie gewohnt, nicht nur infor- mieren, sondern auch Handreichung für Investoren bei ihren Investitions- und Finanzierungsentscheidungen sein. Langfristige Finanzierungen tragen ganz wesentlich zur Stabilität von Immobi- lienmärkten und damit zur Stabilisierung ganzer Volkswirtschaften bei. Nicht zuletzt deshalb hat der Verband deutscher Pfandbriefbanken einen Forschungs- auftrag zum Thema „Langfristfinanzierung durch Banken“ des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln unterstützt. Zwei der Autoren stellen in diesem Fact Book erste Ergebnisse ihrer Analysen vor. Sie zeigen, dass die Fähigkeit der Banken, weiterhin langfristige Darlehen in immobilientypischer Höhe zu verge- ben, durch künftige Regulierungen deutlich eingeschränkt werden könnte. Statt
Jan Bettink | präsident die Vergabe langfristiger Darlehen zu fördern, würden Anreize zur Vergabe kurz- fristiger Darlehen gesetzt. Problematisch werde es, wenn Finanzierungen künftig von weniger etablierten und weniger regulierten Finanzintermediären angeboten würden. Die Regulierung könne kontraproduktiv sein, wenn auf der einen Seite die Banken zwar robuster würden, auf der anderen Seite aber die Risiken für das gesamte Finanzsystem und die Volkswirtschaft stiegen. 5 Der Beitrag „Banken, Versicherer, Debt Funds in der gewerblichen Immobilien- finanzierung – Konkurrenten oder Partner?“ zeigt auf, dass die für die Jahre 2012 bis 2014 prognostizierte Finanzierungslücke nicht eingetreten ist. Im Gegenteil sei in den Kernländern der EU, darunter auch in Deutschland, sogar ein Ange- botsüberhang für Finanzierungen festzustellen. Der Markt werde auch durch verschiedene, teils neue Finanzierungsformen sowie durch neue Finanzierer bereichert. Der Autor analysiert die Motivation und die Renditeerwartungen der jeweiligen Anbieter. Zugleich sagt er den Pfandbriefbanken eine neue Rolle voraus: Ihre Aufgabe werde künftig verstärkt in der „Orchestrierung“ zwischen dem Kunden einerseits und den verschiedenen Fremdkapitalgebern andererseits bestehen. Alternative Anbieter von Immobilienfinanzierungen sind auch im dritten Beitrag ein Thema. Im zweiten Jahr in Folge hat die International Real Estate Business School (IREBS) der Universität Regensburg den deutschen Markt für gewerbli- che Immobilienfinanzierungen untersucht. Dazu wurden Interviews mit 32 füh- renden Vertretern namhafter Anbieter von Immobilienfinanzierungen geführt, die gemeinsam ein Kreditvolumen von 137 Milliarden Euro abdecken. In ihrem Beitrag stellen die beiden Autoren der Analyse ihre Ergebnisse detailliert vor. Beispielsweise nehme der „Finanzierungsradius“ der Anbieter von Immobilien-
Vorwort darlehen spürbar zu. Das Kreditwachstum finde nicht mehr nur bei Core-Objek- ten in den sogenannten A-Städten statt. Der durchschnittliche Darlehensauslauf (LTV) im Neugeschäft liege seit 2010 stabil bei etwa 66 Prozent. Allerdings sagen die Teilnehmer der Befragung für die kommenden zwei Jahre einen Anstieg die- ses Wertes auf 72 Prozent voraus. Zugleich erwarten sie für diesen Zeitraum aus Bankensicht ein verschlechtertes Chance-Risiko-Profil, das maßgeblich auf die gestiegenen Regulierungsanforderungen zurückzuführen ist. 6 Im Beitrag „Diskussionen um einen nachhaltigen Wert – oder: Warum ist der Immobilienmarkt in Deutschland weniger volatil?“ geht es um die Frage, wie der Wert von Immobilien, der naturgemäß und teils erheblich schwankt, in Unter- nehmensbilanzen und als Kreditsicherheit abgebildet wird. Vor allem wegen der Kapitalintensität von Immobilien kann die Art ihrer Bilanzierung oder Bewertung wirtschaftliche Krisen verstärken, wenn nicht sogar auslösen. Diese Erkenntnis setzt sich inzwischen auch in Ländern durch, in denen der Marktwert bislang als alleinige Richtschnur galt. So hat die Bank of England in der stichtagsbezoge- nen Bewertung eine Ursache prozyklisch agierender Gewerbeimmobilienmärkte entdeckt. In Großbritannien wird jetzt nach einem nachhaltigen Wert von Immo- bilien gesucht, der unabhängig von Wirtschaftskrisen und Boomzeiten ist. In Deutschland wird dieser Weg schon lange beschritten. Hier wird neben einem stichtagsbezogenen Marktwert zumeist auch ein Beleihungswert als nachhal- tiger Wert ermittelt. Dies hat dazu beigetragen, dass Immobiliendarlehen von Pfandbriefbanken auch dann noch über Pfandbriefe refinanzierbar waren, als eine Kapitalmarkt-Refinanzierung mit keinem anderen Produkt mehr möglich war. Der Autor zeigt auf, in welchen Bereichen ein „internationaler“ nachhaltiger Wert mindestens Regelungen treffen müsste, und wie diese aussehen sollten
um auch auf ausländischen Märkten Übertreibungen des Marktgeschehens zuverlässig abzufedern – so wie es in Deutschland seit Jahrzehnten geschieht. Seit jeher stehen Pfandbriefbanken mit ihren Produkten auch den Bestands- haltern von Wohnimmobilienportfolios zur Verfügung. In diesem Segment ist weniger die „Financial Engineering“-Kompetenz der Banken gefragt, sondern lösungsorientierte und praktikable Finanzierungsformen, die den täglichen 7 Belangen ihrer Kunden entsprechen. Der letzte Beitrag unseres diesjährigen Fact Books beleuchtet, welche Finanzierungsformen diesen Kunden (wieder) zur Verfügung stehen und mit welchen Vor- und Nachteilen sie jeweils verbun- den sind. Der Autor unterstreicht die Bedeutung des Vorhandenseins eines professionellen Bank-Ansprechpartners für Wohnunternehmen, der flexibel auf individuelle Kundenwünsche reagieren kann. Dagegen stünden dem sogenann- ten Servicer eines verbrieften Darlehens nur die Optionen zur Verfügung, die vorab in der Vertragsdokumentation geregelt wurden. Wir wünschen allen Lesern eine spannende und informative Lektüre. Unser besonderer Dank geht an die Autoren des Fact Books, ohne deren Fachkompe- tenz die Erstellung einer an den hohen Ansprüchen von Investoren ausgerich- teten Publikation nicht möglich gewesen wäre. Jan Bettink vdp-präsident
Immobilien Banking 2014 | 2015 Langfristfinanzierung in Gefahr Prof. Dr. Michael Voigtländer und Heide Haas, Institut der deutschen Wirtschaft Köln 8
Langfristige Finanzierungen tragen wesentlich zur Beruhigung der Märkte und damit zur Stabilität von Volkswirtschaften bei. Durch die neuen Finanz- marktregulierungen für Banken wird sich der Markt für langfristige Finan- zierungen jedoch verkleinern, und auch andere Finanzintermediäre werden diese Lücke kaum schließen können. Geboten ist daher eine differenziertere Ausgestaltung dieses Regelwerks, damit der Bankensektor zwar robuster wird, gleichzeitig aber seine originären volkswirtschaftlichen Funktionen weiter erfüllen kann. Hintergrund Langfristige Finanzierungen sind ein wichtiger Schlüssel zur Erklärung geringerer Marktvola- tilitäten. Haushalte und Unternehmen, die langfristig finanziert sind, haben Planungssicherheit und können unabhängig von dem volatilen Kapitalmarktumfeld handeln. Dies trägt maßgeblich dazu bei, dass sich die Märkte stetiger entwickeln. Besonders anschaulich lässt sich dies am Beispiel des Wohnimmobilienmarktes verdeutlichen. Während in Ländern mit überwiegend variabel verzinslichen Darlehen die Nachfrage stark auf die Zinsänderungen vor und nach der Finanzkrise reagierte und damit auch die Basis für den Aufbau einer spekulativen Blase legte, reagierte die Nachfrage nach Wohnimmobilien in Deutschland deutlich stabiler, was maßgeb- lich dazu beigetragen hat, dass wir trotz der Finanzkrise keine Exzesse im hiesigen Wohnungs- 9 markt erlebt haben. Paradoxerweise könnte die Langfristfinanzierung aber gerade wegen der geplanten Finanz- marktregulierungen – die ja die Stabilität erhöhen sollen – in Gefahr geraten. Schließlich set- zen Basel III und Solvency II Anreize, eher kürzere Kreditlaufzeiten anzubieten. Damit sinken zwar die Zinsänderungsrisiken im Bankensektor, aber sie werden letztlich verlagert auf den nichtfinanziellen Sektor, der diese Risiken deutlich schlechter moderieren kann. Eine wesent- liche volkswirtschaftliche Funktion der Banken ist nicht zuletzt die Fristentransformation, die jedoch unter den geplanten Regeln deutlich schwieriger wird.* Basel III und Langfristfinanzierung In der Diskussion der Bankenregulierung nach Basel III stehen die neuen quantitativen und qualitativen Eigenkapitalvorschriften im Vordergrund. Um die Kapitalgrundlage der Kredit- institute entsprechend den Erfahrungswerten aus der Wirtschafts- und Finanzkrise sicherer zu gestalten, sind Banken in der EU dazu angehalten, ihr Eigenkapital sowohl quantitativ als auch qualitativ hinsichtlich der eingegangen Risiken aufzubauen. Dies könnte die Kreditkosten insgesamt erhöhen, da die Eigenkapitalkosten für Banken typischerweise über den Fremd- kapitalkosten liegen, aber ein unmittelbarer Einfluss auf den Anteil der Langfristfinanzierung ist nicht erkennbar. * Grundlage für den vorliegenden Beitrag ist die vom Verband deutscher Pfandbriefbanken im Rahmen eines Forschungsauftrags geförderte, in Arbeit befindliche Untersuchung „Langfristfinanzierung durch Banken“, die im Herbst als IW-Analyse erscheinen wird.
Immobilien Banking 2014 | 2015 Langfristfinanzierung in Gefahr Neben den Vorschriften für höheres risikogewichtetes Eigenkapital im Rahmen der Basel-III- Einführung ist jedoch auch eine risikounabhängige Verschuldungskennziffer (Leverage Ratio) vorgesehen. Zur Ermittlung dieser Kennziffer wird das Eigenkapital im Verhältnis zur gesam- ten Bilanzsumme berechnet, wobei einzelne Positionen keine besondere Gewichtung erfahren: Kernkapital (Tier 1) Leverage Ratio = >3% Bilanzsumme Sollte der Baseler Zielwert von drei Prozent in Europa umgesetzt werden, haben Institute zur Erfüllung dieses Wertes drei Möglichkeiten: Sie können ihr Eigenkapital mit neuen Kapital- gebern erhöhen, sie können Gewinne thesaurieren oder ihre Bilanzsumme reduzieren, bei- spielsweise indem auslaufende Kreditverträge nicht verlängert werden. Ein genauerer Blick auf die verschiedenen Institutsgruppen zeigt, dass insbesondere klassische Langfristfinanzie- rer wie Realkreditinstitute aufgrund der Leverage Ratio unter Anpassungsdruck stehen. In Deutschland haben sich die Realkreditinstitute auf die langfristige Finanzierung von Immobilien und Gebietskörperschaften spezialisiert. Diese Kredite refinanzieren sie größten- teils über Pfandbriefe, die ihnen eine fristenkongruente Refinanzierung der Darlehen erlauben. Zwar können seit dem Pfandbriefgesetz von 2005 heute nahezu alle Kreditinstitute eine Lizenz zur Emission von Pfandbriefen beantragen, aber nichtsdestotrotz werden die meisten Pfand- briefe immer noch von den darauf spezialisierten Instituten emittiert. Die langfristige Immobi- 10 lien- und Staatsfinanzierung ist ein sicheres, aber auch margenarmes Geschäft. Daher haben Realkreditinstitute typischerweise eine niedrige Leverage Ratio, wie Abbildung 1 zeigt. Neben den Großbanken, die eine Teilgruppe der Kreditbanken darstellen, weisen die Realkredit- institute mit 3,8 Prozent mit die niedrigste Leverage Ratio aller Bankengruppen auf. Während bei den Großbanken die niedrigen Werte als eine Folge der Finanzkrise interpretiert werden können, sind sie bei den Realkreditinstituten strukturell bedingt niedriger. So lag die Leverage Ratio Anfang der 2000er Jahre sogar nur bei zwei Prozent und auch 2010 lag sie noch bei 2,6 Prozent. Erst seitdem wurde, vor allem durch Bilanzverkürzungen, die Quote erhöht. Abb. 1: Durchschnittliche Leverage Ratio deutscher Bankengruppen im Oktober 2013 Kreditbanken 3,7% Großbanken 3,0% Landesbanken 6,5% Genossenschaften 6,6% Realkreditinstitute 3,8% Bausparkassen 4,4% 0% 1% 2% 3% 4% 5% 6% 7% Quelle: Deutsche Bundesbank, eigene Berechnungen
Wird die Einhaltung der Leverage Ratio bindend, sind die Folgen je nach Geschäftsmodell nur schwer abschätzbar. Als gesichert kann gelten, dass die Staats- und die Immobilienfinan- zierung (Geschäfte, die in Deutschland vor allem von Langfristfinanzierern gemacht werden) dadurch zumindest nicht gestärkt werden. Die einheitliche und risikounabhängige Eigenka- pitalquote steht im Gegenteil in Konflikt mit diesen Kerngeschäftsfeldern von Langfristfinan- zierern, die mit ihren Angeboten langfristiger Finanzierungen auch privaten Haushalten zur Verfügung stehen. Dies gilt umso mehr, als die Liquiditätskennziffern ohnehin Anreize zu kürzeren Laufzeiten setzen. Sowohl von Seiten der Politik als auch von Regulatoren wurde die Problematik der vereinheitlichenden Kennziffer bereits erkannt und auf die Möglichkeit einer Differenzierung nach Geschäftsmodellen hingewiesen. Für die Zukunft der Langfristfinanzierung sind weiterhin die neuen Liquiditätsstandards von Bedeutung, die auf europäischer Ebene durch die Capital Requirements Regulation (CRR) eingeführt werden. Mit der Vorgabe einer einzuhaltenden Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio – LCR) sollen Kreditinstitute auch bei einem Abfluss von Liquidität, beispiels- weise in Form von Spareinlagen, zahlungsfähig bleiben. Nach den Vorgaben des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht müssen Banken einen Mindestbestand hochliquider Aktiva vorhalten, mit dem sie den in einem Zeitraum von 30 Tagen auftretenden kumulierten Netto- zahlungsverpflichtungen nach verschiedenen Stressszenarien nachkommen können. Diese Mindestliquiditätsquote wird nur einen geringen Effekt auf die Langfristfinanzierung haben, wobei die Definition hochliquider Assets einen entscheidenden Parameter für die Nachfrage nach Refinanzierungstiteln innerhalb des Bankensektors darstellt. 11 Neben der Mindestliquiditätsquote (LCR) bestehen derzeit Überlegungen, für die Beurtei- lung der Liquidität eines Institutes zusätzlich die Kennziffer der strukturellen Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio – NSFR) zu verwenden. Diese Kennziffer soll anzeigen, ob auch die mittel- und langfristige Finanzierung von Finanzinstituten den Stabilitätsanforderungen ent- sprechen und soll damit einen potenziellen Ansatz zur Ermittlung des Refinanzierungsrisikos darstellen. Nach dem derzeitigen Planungsstand wird sie aus dem Verhältnis zwischen lang- fristig stabilen Refinanzierungsquellen zu den möglichen Liquiditätsanforderungen errechnet, die sich aus den Refinanzierungen ergeben könnten. Da die sich in der kurzen Frist ergeben- den Refinanzierungsnotwendigkeiten jederzeit durch Refinanzierungsquellen gedeckt sein sollten, soll dieses Verhältnis stets größer sein als 100 Prozent: Verfügbarer Betrag stabiler Refinanzierung NSFR = > 100 % Erforderlicher Betrag stabiler Refinanzierung Die NSFR soll verhindern, dass Banken aufgrund einer nicht risikoadjustierten Fristentrans- formation in Liquiditätsprobleme geraten, die ein Eingreifen des Staates erfordern. Allerdings werden hiermit auch Anreize gesetzt, die ein Hemmnis für die Langfristfinanzierung darstel- len. Abbildung 2 zeigt eine grobe Kalkulation dieses Liquiditätsmaßes für alle deutschen Banken. Demnach erfüllen die deutschen Banken im Durchschnitt bereits heute die NSFR. Allerdings ist es wahrscheinlich, dass eine beträchtliche Anzahl der Institute diese Quote gerade noch nicht oder nur knapp erfüllt. Diese Institute müssen dann sowohl die Passiv- als auch die Aktiv-Seite ihrer Bilanz verändern, um die Vorgaben zu erfüllen. Auf der Passiv-Seite können insbesondere zwei Refinanzierungsmöglichkeiten die NSFR-Quote verbessern: Eigen- kapital und Schuldverschreibungen mit langen Laufzeiten, da diese Refinanzierungen ohne Abschlag in die Bemessung der NSFR eingehen.
Immobilien Banking 2014 | 2015 Langfristfinanzierung in Gefahr Abb. 2: Refinanzierung deutscher Kreditinstitute nach der NSFR im Jahr 2013 in Milliarden Euro 350.000 Eigenkapital Einlagen private Haushalte 250.000 Einlagen Unternehmen Verbindlichkeiten >1 Jahr Verbindlichkeiten
alternative Finanzintermediäre verlagern wird, schlichtweg weil diese durch die Regulierung bevorzugt werden. So müssen Versicherer zum Beispiel keine Liquiditätskennziffern einhalten, bei Kreditfonds gibt es zwar Vorschriften bezüglich der Höhe des Eigenkapitals, jedoch sind die Qualitätsanforderungen an das Eigenkapital deutlich geringer. Fraglich ist jedoch, ob die alternativen Finanzintermediäre sich auch in der Langfristfinanzierung engagieren werden. Ein Blick in die Historie zeigt, dass sich Langfristfinanzierung nur langsam entwickelt und die Anbieter auch über eine entsprechende Erfahrung verfügen müssen, um die Kreditausfall- wahrscheinlichkeit über einen langen Zeitraum einschätzen zu können. Sofern Kreditfonds außerhalb des Bankensektors aufgelegt werden, müssen erst Erfahrungen gewonnen werden. Da die Investoren außerdem typischerweise bei Fonds nur mittlere Anlagedauern bevorzugen, scheint eine Langfristfinanzierung durch Fonds eher unwahrscheinlich. Bei Versicherern, bei denen ein Engagement in der Finanzierung bereits eingeübt ist, muss überdies berücksichtigt werden, dass auch Solvency II in der Kreditvergabe Anreize zu kürzeren Laufzeiten setzt, da die Eigenkapitalanforderungen mit der Laufzeit ansteigen. Reform der Regulierung Wie gezeigt, werden die verschiedenen Anbietergruppen regulatorisch unterschiedlich behandelt, was eine mangelnde Wettbewerbsgleichheit zwischen den Finanzierern zur Folge hat. Wichtig ist, dass es für die Kreditvergabe einen einheitlichen Wettbewerbs-Rahmen gibt. 13 Werden einzelne Finanzintermediäre bei der Kreditvergabe regulatorisch bevorzugt, gibt es Verzerrungen im Markt, die neue Ungleichgewichte schaffen könnten. Die Konsequenz ist, dass sich im Schattensektor – zunächst unbeobachtet – Risiken kumulieren, die den Ausgangs- punkt neuer Krisen darstellen können. Zur Erhöhung der Finanzstabilität wird es nicht ausrei- chen die Banken stärker zu regulieren. Stattdessen muss das Gesamtsystem im Auge behalten werden. Die Idee einer Verschiebung der Langfristfinanzierung an alternative Finanzinter- mediäre, womöglich sogar unterstützt durch weitere Vorteile in der Regulierung, muss daher unbedingt verworfen werden. Dabei sprechen das über Jahre akkumulierte Fachwissen, die bestehende Expertise in der Risikoanalyse und die damit zusammenhängenden Prüfungskapazitäten deutlich dafür, zunächst die Bedingungen des Angebotes von Langfristfinanzierung durch Banken nicht durch Regulierungen zu erschweren. Ein weiterer wichtiger Vorteil von Banken besteht in dem zur Verfügung stehenden Refinanzierungsmix aus Einlagen, gedeckten und ungedeckten Schuldverschreibungen und Verbriefungen, der es erlaubt, flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren und Risiken zu streuen. Anders sieht dies etwa bei Kreditfonds aus, die bei einem Rückzug der Investoren – aus welchem Grund auch immer – schnell in Schieflage geraten können. Derzeit setzt die Umsetzung von Basel III auf europäischer Ebene noch Anreize zu kürze- ren Kreditlaufzeiten. Dies erfolgt über eine Mischung aus Nachteilen für traditionelle Lang- fristfinanzierer wie Realkreditinstitute und der mit den Liquiditätsquoten gesetzten Anreize in Kombination mit anderen Regulierungen, etwa Solvency II. Kerngedanke von Basel III ist es dabei, die Risiken im Bankensektor zu reduzieren und damit die Finanzstabilität zu erhöhen. Gleichzeitig wird damit jedoch die volkswirtschaftliche Funktion der Banken eingeschränkt. Die Regulierung sieht sich damit einem Dilemma ausge- setzt: Auf der einen Seite muss vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der Finanzkrise die Sicherheit des Finanzmarktes erhöht werden, um negative Rückwirkungen auf die Realwirt-
Immobilien Banking 2014 | 2015 Langfristfinanzierung in Gefahr schaft zukünftig zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen. Auf der anderen Seite wird damit die Langfristfinanzierung erschwert, was ebenfalls negative Rückwirkungen auf die Realwirt- schaft hat, weil damit Planungssicherheit verloren geht und weil sich langfristige Finanzierun- gen beruhigend auf die Preisentwicklung auswirken. Das Ziel muss folglich darin bestehen, die Regulierung so zu gestalten, dass Banken zwar sicherer und robuster werden, gleichzeitig aber ihre Funktionsfähigkeit erhalten bleibt. Kon- zentrieren muss sich die Regulierung dabei insbesondere auf das systemische Risiko, also die Gefahr von Domino-Effekten bei Insolvenzen einzelner Banken, da dies eine wesentliche Prob- lematik in der Finanzkrise darstellte. Mit der Umsetzung der Bankenunion wurden hier bereits wesentliche Maßnahmen getroffen, um die Effekte einer Insolvenz einzudämmen. Während die Bankenunion allerdings den Fall von Insolvenzen regelt, muss Basel III dazu beitragen, die Insolvenzwahrscheinlichkeit zu reduzieren. Ausgehend von der bisherigen Analyse werden im Folgenden einige Leitlinien für eine Überarbeitung von Basel III abgeleitet. Unstrittig ist, dass die Banken mehr Eigenkapital vorhalten müssen. Der Mangel an Eigen- kapital war der wesentliche Grund dafür, dass die Banken die anfänglichen Verluste aus der Subprime-Krise nicht verkraften konnten. In Abhängigkeit von ihrem Risiko sollten Banken daher, wie dies auch nach Basel III vorgesehen ist, mehr Eigenkapital unterlegen. Dies hat auch nur einen geringen Einfluss auf die Art der Kreditvergabe und stellt somit kein generel- les Hemmnis für langfristige Finanzierungen dar. Weil die Eigenkapitalkosten zwar über den 14 Fremdkapitalkosten liegen, wird dies zwar die Kreditkosten erhöhen, aber dafür ist von einer Erhöhung der Finanzstabilität auszugehen. Anders gelagert ist die Bewertung allerdings bei der Leverage Ratio. Die Leverage Ratio ist unabhängig vom Geschäftsmodell und den einge- gangenen Risiken und soll nach derzeitigen Vorschlägen drei Prozent betragen. Wie gezeigt, wird die Leverage Ratio insbesondere negative Rückwirkungen auf Geschäftsfelder haben, die in Deutschland vor allem von Langfristfinanzierern besetzt werden, und für die aufgrund ihrer Stabilität und Risikoarmut bis dato nur wenig Eigenkapital vorgehalten werden musste. Es erscheint wahrscheinlich und ist bereits zu beobachten, dass die betroffenen Langfristfinan- zierer ihre Bilanzsumme anpassen werden, was die Langfristfinanzierung insgesamt schwächt. Dennoch erscheint ein gänzlicher Verzicht auf die Leverage Ratio ebenfalls problematisch, da die jüngere Vergangenheit gezeigt hat, dass die Risikomessung der Banken zwar den gel- tenden aufsichtsrechtlichen Regeln entsprach, aber der Realität nicht immer standhielt. Ein Kompromiss könnte es daher sein, die Leverage Ratio nur als an die Aufsicht zu meldende Beobachtungskennziffer zu nutzen, und nicht verbindlich einzufordern. Verringerungen der Kernkapitalquote könnten dann einen Anlass für die Finanzaufsicht darstellen, die Bilanz und die Aktivitäten der betreffenden Bank eingehend zu prüfen. Dies würde auch eher der Intention der Leverage Ratio entsprechen, die letztlich auch theoretisch nicht begründet wer- den kann. Schließlich wird sie eben vor allem deswegen gefordert, weil die Risikomessung unsicher ist. Ein weiteres wesentliches Hemmnis stellt die Net Stable Funding Ratio dar. Sie setzt zugleich Anreize, die Refinanzierung langfristig und die Kreditlaufzeiten kurzfristig zu gestal- ten. In der Literatur werden die neuen Liquiditätskennziffern insgesamt kritisch betrachtet. Zwar finden sich auch in nationalen Regelwerken Vorgaben für das Liquiditätsmanagement, aber die in Basel III gestellten Anforderungen gehen deutlich darüber hinaus. Durch die ver- schiedenen Haircuts bei Refinanzierungen und Aktiva bewertet der Regulierer darüber hinaus die einzelnen Geschäftsfelder und Refinanzierungsquellen und legt damit Umschichtungen
nahe. Dabei kann jedoch nur sehr grob vorgegangen werden und die Sicherheit einzelner Refi- nanzierungsquellen kann sich im Zeitablauf auch ändern. So gehen Einlagen privater Kunden etwa mit einer vergleichsweise hohen Quote von 80 Prozent in die NSFR ein. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auch Privatkunden ihre Mittel kurzfris- tig abziehen können, was häufig genug ein Grund für die Illiquidität von Banken war. Gerade der bereits erwähnte Refinanzierungsmix ist deshalb ein Garant für eine stabile und effiziente Refinanzierung. Die Bewertung der Refinanzierung (und der Aktiva) hinsichtlich ihrer Liqui- ditätseigenschaften kann Monostrukturen begünstigen, die sich bei veränderten Marktbedin- gungen als nachteilig erweisen. Grundsätzlich sollten die Liquiditätskennziffern daher nicht zu restriktiv gewählt werden. Eine Möglichkeit besteht daher darin, den Schwellenwert der NSFR und auch der LCR nicht auf 100 Prozent zu setzen, sondern etwa auf 95 Prozent. Dies würde den Spielraum der Banken erhöhen, gleichzeitig aber exzessive Fristentransformationen, wie sie teilweise vor der Finanzkrise gewählt wurden, unterbinden. Gleichzeitig könnte festgelegt werden, dass Banken deren NSFR sich verschlechtert oder aber unter einen Wert von 100 Pro- zent fällt, besonders beobachtet werden. Insgesamt wird damit hier für eine Regulierung plädiert, die sich weniger an reinen Kenn- zahlen orientiert, sondern verstärkt individuelle Prüfungen durchführt und in den Dialog mit den Finanzinstituten eintritt. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass die Geschäftsmo- delle der Banken in der EU sehr verschieden sind und sowohl die Kernkapitalquote als auch die Liquiditätsquoten nur eine begrenzte Aussagekraft für die Insolvenzwahrscheinlichkeit eines Instituts haben. Daher dürfen insbesondere diese Kennziffern nicht zu restriktiv ausge- 15 staltet werden. Schlussfolgerungen Als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise sollen Banken künftig stärker reguliert werden. Damit soll die Stabilität des Finanzsystems gestärkt und die Gefahr einer neuen Krise verringert werden. Es steht außer Frage, dass die Robustheit der Banken durch die neuen Regeln verbessert wird. Gleichsam wird jedoch zunehmend deutlich, dass die Regulierung die volkswirtschaftliche Funktion der Banken spürbar einschränkt. Insbesondere ihre Funktion als Langfristfinanzierer können die Banken künftig nur begrenzt wahrnehmen. Die EU-Kommission hat dieses Thema mittlerweile erkannt und auf die Agenda gesetzt. Dies ist verdienstvoll, doch der Ansatz, die Langfristfinanzierung auf andere Finanzintermedi- äre zu verlagern, muss als äußerst problematisch angesehen werden. So lässt sich ausführlich darlegen, dass Banken aufgrund ihrer Refinanzierungsmöglichkeiten, ihres Geschäftsmodells und ihrer langen Erfahrung für die Bereitstellung von Langfristfinanzierung prädestiniert sind. Verlagerungen auf andere Marktteilnehmer können durch ungleiche Rahmenbedingungen in der Regulierung oder andere Anreize erreicht werden, was jedoch nicht zielführend ist. Schließlich können Langfristfinanzierungen dann nicht mehr von den günstigsten Anbietern bereitgestellt werden, sofern alternative Finanzierer überhaupt in der Lage sind, in nennens- wertem Umfang langfristige Darlehen anzubieten. Noch problematischer ist jedoch, dass damit die Kreditvergabe in einen weniger regulierten und auch weniger etablierten Sektor verschoben wird, was die Gefahr neuer Verwerfungen erhöht. Im Endeffekt werden damit die Banken zwar robuster, die Risiken für das gesamte Finanzsystem und die Realwirtschaft steigen aber.
Immobilien Banking 2014 | 2015 Banken, Versicherer, Debt Funds in der gewerblichen Immobilienfinanzierung – Konkurrenten oder Partner? Jan Bettink, Berlin Hyp und Verband deutscher Pfandbriefbanken 16
Die Bankenbranche bewegt sich nach wie vor in einem Umfeld voller Herausforderungen, auch wenn die direkten Auswirkungen der Finanz- krise ihren Schrecken langsam verlieren. So hatte das allgemein erwartete „financing gap“ insbesondere auf dem deutschen Immobilienmarkt nicht die befürchteten Ausmaße angenommen, auch aufgrund des Auftretens neuer Finanzierungsanbieter. Die neuen Marktteilnehmer erweitern das Spektrum der gewerblichen Immobilienfinanzierer sowohl für Investo- ren als auch als Konsortialpartner für die etablierten Pfandbriefbanken, gleichzeitig verstärken sie den Wettbewerb auf der Angebotsseite. Der Beitrag beleuchtet die jeweiligen Interessen und zeigt auf, wie das künf- tige Zusammenwirken der verschiedenen Player aussehen könnte. Auch wenn im „Jahr 6 nach Lehman“ die Belastungen und Herausforderungen für Banken in Europa, darunter auch die gewerblichen Immobilienfinanzierer in Deutschland, nicht eben klein sind – als Stichworte seien hier nur der ungebrochene Trend der Regulierungs- verschärfung, Basel III, weiter steigende Eigenkapital-Anforderungen sowie der EZB-Stress- test genannt – sind dennoch deutliche Anzeichen einer Entspannung zu erkennen. Ängstlich hatte der Markt seinerzeit auf die Jahre 2012 bis 2014 geschaut, in denen der Höhepunkt der zur Refinanzierung anstehenden Volumina aus noch zu Vorkrisenzeiten arran- gierten Finanzierungen und CMBS-Transaktionen erwartet wurde. Bis in das Jahr 2012 hinein 17 war dieses „financing gap“ ein Unsicherheitsfaktor. Die Angst vor einer nachhaltigen Finan- zierungslücke hat ihren Schrecken für den Finanzmarkt jedoch inzwischen verloren. Der Blick auf Zahlen, die der Immobiliendienstleister DTZ im Mai veröffentlichte, ließ manche sich ver- wundert die Augen reiben: In den Kernländern der EU, darunter auch Deutschland, gibt es einen Angebotsüberhang für Finanzierungen1) und dies trotz des Ausscheidens durchaus namhafter Banken wie der Eurohypo. Bei der Frage nach den Gründen für das Ausbleiben weiterer Marktturbulenzen sind folgende Fakten in Erwägung zu ziehen: Problemkredite und auch Verbriefungen wurden nur in seltenen Fällen gekündigt und (zwangs)verwertet. Vielmehr wurden europaweit sogenannte Bad Banks geschaffen, in denen auch Immobilienfinanzierungen geparkt und marktschonend abgebaut wurden. Nicht zuletzt dank der Eingriffe der EZB hat sich die Refinanzierungssituation der Banken deutlich entspannt. Die „dicke Bertha“ hat ihren Zweck erfüllt. Auch in Zeiten von Nied- rigstzinsen blieb darüber hinaus der Pfandbrief ein nachgefragtes und anerkannt erfolgrei- ches Refinanzierungsmittel für die deutschen Pfandbriefbanken, die daraus einen Wettbe- werbsvorteil generieren konnten. Die Liquiditätsschwemme und der – vor dem Hintergrund historischer Niedrigstzinsen – zunehmende Anlagedruck internationaler Investoren hat insbesondere in den letzten bei- den Jahren dazu geführt, dass der Preiseinbruch auf den Immobilienmärkten in relativ kurzer Zeit gestoppt wurde. Auf breiter Front steigende Preise führten dazu, dass sich viele internationale Banken vergleichsweise „geräuschlos“ und vor allem eigenkapitalscho- nend von ihren Problemkrediten trennen konnten. Zum Teil erschien es sogar attraktiv, die Darlehen zu verlängern, da die LTVs der Finanzierungen wieder auf ein akzeptables Maß gesunken waren. 1) DTZ Insight vom 19.05.2014
Immobilien Banking 2014 | 2015 Banken, Versicherer, Debt Funds in der gewerblichen Immobilienfinanzierung – Konkurrenten oder Partner? Auch die „new arrivals“, d. h. neue Kreditgeber am Markt für gewerbliche Immobilien- finanzierungen haben dazu beigetragen, die Finanzierungslücke zu schließen. Zu ihnen zählen insbesondere Staatsfonds, die auf der Suche nach sicheren „safe haven“ Invest- ments den Immobilienmarkt deutlich übergewichtet haben, aber auch Versicherer, Pensionskassen und mit Kreditfonds eine Vielzahl weiterer institutioneller Anleger. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass insbesondere auf dem Finanzierungsmarkt für Immobilien in Deutschland eine positive Stimmung zu vermelden ist. Der Wettbewerb der Investoren um Finanzierungen bei Kreditgebern hat sich in Teilbereichen zu einem Wettbe- werb der Kreditgeber um Investoren gewandelt. Dieser Trendumschwung auf dem deutschen Immobilienfinanzierungsmarkt in den vergangenen 18 Monaten war in dieser Deutlichkeit von vielen Marktteilnehmern nicht erwartet worden. Diese Entwicklung wird auch im aktuellen DIFI-Report2) bestätigt: Deutscher Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) Saldo in Prozentpunkten Finanzierungssituation Finanzierungserwartung DIFI 50 18 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 Q4/11 Q1/12 Q2/12 Q3/12 Q4/12 Q1/13 Q2/13 Q3/13 Q4/13 Q1/14 Q2/14 Quelle: ZEW; der DIFI (Deutscher Immobilienfinanzierungsindex), der die aktuelle Situation (vergangene sechs Monate) und die Erwartungen (kommende sechs Monate) der Umfrageteilnehmer bezüglich der deutschen Immobilienfinanzierungsmärkte abbildet wird quartalsweise ermittelt und berechnet sich als Mittelwert der Salden für die Immobilienmarktsegmente Büro, Einzelhandel, Logistik und Wohnen. 2) DIFI Report, 2. Quartal / Einschätzungen zum Immobilienfinanzierungsmarkt in Deutschland
Das nun vorherrschende Thema ist der aktuell hohe Konkurrenzdruck unter den Finanzie- rungsgebern insbesondere für Core-Immobilien mit den entsprechenden Auswirkungen wie sinkenden Margen, steigenden Beleihungsausläufen und höheren Darlehensvolumina. Wurden in den vergangenen Jahren größere Transaktionen überwiegend als Clubdeals realisiert, gehen nunmehr einige Immobilienfinanzierer wieder dazu über, zunächst auch allein größere Volu- mina bereit zu stellen. Als relativ aktuelles Beispiel kann hier das Leo Portfolio von Patrizia mit einem Refinanzierungsvolumen von ca. 1 Mrd. Euro herangezogen werden. Trotz dieser aus Kreditnehmersicht insgesamt positiven Entwicklung bleibt abzuwarten, inwieweit die viel- zitierten neuen regulatorischen Rahmenbedingungen und der anhaltende Margendruck die klassischen Immobilienfinanzierer gegebenenfalls an ihre Leistungsgrenzen bringen – auch im Hinblick auf die Rentabilität. Können hier die „new arrivals“ unterstützen oder verschärfen sie nur den Wettbewerb? Sind sie Partner oder Wettbewerber? Versicherer/Pensionskassen International betrachtet ist es nichts Neues, dass Versicherer und institutionelle Fonds als bedeutende Finanziers von Immobilieninvestments auftreten. Vor allem in den USA und Groß- britannien verfügen Versicherer über langjährige Erfahrung und einen bedeutenden Anteil am Immobilienfinanzierungsmarkt. Aber auch für die deutschen Immobilienfinanzierer sind Versicherer keine unbekannten Marktteilnehmer. In den 1980er Jahren waren sie schon einmal 19 stärker als Anbieter von Immobilienfinanzierungen aktiv. Die Gründe für ihren Wiedereintritt sind vielschichtig. An prominentester Stelle sind hier wohl Anlagedruck und die geänderte Regulierung der Versicherungsbranche – Solvency II – zu nennen. Bislang haben Versicherer ihre Allokationsziele in der Assetklasse Immobilien überwiegend durch direkte und indirekte Investition in den Immobilienerwerb erreicht. Solvency II sieht dafür nun einen Stressfaktor von 25 % vor, so dass diese Investitionsform an Attraktivität eher verlieren wird. Gleichzei- tig wird unter Solvency II die direkte Vergabe von grundpfandrechtlich besicherten Krediten durch Versicherer bevorzugt behandelt und hat eine deutliche Reduzierung der Solvenzkapi- talanforderungen zur Folge. In Abhängigkeit von der Besicherung durch das Grundpfandrecht kann diese sogar gegen null gehen. Ausgehend von dem beschriebenen Regulierungsvorteil von grundpfandrechtlich besi- cherten Darlehen gegenüber dem direkten oder indirekten Erwerb von Immobilien ist es nur logisch, eine zunehmende Präsenz von Versicherern und Pensionskassen auf dem Immobilien- finanzierungsmarkt zu erwarten. Für branchenweite Beachtung sorgte beispielsweise die Alli- anz, die sich mit großen Finanzierungen von „Trophy-Immobilien“ (z. B. 315 Mio. Euro für die Deutsche Bank-Zwillingstürme und 350 Mio. Euro für das CentrO Oberhausen) sukzessive ein Immobilienfinanzierungsportfolio in Deutschland von rund 1 Mrd. Euro aufgebaut hat. Abseits dieser Ausnahmefinanzierungen finden sich jedoch kaum belastbare Daten zu den tatsächli- chen Marktanteilen der Versicherer am geschätzt rund 350-400 Mrd. Euro großen deutschen Finanzierungsmarkt für gewerblich genutzte Immobilien.3) Die Realität scheint somit – zumin- dest aktuell – der hohen Erwartungshaltung hinterher zu hinken. 3) IREBS German Debt Project 2013, Analyse des deutschen Marktes für gewerbliche Immobilienfinanzierungen
Immobilien Banking 2014 | 2015 Banken, Versicherer, Debt Funds in der gewerblichen Immobilienfinanzierung – Konkurrenten oder Partner? Kreditfonds Als weitere Alternative zur klassischen Immobilienfinanzierung haben sich in den letzten Jah- ren auch Kreditfonds am deutschen Markt etabliert. Sie übernehmen die Funktion der Kapital- sammelstelle und investieren entsprechend der jeweiligen Anlagestrategie. Letztere kann von einem Investment in Senior-Darlehen bis hin zum Erwerb von ausfallgefährdeten/gekündigten Darlehen reichen. Kreditfonds verwalten meist Mittel institutioneller Anleger, um diesen mit dem Einsatz ihrer Management-Leistung einen rentablen, profitablen Zugang zur Assetklasse Immobilienfinanzierung zu ermöglichen. Mit Blick auf die Kosten des aktiven Managements und die nur niedrigen Margen der Senior-Darlehen engagieren sie sich hauptsächlich außer- halb des Realkreditbereiches als subordinierter Junior/Mezzanine-Darlehensgeber und je nach Risk/Return-Profil der Anleger in LTV-Klassen zwischen 60 % und 80 %, zum Teil auch bis zu 85 % (High Yield-Ansatz). Trotz des hohen Anlagedrucks für das eingeworbene Kapital scheint es, dass auch Kredit- fonds bislang keine wirklich nennenswerten Marktanteile am deutschen Immobilienfinanzie- rungsmarkt gewinnen konnten. Insbesondere im Segment der Senior-Darlehen ist der Wett- bewerb zwischen den Banken in Deutschland sehr intensiv und eine Domäne der deutschen Pfandbriefbanken. Aufgrund der höheren Renditeanforderungen ihrer Investoren fällt es Kre- ditfonds sehr schwer, mit den von ihnen angebotenen Konditionen gegen die starke Konkur- renz der Pfandbriefbanken zu bestehen. Dies wird sich voraussichtlich auch in Zukunft nicht 20 ändern. Erfolgsversprechender sieht es dagegen im Bereich von nachrangigen Junior/Mezzanine- Darlehen aus. Aufgrund der nach wie vor ausgeprägten Risikoaversion der Banken bietet sich in einer Finanzierungsspanne zwischen 70-85 % des Marktwertes der Objekte eine Vielzahl von Opportunitäten für alternative Finanzierungsgeber. Ausgehend von einem (Re-)Finanzie- rungsvolumen von geschätzten 50 Mrd. Euro pro Jahr bis 2016 ergibt sich ein durchaus nen- nenswertes Potential für Junior/Mezzanine-Darlehen. Private Equity Diese in ihrem Investmenthorizont sehr flexiblen Fonds werden ebenso zumeist von privaten und institutionellen Investorengeldern gespeist. Zum Teil wurden aber auch Direkt-Invest- ments von Family Offices oder hochspezialisierten Finanzdienstleistern getätigt. Auch hier steht ein sehr aktives Fonds-Management im Zentrum, das die hohen Renditeerwartungen der Fondsinvestoren von 15 bis 30 % mit Investments in (Preferred-) Equity bei hohen LTV’s zwischen 80 % bis knapp unter 100 % zu erfüllen beabsichtigt. Zum Teil wird in einigen Fonds nur geringe Liquidität vorgehalten, so dass für Investments durchaus Abrufzeiten von Fondseigenkapital berücksichtigt werden müssen.
TRANCHEN- UND INTERESSENSVERTEILUNG AUSSERHALB DES BANKENBEREICHS: Finanzierungstranche LTV-Bereich Finanzierungsgeber Verzinsung (etwa, in %) (etwa, in % p. a.) Senior-Darlehen (Realkreditbereich) 0 bis 50 Versicherer, Pensionsfonds, über Bund / Versorgungskassen Pfandbriefe Senior-Darlehen 0 bis 75 Versicherer, Kreditfonds (Senior Debt Strategy) 4-6 Junior / Mezzanine- Darlehen 60 bis 85 Kreditfonds (Subordinated Debt Strategy) 5-15 Equity (EK-Ersatz) / Preferred Equity 80 bis 95 Private Equity Fonds, spezialisierte institutionelle Anleger / Family Offices 15-30 Eine genaue Abgrenzung der Tranchen nach LTV und Rendite ist wegen der Individualität jeder größeren Immobilienfinanzierungstrans- aktion nahezu unmöglich. Insofern ist diese Darstellung als beispielhaft und die Zahlen nur als annäherungsweise zu verstehen. „The challenge of a new normal“ Das Spannungsfeld zwischen Partnerschaft und Konkurrenz, in dem sich die etablierten Pfandbriefbanken und die „new arrivals“ bewegen, wird maßgeblich von den Investoren determiniert, die eine Immobilienfinanzierung aus einer Hand durchaus präferieren. Hier 21 können die Pfandbriefbanken den Vorteil langjähriger Erfahrungen in der administrativen Abwicklung von Immobilienfinanzierungen sowie ihre Kundenbeziehungen einbringen. Für die neuen Marktteilnehmer ist der Aufbau einer entsprechend eigenen Infrastruktur hingegen zeit- und kostenaufwendig. Deshalb erscheint es nur konsequent, wenn sich beide Seiten part- nerschaftlich begegnen und gemeinsam ihre jeweiligen Stärken sinnvoll kombinieren. Nicht nur für Pfandbriefbanken kann dies einen geänderten geschäftsstrategischen Ansatz und eine Erweiterung des eigenen Selbstverständnisses zur Folge haben: weg vom Monoliner hin zum Gesamt-Finanzierungs-Produzenten. Dieser arrangiert und strukturiert die relevanten Finanzierungskomponenten aus seinem bereit stehenden Baukasten so passgenau, dass das Endprodukt optimal die Bedürfnisse der Investoren erfüllt, u. a. im Hinblick auf die Aspekte Preis, Volumen, Umsetzungsgeschwindigkeit, ein Ansprechpartner und konzertierte Verhand- lungen. Dies kann gerade in der Geschäftsanbahnungsphase eine Veränderung und Erweite- rung der Geschäftsprozesse erfordern. Die Bereitstellung komplexer Finanzierungen (von Senior- über Junior/Mezzanine-Darle- hen bis hin zu Equity) aus einer Hand erfordert einen partnerschaftlichen Umgang. Kontakte müssen geknüpft, erweitert und intensiviert werden. Neue Finanzierungspartner und deren Interessenslagen müssen sorgfältig analysiert und Vertragsmuster sollten im Vorfeld harmo- nisiert werden. Gegebenenfalls sind neue Ansätze zum Interessensausgleich der unterschied- lichen Darlehensgeber im Hinblick auf deren Rangfolge in der Kapitalstruktur unter Berück- sichtigung etablierter Ratinganforderungen zu schaffen. Und last but not least ist den sich schnell ändernden regulatorischen Anforderungen Rechnung zu tragen. Dabei sollte von dem Grundsatz auszugehen sein, dass jeder Marktteilnehmer, der sich wie eine Bank verhält, auch ähnlichen oder gleichen Regeln unterliegt bzw. unterliegen wird. Die Herausforderung für die Pfandbriefbanken besteht darin, standardisierte Module und Plattformen sowohl in der Vertragsgestaltung als auch im Management einer Immobilienfi- nanzierung mit mehreren Darlehensgebern („Agency-Funktion“) zu entwickeln. Der Interes-
Immobilien Banking 2014 | 2015 Banken, Versicherer, Der Pfandbriefmarkt Debt Funds in der gewerblichen 2010/2011 Immobilienfinanzierung – Konkurrenten oder Partner? sensausgleich zwischen den einzelnen Finanzierungspartnern wie auch zwischen dem Finanzierungskonsortium und dem Kunden muss von der Pfandbriefbank berücksichtigt, verhandelt und umgesetzt werden. Dies darf nicht zulasten der Schnelligkeit und einer gewissen Flexibilität gehen. Weiterhin muss – trotz der gestiegenen Komplexität – der gesamte Transaktionsmanagement-Prozess kosteneffizient abgewickelt werden können. Dies gilt für alle Phasen der Finanzierung, von der Umsetzung bis hin zur laufenden Ver- waltung. Dabei ist besonderes Augenmerk auf ein oft sehr umfangreiches (Dritt-) Sicher- heiten-Management zu legen. Bezüglich der Beteiligung weiterer Finanzierungspartner an Grundpfandrechten hat der Gesetzgeber seit Beginn dieses Jahres den Versicherern, Pensionsfonds und -kassen bei Konsortialfinanzierungen die Nutzung von Refinanzierungs- registern ermöglicht. Mit diesem Schritt lassen sich Grundpfandrechte (insbesondere aus granularen Immobilienportfolios) effizienter verwalten. Insofern bietet sich damit eine echte Erleichterung für die Beteiligung dieser Kreditgeber. Konkurrenten oder verlässliche Partner? Eine Vielzahl von Pfandbriefbanken sammelt bereits die eine oder andere Erfahrung mit den neuen Finanzierungspartnern. Die Herausforderung besteht darin, diese Zusammenarbeit vom Einzelfall zu lösen und auf eine strategische Ebene zu heben, unter Berücksichtigung einer 22 hinreichenden Diversifikation und gleichzeitig beherrschbaren Anzahl von Kontakten zu poten- ziellen Finanzierungspartnern. Bezüglich der Frage der Nachhaltigkeit im Sinne einer dauerhaften Präsenz der „new arri- vals“ ist sicher nicht auszuschließen, dass bei einem substanziellen Anstieg des Zinsumfeldes einige der neuen Finanzierungsgeber ihr Engagement wieder zurück fahren werden. Insbe- sondere Versicherer und Pensionskassen könnten dann liquide Anleihen oder Pfandbriefe wieder höher gewichten. Zumal in diesem Fall der aus dem aufwendigeren und komplexeren Immobilienfinanzierungsgeschäft erzielbare Renditevorsprung im Aufwand-Nutzenvergleich als zu gering erachtet werden könnte. Hingegen ist mit einer dauerhaften Präsenz der Kreditfonds zu rechnen. Sie bilden zusam- men mit Preferred Equity eine wichtige Brücke zwischen den angebotenen Senior-Darlehen und dem Eigenkapital. Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass die Senior-Darlehen nicht wieder Vorkrisen-Ausläufe erreichen werden und sich damit eine dauerhafte Markt- chance für Junior/Mezzanine-Darlehensanbieter bietet. Zusätzlich werden Kreditfonds zumeist von langfristig zur Verfügung stehendem Investorengeld gespeist und sollten ob ihrer gesuch- ten Funktion im Spannungsfeld zwischen Equity und Senior in der Lage sein, ihren Investoren stabile und risiko-adäquate Renditen anzubieten. Die Mischung macht’s Zweifelsfrei belebt Konkurrenz den Wettbewerb. Es gilt aus der Vielzahl der Anbieter zu selek- tieren und für die zumeist sehr individuellen Finanzierungs-Transaktionen die jeweils optimale Finanzierungsstruktur und die dafür besten Talente zu finden. Gleichzeitig sind die Interes-
senslagen der Finanzierungspartner in einem ausgewogenen Risiko/Chance-Verhältnis zu fairen Preisen auszubalancieren. Die Kunst ist, alle Beteiligten so koordinieren zu können, dass dem Immobilien-Investor idealerweise aus einer Hand eine in den Dimensionen Preis und Zeit optimale Finanzierungsstruktur angeboten werden kann. Die Anforderungen, die sich allein aus der Anzahl und Interessenslage der Beteiligten ergibt, erfordert ein hohes Maß an profunder Marktkenntnis und die Fähigkeit, komplexe Transaktionslösungen aus einer Hand anbieten, organisieren und managen zu können. Pfand- briefbanken bietet sich durch die „new arrivals“ die Chance, ihre angestammten Produktfelder zu ergänzen. Die damit einhergehende Vertiefung des Produktes „Gewerbliche Immobilienfi- nanzierung“ kann zudem eine gute Chance sein, sich im Wettbewerb positiv unterscheiden zu können und Marktanteile zu behaupten oder dazu zu gewinnen. Stetig ist der Wandel Die Kombination alternativer Finanzierungsquellen mit der etablierten, sicheren und zuverläs- sigen Finanzierungsbereitschaft und -kraft der Pfandbriefbanken wird eventuell ein gewisses Maß an Umdenken bis hin zu Teil-Strategieänderungen bei einigen Marktteilnehmern erfor- dern, die es bisher gewohnt waren, sich auf die Rolle des Senior-Darlehensgebers zu kon- zentrieren. Auch im Rahmen eines geänderten regulatorischen Umfelds taucht hier weniger die Frage auf, ob sich die Risikopolitik der Banken ändern sollte, sondern wer welche Teile 23 der Gesamtfinanzierung zu welchem Preis liefern kann. Und: wer am besten geeignet ist, alle Beteiligten zu orchestrieren und auf einer grundsoliden und verlässlichen Basis, die erforderli- chen Managementkapazitäten bereit zu stellen. Weltmeisterliche Leistungen sind – wie sich kürzlich wieder bewiesen hat – meist nur dann möglich, wenn unterschiedliche Talente mit klarer Rollenverteilung bei größtmöglicher Flexi- bilität zusammen treffen. Auch braucht es einen „Teammanager“, der mit dem richtigen Kon- zept die Talente an den richtigen Stellen zur richtigen Zeit einsetzt. Die Chance, mehr Mandate für Finanzierungen gewinnen, sollte sich für Institute, die Part- nerschaften nutzen, erhöhen, indem sie ihre angestammte Stärke als Senior-Darlehensgeber um den Service der Arrangierung auch aller anderen Finanzierungskomponenten erweitern. Für den Investor könnten sowohl der Nutzen von Zeitgewinn als auch damit verbundene, positive Disintermediationseffekte ein wichtiges Entscheidungsargument sein, ein modulares Gesamtfinanzierungspaket aus einer Hand zu präferieren. Insofern sind die deutschen Pfandbriefbanken mit ihren Kapazitäten (auch im Sinne von „know how“ und „know who“) und verlässlichen Qualitäten gut geeignet, alle Finanzierungs- partner transaktionsspezifisch an einen Tisch zu bringen, den besten „Mix“ der Talente zu finden und zu konzertieren. Die Voraussetzungen für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit sind also gegeben – zumindest in der Theorie. Die Praxis wird zeigen, wie weit die möglichen Vorteile einer Partnerschaft zwischen den etablierten Immobilienfinanzierern und den „new arrivals“ tragen werden – oder um es mit Otto Rehhagel zu sagen: „Die Wahrheit liegt auf dem Platz“.
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