Immobilienwirtschaft 2017 - ZIA Deutschland
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Mitgliedsverbände bsi Immobilienwirtschaft 2017 Bundesverband Sachwerte und ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. Investmentvermögen ®
VO R W O R T S. 6 | Dr. Andreas Mattner Dr. Andreas Mattner Kurs halten in global unruhigen Zeiten Die passende Infrastruktur zur Weiterentwicklung Deutschlands W ir leb en in glo bal b eweg ten Zei ten: E uro p a s teht vo r s t ändigen Zer reiß pro b en à la B rex it, die U S A s tellen d en f reien Wel t hand el in Fr age, e s gibt v iele mili t är is che B rennpunk te – k ann D eu t s chland da b ei K ur s hal ten? D ie B und esre publik s teht in die s em J ahr vo r einer ent s cheid end en und r icht ungsweisend en Wahl zum 19. D eu t s chen B und e s t ag. U nd v iele T hemen, die f ür die L e b ens- und A r- b eit swelt d er M ens chen eine R olle spielen, sind au ch in d er I mmo bilienw ir t s chaf t ange sie d el t. O b B au-, S t ad tent w ick lungs-, F inanz-, W ir t s chaf t s- und K lima s chu t z p oli t ik – all die s sind Wahlk ampfdis ziplinen, b ei d enen unsere B r anche angesicht s ange sp annter I mmo bilienmär k te ganz b e s o nd er s im F o k us s teht . Der deutsche Immobilienmarkt hat in global unruhigen Zeiten mit den klimaschutzpolitischen Vorhaben und dem Urbanen für Stabilität gesorgt. Mit ihren starken Fundamentaldaten – 19 Gebiet zwei Aspekte herausgreifen, die der ZIA das ganze Jahr Prozent der Gesamtwertschöpfung, über 800.000 Unterneh- über hinweg intensiv begleitet hat und deren Gesprächsbedarf men und zehn Prozent aller etwa 43,6 Millionen Erwerbstätigen sicherlich auch noch in Zukunft andauern wird. – war und ist die Branche ein wichtiger Treiber der Volkswirt- schaft in Deutschland. Auch aus politischer Perspektive hat die Klimaschutz und Energiewende Bedeutung in den letzten Jahren spürbar zugenommen, wenn- gleich hier noch ein weiter Weg zu gehen ist. Dabei nur auf die Zum einen wurde 2016 die geplante Verschärfung der Ener- Wohnungsmärkte zu schauen, wäre auch im Interesse der Bür- gieeinsparverordnung (EnEV) für Privatgebäude auf die nächs- gerinnen und Bürger gänzlich falsch. Denn wir benötigen eine te Legislaturperiode verschoben. Die Politik scheint an dieser stabile und ausgewogene Mischung sämtlicher Nutzungsarten Stelle beherzigt zu haben, dass die Prinzipien der Wirtschaft- Gebäudesektor generell auch der Anteil nicht direkt am Gebäu- der CO2-Ausstoß von 209 auf 119 Millionen Tonnen pro Jahr der Immobilienwirtschaft. Nur durch die richtige Balance aus lichkeit und der Technologieoffenheit elementar sind. Zudem de erzeugter erneuerbarer Energien Beachtung finden, weshalb reduziert werden. Dennoch beschloss die Bundesregierung im Wohn- und Nichtwohnimmobilien können unsere Städte und konnten wir so Zeit gewinnen, um mit unserer ZIA Task Force neben dem Energieverbrauch auch der CO2-Ausstoss berück- Klimaschutzplan 2050 eine zusätzliche Mehrbelastung für den Gemeinden bezahlbar wachsen und damit den Grundstein für Energie eigene Alternativvorschläge in die Diskussion einzu- sichtigt werden muss. Eine weitere wirtschaftlich sinnvolle und Gebäudesektor, indem sie die Einsparziele bis 2030 um acht die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Standorts Deutsch- bringen, um die Klimaschutzziele zu erreichen. klimaschutzverbessernde Maßnahme wäre die Betrachtung Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verschärfte. lands liefern. Nur so lässt sich eine moderne Stadt realisieren. der Quartiersebene, wodurch ein respektables Ergebnis in der Die Infrastruktur hierfür stellt die Immobilienwirtschaft bereit – Dabei geht es beispielsweise um die Beseitigung von steuerli- CO2-Vermeidung erzielt werden könnte. Die Klimaschutzpolitik darf aber nicht dazu führen, dass der und dafür braucht sie passende Rahmenbedingungen. chen Hemmnissen bei der Erzeugung erneuerbarer Energien an Gebäudesektor überfordert wird. Die Folge wären steigen- der Immobilie, da etwa durch den Betrieb von Photovoltaikanla- Die Immobilienwirtschaft ist seit Jahren ein aktiver Partner, um de Kauf- und Mietpreise – angesichts des dringend benötig- Im vergangenen Jahr standen viele Entscheidungen an, die gen am Gebäude Immobilieneinkünfte aus Vermietung und Ver- die ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen. In keinem ten bezahlbaren Wohnens und Bauens in vielen Großstädten Auswirkungen auf unsere Branche und damit auf die Umgebung pachtung gewerbesteuerinfiziert werden könnten. Zudem sollte anderen Wirtschaftssektor waren die Einsparergebnisse so Deutschlands eine fatale Entwicklung. Und so ist es bei der für diese Infrastruktur hatten. Ganz besonders aber möchte ich für die Erreichung der mittelfristigen CO2-Reduktionsziele im hoch wie im Gebäudesektor. Zwischen 1990 und 2014 konnte künftigen Ausgestaltung von klimaschutzpolitischen Vorhaben
VO R W O R T S. 8 | Dr. Andreas Mattner und Maßnahmen von entscheidender Bedeutung, dass die Im- Instrumente, um die deutsche Immobilienwirtschaft zu stärken mobilienwirtschaft in einem technologieoffenen, energieträger- und die Rahmenbedingungen für die vernünftige und zukunfts- neutralen und wirtschaftsverträglichen Umfeld arbeiten kann, orientierte Arbeit unserer Branche zu gewährleisten. um die Herausforderungen zu meistern. Der heute geltende EnEV-Standard 2016 ist bereits qualitativ höchstwertig. Eine Augenmaß bei neuen Auflagen weitere Verschärfung würde in erster Linie die Herstellungs- kosten heben, nicht aber die positiven Auswirkung auf den Kli- Hierbei spielt auch das regulatorische Umfeld des Kapital- maschutz. markts eine Rolle. Die Immobilienwirtschaft ist als kapitalinten- sive Branche ganz besonders auf stabile Verhältnisse angewie- Urbanes Gebiet sen. Der gesetzliche Rahmen des deutschen Kapitalmarktes wurde in den letzten Jahren jedoch stark verändert und hat in Das andere Thema, das im vergangenen Jahr eine zentrale Rol- einigen Punkten dazu geführt, dass die Vergabe von Krediten le gespielt und für welches der ZIA gekämpft und gestritten hat, an bestimmte Zielgruppen erheblich erschwert wurde. Höhe- war die Diskussion um den neuen Baugebietstypen – das Urba- re Wohneigentumsquoten lassen sich so nicht realisieren. Wir ne Gebiet. Bereits im Geschäftsbericht 2016 habe ich an dieser brauchen daher Augenmaß bei der Umsetzung europäischer Stelle geschrieben, dass eines der wichtigsten Instrumente, Gesetzesvorhaben – damit wir wettbewerbsfähig bleiben und um die Spannung der Märkte wieder zu lösen, die Nachver- weiterhin für Stabilität sorgen können. dichtung darstellt. Nun wurde das Urbane Gebiet im Rahmen der Novellierung des BauGB beschlossen. Wir haben uns stets Die neue Regierung sollte Anreize schaffen, statt über weitere dafür eingesetzt, dass das Nebeneinander von Wohn- und Wirt- Verschärfungen, neue Regulierungen und bürokratische Hür- schaftsimmobilien in unseren Innenstädten vereinfacht wird. den zu debattieren. Eine deutschlandweit verbindliche Muster- Die Akteure vor Ort haben nun endlich Planungssicherheit, um bauordnung etwa würde Planungssicherheit schaffen und die die erheblichen Potenziale der Zentren ökologisch vertretbar Planungskosten für Entwickler sinken lassen. So wäre auch auszuschöpfen und die angespannten Immobilienmärkte der das serielle Bauen praxistauglicher. Wenn bei den Baugeneh- deutschen Ballungsräume zumindest teilweise zu entlasten. migungsverfahren zudem digitale Möglichkeiten wie das Buil- Zwar wurde bei der TA Lärm, die die Immissionsrichtwerte für ding Information Modeling nicht außen vor bleiben, würde die das Urbane Gebiet regelt, nur ein Kompromiss ausgehandelt. Geschwindigkeit unserer Arbeit entsprechend zunehmen kön- Aber dennoch ist die Anhebung der Lärmwerte tagsüber auf nen, ohne über bürokratische Hürden zu stolpern. 63 dB ein wichtiger Schritt gewesen. Sie sehen also, die Arbeit beim ZIA läuft trotz und gerade we- Die Diskussion und der Gesprächsbedarf werden bei vielen gen der Bundestagswahl weiter auf Hochtouren. Der diesjäh- anderen Themen ebenso weitergehen. Sei es die Grunder- rige Geschäftsbericht gibt Ihnen einen Einblick in die Themen werbsteuer, die in den letzten Jahren in vielen Bundesländern des vergangenen Jahres und einen Ausblick auf die zukünfti- angehoben wurde und die Erwerbsnebenkosten verteuerte. Sei gen Herausforderungen. Wir haben keine Zeit, uns auszuruhen. es die Reform der Grundsteuer, bei der sich der ZIA für das Packen wir es also an. sogenannte Südländer-Modell einsetzt und nicht müde wird zu betonen, dass hier zwingend auf die Aufkommensneutralität Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre. und Administrierbarkeit geachtet werden muss. Berechnungen des Hamburger Senats prognostizieren abenteuerliche Kos- tensteigerung für den Fall des Inkrafttretens. Oder sei es die Anhebung der linearen Abschreibung von derzeit zwei auf min- destens drei Prozent als Anreiz für die Immobilienwirtschaft, Dr. Andreas Mattner um dringend benötigtes Kapital zu investieren. All dies sind Präsident des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
G R U S SW O R T S . 10 | Dr. Barbara Hendricks Dr. Barbara Hendricks MdB Grußwort zum Tag der Immobilienwirtschaft des ZIA D emografischer Wandel, Urbanisierung, Ressourcenknappheit, Digitalisierung, Klimawandel – diese Mega- trends werden Politik und Gesellschaft in den kommenden Jahren beschäftigen und sie stellen auch die Woh- nungs- und Immobilienwirtschaft vor besondere Herausforderungen. Liebe Leserinnen und Leser, Zu den erfolgreichen Maßnahmen zählen unter anderem: die seit 2012 zu beobachtende angespannte Lage auf den Die Kompensationsmittel für den sozialen Wohnungsbau Wohnungs- und Immobilienmärkten vieler Städte und Regionen wurden für den Zeitraum von 2016 bis 2019 um insgesamt 3 hat sich weiter verschärft, insbesondere in den Metropolen, Milliarden Euro aufgestockt. Groß- und Universitätsstädten. Aber auch in prosperierenden Der Bund stellt den Kommunen über die Bundesanstalt für Mittelstädten gibt es inzwischen Verknappungen mit der Folge Immobilienaufgaben (BImA) Grundstücke und Liegenschaften steigender Mieten und Kaufpreise. Die entstandenen Versor- mit deutlichen Preisabschlägen (bis zu 80 Prozent) zur Verfü- gungsengpässe betreffen zunehmend auch Haushalte mit mitt- gung. genehmigt. Das waren 21,6 Prozent mehr als im Vorjahr und so maschutzplans 2050 bei. Klimapolitisch begründete Investitio- leren Einkommen. Der gestiegenen Nachfrage nach Wohnraum In der jüngsten Baugesetzbuch-Novelle wurde die neue viele wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Insgesamt werden in nen sollen für die Nutzer der Gebäude sozial ausgewogen und stand in der Vergangenheit nur eine verhaltene Entwicklung Gebietskategorie „Urbanes Gebiet“ eingeführt. Hiermit wird es dieser Legislaturperiode voraussichtlich mehr als eine Million für die Investierenden wirtschaftlich gestaltet werden können. des Angebots gegenüber. Dadurch ist ein erheblicher Nach- den Kommunen erleichtert, planerisch ein nutzungsgemisch- neue Wohnungen entstehen. Auch wenn wir den prognostizier- holbedarf im Wohnungsneubau entstanden. Hinzu kommen die tes Gebiet mit hoher baulicher Dichte zu verwirklichen. ten Bedarf damit noch nicht erreichen, belegen diese Zahlen Die großen Herausforderungen auf den Wohnungsmärkten blei- Herausforderungen des demografische Wandels und des Kli- Die Bundesregierung hat durch die Wohngeldreform 2016 ganz klar, dass wir den Wohnungsbau aus dem Dornröschen- ben in den nächsten Jahren bestehen. Eine erfolgreiche Woh- mawandels, an die der Wohnungsbestand unter der Maßgabe mehr als 660.000 Haushalte mit niedrigen Einkommen bei den schlaf geholt und nach Jahren der Stagnation die Trendwende nungspolitik braucht deshalb einen langen Atem. Wir werden der Bezahlbarkeit angepasst werden muss. Wohnkosten entlastet. geschafft haben. den eingeschlagenen Weg in der kommenden Legislaturperiode Auch die Mittel für die Städtebauförderung und das Pro- im Zusammenwirken mit allen Beteiligten fortsetzen. Von Beginn der Legislaturperiode an hat die Bundesregierung gramm „Altersgerecht Umbauen“ wurden deutlich aufge- Im Rahmen einer Innovationspartnerschaft werden sich die die Wohnungspolitik als eine zentrale politische Aufgabe defi- stockt. Bündnispartner zukünftig auch verstärkt mit den Herausforde- Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag der Immobilienwirt- niert und entsprechend gehandelt. Ich habe dazu das „Bündnis rungen des Klimawandels beschäftigen. Darüber freue ich mich schaft 2017! für bezahlbares Wohnen und Bauen“ ins Leben gerufen. Dieses Das „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ hat im Woh- sehr. Ziel ist es, Maßnahmen zu entwickeln, die sowohl dem breite Bündnis auf Bundesebene hat entscheidend dazu beige- nungsbau für die notwendige Dynamik gesorgt und wird auch Klimaschutz als auch dem bezahlbaren Wohnen und Bauen Dr. Barbara Hendricks MdB tragen, dass sich die Rahmenbedingungen für den Bau bezahl- weiter alles für mehr bezahlbaren Wohnraum in Deutschland gerecht werden. Die Innovationspartnerschaft trägt damit zur Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, barer Wohnungen in Deutschland deutlich verbessert haben. tun. Allein im Jahr 2016 wurden mehr als 375.000 Wohnungen Umsetzung des von der Bundesregierung beschlossenen Kli- Bau und Reaktorsicherheit
I M M O B I L I E N W I R T S C H A F T 2017 S . 12 | Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Immobilienpolitische Perspektiven Immobilienwirtschaftliche Perspektiven Vorwort 6 Mit guter Lage vorsichtig umgehen 18 Weltweit große Fragezeichen 36 Klimaschutz und Energiewende 62 Dr. Andreas Mattner Dr. Wolfgang Schäuble MdB, Die deutsche Immobilienwirtschaft in Zeiten Die Immobilienwirtschaft als Vorreiter ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. Bundesfinanzminister | CDU globalpolitischer Unsicherheiten Stephan Kohler | EnergieEurasia GmbH Christian Ulbrich | JLL Grußwort 10 Quantität statt Qualität? 20 Energie und Klimaschutz im Gebäudesektor – 64 Dr. Barbara Hendricks MdB Das Winterpaket und die Vollendung Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung 39 ganzheitlich und technologieoffen gedacht! Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, der Energieunion der Immobilienwirtschaft Weitere Verschärfung der Energiestandards – Bau und Reaktorsicherheit Herbert Reul MdEP | CDU Mehr als nur Gebäude – und mehr als nur Cashflow sinnvoll für Wirtschaftsimmobilien? Prof. Dr. Tobias Just | Universität Regensburg, IREBS Prof. Dr. M. Norbert Fisch, Tobias Nusser | Steinbeis- Die kooperative Stadt 22 Transferzentrum Energie-, Gebäude- und Solartechnik Cem Özdemir MdB, Christian Kühn MdB | Oft ist eine Krise auch ein Segen 42 Bündnis 90/Die Grünen Vereinfachung und Digitalisierung des Planungs- FM verbessert den Lebenszyklus 67 und Baurechts in den Niederlanden von Immobilien Mehr Mut zur Eigentumsbildung und Respekt 24 Han Joosten | BPD Europe BV Vorteile durch Facility Management vor dem Eigentum Otto Kajetan Weixler | Apleona HSG GmbH, GEFMA e.V. Christian Lindner MdL | FDP Umsatzsteuer in der Immobilienbranche 46 Prof. Dr. Andrea Pelzeter | Hochschule für Wirtschaft und Steuerbefreiung und Neutralität der Umsatzsteuer Recht (HWR) Berlin, GEFMA e.V. Ohne die gebaute Wirklichkeit 26 Dr. Ulrich Grünwald | Deloitte sind wir heimatlos PropTech – keine Angst vor dem Unbekannten 70 Die Immobilienwirtschaft als Wohneigentumsförderung 49 Kooperationen bergen für beide Seiten große starker Partner der Richtige Stellschraube für die eigenen vier Wände? Potenziale Stadtentwicklung Prof. Dr. Michael Voigtländer | Institut der Alexander Ubach-Utermöhl | blackprintpartners GmbH, Dr. Eva Lohse | OB Ludwigshafen, deutschen Wirtschaft Köln German PropTech Initiative Deutscher Städtetag Bauen für das Alter 52 Vernetztes Denken und Handeln 72 Ländliche Räume als Innovationsräume 28 Bei der Bewältigung des demografischen ZIA und SAP – Eine strategische Partnerschaft Stärkung als zentrale Aufgabe Wandels kommt der Immobilienwirtschaft eine für die Neuausrichtung der deutschen für die nächsten Jahre gewichtige Rolle zu Immobilienbranche im digitalen Wandel Dr. Gerd Landsberg | Deutscher Städte- und Gemeindebund Dr. Michael Held | TERRAGON INVESTMENT GmbH Dr. Tanja Rückert | SAP SE Mit einheitlicher Stimme zur Energiewende 30 Wachstumspotenziale durch Redevelopment 56 Cyber-Sicherheit 76 Energieeffizienz durch Technologieoffenheit Neues Leben im Bestand von Flächen und Gebäuden Die Stadtmauer des 21. Jahrhunderts und marktwirtschaftliche Lösungen Dieter Bullinger | debecon GmbH Arne Schönbohm | Bundesamt für Sicherheit in Prof. Dieter Kempf | Bundesverband der Deutschen Industrie der Informationstechnik (BSI) Zukunft des Handels in der Stadt 59 Auf ein gutes regulatorisches 32 Gemeinsames Positionspapier von GCSC und ZIA Wärmewende gestalten 79 Fundament bauen Christine Hager | redos retail GmbH, German Council Fernwärme neu denken Die Immobilienwirtschaft im aktuellen of Shopping Center e.V. (GCSC) Werner Dorß | ejur Rechtsanwaltskanzlei Umfeld der Finanzmarktregulierung Iris Schöberl | BMO Real Estate und Partners Dr. Andreas Dombret | Deutsche Bundesbank
I M M O B I L I E N W I R T S C H A F T 2017 S . 14 | Inhaltsverzeichnis Standpunkte: immobilienpolitische Positionen ZIA Der Verband An den richtigen Stellschrauben drehen 84 Immobilienaktien weiter hoch im Kurs 96 Co-Working: die neue 114 Der Verband 126 Das Geschäftsjahr 2016 Alexander Dexne | alstria office REIT-AG Herausforderung im CREM Dr. Stephan Rabe, Klaus-Peter Hesse | Dr. Zsolt Sluitner | Siemens Real Estate Vorstand 134 ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. Markttransparenz durch Big Data 98 Dr. Thomas Beyerle | Catella Zwischen Immobilienökonomie 115 Präsidium 135 Ohne wissenschaftliche Begleitung wäre 88 Property Valuation GmbH und Stadtentwicklung eine ganze Branche perspektivlos Eckhard Horwedel | DSK Deutsche Stadt- Regionalvorstände 140 Prof. Dr. Wolfgang Schäfers | IREBS Institut für Kommunikation im Wahlkampfjahr 100 und Grundstücksentwicklungsgesellschaft Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg Steffen Uttich | BEOS AG mbH & Co. KG Ausschüsse 142 Verantwortung übernehmen 89 Neubau beschleunigen statt 102 Ambitionierte Klimaziele bedingen ein 116 Wissenschaftlicher Beirat 147 Thomas Zinnöcker | ista Deutschland GmbH Mietpreisbremse verschärfen modernes Energieeinsparrecht Rolf Buch | Vonovia SE Matthias Böning | Unibail Rodamco ZIA-Nachhaltigkeitsrat 148 Innovationsbericht des ZIA – Best Practice- 90 Deutschland GmbH Beispiele aus der Immobilienwirtschaft Bezahlbares Wohnen: bauen 104 ZIA Innovation Think Tank 149 Martin Rodeck | OVG Real Estate GmbH statt regulieren Quo vadis – Effizienz? 118 Dr. Hinrich Thieme | Hogan Lovells Produktivität? Diversity! ZIA Task Force Energie 150 Klimaschutz und Energieeffizienz nur 91 International LLP Bärbel Schomberg | Schomberg & Co. mit Alternativvorschlägen möglich Real Estate Consulting GmbH Geschäftsstelle 151 Thomas Zinnöcker | ista Deutschland GmbH Fach- und Sachkundenachweis für Makler 105 Marcel Abel | JLL Kulturwandel gemeinsam gestalten 119 Ansprechpartner 152 Immobilienbesteuerung im 92 Prof. Dr. Wolfgang Schäfers | IREBS Fokus von Reformen Zeitgemäße Rahmenbedingungen für 106 Institut für Immobilienwirtschaft der Mitgliedsverbände 154 Dr. Hans Volkert Volckens | moderne Büroflächen Universität Regensburg CA Immobilien Anlagen AG Andreas Wende | Savills Mitgliedsunternehmen 163 Immobilien Beratungs-GmbH Schnittstelle und Antreiber 120 Immobilienfinanzierung im 94 für Nachhaltigkeitsthemen Impressum 167 Spannungsfeld von Finanzmarkstabilität Die Welle reiten – der Einzelhandel 108 Stefanie Frensch | HOWOGE und Verbraucherschutz zwischen E-Commerce und Konsumlaune Wohnungsbaugesellschaft mbH Burkhard Dallosch | Deka Immobilien GmbH Iris Schöberl | BMO Real Estate Partners Dr. Rüdiger Mrotzek | HAMBORNER REIT AG Verpflichtung zur 122 Rekorde für Hotelimmobilien in Deutschland 110 Nachhaltigkeitsberichterstattung Matthias Niemeyer | Adina Hotel Operations Alexander Dexne | alstria office REIT-AG Logistik und Immobilien im Zeitalter der 112 Digitalisierung Dr. Thomas Steinmüller | CapTen AG
Z I A Z E N T R A L E R I M M O B I L I E N AU S S C H U S S | I M M O B I L I E N P O L I T I S C H E P E R S P E K T I V E N S . 16 | IMMOB I L IENP O L I T ISC HE P ERSP EK T I V EN Die Immobilienwirtschaft ist ein stabiles Fundament für die Volkswirtschaft der Bundesrepublik Deutschland. Um diese Funktion sicherzustellen, benötigt sie ein passendes ordnungspolitisches Umfeld. Gesetzliche Rahmenbedingungen müs- sen langfristig ausgerichtet, verlässlich und sowohl sach- als auch marktgerecht ausgestaltet sein. Renommierte Persön- lichkeiten aus der Politik befassen sich in den folgenden Beiträgen mit ausgewählten immobilienpolitischen Perspektiven.
IMMOBILIENPOLITISCHE PERSPEK TIVEN S . 18 | Dr. Wolfgang Schäuble MdB Dr. Wolfgang Schäuble MdB Mit guter Lage vorsichtig umgehen E s is t eine gu te Z ei t f ür die I mmo bilienbr an che. U ms o w icht iger is t e s allerdings au f zup a s s en, da s s es nicht zu sp ekulat i ven Ü b er t reibungen kommt. D ie B und e sb ank und au ch d er A us s chus s f ür F inanz s t a bilit ät s ehen im M oment keine A nzeichen f ür eine ex ze s si ve I mmo bilienk re di t verga b e. A b er w ir s ollten vor b erei tet s ein und ha b en d eshalb I ns t r umente ge s chaf fen, mi t d enen w ir einer Ü b er hi t zung b egegnen können. Die europäische Geldpolitik wird nicht von der Bundesregierung gemacht, sondern von der Europäischen Zentralbank. Die letzte Finanzkrise hat uns vor Augen geführt, welche Folgen Finanzen unterstützt eine Reform der Grundsteuer – wichtig hörden nach bundeseinheitlichem Standard zu etablieren. Dies Es gibt keine sinnvollen, und es braucht auch keine aktiven Immobilienpreisblasen für die Stabilität des Finanzsystems, die ist aber, dass möglichst alle 16 Bundesländer dieser Reform aber wäre Voraussetzung für eine turnusmäßige automations- wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Senkung unseres Leis- Realwirtschaft und auch den einzelnen Kreditnehmer haben zustimmen. Bisher liegt, wie Sie wissen, dem Bundestag ein gestützte Neubewertung des Grundbesitzes. tungsbilanzsaldos. Höhere Ausgaben des deutschen Staates können. Der Ausschuss für Finanzstabilität, der Internationale Reformmodell vor, das von 14 Ländern mitgetragen wird. Das zum Beispiel können Strukturprobleme anderer Länder nicht Währungsfonds und auch der Europäische Ausschuss für Sys- Bundesverfassungsgericht, wo Verfahren zur Verfassungsmä- Wenn wir den Blick auf unsere wirtschaftliche Situation insge- lösen. Und überhaupt ist die Stärke der Wirtschaft Deutsch- temrisiken empfehlen, der Aufsicht zu ermöglichen, bei einer ßigkeit der Einheitsbewertung anhängig sind, beobachtet den samt richten, können wir sagen, dass Deutschland gut dasteht. lands ja selbst eine wichtige Voraussetzung für Wachstum bei exzessiven Kreditvergabe präventiv einzuschreiten. Einige eu- Prozess. Löhne und Renten steigen erheblich. Wir haben Rekordbe- unseren europäischen Partnern. ropäische Länder arbeiten bereits mit solchen Instrumenten. Es schäftigung, und zwar vor allem in sozialversicherungspflich- geht nicht darum, die Instrumente sofort einzusetzen, sondern Wir sollten sicherstellen, dass wir nicht in eine verfassungs- tigen Vollzeitbeschäftigungen. Wir schaffen Bundeshaushalte Es ist nicht zu bestreiten, dass uns der für Deutschland mo- darum, sie für den Bedarfsfall bereit zu halten. widrige Situation geraten, und sollten die sich uns nun bietende mit Überschüssen; gesamtstaatlich sieht es ebenso aus. Genü- mentan zu niedrige Euro-Kurs nützt. Er kann aber zugleich Zeit nutzen: Es braucht eine mindestens sechsjährige Vorlauf- gend Geld für Investitionen liegt bereit. Es muss nur abgerufen wirtschaftlich schaden, nicht zuletzt weil er bequem macht. Die Aufsicht kann künftig den Kreditgebern im Bedarfsfall zeit zur Schaffung der notwendigen automationstechnischen werden. Und auch dies erläutere ich immer wieder, gerade in den Verei- bestimmte Kriterien für die Kreditvergabe vorgeben, wie bei- Grundlagen für eine Neubewertung der rund 35 Millionen wirt- nigten Staaten: Die europäische Geldpolitik wird nicht von der spielsweise eine Obergrenze für das Verhältnis zwischen Dar- schaftlichen Einheiten. Zugleich sehen wir uns immer wieder einer Kritik am deut- Bundesregierung gemacht, sondern von der Europäischen Zen- lehenshöhe und Immobilienwert. Solche Instrumente kommen schen Leistungsbilanzüberschuss ausgesetzt. Was die Kritiker tralbank. Ich zähle nicht zu den glühenden Anhängern dieser nur dann zum Einsatz, wenn sie notwendig sind, um eine dro- Aber die Sache muss zugleich Hand und Fuß haben. Das für nicht sehen wollen, was ich aber unermüdlich erläutere, ist, Geldpolitik. Ich mache kein Hehl daraus, dass ich einen vor- hende Gefahr für die Finanzstabilität abzuwehren. Wir haben das Grundvermögen angestrebte Bewertungsziel „Kostenwert“ dass dieser Außenhandelsüberschuss an der Qualität und der sichtigen Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik für richtig hielte, zudem darauf geachtet, dass die Instrumente verhältnismäßig muss mit einer Reform auch tatsächlich und ohne unzumut- Attraktivität deutscher Produkte liegt und nicht an politischen wie es die Fed in den Vereinigten Staaten gerade vormacht. sind. Anschlussfinanzierungen, aber auch Kleindarlehen sind bare Abweichungen erreicht werden. Dies ist nicht trivial. Wir Manipulationen. Überhaupt sieht es danach aus, dass der grundsätzlich ausgenommen. Auch Kredite für Umbau und Re- brauchen Härtefallregelungen für Extremfälle, in denen der Überschuss in der deutschen Leistungsbilanz schon bald ab- Am Ende ist dies auch im Interesse der Immobilienwirtschaft novierung sind von den neuen Regelungen nicht betroffen. Kostenwert zu unbilligen Härten führt. Es ist auch noch nicht schmelzen wird. Aufgrund der dynamischen Binnennachfrage – denn eine neue Blase, die dann platzt, kann niemand wollen. abschätzbar, ob es vollumfänglich gelingt, eine elektronische und der Entwicklung an den Rohstoffmärkten ist in den kom- Ein anderes Thema, das uns und Sie nach wie vor beschäftigt, Übermittlung der Bodenrichtwerte von den – teilweise kommu- menden Jahren mit einem Rückgang des Leistungsbilanzsaldos Dr. Wolfgang Schäuble MdB ist die Reform der Grundsteuer. Das Bundesministerium der nal strukturierten – Gutachterausschüssen an die Finanzbe- zu rechnen. Bundesfinanzminister
IMMOBILIENPOLITISCHE PERSPEK TIVEN S. 20 | Herbert Reul MdEP halten. Laut einer Studie der gemeinsamen Forschungsstelle dieser ROCs und eine stärkere Rolle von ACER bei der Erstel- der Kommission hat die EU ihr Energieeffizienzziel für 2020 lung der Netzkodizes. ACER kann Entscheidungen treffen, die bereits heute erreicht. Dazu hat die Industrie in großen Teilen ÜNB bleiben jedoch weiter in der Haftung und Verantwortung. Herbert Reul MdEP beigetragen. Nun ein verbindliches EU-weites Ziel festzulegen, Während sich also die Behörde die Regeln ausdenkt, müssen würde den Unternehmen ohne Not die Flexibilität zur Errei- die Unternehmen im Zweifel dafür geradestehen. Den Mehr- Quantität statt Qualität? chung dieser Ziele nehmen. Außerdem stört das das kürzlich wert dieser Idee hat die Kommission bis heute nicht erläutert. Das Winterpaket und die Vollendung der Energieunion von der EU neu beschlossene Emissionshandelssystem. Dar- über hinaus besteht die Gefahr des sogenannten „free riding“ Es ist kritisch zu betrachten, dass ACER schrittweise zu einer der Mitgliedsstaaten. Sobald ein EU-weites Ziel vorgegeben EU-Regulierungsbehörde mit immer weitgreifenden Kompeten- wird, kommt es nicht mehr auf darauf an, was die einzelnen zen ausgebaut wird. Entscheidungen, die lokale Effekte haben, Länder erreichen. Es könnte also sein, dass die 30 Prozent al- werden am besten lokal beurteilt und entschieden. Unklar ist, E nd e 2 016 hat die Euro päis che K ommis sio n d a s W inter p a ket mi t d em T i tel „ S aub ere E nergie f ür alle Euro päer “ veröf fent licht . M i t d em üb er 1.0 0 0 S ei ten dicken B ünd el an acht G e s et ze svo r s chlägen, unter and erem zu d en T hemen E nergieef f izienz, S t rommar k td esign und E r neuer b are E nergien, mö chte lein durch die sehr aktiven, weit entwickelten Staaten vorange- trieben werden. Dies würde wenige Anreize für die restlichen inwiefern der neue Vorschlag der Kommission wirklich die Zu- sammenarbeit auf regionaler Ebene verbessern kann, da er die Mitgliedsländer übrig lassen. Besser wäre, individuelle Ziele für nötige Flexibilität einschränkt. die K ommis sion die E U - E nergieunion wei ter ver t iefen. G renzüb er s chrei tend e K o o p er at io n, die Ver k nüp - jedes Mitgliedsland festzulegen und auch die Erreichung der f ung d er E nergiemär k te und die kons equente U ms et zung einer euro p äis chen E nergieunio n sind d er Ziele den Staaten zu überlassen. Die gleichen Bedingungen für alle Marktteilnehmer r icht ige Weg. D o ch o b sich dies durch mehr E U - R e gulier ung und wei tere B üro k r at ie er zielen lä s s t, is t zu hinter f r agen. Die richtigen Anreize schaffen Es ist positiv, dass die Kommission die vorrangige Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energien abschaffen möchte. Statt strikte Vorgaben, spielen die richtigen Anreize eine wichtige Denn es sollten für alle Energieerzeuger die gleichen, fairen Energie ist für immer mehr Lebensbereiche notwendig. Des- Gleichzeitig möchte die Kommission die Renovierungsrate von Rolle. Dazu dienen zum Beispiel Forschungs- und Innovations- Bedingungen gelten. Dazu müssen erneuerbare Energien zu- halb ist eine sichere, grenzüberschreitende Versorgung, die Gebäuden beschleunigen. Die Finanzierung dieser Vorhaben ist förderung, aber auch steuerliche Begünstigungen. Dies gilt nehmend marktbasiert gehandhabt werden. Damit ein fairer auch in Krisenzeiten stabil bleibt, umso wichtiger. Unsere Ener- dabei nicht beantwortet. Es ist zu befürchten, dass es dadurch übrigens nicht nur für die Industrie, sondern auch für Konsu- Wettbewerb für verschiedene Technologien entstehen und gie soll verlässlich und sicher sein, zugleich aber auch günstig, zu drastischen Eingriffen in den Alltag kommt. Der Wohnraum menten. Der Verbraucher muss Anreize erhalten, Energie ein- der Strommarkt weiterentwickelt werden kann, sollten sta- nachhaltig und sauber, und dabei die Wettbewerbsfähigkeit wird verteuert. Wir benötigen aber zusätzliche Wohnungen, die zusparen. Dabei muss zwischen verschiedenen Maßnahmen je bile Rahmenbedingungen vorhanden sein. Leider lässt der langfristig stärken. Dass nicht all diese Ziele gleichzeitig er- auch bezahlbar sind. Hier zeigt sich, dass gut gemeint nicht nach Situation ausgewählt werden dürfen. Anderenfalls ist die Kommissionsvorschlag hier noch einiges offen. In einem vor- reicht werden können, ist offensichtlich. Die Kommission hat in immer gut gemacht ist. Die Ziele der Renovierungsrate stehen Akzeptanz der EU-Vorgaben in der Bevölkerung schnell verlo- ab durchgesickerten Dokument gab es zum Beispiel konkrete den letzten Jahren immer wieder Vorschläge für eine weitere in diesem Fall konträr zu dem Problem der Energiearmut, wel- ren. Gerade in der heutigen Zeit, in der es an Herausforderun- Vorgaben zu technologiespezifischen Ausschreibungen. Diese Integration der europäischen Energiemärkte gemacht. Das jet- ches die Kommission ebenfalls mit dem Winterpaket angehen gen nicht mangelt, sollte sich die EU auf die Dinge fokussieren, wurden aus dem neuen Vorschlag aufgrund von kommissions- zige Winterpaket setzt einen Fokus auf Strom und soll die Ener- möchte. Statt Überregulierung seitens der EU sollte die Ver- die wirklich notwendig sind. internen Uneinigkeiten gestrichen und durch Verweise auf gieunion vervollständigen. Das Ziel ist richtig, aber die Frage antwortung der Renovierung von Gebäuden in den Händen der Beihilferecht ersetzt. stellt sich, ob alle vorgeschlagenen Instrumente und Methoden Mitgliedsstaaten bleiben. Dabei muss das Prinzip der Kosten- Das Problem der übertriebenen Regulierung zeigt sich auch an richtig sind. effizienz berücksichtigt werden. Die Vorgabe der Kommission, dem aktuellen Vorschlag der Kommission zum Strommarktde- Eine Konkretisierung der Fördersysteme ist notwendig, um jährlich drei Prozent öffentlicher Gebäude der Regierungen re- sign und der ACER-Verordnung (ACER ist die EU-Agentur für die ein offenes, wettbewerbsneutrales und diskriminierungsfreies Flexibilität statt strikte Ziele novieren zu müssen, lässt wenig Spielraum auf nationaler Ebe- Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden). Nicht ohne System zu schaffen. Die Öffnung der Förderregimes, die erst ne und führt im Zweifel zu „Zwangssanierungen“. Grund haben einige nationalen Parlamente diese Vorschläge auf Druck der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission Unter den verschiedenen Maßnahmen schlägt die Kommission unter Subsidiaritätsgesichtspunkten geprüft. Unter anderem stattgefunden hat, trägt zur grenzübergreifenden Kooperation eine Energieeffizienzsteigerung um 30 Prozent bis zum Jahr Ja, wir brauchen die Renovierungen im Bestand. Ja, wir brau- möchte die Kommission neue „Regional Operation Center“ der Mitgliedsstaaten und zu mehr Kosteneffizienz bei. Aus die- 2030 vor – eine Erhöhung der ursprünglich vorgesehenen 27 chen neue Wohnungen. Wahrscheinlich werden die neuen (ROC) für die Zusammenarbeit nationaler Übertragungsnetzbe- sem Grund ist es notwendig und sinnvoll, dass die Öffnung der Prozent. Darüber hinaus sollen bestehende Vorgaben für die EU-Vorgaben aber das Gegenteil erreichen. Was die Industrie treiber (ÜNB) schaffen. Regionale Zusammenarbeit zwischen Fördersysteme eine entscheidende Rolle spielt und nicht dem Energieeffizienz von Gebäuden abgeändert werden. Diese sol- betrifft, so ist es aus betriebswirtschaftlicher Sicht selbster- den ÜNB gibt es aber auch bereits heute schon in der Form von Beihilferecht überlassen wird. len „intelligenter“ werden, zukünftig mit moderner Technologie, klärend, dass Unternehmen versuchen, möglichst effizient zu regionalen Sicherheitskoordinatoren. Hinzu kommt, dass viele wie z.B. Smart Metern, ausgestattet sein und auch über La- agieren und so wenig Energie wie nötig zu verbrauchen. Denn Entscheidungen zukünftig auf EU-Ebene getroffen werden sol- Herbert Reul ist Abgeordneter im Europäischen destationen für Elektrofahrzeuge verfügen. jedes Unternehmen möchte seine Kosten so gering wie möglich len. Dazu gehören zum Beispiel der Zuschnitt und die Größe Parlament und dort Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe.
IMMOBILIENPOLITISCHE PERSPEK TIVEN S. 22 | Cem Özdemir MdB | Christian Kühn MdB märkten behoben werden. Das Mietrecht, das ursprünglich als Mitteln ausgestattet sein, um all ihren Bewohnerinnen und Be- Ausgleichsrecht gedacht war, wurde in den vergangenen Jahren wohnern gerecht zu werden. Sie müssen Geld genug haben, um immer weiter ausgehöhlt. Auch die Einführung der Minimiet- Personalmangel, gerade in Planungsfragen, abbauen zu kön- preisbremse der Großen Koalition hat nicht geholfen, das zei- nen. Denn gut geplant ist halb gebaut. Cem Özdemir MdB | Christian Kühn MdB gen zahlreiche Studien. Wir wollen die Mietpreisbremse deshalb endlich zu einem echten Instrument zur Begrenzung von Neu- Aber zu einer lebenswerten und integrativen Stadt gehört auch Die kooperative Stadt vertragsmieten machen und durch weitere Begrenzungen von viel Stadtgrün. Gerade gesellschaftliche Aktivitäten wie Urban Mieterhöhungen ergänzen. Nur wenn der Lebensraum Innen- Gardening oder die gemeinsame Gestaltung grüner Freiräume stadt für alle bezahlbar bleibt, können wir Integration im Stadt- stärken das Miteinander. Grün in der Stadt ist wichtig für das viertel voranbringen. Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt Stadtklima – auch zwischen ihren Bewohnerinnen und Bewoh- D ie U r banisier ung und die K lima k r is e sind z wei d er grö ß ten H er aus fo rd er ungen, die w ir in die sem J ahr hund er t meis ter n müs s en. Vor uns lie g t d er umfa s s end s te S chub d er Ver s t äd ter ung, d en e s je in d er M ens chhei t s ges chichte gegeb en hat. ist leider in vielen Städten und Gemeinden an der Tagesordnung. Die Hälfte aller Fälle im Bereich Wohnen, die bei der Antidiskri- minierungsstelle des Bundes gemeldet werden, hat einen Bezug nern. Grüne Frei- und Erholungsräume sorgen für einen Aus- gleich zum Alltag und mindern Nachteile eines Lebens in der Innenstadt wie Belastung durch Lärm oder Luftverschmutzung. zur ethnischen Herkunft. Integration kann aber nicht gelingen, Deshalb setzt die kooperative Stadt auch auf Klimaschutz. Der wenn wir Menschen aufgrund ihres Namens oder ihrer Herkunft öffentliche Nahverkehr muss gegenüber dem Individualver- Bis zum Jahr 2050 werden weltweit 2,5 Milliarden Menschen Zuhause sucht: Die Wohnung und ihre Umgebung sind der erste ausgrenzen. Im Gegenteil: Wir müssen Neuankömmlinge, egal kehr privilegiert und ausgebaut werden. Carsharing ist nicht mehr in Städten leben als heute – das entspricht dann weit mehr Ankerpunkt in einer fremden oder neuen Stadt. Die kooperative von woher und mit welchem Hintergrund, in unserer Mitte will- nur ein Mittel nachhaltiger Mobilität sondern fördert auch die als der Hälfte der weltweiten Bevölkerung. Die Zukunft unseres Stadt ist eine Stadt, die allen ein Zuhause bietet. In ihr gelingt kommen heißen. Das bedeutet, sie nicht in an den Stadtrand Solidarität untereinander. Wir Grüne wollen deshalb Carsha- Weltklimas und damit unserer Lebensgrundlage entscheidet Integration und sie ermöglicht die gesellschaftliche Teilhabe für oder in unattraktive Wohnviertel abzuschieben, sondern ihnen ring durch genügend Abstellflächen erleichtern. Wir verbrau- sich ebenfalls in den Städten. Durch Industrialisierung aber auch alle ihre Bewohnerinnen und Bewohner. Die kooperative Stadt Wohnen und Leben in allen Nachbarschaften zu ermöglichen. chen noch immer 40 Prozent der Energie im Gebäudebereich, die Entwicklung neuer Mobilitäts- und Energiekonzepte kann die zeichnet sich aus durch eine Willkommensarchitektur, die Men- An dieser Stelle muss auch die private Wohnungswirtschaft während die Sanierungsquote bei einem Prozent vor sich hin Waage hier auf die eine oder andere Seite kippen. schen dezentrales Wohnen und Leben ermöglicht. Stadtviertel Verantwortung übernehmen und sicherstellen, dass Diskrimi- dümpelt. In unseren Städten schlummert ein gewaltiges Po- der Armen und Ausgegrenzten, Flüchtlingsghettos auf der grü- nierung egal welcher Form bei privaten Wohnungsunternehmen tenzial für den Klimaschutz. Wir Grüne wollen dieses Po- Diese Trends werden die globale Gesellschaft genauso wie die nen Wiese und Verdrängung zugunsten Wohlhabender werden und Vermietern nicht vorkommt. tenzial ausschöpfen, ohne energetische Gebäudesanierung Städte und Kommunen in Deutschland vor immense Herausfor- ersetzt durch integrative Viertel und die soziale Durchmischung und die sozial Schwächeren in den Städten gegeneinander derungen stellen. Eine der größten Aufgaben für unserer Städte bestehender Nachbarschaften bleibt erhalten. Genauso wichtig ist es, dass die Stadtviertel von Teilhabe, Bür- auszuspielen. Deshalb wollen wir ein Klimawohngeld einfüh- wird es sein, mit dem Zuzug und dem fortlaufenden Trend zur gerbeteiligung und Mitbestimmung leben. In der kooperativen ren, damit auch Geringverdienende in energetisch sanierten Urbanisierung so umzugehen, dass niemand auf der Strecke Das Ziel der kooperativen Stadt ist eine baupolitische, eine sozial- Stadt sorgen Quartiersmanagerinnen und Quartiersmanager und klimafreundlichen Wohnungen leben können. Umwelt- bleibt. Aber in der Herausforderung liegen auch Chancen. Die politische und auch eine finanzielle Aufgabe. Wir müssen Woh- dafür, dass niemand außen vor bleibt und Verwaltung, Politik, schutz, bezahlbares Wohnen für alle und lebendige Nachbar- weltweiten Migrationsbewegungen haben vielen Politikerinnen nungen bauen, die für alle bezahlbar sind. Wir Grüne setzen Wirtschaft und Anwohnerinnen und Anwohner miteinander im schaften dürfen nicht im Widerspruch zueinander stehen. und Politikern, Stadtplanerinnen und Stadtplanern und Archi- dafür auf die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützig- Dialog bleiben. Wie wichtig das für ein friedliches Miteinander tektinnen und Architekten die Wohn- und Integrationsfrage erst keit. Wir wollen gemeinwohlorientierte Akteure wie Genossen- ist, hat mittlerweile auch die Bundesregierung erkannt. Bun- Die kooperative Stadt heißt vor allem kulturelle Vielfalt ermögli- ins Bewusstsein gerufen. Entstanden sind eine lebhafte Debatte schaften, Baugruppen und kommunale Wohnungsunternehmen desbauministerin Hendricks hat im letzten Jahr noch schnell chen. Kulturelle Vielfalt ist ein Gewinn für die Gesellschaft. Ge- sowie kreative und innovative Architekturkonzepte – nicht nur stärken. Gleichzeitig stellen wir eine steuerliche Förderung für im Rahmen der Städtebauförderung ein Programm zur sozialen rade durch die Ermöglichung von verschiedenen Identitäten und zur Flüchtlingsunterbringung, sondern auch darüber hinaus. Die Privatvermietende bereit, wenn sie ihre Wohnungen mit Sozial- Integration im Quartier auf den Weg gebracht. Vor dem Hinter- Eigenheiten entsteht ein friedliches und tolerantes Miteinander. Diskussion um den Wohnungsbau der Zukunft ist in vollem Gange. bindung vermieten. Nach dem Prinzip „öffentliches Geld für öf- grund der Integration muss dieses Programm dringend weiter Durch soziale und kulturelle Integration schaffen wir weltoffene fentliche Güter“ können wir mit der Neuen Wohnungsgemein- ausgebaut werden. 190 Millionen jährlich sind zu wenig. Über Städte für alle. Denn Integration heißt Einheit in Freiheit und Ge- Denn die Frage nach gutem Wohnen stellt sich nicht nur in der nützigkeit in zehn Jahren eine Million dauerhaft bezahlbare die Städtebauförderung müssen wir wieder mehr Investitionen rechtigkeit und das kann nur in Vielfalt gelingen. Die Immobilien- Flüchtlingsunterbringung. Es geht vielmehr um gemeinsames Wohnungen schaffen. Denn wir sind überzeugt, dass gesell- ins Quartier bringen. Der soziale Zusammenhalt wird gestärkt wirtschaft kann hierbei eine entscheidende Rolle spielen. Wir freu- Wohnen und Leben. Unsere Städte und Gemeinden müssen all schaftlicher Mehrwert immer noch die beste Rendite ist. Wir durch Investitionen in Schulen und Nachbarschaften, in Frei- en uns auf einen konstruktiven und lösungsorientierten Dialog. die Menschen integrieren, die Sicherheit, Jobs, neue Perspek- brauchen endlich wieder mehr Vermieter, die ihre gesellschaft- zeitangebote, kulturelle Einrichtungen, Freibäder oder Bibliothe- tiven oder eine hohe Lebensqualität suchen. Integration beginnt liche Verantwortung wahrnehmen und nicht nur an kurzfristi- ken. Das ist natürlich in erster Linie Aufgabe der Kommunen. Cem Özdemir MdB, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. immer im Stadtviertel oder Wohngebiet. Egal ob man als Bür- gen Gewinnstreben interessiert sind. Durch die Stärkung des Aber auch der Bund kann und darf sich hier nicht aus der Ver- Christian Kühn MdB, Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik der Bun- gerkriegsflüchtling, als Arbeitsmigrant oder Student ein neues Mietrechts muss außerdem die Schieflage auf den Wohnungs- antwortung stehlen. Die Kommunen müssen mit ausreichend destagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.
IMMOBILIENPOLITISCHE PERSPEK TIVEN S. 24 | Christian Lindner MdL und sozial ausgerichteten Vertragsbeziehung interessiert ist. fähigen Bau- und Planungspolitik dar. Wir wollen, dass neu- Die Mietpreisbremse ist hingegen das Misstrauensvotum der este Technologien gemeinsam mit dem Expertenwissen von Politik gegenüber sozial verantwortlich agierenden Vermietern. Architekten, Stadtplanern und den Behörden schnell in den Christian Lindner MdL Statt noch weiterer Eingriffe in die Eigentumsrechte durch eine Alltag der Planungs- und Baupraxis Einzug finden. Durch die Verschärfung der Mietpreisbremse will die FDP die Mietpreis- Beschleunigung bzw. den Abbau von Koordinationsprozessen Mehr Mut zur Eigentumsbildung und bremse abschaffen und den Wohnungsbau durch Anreize an- der unterschiedlichen Akteure kann kalkulierbar schneller und Respekt vor dem Eigentum kurbeln. Das dokumentiert den Respekt vor dem Eigentum und planungstechnisch treffsicherer gebaut werden. Darüber hin- betont, dass nur neue Wohnraumangebote der Problemlösung aus schafft der Einsatz von BIM eine größere Transparenz für auf angespannten Wohnungsmärkten dienen. Deshalb muss alle am Bau Beteiligten, was zu einer weiteren Qualitätssteige- das Bauen in Deutschland vereinfacht werden und durch die rung am Bau beitragen kann. priorisierte Wiedereinführung der degressiven Abschreibung D ie H er aus ford er ungen d er I mmo bilienbr an che sind en o r m. D enn vo n ihr w ird nicht weniger er war- tet, als da s s sie d en in D eu t s chland dr ingend er fo rd er lichen neuen Wo hnr aum ko s tengüns t ig zur Ver f ügung s tellt . D a zu sind b es s ere und vo r allem ver lä s sliche p oli t is che R ahmenb e dingungen n öt ig. (AfA) auf Immobilien ein Impuls für den Wohnungsbau gesetzt werden. Das ist insbesondere auch ein Anreiz für Immobilien- 5. Landesbauordnungen harmonisieren investoren. Der deutsche Föderalismus hat viele Sonnen-, aber auch einige Schattenseiten. Zu den Schattenseiten gehört, dass das Bau- 3. Baukosten senken ordnungsrecht als Angelegenheit der Länder zum Teil erheblich Die Freien Demokraten bekennen sich zur mittelständisch Wir wollen, dass sich Menschen wieder Eigentum erlauben und voneinander abweicht. Trotz vorhandener Musterbauordnung geprägten Struktur der Immobilienwirtschaft. Sie wollen wir aufbauen können. Unser Baustein für das Eigenheim ist ein Neben gestiegenen Materialanforderungen belasten die vielfäl- als Orientierungshilfe ist es bislang nicht gelungen, die Bauord- stärken. Einer Renaissance der staatlichen „neuen Wohnungs- Grunderwerbsteuerfreibetrag von 500.000 Euro für selbstge- tigen staatlichen Vorgaben die Immobilienbranche enorm. Dies nungen der Länder hinreichend zu harmonisieren. Handwerker, gemeinnützigkeit“ erteilen wir eine Absage – dieses Modell hat nutztes Wohneigentum. Damit wollen wir Menschen Chancen belegen zahlreiche Studien. So hat allein die letzte Verschär- Architekten und Ingenieure, die auch in anderen Bundesländern sich nicht bewährt. Fünf Punkte sind den Freien Demokraten im geben, sich insbesondere auch in Zeiten von anhaltenden Dis- fung der Energieeinsparverordnung (EnEV) die Baupreise um 7 tätig sind, müssen sich aufgrund der unterschiedlichen gesetz- Bereich der Immobilienbranche besonders wichtig. Damit wol- kussionen über die Zukunftsfähigkeit unseres Rentensystems, bis 8 Prozent nach oben getrieben. Dabei standen die erzielten lichen Rahmenbedingungen immer wieder umstellen. Diese un- len wir die Eigentumsbildung fördern, das Bauen in Deutsch- auch durch Eigentumsbildung im Laufe ihres Erwerbslebens Einsparungen volkswirtschaftlich in keinem Verhältnis zu den nötige Komplexität könnte erheblich reduziert werden. Die Frei- land erleichtern und Investitionsbremsen lösen: vor Altersarmut abzusichern. dafür erforderlichen Investitionen. Die FDP fordert daher ein en Demokraten sprechen sich daher grundsätzlich dafür aus, die mehrjähriges Moratorium der Energieeinsparverordnung. Denn Landesbauordnungen soweit als möglich zu vereinheitlichen. 1. Wohneigentum durch 2. Mietpreisbremse abschaffen und Anreize Deutschland hat heute schon die weltweit höchsten Energie- Grunderwerbsteuerreform erleichtern für den Wohnungsbau setzen und Umweltstandards. Weiterhin müssen unnötige Baustan- Zielsetzung dabei ist eine länderübergreifende Vereinheitlichung dards abgeschafft werden, eine proaktive Verfügbarmachung technischer Standards (z.B. Gefahrenabwehr, Brandschutz, Trotz der anhaltend guten konjunkturellen Lage in Land liegt Die Wohnungsmärkte in Deutschland entwickeln sich höchst von Bauland forciert werden, Baugenehmigungsverfahren Abstandsflächenrecht) und eine generelle Vereinfachung des die Wohneigentumsquote in Deutschland bei unterdurch- unterschiedlich: In vielen ländlichen Regionen haben der de- müssen komplett digital erfolgen können und durch Einführung Baurechts. Praktisch könnte dies durch eine Erweiterung des schnittlichen 45,5 Prozent. Nur die Schweiz liegt innerhalb der mografische Wandel und rückläufige Bevölkerungszahlen kurzer und verbindlicher Fristen insgesamt deutlich beschleu- Baugesetzbuchs um die Musterbauordnung erfolgen. Dies OECD-Staaten noch unter diesem Wert. Ökonomen berechnen, Vermietermärkte zu Mietermärkten gemacht. In zahlreichen nigt werden. wäre insbesondere deshalb sinnvoll, weil die Europäisierung dass sich vielerorts die Vorteilhaftigkeit des Immobilienerwerbs Ballungszentren kommt es hingegen zu erheblichen Miet- des Baurechts (aufgehen der DIN-Normen in EN-Normen) und gegenüber der Mietwohnung mit Beginn der Niedrigzinspha- preissteigerungen. Dort können Neubauaktivitäten und Be- 4. Digitalen Wandel in der des Dienstleistungsrechts (Dienstleistungsrichtlinie) ohnehin zu se weiter verbessert hat. Die Kaufnebenkosten, die nicht mit standssanierungen nicht mit der zunehmenden Nachfrage Wohnungswirtschaft vorantreiben einer Harmonisierung des Planungsrechts in der Europäischen in die Immobilienfinanzierung einfließen, belasten jedoch den mithalten. So hat sich gezeigt, dass die durch die Einführung Union führen wird. Vorgreifend hierzu ist mindestens die bun- deutschen Immobilienmarkt besonders und halten Menschen der Mietpreisbremse vollzogenen massiven Eingriffe in die Ei- Neben der dringenden Notwendigkeit, die Möglichkeit zur Ein- desweite Anwendung der Musterbauordnung als einheitliche vom Immobilienkauf ab. Die Grunderwerbsteuer stellt dabei gentumsrechte der Immobilienbesitzer nicht der Problemlösung reichung von Bauanträgen in digitaler Form zu schaffen, sehen Bauordnung anzustreben. den größten Kostenfaktor der Erwerbsnebenkosten dar. In dienen und stattdessen Investoren vom Wohnungsbau abge- die Freien Demokraten im digitalen Wandel weitere enorme den Niederlanden fallen für den Kauf einer Wohnimmobilie von halten werden. Gleichzeitig zeigt sich aber, dass nach wie vor Chancen für die Bauwirtschaft. Durch intelligente digitale Sys- 250.000 Euro in Summe 6.525 Euro an Kaufnebenkosten an, der größte Teil von Mietwohnungen in Deutschland von priva- teme wie etwa das Building Information Modeling (BIM) lassen Christian Lindner MdL während in den Bundesländern mit einem Grunderwerbsteuer- ten nicht-institutionellen Vermietern auf dem Wohnungsmarkt sich Planungs-, Bau- und Lebenszykluskosten präzisieren. Es Bundesvorsitzender der FDP, hebesatz von 6,5 Prozent dafür 28.987,50 Euro fällig werden. angeboten wird und dass diese Gruppe an einer langfristigen stellt damit ein weiteres nutzbares Instrument einer zukunfts- Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion NRW
I M M O B I L I E N P O L I T I S C H E P E R S P E K T I V E N | STA DT E N T W I C K LU N G S. 26 | Dr. Eva Lohse und Aushandlung vor Ort. So steht die Bauleitplanung vor der konzepte haben sich vielfach als bewährtes Instrument zur schwierigen Aufgabe, die unterschiedlichen und oft widerstrei- Steuerung der Handelsentwicklung in den Städten erwiesen. tenden Belange, die bei einer anstehenden Flächennutzung zu Wirkungsvoll sind diese allerdings nur, wenn sie eindeutige Pri- Dr. Eva Lohse berücksichtigen sind, abwägend zu würdigen. Welche Nutzung oritätensetzungen beinhalten, in Kooperation mit den Beteilig- Ohne die gebaute Wirklichkeit sind an welchem Standort realisiert, ersetzt oder revitalisiert wird, ten vor Ort erstellt, in regelmäßigen Abständen aktualisiert und wir heimatlos lässt sich nur mit Blick auf die örtlichen Rahmenbedingungen mit „langem Atem“ umgesetzt werden. Bei der Erstellung bzw. unter enger Beteiligung der Akteure aushandeln. Auch das Fortentwicklung solcher Konzepte sind auch Szenarien wie die Die Immobilienwirtschaft als starker verträgliche Maß an baulicher Dichte, die städtebauliche Qua- Rücknahme von Fehlentwicklungen der Vergangenheit oder die Partner der Stadtentwicklung lität und Einfügung sowie der Anteil der Grün- und Freiflächen Aufgabe von Handelsstandorten zu prüfen. sind Parameter, die nicht pauschal vorgeschrieben werden können. Das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung Verantwortungsgemeinschaften E ine V ielz ahl d er d eu t s chen S t äd te wächs t w ie d er und d a s B augewer b e in D eu t s chland b o omt . I m J ahr 2 016 w urd en d em S t at is t is chen B und e s amt zu folge 2 3 3.873 G e b äud e genehmig t. D er vor läu- f ige baugewer bliche U ms at z b eläu f t sich au f c a . 71 M illiard en E uro. D a s sind w ir k lich b e eindr u ckend e geben den Städten einen rechtssicheren Rahmen für diese Aushandlungsprozesse, den es auch zukünftig zu erhalten gilt. So erleichtert beispielsweise die Einführung der neuen Bauge- Um die Chancen des Wandels positiv für unsere Gesellschaft und unsere Städte zu nutzen, darf es keine Denkbarrieren ge- Z ahlen, die einem die W icht igkei t und B ed eu t ung d er I mmo bilienw ir t s chaf t vo r A ugen f ühren. D ie d eu t- bietskategorie „Urbane Gebiete“ die Umsetzung der Ziele der ben. Alle Akteure sind daher aufgefordert, den kontinuierlichen s chen S t äd te br au chen die I mmo bilienw ir t s chaf t als s t ar ken Par t ner d er S t ad tent w ick lung. G leichzei t ig Leipzig Charta und trägt zu einer nachhaltigen Entwicklung bei. Prozess des Wandels gemeinsam erfolgreich zu gestalten. müs sen die S t äd te d en S p agat z w is chen dr ängend en, v iel fach konk ur r ierend en A nford er ungen und Verantwortungsgemeinschaften von Stadt, Handel und Eigen- unter s chiedlichen N u t zungsinteres sen meis ter n. Stadt und Handel(-immobilien) tümern, wie z.B. ein kooperatives City- und Stadtmarketing sowie BIDs (Business Improvement Districts) oder ISGs (Inter- Lebendige Innenstädte leben von einem florierenden Einzel- essen- und Standortgemeinschaften), steigern die Attraktivität handel und Gewerbe. Die Städte unterstützen die Entwicklung von Innenstädten und stärken den Handel. Diese Instrumente Nutzungskonkurrenzen und Interessenkonflikte tensiven (Vor-)Planung und kreativer Lösungen bei der Umset- der Innenstädte sowie von Stadtteil- und Quartierszentren mit können zudem Beiträge zur Aufwertung des baulichen Umfel- zung. Leider liegen die politischen Zielsetzungen und die diese einer Vielzahl unterschiedlicher Aktivitäten. Aber auch die Im- des und der digitalen Infrastruktur – auch zur Wertsteigerung Unstrittig ist, dass für eine nachhaltige Stadtentwicklung eine vermeintlich flankierenden Fördermöglichkeiten noch allzu oft mobilieneigentümer und -entwickler haben durch eine nach- der einzelnen Immobilie – leisten. qualitative Innenentwicklung unverzichtbar ist. Hierzu gehört auseinander. Die bisherige Förderungspraxis unterstützt nur haltige Entwicklung ihrer Immobilie wesentlichen Einfluss auf eine Nachverdichtung mit Augenmaß ebenso wie die Aufwer- vollumfängliche Sanierungen und Neubauten mit höchstem die künftige Handelsstruktur. Im engen Zusammenspiel mit der Zudem sollten On- und Offline miteinander vernetzt und die je- tung der Grün- und Freiräume. Es ist wichtig, dass öffentliche energetischem Standard. Stadt sollten sie dieser Verantwortung gerecht werden sowie weiligen Stärken genutzt werden. Die virtuelle Welt ist schnell, Bauleitplanung und private Eigentümer bei solchen Projekten ihren Beitrag zur erfolgreichen Bewältigung des strukturellen einfach, informativ und kommunikativ. Die gebaute Wirklichkeit an einem Strang ziehen und auch die Interessen der Anlieger Zielführender wäre aber ein integrativer Ansatz mit ganzheitli- Wandels leisten. unserer Städte ist hingegen alles andere als einfach, und Verän- berücksichtigt werden. Da die Flächen im Innenbereich be- chen Lösungen im Quartier unter Einbeziehung der Energiever- derungen brauchen hier mehr Zeit als im bloß virtuellen Raum. schränkt sind und die Wohnraumschaffung aufgrund des star- sorgungsstrukturen. Nicht das einzelne Gebäude gilt es zu be- Eine qualitätsvolle Planungs- und Baukultur leistet einen zen- Dafür spricht diese gebaute Wirklichkeit alle unsere mensch- ken Zuzugs von Menschen in die Städte sich im Innenbereich trachten, sondern die energetische Gesamtbilanz im Quartier. tralen Beitrag zu attraktiven, lebenswerten Städten und trägt lichen Sinne an. Das kann manchmal auch anstrengend sein, nicht immer in der gewünschten Quantität und Qualität realisie- Eine integrative Stadtentwicklung erfordert somit auch eine zur positiven Imagebildung in der Außen- und Binnenwirkung aber ich bin nicht der Meinung, dass der Sinn des Lebens darin ren lässt, müssen wir in bestimmten Fällen auch wieder über integrative und ressortübergreifende Förderpolitik durch Bund bei. Entsprechend gilt es, eine klare Haltung zu Zielsetzungen besteht, sich nicht anzustrengen. Wir brauchen die gebaute die Inanspruchnahme von angrenzenden Außenbereichsflä- und Länder. Ein besonders gelungenes Beispiel ist das Konzept und Qualitätsansprüchen vor Ort zu entwickeln und diese lang- Wirklichkeit unserer Städte als Orte der Verdichtung und der un- chen zur Ergänzung vorhandener Siedlungsbereiche oder sogar von ICRuhr in Bottrop mit aufsuchender Beratung sowie tech- fristig und gemeinsam zu verfolgen. Sowohl Stadt und Handel mittelbaren – auch ungeplanten – Begegnung und Interaktion. für neue Quartiere nachdenken. nologieoffener Förderung. als insbesondere auch die Immobilieneigentümer und -wirt- Die virtuelle Welt kann unseren Horizont erweitern. Aber wir schaft sollten die Aufwertung des baulichen Umfeldes und der brauchen auch den Teil, der „real estate“ ist, denn ohne diese Eine klimagerechte Stadtentwicklung und kostengünstiges Als dritten und nicht minder wichtigen Punkt möchte ich die digitalen Erfordernisse verstärkt in den Blick nehmen, um die gebaute Wirklichkeit sind wir heimatlos. Ich bin deswegen sehr Bauen erscheinen ebenfalls als konträre Anforderungen. Trotz- Nutzungskonkurrenzen und Interessenkonflikte innerhalb der Attraktivität des Standortes zu erhöhen. froh, dass wir in Deutschland eine florierende Immobilienwirt- dem müssen wir versuchen, beides miteinander zu verbinden Bevölkerung und der am Bau und der Nutzung beteiligten Ak- schaft als starken Partner für die Stadtentwicklung haben. und dabei auch die Fragen der Baukultur nicht aus dem Blick teure ansprechen. Die Zielsetzungen der Leipzig Charta zeich- Darüber hinaus sind die bestehenden bau- und planungsrecht- zu verlieren. Dass dies möglich ist, zeigt zwischenzeitlich eine nen das Bild einer urbanen, dichten, gemischten und sozialen lichen Instrumente konsequent und konsistent anzuwenden. Dr. Eva Lohse ist Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen am Vielzahl „gebauter“ Beispiele. Dies bedarf allerdings einer in- Stadt. Diese bedürfen zu ihrer Konkretisierung einer Abwägung Flächendeckende und standortübergreifende Einzelhandels- Rhein und Präsidentin des Deutschen Städtetages.
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