Wie harmlos ist CANNABIS ? - März 2012 Prof. Dr. Dr. M. Hambrecht Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie AGAPLESION ...

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Wie harmlos ist
CANNABIS ?
                                       5. März 2012

                      Prof. Dr. Dr. M. Hambrecht
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
      AGAPLESION ELISABETHENSTIFT DARMSTADT
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Übersicht

•   Allgemeines zu Sucht
    und Missbrauch
•   Ursachen von Sucht
•   Cannabis: Wirkung, Folgen
•   Therapie, Prävention

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Missbrauch = schädlicher Gebrauch
Konsum, obwohl man um die
negativen Konsequenzen weiss
•   körperliche Folgen
•   psychische Folgen
•   soziale Folgen
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Sucht = Abhängigkeit

 Kontrollverlust: nicht mehr aufhören können
 Körperliche Entzugssymptome
 Psychische Entzugssymptome
 Zwang zur Dosissteigerung
 Einengung des Konsummusters
 Einengung anderer Interessen
                 und Aktivitäten
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Abstinenz – Konsum – Missbrauch – Abhängigkeit/Sucht
                         (Problematischer Konsum)

                   Ein Kontinuum
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Schätzungen zur Verbreitung
von problematischem Konsum
  Nikotin
      16,6 Mio. Raucher, davon 3,8 Mio. Tabakabhängige
       jährlich 110.000 - 140.000 Todesfälle
  Alkohol
      3,3 Mio. Menschen mit problematischem Alkoholkonsum
      jährlich 50.000 - 70.000 Todesfälle
  Cannabis
      2,4 Mio. Konsumenten, davon 400.000 mit Abhängigkeit
      Todesfälle ?
  Beruhigungs- und Schmerzmittel
      mindestens 1,5 Mio. Abhängige
      Todesfälle ?
  Heroin
      30.000 Abhängige von „harten Drogen“
       jährlich 1.500 Todesfälle
  Nicht-stoffgebundene Süchte
      z.B. Spielsucht, Arbeitssucht, PC-Sucht
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Ursachen von Sucht

 Psychologische                    Sozialwissenschaftliche
    Modelle                                Modelle

               Multifaktorieller Ansatz
             Kombination und Interaktion
                    von Ursachen

                  Biologische Modelle
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Sozialwissenschaftliche
        Modelle

Ausdruck einer individuellen
Entwicklungsphase
Gruppenprozesse
Protest gegen gesellschaftliche Normen
Lebensform benachteiligter Randgruppen
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Psychologische Modelle

Lerntheorie:
Klass. Konditionieren, Operantes Konditionieren (Verstärker:
Belohnung durch kurzfristiges Wohlbefinden; negativer
Verstärker: Vermeidung unangenehmer Entzugssymptome),
Lernen am Modell

Tiefenpsychologie:
      depressiv-neurotische Struktur mit oraler Fixierung
      Ersatzobjekte
      frühe Störung: „ich bin, was ich bekomme“

Persönlichkeitsforschung: z.B. „Sensation seeking“
Konsummotive bzw. Persönlichkeiten
mit Suchtrisiko

  1. Gruppe: sich „besser fühlen“, „besser drauf sein“
      (u.a. „sensation seeking“)

     Prävention und Therapie: gesunde Alternativen fördern

  2. Gruppe: Vermeiden, sich schlecht zu fühlen
      (Selbstmedikation)

     Prävention und Therapie: Behandlung der Grundkrankheit,
      z.B. Angststörung, Depression, PTBS, Partnerkonflikt
Einflüsse auf die Substanzwahl

> Persönlichkeit
> Pharmakologie
> Legalität, Verfügbarkeit und Preis
> Vorbilder, Umfeld
Biologische Modelle
        - Untersuchungsebenen -

•   Hirnstrukturen
•   Neurotransmitter und ihre Rezeptoren
•   Gene, die diese kodieren
•   Interaktion dieser Faktoren
Limbisches System
                    Seite 14
Limbisches System

                    Seite 15
Ventrales
           Tegmentum

Das Dopaminsystem
Endogenes Belohnungssystem:
             mesolimbisch + dopaminerg

1.   Ventrales Tegmentum + Nucleus accumbens (vord. Striatum)
     Verarbeitung belohnender Umweltreize: Motivation und Lernen

2.   Aktivierung des Belohnungssystems
     durch Essen, Glückspiel, Sex u.a. aber besonders stark durch
     psychotrope Drogen

3.   Suchterzeugende Substanzen: besonders starke Freisetzung von
     Dopamin im Ncl. Accumbens

4.   Wiederholte Stimulation sensitiviert das Dopaminsystem: mehr
     Verstärkung durch prä- und postsynaptische Veränderungen
Genetische Befunde
1. Sucht allgemein :
   Zusammenhang zwischen dem Dopamin-Rezeptor-Allel A(1)
   und schwerer Substanzabhängigkeit
   (Metaanalyse von 64 genetischen Studien)
   (Young et al., Addict Behav 2004, 29: 1275-1294)

2. Alkohol :
   Allele des GABAA-Rezeptor-Gens (GABRB2 1412T) auf
   Chromosom 5q34 korrelieren mit Alkoholabhängigkeit (Finnland;
   Indianische Population)
   (Radel et al. Arch Gen Psychiatry 2005; 62:47)

Erhöhte Expression des GABAA-Rezeptor-Gens bei Alkoholkranken
   post mortem
   (Dodd et al., Addict Behav 2004, 29: 1295-1309)
Cannabis

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Cannabisprodukte

• Hanf: eine der ältesten „Kulturpflanzen“
• über 300 Inhaltsstoffe
• der wichtigste: Tetrahydrocannabinol (THC)

• Marihuana, „Gras“ =
  getrocknete Blüten und Blätter
• Haschisch = Harz

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Cannabiswirkung

• Wirkung ist dosisabhängig

• Wirkungsbeginn beim „Kiffen“ nach Minuten,
  beim Essen nach 1/2 bis 2 Stunden

• Durch Züchtung in den letzten 20 Jahren wurde die
  Konzentration an THC auf das 15-fache erhöht:
  Alte Studien taugen nicht.

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Der Weg von Cannabis
durch den Körper: langsam

    fettlöslich, verteilt sich im Körper, geht dann wieder ins Gehirn;
    Rückresorption im Darm; aktive Metabolite; erst nach 30
    Tagen wieder völlig ausgeschieden

    bei wiederholter Einnahme: Akkumulation

    Plasmahalbwertszeit nach Inhalation: 30 Stunden

    noch nach 12 Stunden verlängerte Reaktionszeiten

    Noch 4 Wochen nach dem letzten Joint verminderte
    Intelligenz- und Gedächtnisleistungen

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Nutzen ?
Cannabis als Medikament
China 2737 v. Chr.: Hinweis auf medizinische Anwendung
appetitsteigernd
gegen Übelkeit/Brechreiz
gegen Schmerzen / Spastik
bei Krebsleiden, Chemotherapie, AIDS, Multiple Sklerose
teilweise umstrittene, teilweise nicht überlegene Wirkung
als Arzneimittel verschreibungsfähig:
pharmazeutische Zubereitung von THC: Marinol® (Dronabinol)

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Körperliche Wirkungen
von Cannabis
Bindungsstelle = Cannabinoid-Rezeptor
Körpereigener Ligand = Anandamid
Cannabis wirkt fast auf jedes Organ, z.B. Herz-Kreislauf:
Tachykardie, Gefäßerweiterung
enthält (außer Nikotin) die selben Bestandteile wie Tabak und
höhere Konzentrationen an krebserregenden Stoffen
chronischer Konsum führt zu Bronchitis, Emphysem
Hinweise auf Immunsuppression u. Chromosomenschädigung

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Psychische Wirkungen
Erwünschte Wirkung:
euphorisierend-sedierend, entspannte Gleichgültigkeit, „rosarote Brille“

Unerwünschte Wirkungen:
 22% hatten auch Panikattacken und Angst (Bad Trips, Flashbacks)
  16 % berichten Depression (Suizidrisiko 4 mal höher als bei nicht-usern)
  21 % berichten Erschöpfung und Motivationsverlust
  10-20 % der regelmäßigen Konsumenten: psychose-artige Zustände
  5-10 % schizophrener Psychosen durch Cannabis ausgelöst
 20 % (60.000 Menschen) der chronisch schizophren Erkrankten:
Cannabisproblem

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Wirkungen am Gehirn

Aktivierung des mesolimbischen Belohnungssystems:
 subjektives Gefühl, gerade etwas Schönes und Wichtiges zu
 erleben

Dopamin-Ausschüttung
 im ventralen Striatum,
 Nucleaus accumbens
 und Stirnhirn

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Seite 27
Cannabis - Risiken

                     Seite 28
Cannabis schädigt
das reifende Gehirn

 Ratten in der Pubertät und bereits erwachsene Ratten erhielten 25 Tage lang
  ein synthetisches Cannabinoid.
 Cannabinoid-Gabe in der Pubertät führte im Erwachsenenalter zu
  deutlich schlechteren Leistungen in Standardtests für
  - Lernen      - Gedächtnis        - Neugierverhalten
  - sensorische Filterfunktionen (Besserung durch Haldol)

 Erwachsene Cannabis-Ratten: keine Defizite in diesen Experimenten

                                                          Schneider & Koch, 2003

                                                                         Seite 29
Cannabis-assoziierte
psychische Störungen

 Cannabismißbrauch
 Cannabisabhängigkeit
 Intoxikationspsychose: Stunden bis 2 Tage in unmittelbarem
 zeitlichem Zusammenhang mit Einnahme
 Cannabisinduzierte Psychose: Tage bis Wochen in unmittelbarem
 zeitlichem Zusammenhang mit Konsum
 (Differentialdiagnose zur Doppeldiagnose mit Schizophrenie, s.u.)
 Chronische Persönlichkeitsveränderung /
 Amotivationssyndrom: bei starken Konsumenten, Besserung nach
 mehrwöchiger Abstinenz
 Kognitive Störungen: chronisch bei starken Konsumenten, z.T.
 reversibel nach mehrwöchiger Abstinenz

                                                                 Seite 30
Differentialdiagnose:
Cannabis-induzierte Diagnose oder
„Doppeldiagnose“ Psychose und
Cannabismissbrauch/-abhängigkeit ?

 „Doppeldiagnose“ wenn
  Psychose zwar in engem zeitlichem Zusammenhang mit
  Cannabiskonsum auftritt,
  Psychose aber auch nach Monaten (nach ICD-10: 6 Monate)
  trotz THC-Abstinenz und geeigneter Therapie symptomatisch
  bleibt
 und/oder
  Psychose trotz Abstinenz rezidiviert

                                                         Seite 31
Hohe psychiatrische Komorbidität
bei Cannabiskonsumenten

 Die Mehrzahl aller starken bzw. aller abhängigen
  Konsumenten (70 % der Abhängigen) hat mindestens eine
  komorbide psychische Störung,
  v.a. andere substanzbezogene Störungen,
  Persönlichkeitsstörungen, Störungen des
  Sozialverhaltens/ADHS, affektive und Angststörungen

 Die psychiatrische Komorbidität korreliert mit
  Einstiegsalter des THC-Konsums (bes. unter 16 Jahre)
  Stärke des THC-Konsums
  Schwere der Abhängigkeit
                                                         Seite 32
Abhängigkeit von Cannabis
 Auch körperliche Entzugserscheinungen: unruhig, schlaflos, aggressiv,
 appetitlos, Zittern und Schwitzen
 deshalb oft: >>> Fortsetzung des Konsums und Abhängigkeit
 Unfähigkeit zur Abstinenz:
      35 % konnten nicht aufhören, obwohl sie es wollen
 Kontrollverlust: 13 % meinten, Konsum nicht kontrollieren zu können
 Von allen, die je Cannabis konsumieren, werden 10 % abhängig.
 Bei ca. 3 Mio. (un-)regelmäßigen Cannabiskonsumenten in Deutschland
 sind demnach 300.000 abhängig.
 Konsummenge dabei individuell unterschiedlich, meist mehr als mehrere
 Joints wöchentlich
 Risiko für Abhängigkeit steigt mit frühem Beginn und häufigem Konsum

                                                                       Seite 33
Suchtpotential
von Cannabis im Vergleich

    Daumenmaß: Anteil der Abhängigen unter denjenigen,
             die jemals konsumiert haben

Alkohol: 8 % werden abhängig

Cannabis: 10 % werden abhängig

Heroin: 27 % werden abhängig

Nikotin: 33 % werden abhängig

Cannabiskonsum täglich : 40 % werden abhängig

                                                         Seite 34
Längerfristige Wirkung
von Cannabis am Gehirn

 Dauerstimulation führt zu
  Zwang zur Dosissteigerung (wegen Gewöhnung)
  Gegenregulation im Motivations- und Lernsystem und so
  negative Auswirkungen auf Motivation, Lernvermögen,
  Aufmerksamkeit, Hedonie und Stimmung
  Cannabis: neurotoxisch auf Hippocampus-Neurone
  Cannabis wirkt sensitivierend für Opiateffekte

                                                          Seite 35
Kognitive
Wirkungen

        Seite 36
Kognitive Wirkungen
Verschlechterung geistiger und psychomotorischer Fähigkeiten:
Reaktionszeiten, Koordination, Gedächtnis, Konzentration (schon nach
niedrigen Dosen von 5-10 mg)
Reduziert sind Aufmerksamkeit,
Kritikfähigkeit und Urteilsvermögen
Nach Alkohol die häufigste Droge,
die an Autounfällen beteiligt ist.
Im Flugsimulator: Piloten merken selbst
ihre eingeschränkte Aufmerksamkeit nicht.
Bleibende Denkschäden sind umstritten.

                                                               Seite 37
„Amotivationssyndrom“
„Persönlichkeitsentkernung“

• Gleichgültigkeit, Initiativelosigkeit
• Verlust persönlicher Werte und Ziele
• Chronische Depression ?

• 21 % der Cannabiskonsumenten
berichten Erschöpfung und
Motivationsverlust.

• Motivationsverlust/Depression:
Ursache oder Wirkung von
fortgesetztem Cannabiskonsum ?
                                          Seite 38
Cannabis und
Schizophrenie

                Seite 39
Früher Verlauf einer schizophrenen
Psychose nach der ABC-Studie
Vollerfassung: 232 Patienten mit erstmaliger psychotischer Episode 1987-89
                                                                  2 Mo.
                                                          Psycho-
                               Prodromalphase              tische
                                                         Vorphase
          Alter   24,2                                29,0       30,1 30,3

        Zeitdauer                5,0 Jahre                  1,1 Jahre
                                                                                 positive
                                                                                 Symptome

                                                                                  negative und
                                                                                  unspezifische
                                                                                  Symptome

                                                                             Ersthospitalisation
      erstes Anzeichen einer                     erstes        Maximum
       psychischen Störung                      positives         der
       (unspezifisches oder                     Symptom         Positiv-
       negatives Symptom)                                     symptomatik

                                                                                                   Seite 40
ABC-Ersterkranktenstudie:
Kumulierte Lebenszeitprävalenz

           %
     25%

     20%

     15%
                       24 %
     10%
               14 %
      5%                            7%       14 %
      0%
               Ersterkrankte   Parallelisierte Kontrollen

           Drogenmissbrauch     Alkoholmissbrauch
                                                            Seite 41
ABC-Ersterkranktenstudie:
Beginn von Drogenmissbrauch
und erstem Anzeichen der Schizophrenie
          Drogen vor Schizophrenie    selber
          > 5 J.   1-5 J.    < 1 J.   Monat

                                               Drogen nach Schizophrenie
          17%                                  < 1 J.    1-5 J.    > 5 J.
                    10%
                              0       34%
                                               5%

                                                         17%       17%

          n=29

                                                                      Seite 42
Schweden: „Rekrutenstudie“
(prospektiv !)
Cannabiskonsum in der Jugend
und spätere Hospitalisierung wegen Schizophrenie

 Ausgehend von 45.000 jungen Männern
 Abgleich der Selbstauskunft bei der Musterung mit
 Psychiatrieregister 15 bzw. 27 Jahre später
 Dosis-Wirkungsbeziehung
 Bei 50 oder mehr Joints pro Jahr:
 Adjustiertes Relatives Risiko 2,3 bzw. 3,1
 Wenn andere psychiatr. Diagnosen nicht ausgeschlossen
 werden, RR = 6 bzw. 6,7
                                           Andreasson et al. 1988
                                               Zammit et al. 2002
Neuseeland: Dunedin-Studie
Geburtskohorte des Jahres 1972/73

 Ausgehend von 759 Neugeborenen
 erfaßte auch schon psychotische Symptome mit 11 Jahren
 hier: Untersuchungen mit 15, 18 und 26 Jahren
 Cannabiskonsum >> Psychotische Symptome oder Diagnose
 Adjustiertes Relatives Risiko 1,8 (CI 1,2 - 2,6)
 10 % der 15jährigen Cannabiskonsumenten hatten mit 26
 Jahren eine schizophrene Störung aber nur 3 % der
 damaligen Nicht-Konsumenten.
 Keine Prädiktion depressiver Symptome
 Keine Prädiktion von Schizophrenie durch anderen
 Drogenkonsum
                                         Arseneault et al. 2002
Genetik, Cannabis und Psychose
             Gene x Environment Interaction

Catechol-O-Methyltransferase COMT
•   COMT beteiligt am synaptischen Dopamin-Metabolismus
•   COMT-Gen auf Chromosom 22q11
•   Codon 158: G oder A = Val oder Met
•   Allele Val/Val: höchste COMT-Aktivität, Met/Met niedrigste
•   Dunedin-Geburtskohorte (geboren 1972/73 in NZ)
    Gene x Environment Interaction:
    Val/Val (Val/Met) x Cannabis bis Alter 18 J.
    >>> erhöhtes Risiko für Psychose bis Alter 26 J.
                           (Caspi et al. Biol Psychiatry 2005, 57: 1117-1127)
                                                                    Seite 45
Cannabis und Schizophrenie

 Komorbidität: 5 - 40 %
 Anteil an der Verursachung von Schizophrenie: 8 %
 (Schätzung aus mehreren Studien)
 Rezidivrate: deutlich erhöht (neben dem Absetzen von
 Medikamenten der wichtigste ursächliche Faktor)
 wahrscheinlich genetisch vermittelte Vulnerabilität

                                                   Seite 46
Verbreitung

              Seite 47
Epidemiolog. Suchtsurvey 2009
(Basis: repräsentative Stichprobe von N = 8.030 18-65jährigen)

• 4 % haben in den vergangenen 12 Monaten mind.
     einmal Cannabis konsumiert (ca. 1,6 Mio.)

• 1,2 % der 18-65jährigen gelten als cannabisabhängig,
      = ca. 400.000 Bundesbürger

• 28.000 sind wegen primär cannabisbezogener
       Störungen in Behandlung

                                                         Seite 48
THC-Konsum bei Jugendlichen
12-17 Jahre (Quelle: BzgA 2011)
Mittleres Einstiegsalter :
      1993 17,3 J. >> 2004 16,4 J.              2011 7 %
                                        4,8 % der   , 8,4% der

Konsum in den letzten 30 Tagen:
      1993 2 % >              2011 2%

Regelmäßiger Konsum;
     1993 1,7% >< 2001 2 % >>              2011 0,8 %
                                                            Seite 49
THC-Konsum bei jungen Erwachsenen
18-25 Jahre (Quelle: BzgA 2011)

Mindestens einmal THC konsumiert:
     1993 23 % > 2011 40 %
                                      33% der   , 45% der

Konsum in den letzten 30 Tagen:
      1993 10 % >> 1997 6 % >>           2011 5%

Regelmäßiger Konsum;
      1993 6 % >>    2001 4 % >>        2011 3 %

                                                        Seite 50
Trends im Konsum
  (Quelle: BzgA 2011)

Cannabis
    Einstiegsalter hat sich stabilisiert
    Konsum gegenüber 1997/2004 etwa halbiert
    kein Einfluss der Schulform

Nikotin
    rückläufig bei Jugendlichen (Raucheranteil: 28 % in 2001 >> 12 % in 2011)
    und bei jungen Erwachsenen (50 % in 1997 >> 37 % in 2011)
    Keine Geschlechtsunterschiede

Alkohol
    rückläufig bei Jugendlichen:
    2011: erster Konsum 13,6 Jahre; erster Rausch 14,9 Jahre
    14% mindestens einmal wöchentlich Alkohol,
    15 % mindestens 1x Rauschtrinken in den letzten 30 Tagen,
    4 % mindestens 4x Rauschtrinken in den letzten 30 Tagen
    Junge Erwachsene: kein einheitlicher Trend
Beratung – Therapie – Prävention

                                   Seite 52
Therapie des
Cannabisentzugssyndroms

• Allgemeine Prinzipien:
       in der Regel ambulante, supportive Maßnahmen,
       stationär bei schwerem Entzugssyndrom und Komorbidität

• Ggf. Pharmakotherapie:
     Niederpotente Neuroleptika, Benzodiazepine (keine Evidenz aus Studien,
       Suchtpotential !)

     Kleine Studien mit Bupropion, Mirtazapin, Valproat, Dronabinol

                                                                      Seite 53
Cannabis-Abhängigkeit:
Steigende Behandlungsnachfrage

in Deutschland in ambulanter Suchtbehandlung wegen
 Cannabis:

    1999: 7.000 Konsumenten

    2008: 26.500 Konsumenten
                                   (Pfeiffer-Gerschel et al. 2009)

                                                     Seite 54
Stadiengerechte Suchtintervention

           Motivation und                                     konkrete Absicht,
           Absicht, aber                                      Entscheidungen,
           kein Handeln                                       erste Aktivitäten
                        CONTEMPLATION
                        CONTEMPLATION         PREPARATION
                                              PREPARATION

      keine eigene        PRE-
                          PRE-
      Motivation     CONTEMPLATION                  ACTION
                                                    ACTION
                     CONTEMPLATION
                                                                 aktive Veränderung
                                                                 von Verhalten,
                     Rü                                          Gefühlen,
                       ckf
                             a ll   MAINTENANCE
                                    MAINTENANCE
                                                                 Einstellungen
                                                                 und/oder Umwelt
Suchtentwicklung
                                            aufmerksame
                                            Selbstkontrolle

                        « Heilung «
                                                        Prochaska & DiClemente, 1993
                                                                             Seite 55
Therapie der
Cannabisabhängigkeit

• Ambulante Programme mit motivationalen, VT- und/oder
  familientherapeutischen Ansätzen:
     Abstinenzraten von 20-35 %
     (Studien aus USA u. Australien)
     Cochrane-Review von Denis et al. 2006

• Positive Ergebnisse neuerer randomisierter Studien in Europa
  und BRD (CANDIS, INCANT)

• Implementierung in die Regelversorgung, auch webbasiert
  (Realize it, Quit the Shit)
                                                         Seite 56
CANDIS: Beispiel einer ambulanten
Psychotherapiestudie zur
Cannabisabhängigkeit

• RCT der TU Dresden, 2004-2007 (Hoch et al.)
• N =122 Jugendliche und Erwachsene
• 10 Sitzungen Einzeltherapie über 2-3 Monate
• Motivationsförderung, KVT, Problemlösetraining
• 49 % Abstinenz in der Therapiegruppe (versus 12,5 % in der KG)
• 30 % Reduktion des Konsums
• Weniger assoziierte psychische und soziale Probleme
• nach 3 und nach 6 Monaten noch relativ stabile Ergebnisse

                                                         Seite 57
CANDIS II: Transfer in die
Regelbehandlung

• RCT, Multicenterstudie, 2008-2009 (Hoch et al.)
• N = 255 Teilnehmer aus 11 Beratungsstellen
• 10 Sitzungen Einzeltherapie über 2-3 Monate
• Motivationsförderung, KVT, Problemlösetraining

• 53 % Abstinenz in der Therapiegruppe (versus 25 % in der KG)
• nach 3 und nach 6 Monaten noch relativ stabile Ergebnisse

CANDIS-Manual beim Hogrefe-Verlag 2011:
„Modulare Therapie von Cannabisstörungen - Das CANDIS-Programm“
von Hoch et al.
                                                              Seite 58
Ambulante Psychotherapie der
Cannabisabhängigkeit

Realize it
• deutsch-schweizerisches Projekt 2004-2007
• in 13 Drogen- und Suchtberatungsstellen
• Naturalistische Studie mit Begleitforschung
• 5 Einzelberatungen + 1 Gruppensitzung, sowie Begleitbuch
• Elemente der KVT
• Ergebnisse: Konsumreduktion, verbesserte Befindlichkeit
• seit 2008 Transfer in die Regelversorgung in Beratungsstellen

                                                          Seite 59
„Therapie“ im Internet
   Quit the Shit über http://www.drugcom.de

Web basierte „Informations- und Beratungsservice“
50 Tage-Programm
Elemente: Psychoedukation, KVT
     Definition von Zielen
    Tagebuch
    Rückmeldungen durch das Beratungsteam auf
  Tagebucheinträge
    „Forum“ von Betroffenen
Es werden vorläufig positive Ergebnisse berichtet

                                                    Seite 60
„Therapie“ im Internet
                       BE.U !
Eine Kampagne des Drogenreferats der Stadt Frankfurt

     http://www.be-u-online.de

      Informationen
      Quiz
      Cannabis-Check
      Tipps
      Quit the shit

                                                       Seite 61
Pharmakotherapie der
Cannabisabhängigkeit

• Keine spezifische Pharmakotherapie verfügbar

• Offene, kleine Studien und Fallserien mit:
  Rimonabant (CB1-Rez.-Antagonist), Naltrexon, Dronabinol
  (partieller CB1-Rez.-Agonist), Bupropion:
  schwache Effekte, NW

• RCT, doppelblind:
  Valproinsäure, Nefazodon, Bupropion: kein Effekt

Review: Vandry & Haney, CNS Drugs 2009
                                                        Seite 62
Prävention
Primärprävention
      Information
      Abschreckung
     „Kinder stark machen“
     Gleichaltrige als Multiplikatoren
     (Selbst-)Verpflichtung von Institutionen
Sekundärprävention
     Risikopersonen und Frühstadien identifizieren-
     behandeln-beraten
Tertiärprävention
     Rezidivprophylaxe, „Harm reduction“
Welche Prävention von Alkoholismus wirkt ?

Gut belegt:
•   Preis, Mindestalter beim Erwerb, Verkaufsbeschränkungen
•   Senkung der Promillegrenze im Verkehr
•   Kurzinterventionen beim Hausarzt

Noch zu erhärten:
•      Interaktionsorientierte Schulprgramme
•      Gemeindezentrierte Präventionsprogramme
•      Warnhinweise auf Alkohol und Zigaretten
•      Anzahl und Nähe der Verkaufsstellen, Trinknormen im Betrieb
•      Werksärztliche Kurzinterventionen im Betrieb

Nicht belegt:
        •Familienorientierte Präventionsprogramme
        •Aufklärung in den Massenmedien
                                                          Loeber u. Mann 2006
        •Werbebeschränkungen
                                                                          Seite 64
Cannabis in der Politik

                          Seite 65
Legalisierung / Duldung von
Cannabis
 „Entkriminalisierung“
 Aktuelles Strafrecht: Der Besitz „kleiner“ Mengen zum Eigengebrauch wird
  geduldet. In den verschiedene Bundesländern unterschiedliche Mengen.
 Prävention von Schlimmerem
 Niederlande: Hauptziel der Freigabe, nämlich die Prävention von
  Heroinkonsum, wurde nicht erreicht.
 Symbol individueller Freiheit
 Stroebele (B‘90/Die Grünen): „Ich rauche nicht, ich trinke nicht, möglichst
  auch keinen Kaffee, denn ich will einen klaren Kopf behalten - und ich bin
  für die Freigabe von Cannabis.“

                                                                          Seite 66
Übersicht auf Englisch

http://npg.nature.com/nrn/journal/v8/n11/full/nrn2253.html

Robin M. Murray et al.
Science and society: Cannabis, the mind and
society: the hash realities

Nature Reviews Neuroscience 8, 885-895 (November
2007) | doi:10.1038/nrn2253

                                                        Seite 67
Buchtipp

  Lisa Lindberg:
    Wenn ohne Joint nichts läuft.
    Was man über Cannabis wissen muss.
  Patmos Walter Verlag, 2003
  ISBN 3-530-40148-X
  14.90 Euro

                                         Seite 68
Kein Eintritt, kein Honorar,
aber Spende erbeten für:

  Psychiatrischer Notdienst Darmstadt e.V.
  www.psychiatrischernotdienst.de

  Freitag, Samstag, Sonntag und an Feiertagen
   von 18.00 bis 23.00 Uhr

  Telefon 06151 / 1 59 49 00

                                                Seite 69
So ... ?
Und jetzt ?

 So ... ?

        Oder so ... ?

                            Seite 70
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