INFO BULLETIN NUR WAS GEZÄHLT WIRD, ZÄHLT! - SONDERNUMMER ZU VELOVERKEHRSZÄHLUNGEN - Velokonferenz Schweiz

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INFO BULLETIN NUR WAS GEZÄHLT WIRD, ZÄHLT! - SONDERNUMMER ZU VELOVERKEHRSZÄHLUNGEN - Velokonferenz Schweiz
01 / 2016

INFO BULLETIN
ZEITSCHRIFT DER VELOKONFERENZ SCHWEIZ

NUR WAS GEZÄHLT WIRD, ZÄHLT!
SONDERNUMMER ZU VELOVERKEHRSZÄHLUNGEN
INFO BULLETIN NUR WAS GEZÄHLT WIRD, ZÄHLT! - SONDERNUMMER ZU VELOVERKEHRSZÄHLUNGEN - Velokonferenz Schweiz
INHALT

       3      EDITORIAL                             IMPRESSUM

       4		DER BUND INTERESSIERT SICH FÜR AKTUELLE   GESCHÄFTSSTELLE VELOKONFERENZ SCHWEIZ
          VELODATEN                                 Rechbergerstrasse 1, Postfach 938, 2501 Biel/Bienne
                                                    Tel. 032 365 64 50, info@velokonferenz.ch, www.velokonferenz.ch
       5		ACHTUNG: ZAHLEN ZUM VELOVERKEHR
          KÖNNEN IHRE WAHRNEHMUNG VERÄNDERN         REDAKTION
                                                    Daniel Sigrist, planum biel ag, 2501 Biel/Bienne, www.planum.ch
       8		FUSS- UND VELOVERKEHRS-ZÄHLANLAGEN IN
          DER SCHWEIZ – EINE ÜBERSICHT              KONZEPTION DIESER AUSGABE:
                                                    Lukas Stadtherr, Stiftung SchweizMobil
       10     ERFAHRUNGSAUSTAUSCH IM NETZWERK
                                                    Daniel Sauter, Urban Mobility Research, Zürich
              «MONITORING FUSS- UND VELOVERKEHR»
                                                    Ronald Schmidt, Wildnispark Zürich

       11		SCHWEIZMOBIL: ZÄHLANLAGEN–STRATEGIE
                                                    LEKTORAT
           FÜR DAS VELOLAND SCHWEIZ
                                                    Iris Diem, diem.text, Biel/Bienne, diem.text@hispeed.ch

       13     VIELE TECHNOLOGIEN FÜHREN ZUM ZIEL
                                                    GESTALTUNG
       16		INTERPRETATION VON GEZÄHLTEN             co.dex production ltd., 25021 Biel/Bienne, www.co-dex.ch
           VELOFREQUENZEN – WETTERABHÄNGIGKEIT
           UND ENTWICKLUNG DES VELOVERKEHRS         ÜBERSETZUNG
                                                    Daniel Sigrist, planum biel ag, 2501 Biel/Bienne, www.planum.ch
       18		ZÄHLSTELLEN IM KANTON UND IN DER STADT
           ST. GALLEN – DER VELOVERKEHR UND SEINE   AUTORINNEN / AUTOREN
           ABHÄNGIGKEIT VOM WETTER                  —— Urs Walter, Fachverantwortlicher Veloverkehr, Bundesamt für Stras-
                                                        sen ASTRA
       22		LUZERN: VELOFAHREN WENN DIE ANDEREN      —— Daniel Sauter, Urban Mobility Research, Zürich
           STEHEN.                                  —— Lukas Stadtherr, Stiftung SchweizMobil
                                                    —— Ronald Schmidt, Wildnispark Zürich
       26		VELOZÄHLUNGEN IN ZÜRICH                  —— Christian Hadorn, Stiftung SchweizMobil
                                                    —— Philippe Aemisegger, Paul Widmer, büro widmer ag, Frauenfeld
       28		AUFBAU EINES MONITORING–SYSTEMS FÜR
                                                    —— Kathrin Grotrian, Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons Basel-
           DEN VELOVERKEHR IN DER STADT BERN
                                                        Stadt
                                                    —— Daniel Litscher, Projektleiter Fuss- und Veloverkehr, Tiefbauamt
       30		VELOVERKEHRSZÄHLUNGEN IN DER
                                                        Kanton St. Gallen
           AGGLOMERATION LAUSANNE
                                                    —— Urs Rechsteiner, Projektleiter Verkehrstechnik, Tiefbauamt Kanton
                                                        St. Gallen
       32		FRANKREICH ZÄHLT SEINE VELOS
                                                    —— Urs Büchler, Verkehrsplanung Tiefbauamt Stadt St. Gallen

       34		DIE ERHEBUNG PRÄZISER WEGDATEN 		        —— Milena Scherer, Stv. Bereichsleiterin Mobilität Stadt Luzern

           MITTELS SMARTPHONE–APPS                  —— Martin Urwyler, Projektleiter Mobilität Stadt Luzern
                                                    —— Robert Dorbritz, Verkehr und Stadtraum, Tiefbauamt, Stadt Zürich
                                                    —— Sébastien Pearron, Stadt Lausanne
                                                    —— Judith Albers, Fachstelle Fuss- und Veloverkehr, Stadt Bern
                                                    —— Camille Thomé, Départements & Régions Cyclables
                                                    —— Joseph D’Halluin, Départements & Régions Cyclables
                                                    —— Michael Flamm, unabhängiger Forscher und Berater, MICODA Sàrl

                                                    TITELBILD
                                                    Velozählstelle, Odense DK; Foto: Velokonferenz Schweiz

2   Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 2 / 15
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EDITORIAL

GESCHÄTZTE LESERINNEN UND LESER, LIEBE MITGLIEDER

„Nur was gezählt wird, zählt“ – so der Titel unseres ersten Bul-     St. Gallen berücksichtigen zudem den Einfluss des Wetters bei
 letins im Jahr 2016. Dieses Heft ist eine Sonderausgabe zum         der Auswertung der erhobenen Daten. SchweizMobil setzt auf
 Thema Veloverkehrszählung. Damit wollen wir aufzeigen, welche       einen Ausbau des Zählstellennetzes mit dem Ziel, eine nationa-
 Bedeutung Datenerhebungen für die Veloverkehrsplanung ha-           le Datenzentrale für den Veloverkehr aufzubauen. Der Blick ins
 ben und wie sie durchgeführt werden.                                benachbarte Frankreich zeigt, dass Veloverkehrszählungen dort
      Verkehrszählungen sind in der Verkehrsplanung seit langem      schon seit einigen Jahren standardmässig durchgeführt werden.
 die wichtigste Grundlage für die Dimensionierung von Strassen            Es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis Fuss- und Velo-
 und Verkehrsanlagen. Zählungen des motorisierten Verkehrs           verkehrserhebungen denselben Stellenwert wie Zählungen des
 werden nie in Frage gestellt, denn sie dienen als Rechtfertigung    motorisierten Verkehrs geniessen und bei der Dimensionierung
 für den Ausbau von Strassen. Die Menge der Autos bestimmt           der Infrastruktur und der Phasensteuerung der Lichtsignalan-
 unter anderem die Anzahl der Fahrstreifen und die Phasen der        lagen entsprechend berücksichtigt werden. Für Aussagen hin-
 Lichtsignalanlagen.                                                 sichtlich künftiger Entwicklungen sind die erhobenen Zahlen
      In Zusammenhang mit der Fuss- und Veloverkehrsplanung          jedoch mit Bedacht zu verwenden, denn in der Veloverkehrs-
 wurde in der Vergangenheit wenig gezählt. Noch immer be-            planung gilt: das Angebot schafft die Nachfrage! Dennoch sind
 stehen Vorbehalte und wenig Einsicht in Sinn und Nutzen von         gesicherte Daten zum Fuss- und Veloverkehr wichtig bei der Pla-
 quantitativen Erhebungen. Doch mittlerweile hat ein Umdenken        nung, der Wirkungskontrolle von Massnahmen und insbesonde-
 eingesetzt und Zählungen des Fuss- und Veloverkehrs werden          re bei der Kommunikation zum Veloverkehr.
 nicht nur in Städten für die Erhebung des Alltagsveloverkehrs im-       Ich hoffe, dass wir mit dieser Spezialausgabe unseres Bulle-
 mer wichtiger, sondern auch im Freizeit- und Tourismusbereich.      tins dazu beitragen, die Relevanz von Zählungen zum Fuss- und
      Die vorliegende Sonderausgabe bietet eine Übersicht zu den     Veloverkehr deutlich zu machen und deren Wichtigkeit ins Be-
 aktuellen Fuss- und Veloverkehrszählungen in der Schweiz. Es        wusstsein zu rücken.
 zeigt, welche neuen Technologien es gibt, wo diese eingesetzt
 und welche Erfahrungen damit gemacht werden. Zürich und                Für den Vorstand
 Luzern verfügen bereits über gut ausgebaute Zählstellennetze,          Roland Pfeiffer
 auch die Stadt Bern vergrössert ihr Erhebungsnetz, Basel und           Präsident Velokonferenz Schweiz

 Velozählstelle; Tiefbauamt Stadt Zürich

                                                                                             Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 2 / 15   3
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DER BUND INTERESSIERT SICH FÜR
    AKTUELLE VELODATEN

    URS WALTER, FACHVERANTWORTLICHER VELOVERKEHR, BUNDESAMT FÜR STRASSEN ASTRA

    Eine der wichtigsten Informationsquellen des Bundes zur Velo-                    satz. Diese ermöglichen präzisere Erkenntnisse über Mengen,
    nutzung ist der Mikrozensus Mobilität und Verkehr. Dieser wird                   Ganglinien sowie Einflüsse des Wetters und der Jahreszeiten.
    aber nur alle fünf Jahre mit einer grossen Stichprobe erhoben1                       Diese Daten der Kantone und Städte sind auch für den
    und gibt Auskunft darüber, wer zu welchem Zweck wie weit                         Bund interessant. Im Gegensatz zu den Ergebnissen des Mi-
    und wie lange unterwegs ist. Wo diese Fahrten stattfinden, was                   krozensus werden damit Zahlen zur realen Nutzung der Stras-
    wirklich auf den Strassen passiert und wie sich der Veloverkehr                  seninfrastruktur verfügbar, dies in kürzeren Intervallen oder so-
    in den vergangenen fünf Jahren entwickelt hat, lässt sich dar-                   gar permanent. Der Bund ist insbesondere daran interessiert,
    aus nicht ableiten. Dafür bräuchte es Zählungen. Über den tou-                   dass die Erhebungen der Kantone und Städte untereinander
    ristischen Veloverkehr in der Schweiz geben die permanenten                      vergleichbar sind (bezüglich Zeitreihen, Indikatoren etc.). Da-
    Zählungen von SchweizMobil auf den nationalen Velolandrou-                       mit stünde eine gesamtschweizerische Datenbasis zur Verfü-
    ten einen guten Überblick. Entsprechende Daten zur Nutzung                       gung, die zum Beispiel erlauben würde, die Entwicklung des
    des Velos im Alltag sind aber, verglichen mit andern Verkehrs-                   Veloverkehrs in der Schweiz zu beobachten oder die aktuellen
    mitteln, immer noch relativ dürftig vorhanden.                                   Unfallzahlen mit der aktuellen Velonutzung zu vergleichen. Aus
         Verschiedene Kantone und Städte haben in den letzten                        diesem Grund sind die Initiativen des Netzwerks «Monitoring
    Jahren die Wichtigkeit von robusten Daten zur Velonutzung                        Fuss- und Veloverkehr», von SchweizMobil und der Velokon-
    erkannt; dies häufig aus der Notwendigkeit heraus, dass sie                      ferenz Schweiz sehr zu begrüssen. Damit wird das Thema
    die Wirkungen ihrer jeweiligen Velostrategien überprüfen wol-                    gestärkt und die Koordination zwischen den Kantonen und
    len. Mehr und mehr kommen im Rahmen dieser Wirkungskon-                          Städten gefördert.
    trollen auch permanente automatische Zählsysteme zum Ein-

    1
        Die heute verfügbaren Angaben stammen aus dem Mikrozensus 2010, die Resultate aus dem Jahr 2015 werden erst im Frühjahr 2017 publiziert.

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ACHTUNG: ZAHLEN ZUM VELOVERKEHR
KÖNNEN IHRE WAHRNEHMUNG VERÄNDERN

DANIEL SAUTER, URBAN MOBILITY RESEARCH, ZÜRICH; LUKAS STADTHERR, STIFTUNG SCHWEIZMOBIL;
RONALD SCHMIDT, WILDNISPARK ZÜRICH

WAS BRINGEN VELOZÄHLUNGEN?                                           WAS SAGEN DIE ZAHLEN BISHERIGER ERHEBUNGEN?
Immer wieder wird gefragt, wofür Velozählungen eigentlich gut Die Erfahrungen zeigen, dass Daten die Sicht auf den Velover-
sein sollen. Interessanterweise wird diese Frage bei Erhebun- kehr verändern können. So haben z.B. erst die Analysen des
gen zum motorisierten Verkehr nicht gestellt. Hier gibt es einen Mikrozensus den deutlichen Rückgang des Veloanteils bei Kin-
Konsens darüber, dass die schweizweit vermutlich weit über dern und Jugendlichen der letzten Jahre aufgezeigt und Ge-
tausend Zählstellen Sinn machen und dass ohne sie Verkehrs- genmassnahmen ausgelöst. Die Statistiken von SchweizMobil
modelle nicht möglich wären. Allein in der Stadt Zürich sind z.B. belegen die grosse wirtschaftliche Bedeutung von Freizeit- und
über 150 MIV–Zählstellen im Einsatz, im Kanton St. Gallen sind Tourismusrouten. Die Zählungen am Limmatquai in Zürich er-
es deren 140.                                                     gaben nach der Befreiung vom Durchgangsverkehr (2008) eine
    Erfreulicherweise wird aber auch der Veloverkehr immer um 18 % höhere Velofrequenz, der Anteil der Velos auf dem
häufiger gezählt (vgl. dazu den Beitrag in diesem Bulletin). Die Trottoir verringerte sich von 38 % auf 5 %. Entlang der bei-
Kosten dafür sind verhältnismässig gering. Zudem erleichtern den Limmatufer am Rande der Stadt Zürich wurde nach der
neue Zähltechnologien automatische Erhebungen – die For- Wegverbreiterung eine Zunahme des Veloverkehrs um 40 %
schung hilft dabei, siehe dazu z.B. die Berichte der SVI und registriert. Die letztgenannte automatische Zählung – seit 2010
des VSS zu Zähltechnologien (vgl. Beitrag S. 13-16). Im Euro- durchgeführt – ist auch insofern bemerkenswert, als sie die
päischen TRACE–Projekt (www.h2020-trace.eu) wird versucht, Bedeutung der oft unterschätzten Naherholung und des All-
Tracking–Daten als Instrument für die einzelnen Nutzerinnen tagsfreizeitverkehrs aufzeigt. So bewegen sich pro Jahr mehr
und Nutzer wie auch für die Planung aufzubereiten. Und im als 610'000 Personen zu Fuss und mit dem Velo entlang des
FLOW–Projekt (www.h2020-flow.eu) geht es darum, den Limmatufers. Alle diese Zahlen bestätigen: wer Velowege sät
Fuss- und Veloverkehr in Verkehrsmodelle einzubeziehen. In und/oder verbessert, wird (neuen) Veloverkehr ernten.
diesen Bereichen gibt es auch in der Schweiz noch grosse For-
schungs- und Umsetzungslücken. Der Konsens aber wächst: WELCHE FUNKTION HABEN ERHEBUNGEN UND DATEN?
Ohne gute Velo- (und Fuss-)Verkehrsdaten kann heute keine Die Erhebungen und die daraus resultierenden Daten haben
adäquate Verkehrsplanung und keine sinnvolle Verkehrspolitik primär zwei Funktionen: erstens sind sie eine planerisch-
mehr gemacht werden.                                              technische Grundlage für die Umsetzung von Projekten und

    Planerisch–technische Funktion                    Erhebungen Veloverkehr                  Politisch–kommunikative Funktion

 ——Wirkungs-/Erfolgskontrolle &                                Indikatoren                  ——Steuerung von politischen Zielen
   Evaluation                                      (z.B. Anzahl Velos pro Querschnitt,        & Prozessen
 ——Grundlage für Planung, Bau, Un-                           Parkplätze etc.)               ——Erfolgsmessung über die Zieler-
   terhalt & Betrieb                                            Methoden                      reichung
 ——Entwicklungsbeobachtung, Mo-                  (z.B. Zählung, Befragung, Tracking etc.)   ——Vergleich (Benchmarking) intern &
   nitoring                                                   Instrumente                     mit anderen
                                                (z.B. Druckschlauch, Bluetooth, GPS etc.)   ——Kommunikation

                                                           Monitoring–System
                                                             Veloverkehr

Abb. 1: Erhebungen des Veloverkehrs und deren Funktionen

                                                                                            Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16   5
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zweitens sind sie ein politisch–kommunikatives Instrument zur                                             meist leicht einsetzbar, liefern robuste Resultate und verursa-
    Steuerung von strategischen Zielen.                                                                       chen in der Regel keine Datenschutzprobleme. Die technische
                                                                                                              Entwicklung schreitet rasant voran, neue Zählinstrumente wer-
    Bei der planerisch–technischen Funktion geht es vor allem um                                              den auf den Markt kommen und die Auswahl erweitern.
    folgende Ziele:                                                                                               Velozählungen liefern Angaben zum Veloverkehrsaufkom-
    —— Wirkungs- und Erfolgskontrolle, z.B. bei Investitionen                                                 men während bestimmter Zeiträume, zur Darstellung von Tages-
        mittels Vorher-Nachher-Analyse                                                                        oder Wochenganglinien, zu Mittel- und Spitzenwerten sowie zu
    —— Grundlage für Planung, Bau, Unterhalt und Betrieb, z.B.                                                speziellen Einflüssen wie Wetter, Baustellen und Veranstaltungen.
        Dimensionierung von Anlagen                                                                               Bei der Umsetzung ist die Kombination von permanenten,
    —— Entwicklungsbeobachtung, Monitoring, z.B. bei der Verla-                                               periodischen und projektbezogenen Zählungen dienlich (PPP–
        gerung von Verkehrsströmen                                                                            Prinzip). Mittels permanenter Zählungen können periodische
                                                                                                              und projektbezogen erhobene Daten einfacher hochgerechnet
    In Bezug auf die politisch–kommunikative Funktion stehen fol-                                             und verglichen werden. Mit manuellen Zählungen können zu-
    gende Ziele im Vordergrund:                                                                               dem Aspekte wie Geschlecht, Alter, Velotyp etc. erfasst und
    —— Steuerung von politischen Zielen, z.B. zur Erarbeitung von                                             hochgerechnet werden.
        Strategien                                                                                                Eine spezielle Herausforderung bildet die öffentliche Kom-
    —— Erfolgsmessung über die Zielerreichung, z.B. in Bezug auf                                              munikation von Velodaten. Dies hängt z.B. mit der Wetterab-
        die Städteinitiativen                                                                                 hängigkeit des Veloverkehrs zusammen. In einem wettermässig
    —— Vergleich mit anderen Regionen und Städten, z.B. zur                                                   schlechten Jahr ist das Veloaufkommen zwar rückläufig, aber
        Bestimmung nicht ausgeschöpfter Potenziale                                                            insgesamt kann die Entwicklung – ohne Wettereinfluss – doch
    —— Kommunikation, z.B. als Argument für ein Projekt und zur                                               positiv sein. Deshalb ist eine Wetterkorrektur wie sie z.B. der
        Förderung des Velos                                                                                   Kanton Basel–Stadt vornimmt sinnvoll (vgl. Beitrag S. 16-17).

    Die Anforderungen an die beiden Funktionen sind zum Teil wi-                                              VELOZÄHLUNGEN IM GRÖSSEREN KONTEXT:
    dersprüchlich. So ist es z.B. planerisch nützlich, über möglichst                                         VELO-MONITORING-SYSTEM ALS ZIEL?
    viele unterschiedliche Indikatoren zu verfügen, um eine Ent-                                              Um ein Gesamtbild des Veloverkehrs zu bekommen, braucht
    wicklung adäquat abbilden zu können. In der Kommunikation                                                 es neben den Velozähldaten auch Angaben zum institutionellen
    muss man sich dann hingegen häufig auf wenige Indikatoren                                                 Rahmen (Velostrategien, Ressourcen), zur Infrastruktur (Rou-
    beschränken, was zu einer Verzerrung des Bildes führen kann.                                              tennetz, Parkierung), zur Nutzung des Velos (Modalsplit), zu
                                                                                                              den Nutzerinnen und Nutzern (Alter, Geschlecht), den Wahr-
    WAS UND WIE SOLL BEIM VELOVERKEHR 		                                                                      nehmungen und nicht zuletzt zu den weiteren Auswirkungen,
    GEZÄHLT WERDEN?                                                                                           z.B. auf die Gesundheit oder die Wirtschaft (Kosten–Nutzen).
    Velozählungen sind eine wichtige Grundlage für die oben er-                                               Ein mögliches Modell – analog zu jenem des Fussverkehrs (vgl.
    wähnten Funktionen. Sie haben insbesondere den Vorteil, dass                                              www.measuring-walking.org) – ist hier skizziert (Abbildung 2).
    die Daten häufiger und kleinräumiger erhoben werden als z.B.                                                  Zu den meisten der eben genannten Bereiche liegen me-
    jene des Mikrozensus «Mobilität und Verkehr». Zudem ist die                                               thodische Grundlagen und zum Teil auch Daten vor. Zur Be-
    Datenerhebung relativ kostengünstig. Die gängigen Geräte sind                                             urteilung der institutionellen Rahmenbedingungen gibt es z.B.

                                                                               Kontext
                                                Bevölkerung, Geographie, Raumnutzung, Verkehrswegenetz, Klima, Geschichte

                                                                                                                                                Nutzungen &
                                 Engagement
                                                                                                                                               Nutzende Velo                                             Ökonomische
                                                                                                                                                                     Gesamtgesellschaftliche Wirkungen

                               Politik/Verwaltung                                       Raumnutzung,                                       Anteil Modalsplit, Wege                                        Wirkungen
                                                                                                               Verhalten & Wahrnehmungen

                                 (Leadership)                                           Erreichbarkeit /                                     Soziodemographie
                                                         Infrastruktur & Promotion
     Institutioneller Rahmen

                                                                                         Intermodalität
                                 Strategien &                                                                                              Gefährdungen, Unfälle,
                                    Politik                                                                                                                                                               Ökologische
                                                                                                                                                   Konflikte
                                                                                                                                                                                                           Wirkung
                                 Ressourcen                                              Infrastruktur &                                     allein, mit anderen
                                                                                         deren Qualität
                                                                                          Routennetz,                                      Atmosphäre & Fahrer-
                                 Monitoring &                                                                                                                                                               Soziale
                                                                                           Parkierung;                                             lebnis
                                  Evaluation                                                                                                                                                               Wirkungen
                                                                                          Ausstattung                                       Interaktions–Kultur

                                 Forschung &                                                                                                 Wahrnehmungen &                                              Verkehrliche
                                  Ausbildung                                         Information, Promotion                                                                                                Wirkungen
                                                                                                                                               Einstellungen
                                                                                          Ausbildung /
                                Kooperation &                                                                                                  Zufriedenheit                                             Gesundheitliche
                                                                                          Durchsetzung
                                 Partizipation                                                                                                  Motivation                                                 Wirkungen

                                  INPUT                                                  OUTPUT                                               OUTCOME                                                     IMPACT
                                 (Eingabe)                                              (Ausstoss)                                             (Ergebnis)                                                 (Wirkung)

    Abb. 2: Dimensionen zur Messung des Veloverkehrs

6   Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16
INFO BULLETIN NUR WAS GEZÄHLT WIRD, ZÄHLT! - SONDERNUMMER ZU VELOVERKEHRSZÄHLUNGEN - Velokonferenz Schweiz
das Bicycle Policy Audit (BYPAD); zur Infrastruktur sind vieler- zu machen. Hierzu wären z.B. Instrumente analog dem «Bicyc-
orts GIS–Daten vorhanden; in den Agglomerationen werden le Account» in Kopenhagen oder dem Benchmarking Report
Veloparkplätze erfasst; der Mikrozensus «Mobilität und Ver- «Bicycling and Walking» aus den USA nützlich.
kehr» gibt vielfältige Auskunft über die Häufigkeit der Velonut-    Zwecks Verbesserung der Qualität von Zählungen wurde
zung und über die Nutzerinnen und Nutzer; die Unfallstatistik der Erfahrungsaustausch des Netzwerks «Monitoring Fuss-
verzeichnet Unfälle; der Veloklimatest beschreibt die Wahr- und Veloverkehr» ins Leben gerufen (vgl. Beitrag S. 10). Hier
nehmungen der Velofahrenden (und Nicht–Velofahrenden); mit besteht viel Potenzial, um weitere Fragen zu klären und die
dem HEAT–Tool besteht eine Berechnungsgrundlage für die Qualität der Erhebungen zu diskutieren und zu verbessern.
gesundheitlichen Auswirkungen und vom Bundesamt für Sta- Dieses Gremium könnte auch als Input- und Resonanzraum
tistik werden die Kosten und die Finanzierung des Veloverkehrs dienen, um ein umfassenderes Monitoring–System sowohl für
ausgewiesen. Mit der geplanten nationalen Zentrale für Velo- den Velo- wie für den Fussverkehr zu entwickeln. Mit der ent-
zähldaten wird eine weitere wichtige Quelle verfügbar sein.      sprechenden Unterstützung durch den Bund und die Kantone
     Die Bedeutung des Veloverkehrs ist künftig noch besser könnte auf diese Weise die Datenlage weiter verbessert wer-
aufzuzeigen, z.B. indem die Qualität der erhobenen Daten wei- den.
ter verbessert wird. Zudem sind die Resultate noch sichtbarer

Abb. 3: Einbau eines kombinierten Velo- und Fussgänger-Zählgeräts am Limmatufer in Zürich 2010

                                                                                                 Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16   7
INFO BULLETIN NUR WAS GEZÄHLT WIRD, ZÄHLT! - SONDERNUMMER ZU VELOVERKEHRSZÄHLUNGEN - Velokonferenz Schweiz
FUSS- UND VELOVERKEHRS-ZÄHLANLAGEN
    IN DER SCHWEIZ – EINE ÜBERSICHT

    RONALD SCHMIDT, WILDNISPARK ZÜRICH; DANIEL SAUTER, URBAN MOBILITY RESEARCH, ZÜRICH;
    LUKAS STADTHERR, STIFTUNG SCHWEIZMOBIL

    Automatische Velo- und Fussverkehrszählungen sind relativ        Gewicht. Im Nationalpark wird seit 2005 gezählt, im Wildnis-
    neu. Um einen Überblick über den Stand solcher Zählungen         park Zürich Sihlwald seit 2009, im Parc régional Chasseral seit
    zu gewinnen, wurden Kantone, Städte und (Natur-)Pärke in der     2010 und im Parc Jura vaudois seit 2014. Im Landschaftspark
    ganzen Schweiz befragt, wie viele automatische Fuss- und/        Binntal läuft die Planung zur Einrichtung von Zählstellen und im
    oder Veloverkehrszählstellen sie betreiben, wo diese liegen      Nationalparkprojekt Locarnese wurden Besucherzählungen ins
    und wie gezählt wird. In Pärken von nationaler Bedeutung die-    Forschungs- und Monitoringkonzept aufgenommen.
    nen systematische Erhebungen der Besucherzahlen neben der
    langfristigen Dokumentation von Veränderungen und Entwick-       Sonstige: Ebenfalls mit Zählungen beschäftigen sich Hoch-
    lungen vor allem als Entscheidungsgrundlage und Erfolgskont-     schulen (wie z.B. die Zürcher Hochschule für Angewandte
    rolle für Massnahmen der Besucherlenkung.                        Wissenschaften Wädenswil oder die EPFL), Forschungs- und
         Die Ergebnisse geben erstmals einen annähernden Über-       Planungsbüros (wie z.B. Urban Mobility Research), Systeman-
    blick der Velo- und Fussverkehrszählungen in der Schweiz         bieter (wie Innolutions oder SwissTraffic) sowie öffentliche Ver-
    und zeigen die in den letzten Jahren gewachsene Dyna-            kehrsbetriebe (wie z.B. die SBB oder die VBZ). Ihre Zählanla-
    mik. Die beigefügte Karte (Abbildung 1) zeigt den Stand          gen sind in dieser Statistik nicht berücksichtigt.
    im Überblick am Stichtag 1. Februar 2016; auf der Website
    www.monitoring-fussvelo.ch sind zudem die Daten im Einzel-       Total: Damit sind in der Schweiz per 1. Februar 2016 mindes-
    nen ersichtlich.                                                 tens 138 Veloverkehrs-, 69 Fussverkehrs- und 17 kombinierte
                                                                     Zählanlagen in Betrieb (Abbildung 2).
    Kantone: 17 von 26 Kantonen betreiben automatische Zähl-
    stellen für den Fuss- und/oder Veloverkehr. Insgesamt sind es Räume und Ausrichtung der Zählungen: Die meisten Zähl-
    89 Zählanlagen, die meisten davon für Velos (71), 16 für den anlagen liegen in Stadtgebieten oder Agglomerationen, nämlich
    Fussverkehr und zwei sind kombinierte Zählstellen. 18 Zählan- 111 der 138 Velozählanlagen (=80 %). 24 sind im ländlichen
    lagen auf den nationalen Veloland–Routen werden gemeinsam Raum und deren 3 in Naturpärken zu finden. 38 der 69 Zähl-
    durch die Kantone und die Stiftung SchweizMobil betrieben. anlagen für den Fussverkehr (=55 %) befinden sich in Stadtge-
    Begonnen haben die ersten Zählungen bereits im Jahr 2000 bieten und Agglomerationen, deren 30 (=43 %) in Naturpärken
    (Kanton BS), die weiteren kamen ab 2004 dazu. Die Kantone und nur eine Zählstelle liegt im ländlichen Raum ausserhalb der
    AG, BE, GR, TI, ZH und ZG planen die Installation neuer Zähl- Naturpärke. Die kombinierten Zählstellen verteilen sich auf alle
    stellen, bzw. den Ausbau des bestehenden Zählstellennetzes. drei Gebiete: 7 städtisch, 2 ländlich und 8 in Naturpärken.
    Konkret sind ca. 30 neue Zählstellen geplant.                   Der grösste Teil der Zählungen dient der Erfassung des loka-
                                                                    len Verkehrs. Bei den Fussgängerzählanlagen ist dies beinahe
    Städte: In fast allen grösseren Schweizer Städten sind Zähl- ausschliesslich der Fall. Beim Veloverkehr sind 85 Zählanlagen
    anlagen installiert, so in Basel, Bern, Genf, Lausanne, Luzern, überwiegend auf den lokalen/städtischen Verkehr, 12 überwie-
    St. Gallen, Winterthur und Zürich. Insgesamt sind 92 Zählan- gend auf den (über)regionalen und 41 auf beide Verkehrsdi-
    lagen in Schweizer Städten in Betrieb, davon 64 für den Velo- mensionen ausgerichtet.
    verkehr, 23 für den Fussverkehr und 5 für beide Verkehrsarten
    zusammen (die Zählstellen in den Städten Basel und Genf wur- Art des gezählten Verkehrs: Bei den Kantonen und Städten
    den bei den Kantonen mitgezählt). Die Velozählungen starteten werden vor allem der Alltagsverkehr (Pendlerverkehr) und der
    im Jahr 2009; erste Fussgängerzählstellen kamen 2010 dazu.      gemischte Verkehr (Alltags- und Freizeitverkehr) gezählt; bei
                                                                    den Pärken ist es fast nur der Freizeitverkehr. Insgesamt dienen
    Pärke von nationaler Bedeutung: Von 16 Pärken und 4 Park- 77 Velozählanlagen der Erfassung des Pendler- und 22 jener
    kandidaten beschäftigen sich derzeit 4 mit Besucherzählungen. des Freizeitverkehrs. 39 Anlagen zählen beides. Beim Fussver-
    Sie verfügen über insgesamt 43 Zählstellen. Dabei dominieren kehr sind 30 Anlagen auf den Alltags- und Pendlerverkehr aus-
    hier (im Gegensatz zu den Kantonen und Städten) die Zählstel- gerichtet, deren 30 auf den Freizeitverkehr (vor allem in Pärken)
    len für den Fussverkehr (30) und auch kombinierte Zählstellen und 9 Anlagen zählen beide Verkehrsarten.
    (Velo- und Fussverkehr) haben mit 10 Anlagen ein stärkeres

8   Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16
INFO BULLETIN NUR WAS GEZÄHLT WIRD, ZÄHLT! - SONDERNUMMER ZU VELOVERKEHRSZÄHLUNGEN - Velokonferenz Schweiz
Abb. 1: Übersichtskarte der Zählstandorte in der Schweiz

         Zähltechnologien: Die eingesetzten Zähltechnologien un-                                          aus werden weitere, in Abbildung 3 nicht ausgewiesene Zähl-
         terscheiden sich vor allem in Bezug auf den Fuss- und den                                        technologien eingesetzt. So z.B. in der Stadt St. Gallen, wo
         Veloverkehr. Bei Velozählstellen dominieren klar die Induktions-                                 Kameras für Kurzzeiterhebungen des Fuss- und Veloverkehrs
         schlaufen (104 Anlagen), gefolgt von Radarsystemen (19) und                                      eingesetzt und die Daten dann hochgerechnet werden. In der
         Sensoren mit Lichtwellenleitern (15). Bei Fussgängerzählstellen                                  Stadt Zürich werden projektbezogen Kamera- und Lasersys-
         kommen neben akustischen Plattensensoren (13) hauptsäch-                                         teme sowie Trackingverfahren (Bluetooth, WLAN) angewendet.
         lich Pyroelektrische Sensoren zum Einsatz (58). Darüber hin-

         80                                                                                                                                               Velo
                   71
         70                                                                                                                                               Fussgänger
                                                                 64
         60                                                                                                                                               Kombiniert
         50
Anzahl

         40
                                                                                                                           30
         30
                                                                              32
         20                    16                                                                                                                     Abb. 2: Automatische Zähl-
                                                                                                                                    10                anlagen in der Schweiz nach
         10                                                                                 5
                                               2                                                                3                                     Standorten
          0
                             Kanton                                        Städte                           Pärke von nationaler Bedeutung
                        (inkl. Veloland)                      (ohne Basel und Genf, siehe Kantone)

     120                                                                                                                                                  Velo

     100                                                                                                                                                  Fussgänger
                                                                                                                                                          Kombiniert
         80
Anzahl

                                                                                                     2                                                *Multi-Zähler:
         60
                  104                                                                                                                                 Induktionsschlaufe und Pyrosensor
         40
                                                                                                     56                1
         20
                                           1             15                    13                                     18              14              Abb. 3: Zähltechnologien
          0
               Induktions-           Druck-           Sensor mit      Akustischer           Pyroelektrischer         Radar-      Multi–Zähler*
                 schlaufe           schäuche       Lichtwellenleiter Plattensensor              Sensor              systeme

                                                                                                                                         Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16     9
INFO BULLETIN NUR WAS GEZÄHLT WIRD, ZÄHLT! - SONDERNUMMER ZU VELOVERKEHRSZÄHLUNGEN - Velokonferenz Schweiz
ERFAHRUNGSAUSTAUSCH IM NETZWERK
     «MONITORING FUSS- UND VELOVERKEHR»

     DANIEL SAUTER, URBAN MOBILITY RESEARCH ZÜRICH; RONALD SCHMIDT, WILDNISPARK ZÜRICH

     Welchen Einfluss hat eigentlich das Wetter auf das Fuss- und     in Grünräumen oder in Naturpärken und es geht um tech-
     Veloverkehrsaufkommen? Wie kalibrieren und veröffentlichen       nologische, methodische und inhaltliche Fragen. Mit von der
     andere ihre Daten? Welche Zähltechnologien eigenen sich für      Partie sind Vertreterinnen und Vertreter aus Städten, Kantonen,
     welchen Zweck? Das sind Fragen, wie sie im Rahmen des            Naturpärken, Hochschulen und privaten Büros. Geräte- und
     Erfahrungsaustauschs des Netzwerks «Monitoring Fuss- und         Systemanbieter werden je nach Bedarf eingeladen. Der Aus-
     Veloverkehr» diskutiert werden. Der Austausch wurde vor vier     tausch lebt vom Input der Teilnehmenden und ist bewusst offen
     Jahren von den beiden Autoren ins Leben gerufen mit dem Ziel,    gehalten. Die Treffen finden normalerweise zwei Mal im Jahr in
     Fachleute, die sich mit Zählungen des Fuss- und Veloverkehrs     verschiedenen Regionen der Schweiz statt.
     beschäftigen, zusammenzubringen, um sich über Erfahrungen            Wer mehr wissen möchte, kann einen der beiden Autoren
     und neue Erkenntnisse auszutauschen.                             kontaktieren unter ronald.schmidt@wildnispark.ch oder daniel.
         Charakteristisch für den Erfahrungsaustausch ist ein brei-   sauter@urban-mobility.ch. Eine Website ist im Aufbau:
     tes Spektrum an Themen – es geht sowohl um das Zählen            www.monitoring-fussvelo.ch
     des Fuss- wie des Veloverkehrs, um Erhebungen in der Stadt,

10   Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16
SCHWEIZMOBIL: ZÄHLANLAGEN–STRATEGIE
FÜR DAS VELOLAND SCHWEIZ

LUKAS STADTHERR, STIFTUNG SCHWEIZMOBIL; CHRISTIAN HADORN, STIFTUNG SCHWEIZMOBIL

AUSGANGSLAGE                                                    SchweizMobil dazu bewogen, seine Zählanlagenstrategie zu
SchweizMobil ist das nationale Netzwerk für den Langsamver- überarbeiten. Die Strategie wird ab 2016 schrittweise umge-
kehr in Freizeit und Tourismus und wird getragen von Bund, setzt.
den 26 Kantonen und nationalen Organisationen aus den Be-
reichen Langsamverkehr, Tourismus und Sport. Gemeinsam ZUKÜNFTIGE STRATEGIE
mit diesen Partnern betreut die Stiftung SchweizMobil ein Netz SchweizMobil möchte mit automatischen Zählungen folgende
von 12'000 km signalisierten nationalen, regionalen und lokalen Fragen beantworten:
Velorouten (Veloland Schweiz), 8'000 km Mountainbikerouten —— Wie hoch sind die Velo–Frequenzen auf ausgewählten
(Mountainbikeland Schweiz), 12'000 km Wanderrouten (Wan-            Abschnitten von Veloland–Routen?
derland Schweiz, in Zusammenarbeit mit den Schweizer Wan- —— Wie entwickeln sich die Frequenzen über die Zeit (Tages-
derwegen), 1'000 km Skatingrouten und 350 km Kanurouten.            verlauf, saisonal, Jahre)?
    Zur Beurteilung der Frequenzen auf ausgewählten Routen- —— Wie setzt sich der Veloverkehr zusammen (Alltags-/Frei-
Abschnitten, zur Abschätzung der saisonalen Verteilung und          zeit-Veloverkehr)?
zur Plausibilisierung von Nutzerbefragungen betreibt Schweiz- —— Wie entwickeln sich die Frequenzen insgesamt und aggre-
Mobil zusammen mit den Kantonen automatische Zählanlagen            giert über alle Zählstellen?
auf dem Routennetz von Veloland Schweiz. Die Zählanlagen
sind ein wichtiges Instrument der Monitoring–Methodik von           Hierfür wird SchweizMobil seine bisherige Datenzentrale zu
SchweizMobil. Sie werden ergänzt durch weitere Erhebungs- einer nationalen Datenzentrale ausbauen, in welcher die Daten
instrumente wie Online–Befragungen, manuelle Zählungen und von Zählstellen der Kantone und Städte laufend über eine de-
eine repräsentative Bevölkerungsbefragung. Mit dieser Metho- finierte Schnittstelle oder jährlich mit einem Datenimport einge-
dik wurden 2013 umfangreiche Erhebungen durchgeführt, de- bunden werden können (siehe Abbildung).
ren Resultate im Juni 2015 publiziert wurden.                       Mit einer Nutzung der Zählanlagen–Daten der Kantone und
     Die ersten Zählanlagen auf dem Routennetz von Velo- Städte lässt sich die räumliche Abdeckung und damit die Da-
land Schweiz wurden 2004 realisiert. Heute sind im Veloland tenbasis und Aussagekraft der Auswertungen markant verbes-
Schweiz entlang der nationalen Routen insgesamt 18 Dauer- sern. Bei ausreichender Zahl bzw. Dichte der Zählstellen und
zählstellen mit Radarzählgeräten in Betrieb. Die Kantone sind in Kombination mit weiteren Erhebungselementen (z.B. Befra-
zuständig für den Betrieb und Unterhalt der Zählanlagen, die gungen, Hochrechnungen, Modellierungen) besteht die Chan-
Stiftung SchweizMobil für die Gesamtkoordination sowie die ce, die Nutzung auf ausgewählten Routen oder gar auf dem
Datenzentrale, Auswertung der Daten und Erstellung eines ganzen Veloland–Netz zu verfolgen. Zudem erlaubt die Einbet-
jährlichen Berichtes. Die 18 Dauerzählstellen liefern wertvolle tung der Daten in einen nationalen Kontext den Kantonen und
Resultate, deren Anzahl ist aber zu gering, um eine ausgewo- Städten, ihre eigenen Zähldaten in Bezug zu schweizweiten
gene räumliche Verteilung auf dem umfangreichen Netz von Werten zu setzen und mit anderen Kantonen zu vergleichen.
Veloland Schweiz zu erreichen und um letztlich verlässliche         Dieses Vorgehen respektiert die bestehenden Zuständig-
Aussagen über die Entwicklung der Nutzerzahlen von Veloland keiten der Kantone und Städte, welche ihre Zählanlagen wei-
Schweiz machen zu können.                                       terhin autonom betreiben und überwachen und die Daten in
     Unabhängig von SchweizMobil haben in den vergangenen einer eigenen Datenzentrale auf Ebene Kanton und Stadt ver-
Jahren diverse Kantone und Städte eigene Zählstellennetze walten. Die Prüfung und Validierung der Daten erfolgt weiterhin
für den Veloverkehr aufgebaut. Gemäss einer schriftlichen durch die Kantone und Städte, welche mit den lokalen Gege-
Befragung der Stiftung SchweizMobil waren im Frühjahr 2014 benheiten vertraut sind.
schweizweit rund 120 Zählanlagen für den Veloverkehr in Be-         Voraussetzung für den Betrieb einer nationalen Datenzent-
trieb und weitere 70–90 Zählanlagen in Planung.                 rale und für eine nationale Auswertung sind minimale Standards
     Die heutigen Radar–Zählgeräte von SchweizMobil müs- bezüglich der Messmethodik und der durch die Zählanlagen
sen mittelfristig ersetzt werden und die Kantone, Städte und erzeugten Datenqualität. SchweizMobil möchte zusammen
weitere Träger haben unterdessen ein beachtliches Netz an mit den Kantonen im Rahmen des Aufbaus der nationalen
Zählanlagen u.a. auch auf Veloland–Routen realisiert. Dies hat Datenzentrale erste Ansätze erarbeiten. Wünschenswert wäre

                                                                                       Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16   11
zudem, wenn bei der Standortwahl künftiger Zählanlagennet-                          dazu sollen im Verlauf der nächsten Jahre die eigenen 18 Ra-
     ze eine minimale Absprache mit SchweizMobil erfolgen würde,                         dar–Zählanlagen ersetzt werden.
     zumindest im Bereich der Veloland–Routen, damit das Ziel ei-                            Auf Grund ihres Auftrages ist die Stiftung SchweizMobil in
     ner ausgewogenen räumlichen Verteilung der Messstellen er-                          einem ersten Schritt vor allem an Daten von Zählanlagen auf
     reicht werden kann.                                                                 dem Routennetz von Veloland Schweiz interessiert. Die Inte­
                                                                                         gration zusätzlicher Zählanlagen auch ausserhalb des Veloland-
     VORGEHEN UND AUSBLICK                                                               Netzes in die nationale Datenzentrale ist mittel- bis längerfristig
     SchweizMobil wird im Verlauf des Jahres 2016 mit ausgewähl-                         denkbar. Dies würde eine Erweiterung der Auswertungen zu
     ten Kantonen und Städten die Möglichkeiten zur Datennutzung                         einer nationalen Velostatistik ermöglichen. Langfristig ist auch
     abklären und gestützt darauf bis Ende 2016 eine nationale                           ein Ausbau im Hinblick auf Mountainbike-, Skating-, Wander-
     Datenzentrale aufbauen. Ziel ist es, möglichst viele Kantone                        und Fussgängerzähldaten vorstellbar.
     und Städte für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Ergänzend

          Zählertyp 1
           Kanton A                               DZ A

          Zählertyp 1
           Kanton B                               DZ B

          Zählertyp 1
           Kanton C                               DZ C

                                                                                                                   Schnittstelle

          Zählertyp 2
                                                  DZ D                             Datenimport
           Kanton D

          Zählertyp 3                                                                                               Nationale
                                                  DZ E                             Datenimport
           Kanton E                                                                                               Datenzentrale

          Zählertyp 4
                                                  DZ F                             Datenimport
            Stadt F
                                                                                                                                           nationaler Bericht

                                                                                                                   Schnittstelle

          Zählertyp 1
           Kanton G                               DZ G

          Zählertyp 1
            Stadt A                               DZ H

     Abb.: Struktur kantonale/städtische/nationale Datenzentralen (DZ = Datenzentrale)

12   Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16
VIELE TECHNOLOGIEN FÜHREN ZUM ZIEL

UNTERSCHIEDLICHE TECHNOLOGIEN FÜR DIE ERHEBUNG DES VELO-
VERKEHRS IM ÜBERBLICK
PHILIPPE AEMISEGGER, PAUL WIDMER, BÜRO WIDMER AG, FRAUENFELD

Die Veloverkehrsplanung benötigt unterschiedliche Daten. Für deren Erhebung stehen unterschiedliche Tech-
nologien und Methoden zur Verfügung. Die Tabellen 1 und 2 zeigen einen Überblick der Erhebungstechnologien
resp. deren Eigenschaften.

       Ausrüstung                      Vorbeifahrt am                                       Überfahrt des                                         Durchfahrt zwischen                                                                                 Satellitenbasiert
                                          Sensor                                              Sensors                                                  Sensoren

 Velofahrer benötigt            ——Ultraschall                                       ——Induktionsschlaufe                                         ——Radiowellen
 keinen Sender                  ——Radar                                             ——Druckschlauch                                              ——Lichtschranken
                                ——Laser                                             ——Glasfaser
                                ——Passives Infrarot
                                ——Infrarotkamera
                                ——Video (manuelle
                                  / automatische.
                                  Auswertung)
                                ——Manuelle Zählung
 Velofahrer benötigt            ——RFID*                                                                                                                                                                                               ——GPS*
 Sender                         ——Bluetooth*
                                ——Wi–Fi*
                                ——Mobilfunk*
Tab. 1: Systematik der Verkehrserhebungstechnologien
* für Zählung nicht geeignet
Quelle: VSS 2009/102 und SVI 2011/015
                                                                                                                                                 Video (auto. Auswertung)

                                                                                                                                                                                                                 Induktionsschlaufe
                                                   Manuelle Zählung

                                                                                                    Passives Infrarot

                                                                                                                                                                                   Bluetooth/Wi–Fi

                                                                                                                                                                                                                                                                                  Lichtschranken
                                                                                                                                                                                                                                      Druckschlauch
                                                                                                                        Infrarotkamera

                                                                                                                                                                                                                                                                    Radiowellen
                                                                      Ultraschall

                                                                                                                                                                                                     Mobilfunk

                                                                                                                                                                                                                                                        Glasfaser
                                                                                    Radar

                                                                                                                                         Video
                                                                                            Laser

                                                                                                                                                                            RFID

                                                                                                                                                                                                                                                                                                   GPS

 Witterungsunabhängigkeit                          (P) n.a.                         P        P         P                  P                                                 P        P                              P                   P                P          n.a.
 Unterscheidung Fussgänger/Velo                       P               n.a.          P        P                            P              P           P
 Verkehrsbelastung                                    P                 P           P        P         P                  P              P           P                                                              P                   P                P            P             P
 Fahrtrichtung                                        P                 P           P        P         P                  P              P           P                               P                P             P                   P                P            P             P              P
 Lokale Geschwindigkeit                                                 P           P        P                                                       P                                                              P                   P                P            P             P              P
 Abschnittsgeschwindigkeit/Reisezeit                                                                                                                 P                      P        P                P                                                                                            P
 Routenwahl                                                                                                                                          P                      P        P                P                                                                                            P
 Einsatz bei hohen Verkehrsbe­lastungen möglich                       n.a.          P        P                            P              P           P                               P                P             P                                                 P                            P
 Hohe Messgenauigkeit                                 P               n.a. n.a.              P         P                n.a.             P           P                      n.a. n.a. n.a.                          P                 n.a.               P          n.a. n.a. n.a.
 Datenschutzproblem                                                                                                                      P           P                      P        P                P
Tab. 2: Eigenschaften von Verkehrserhebungstechnologien
n. a. = keine Angabe
Quelle: VSS 2009/102 und SVI 2011/015

                                                                                                                                                                                         Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16                                                                    13
VORBEIFAHRT AM SENSOR                                              ein Objekt mit einem RFID–Sender in die Reichweite eines
     Bei Technologien mit Vorbeifahrt am Sensor kann unterschie-        Detektors, übermittelt der Sender diesem seine Information
     den werden zwischen solchen ohne Sender und solchen mit            über Funk. Ein Beispiel dafür ist «Dero ZAP» aus den USA
     Sender am Velo.                                                    (www.stratos.com/project/dero). Bei diesem System werden
                                                                        Velos mit einem RFID–Sender ausgerüstet und die Signale an
     TECHNOLOGIEN OHNE SENDER                                           Zählstationen erfasst. Denkbar wäre aber auch die Verwen-
     Technologien ohne mitgeführten Sender eignen sich primär           dung von Signalen von RFID–Fahrradcodiersystemen (z.B.
     zum Zählen und teilweise auch zur Erfassung von Geschwin-          www.bikefinder.de).
     digkeit (Radar, Ultraschall, Laser, Video mit automatischer Aus-       Wi–Fi und Bluetooth sind funkbasierte Kommunikations-
     wertung) und Routen (Video mit automatischer Auswertung).          systeme, welche z.B. in Smartphones, Navigationsgeräten und
     Für die Erhebung muss zwischen dem Sensor und dem vorbei-          Tablets verwendet werden. Die Reichweite der Funksignale
     fahrenden Velo eine direkte Sichtlinie bestehen.                   ist abhängig von der Sendeleistung und der Bandbreite (ca.
         Beim Ultraschall- und Radarsensor (Abbildung 1) werden         100 m bis 200 m). Bei einer Verkehrserhebung werden mit De-
     Schallwellen resp. elektromagnetische Wellen ausgesendet,          tektoren die eindeutigen Seriennummern (MAC–Adressen) von
     am Velofahrer reflektiert und anschliessend vom Detektor er-       Wi–Fi und Bluetooth–Sendern registriert. Da Smartphones weit
     fasst. Die Erkennung des Velos und dessen Geschwindigkeit          verbreitet sind, kann diese Methode zwar für die Erfassung des
     basiert auf dem Doppler–Effekt.                                    Veloverkehrs ohne einen zusätzlichen Sender eingesetzt wer-
         Der Lasersensor strahlt gepulste Infrarotwellen aus. Diese     den, doch die Erfassung gelingt nur, wenn die Velofahrerin ein
     werden von passierenden Objekten reflektiert und anschlies-        Smartphone mit eingeschaltetem WiFi resp. Bluetooth bei sich
     send vom Detektor gemessen und ausgewertet. Mittels der            trägt. Da dies aber nicht immer der Fall ist, kann das Verfahren,
     Positionsveränderung des Velos kann dessen Geschwindigkeit         obwohl es kommerziell angeboten wird, nicht zuverlässig zum
     bestimmt werden.                                                   Zählen (grosse Unsicherheit bei der Aufwertung der erfassten
         Beim passiven Infrarotsensor wird die von der Velofahrerin     Stichprobe), sondern nur zur Erfassung von abschnittsbasier-
     ausgestrahlte Wärme registriert. Die Technologie eignet sich       ten Informationen verwendet werden.
     sowohl für schmale wie auch für breite Querschnitte. Im Ge-            Bei der Mobilfunkortung wird die Position eines eingeschal-
     gensatz zum Lasersensor können aber Velofahrer nicht von           teten Mobilfunktelefons festgestellt, entweder durch das Netz
     Fussgängerinnen unterschieden werden.                              oder durch das Telefon selbst (evtl. mit GPS). Verfolgt werden
         Bei der Infrarotkamera wird ebenfalls die von Personen         kann das Telefon dank der täglich wechselnden, eindeutigen
     erzeugte Wärmestrahlung erfasst. Zusätzlich wird ein thermi-       ID. Die einzelnen daraus entstehenden Bewegungspfade von
     sches Bild erzeugt, welches mittels Spezialsoftware ausgewer-      Telefonen (Trajektorien) können zu Bündeln zusammengefasst
     tet werden kann. Im Unterschied zur Video–Aufnahme kann            werden. Daraus lassen sich Hinweise zum Verkehrsfluss, zu
     damit eine Erfassung auch in der Nacht erfolgen. Je nach Si-       den Verkehrsbelastungen, Reisezeiten sowie zur Routenwahl
     tuation werden für videobasierte Erhebungen handelsübliche         ableiten. Die Genauigkeit der Positionsdaten ist von der Zel-
     Kameras (Abbildung 2) oder Spezialkameras eingesetzt. Die          lendichte des Mobilfunknetzes (falls keine GPS–Unterstützung
     Bilddaten können «manuell» oder mittels Spezialsoftware aus-       vorhanden ist) abhängig. In städtischen Gebieten ist diese
     gewertet werden.                                                   deutlich feinkörniger als in ländlichen Gebieten. Die Methode,
                                                                        auch «Floating Phone Data» genannt, ist daher vor allem für die
     TECHNOLOGIEN MIT SENDER                                            Erhebung des Veloverkehrs in städtischen Gebieten geeignet.
     Systeme welche einen Sender benötigen und auf Interaktion          Da durch die Verknüpfung der Trajektorien mit anderen Telefon-
     basieren, können nur Objekte erfassen, welche mit der ent-         daten die Erstellung persönlicher Bewegungsprofile möglich ist,
     sprechenden Technologie ausgerüstet sind und diese aktiviert       sind die Anforderungen des Datenschutzes besonders hoch.
     haben. Da damit nur eine (unbekannte) Stichprobe erhoben
     wird, eignen sie sich nur zur Erfassung von Routen und ab-         DURCHFAHRT ZWISCHEN SENSOREN
     schnittsbasierten Informationen (z.B. Reisezeit und Abschnitts-    Bei Radiowellensensoren und Lichtschranken werden Radio-
     geschwindigkeit), aber nicht zum Zählen. Eine direkte Erfas-       wellen resp. Licht von einem Sender ausgestrahlt und von
     sung der Verkehrsbelastungen ist mit diesen Technologien           einem Sensor auf der gegenüberliegenden Seite des Mes-
     nicht möglich resp. wäre mit grossen Unsicherheiten behaftet.      squerschnitts registriert. Verkehrsteilnehmende werden ge-
     Für die Erhebung werden die Signale eines Senders, der am          zählt, wenn die Radiowelle oder der Lichtstrahl unterbrochen
     Velo befestigt ist oder welchen der Velofahrer auf sich trägt,     wird. Bei Verwendung von zwei kurz hintereinander liegenden
     an hintereinander folgenden Querschnitten zusammen mit der         Messstellen können sowohl die Geschwindigkeit als auch die
     Erfassungszeit registriert. Die Genauigkeit der Erhebung ist von   Fahrtrichtung bestimmt werden. Radiowellensensoren eignen
     der Stichprobengrösse abhängig, d.h. von der Anzahl Velofah-       sich dank der Batterielaufzeit auch für den Langzeiteinsatz in
     rer, die einen entsprechenden Sender besitzen. Bei der Anwen-      abgelegenen Gebieten. Für eine fehlerfreie Erhebung müssen
     dung dieser Technologien ist dem Datenschutz die notwendige        die Velos den Messquerschnitt hintereinander passieren.
     Aufmerksamkeit zu schenken.
          Radio Frequency Identification (RFID) ist eine funkbasierte   ÜBERFAHRT DES SENSORS
     Technologie, mit welcher Objekte automatisch und ohne Be-          Eine Induktionsschlaufe wird in den Belag eingelassen oder auf
     rührung identifiziert resp. lokalisiert werden können. Kommt       der Fahrbahn fixiert. Bei der Überfahrt verändern die Eisenteile

14   Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16
des Velos das von der Schlaufe erzeugte Magnetfeld, was vom     FAZIT
Sensor registriert wird.                                        Die Wahl der geeigneten Technologie für eine Erhebung zum
    Beim Druckschlauch- und beim Glasfasersensor (z.B. Bike–    Veloverkehr ist u.a. abhängig von der zu erhebenden Mess-
Counter der deutschen Firma Schuhco) ist die Erkennung          grösse, den vorhandenen Ressourcen und auch von der Häu-
hingegen materialunabhängig, d.h. Velos aus Aluminium oder      figkeit des geplanten Einsatzes. Gerade für wenig komplexe
Karbon werden auch detektiert. Der Druckschlauchsensor re-      und kurze Zählungen sind Videoaufnahmen mit manueller Aus-
gistriert die bei der Überfahrt verursachte Luftdruckverände-   wertung oder eine manuelle Zählung prüfenswert, da dies sehr
rung innerhalb eines auf die Fahrbahn montierten Schlauches.    einfach zu organisieren und durchzuführen ist.
    Beim Glasfasersensor, welcher in den Belag eingelassenen        In den beiden Forschungsberichten VSS 2009/102 «For-
wird, werden Lichtimpulse durch das Kabel geleitet und am an-   schungsbündel Erhebung verkehrsplanerischer Grundlageda-
deren Ende gemessen. Ein über das Kabel fahrendes Velo wird     ten: Teilprojekt 2: Methoden der Verkehrsbeobachtung» und
mit der Veränderung der gemessenen Lichtfrequenzen, welche      SVI 2011/015 «Anforderungen an zukünftige Mobilitätserhe-
durch das Zusammendrücken des Kabels entstehen, erfasst.        bungen» werden die aktuell für Verkehrserhebungen eingesetz-
                                                                ten Technologien beschrieben. Der VSS–Bericht ist einer der
SATELLITENBASIERT                                               Grundlageberichte für das neue Normenbündel «Erhebung ver-
Bei satellitenbasierten Erhebungen werden GPS–Empfänger         kehrsplanerischer Grundlagedaten». Der Bericht behandelt die
eingesetzt um die aktuelle Position eines Velos zu ermitteln.   aktuell gängigen Methoden der Verkehrsbeobachtung (Zählun-
Die Genauigkeit der Positionsbestimmung beträgt je nach Si-     gen und Messungen). Nebst Methodenbeschreibungen enthält
tuation und eingesetztem Gerät 3 – 5 m. Grössere Ungenau-       er Hinweise für die Durchführung der jeweiligen Erhebung. Der
igkeiten können bei Signalverlusten (z.B. in Unterführungen)    SVI–Bericht befasst sich mit «neueren» Technologien und Me-
auftreten. Es sind zwei Arten von Erhebungen durchführbar:      thoden der Verkehrserhebung. Im Fokus stehen dabei Techno-
einerseits GPS–unterstützte Mobilitätserhebungen, welche bei    logiebeschriebe mit den Vor- und Nachteilen sowie die aus der
Befragungen als Ersatz resp. als Ergänzung zu Mobilitätsta-     Planung gestellten Forderungen an Verkehrserhebungstechno-
gebüchern konzipiert sind; andererseits «Floating Bike Data»–   logien und -methoden.
Erhebungen bei denen Velo–Trajektorien, welche im Verkehr           Wegen der schnellen Entwicklung empfiehlt es sich, vor ei-
mitfliessen, erfasst werden. Bei den GPS–unterstützten Mobi-    ner Verkehrserhebung den aktuellen Stand der Methoden und
litätserhebungen werden die Daten mittels an die Teilnehmen-    Technologien zu prüfen.
den abgegebenen GPS–Empfänger oder Smartphone–Apps
erfasst. Bei «Floating Bike Data» müssen die GPS–Daten von
Smartphones (mittels App) oder von einem am Velo befestig-
ten GPS–Empfänger via Mobilfunk übermittelt werden. Bei den
satellitenbasierten Erhebungen handelt es sich, im Gegensatz
zur Erfassung mit Wi–Fi, Bluetooth resp. Mobilfunkortung, um       01 Radarverkehrszählgerät
eine eingewilligte und freiwillige Teilnahme.                      02 Handelsübliche Videokamera an Kandelaber

01                                                                               02

                                                                                          Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16   15
INTERPRETATION VON GEZÄHLTEN
     VELOFREQUENZEN – WETTERABHÄNGIGKEIT
     UND ENTWICKLUNG DES VELOVERKEHRS

     KATHRIN GROTRIAN, BAU- UND VERKEHRSDEPARTEMENT DES KANTONS BASEL–STADT

     Im Jahr 2010 wurde das Umweltschutzgesetz Basel–                   bestehende Zählstelle und deren Fahrtrichtungen in Basel–Stadt
     Stadt um einen Paragraphen erweitert, der den Kanton               eigene Koeffizienten und damit ein eigenes Modell geschätzt.
     dazu verpflichtet, den motorisierten Individualverkehr                 Die aus den erklärenden Variablen geschätzten Koeffizienten
     auf dem gesamten Stadtstrassennetz des Kantons bis                 werden im Modell berücksichtigt und für das Erzeugen wetter-
     ins Jahr 2020 um 10 % zu reduzieren. Um dieses Ziel                bereinigter Velofrequenzen benutzt. Die Koeffizienten werden
     zu erreichen, soll der erwartete Verkehrszuwachs vom               für alle berücksichtigten Jahre auf das Wetter des Jahres 2008
     ÖV sowie dem Velo- und Fussverkehr getragen werden.                angewendet, weil dieses Jahr den Klimanormwerten von Meteo-
     Den für das Controlling erforderlichen Nachweis zur                Schweiz in der betrachteten Periode am nächsten kommt. Die
     Entwicklung der einzelnen Verkehrsmittel erbringt der              geschätzten Koeffizienten zeigen insbesondere das Ausmass
     Kanton jährlich mit der Berechnung von verkehrsleis-               des Wettereinflusses auf die Velofrequenzen.
     tungsabhängigen Entwicklungsindizes. Der Veloindex                     Hier ein kurzer Abriss der Schätzresultate von wichtigen
     wird hierbei wetterbereinigt berechnet. Grundlage für              Wetter–Variablen, als Mittelwerte der Koeffizientenschätzungen
     den Veloindex bilden die 23 Dauerzählstellen für den               über alle Zählstellen und Fahrtrichtungen.
     Veloverkehr.

     WETTERABHÄNGIGKEIT
     Es ist bekannt, dass das Veloaufkommen stark vom Wetter
     abhängig ist. Die Velofrequenzen und insbesondere deren Ent-
     wicklung sind daher über die Zeit schwierig interpretierbar: Un-
     terschiedliche Witterungsbedingungen führen zu stark schwan-
     kenden Velofrequenzen über die Zeit. Obwohl der Wettereinfluss
     unbestritten ist, weiss man bisher nicht genau, wie stark dieser
     tatsächlich ausfällt und welche Witterungsfaktoren massgebend Tab. 1: Mittlere Koeffizientenschätzungen aller baselstädti-
     wirken.                                                            schen Zählstellen und Fahrtrichtungen
         Das statistische Amt des Kantons Basel–Stadt hat im Jahr
     2014 ein Modell entwickelt, mit dem dieser Einfluss herausge-          Die geschätzten Koeffizienten–Werte können wie folgt inter-
     rechnet werden kann.                                               pretiert werden: Der negative Koeffizient von -1,45 % (Mittel) der
         Es handelt sich um ein relativ schlankes Modell mit Informati- «Tagessumme Regenmenge in mm» bedeutet, dass ein zusätz-
     onen über den jeweiligen Tag (Wochenende, Monat, Jahr, Ferien, licher Millimeter Regen die Velofrequenz um 1,45 % senkt. Eine
     Veranstaltungen) und die zugehörigen Wetterdaten (Tempera- Stunde zusätzliche Sonne pro Tag erhöht die Velofrequenz um
     tur, Sonnenscheindauer, Regenmenge, Windgeschwindigkeit, 1,75 % und eine um ein Grad Celsius höhere mittlere Tagestem-
     Schneemenge). Das Modell berücksichtigt zudem die mittlere peratur erhöht die tägliche Velofrequenz um 1,37 %.
     Temperatur in gewissen «kritischen» Monaten wie Januar, Feb-           Die beobachteten Zusammenhänge sind statistisch nach-
     ruar, März oder Dezember. In diesen Monaten entscheiden Velo- weisbar. Die Koeffizienten unterscheiden sich aber zum Teil
     fahrende darüber, das Velo aus dem Keller zu holen oder in den wesentlich von Zählstelle zu Zählstelle, da insbesondere unter-
     Keller zu stellen. Das heisst, diese Monate haben einen wesent- schiedliche Fahrzwecke eine unterschiedliche Wetterabhängig-
     lichen Einfluss auf die Länge der Velosaison.                      keit aufweisen.
         Die aus den erklärenden Variablen geschätzten Koeffizienten        Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel für die Voraussage
     werden im Modell berücksichtigt und für das Erzeugen wetter- von wetterbereinigten Daten.
     bereinigter Velofrequenzen benutzt. Die Koeffizienten werden           Die blaue Linie in Abb. 1 zeigt die monatlichen Originalwerte
     für alle berücksichtigten Jahre auf das Wetter des Jahres 2008 der Velofrequenzen am Beispiel der Zählstelle Wettsteinbrücke.
     angewendet, weil dieses Jahr den Klimanormwerten von Meteo- Die rote Linie zeigt die Frequenz, wenn die tatsächlich gemesse-
     Schweiz in der betrachteten Periode am nächsten kommt. Die nen Wetterdaten mit den geschätzten Koeffizienten multipliziert
     geschätzten Koeffizienten zeigen insbesondere das Ausmass werden. Diese Schätzung liegt sehr nahe an der blauen Linie der
     des Wettereinflusses auf die Velofrequenzen. Es wurden für jede Originalwerte, ist aber nicht mir ihr identisch, weil das Modell die

16   Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16
Abb. 1: Beispiel vorausgesagter                     Originalwerte      Predictions Modell Originalwetter        Predictions Modell Wetter 2008
Velofrequenzreihen an der Zählstelle
Wettsteinbrücke

Varianz der Reihen nicht vollständig erklären kann (Fehlerterme zeigen je Belastungsklasse das Verhältnis der totalen Netzlän-
in der Schätzung). Die Nähe zu den Originalwerten zeigt aber ge zur Netzlänge mit Zählstellen.
auf, dass das Modell grundsätzlich funktioniert. Die grüne Linie          Die Fahrleistung des Veloverkehrs hat im Zeitraum von
zeigt die Velofrequenz auf, die beim Wetter im Jahr 2008 vorhan- 2010 bis 2014 im Kanton Basel–Stadt um 14 % zugenommen.
den gewesen wäre. Die Abweichungen von der roten Linie sind               Abb. 2 zeigt, dass die wetterbereinigten Daten zu einem
durch das konstant gehaltene Wetter bedingt und zeigen damit plausiblen Verlauf der Indexreihe führen: Das gute Wetter im
die wetterbereinigten Velofrequenzen pro Jahr.                        Jahr 2011 führt zu einem starken Anstieg bei der gemessenen
     Die Analyse der Resultate der Modelle bestätigt, dass das Wet- Velofrequenz. Dieser Anstieg fällt weit weniger stark aus, wenn
ter die Velofrequenz in Basel–Stadt substantiell beeinflusst. Die Re- der Effekt des guten Wetters korrigiert wird. Das schlechte Wet-
genmenge und die Temperatur sind besonders einflussreich.             ter 2012 bringt dann einen starken Rückgang der gemessenen
                                                                      Velofrequenz. Im Gegensatz dazu bleibt die wetterbereinigte
ENTWICKLUNGSINDEX DES VELOVERKEHRS                                    Frequenz annähernd stabil. Ein starker Anstieg der wetterbe-
Der Velo–Index soll die jährliche Veränderung der Velo–Ver- reinigten Velofrequenz kann im Jahr 2014 beobachtet werden.
kehrsleistung zeigen. Dazu wird der wetterbereinigte durch- Zwar fällt dieser im Vergleich zum gemessenen Anstieg mode-
schnittliche Tagesverkehr der kantonalen Velo–Zählstellen ge- rater aus, ist aber trotzdem substantiell. Dieser Anstieg dürfte
wichtet und zu einer mittleren Belastung auf dem Strassennetz daher auf eine real erhöhte Velonutzung zurückzuführen und
umgerechnet. Die Gewichtungsfaktoren für die einzelnen Zähl- nicht durch zufällige Wetterschwankungen verursacht sein. Die
stellen werden aus den Streckenbelastungen des Verkehrsmo- Neuberechnung des Modells mit dem zusätzlichen Jahr 2015
dells des Kantons Basel–Stadt für verschiedene Belastungs- wird dazu weiter Aufschluss bringen und die Qualität des Mo-
klassen abgeleitet. Durch die Bildung von Belastungsklassen dells verbessern. Die vorliegende Analyse kann beliebig auf
erhalten alle Zählstellen, die in derselben Belastungsklasse lie- kommende Jahre ausgeweitet werden.
gen, denselben Gewichtungsfaktor. Die Gewichtungsfaktoren

                                                                                                                   Abb. 2: Entwicklung
                                                                                                                   des wetterbereinigten
                                                                                                                   Veloverkehrs im Kanton
                                                                                                                   Basel-Stadt

                                                                                                  Velokonferenz Schweiz - Info Bulletin 1 / 16   17
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