Infonium PH Zug 1/2021 Bildungslandschaften - Kanton Zug
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Editorial Inhalt Editorial2 Programm «Bildungslandschaften Schweiz»: Strategische Allianzen zur Gestaltung von Bildungsbiografien 3–4 Vernetzung und Zusammenarbeit: Wichtige Voraussetzungen des Gelingens von Bildungslandschaften 5–6 Brückenbauer*innen als Kulturvermittler*innen: Ein Bildungsangebot zur Integration und Frühförderung 7–9 Empfehlungen für den Aufbau einer Bildungslandschaft 10–12 Werte, Wertorientierungen und Wertvorstellungen: Als Lehrperson Kinder und Jugendliche in ihrer Esther Kamm Entwicklung begleiten 13–14 Black Teachers Matter 15–16 Das Zuhören mittels Tablet testen – Aufgabenentwicklung zur Überprüfung der Grundkompetenzen 17 Eine Welt nach der Pädagogischen Hochschule: Studierendenkolumne18 Roberta Regio Zentrum Zug 19–21 Informationen aus den Leistungsbereichen 22–23 Veranstaltungen24 Gelingende Bildung ist ein Gemeinschaftswerk: Eltern, Schulen dungslandschaft «Integration und Frühförderung». Dank soge- und ausserschulische Bezugs- und Schlüsselpersonen tragen nannter Brückenbauer*innen konnte niederschwellig der Kon- dazu bei. Hier setzt das Programm «Bildungslandschaften takt zu Eltern und ihren Kindern aufgebaut werden (S. 7–9). Schweiz» an, eine durch die Jacobs Foundation initiierte nationale Damit eine Bildungslandschaft erfolgreich aufgebaut, umgesetzt Förderinitiative. Das Institut für Bildungsmanagement und Bil- und verankert werden kann, sind verschiedene Faktoren not- dungsökonomie (IBB) der PH Zug hat das Programm evaluiert. wendig. Auf Grundlage ihrer Forschungsbefunde hat das IBB «Bildungslandschaften Schweiz» verfolgt das Ziel, allen Kindern Anregungen und Empfehlungen erarbeitet (S. 10–12). und Jugendlichen die Chance auf eine qualitativ hochstehende und umfassende Bildung zu ermöglichen. Damit junge Menschen Als PH Zug sind wir ebenfalls ein Teil einer «Bildungslandschaft ganzheitlich gefördert werden können, informieren und unterstüt- Schweiz» und pflegen aktiv die Zusammenarbeit mit Akteurinnen zen sich in einer «Bildungslandschaft» alle Beteiligten gegenseitig und Akteuren der formalen und non-formalen Bildung ebenso und ziehen am selben Strick (S. 3–4). Lehrpersonen und Schul- wie mit Vertretenden aus Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur. leitende stehen beispielsweise im Austausch mit Leitungsperso- nen der regionalen Jugendorganisationen und Sportvereinen oder mit Berufsbildnerinnen und Berufsbildnern der Unternehmen aus Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. der Umgebung. Eine gute Vernetzung der Beteiligten ist ein zentrales Element Prof. Dr. Esther Kamm für den Projekterfolg (S. 5–6). Dies zeigt sich etwa in der Bil- Rektorin 2
Programm «Bildungslandschaften Schweiz»: Strategische Allianzen zur Gestaltung von Bildungsbiografien Im Rahmen des Programms «Bildungslandschaf- Sie sind also mehr als Schulnetzwerke, die oft- ten Schweiz» haben 22 Schweizer Bildungsland- mals die Grundlage bzw. den Kern einer Bil- schaften daran gearbeitet, die Chancengerechtig- dungslandschaft bilden. Aus der Perspektive keit für Kinder und Jugendliche zu erhöhen. der Kinder bzw. Jugendlichen lässt sich ihr Zu- sammentreffen mit institutionalisierten und in- Als Bildungslandschaft werden strategische dividuellen Akteuren im Laufe ihrer Bildungs- Allianzen verschiedener Akteure/Institutionen, biografie – beispielsweise wie in Abbildung 1 z. B. Behörden sowie öffentliche und private dargestellt – aufzeigen. Einrichtungen, zur Gestaltung von Bildungsbio- grafien bezeichnet, die in der Regel die Zeit- Die gemeinsamen Ziele von Bildungslandschaf- spanne vom Kindergartenalter bis zur Beendi- ten sind eine Verbesserung der Bildung und gung von Studium oder Berufsausbildung junger eine bessere Nutzung des Potenzials aller Kin- Erwachsener umfassen. Je nach Kooperations- der und Jugendlichen und damit letztlich mehr anlass arbeiten relevante Einrichtungen zusam- Chancengerechtigkeit. Der Fokus liegt jedoch men (Huber, 2014). Im Rahmen des Programms insbesondere bei Kindern und Jugendlichen «Bildungslandschaften Schweiz» in der deutsch- mit verminderten Bildungschancen, sei es auf- und französischsprachigen Schweiz haben 22 grund ihrer sozialen, ökonomischen oder kultu- Schweizer Bildungslandschaften, ausgehend rellen Herkunft oder aufgrund ihrer individuellen von unterschiedlichen Startbedingungen und psychischen und physischen Voraussetzungen. mit unterschiedlichen Zielsetzungen, je eigene Diese Kinder und Jugendlichen haben einen Arbeitskonzepte und Prozesse initiiert und erhöhten Förderbedarf, dem mit speziellen An- durchgeführt, um die Chancengerechtigkeit1 geboten entsprochen wird (Huber, Schwander, für Kinder und Jugendliche insbesondere bei Kilic, & Wolfgramm, 2014). solchen mit sozialen Benachteiligungen zu erhöhen, schulische und ausserschulische Bil- Zusammenfassend kann formuliert werden, dungsangebote zu erweitern und zu verbessern dass Bildungslandschaften nicht nur zu mehr sowie die Partizipation von Kindern und Jugend- Zusammenarbeit zwischen schulischen und lichen an diesen Angeboten zu steigern (Huber, ausserschulischen Akteuren führen, sondern Werner, Koszuta, Schwander et al. 2019a,b). dass sie diese Kooperation auch qualitativ ver- bessern. Durch die verstärkte Zusammenarbeit Schulnetzwerke und Bildungslandschaften: kann das gegenseitige Verständnis füreinander ein Kurzüberblick verbessert und ein gemeinsames Bildungsver- Bildungslandschaften sind Netzwerke von schu- ständnis entwickelt werden. Dies ist aber ein lischen und ausserschulischen Institutionen. längerfristiger Prozess, der genügend zeitliche 1 Unter Chancengerechtigkeit wird die Möglichkeit verstanden, dass alle Individuen, basierend auf ihren Fähigkeiten und ihrer Leistung und unabhängig von Geschlecht, Natio- nalität, Wohnort sowie sozialer Herkunft, ihre Chance auf Erfolg ergreifen können. Abbildung 1: Bildungsbiografien aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen (adaptiert nach Vorndran, 2008). 3
und materielle Ressourcen und für die Hand- arbeit und Issue Management auf lokaler lungskoordination angepasste Strukturen benö- Projektebene; Bereitstellung einer externen tigt. Vermehrte und vernetzte Zusammenarbeit Prozessbegleitung; Möglichkeiten der be- benötigt also angepasste Bedingungen der darfsspezifischen Weiterbildung, Nutzung Handlungskoordination und der Ausstattung. von Peer Coaching und in einem Teil der Pro- jekte Vernetzung innerhalb des Kantons. Programm «Bildungslandschaften Schweiz»: Ziele und Interventionen Das Vorhandensein politischer Unterstützung Das Programm «Bildungslandschaften Schweiz» des jeweiligen Kantons und der Stadt oder (2012—2018) der Jacobs Foundation, das vom Gemeinde spielte bei der Arbeit der Bildungs- Literatur Institut für Bildungsmanagement und Bildungs- landschaften jeweils eine wichtige Rolle. Huber, S. G. (2014). Kooperation ökonomie (IBB) wissenschaftlich begleitet wur- in Bildungslandschaften: Aktuelle Diskussionsstränge, Wirkungen de, hat sich als übergeordnetes Ziel gesetzt, Bildungslandschaften als fortlaufende und Gelingensbedingungen. In Kindern und Jugendlichen gerechtere Chancen Bildungsprogrammatik S. G. Huber (Hrsg.), Kooperative auf eine qualitativ gute und umfassende Bildung Der Aufbau und das Betreiben der 22 Bildungs- Bildungslandschaften. Netzwer- zu ermöglichen. Hierfür wurden Bildungsland- landschaften in der Schweiz sind bilanzierend ke(n) in und mit System (S. 3–29). Köln: Wolters Kluwer. schaften aufgebaut, verstanden als gezielte und eindeutig als fortlaufende Bildungsprogramma- systematische, an pädagogischen Zielgrössen tik zu verstehen. Als ein befristetes Bildungspro- Huber, S. G., Schwander, M., Kilic, S., & Wolfgramm, C. (2014). orientierte institutionalisierte Zusammenarbeit jekt unter vielen, das irgendwann abgeschlossen Bildungslandschaften – Übersicht von Bildungsakteuren im Mehrebenensystem sein wird, können Bildungslandschaften das über exemplarische Projekte und Bildung und daher auf kantonaler, regionaler Vorhaben und Ziel, Quantität und Qualität von Evaluationen. In S. G. Huber (Hrsg.), und kommunaler Ebene. Die Bildungslandschaf- Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche Kooperative Bildungslandschaften. Netzwerke(n) in und mit System ten sollen zu einer Verminderung von Schul- zu steigern, nicht nachhaltig einlösen. Folglich (S. 137–164). Köln: Wolters Kluwer. abbrüchen führen sowie bei den Kindern und braucht es dauerhafte Prozesse, die mit ent- Jugendlichen verbesserte schulische Leistungen sprechender Ressourcierung auch strukturell Huber, S. G., Werner, R., Koszuta, A., Schwander, M., Strietholt, R., und eine positive Entwicklung der sozio-emo- und personell hinterlegt sein müssen. Der As- Bacso, M., Gürel, E., Schneider, J., tionalen Kompetenzen bewirken. Auf diese Wei- pekt der Bildungsprogrammatik betrifft auch Hürlimann, F., Nonnenmacher, L. se sollen ihre Lebenstüchtigkeit sowie die Inte- Haltungsfragen. Insbesondere ist hiervon die (2019a). Zusammenarbeit und Bil- gration und Partizipation in Schule, Beruf und Erwartungshaltung der formalen Bildungsinstitu- dungsangebote in Bildungsnetzwer- ken. Entwicklungen, Nutzen und Gesellschaft verbessert werden. tion Schule berührt, die ausserschulische Bil- Gelingensbedingungen. Abschluss- dungsanbieter in vielen Fällen als «Serviceagen- bericht zur Forschungs- und Evalua- Die Interventionen bzw. Massnahmen des Pro- turen» wahrnimmt, die die Schulfähigkeit der tionsstudie des Programms «Bil- gramms «Bildungslandschaften Schweiz» als Kinder zu fördern haben. Das Ziel der Zusam- dungslandschaften Schweiz». Zug: PH Zug. IBB Institut für Bildungsma- Public Private Partnership der Jacobs Founda- menarbeit unterschiedlicher Bildungsakteure im nagement und Bildungsökonomie. tion mit staatlichen Partnern lassen sich auf Bildungssystem sollte jedoch vielmehr darin Huber, S. G., Werner, R., Koszuta, A., zwei Ebenen darstellen: bestehen, das System an die Bedürfnisse und Schwander, M., Strietholt, R., Möglichkeiten des Kindes anzupassen, anstatt Bacso, M., Gürel, E., Schneider, J., – Programmebene: Auf Programmebene einzelne Bildungsinstitutionen und deren rei- Hürlimann, F., Nonnenmacher, L. wurden die Bildungslandschaftsprojekte und bungslose Organisation isoliert zu betrachten (2019b). Zusammenarbeit und Bil- dungsangebote in Bildungsnetzwer- deren beteiligte Akteure über die gesamte sowie systemisch und systematisch bezüglich ken. Entwicklungen, Nutzen und Programmlaufzeit unterstützt durch Mach- aller Schnittstellenfragen und einer Gesamt- Gelingensbedingungen. Kurzversion barkeitsworkshops, Fachtagungen mit in- kohärenz in den Vordergrund zu rücken. Ziel des Abschlussberichts zur For- haltsspezifischen Fachvorträgen und Work- muss es sein, dass die beteiligten Institutionen schungs- und Evaluationsstudie des Programms «Bildungslandschaften shops sowie Öffentlichkeitsarbeit und Issue sich als «Dienstleister» für das Wohl der Kinder Schweiz». Zug: PH Zug. IBB Institut Management auf nationaler Ebene durch und Jugendlichen und deren optimale Förderung für Bildungsmanagement und Bil- die Jacobs Foundation. begreifen und ihre Interessen und jeweilige Ex- dungsökonomie. Download unter: pertise – eingebettet in eine Bildungslandschaft – www.bildungsmanagement.net/BL – Bildungslandschafts-Projektebene: Auf in den Dienst dieses Ziels stellen. Vorndran, O. (2008). Regionale der Ebene der Bildungslandschaften gab es Bildungsberichte als Steuerungs- instrumente für die Bildungsregion. jeweils folgende Unterstützung: Teilfinanzie- In C. Stern, C. Ebel, V. Schönstein & rung der kantonalen Koordinationsstelle Stephan Gerhard Huber, Leiter IBB und O. Vorndran (Hrsg.), Bildungsregio- sowie der Kosten für die lokale Projekt- Leiter der wissenschaftlichen Begleitung nen gemeinsam gestalten (S. 170– umsetzung zu jeweils 50 Prozent durch die des Programms «Bildungslandschaften 175). Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung. Jacobs Foundation und den Kanton bzw. die Schweiz»; Ricarda Werner, Anja Koszuta und Gemeinde; Ressourcen für Öffentlichkeits- Marius Schwander, Mitarbeitende IBB 4
Vernetzung und Zusammenarbeit: Wichtige Voraussetzungen des Gelingens von Bildungslandschaften Eine Kernidee von Bildungslandschaften ist eines Gefühls des Zusammenhalts sowie zeit- die Vernetzung unterschiedlicher Akteure. Es ist liche Ressourcen. Aus den quantitativen Daten erfreulich, dass die Kooperationsbereitschaft (Huber, Werner, Koszuta, Schwander et al. der Akteure im Programm «Bildungslandschaften 2019a, b) geht hervor, dass die Akteure beson- Schweiz» als gut beschrieben wird. ders zu Beginn der Bildungslandschaft viel Zeit in den Aufbau der Bildungslandschaft investiert In der Kooperation von Akteuren in Bildungsland- haben. Darüber hinaus beschrieben die Inter- schaften lassen sich insbesondere drei Formen viewten im Projektverlauf ein vermehrtes Auf- unterscheiden (Huber, Werner, Koszuta, Schwan- treten von institutionenübergreifender Zusam- der et al. 2019a, b; Gräsel, Fussangel, & Pröbs- menarbeit, eine Verstärkung des Miteinanders tel, 2006). Die erste Form der Zusammenarbeit sowie einen informellen Umgang unter den ver- ist der Austausch, der sich darauf bezieht, dass schiedenen Bildungsakteuren. sich Akteure wechselseitig informieren und Ar- beitsmaterialien austauschen. Die zweite Koope- Gelingensbedingungen für rationsform ist die der arbeitsteiligen Koopera- Bildungslandschaften tion, bei der eine Arbeitsaufteilung zwischen Die Ergebnisse quantitativer und qualitativer Akteuren stattfindet, mehrere Personen also ge- Analysen zur Frage nach den Gelingensbedingun- meinsam an einer Aufgabe arbeiten. Drittens gen von Bildungslandschaften aus verschiedenen Literatur wird die Ko-Konstruktion unterschieden, die ei- Perspektiven haben die theoretischen Ausfüh- Gräsel, C., Fussnagel, K., & Pröbstel, nen intensiven Austausch beinhaltet, der ge- rungen zu den Gelingensbedingungen für Koope- C. (2006). Lehrkräfte zur Koopera- tion anregen – eine Aufgabe für meinsames Lernen sowie eine gemeinschaftliche ration (Huber, Werner, Koszuta, Schwander et al. Sisyphos? Zeitschrift für Pädagogik, Entwicklung von Aufgaben- oder Problemlösun- 2019a,b) im Grossen und Ganzen bestätigt. 52(2), 205–219. gen ermöglicht. In der Befragung zum Ende der Hajer, M., & Versteeg, W. (2005). Programmlaufzeit berichten die Akteure, mit fast In den offenen Angaben der Akteursbefragun- Performing governance through der Hälfte der anderen Mitglieder ihrer Bildungs- gen wurden unter anderem materielle bzw. per- networks. European Political Sci- landschaft Materialien oder Informationen aus- sonelle und zeitliche Ressourcen als Gelingens- ence, 4(3), 340–347. zutauschen. Darüber hinaus geben sie an, dass bedingungen erwähnt. Die Einstellung und Hoy, W., Sweetland, S., & Smith, P. sie sich mit jeweils gut einem Drittel der anderen Motivation der Akteure wurden aus Sicht der (2002). Toward an Organizational Model of Achievement in High Mitglieder gegenseitig unterstützen und Feed- Projektleitungen und der Akteure am häufigsten Schools: The Significance of Collec- back geben sowie gemeinsame Projekte planen. als Erfolgsfaktoren genannt. tive Efficacy. Educational Administra- Explizit positiv erwähnt werden eine optimis- tion Quarterliy, 38 (1), 77–93. tisch-positive Atmosphäre in den verschiedenen In diesem Zusammenhang ergaben die Analy- Huber, S. G., Werner, R., Koszuta, Gruppen, die Offenheit und Engagiertheit der sen zudem, dass neben der externen Beratung A., Schwander, M., Strietholt, R., Akteure, die Wertschätzung untereinander sowie (Prozessbegleitung) auch die Fähigkeit der Pro- Bacso, M., Gürel, E., Schneider, J., Hürlimann, F., Nonnenmacher, L. ein Austausch auf Augenhöhe. Die Mehrheit jektleitung, Akteure zu motivieren, ein zentraler (2019a). Zusammenarbeit und Bil- der Projektleitenden beschreibt die Kooperation Faktor für das Gelingen der Bildungslandschaft dungsangebote in Bildungsnetzwer- mit den unterschiedlichen Akteuren sogar als ist. Entsprechend seien gemäss Aussagen aus ken. Entwicklungen, Nutzen und Quelle ihrer eigenen Motivation. den Interviews die Anerkennung und Wertschät- Gelingensbedingungen. Abschluss- bericht zur Forschungs- und Evalua- zung der (überwiegend ehrenamtlichen) Akteu- tionsstudie des Programms «Bil- Zeit in den Aufbau investieren re wichtige Gelingensbedingungen. Zudem dungslandschaften Schweiz». Zug: Während die Vernetzung und Kooperation in werde die Entwicklung der Bildungslandschaft PH Zug. IBB Institut für Bildungsma- Bildungslandschaften insgesamt betrachtet ein durch eine «Macher»-Mentalität der Akteure nagement und Bildungsökonomie. hohes Niveau erreicht haben, fallen in den begünstigt. Um den regelmässigen Austausch Huber, S. G., Werner, R., Koszuta, quantitativen Analysen (Huber, Werner, Koszuta, zwischen den Akteuren zu fördern, wurden den A., Schwander, M., Strietholt, R., Schwander et al. 2019a, b) deutliche Unter- Aussagen der Interviewten nach in allen Bil- Bacso, M., Gürel, E., Schneider, J., Hürlimann, F., Nonnenmacher, L. schiede zwischen den einzelnen Bildungsland- dungslandschaften Zeitgefässe geschaffen, die (2019b). Zusammenarbeit und Bil- schaften und im Zeitverlauf auf. So gibt es ein- von den Projektleitenden als erfolgsentschei- dungsangebote in Bildungsnetzwer- zelne Bildungslandschaften, die besonders dender Faktor wahrgenommen wurden. ken. Entwicklungen, Nutzen und intensiv zusammenarbeiten, wohingegen andere Gelingensbedingungen. Kurzversion des Abschlussberichts zur For- noch Entwicklungspotenzial haben. Die Projektleitungen und Prozessbegleitungen schungs- und Evaluationsstudie des schätzten weiterhin Austausch und Kommunika- Programms «Bildungslandschaften Im Rahmen der Interviews identifizierten die tion als wesentliche Erfolgsfaktoren ein. Dane- Schweiz». Zug: PH Zug. IBB Institut Befragten auch Aspekte, die die Zusammen- ben wurde die Klarheit der Rollen und Aufgaben für Bildungsmanagement und Bil- dungsökonomie. Download unter: arbeit in den Bildungslandschaften beeinflusst für die Prozess- und Projektleitungen als wichti- www.bildungsmanagement.net/BL hätten. Hierzu gehören zum einen das Fördern ge Bedingung wahrgenommen. 5
Mit Bezug auf organisationskulturelle Gelin- diese Strukturen werden als wichtig erachtet. gensbedingungen bestätigen die quantitativen So könne zum Beispiel durch eine Anbindung an Analysen ausserdem die zentrale Funktion von die Gemeinwesen- oder Quartierarbeit auf be- Vertrauen hinsichtlich Kooperation und Kommu- reits bestehendes Wissen und professionelle nikation in Netzwerken und damit verbunden Unterstützung zurückgegriffen werden. Nicht den bisherigen Stand der Forschung (Hajer & zuletzt wurde sowohl aus Sicht der Projektlei- Versteeg, 2005; Hoy, Smith, & Sweetland, tungen (Interviewdaten) als auch aus Sicht der 2002). Demnach hat das Vertrauen zum Pro- weiteren Akteure (offene Angaben des Akteurs- jektbeginn einen signifikanten Einfluss auf die fragebogens) der Einbezug der Politik als ein Beteiligung sowie die Informationsweitergabe Erfolgsfaktor für Bildungslandschaften genannt. im Verlauf des Projekts. Weiter beeinflusst das Kommunikationsklima zu Beginn des Projekts, Schliesslich spielt die Projektleitung als koordi- in welchem Mass bzw. wie intensiv ein gemein- nierende Instanz im personellen Bereich eine sames Ziel im Verlaufe des Projekts von den zentrale Rolle für das Gelingen einer Bildungs- Beteiligten verfolgt wird. Den Interviewten zu- landschaft. Dieser Aspekt manifestiert sich folge werde ausserdem ein Zusammenhalts- auch darin, dass ein Fortbestehen einer Bil- gefühl – unter anderem durch Vernetzungstref- dungslandschaft ohne eine Projektleitung bzw. fen – gefördert. Hier würde insbesondere der eine koordinierende Instanz wiederholt als informelle Rahmen als Gelingensfaktor zählen. schwierig eingeschätzt wird. Die Unterstützung des Projekts durch das Vor- handensein des politischen Willens auf Ebene der Gemeinde bzw. Stadt oder auch des Kan- Stephan Gerhard Huber, Leiter IBB und tons wird sowohl bei den Projektleitenden als Leiter der wissenschaftlichen Begleitung auch den Prozessbegleitungen als besonders des Programms «Bildungslandschaften wichtig empfunden. Doch auch vorhandene Schweiz»; Ricarda Werner, Anja Koszuta und Strukturen und die Einbettung des Projekts in Marius Schwander, Mitarbeitende IBB Die Kinder profitieren vom guten Netzwerk einer Bildungslandschaft. Foto: Jacobs Foundation. 6
Brückenbauer*innen als Kulturvermittler*innen: Ein Bildungsangebot zur Integration und Frühförderung Brückenbauer*innen als Kulturvermittler*innen mationen darüber teilen. Als Brückenbauer*in- leisten wertvolle Arbeit in der Information nen wurden Freiwillige aus der Gemeinde ge- von Familien in ihrer jeweiligen Muttersprache. wonnen, die eine der zehn vor Ort meistvertre- tenen Fremdsprachen sprechen. Zielgruppe des Um anhand eines Beispiels exemplarisch Ein- Teilprojekts sind Neubürger*innen mit kleinen blick in eines der Projekte einer ausgewählten Kindern, die Informationen zu Bildungs- und Bildungslandschaft zu ermöglichen, wird im fol- Informationsangeboten vor Ort in ihrer jeweili- genden Text auf die Rolle der Brückenbauer*in- gen Muttersprache erhalten sollen. Das Netz- nen als kulturvermittelnde Instanz eingegangen, werk umfasste während der Projektlaufzeit die die Partizipation am Programm zur Integra- konstant 10 bis 12 Personen, die diese zehn tion und Frühförderung steigern wollen. In die- Sprachen abdeckten. Das Netzwerk der aktiven ser am Programm teilnehmenden Bildungsland- Brückenbauer*innen bestand vollständig aus schaft lag der Schwerpunkt der Projektarbeit im Frauen. Übergang vom Frühbereich in die Volksschule. Ziel war es, Risikogruppen – egal ob es sich um Personen für die Mitarbeit als Brückenbauer*in Kinder mit schweizerischer Herkunft oder um wurden vornehmlich über das lokale Familien- Kinder mit Migrationshintergrund und deren zentrum gewonnen. Brückenbauer*innen wur- Eltern handelte – besser zu erreichen und die den von den Mitgliedern des Projektteams Chancengerechtigkeit beim Schuleintritt zu er- gecoacht und durch Weiterbildungen und Aus- höhen. Der Fokus wurde insbesondere auf In- tauschrunden sowie ein nach Berichten des formations- und Weiterbildungsangebote für Projektteams hohes Mass an informeller Bezie- Eltern vor Ort sowie auf die Ausbildung von hungsarbeit zu einem Netzwerk verbunden. Menschen mit Migrationshintergrund zu Brü- Weiterbildungen wurden an die Bedürfnisse der ckenbauern*innen gelegt. Beteiligten angepasst – es wurden externe Fachpersonen zu Präsentationen relevanter Das Brückenbauer*innen-Netzwerk Themen wie interkulturelle Kommunikation, Kin- Einer der Schwerpunkte der Arbeitsgruppen der- und Jugendschutz oder Sozialdiakonie ein- der Bildungslandschaft lag im Aufbau eines geladen. Neben diesen Fachinputs wurden Brückenbauer*innen-Netzwerkes. Hierfür wur- mehreren Personen aus dem Netzwerk zusätz- de eine eigene Projektgruppe mit der Arbeits- lich externe Weiterbildungen ermöglicht. Treffen gruppenleitung «Frühe Sprachförderung» und des Netzwerks wurden auch für einen internen Mitgliedern der Arbeitsgruppe «Integration und Austausch der Beteiligten genutzt. Vernetzung» gebildet. Diese erarbeitete zu- nächst ein Konzept und war im Anschluss für Für das Brückenbauer-Netzwerk wurden folgen- Rekrutierung und Ausbildung der Brücken- de Ziele gesetzt: bauer*innen sowie das Betreiben des Netz- werks verantwortlich. Auch die Dokumentation 1. Das Brückenbauer*innen-Netzwerk schafft und Evaluation des Brückenbauer*innen-Pro- eine Verbindung zwischen Institutionen der jekts und die Berichterstattung an die entspre- Stadt, Angeboten der Vereine, anderen Orga- chenden Arbeitsgruppen lag in der Verantwor- nisationen und fremdsprachigen Anwohnerin- tung des Projektteams. nen und Anwohnern. 2. Das Pilotprojekt im Rahmen der Bildungs- Ausgangspunkt für das Brückenbauer*innen- landschaft dauert bis zum Ende der ursprüng- Netzwerk war der vergleichsweise hohe Auslän- lich vereinbarten Projektlaufzeit. In dieser deranteil von mehr als 30 Prozent der Gesamt- Zeit werden praktische Erfahrungen gesam- bevölkerung in der entsprechenden Bildungs- melt und im Hinblick auf eine definitive Ein- landschaft und die Beobachtung, dass viele Kin- führung des Netzwerks ausgewertet. der beim Eintritt in den Kindergarten nicht über 3. Fremdsprachige Familien mit Kindern im Alter ausreichende Deutschkenntnisse verfügen. Das von 0 bis 5 Jahren erhalten Informationen zu Teilprojekt der Brückenbauer*innen soll die sämtlichen Angeboten im Frühförderbereich, Frühförderung in der Bildungslandschaft unter- der Elternbildung an der Schule und integra- stützen, indem die sogenannten Brückenbau- tionsfördernden Angeboten. er*innen als freiwillige Kulturbotschafter*innen 4. Die Chancengerechtigkeit der Kinder wird in ihren Sprach- und Kulturgruppen für lokale verbessert, indem den Familien der Zugang Angebote der Frühförderung werben und Infor- zu den Frühförderangeboten und im Speziel- 7
len der Angebote der frühen Sprachförderung einfache Rapporte über ihre Tätigkeiten erstel- durch gezielte Aufklärungsarbeit erleichtert len, im Monat sechs bis zwölf Stunden für das wird. Netzwerk zur Verfügung stehen und sich zu ei- 5. Die fremdsprachigen Eltern kennen das nem vertraulichen Umgang mit persönlichen schweizerische Schulsystem und ihre damit Daten und Informationen verpflichten. verbundenen Möglichkeiten, Rechte und Pflichten. Die Art und Weise, in der die Zielgruppe kon- 6. Die fremdsprachigen Familien haben die Ge- taktiert wurde, variiert unter den Brückenbau- legenheit, ihre Bedürfnisse und Anliegen den ern*innen der unterschiedlichen Sprach- und Brückenbauern*innen mitzuteilen. Diese An- Kulturkreise deutlich. In den Interviews wird liegen sind Themen im Netzwerk. berichtet, dass es auch in den Austauschtref- fen ein Thema gewesen sei, welche Ansprache- Aus den Projektzielen wurden die konkreten strategien bei welchen Teilen der Zielgruppe Aufgaben für die Brückenbauer*innen abgelei- am meisten Erfolg versprechen würden. Letzt- tet. Diese Aufgaben umfassen die Information lich wird berichtet, dass die Ansprachestrate- der Zielgruppe auf persönlichem Weg und über gie sowohl von der Person der Kulturvermittle- die Abgabe von Flyern und Broschüren sowie rin als auch von den jeweiligen kulturellen ggf. die Begleitung der Familien zum Erstbesuch Normen der Zielgruppe abhing. Kontaktaufnah- von Informations- und Beratungsangeboten. me und Informationsvermittlung fanden daher Auch für Fragen der Zielpersonen sollen die unterschiedlich statt – wahlweise durch Haus- Brückenbauer*innen zur Verfügung stehen. Da- besuche, Gruppentreffen, Telefonate oder per rüber hinaus wird von den Brückenbauern*in- E-Mail bzw. Brief, – für einzelne Sprachgruppen nen erwartet, dass sie an Treffen und Weiterbil- wurden auch Whatsapp-Chats zur Vereinbarung dungen mit dem Projektteam teilnehmen, von Gruppentreffen genutzt. Brückenbauer*innen werben als freiwillige Kulturbotschafter*innen in ihren Sprach- und Kulturgruppen für lokale Angebote der Frühförderung. 8
Evaluation und Empfehlungen hergestellt werden konnten, insbesondere zum Gegen Ende des dritten Jahres des Bildungs- Familienzentrum, zu verschiedenen Spielgruppen landschafts-Projekts der Brückenbauer*innen und diversen internationalen (Familien-/Eltern-) im Rahmen der Bildungslandschaft (Huber, Wer- Treffs unterschiedlicher Anbieter. Zusätzliches ner, Koszuta, Schwander et al. 2019a, b) wurde Vernetzungspotenzial wird besonders in Verbin- eine interne Zwischenevaluation durchgeführt, dung mit dem Übergang in den Kindergarten in deren Rahmen auch die Empfehlungen der erkannt. Hier wird angeregt, die Lehrpersonen Brückenbauer*innen an die Bildungslandschaft künftig besser mit einzubinden, um auch die und das Teilprojekt abgeholt wurden. Als beson- entsprechenden Informationen an die Zielgrup- ders wichtig erachteten die Kulturvermittler*in- pe vermitteln zu können. nen dabei, dass regelmässig freiwillige Weiter- bildungen mit entsprechenden Zertifikaten und Die Projektgruppe befragte auch einige der Fa- Austauschtreffen angeboten werden. Angeregt milien, die von den Brückenbauern*innen kon- wurde zusätzlich die Bereitstellung von kosten- taktiert worden waren, zu ihren Erfahrungen. freien Deutschkursen als Anreiz für die Tätig- Die Familien gaben an, fundierte Informationen Literatur keit. Als besonders wichtig für das Netzwerk zu Frühförderung, Integration und Spielgruppen Huber, S. G., Werner, R., Koszuta, A., beurteilen die Beteiligten das Vorhandensein erhalten zu haben, die sie als hilfreich bewerte- Schwander, M., Strietholt, R., einer Koordinations- und Leitungsperson, die ten. Es zeigte sich, dass bei Bedarf auch Infor- Bacso, M., Gürel, E., Schneider, J., mit einem öffentlichen Auftrag ausgestattet ist, mationen zu bestimmten Bereichen von den Hürlimann, F., Nonnenmacher, L. professionell arbeitet und der ein hohes Mass Eltern direkt bei der entsprechenden Brücken- (2019a). Zusammenarbeit und Bil- dungsangebote in Bildungsnetzwer- an Vertrauen entgegengebracht werden kann. bauerin angefragt wurden. Bezüglich der Aufklä- ken. Entwicklungen, Nutzen und Die Kulturvermittler*innen erhoffen sich insge- rungsarbeit bei den fremdsprachigen Familien Gelingensbedingungen. Abschluss- samt persönliche und langfristige Beziehungen in Bezug auf den Nutzen von Frühförderangebo- bericht zur Forschungs- und Evalua- von ihrer Mitarbeit im Netzwerk ebenso wie die ten, insbesondere im Sprachbereich und die tionsstudie des Programms «Bil- dungslandschaften Schweiz». Zug: Weitergabe von Anliegen und Informationen entsprechenden Angebote vor Ort, schliesst die PH Zug. IBB Institut für Bildungsma- fremdsprachiger Gemeinschaften über das Projektgruppe in ihrer Evaluation, die Brücken- nagement und Bildungsökonomie. Netzwerk an die Stadt. bauer*innen hätten hier insbesondere durch Huber, S. G., Werner, R., Koszuta, A., Hausbesuche und die in der Bildungslandschaft Schwander, M., Strietholt, R., Die Projektgruppe des Brückenbauer*innen- erstellte Familienbroschüre, aber auch durch Bacso, M., Gürel, E., Schneider, J., Netzwerks beschreibt, dass sich das Netzwerk ihre eigenen Erfahrungen einen wichtigen Bei- Hürlimann, F., Nonnenmacher, L. (2019b). Zusammenarbeit und Bil- im Verlauf der Massnahme mit einem Kern von trag dazu geleistet, dass die entsprechenden dungsangebote in Bildungsnetzwer- zehn aktiven Brückenbauern*innen festigte, die Angebote bei der Zielgruppe bekannt sind und ken. Entwicklungen, Nutzen und Freude an der freiwilligen und gemeinnützigen auch genutzt werden. Gelingensbedingungen. Kurzversion Arbeit fanden. Aus dieser Freude und neuen des Abschlussberichts zur For- schungs- und Evaluationsstudie des Beziehungen sei weiteres Engagement in zu- Programms «Bildungslandschaften sätzlichen Angeboten und Massnahmen vor Ort Stephan Gerhard Huber, Leiter IBB und Schweiz». Zug: PH Zug. IBB Institut entstanden. Aus der Evaluation der Projekt- Leiter der wissenschaftlichen Begleitung für Bildungsmanagement und Bil- gruppe geht hervor, dass über das Brücken- des Programms «Bildungslandschaften dungsökonomie. Download unter: www.bildungsmanagement.net/BL bauer*innen-Netzwerk teilweise neue Verbin- Schweiz»; Ricarda Werner, Anja Koszuta und dungen zu Einrichtungen und Angeboten vor Ort Marius Schwander, Mitarbeitende IBB 9
Empfehlungen für den Aufbau einer Bildungslandschaft Auf Grundlage der Forschungsbefunde des IBB zur Erreichung eines Zielzustandes vielfältig zum Programm «Bildungslandschaften Schweiz» sind und sich von Bildungslandschaft zu Bil- wurden Anregungen und Empfehlungen zum dungslandschaft unterscheiden können, soll die Aufbau und zur Umsetzung von Bildungsland- jeweilige Vorgehensweise zur Erreichung des schaften erarbeitet. Zielzustandes nicht vorgegeben, sondern indivi- duell entwickelt werden in Hoheit der jeweiligen Nachfolgende Empfehlungen basieren auf den koordinierenden Instanz, die ein mögliches Pro- Befunden der wissenschaftlichen Begleitstudie jekt zum Aufbau von Bildungslandschaften eta- (Huber, Werner, Koszuta, Schwander et al. blieren möchte. 2019a,b), auf Workshops mit Akteursgruppen aus mehreren Bildungslandschaften sowie vor- Die ersten drei Empfehlungen sind allgemeiner handenen Erkenntnissen ähnlich gelagerter For- Natur, danach werden sie den drei Phasen schungsprojekte. Diese sollen Interessierte an- Start/Konzeption, Umsetzung und Verankerung regen und Impulse geben, wie diese und ähnliche zugeordnet, teilweise differenziert im Hinblick Vorhaben zum Erfolg geführt werden können. auf die jeweiligen Zielgruppen (Projektleitung, Durch gut funktionierende Steuergruppe, Projektassistenz, Arbeitsgruppen Bildungslandschaften ideale Voraus- setzung für die Kinder schaffen. Die Empfehlungen werden in deskriptiver Form, etc.). Foto: Jacobs Foundation. d. h. als Zielzustand beschrieben. Da die Wege Rahmenbedingungen für Kooperation entwerfen Kooperation ist eine zentrale und unverrück- bare Grundlage für die Arbeit in einer Bildungs- landschaft. Für eine gelungene Kooperation in Bildungslandschaften ist die Etablierung not- wendiger Rahmenbedingungen (z. B. Vorhan- densein von Handlungskompetenzen, Ressour- cen und klarer Zielsetzung, feste Zeitgefässe) zentral. Unabdingbar sind des Weiteren ein po- sitiver Umgang miteinander, der sich z. B. zeigt in einem offenen und transparenten Austausch, einer Kultur des Respekts, der Anerkennung und des Vertrauens, einer klaren Rollen- und Aufgabenbeschreibung. Werden Erfolge regel- mässig bewusstgemacht und gebührend gewür- digt, stärkt dies zudem das Zufriedenheits- und Effizienzerleben der Akteure. Klare Regelungen für Finanzierung schaffen Aufgrund der Unterschiedlichkeit verschiedener Finanzierungsoptionen (Gemeinde, Kanton, Stif- tungen, Banken etc.) sind die Empfehlungen an dieser Stelle bezüglich finanzieller Ressourcen sehr allgemein und knapp gehalten. Sie sollten jeweils auf den individuellen Kontext jeder Bil- dungslandschaft angepasst werden. Es emp- fiehlt sich erstens, eine eindeutige Position zu Sitzungsgeldern sowie finanziellen Aufwands- entschädigungen (z. B. Fahrgeld) zu schaffen. Zweitens sollte über eine Verteilung der Finan- zierung während der Projektlaufzeit entschie- den werden (höhere Personalkosten zu Beginn vs. höhere Umsetzungskosten in der späteren Projektphase). Gegebenenfalls muss ein Vorlauf für Budgetprozesse (z. B. auf Gemeindeebene) einberechnet werden. 10
Vernetzungsarbeit gezielt einplanen teilung sowie die Ausarbeitung einer Projekt- Um eine ausreichende Unterstützung sicherzu- planung an, in der die Organisation des Projekts stellen, wird empfohlen, das benötigte Perso- verschriftlicht wird. nal/die Anzahl der Pensen zu bedenken. Wird die Vernetzungsarbeit der Projektleitung im Umsetzungsphase: Interessen und Stellenbeschrieb (ohne diesen zu überfrachten) Wünsche von Akteuren beachten von Vornherein mit eingeplant, trägt dies früh In der Umsetzungsphase werden Akteure aller zur Sicherung der Nachhaltigkeit bei. Bezüglich Ebenen in die Bildungslandschaft eingebunden des Umgangs mit den Akteuren wird ein pass- und für eine engagierte und aktive Mitarbeit an genaues Erwartungsmanagement sowie das der Vernetzung geworben. Dies ist insbesonde- Ausdrücken von Anerkennung auch über nicht re wichtig, da in Bildungslandschaften viele Per- unmittelbar monetäre Anreize (z. B. Fortbil- sonen ehrenamtlich mitwirken und deren Be- dungsmöglichkeiten) angeregt. reitschaft zur längerfristigen Zusammenarbeit nur erreicht werden kann, wenn die Interessen, Startphase: Handlungsbedarf und Schlüssel- Wünsche und der Wille der einzelnen Akteure personen identifizieren und politischen Willen berücksichtigt werden können. An dieser Stelle sichern ist auch eine gewisse Offenheit und Transpa- In der Startphase geht es darum, Handlungs- renz in der Kommunikation und im Aushandeln bedarf zu identifizieren, Schlüsselpersonen mit von Zielen, Aufgaben und Massnahmen sowie lokaler Vernetzung aus verschiedenen Berei- eine frühzeitige Rollenklärung aller Personen Nationale Förderinitiative der Jacobs Foundation chen wie Politik, Verwaltung, Schule und aus- und Gefässe (inkl. Klärung von Schnittstellen) serschulischem Bereich für den Aufbau einer notwendig. Um die Qualität der Abläufe zu er- Das Programm «Bildungslandschaf- ten Schweiz» ist eine nationale För- Bildungslandschaft zu gewinnen und Ideen zu halten und kontinuierlich zu verbessern, werden derinitiative der Jacobs Foundation. konkretisieren, einen klaren politischen Auftrag die vorab festgelegten Qualitätsmerkmale und Weitere Informationen zum Pro- für die Planung der Bildungslandschaft einzu- Ziele in der gesamten Umsetzungsphase regel- gramm sowie eine Kurzversion des holen sowie Entscheidungsträger und Akteure mässig überprüft und gegebenenfalls an die Abschlussberichts und diverse Pub- likationen und Vorträge zum Thema: frühzeitig in den Planungsprozess miteinzube- Gegebenheiten vor Ort angepasst und weiter- www.bildungsmanagement.net/BL ziehen. Oft wird hier zunächst eine Situations- entwickelt. analyse bestehender Angebote und Strukturen vorgenommen, um eine Ausgangsbasis zu ha- Im Schlussbericht (Huber, Werner, Koszuta, Literatur ben. Liegt ein Überblick über die vor Ort bereits Schwander et al. 2019a) finden sich weitere An- Huber, S. G., Werner, R., Koszuta, vorhandenen Angebote und Strukturen vor, be- regungen für die Umsetzungsphase, die die ein- A., Schwander, M., Strietholt, R., steht der nächste Schritt darin, gemeinsam zelnen beteiligten Akteure in den Blick nehmen. Bacso, M., Gürel, E., Schneider, J., Hürlimann, F., Nonnenmacher, L. konkrete Bedarfe und Ziele für die Kooperation (2019a). Zusammenarbeit und Bil- in der Bildungslandschaft zu identifizieren (Be- Verankerungsphase: Erreichtes sichern dungsangebote in Bildungsnetzwer- darfsanalyse). Wurde eine Situationsanalyse und sichtbar machen ken. Entwicklungen, Nutzen und erstellt, wurden Bedarfe definiert und Projekt- In der Verankerungsphase geht es vor allem um Gelingensbedingungen. Abschluss- bericht zur Forschungs- und Evalua- ziele vereinbart, bietet sich ein Machbarkeits- die Sicherstellung des bisher Erreichten (z. B. tionsstudie des Programms «Bil- workshop zur Ausarbeitung der Projektskizze zu Nutzung vorhandener Strukturen, Wissens- dungslandschaften Schweiz». Zug: einem Projektauftrag an. sicherung) sowie der finanziellen Ressourcen. PH Zug. IBB Institut für Bildungsma- Politische Argumente als Basis für Entscheide nagement und Bildungsökonomie. Wichtige Akteure mobilisieren und einbinden unterstützen Letzteres. Die Möglichkeit von Huber, S. G., Werner, R., Koszuta, Die Einbindung und Mobilisation der «richtigen» Personalwechseln wird von Anfang an mitge- A., Schwander, M., Strietholt, R., Akteure (z. B. Identifikation von Schlüsselperso- dacht, indem Prozesse und Strukturen so auf- Bacso, M., Gürel, E., Schneider, J., Hürlimann, F., Nonnenmacher, L. nen, Einbindung von Schulen und externen Per- gegleist werden, dass sie allenfalls auch ohne (2019b). Zusammenarbeit und Bil- sonen verschiedener Akteursgruppen sowie die Verknüpfung mit einer ganz bestimmten dungsangebote in Bildungsnetzwer- Klärung von Schnittstellenfragen) ist ebenfalls Person reibungslos funktionieren können (Insti- ken. Entwicklungen, Nutzen und ein wichtiger Aspekt der Startphase. Hier hat tutionalisierung vs. Personalisierung). Gelingensbedingungen. Kurzversion des Abschlussberichts zur For- sich ein sequenzielles Vorgehen bewährt, um schungs- und Evaluationsstudie des Überfrachtungen zu vermeiden und die Prozess- Stephan Gerhard Huber, Leiter IBB und Programms «Bildungslandschaften schritte sorgsam und untereinander abge- Leiter der wissenschaftlichen Begleitung Schweiz». Zug: PH Zug. IBB Institut stimmt anzugehen. Ist die Frage der Akteure, des Programms «Bildungslandschaften für Bildungsmanagement und Bil- dungsökonomie. Download unter: mit denen die Bildungslandschaft an den Start Schweiz»; Ricarda Werner, Anja Koszuta und www.bildungsmanagement.net/BL geht, geklärt, schliessen sich deren Rollenver- Marius Schwander, Mitarbeitende IBB 11
12 Anregungen und Handlungsempfehlungen für Bildungslandschaften Bezüglich Kooperation Für die Startphase Für die Umsetzungsphase – Strategie für die Zusammenarbeit mit Für die Verankerungsphase Arbeitsgruppen festlegen – Für klare Zieldefinition und trans- – Raum für Kreativität geben – Partizipation fördern – Besetzung der Steuergruppe passend – Argumente sammeln parente Zielvorstellungen sorgen – Offenheit und Geduld zeigen – Offene Kommunikation pflegen. gestalten – Zielsetzungen im Blick haben – Zeitstruktur etablieren – Kommunikationsstrategie festlegen Regelmässige Überprüfungen – Entlastung der Steuergruppenmit- – Finanzierungsoptionen prüfen – Austausch ermöglichen – Gemeinsam Wirkung maximieren vornehmen glieder sicherstellen – Erreichtes beibehalten – «Freiwilligkeit» sicherstellen – Sequenziell vorgehen – Kompetenzen sicherstellen – Passung zur Schule sicherstellen – Erfolge bewusstmachen – Schulen als zentrale Akteure einbinden – Frühzeitige Rollenklärung vornehmen Anregungen für die Prozess – Synergieeffekte schaffen – Notwendige Rahmenbedingungen – Einbindung von externen Personen – Besprechungsroutinen etablieren begleitung – Vorhandene Strukturen nutzen etablieren – Schlüsselpersonen einbinden – Rolle des Kantons klären – Ganzheitlichkeit gewährleisten – Wissenssicherung betreiben – Kompetenzen entwickeln – Schnittstellen klären und nutzen – Rolle der Gemeinde/Verwaltung klären – Passung der Prozessbegleitung im Blick – Personalwechsel einplanen – Umgang miteinander positiv gestalten – Unterstützung bieten – Schulische Akteure einbinden behalten – Nachhaltige Finanzierung sicherstellen – Klare Rollenverteilung und klare – Regelmässige Reflexion ermöglichen – Eltern einbinden – Konfliktlösung unterstützen – Flexibilität ausnutzen Aufgabenbeschreibung sicherstellen – Stärken stärken und Probleme in den – Schnittstellenfragen klären – Passgenauigkeit ermöglichen – Vorhandensein von Ressourcen Blick nehmen – Erfolge bewusstmachen – Entlastung der Projektleitung bieten sicherstellen – Ausgangslage begutachten – Vernetzung kultivieren – Haltung entwickeln – Handlungsbedarf identifizieren Anregungen für die Arbeitsgruppen – Rollenverteilung vornehmen – Gründung der Arbeitsgruppen im Anregungen für die Projektleitung – Rollenklärung vornehmen Rahmen einer Kick-off-Veranstaltung – Passende Projektleitung finden – Leitbild definieren vornehmen Bezüglich Ressourcen – Lokale Verankerung kennen – Zielorientierung garantieren – Unterstützung der Arbeitsgruppen und ihrer Verteilung – Kompetenzen weiterentwickeln – Projektplanung vornehmen leitung bieten – Proaktives Auftreten pflegen – Zielgruppe definieren – Kompetenzen der Arbeitsgruppen – Motivation zeigen Finanzielle Ressourcen – Projektplan entwerfen leitung sicherstellen – Vermittlerfunktion ausüben – Finanzierungsoptionen prüfen – Konstanz sichern – Zeit einplanen – Rahmenbedingungen schaffen – Verteilung der Finanzierung – Unterstützung sicherstellen – Rollenverständnis klären entscheiden – Besetzung der Arbeitsgruppen passend – Klarheit schaffen gestalten – Budgetprozesse berücksichtigen Anregungen für die Projektassistenz – Schlüsselpersonen einbinden – Lokale Verankerung sicherstellen – Balance von Freiraum und Vorgaben – Hohe Passung gewährleisten schaffen Zeitliche und personelle Ressourcen – Synergieeffekte herstellen – Dokumentation der Zusammenarbeit – Erwartungen anpassen vornehmen – Anerkennung ausdrücken Anregungen für die Umsetzungs – Anzahl von Personal/Pensen phase für die Steuergruppe überdenken – Frühzeitige Aufgabenklärung – Vernetzungsarbeit im Stellenbeschrieb vornehmen einplanen – Rollen transparent klären – Kontakt zwischen Steuergruppe und anderen Akteuren pflegen
IB B Werte, Wertorientierungen und Wertvorstellungen: Als Lehrperson Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung begleiten Im Schulalltag treffen unterschiedliche Wertvor- lichen Ressourcen als ausreichend eingestuft, stellungen aufeinander. Sind sich Lehrpersonen so kommt es zu einer Zielfestlegung. Ist ein Ziel dieser Unterschiede bewusst, können sie un- einmal festgelegt, wird fortlaufend überprüft, ob erwartetes Verhalten besser verstehen. sich die vorhandenen Mittel, die dazu beitragen, das Ziel zu erreichen, verändert haben. Werden Schlagzeilen wie «Das dringliche Projekt der diese Mittel als nicht ausreichend eingestuft neuen Dekade: Halten wir den allgemeinen Wer- oder haben sich die Ressourcen für eine andere teverfall auf» (NZZ 2020) verdeutlichen, dass Zielsetzung verbessert, kann es zu einer Ziel- Werte ein Thema sind, das viele beschäftigt. anpassung kommen (Freund & Hennecke, Das ist allerdings nichts Neues. Laut Ikrath 2015). Somit ist es möglich, dass ein Ziel, im (2018) sind Klagen über einen Werteverfall vorliegenden Fall eine Wertorientierung, die schon aus dem antiken Griechenland bekannt. bislang als weniger wichtig eingestuft wurde, Literatur In seiner aktuellen Forschung befasst sich neu an Bedeutung gewinnt; es kommt also zu Ceballo, R., McLoyd V.C., & Toyoka- Ikrath mit der «Generation Ego». Dieser Genera- einem Wertewandel. wa, T. (2004). The influence of tion wird zugeschrieben, dass sie zunehmend neighborhood quality and adole- egoistisch wird, da sie sich abwendet von der Diese Entwicklung kann anhand der Jugendstu- scents’ educational values and school effort. Journal of Adolescent traditionellen Gesellschaft und sich entsolidari- die YASS – Young Adult Survey Switzerland der Research, 19(6), 716–739. doi: siert. Der in diesem Zusammenhang häufig be- eidgenössischen Jugendbefragungen ch-x er- 10.1177/0743558403260021 klagte Werteverlust ist allerdings irreführend, kannt werden. Die Ergebnisse der Befragungen Dasari, R.P. (2017). Value systems da laut Ikrath ein Werteverlust auf gesellschaft- 2010/11, 2014/15 und 2018/19 zeigen bei- and value preferences of prospec- licher Ebene gar nicht möglich sei. In der sozio- spielsweise, dass die Wertorientierung «sich tive teachers of secondary school: logischen Forschung wird jedoch von einem umweltbewusst verhalten» an Bedeutung ge- an Indian survey. Universal Journal of Educational Research, 5(8), Wertewandel in der Gesellschaft gesprochen winnt – dies im Gegensatz zu materiellen Wer- 1403–1409. doi: 10.13189/ (bspw.: Inglehart, 1977; Klages, 1988; Klages & ten, die an Bedeutung verlieren (Mischler, Hu- ujer.2017.050814 Gensicke, 2005). Wie muss man sich das vor- ber, Lussi, & Gassmann, in Press). Obwohl Freund, A., & Hennecke, M. (2015). stellen? Werte ein Teil des Individuums sind, werden sie Self-regulation in adulthood. Inter- auch geteilt und sind deshalb auch ein Bestand- national Encyclopedia of the Social & Wie ein Wertewandel entsteht teil einer Gesellschaft. Sind über die Zeit Ver- Behavioral Sciences, 2(21), Was sind Werte? Werte stellen eine kognitive schiebungen in den Wertorientierungen einer 557–562. doi:10.1016/8978-0-08- 097086-8-26061-3 Repräsentation von gewünschten oder un- Population erkennbar, gemessen an den jeweili- erwünschten Ergebnissen unseres Verhaltens gen Mittelwerten, kann von einem Wertewandel Gouveia, V. V., Vione, K.C., Milfont, T.L., & Fischer, R. (2015). Patterns dar. Sie können daher als eine Art Zielsetzung gesprochen werden. of value change during the life span: beschrieben werden (Kruglanski et al., 2002; some evidence from a functional Schwartz, 2006). Die Ausprägung der Wichtig- Herausbildung eines Wertesystems im approach to values. Personality and keit eines Wertes ist ein Mass dafür, wie erstre- Jugendalter und die Bedeutung der Schule Social Psychology Bulletin, 4(9), 1276–1290. benswert ein Verhalten eingestuft wird (Klages Die Entwicklung eines Wertesystems wird als doi:10.1177/0146167215594189 & Gensicke, 2005). Werte beeinflussen somit eine zentrale Entwicklungsaufgabe im Jugend- Held, M., Müller, J., Deutsch, F., unser Verhalten. Unabhängig von der jeweiligen alter angesehen (Tamke, 2008). So steht bspw. Grzechnik, E., & Welzel, C. (2009). Situation nehmen sie Einfluss auf die Auswahl die Wertebildung der Kinder in der Grundschule Value structures and dimensions: und Beurteilung von Taten, Personen oder Vor- im Mittelpunkt des Lehrplanes 21. Im Lehrplan evidence from the German WVS. kommnissen (Schwartz, 2006; Schwartz & Bils- wird festgehalten, dass Kinder bei der Entwick- World Values Research, 2,56–77 Available at SSRN: papers.ssrn.com/ ky, 1987). Wie wählen nun aber Menschen aus, lung des Verständnisses der eigenen Werte un- sol3/papers.cfm?abstract_ welche Werte sie als erstrebenswert ansehen? terstützt werden. Sie sollen die Möglichkeit ha- id=2393891 Einen Anhaltspunkt liefert das Vorgehen, wie ben, ihre Werte auszudrücken, und sie lernen, Inglehart, R. (1977). The Silent Ziele allgemein ausgewählt werden. Verhaltensweisen zu verfolgen, die zur Verwirkli- Revolution: Changing Values and chung der erwünschten Werte beitragen (Maka- Political Styles among Western Bei einer Zielsetzung wird die Wichtigkeit des rova, 2020). Es sind jedoch noch viele Fragen Publics. Princeton University Press. Zieles verglichen mit anderen Zielen und den offen, wie sich die Wertesysteme der Kinder in Klages, H. (1988). Wertedynamik – vorhandenen Ressourcen, die dazu beitragen, der Grundschule entwickeln und welchen Ein- Über die Wandelbarkeit des Selbst- dass das Ziel erreicht werden kann. Hierbei fluss die Schule dabei nimmt. Bekannt ist, dass verständlichen. Edition Interfrom. spielt die Umwelt eine grosse Rolle, zum einen die Ausbildung von Werten und Wertesystemen Klages, H., & Gensicke, T. (2005). bezüglich der Bereitstellung von Ressourcen, unter anderem beeinflusst wird durch die Bil- Wertewandel und die Big Five-Dimen- sionen. Persönlichkeit. Eine verges- zum anderen in Form von Rollenmodellen und dung (Ceballo, McLoyd, & Toyokawa, 2004; sene Grösse der empirischen Sozial- deren Bewertung in der Gesellschaft oder im Hyman & Wright, 1979). Des Weiteren zeigt eine forschung, 279–299. engeren Bekanntenkreis. Werden die erforder- Studie von Lussi und Huber (2015), basierend 13
B IB auf Interviews von 20 jungen Erwachsenen im nicht von grosser Relevanz. Das Wissen um Alter von 19 bis 21 Jahren, dass junge Erwach- diese Veränderungen über die Lebensspanne sene, die in der Schule einen Mangel an Respekt des Menschen hinweg kann dazu beitragen, Kruglanski, A. W., Shah, J. Y., Fishbach, A., Friedman, R., Chun, erlebten, später dazu neigen, Leistungswerte zu dass das Verhalten von Kindern und Jugend- W., & Sleeth-Keppler, D. (2002). priorisieren. Somit kann auch der Schulalltag lichen von älteren Menschen besser verstan- A theory of goal systems. Advances einen Einfluss nehmen auf die Ausprägung der den wird. in experimental social psychology, Werte junger Menschen. 34, 331–378. Des Weiteren ist bekannt, dass sich Wertvor- Lussi, i., & Huber, S. G. (2015). Das Dies wird auch von Stahl (1976) betont. Obwohl stellungen zwischen Lehrpersonen unterschied- Erleben von Anerkennung in der Schule und seine Relevanz für die Werte nicht implizit den Schülern*innen beige- licher Schulstufen unterscheiden können, wie Werteentwicklung von jungen bracht würden, so Stahl, könnten Schulen nicht eine Studie von Stronck (1985) aufzeigt. So Erwachsenen. Forum: Qualitative ganz vermeiden, dass sie Werte lehren, da stuften amerikanische Unterstufen-Lehrperso- Sozialforschung, 16(3), Art. 32. Wertvorstellungen im Zusammenhang mit dem nen Werte, die im Zusammenhang stehen mit Makarova, E. (2020). Die Wertebil- Umfeld erworben werden. So beeinflussen «Beschützen» und «Aufrechterhalten von glück- dung von Kindern in der Schule: Wertvorstellungen einer Lehrperson ihre eige- lichen, liebenden Familien», wichtiger ein als die Eine Studie über die Werteentwick- lung von Grundschulkindern in der nen Gedanken und ihr persönliches Verhalten. Kolleginnen und Kollegen der Vergleichsgruppe Schweiz und Grossbritannien. Dies kann nicht nur die Schüler*innen beein- der Sekundarstufe. Diese Lehrpersonen mas- Infoblatt abrufbar unter: flussen bspw. in Form eines Rollenmodelles sen «Weisheit und Intellekt» mehr Bedeutung bildungswissenschaften.unibas.ch/ (Oezdilekler, Altmay, Altmay, & Dagli, 2018), zu. Daher empfiehlt Stronck, dass sich die an- de/valise, heruntergeladen am 29.12.2020. sondern auch die ganze Schule (Dasari, 2017). gehenden Lehrpersonen mit ihren eigenen Wie überall treffen auch in einem Schulsetting Wertvorstellungen auseinandersetzen und diese Matuschek, M. (2020). Kolumne Neue Zürcher Zeitung am unterschiedliche Wertvorstellungen aufeinan- mit anderen vergleichen sollen, um ein besse- 7.01.2020. Abrufbar unter: nzz.ch/ der. So können sich Wertvorstellungen von res Verständnis zu fördern. meinung/kolumnen/das-dringlichs- Lehrpersonen von jenen der Schüler*innen un- te-projekt-der-neuen-dekade-halten- terscheiden, beispielsweise aufgrund der Tat- Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wir-den-allgemeinen-werteverfall- auf-ld.1532171?reduced=true. sache, dass die Lehrperson älter ist als ihre im Schulalltag unterschiedliche Wertvorstellun- Heruntergeladen am 23.12.2020. Schüler*innen, denn es ist bekannt, dass sich gen aufeinandertreffen. Das Bewusstsein die- die Wertvorstellungen über die Lebensspanne ser Unterschiede kann dazu beitragen, dass Mischler, M., Huber, S. G., Lussi, I., & Gassmann, Y, (in Press). Stabilität verändern (Gouveia, Vione, Milfont, & Fischer, unerwartetes Verhalten bspw. von Schülern*in- und Veränderung in der Wertorien- 2015). So nimmt der Wert von «Wissen» über nen besser verstanden wird, wenn man be- tierung junger Erwachsener in der das Alter zu, oder «Emotionen» sind für jüngere denkt, dass möglicherweise unterschiedliche Schweiz. In S. G. Huber (Hrsg.), Kinder wichtiger als für Erwachsene im mittle- Ziele angestrebt werden, basierend auf unter- Young Adult Survey Switzerland, Band 3 (in Press). ren Lebensabschnitt. Dasselbe kann für norma- schiedlichen Wertvorstellungen. tives Verhalten festgestellt werden. «Macht und Oezdilekler, M. A., Altmay, F., Alt- may, Z., & Dagli, Goekmen (2018). Erfolg» hingegen gewinnen an Bedeutung in der Marianne Mischler, An evaluation of class-teachers’ Jugend. Sie sind für Kindergartenkinder noch Mitarbeiterin IBB roles in transferring values. Quality & Quantity, 52, 1043-1058. doi: 10.1007/s11135-017-0556-x Schwartz, S. H. (2006). A theory of cultural value orientations: explica- tion and application. Comparative Sociology, 5(2–F3), 137–182. Schwartz, S. H. & Bilsky, W. (1987). Toward a universal psychological structure of human values. Journal of Personality and Social Psychology, 53(3), 350–362. Stahl, R. J. (1976). Values/Moral Education: A Synthesis Model. Special Current Issues Publication: No. 7. Stronck, D. R. (1985). The value systems of students in a teacher education program. Social Indica– tors Research, 17, 87–95. Tamke, F. (2008). Jugenden, soziale Ungleichheit und Werte: theoretische Zusammenführung und empirische Überprüfung. Wiesbaden, VS Verlag. Wertevorstellungen können sich unterscheiden. 14
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