"Inklusion betrifft uns alle!ߙ" - Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behinderten-rechtskonvention
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„Inklusion betrifft uns alle! “ Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behinderten- rechtskonvention 2019 – 2024 1
Koordination der Arbeiten: Ministerium für Familie, Integration und die Großregion In Zusammenarbeit mit: Staatsministerium Ministerium für Kultur Ministerium für Digitalisierung Ministerium für Bildung, Kinder und Jugend Ministerium für Hochschulwesen und Forschung Ministerium für den öffentlichen Dienst Innenministerium Ministerium der Justiz Ministerium für Wohnungsbau Ministerium für Gesundheit Ministerium für Sport Ministerium für soziale Sicherheit Ministerium für Arbeit, Beschäftigung sowie Sozial- und Solidarwirtschaft Publikationsdatum der deutschen Fassung: www.mfamigr.gouvernement.lu/de April 2020 https://gd.lu/plan2019de 2
„ Ziel dieses Aktionsplans ist die Ausarbeitung eines breiten Spektrums an Lösungen, die es allen Menschen ermöglichen, in einer inklusiven und für alle offenen Gesellschaft zu leben, die ihre Stärke aus ihrer Vielfalt schöpft.“ Nationaler Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behinderten- rechtskonvention 2019 – 2024
Inhalt Vorwort 08 I. Einleitung 10 1. Bedeutung der UN-BRK 11 2. Nationaler Aktionsplan 2012-2017 12 3. Etappen der Ausarbeitung des neuen nationalen Aktionsplans 2019 - 2024 13 II. Aktionsplan 2019-2024 15 Kapitel 1: Bewusstseinsbildung (Art. 8 der UN-BRK) 16 Kapitel 2: Gleiche Anerkennung vor dem Recht (Art. 12 der UN-BRK) 28 Kapitel 3: Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft (Art. 19 der UN-BRK) 46 Kapitel 4: Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen (Art. 21 der UN-BRK) 64 Kapitel 5: Bildung (Art. 24 der UN-BRK) 76 Kapitel 6: Gesundheit (Art. 25 der UN-BRK) 98 Kapitel 7: Arbeit und Beschäftigung (Art. 27 der UN-BRK) 120 Kapitel 8: Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben (Art. 29 der UN-BRK) 138 III. Wichtige Etappen für Luxemburg im Zusammenhang mit der UN-BRK 150 IV. Abkürzungsverzeichnis 154
Vorwort Wir wollen und sollen eine inklusive Gesellschaft schaffen, eine Aufgabe, die die Unterstützung und den Einsatz aller voraussetzt. Von diesem Gedanken ließen wir uns bei der Erstellung dieses neuen nationalen Aktionsplans leiten. Die Inklusion war als Leitgedanke während des gesamten Ausarbei- tungsprozesses des Aktionsplans präsent, sowohl bei der Auswahl der zu behandelnden Themen als auch bei der Festlegung der Priori- täten, der zu erreichenden Ziele sowie der konkret durchzuführenden Aktionen. Ebenso wurden auch die zu erreichenden Ergebnisse sowie die Indikatoren für die externen Halbzeit- und Abschlussevaluierun- gen gemäß dem Leitgedanken der Inklusion festgelegt. Der gesamte Ausarbeitungsprozess fand in Arbeitsgruppen statt, die sich aus Men- schen mit Behinderungen, Vertretern von Vereinigungen von und für Menschen mit Behinderungen, Fachkräften aus dem Privatsektor so- wie Mitarbeitern der betroffenen Ministerien zusammensetzten. Auch Menschen aus der Zivilgesellschaft, die sich für diese Themen interes- sieren, wurden mit eingebunden. Ziel dieses Aktionsplans ist die Ausarbeitung eines breiten Spektrums an Lösungen, die es allen Menschen ermöglichen, in einer inklusiven und für alle offenen Gesellschaft zu leben, die ihre Stärke aus ihrer Vielfalt schöpft. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang sehr herzlich bei allen be- danken, die einen Beitrag zur Ausarbeitung dieses Aktionsplans geleis- tet haben, der uns als Leitfaden für die Umsetzung der Behinderten- rechtskonvention während der Jahre 2019-2024 dienen wird. Inklusion betrifft uns alle! Corinne Cahen Ministerin für Familie und Integration 08 09
→ I. Einleitung 1. Bedeutung der UN-BRK Durch die UN-BRK wird die früher oft übliche Sichtweise in Frage gestellt, der zufolge eine Behinderung ein medizinisches Problem oder Gegenstand karitativer Fürsorge sei. Die Behindertenrechtskonvention und das da- zugehörige Fakultativprotokoll (im Folgenden Der UN-BRK liegt ein sozialer Ansatz zugrunde, „UN-BRK“) wurden am 13. Dezember 2006 von der sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte der Generalversammlung der Vereinten Natio- durchgesetzt hat, d.h. dass Behinderung nun- nen verabschiedet und traten am 3. Mai 2008 mehr als Folge einer Wechselwirkung zwischen in Kraft. Luxemburg gehörte zu den 81 ersten einem Menschen mit einer (körperlichen, sen- Ländern, die die Konvention unterzeichneten. sorischen, intellektuellen oder psychischen) Be- Die Unterzeichnung erfolgte am 30. März 2007. hinderung und einem Umfeld betrachtet wird, das sich den Besonderheiten dieses Menschen Die UN-BRK ist die erste internationale Kon- nicht anpasst und ihn so daran hindert, am Le- vention, die spezifisch die Rechte von Men- ben der Gemeinschaft teilzuhaben. schen mit Behinderungen regelt. Die UN-BRK erkennt an, dass Menschen mit Be- Im Juli 2019 gab es 162 Unterzeichnerstaaten hinderungen Rechtssubjekte sind und dass der der UN-BRK und 179 Vertragsstaaten. Es han- Vertragsstaat und dessen Bürger sowie die an- delt sich um die erste internationale Konven- deren Menschen verpflichtet sind, ihre Bestim- tion, der die Europäische Union beigetreten ist. mungen einzuhalten. Es ist somit Aufgabe der Die Durchführung der UN-BRK durch die Gesellschaft, sämtliche möglichen Barrieren zu Staaten wird vom UN-Komitee für die Rech- beseitigen, um so eine vollständige Teilhabe von te von Menschen mit Behinderungen (CDPH), Menschen mit Behinderungen am alltäglichen einem aus unabhängigen Experten bestehen- Leben sicherzustellen und ihr Recht auf Einbezie- den Organ, überwacht. hung in die Gemeinschaft sowie auf Chancen- gleichheit in der Gesellschaft zu gewährleisten. Die UN-BRK legt die Rechte von Menschen mit Behinderungen fest. Ihr Ziel ist nicht die Einfüh- Mit der Ratifizierung der UN-BRK im Jahr 2011 rung neuer Rechte für Menschen mit Behinde- ist Luxemburg rechtliche Verpflichtungen ein- rungen, vielmehr geht es darum, sicherzustel- gegangen, d.h. dass das Großherzogtum die len, dass jeder, ob behindert oder nicht, in den Bestimmungen der UN-BRK einhalten und für Genuss der gleichen Menschenrechte sowie deren schrittweise Durchführung sorgen muss. „Die UN-BRK ist die sämtlicher Grundfreiheiten gelangen kann. Ziel der UN-BRK ist die Bekämpfung von Diskrimi- Es ist in diesem Zusammenhang darauf hin- zuweisen, dass das Ministerium für Familie, erste internationale nierung, d.h. von Hindernissen und Ansichten, die verhindern, dass Menschen mit Behinde- Integration und die Großregion (MIFA) als An- laufstelle für das UN-Komitee für die Rechte Konvention, die spezifisch rungen in den Genuss ihrer Rechte kommen. von Menschen mit Behinderungen (CDPH) in Bei der UN-BRK handelt es sich um das erste Genf bestimmt wurde und für die Koordinie- die Rechte von Menschen internationale rechtlich bindende Instrument, das Mindeststandards im Hinblick auf die Rech- rung der nationalen Politik für Menschen mit Behinderungen zuständig ist. Gemäß Artikel 33.1. der UN-BRK müssen die Vertragsstaa- mit Behinderungen regelt.“ te von Menschen mit Behinderungen festlegt. ten nämlich auf innerstaatlicher Ebene An- 10 11
laufstellen bestimmen, um die innerstaatliche Wie aus dem Dokument „Bilan du Plan d’acti- + Gesetzentwurf Nr. 7346 über die allgemeine auch die Fragen thematisiert werden, die Umsetzung der UN-BRK zu überwachen. on de mise en œuvre de la CRDPH 2012-2017“ Zugänglichkeit von Orten, die der Öffent- von den Menschen mit Behinderungen in Lu- (Bilanz des Aktionsplans zur Umsetzung der lichkeit offenstehen, von öffentlichen We- xemburg als am dringendsten empfunden Gleichwohl ist jedes einzelne Ministerium für UN-BRK 2012-2017) hervorgeht, das im Rah- gen und von Mehrfamilienhäusern; werden, erfolgte die Auswahl der Themen die Umsetzung der UN-BRK in den Bereichen men eines Informationsabends am 4. Dezem- durch den CSPH zusammen mit der Steering verantwortlich, die unter dessen Zuständigkeit ber 2017 vorgestellt wurde, konnten die meisten + Entwurf einer großherzoglichen Verordnung Group „Aktionsplan“. Beide beratenden Or- fallen. Jedes Ministerium hat somit einen UN- der angekündigten Maßnahmen umgesetzt über die Einführung und Verwendung eines gane setzen sich mehrheitlich aus Menschen BRK-Ansprechpartner bestimmt, der vor allem werden bzw. befinden sich in der Umsetzung. Parkausweises für Menschen mit Behinde- mit Behinderungen sowie Vertretern von Ver- darauf zu achten hat, dass bei der Verabschie- rungen, der vom Regierungsrat in dessen einigungen von bzw. für Menschen mit Behin- dung neuer gesetzgeberischer, verwaltungs- Zur Information seien hier einige Beispiele Sitzung vom 11. Juli 2019 gebilligt wurde. derungen zusammen. rechtlicher oder technischer Maßnahmen die von Gesetzen und Gesetzentwürfen genannt, Interessen von Menschen mit Behinderungen die Menschen mit Behinderungen betreffen Allerdings ist sich die Luxemburger Regierung Im Hinblick auf klar definierte Prioritäten und gewahrt werden. und die nach der Bilanz des ersten nationalen bewusst, dass noch viel zu tun bleibt, um eine optimale Ergebnisse haben beide Gremien Aktionsplans ausgearbeitet wurden: bessere Einbeziehung von Menschen mit Be- beschlossen, sich auf acht als vorrangig be- hinderungen in die Gesellschaft zu gewähr- trachtete Themenbereiche zu beschränken: 2. Nationaler Aktionsplan + Gesetz vom 18. Juni 2018 über 1. die Einrich- leisten. Es sind in der Tat noch nicht alle Maß- tung eines Mediationsdienstes für Verbleib, nahmen durchgeführt worden. Es ist nämlich 2012-2017 Inklusion und Integration im Schulsystem, 2. manchmal nicht möglich, bestimmte Bestim- 01 Bewusstseinsbildung (Art. 8) die Änderung des geänderten Gesetzes vom mungen der UN-BRK sofort in innerstaat- 02 Gleiche Anerkennung vor dem Recht Ziel des Aktionsplans ist die Festlegung von 6. Februar 2009 über die Schulpflicht, (...); liches Recht umzusetzen. Wie im nationalen (Art. 12) Prioritäten und gezielten Maßnahmen im Aktionsplan 2012-2017 angekündigt, wird Hinblick auf die Umsetzung der UN-BRK. + Gesetz vom 20. Juli 2018 zur Schaffung 03 Unabhängige Lebensführung und die Umsetzung der übrigen Bestimmungen spezialisierter psychopädagogischer Kom- jedoch während der nachfolgenden Phasen Einbeziehung in die Gemeinschaft (Art. 19) Der erste nationale Aktionsplan 2012-2017 wur- petenzzentren für die schulische Inklusion fortgesetzt. de im März 2012 vorgestellt. Dabei wurden 11 04 Recht der freien Meinungsäußerung, und zur Änderung des geänderten Gesetzes prioritäre Bereiche ausgewählt, und zwar Berei- Meinungsfreiheit und Zugang zu vom 6. Februar 2009 über die Organisation che, in denen im Zusammenhang mit dem The- Informationen (Art. 21) ma Behinderung erheblicher Handlungsbedarf der Grundschule sowie des geänderten Ge- setzes vom 15. Juli 2011 über den Zugang 3. Etappen der Ausarbeitung 05 Bildung (Art. 24) bestand. Es handelte sich dabei um die Bereiche : zu schulischen und beruflichen Qualifika- des neuen nationalen 01 Bewusstseinsbildung und Information, 06 Gesundheit (Art. 25) tionen von Schülern mit Förderbedarf; Aktionsplans 2019 - 2024 02 Barrierefreie Kommunikation, 07 Arbeit und Beschäftigung (Art. 27) Information und Meinungsfreiheit, + Gesetz vom 23. September 2018 zur Ände- Im Koalitionsvertrag 2018-2023 hat sich die rung des Gesetzes vom 24. Februar 1984 Luxemburger Regierung zur Ausarbeitung 08 Teilhabe am politischen und 03 Arbeit und Beschäftigung, über die Sprachenregelung und zur Aner- eines zweiten nationalen Aktionsplans zur öffentlichen Leben (Art. 29) 04 Schule und Erziehung, kennung der Deutschen Gebärdensprache Umsetzung der UN-BRK für den Zeitraum 05 Nichtdiskriminierung und Gleichstellung, als vollwertige Sprache; 2019-2024 verpflichtet. Die Ausarbeitung er- Gemäß den Empfehlungen von „Nëmme Mat 06 Transport und Mobilität, folgte durch das MIFA in enger Abstimmung + Gesetz vom 1. August 2019 zur Ergänzung Eis!“ asbl orientiert sich der Aufbau des vor- 07 Barrierefreiheit, des Arbeitsgesetzbuches durch die Schaf- mit anderen Ministerien, Vereinigungen und liegenden nationalen Aktionsplans zwecks 08 Gleiche Anerkennung vor dem Recht, fung einer Assistenz zur Inklusion am Ar- verschiedenen anderen betroffenen Akteuren größerer Klarheit und besserer Vergleichbar- Rechts- und Handlungsfähigkeit, beitsplatz für behinderte Arbeitnehmer sowie dem Hohen Behindertenrat (CSPH) und keit übrigens an den wörtlich zitierten Ar- 09 Autonomie und Inklusion, oder Arbeitnehmer in der externen Wieder- der Steering Group „Aktionsplan“. tikeln der UN-BRK. Darüber hinaus soll die 10 Gesundheit, eingliederung; Um sicherzustellen, dass im Rahmen des Untergliederung des Textes in Prioritäten, Zie- 11 Statistiken. zweiten nationalen Aktionsplans (2019-2024) le, konkrete Aktionen sowie das Hinzufügen 12 13
II. Aktionsplan eines Zeitplans eine effiziente Überwachung erhielten alle zuständigen Ministerien den der Umsetzung der angekündigten Aktionen Erläuterungstext und die Tabelle zu den sie ermöglichen. betreffenden Artikeln der UN-BRK, um diese 2019 – 2024 Dokumente zu aktualisieren. Ebenfalls zu erwähnen ist, dass Vertreter der Zivilgesellschaft sowie der von dieser The- Nach Bestätigung der Texte durch sämtliche menauswahl betroffenen Ministerien zu drei zuständigen Ministerien hat das MIFA die Arbeitssitzungen eingeladen wurden, um sich einzelnen Teile zu einem einzigen Dokument, 29 an der Ausarbeitung des nationalen Aktions- dem „Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung plans 2019-2024 zu beteiligen. Mehr als hun- der UN-Behindertenrechtskonvention 2019- dert Personen nahmen an den drei Arbeitssit- 2024“, zusammengestellt. zungen teil. Die Teilnehmer wurden auf acht Arbeitsgruppen verteilt, wo sie jeweils eines Es ist darauf hinzuweisen, dass die Empfeh- Prioritäten der acht ausgewählten Themen besprechen lungen des UN-Komitee CDPH für Luxem- konnten. burg sowie die wichtigsten Maßnahmen, die im Regierungsprogramm 2018-2023 vorge- Die erste Sitzung fand am 29. Juni 2018 statt; sehen sind, bei der Ausarbeitung dieses Ak- Ziel war dabei ein Brainstorming, d.h. es ging tionsplans ebenfalls berücksichtigt wurden. darum, die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderungen zu ermitteln. Der vorliegende nationale Aktionsplan wurde 55 am 20. Dezember 2019 vom Regierungsrat Eine zweite Sitzung fand am 2. Oktober 2018 gebilligt. Jedes zuständige Ministerium hat statt; dabei ging es darum, die Prioritäten, sich verpflichtet, konkrete Aktionen durchzu- Ziele und konkreten Aktionen festzulegen, die führen, um innerhalb einer bestimmten Frist die Luxemburger Regierung im Hinblick auf ein klar definiertes Ziel zu erreichen. Dank die Umsetzung der UN-BRK erreichen bzw. durchführen soll. verschiedener Angaben im Text, darunter ins- besondere die festgelegten Indikatoren und Ziele Ergebnisse, kann der externe Evaluator eine Die letzte Arbeitssitzung fand am 26. Novem- erste Halbzeitevaluierung im Laufe des Jahres ber 2018 in Form eines Gallery Walk statt, bei 2022 vornehmen; hierbei wird die Umsetzung dem jeder Teilnehmer nacheinander an ver- der bis dahin durchzuführenden Maßnahmen 97 schiedenen Arbeitsgruppen teilnehmen konn- überprüft. Eine Abschlussevaluierung folgt te. Jeder Teilnehmer konnte sich somit zu je- 2025. dem der acht ausgewählten Themen äußern und die während der zweiten Sitzung ausge- tauschten Ideen ergänzen. Nach jeder Arbeitsgruppe fanden außer- dem Konzertierungssitzungen zwischen den konkrete Ansprechpartnern der Ministerien statt. An- schließend wurden die konkreten Aktionen Aktionen festgelegt, zu deren Umsetzung innerhalb eines bestimmten Zeitraums jedes Ministe- rium sich verpflichtet. Im März/April 2019 14 15
Kapitel Bewusstseinsbildung 1 (Art. 8 der UN-BRK) STOPP DISKRIMINIERUNG Inklusion betrifft uns alle! 16 17
→ 1. Vorwort der Ministerin Die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen werden von der breiten Öffentlichkeit oft verkannt. Durch neue Gesetzgebungsmaß- nahmen, die bei Diskriminierung Strafen vorsehen, können sicherlich Fortschritte erzielt werden. Doch ohne eine angemessene Information und Bewusstseinsbildung der Bevölkerung zum Thema Behinderung, mit dem Ziel einer größeren Aufgeschlossenheit der gesamten Ge- sellschaft und des Abbaus unbegründeter Ängste und Vorurteile im Zusammenhang mit Behinderungen, wird die Vision einer inklusiven Gesellschaft eine Utopie bleiben. Inklusion ist Teamarbeit. Oft werden wir uns dessen erst bewusst, wenn wir persönlich mit einer zu Invalidität führenden Krankheit oder einer Behinderung konfrontiert sind und uns in einer Lage befinden, die ohne Unterstützung durch Dritte nicht zu bewältigen ist. Als Ministerin für Familie und Integration ist es mir wichtig, dass „Inklusion ist durch geeignete Maßnahmen jeder für die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen sensibilisiert wird, damit wir mit Teamarbeit. (…) vereinten Kräften eine Gesellschaft schaffen, in der alle Bürger die gleichen Chancen haben. damit wir mit vereinten Corinne Cahen Kräften eine Gesellschaft Ministerin für Familie und Integration schaffen, in der alle Bürger die gleichen Chancen haben.“ 18 19
2. Zitat des Artikels 8 3. Erläuterungen zum Artikel Behinderungen beschränkt, anstatt eben- falls deren Fähigkeiten zu berücksichtigen. Bewusstseinsbildung gehört zu den von der Dies führt häufig dazu, dass Menschen mit UN-BRK vorgesehenen Maßnahmen. Ziel ist Behinderungen in Bezug auf Arbeit, Sport dabei eine Schärfung des gesellschaftlichen oder Bildung diskriminiert werden. Darüber Bewusstseins, um vorhandenen Vorurteilen hinaus kennen viele Menschen die unter- entgegenzuwirken. Die Bewusstseinsbildung schiedlichen Arten von Behinderungen und betrifft verschiedene Bereiche, wie Informa- die sich daraus ergebenden besonderen 1. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, sofortige, wirksame und geeignete tion, Kommunikation, Rechte von Menschen Bedürfnisse nicht. Maßnahmen zu ergreifen, um: mit Behinderungen und Zugänglichkeit. Sie betrifft alle Akteure, die im Bereich Behinde- + Konkrete Aktion: Durchführung einer a. in der gesamten Gesellschaft, einschließlich auf der Ebene der Familien, das Kampagne zur Bewusstseinsbildung in der Bewusstsein für Menschen mit Behinderungen zu schärfen und die Achtung rung aktiv sind. Die Kampagnen zur Bewusst- seinsbildung müssen in Zusammenarbeit mit breiten Öffentlichkeit in Zusammenarbeit ihrer Rechte und ihrer Würde zu fördern; mit Vereinigungen von und für Menschen den Vereinigungen von und für Menschen mit b. Klischees, Vorurteile und schädliche Praktiken gegenüber Menschen mit Behinderungen durchgeführt werden. mit Behinderungen, um über die verschie- Behinderungen, einschließlich aufgrund des Geschlechts oder des Alters, in denen Arten von Behinderungen und die allen Lebensbereichen zu bekämpfen; Fähigkeiten von Menschen mit Behinde- rungen zu informieren. Konkret finden diese c. das Bewusstsein für die Fähigkeiten und den Beitrag von Menschen mit Behinderungen zu fördern. 4. Prioritäten Kampagnen in Form von Spots, Broschüren und Plakaten statt, die Menschen mit Be- 2. Zu den diesbezüglichen Maßnahmen gehören: hinderungen im Alltag zeigen. Hierbei han- a. die Einleitung und dauerhafte Durchführung wirksamer Kampagnen zur Priorität A: delt es sich wirklich um Menschen mit Be- Bewusstseinsbildung für die hinderungen und nicht um Schauspieler in Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit mit dem Ziel, inszenierten Situationen. Allzu oft finden Lage und Fähigkeiten von i. die Aufgeschlossenheit gegenüber den Rechten von Menschen mit Behinde- immer noch Kampagnen zur Bewusstseins- Menschen mit Behinderungen rungen zu erhöhen, bildung statt, bei denen Menschen mit Be- ii. eine positive Wahrnehmung von Menschen mit Behinderungen und ein hinderungen von Schauspielern dargestellt Ziel A.1.: werden, was dazu führt, dass von den Be- größeres gesellschaftliches Bewusstsein ihnen gegenüber zu fördern, Entstigmatisierung von troffenen ein falsches Bild vermittelt wird. iii. die Anerkennung der Fertigkeiten, Verdienste und Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen und ihres Beitrags zur Arbeitswelt und zum Behinderung in der Action A.1.2.: Arbeitsmarkt zu fördern; Gesellschaft Durchführung von Kampagnen b. die Förderung einer respektvollen Einstellung gegenüber den Rechten von Aktion A.1.1.: zur Bewusstseinsbildung in Menschen mit Behinderungen auf allen Ebenen des Bildungssystems, auch Schulen für die Lage und Fähigkeiten bei allen Kindern von früher Kindheit an; Durchführung einer Kampagne von Menschen mit Behinderungen zur Bewusstseinsbildung in der c. die Aufforderung an alle Medienorgane, Menschen mit Behinderungen in einer breiten Öffentlichkeit für die + Ist-Situation: Das Thema Behinderung dem Zweck dieses Übereinkommens entsprechenden Weise darzustellen; Lage und Fähigkeiten von betrifft direkt oder indirekt Menschen aller d. die Förderung von Schulungsprogrammen zur Schärfung des Bewusstseins Menschen mit Behinderungen Altersklassen, darunter auch Kinder und Ju- für Menschen mit Behinderungen und für deren Rechte. gendliche. Ähnlich wie die Erwachsenen ha- + Ist-Situation: Oft haben Menschen eine ben auch sie häufig eine falsche Vorstellung Vorstellung von Behinderung, die sich auf von Behinderung, eine Vorstellung, die sich die Beeinträchtigungen von Menschen mit auf die Beeinträchtigungen von Menschen 20 21
mit Behinderungen beschränkt, was zu Vor- Aktion B.1.1.: Priorität C: Aktion C.1.2.: urteilen diesen Menschen gegenüber führt. Erstellung einer Broschüre in Sensibilisierung für Über Zugänglichkeit und + Konkrete Aktionen: unterschiedlichen Formaten „Design for all“ informieren Zugänglichkeit und „Design über die Rechte von Menschen for all“ im Bauwesen Bewusstseinsbildung bei jungen Kindern mit Behinderungen und Förderung eines positiven Bildes von Ziel C.1.: + Ist-Situation: Es ist eine Tatsache, dass für Behinderung. + Ist-Situation: Informationen über die Bauliches Umfeld sowie Menschen mit Behinderungen nicht immer Förderung von Inklusionserfahrungen bei Rechte von Menschen mit Behinderungen Kommunikations- und alle Orte sowie für sie angebotenen Diens- Kindern und Jugendlichen, und zwar in der finden sich zurzeit verstreut in unterschied- Informationsmittel für te zugänglich sind. Die Förderung von Zu- formalen, nicht formalen und informellen lichen Texten, die häufig in einem Stil ver- Menschen mit Behinderungen gänglichkeit und „Design for all“ ist nur fasst sind, der für die Allgemeinheit und der erste Schritt bei der Schaffung einer Bildung. auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich machen barrierefreien Architektur, doch ist sie von Veröffentlichung der dabei gemachten Er- schwer verständlich ist. grundlegender Bedeutung, damit u.a. den Aktion C.1.1.: fahrungen hinsichtlich bewährter Vorge- Fachkräften im Bauwesen bewusst wird, hensweisen. + Konkrete Aktion: Erstellung einer Broschü- Sensibilisierung der Fachkräfte wie wichtig es ist, die Grundsätze der Zu- re in unterschiedlichen Formaten (Leichte für Zugänglichkeit und „Design gänglichkeit und des „Design for all“ ab der Thematisierung der Situation von Men- Sprache, mit Piktogrammen usw.) über die for all“ im Zusammenhang Planungsphase neuer Gebäude mit einzu- schen mit Behinderungen im Fach „Leben Rechte von Menschen mit Behinderungen. mit Kommunikations- und beziehen. und Gesellschaft“, das in der Grundschule In dieser Broschüre werden in einer einzi- Informationsmitteln und im Sekundarunterricht auf dem Lehr- gen Veröffentlichung sämtliche Rechte von + Konkrete Aktion: Abhalten von Schulun- plan steht. Menschen mit Behinderungen dargestellt. + Ist-Situation: Der Zugang von Menschen gen und Informationsveranstaltungen zum Durchführung von Kampagnen zur Be- mit Behinderungen zu den neuen Syste- Thema Zugänglichkeit und „Design for all“, wusstseinsbildung für Schüler der ver- Aktion B.1.2.: men der Informations- und Kommunika- die sich an Fachkräfte aus dem Bauwesen schiedenen Altersklassen, um auf die Ver- tionstechnologien (IKT) einschließlich des sowie an Menschen richten, die dafür zu- Durchführung von Schulungen schiedenartigkeit und die Fähigkeiten von Internets ist nicht immer gewährleistet. ständig sind, die Zugänglichkeit des bau- für Menschen mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderun- Dies hängt häufig damit zusammen, dass lichen Umfelds zu gewährleisten. Durch- Behinderungen, um sie über gen aufmerksam zu machen. IKT-Fachkräfte im Hinblick auf Zugänglich- geführt werden diese Veranstaltungen in ihre Rechte aufzuklären keit und „Design for all“ nur unzureichende Zusammenarbeit mit Vereinigungen von Kenntnisse besitzen. und für Menschen mit Behinderungen, In- + Ist-Situation: Viele Menschen mit Behinde- Priorität B: rungen kennen die Rechte, die sie aufgrund fo-Handicap, dem Nationalen Kompetenz- + Konkrete Aktion: Im Rahmen der europäi- zentrum für die Zugänglichkeit von Gebäu- Über Rechte und nationaler oder internationaler Rechtsvor- schen Richtlinie über den barrierefreien Zu- den (CCNAB), der Kammer der Architekten Bedürfnisse von schriften besitzen, nicht und wissen aus die- gang zu Websites und IKT sollen Informa- und beratenden Ingenieure (OAI) sowie mit Menschen mit sem Grund auch nicht, wie sie sich gegen tionsveranstaltungen und Schulungen über ADAPTH, einem spezialisierten Beratungs- Behinderungen informieren Diskriminierungen wehren können. den barrierefreien Zugang zu sämtlichen dienst zum Thema Zugänglichkeit, der eine Dokumenten, Leichte Sprache, Lesen und Konvention mit dem MIFA hat. Ziel B.1.: + Konkrete Aktion: Durchführung von Schu- Schreiben in Brailleschrift sowie Gebärden- lungen, die sich an Menschen mit Behin- sprache abgehalten werden. Diese Veran- Menschen mit derungen richten und deren Bedürfnissen staltungen richten sich an IKT-Fachkräfte Behinderungen und deren Rechnung tragen, um sie über ihre Rechte sowie an alle Personen, die mit Menschen Familien über Rechte und insbesondere die Rechte und Pflichten mit Behinderungen zu tun haben. und Bedürfnisse aufklären gemäß der Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) aufzuklären. 22 23
Zuständige Erwartete Ergebnisse/ Prioritäten Ziele Konkrete Aktionen Ministerien Indikatoren Zeitplan A Bewusstseinsbildung A.1. Entstigmatisierung A.1.1. Durchführung einer Kampagne MIFA Durchführung der Kampagne 2019/2020 für die Lage und von Behinderung in der zur Bewusstseinsbildung in der gemäß Zeitplan, Anzahl Fähigkeiten von Gesellschaft breiten Öffentlichkeit für die Lage sensibilisierter Personen Priorität D: Priorität E: Menschen mit und Fähigkeiten von Menschen mit Sensibilisierung für die Die Sichtbarkeit des Behinderungen Behinderungen Verbesserung der für Menschen mit Kommunikation zwischen Behinderungen zugänglichen A.1.2. Durchführung von Kampagnen zur MIFA, MENJE Zugänglichmachung bewährter Wieder- Gemeinden und Menschen kulturellen Angebotes Bewusstseinsbildung in Schulen Vorgehensweisen im Bereich kehrende mit Behinderungen verbessern für die Lage und Fähigkeiten von Inklusion für die Öffentlichkeit Aktionen Menschen mit Behinderungen Durchführung vielgestaltiger (ab 2020) Ziel D.1.: Ziel E.1.: Kampagnen zur Die Teilhabe von Menschen Verstärkte Teilnahme von Bewusstseinsbildung mit Behinderungen am Menschen mit Behinderungen öffentlichen Leben verbessern an kulturellen Veranstaltungen B Über Rechte und B.1. Menschen mit B.1.1. Erstellung einer Broschüre in MIFA Zahl der Leser der Online- 2020/2021 Bedürfnisse von Behinderungen unterschiedlichen Formaten über Broschüre, Anzahl verbreiteter Aktion D.1.1.: Aktion E.1.1.: Menschen mit und deren Familien die Rechte von Menschen mit Exemplare der Broschüre (1000) Behinderungen über Rechte und Behinderungen Die Gemeinden für die Durchführung von informieren Bedürfnisse aufklären Wichtigkeit der Ernennung Informationskampagnen über eines Ansprechpartners zum das für Menschen mit Behinderungen B.1.2. Durchführung von Schulungen für MIFA Schulung von fünfzig Personen 2019/2020 Thema Behinderung sensibilisieren zugängliche kulturelle Angebot Menschen mit Behinderungen, um pro Jahr, Anzahl der Schulungen/ sie über ihre Rechte aufzuklären Jahr + Ist-Situation: Viele Menschen mit Behin- + Ist-Situation: Zwar gibt es bereits heute derungen sind von einer vollen Teilhabe am eine beachtliche Zahl von kulturellen Ver- öffentlichen Leben in ihrer Gemeinde aus- anstaltungen und Aktivitäten, die für Men- C Über Zugänglichkeit C.1. Bauliches Umfeld so- C.1.1. Sensibilisierung der Fachkräfte MIFA, MD Schulung von fünfzig Personen 2020/2021 und „Design for all“ wie Kommunikations- für Zugänglichkeit und „Design pro Jahr, Anzahl der Schulungen/ geschlossen, da sie keinen Zugang zu den schen mit Behinderungen geeignet sind informieren und Informationsmit- for all“ im Zusammenhang Jahr sie betreffenden und für sie interessanten bzw. sich an diese Menschen richten, doch tel für Menschen mit mit Kommunikations- und Informationen und Mitteilungen, vor allem sind diese Angebote in der Öffentlichkeit Behinderungen zu- Informationsmitteln in den Bereichen Wohnungswesen, Ver- oft noch wenig bekannt. gänglich machen kehrswesen, Bildung, Beschäftigung und Freizeit, haben. + Konkrete Aktion: Das Ministerium für Kul- C.1.2. Sensibilisierung für Zugänglichkeit MIFA Schulungsübersicht mit Zeitplan. 2021/2022 tur (MC) verpflichtet sich, Informations- und „Design for all“ im Bauwesen Anzahl der Schulungen/Jahr, + Konkrete Aktion: Die Gemeinden dahin- kampagnen für Menschen mit Behinderun- Schulung von 100 Personen/Jahr gehend sensibilisieren, dass in jeder Ge- gen und deren Angehörige durchzuführen, meindeverwaltung ein „Ansprechpartner“ um die Sichtbarkeit des für Menschen mit zum Thema Behinderung ernannt werden Behinderungen zugänglichen kulturellen D Sensibilisierung für D.1. Die Teilhabe von D.1.1. Die Gemeinden für die MI und MIFA in Erhöhung der Zahl der Ab 2020 die Verbesserung Menschen mit Wichtigkeit der Ernennung eines Zusammenarbeit Gemeinden, die über einen soll. Aufgabe des Ansprechpartners wäre Angebotes zu erhöhen. der Kommunikation Behinderungen am Ansprechpartners zum Thema mit dem SYVICOL Ansprechpartner zum Thema es, Menschen mit Behinderungen zu infor- Die Informationskampagne kann insbeson- zwischen Gemeinden öffentlichen Leben Behinderung sensibilisieren Behinderung verfügen mieren, ihnen Erläuterungen zu geben und dere in Form einer jährlich erscheinenden und Menschen mit verbessern sie zu beraten, damit sie gleichberechtigt Broschüre mit Informationen über behin- Behinderungen mit den anderen Einwohnern der Gemeinde am öffentlichen Leben teilhaben können. Er dertengerechte kulturelle Angebote erfol- gen. Die Broschüre wird in vereinfachter wäre zugleich auch Ansprechpartner der Sprache erhältlich sein. E Die Sichtbarkeit E.1. Verstärkte Teilnahme E.1.1. Durchführung von MC Ausarbeitung einer jährlich Ab Juli 2020 Gemeinde zum Thema Behinderung. des für Menschen von Menschen mit Informationskampagnen über das erscheinenden Broschüre über mit Behinderungen Behinderungen für Menschen mit Behinderungen behindertengerechte kulturelle zugänglichen kulturellen an kulturellen zugängliche kulturelle Angebot Aktivitäten Angebotes verbessern Veranstaltungen 24 26
Bewusstseinsbildung Kapitel Gleiche 2 (Art. 8 der UN-BRK) Anerkennung vor dem Recht (Art. 12 der UN-BRK) 28 29
→ 1. Vorwort der Ministerin Die Reform der gesetzlichen Bestimmungen über den Schutz unter- stützungsbedürftiger Erwachsener gehört zu den obersten Prioritäten des Justizministeriums, so wie dies auch mein Vorgänger Félix Braz bei den Verhandlungen zum Koalitionsvertrag wollte: Die Angleichung der luxemburgischen Gesetzgebung an die interna- tionalen Standards, welche sich aus der UN-Behindertenrechtskon- vention ergeben, erfordert eine Stärkung der Autonomie volljähriger Menschen, die einer Schutzregelung unterliegen, sowie deren volle An- erkennung als Rechtssubjekt. Mit der gesetzlichen Regelung einer Vor- sorgevollmacht (mandat de protection future) wird dabei eine bessere Berücksichtigung der Rechte, des Willens und der Präferenzen der be- troffenen Personen möglich. Andererseits ist meines Erachtens aber auch ein verstärktes staatliches „Die Reform der Engagement im Zusammenhang mit dem Schutz unterstützungsbe- dürftiger Erwachsener unerlässlich. In diesem Zusammenhang beab- gesetzlichen Bestimmungen sichtige ich die Einrichtung einer staatlichen Dienststelle, welche sich hauptsächlich mit Aufgaben in den Bereichen Information, Schulung, Mediation und Kontrolle befassen wird. Dies setzt die Einstellung zu- über den Schutz sätzlicher Richter und Justizmitarbeiter voraus. unterstützungsbedürftiger Sam Tanson Ministerin der Justiz Erwachsener gehört zu den Prioritäten des Justizministeriums.“ 30 31
2. Zitat des Artikels 12 3. Erläuterungen zum Artikel richters nicht über ihre Wohnungen und Mö- bel verfügen (Artikel 490-2 des Bürgerlichen Der in Artikel 12 der UN-BRK verwendete Be- Gesetzbuches) und sie können auch kein Tes- griff des „Rechtssubjekts“ ist ein abstrakter tament machen (Artikel 504 des Bürgerlichen juristischer Begriff, mit dem Personen be- Gesetzbuches). Außerdem ist ein Mensch, der zeichnet werden, die Träger von Rechten und unter Vormundschaft steht, nicht berechtigt, Pflichten sind. Alle natürlichen Personen sind ohne Einwilligung des Familienrates Schen- im Prinzip ab ihrer Geburt und bis zu ihrem kungen zu machen (Artikel 505 des Bürger- 1. Die Vertragsstaaten bekräftigen, dass Menschen mit Behinderungen das Recht Tod Rechtssubjekte. lichen Gesetzbuches) oder zu heiraten (Arti- haben, überall als Rechtssubjekt anerkannt zu werden. kel 506 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Das Ein Rechtssubjekt besitzt Rechts- und Hand- UN-Komitee CDPH ist jedoch der Auffassung, 2. Die Vertragsstaaten anerkennen, dass Menschen mit Behinderungen in allen lungsfähigkeit, die zwei Komponenten umfassen. dass stets beide Bestandteile der Rechts- und Lebensbereichen, gleichberechtigt mit anderen, Rechts- und Handlungsfähigkeit Einerseits ist dies die Rechtsfähigkeit, d.h. die Handlungsfähigkeit anerkannt werden müs- genießen. Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten, sen und nicht getrennt werden dürfen. 3. Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behin- wie etwa dem Recht auf Freiheit oder dem Aus diesem Grund sieht Artikel 12 der UN-BRK derungen Zugang zu der Unterstützung zu verschaffen, die sie bei der Aus- Recht zu erben, zu sein. vor, dass die Vertragsstaaten Menschen mit übung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen. Andererseits besitzt ein Rechtssubjekt je- Behinderungen ihre Rechts- und Handlungsfä- 4. Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass zu allen die Ausübung der Rechts- doch auch Handlungsfähigkeit, d.h. die Fä- higkeit nicht entziehen dürfen. Er verlangt, dass und Handlungsfähigkeit betreffenden Maßnahmen im Einklang mit den higkeit, Rechte auszuüben und Pflichten, wie die Vertragsstaaten Maßnahmen/Sicherungen internationalen Menschenrechtsnormen geeignete und wirksame Sicherungen z.B. die Wahlpflicht zu erfüllen, oder etwa das vorsehen, durch die Menschen mit Behinderun- vorgesehen werden, um Missbräuche zu verhindern. Diese Sicherungen Recht, etwas zu kaufen oder zu verkaufen. gen bei ihren Entscheidungen und Tätigkeiten müssen gewährleisten, dass bei den Maßnahmen betreffend die Ausübung Laut UN-Komitee CDPH ist die Rechts- und unterstützt werden können, statt, dass andere der Rechts- und Handlungsfähigkeit die Rechte, der Wille und die Präferenzen Handlungsfähigkeit „von grundlegender Be- an ihrer Stelle entscheiden und handeln. der betreffenden Person geachtet werden, es nicht zu Interessenkonflikten und deutung, um wirklich an der Gemeinschaft Der Artikel sieht außerdem vor, dass die Maß- missbräuchlicher Einflussnahme kommt, dass die Maßnahmen verhältnismäßig teilhaben zu können“. nahmen geeignet und wirksam sein müssen. und auf die Umstände der Person zugeschnitten sind, dass sie von möglichst Allerdings haben nicht alle Rechtssubjekte Sie müssen die Rechte, den Willen und die Prä- kurzer Dauer sind und dass sie einer regelmäßigen Überprüfung durch eine die gleiche Rechts- und Handlungsfähigkeit. ferenzen des Menschen mit Behinderungen be- zuständige, unabhängige und unparteiische Behörde oder gerichtliche Stelle So besitzt ein Minderjähriger z.B. keine Hand- rücksichtigen. Die betreffenden Maßnahmen unterliegen. Die Sicherungen müssen im Hinblick auf das Ausmaß, in dem diese lungsfähigkeit, es sei denn, er wird, in be- müssen von möglichst kurzer Dauer sein und Maßnahmen die Rechte und Interessen der Person berühren, verhältnismäßig stimmten Fällen, von seinem Vormund vertre- einer regelmäßigen Überprüfung durch eine zu- sein. ten. Dies gilt ebenfalls für manche Menschen ständige, unabhängige und unparteiische Be- 5. Vorbehaltlich dieses Artikels treffen die Vertragsstaaten alle geeigneten mit Behinderung, insbesondere Menschen, hörde oder gerichtliche Stelle unterliegen. und wirksamen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit für die eine gesetzliche Schutzmaßnahme Abschließend verlangt der Artikel insbeson- Behinderungen das gleiche Recht wie andere haben, Eigentum zu besitzen gilt. Laut UN-Komitee CDPH ist die Hand- dere, dass die Vertragsstaaten gewährleis- oder zu erben, ihre finanziellen Angelegenheiten selbst zu regeln und gleichen lungsfähigkeit „eine Fähigkeit, die Menschen ten, dass Menschen mit Behinderungen das Zugang zu Bankdarlehen, Hypotheken und anderen Finanzkrediten zu haben, mit Behinderungen oft abgesprochen wird Recht haben, Eigentum zu besitzen oder zu und gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen nicht willkürlich ihr bzw. von der sie nur begrenzt Gebrauch ma- erben, sowie das Recht darauf, dass ihnen ihr Eigentum entzogen wird. chen können“. So können in Luxemburg z.B. Eigentum nicht willkürlich entzogen wird, und Menschen, die unter Vormundschaft stehen, das Recht, ihre finanziellen Angelegenheiten Eigentümer werden oder erben, doch können selbst zu regeln und Zugang zu Finanzkredi- sie ohne Genehmigung des Vormundschafts- ten zu haben. 32 33
4. Prioritäten + Ist-Situation: Das Bürgerliche Gesetzbuch wenn es zu einer Beschwerde kommt oder Vertreter zu einer Beschwerde kommt oder (Art. 496 und 497) sieht derzeit vor, dass be- wenn festgestellt wird, dass der gesetzliche falls ein diesbezüglicher Rechtsstreit festge- vorzugt die Angehörigen eines unmündigen Vertreter den Besitz des unter einer Schutz- stellt wird. Da es in Luxemburg nur so wenig Priorität A: Volljährigen (Ehepartner, Eltern, Kinder, Ge- maßnahme stehenden Volljährigen schlecht Vormundschaftsrichter gibt, ist jedoch klar, schwister) als gesetzliche Vertreter ernannt verwaltet. Da es in Luxemburg jedoch nur so dass der Vormundschaftsrichter nicht alle Unter Schutzmaßnahmen werden sollen, obwohl der unter einer Schutz- wenig Vormundschaftsrichter gibt, ist jedoch Unregelmäßigkeiten feststellen kann. stehende Volljährige bei maßnahme stehende Volljährige nicht immer klar, dass der Vormundschaftsrichter nicht ihren Entscheidungen und ein gutes Verhältnis zu seinen Angehörigen alle Unregelmäßigkeiten feststellen kann. + Konkrete Aktion: Schaffung der Tätig- Tätigkeiten unterstützen, hat. Zurzeit darf ein unter einer Schutzmaß- keit einer „Mittelsperson“, die bei Konflikten statt an ihrer Stelle zu nahme stehender Volljähriger bei der Wahl + Konkrete Aktion: Schaffung einer „Prüfer“- zwischen dem unter einer Schutzmaßnah- entscheiden und zu handeln seines gesetzlichen Vertreters nicht mitreden. Tätigkeit, wobei die Aufgabe des „Prüfers“ da- me stehenden Volljährigen und seinem ge- rin besteht, die ordnungsgemäße Verwaltung setzlichen Vertreter Lösungen finden soll. Ziel A.1.: + Konkrete Aktion: Einführung einer „Vorsor- des Besitzes des unter einer Schutzmaßnah- Der Vormundschaftsrichter wird mit einem Achtung des Willens und gevollmacht“ (mandat de protection futu- me stehenden Volljährigen durch den ge- Rechtsstreit nur befasst, wenn die Arbeit der re), d.h. dass jeder seinen künftigen gesetz- setzlichen Vertreter zu überprüfen. Konkret Mittelsperson zu keiner Lösung geführt hat. der Präferenzen unter lichen Vertreter bestimmen kann, solange besteht die Aufgabe der Prüfer darin, jeden Schutzmaßnahmen er noch rechtlich dazu fähig ist. Außerdem Geschäftsvorgang und jede Entscheidung zu Aktion A.1.5.: stehender Volljähriger kann ein zweiter gesetzlicher Vertreter be- überprüfen, den bzw. die der gesetzliche Ver- Einführung obligatorischer stimmt werden, der den ersten Vertreter bin- treter für den unter einer Schutzmaßnahme Schulungen für gesetzliche Aktion A.1.1.: nen kurzer Zeit ersetzen kann, falls der unter stehenden Volljährigen tätigt bzw. trifft. Alle Vertreter Erhöhung der Zahl der einer Schutzmaßnahme stehende Volljährige diese Entscheidungen und Geschäftsvorgän- Vormundschaftsrichter dies wünscht. Auch muss der Fall vorgesehen ge, die der gesetzliche Vertreter für den unter + Ist-Situation: Derzeit ist ein gesetzlicher und Justizmitarbeiter werden, dass sich die Umstände zwischen einer Schutzmaßnahme stehenden Volljäh- Vertreter nicht verpflichtet, an einer Schu- der Bestimmung eines künftigen gesetzli- rigen tätigt bzw. trifft, müssen vom gesetz- lung teilzunehmen, durch die er angemes- + Ist-Situation: Die Wartezeiten bei Ge- chen Vertreters und dem Beginn der Schutz- lichen Vertreter in einem elektronischen Do- sen auf die Unterstützung und Vertretung richtsverfahren im Zusammenhang mit maßnahme grundlegend geändert haben. kument, das bei Bedarf eingesehen werden des unter einer Schutzmaßnahme stehen- gesetzlichen Schutzmaßnahmen für un- Bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände kann, begründet und schriftlich niedergelegt den Volljährigen vorbereitet wird. Zwar gibt mündige Volljährige sind in Luxemburg sehr muss der Vormundschaftsrichter allerdings werden. Kommt es zu einer missbräuchlichen es Austausch- und Selbsthilfegruppen für lang. Dies hängt damit zusammen, dass es weiterhin das Recht haben, sich über die „Vor- Ausübung der Vertretung, müssen die Prüfer gesetzliche Vertreter, doch sind zusätzliche zu wenig Vormundschaftsrichter gibt. In sorgevollmacht“ hinwegzusetzen. den Vormundschaftsrichter hiervon in Kennt- Maßnahmen erforderlich. Artikel 12 der UN- der Tat gibt es zurzeit am Bezirksgericht Lu- nis setzen, der gegebenenfalls die nötigen BRK sieht in der Tat vor, dass für gesetzliche xemburg zwei und am Bezirksgericht Die- Aktion A.1.3.: Maßnahmen ergreift. Schutzmaßnahmen geeignete und wirksa- kirch einen Vormundschaftsrichter. Schaffung einer me Sicherungen vorgesehen werden müs- „Prüfer“-Tätigkeit Aktion A.1.4.: sen, um Missbräuche zu verhindern, und + Konkrete Aktion: Erhöhung der Zahl der Schaffung der Tätigkeit dass bei den betreffenden Maßnahmen die Vormundschaftsrichter und Justizmit- + Ist-Situation: Artikel 12 der UN-BRK ver- einer „Mittelsperson“ Rechte, der Wille und die Präferenzen des arbeiter, um die Wartezeiten bei Gerichts- langt, dass die gesetzlichen Schutzregelungen unter einer Schutzmaßnahme stehenden verfahren im Zusammenhang mit Schutz- einer regelmäßigen Überprüfung durch eine + Ist-Situation: Da es dem Vormundschafts- Volljährigen geachtet werden müssen. maßnahmen für unmündige Volljährige zu zuständige, unabhängige und unparteiische richter obliegt, das ordnungsgemäße Funk- verkürzen. Behörde oder gerichtliche Stelle unterliegen. tionieren der gesetzlichen Schutzmaßnah- + Konkrete Aktion: Einführung obligatori- In Luxemburg obliegt dem Vormundschafts- men zu überprüfen, muss er sich einschalten, scher vorbereitender Schulungen für alle ge- Aktion A.1.2.: richter die Überprüfung des ordnungsgemä- wenn es in Bezug auf das Verhältnis zwischen setzlichen Vertreter, damit diese in der Lage Einführung einer ßen Funktionierens der gesetzlichen Schutz- dem unter einer Schutzmaßnahme stehen- sind, den unter einer Schutzmaßnahme ste- „Vorsorgevollmacht“ maßnahmen. Er muss vor allem einschreiten, den Volljährigen und seinem gesetzlichen henden Volljährigen wirksam und angemes- 34 35
sen zu unterstützen und zu vertreten und da- mundschaft steht, nicht berechtigt, ohne Ein- monatlichen Mindestbetrag ihrer finanziel- Notwendigkeit, der Verhältnismäßigkeit und bei den Willen und die Präferenzen des unter willigung des Familienrates zu heiraten (Art. len Mittel verfügen; dieser Betrag dient der der Subsidiarität beachten muss: einer Schutzmaßnahme stehenden Volljäh- 506 des Bürgerlichen Gesetzbuches) oder Deckung eigener Bedürfnisse wie Kleidung, rigen zu achten. Es müssen flexible und leicht Schenkungen zu machen (Art. 505 des Bür- Schönheitspflege, persönliche Hygiene, Rei- „Art. 428. Die Schutzmaßnahme kann vom zugängliche Schulungsmodule geschaffen gerlichen Gesetzbuches). sen und Freizeit.1 Richter nur angeordnet werden, wenn eine werden, damit Familienmitglieder, die sich Notwendigkeit vorliegt und wenn die Interes- bereit erklären, den Besitz eines ihnen nahe- Es ist hervorzuheben, dass der derzeitige + Konkrete Aktion: Einführung eines obliga- sen der Person (...) durch eine andere, weniger stehenden kranken oder behinderten Men- Text der Änderungsvorlage zur Einführung torischen regelmäßigen Geldbetrags (Ta- restriktive richterliche Schutzmaßnahme oder schen oft unentgeltlich zu verwalten, nicht einer neuen Verfassung (Parlamentsdoku- schengeld) für unter Schutzmaßnahmen eine Vorsorgevollmacht der betroffenen Per- abgeschreckt werden. Diese Schulungen, ment Nr. 6030 vom 28.6.2018) die Abschaf- stehende Volljährige, über den diese nach son nicht hinreichend gewahrt werden können. die von spezialisierten Vereinigungen im Be- fung des automatischen Ausschlusses von eigenem Gutdünken verfügen können. Menschen unter Vormundschaft vom Wahl- Die Maßnahme ist verhältnismäßig und un- reich der gesetzlichen Schutzmaßnahmen ter Berücksichtigung des Beeinträchtigungs- für Volljährige veranstaltet werden, werden recht vorsieht. Allerdings bestimmt Artikel 65 der Vorlage zu einer neuen Verfassung, grades der persönlichen Fähigkeiten der be- von der Regierung finanziert. dass das Gesetz Fälle vorsehen kann, in de- Priorität B: treffenden Person individuell angepasst.“ nen der Richter beschließen kann, das aktive Geeignete und wirksame Ziel A.2.: und passive Wahlrecht zu verbieten. Schutzmaßnahmen treffen + Konkrete Aktion: Einführung der gesetz- lich verankerten Verpflichtung des Vormund- Verbot von Beschränkungen schaftsrichters, bei jeder Entscheidung über der Handlungsfähigkeit + Konkrete Aktion: Abschaffung sämtlicher Ziel B.1.: in den Rechtsvorschriften enthaltenen au- die Einleitung einer Schutzmaßnahme die von unter Schutzmaßnahmen Berücksichtigung der Grundsätze der Notwendigkeit, der Verhält- tomatischen Beschränkungen der Rechts- stehenden Volljährigen und Handlungsfähigkeit von unter Schutz- tatsächlichen Bedürfnisse nismäßigkeit und der Subsidiarität zu beach- maßnahmen stehenden Volljährigen, damit von unter Schutzmaßnahmen ten. Dies bedeutet, dass der Richter beurteilen Aktion A.2.1.: muss, ob die gesetzliche Schutzmaßnahme diese, mit Unterstützung ihres gesetzlichen stehenden Volljährigen Abschaffung der gesetzlich Vertreters, ihre eigenen Entscheidungen notwendig ist (Notwendigkeit), ob sie im Hin- vorgesehenen automatischen treffen können. Aktion B.1.1.: blick auf das angestrebte Ziel geeignet ist Beschränkungen der Handlungs- (Verhältnismäßigkeit) und ob es keine geeig- Durchsetzung der Beachtung neteren Lösungen gibt (Subsidiarität). fähigkeit von unter Schutzmaß- Aktion A.2.2.: der Grundsätze der nahmen stehenden Volljährigen „Taschengeld“ für unter Notwendigkeit, der Aktion B.1.2.: Schutzmaßnahmen Verhältnismäßigkeit und + Ist-Situation: Die derzeitigen Rechtsvor- Regelmäßige Überprüfung des stehende Volljährige der Subsidiarität durch den schriften sehen mehrere automatische Be- Zustandes des unter einer Vormundschaftsrichter schränkungen der Handlungsfähigkeit von Schutzmaßnahme stehenden + Ist-Situation: Der gesetzliche Vertreter ist unter Schutzmaßnahmen stehenden Volljäh- Volljährigen und dessen aufgrund der geltenden Rechtsvorschriften + Ist-Situation: Gesetzliche Schutzmaß- rigen vor. So sind unter Schutzmaßnahmen Vorbereitung auf das Ende nicht verpflichtet, einem unter einer Schutz- nahmen, durch die die unabhängige Le- stehende Volljährige z.B. nicht berechtigt, ohne der Schutzmaßnahme maßnahme stehenden Volljährigen regel- bensführung von unter Schutzmaßnahmen Genehmigung des Vormundschaftsrichters mäßig (monatlich oder wöchentlich) einen stehenden Volljährigen, d.h. ihre Handlungs- ihre Wohnung und Möbel zu verkaufen (Art. bestimmten Geldbetrag (Taschengeld) zu fähigkeit, eingeschränkt wird, dürfen nur 490 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Eben- geben, den der unter einer Schutzmaß- als letztes Mittel eingesetzt werden. Hierzu so können sie, wenn sie unter Vormundschaft nahme stehende Volljährige nach eigenem sieht das französische Recht seit 2009 2 in 1 Vereinbarung für das Jahr 2018 über die sozialpäda- stehen, kein Testament machen (Art. 504 Gutdünken, nämlich für seine Freizeitbe- Artikel 428 des Bürgerlichen Gesetzbuches gogische Betreuung von Menschen mit Behinderun- des Bürgerlichen Gesetzbuches) und nicht schäftigungen, verwenden kann. vor, dass der Richter bei seiner Entscheidung gen in Wohnstrukturen und Tagesstätten, Punkt 59 wählen (Art. 53 der Verfassung und Art. 6 über die Einleitung einer Schutzmaßnahme 2 Gesetz vom 5. März 2007 über die Reform der des Wahlgesetzes vom 18. Februar 2003). Es ist darauf hinzuweisen, dass Nutzer von für einen Volljährigen die Grundsätze der gesetzlichen Schutzmaßnahmen für Volljährige Außerdem ist ein Volljähriger, der unter Vor- Wohnstrukturen über einen freigestellten (in Kraft getreten am 1. Januar 2009) 36 37
+ Ist-Situation: Das Luxemburger Bürgerliche zubereiten. Um eine einwandfreie und integre schen mit Behinderungen (CDPH) zufolge drei Verwaltungssprachen des Landes, die Gesetzbuch (Artikel 491-6 und 507) sieht zwar Beurteilung und Überprüfung zu gewährleis- sind die Vertragsstaaten jedoch verpflich- Deutsche Gebärdensprache, Brailleschrift, vor, dass die gesetzliche Schutzmaßnahme ten, müssen diese durch eine vom gesetzli- tet, „Informationen in verständlicher Form Leichte Sprache usw.). Diese Übersetzung, beendet werden kann, doch sieht es weder chen Vertreter unabhängige Person oder eine bereitzustellen (...), damit Menschen mit die durch Vereinigungen mit den erforderli- eine regelmäßige Überprüfung des Zustandes gerichtliche Stelle erfolgen. Behinderungen in der Lage sind, die erfor- chen Kompetenzen in diesem Bereich erfol- des unter einer Schutzmaßnahme stehen- derlichen Rechtsgeschäfte vorzunehmen“ 6. gen kann, wird von der Regierung finanziert den Volljährigen noch dessen Vorbereitung und unter den Gerichtskosten verbucht. auf das Ende der Schutzmaßnahme vor. Ein Priorität C: Aktion C.1.1.: solches System zur regelmäßigen Zustands- Eine angemessene Sicherstellen, dass unter Aktion C.1.3.: überprüfung gibt es jedoch in anderen Län- und verständliche Schutzmaßnahmen stehende Erstellung einer Broschüre, dern, wie etwa in Finnland. Das finnländische Kommunikation und Volljährige die sie betreffenden in der die Rechtsvorschriften Gesetz vom 10. Juni 2016 3 sieht in der Tat vor, Information gewährleisten Unterlagen und Entscheidungen für unter Schutzmaßnahmen dass Entscheidungen über eine gesetzliche besser verstehen stehende Volljährige in Leichter Schutzmaßnahme alle 6 Monate neu geprüft Sprache erklärt werden werden müssen, um zu entscheiden, ob an der Ziel C.1.: Einführung einer Verpflichtung des gesetzlichen Schutzmaßnahme Änderungen erforderlich Sicherstellen, dass unter Vertreters, dafür zu sorgen, dass der unter einer In Zusammenarbeit mit den Organisationen von sind oder ob sie beendet werden muss 4. Schutzmaßnahmen stehende Schutzmaßnahme stehende Volljährige Zugang und für Menschen mit Behinderungen (z.B. Ligue Darüber hinaus erklärt das UN-Komitee Volljährige die Möglichkeit zu sämtlichen ihn betreffenden Unterlagen und HMC) soll eine Broschüre erstellt werden, in der CDPH, dass die Vertragsstaaten Schulungen haben, alles, was sie betrifft, Entscheidungen hat. Außerdem muss der ge- die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbu- für unter einer gesetzlichen Schutzmaßnah- zu verstehen und darüber setzliche Vertreter dafür sorgen, dass der Inhalt ches zu den gesetzlichen Schutzmaßnahmen me stehende Menschen vorsehen müssen, der betreffenden Unterlagen in einer Sprache für Volljährige in Leichter Sprache erläutert wer- informiert zu sein „damit sie zu gegebener Zeit beschließen kön- bzw. Ausdrucksweise erklärt wird, die für den den. Die Broschüre muss insbesondere Beispiele nen, dass sie eine solche Unterstützung bei unter einer Schutzmaßnahme stehenden Voll- der Handlungen enthalten, die im Rahmen der + Ist-Situation: Viele unter Schutzmaßnahmen der Ausübung der Rechts- und Handlungsfä- jährigen verständlich sind. Die Einsichtnahme in gesetzlichen Schutzmaßnahmen für Volljährige stehende Volljährige geben an, nicht wirklich higkeit nicht mehr in demselben Maße oder diese Unterlagen durch den unter einer Schutz- untersagt bzw. (mit oder ohne Zustimmung des zu wissen, welche gesetzliche Schutzmaß- sogar überhaupt nicht mehr benötigen“. 5 maßnahme stehenden Volljährigen muss mittels gesetzlichen Vertreters) erlaubt sind. nahme für sie gilt. Weiterhin geben sie an, ihre eines Formulars zurückverfolgt werden können. Außerdem sieht Artikel 12 der UN-BRK vor, eigenen Rechte und Pflichten sowie die ihres Aktion C.1.4.: dass die Schutzmaßnahmen für Menschen gesetzlichen Vertreters nicht zu kennen, weil Aktion C.1.2.: Wahl eines gesetzlichen mit Behinderungen einer regelmäßigen sie die entsprechenden Informationen weder Überprüfung durch eine zuständige, unab- vom Vormundschaftsrichter noch von ihrem Informationen, die unter Vertreters, der den unter einer hängige und unparteiische Behörde oder gesetzlichen Vertreter erhalten hätten oder Schutzmaßnahmen stehende Schutzmaßnahme stehenden gerichtliche Stelle unterliegen müssen. weil die betreffenden Informationen und Un- Volljährige betreffen, in eine Volljährigen versteht terlagen für sie nur schwer verständlich sind. verständliche Sprache übersetzen + Konkrete Aktion: Einführung der gesetzli- Als gesetzlicher Vertreter sollte bevorzugt eine Dem UN-Komitee für die Rechte von Men- Auf Wunsch sollen sämtliche gerichtliche Mit- Person gewählt werden, die in der Lage ist, mit chen Verpflichtung des Vormundschaftsrich- ters zu einer regelmäßigen Überprüfung des teilungen und Entscheidungen in eine Spra- dem unter einer Schutzmaßnahme stehenden 3 „Amended Act on Special care for persons with a che oder Ausdrucksweise übersetzt werden, Volljährigen angemessen zu kommunizieren. Zustandes des unter einer Schutzmaßnahme disability“ (Geändertes Gesetz über besonderen stehenden Volljährigen, um zu entscheiden, die für den unter einer Schutzmaßnahme ste- Bei hörgeschädigten oder gehörlosen Men- Schutz für Menschen mit Behinderung) ob an der Schutzmaßnahme Änderungen henden Volljährigen verständlich ist (eine der schen sollten als gesetzliche Vertreter z.B. be- 4 EAMHID-Konferenz in Luxemburg am 22. Septem- erforderlich sind oder ob sie beendet werden ber 2017 vorzugt Menschen ausgewählt werden, die die muss; außerdem Einführung einer Verpflich- 5 UN-Komitee für die Rechte von Menschen mit Be- 6 UN-Komitee für die Rechte von Menschen mit Be- Gebärdensprache beherrschen bzw. die in der tung des gesetzlichen Vertreters, den unter hinderungen (19. Mai 2014). Allgemeine Anmerkung hinderungen (19. Mai 2014). Allgemeine Anmerkung Lage sind, auf verständliche Weise mit hör- einer Schutzmaßnahme stehenden Volljähri- zu Artikel 12 der Behindertenrechtskonvention: Glei- zu Artikel 12 der Behindertenrechtskonvention: Glei- geschädigten oder gehörlosen Menschen zu gen auf das Ende der Schutzmaßnahme vor- che Anerkennung vor dem Recht, Seite 7, Punkt 24. che Anerkennung vor dem Recht, Seite 5, Punkt 17. kommunizieren. 38 39
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