Interne Resorptionen Ätiologie, Pathogenese, Diagnostik und Therapie
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Arnold Interne Resorptionen Michael Arnold Interne Resorptionen Ätiologie, Pathogenese, Diagnostik und Therapie INDIZES interne Resorption, Odontoklast, Osteoklast, biologische Reparatur ZUSAMMENFASSUNG Der chronisch-progrediente Verlauf interner Resorptionen bleibt meist symptomlos, sodass sie als Zufallsbefunde häufig erst bei einer radiologischen Untersuchung auffallen. Die Ursachen interner Resorptionen sind noch nicht vollständig geklärt. In den meisten Fällen handelt es sich um eine intrakanaläre Reaktion der Pulpa auf eine mikrobielle Invasion, induziert über kariöse Läsionen, infizierte Dentinrisse oder Invaginationen. Mögliche Spätkomplikationen sind Perforationen und Wurzelquerfrakturen, die mit einer Fistel assoziiert sein können. Das Ziel der endodontischen Therapie bei Vorliegen einer internen Resorption besteht darin, die Resorption zu stoppen, um einen weiteren Verlust an Zahnhartsubstanz zu vermeiden und den Zahn entzündungsfrei zu erhalten. Kann die mikrobielle Infektion beseitigt werden, so ist das verbliebene Pulpagewebe in der Lage, Defekte im Dentin zu reparieren. Liegt eine vollständige Pulpanekrose vor, so müssen der gesamte Wurzelkanal und die Resorptionskavität in die Wurzelkanalbehandlung einbezogen werden. Einleitung gekennzeichnet ist5–7. Bereits im Jahr 1830 wurde die interne Resorption von Bell beschrieben8. In Resorptionen können physiologisch an Milchzäh- ersten histologischen Studien wurden im 19. und nen im Verlauf des Zahnwechsels oder patholo- Anfang des 20. Jahrhunderts resorptive Zahnhart- gisch an bleibenden Zähnen auftreten1,2. Nach substanzdefekte von kariösen Defekten und ex- der Pathogenese werden externe Resorptionen ternen Resorptionen differenziert9,10. von internen unterschieden. Die resorptiv beding- Interne Resorptionen verlaufen asymptoma- ten Zahnhartsubstanzdefekte unterscheiden sich tisch und werden häufig erst als Zufallsbefund in der Lage und Größe, sodass sie häufig differen- diagnostiziert. Mit der zunehmenden Größe des zialdiagnostisch schwer von Karies oder externen Zahnhartsubstanzdefekts nimmt die Gefahr der Resorptionen abgegrenzt werden können3–5. Ziel Perforation und Fraktur des Zahnes zu5,10,11. des Beitrags ist es, die pathobiologischen Grundla- Die Resorption von Zahnhartsubstanz erfolgt gen interner Resorptionen und aktuelle Therapie- durch mehrkernige Riesenzellen, die Odonto möglichkeiten vorzustellen. klasten. Sie sind Teil der unspezifischen zellulären Die interne Wurzelresorption bezeichnet einen Immunantwort auf pathologische und physiolo pathologischen Prozess, der von einem kontinu- gische Reize. Es handelt sich dabei um Zellen, die ierlichen Ab- und Umbau von Zahnhartgewebe in ihren Eigenschaften sowie in Aufbau und Wir- Endodontie 2021;30(3):285–303 285
Arnold Interne Resorptionen Abb. 1 Odontoklast und Resorptionslakune mit freigelegten Dentinkanälchen und zahlreichen adhärenten Erythrozyten; Dens deciduus in Resorption nach Exfoliation (rasterelektronen mikroskopische Aufnahme, 3900x). kungsweise den Osteoklasten ähneln. Odonto- Dentin. Durch die Freisetzung von Säure erfolgt klasten sind deutlich kleiner als die 50–100 µm bei einem pH-Wert von ca. 4,5 die Auflösung der großen Osteoklasten und weisen weniger Zell- Kalziumverbindungen (Abb. 1). kerne auf12,13. Die Progenitorzellen von Odonto- Osteoklasten und Odontoklasten können klasten befinden sich in der Pulpa und im par- nicht an nichtmineralisierter Kollagenmatrix adhä- odontalen Ligament. Sie sind zur Expression von rieren26,27. Der Odontoblastensaum und das Prä- Cathepsin D, „Tartrate-resistant acid phospha- dentin verhindern daher, dass sich Klasten an das tase“ (TRAP) und Matrix-Metalloprotease 9 Dentin anlagern und dieses resorbieren27. Inhalts- (MMP-9) in der Lage13,14. Die Aktivität der Odon- stoffe des Zements, des Prädentins und aus me- toklasten wird wie bei Osteoklasten über RANK/ senchymalen Zellen können die klastischen Zellen RANKL(„Receptor activator of nuclear factor- durch die Produktion von Osteoprotegerin (OPG) kappa B ligand“)-Rezeptoren vermittelt15. Osteo- in ihrer Aktivität hemmen28,29. Das Glykoprotein pontin (OPN) kann die Osteoklastenaktivierung OPG hemmt durch die Bindung des Rezeptors an hemmen16. Die natürliche Hemmung erfolgt über RANKL auf Osteoblasten die Differenzierung von Osteoprotegerin17,18, Östrogen19, Calcitonin20 Osteoklastenvorläuferzellen. und Androgen15. Die Aktivierung kann über Pros- Die Pathogenese der Wurzelresorption ist noch taglandine und Parathormon vermittelt werden. nicht vollständig aufgeklärt. Mesenchymale Pulpa- Bei einer Überfunktion der Nebenschilddrüse kön- zellen sollen in der Lage sein, die Dentinresorption in nen deshalb multiple interne Resorptionen an einem Gleichgewicht zu halten. In einer In-vitro-Un- Zähnen auftreten21,22. Die Aktivierung der Osteo- tersuchung gelang der Nachweis, dass Pulpazellen klasten kann nur indirekt über die Osteoblasten in Verbindung mit Monozyten die Osteoklastenge- erfolgen, da sie keine Rezeptoren für Parathor- nese hemmen30. Die Autoren vermuten, dass in- mon aufweisen. RANKL wird exprimiert durch takte Pulpazellen verantwortlich sind für das Aus- Odontoblasten, Pulpa-Fibroblasten und Zemen- bleiben einer internen Resorption. Mit der Apoptose toblasten23–25. der Odontoblasten als Folge eines dentalen Trau- Nach Stimulation der Zelldifferenzierung und mas oder einer Karies werden Reparaturmechanis- Fusion der Vorläuferzellen zu Odontoklasten men in der Pulpa induziert, die dann auch die Akti- kommt es zur Anlagerung am mineralisierten vierung von Odontoklasten nach sich ziehen, wenn 286 Endodontie 2021;30(3):285–303
Arnold Interne Resorptionen Abb. 2 Mehrkernige Odontoklasten in einer Resorptionslakune im Dentin; an der Basis sind die fingerförmigen Ausstülpungen gut zu erkennen (entkalktes Präparat, HE-Färbung, 400x). (Quelle: Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Domenico Ricucci, Italien). Lipopolysaccharide als Stoffwechselprodukte von netische Prädisposition zur Ausbildung interner Mikroorganismen identifiziert werden31,32. Resorptionen wurde an einem Fall monozygoti- Die zumeist mehrkernigen Odontoklasten sind scher Zwillinge vermutet47. von einer zellfreien Zone („Clear zone“), der Bin- Interne Resorptionen fallen im klinischen All- dungszone zum Dentin und fingerähnlichen Aus- tag selten auf, da sie zumeist asymptomatisch ver- stülpungen („Ruffled border“) an der Basis der laufen. Häufig werden sie als Zufallsbefund im Zelle gekennzeichnet. Die 0,2–10 µm großen Filo- Rahmen von radiologischen Untersuchungen er- podien und Lamellipodien lassen sich histologisch kannt. Die Prävalenz ausgedehnter interner Re- nachweisen und elektronenmikroskopisch diffe- sorptionen wird mit 0,01–1 % angegeben2. Sie renzieren (Abb. 2). Filopodien dienen als Chemo- können jedoch übersehen werden, da sich interne sensoren und nutzen aktinbindende Proteine33. resorptive Destruktionen des Dentins erst im fort- Histologisch wurde sowohl bei externen als geschrittenen Stadium radiologisch auf zweidi- auch internen Resorptionen der Nachweis er- mensionalen Röntgenaufnahmen erkennen lassen. bracht, dass mit dem Abbau von Zahnhartsub- Gabor et al. untersuchten 30 extrahierte Zähne stanz neue kalzifizierte Gewebe in den resorptiven auf das Vorhandensein von internen Resorptio- Lakunen angelagert werden7. nen. Bei 9 Zähnen mit gesunder Pulpa wurde his- tologisch keine Resorption nachgewiesen, dage- gen fanden sich bei 4 von 8 Zähnen mit einer Ätiologie und Pathogenese Pulpitis und bei 10 von 13 Zähnen mit einer in fizierten Pulpanekrose interne Resorptionen48. In Interne Resorptionen wurden nach akuten einer weiteren histologischen Studie wurden bei traumatischen Verletzungen31,34,35, chronischen Zähnen mit apikaler Parodontitis in 74,7 % der Zahnhartsubstanztraumata36, Autotranplantatio- Fälle interne Resorptionen nachgewiesen49 nen37–39, als Folge der Kronenpräparation bei zu (Abb. 3a bis f). geringer Kühlung40, profunder Karies und Pul- In einer tierexperimentellen Studie wurde der paamputation6,41, Dens invaginatus26,42,43, Revi- Nachweis erbracht, dass in einer mikrobiell in talisierung44,45, Schilddrüsenfehlfunktion21,22 und fizierten Pulpa nach Entfernung des koronalen Herpes-Zoster-Infektion46 beschrieben. Eine ge- pulpanahen Dentins Resorptionen am Dentin auf- Endodontie 2021;30(3):285–303 287
Arnold Interne Resorptionen a b c d e f Abb. 3a bis f Interne Resorptionen an permanenten Zähnen im Ober- und Unterkiefer: a) Zahn 27 mit tiefem palatinalem Knochenabbau, externer apikaler Resorption und interner Resorption im apikalen Wurzeldrittel bei vitaler Pulpa (DVT-Aufnahme frontale/koronale Rekonstruktionsebene), b) Zahn 15 mit Resorption im apikalen Wurzeldrittel als Folge einer Karies, c) Zahn 13 mit interner Resorption nach einer direkten Überkappung, d) Zahn 36 mit Resorptionen im koronalen Wurzeldrittel nach direkter Überkappung und Kariesentfernung, e) Zahn 45 mit resorptiver Kavität im koronalen Wurzeldrittel, f) Zahn 41 mit resorptiver Perforation und Fistel als Folgen eines dentalen Traumas. treten. Im Fall einer alleinigen Schädigung des dungszellen zur Abwehr einer mikrobiellen Inva- Prädentins und Odontoblastensaums ohne mikro- sion. Mit der Nekrose des Gewebes kommt die bielle Infektion wurde lediglich eine transiente Resorption zum Stillstand. Eine nicht diagnosti- Oberflächenresorption beobachtet. Eine Progres- zierte interne Resorption kann das Wurzeldentin sion der Resorption trat immer erst mit der zusätz- perforieren und zusätzlich externe Resorptionen lichen mikrobiellen Infektion auf27. Eine entschei- induzieren50,51. Mit der Perforation einer inter- dende Voraussetzung für das Auftreten interner nen Resorption können sich Abwehrreaktion und Resorptionen scheint die Schädigung des Odon- mikrobielle Infektion zum parodontalen Gewebe toblastensaums und des Prädentins als Folge eines ausdehnen, sodass eine Rötung und Schwellung dentalen Traumas oder einer mikrobiellen Inva- der Gingiva oder eine Fistel in Richtung Vestibu- sion zu sein26. lum auftreten kann52–55 (vgl. Abb. 3f). In Fällen Der Krankheitsverlauf entspricht dem einer mit einer weit koronal liegenden und ausgedehn- chronischen Pulpitis. Die interne Resorption er- ten Resorption besteht das Risiko einer Wurzel- möglicht eine lokal erhöhte Präsenz von Entzün- querfraktur11,56–58. 288 Endodontie 2021;30(3):285–303
Arnold Interne Resorptionen Abb. 4a und b Palatinale Ansicht von Zahn 21 mit Dens invaginatus und interner Resorption: a) Mineralisierte, verfärbte Auflagerungen und Kunst- stoffreste einer ehemaligen Retainer befestigung nach KFO-Therapie überlagern das Foramen caecum. b) Nach Entfernung aller Auflagerungen wurden das Foramen und eine vertikale Fissur sichtbar. a b Abb. 5a und b a) Intraorale Röntgen- aufnahme mit interner Resorption bis in das mittlere Wurzeldrittel am Zahn 21. b) In der sagittalen Ebene der DVT- Aufnahme lässt sich die tiefe Aus dehnung der Invagination bis zur Resorption erkennen. a b Fallbeispiel keit waren ohne pathologischen Befund und auf den Perkussionstest reagierte der Zahn negativ. Interne Resorption bei einem Dens Auf der intraoralen Röntgenaufnahme ist eine invaginatus Typ II Schmelzeinstülpung bis in das koronale Wur- Der 24-jährige männliche Patient mit unauffälliger zeldrittel sichtbar (Abb. 5a). Der Wurzelkanal er- Allgemeinanamnese gab an, dass er sich vor scheint zentral stark oval erweitert bei apikal 14 Tagen bei seinem Hauszahnarzt mit akuten gleichmäßig verfolgbarem Desmodontalspalt. In Schmerzen am Zahn 21 vorgestellt hatte. Die der sagittalen Ebene der digitalen Volumentomo- Schmerzen ließen sich mit einem Wärmereiz grafie (DVT) lässt sich die enge Lagebeziehung auslösen und verliefen reizüberdauernd. Zum der internen Resorption und der Invagination be- Zeitpunkt der Vorstellung war der Patient be- stätigen (Abb. 5b). Im Gegensatz zur zweidimen- schwerdefrei. Der kariesfreie Zahn 21 wies Kom- sionalen Röntgenaufnahme ist ein verbreiterter positrückstände auf der palatinalen Fläche des Desmodontalspalt zu erkennen. Auf der Grund- Zahnes auf, die das Foramen caecum überlager- lage der vorliegenden Befunde wurde die Dia- ten (Abb. 4a und b). Auf den thermischen und gnose einer infizierten Pulpanekrose infolge einer elektrischen Sensibilitätstest reagierte der Zahn im mikrobiell infizierten Invagination gestellt. Vergleich zu den Nachbarzähnen negativ. Die Während der intrakoronalen Befundaufnahme Sulkussondierungswerte und die Zahnbeweglich- und Diagnostik bestätigte sich das Vorhandensein Endodontie 2021;30(3):285–303 289
Arnold Interne Resorptionen Abb. 6a und b a) Endodontische Zugangskavität am Zahn 21 mit nekrotischer Pulpa. b) 6 Monate nach Abschluss der Therapie ist der Zahn 21 a b klinisch und radiologisch unauffällig. einer tiefen in Richtung Wurzelkanal verlaufenden und 8). Eine differenzialdiagnostische Abklärung, Invagination. Die Pulpa war vollständig nekrotisch ob es sich um eine primär interne oder externe (Abb. 6a). Im Verlauf der einzeitigen Therapie er- Resorption handelt, erfolgt mit einer intraoralen folgte unter absoluter Trockenlegung nach dem Röntgenaufnahme, mit der gleichzeitig durch den dentinadhäsiven Verschluss der Invagination mit Schmelz scheinende interne rosafarbene Ver Komposit eine geringe zusätzliche mechanische färbungen z. B. durch Resorcinol („Russian red“) Erweiterung mit ProFile 60/.04 (Fa. Dentsply oder Kariesdetektoren von resorptiven Läsionen Maillefer, Ballaigues, Schweiz) unter Desinfektion abgegrenzt werden können. Das Sondieren auf mit 1%iger Natriumhypochlorit(NaOCl)-Lösung. das Vorhandensein einer Perforation ist nicht er- Aufgrund der Größe des apikalen Foramens von forderlich, da hierbei die dünnen Dentin- und mehr als 0,6 mm wurden der Wurzelkanal und der Schmelzbegrenzungen einbrechen können und resorptive Defekt schichtweise mit ProRoot MTA damit der Defekt einer erhöhten mikrobiellen In- (Fa. Dentsply Maillefer) gefüllt. Die endodonti- fektion ausgesetzt wird. sche Zugangskavität wurde bis 3 mm unterhalb Exzentrische Projektionen haben sich zur Un- der Schmelz-Zement-Grenze mit Komposit in terscheidung externer von internen Resorptionen Schichttechnik verschlossen. Sechs Monate post bewährt60. Während interne Resorptionen auf operativ war der Patient frei von Beschwerden dem Röntgenbild meist auf den Wurzelkanal zen- und der Zahn radiologisch unauffällig (Abb. 6b). triert abgebildet werden, verändert sich bei exter- nen Resorptionen die Lage der resorptiven Läsion bei exzentrischer Projektion nach lateral60. Diagnostik Für eine sichere radiologische Diagnostik wird die Kombination von intraoraler Röntgendiagnos- Anamnestisch sollten Schilddrüsenfehlfunktionen tik und der dentalen DVT empfohlen61–63. Der und dentale Traumata als Hinweise auf ein mögli- dreidimensional rekonstruierte Datensatz einer ches Auftreten interner Resorptionen in Betracht DVT-Aufnahme ermöglicht eine Beurteilung der gezogen werden. Im Verlauf der klinischen Be- Ausdehnung resorptiver Läsionen und ihrer Loka- fundaufnahme sind rosafarbene Farbveränderun- lisation (Abb. 9a bis c). Eine besondere Bedeutung gen („Pink spot“) der natürlichen Zahnkrone am der DVT-Aufnahme kommt der Diagnostik der Gingivarand häufig ein Hinweis auf eine weit fort- Lage einer Perforation zu. Eine optimale Diagnos- geschrittene aktive Resorption59. Trotz interner tik resorptiver Läsionen gelang unter In-vitro-Be- Ausdehnung haben diese Resorptionen häufig dingungen bei Voxelgrößen von 0,125 und ihre Ursache in einer externen Resorption (Abb. 7 0,160 mm64,65. 290 Endodontie 2021;30(3):285–303
Arnold Interne Resorptionen Abb. 7a und b a) Zahn 11 mit rosa Verfärbung der natürlichen Zahnkrone. b) In der sagittalen Ebene der DVT-Aufnahme lässt sich der externe Zugang der Resorption nachweisen und die vermutete interne Resorption widerlegen. a b a b c Abb. 8a bis c a) Durch den Schmelz schimmert durchblutetes resorptives Gewebe („Pink spot“). b) Auf der Röntgenausgangsaufnahme kann eine interne Resorption vermutet, apikal kein sicherer Befund erhoben werden. c) Mit der DVT-Aufnahme wird die Diagnose „externe Resorption bei fehlender apikaler Aufhellung“ gestellt; eine Wurzelkanalbehandlung kann vermieden werden. a b c Abb. 9a bis c Röntgendiagnostik zur Bestimmung der Lage der Resorption: a) Am Zahn 13 liegen eine apikale Aufhellung und im mittleren Wurzeldrittel eine unregelmäßige Aufhellung mit leicht exzentrischer Lage vor; es besteht der Verdacht auf eine externe Resorption. b und c) Auf der DVT-Aufnahme lässt sich in zwei kugelförmigen Ausdehnungen die intern begrenzte Resorption nachweisen und damit die Verdachtsdiagnose einer externen Resorption verwerfen. Endodontie 2021;30(3):285–303 291
Arnold Interne Resorptionen a b c Abb. 10 Zahn 35 mit einem Abb. 11a bis c Auf der DVT-Aufnahme bestätigt sich die ausgedehnte interne Resorption im mittleren ausgedehnten Zahnhartsubstanz- Wurzeldrittel. Eine apikale Aufhellung und eine fehlende apikale Konstriktion des Wurzelkanals deuten auf eine defekt im koronalen Wurzeldrittel. mikrobielle Infektion und zusätzliche apikale Resorption hin. Intrakoronale und intrakanaläre Fallbeispiel Befundaufnahme und Diagnostik Interne Resorption mit Perforation Zusätzliche Hinweise auf das Vorhandensein einer Der 41-jährige männliche Patient stellte sich zur Resorption finden sich unter Vergrößerung mit Beurteilung der Erhaltungsfähigkeit des Zahnes 35 der Lupenbrille oder dem Dentalmikroskop im vor (Abb. 10). Auf der DVT-Aufnahme konnte Verlauf der intrakoronalen und intrakanalären eine interne Resorption diagnostiziert werden Diagnostik (IKD)66. Mit der Eröffnung der Pulpa- (Abb. 11a bis c). Als Ursache für die mikrobielle kammer und der Darstellung der Wurzelkanal Infektion und die interne Resorption wurden eingänge wird der allgemeine Pulpabefund erho- eine Füllungsfraktur und ein Dentinriss bis in die ben. Typisch für interne Resorptionen in mittlerer Pulpakammer ermittelt (Abb. 12). Das koronale oder apikaler Lage ist ein nekrotischer Gewebe Pulpagewebe war bis in den resorptiven Defekt anteil im Bereich der Pulpakammer oder des koro- nekrotisch, im apikalen Wurzelanteil ließ sich nalen Wurzelkanaldrittels, während im apikalen durchblutetes restliches Pulpagewebe darstellen. Anteil und innerhalb des resorptiven Defekts Im mehrzeitigen Therapieverfahren wurde durchblutetes Gewebe erhalten geblieben sein das Gewebe entfernt und der Wurzelkanal mit kann. NaOCl in 3%iger Konzentration ultraschall Bei etwa 8facher Vergrößerung können das aktiviert gespült. Nach einer zwischenzeitlichen Dentin und die Pulpa innerhalb der endodonti- Exazerbation und wiederholten medikamentösen schen Zugangskavität auf physiologische und pa- Einlagen gelang es, den Wurzelkanal zu trocknen thologische Veränderungen beurteilt werden67,68. und die nach lingual perforierte resorptive Läsion Demineralisiertes Dentin als Folge einer Karies mit ProRoot MTA (Fa. Dentsply Sirona, Bensheim) kann von Ersatzgewebe als Folge einer Resorption zu verschließen. Als Platzhalter wurde ein indi differenziert werden. Nach der Entfernung weich- vidualisierter Guttaperchastift der Größe ISO 60 gewebiger Auflagerungen kann mit einer Mikro- locker eingelegt. Zum Folgetermin wurde das re- sonde unter elektrometrischer Kontrolle geprüft sorptiv erweiterte apikale Foramen mit ProRoot werden, ob Perforationen zum Parodont vor MTA verschlossen. Ein an das Lumen des Wurzel- liegen. kanals angepasster Glasfaserstift wurde vom 292 Endodontie 2021;30(3):285–303
Arnold Interne Resorptionen a b Abb. 12 Unter vergrößerter Sicht (8x) Abb. 13a und b a) Röntgenkontrolle nach Abschluss der Therapie mit geringer sind eine zentrale Füllungsfraktur apikaler MTA-Überpressung und b) nach 2 Jahren mit deutlich verkleinerter (Pfeile) und Sekundärkaries am Zahn 35 apikaler Aufhellung. zu erkennen. mittleren Wurzeldrittel bis 2 mm unterhalb der Bei der Anwendung der Desinfektionsmittel Kavitäten grenze mit Komposit zur Vermeidung dominierte Natriumhypochlorit in 2,5%iger Kon- einer Wurzelfraktur adhäsiv befestigt (Abb. 13a). zentration51,53,59,73,74. In wenigen Fällen wurden 4 Jahre nach Therapieabschluss ist der Patient be eine 1%ige Konzentration70,75 und 5%ige Kon- schwerdefrei und der Zahn in Funktion. Bereits zur zentration angewendet47,76. Nur in einem Fall 2-Jahres-Kontrolle hatte sich die ausgedehnte api- wurde NaOCl 5 % zusätzlich auf 40 °C erwärmt47. kale Aufhellung fast vollständig zurückgebildet Aufgrund seiner desinfizierenden und nekroly- (Abb. 13b). tischen Wirkung wird Kalziumhydroxid (Ca[OH]2) als intrakanaläre Einlage empfohlen, um verblie- bene Gewebeanteile aufzulösen77. Sein stark al- Therapie kalischer Charakter neutralisiert zusätzlich den pH-Wert im Bereich der Resorption über einen Die therapeutischen Verfahren erstrecken sich Zeitraum von 1 Woche und kann das Fortschrei- von rein orthograden bis zu parodontalchirurgi- ten der Resorption im Fall einer Perforation ver- schen oder resektiven Eingriffen. Bei Vorliegen ei- hindern helfen77. ner internen Resorption wurde bislang die voll- Wurde im Verlauf einer mehrzeitigen The- ständige Wurzelkanalbehandlung mit Entfernung rapie Ca(OH)2 verwendet, kamen zusätzlich des resorptiven Gewebes bei guter Prognose EDTA54,74,75,78,79 und in einigen Fällen Chlor empfohlen5,60. Bei perforierenden internen Re- hexidindiglukonat zum Einsatz78,80. sorptionen wurden häufig die resorptiven Defekte chirurgisch freigelegt, gesäubert und mit MTA verschlossen51,55,69,70. In einigen Fällen wurde Obturation zusätzlich ein chirurgisch resektiver Eingriff vor genommen71,72. Das Ziel des Verschlusses resorptiver Läsionen be- In histologischen Präparaten war der Anteil an steht einerseits darin, Nischen für eine bakterielle Mikroorganismen in den Resorptionslakunen ge- Reinfektion und Rekolonisierung dauerhaft zu ring, sodass eine mechanische Erweiterung der verschließen81, andererseits soll der Verlust an resorptiven Defekte nicht notwendig ist26. Zahnhartsubstanz kompensiert werden, um eine Endodontie 2021;30(3):285–303 293
Arnold Interne Resorptionen Fraktur der Wurzel zu vermeiden. Thermoplasti- wickelte. Dieser neue Therapieansatz wurde von sche vertikale Kompaktionsverfahren ermöglichen weiteren Einzelfallberichten bestätigt55,88,89. Als einen besseren Verschluss unregelmäßig geform- Voraussetzung wurde angenommen, dass einer- ter Wurzelkanäle mit Resorptionslakunen als Füll- seits vitales Gewebe erhalten sein muss und ande- techniken mit kalter Guttapercha82. Beachtens- rerseits keine apikale Aufhellung vorliegen darf. In wert sind jedoch die erhöhten Temperaturen einem weiteren Fallbericht wurde auch bei Vorlie- insbesondere bei der Nutzung der System-B-Tech- gen einer apikalen und lateralen Aufhellung mit nik, die bei resorptiven Läsionen auf der Wurzel- Fistel eine erfolgreiche Remineralisierung der re- oberfläche Schäden verursachen können83. Eine sorptiven Läsionen nachgewiesen79. Ähnlich wie sichere Füllmethode stellt die Squirt-Technik unter in den anderen Fällen lag eine Perforation mit Fis- Verwendung von thermoplastifizierter Guttaper tel vor, intraradikulär fand sich aber noch durch- cha in einer Applikationspistole dar. blutetes Gewebe. Für den orthograden Verschluss resorptiver Perforationen werden aktuell biokeramische Werkstoffe empfohlen84,85. In einer In-vitro-Un- Fallbeispiel tersuchung zur Stressverteilung und zum Fraktur- Reparative endodontische Therapie widerstand scheinen biokeramische Werkstoffe allein besser geeignet zu sein als eine Füllung mit Eine 29-jährige Patientin stellte sich mit einer aus- Guttapercha86,87. gedehnten internen Resorption am Zahn 12 und einer aktiven Fistel vor. Die Allgemeinanamnese war unauffällig. Ein dentales Trauma und eine kie- Reparative Therapie ferorthopädische Therapie konnten anamnestisch ausgeschlossen werden. Der Zahn war asympto- Ebeleseder & Kqiku stellten 2015 ein neues repa- matisch und klinisch unauffällig. Der thermische ratives Therapieverfahren vor. Es wurde gezeigt, und der elektrische Sensibilitätstest fielen negativ dass nach Entfernung des mikrobiell infizierten aus. Der Zahn 12 war vor 2 Jahren mesial mit ei- Gewebes das apikal der Resorption erhalten ge- ner dreiflächigen und bis zur Pulpakammer rei- bliebene Pulpagewebe zur hartgewebigen Neubil- chenden Kompositfüllung restauriert worden. dung genutzt werden kann80. Eine hartgewebige Röntgenologisch konnte der Fistelgang in Rich- Barriere bildete sich über weite Anteile der ehe- tung interner Resorption Zahn 12 mit einem ein- maligen Resorptionslakune, sodass auf eine kom- gelegten Guttaperchastift in der Größe ISO 25 plette Wurzelkanalbehandlung verzichtet werden dargestellt werden (Abb. 14a und b). Apikal lag konnte, ohne dass sich die Resorption weiterent- kein pathologischer Befund vor, sodass der Ver- Abb. 14a und b Neues Therapieverfah- ren bei frakturgefährdeten Wurzeln durch interne Resorptionen: a) klinische Ausgangssituation mit aktiver Fistel 5 mm paramarginal zwischen Zahn 12 und Zahn 11, b) Darstellung des Fistel- kanals am Zahn 12 in Richtung einer perforierenden internen Resorption. 294 Endodontie 2021;30(3):285–303
Arnold Interne Resorptionen a b Abb. 15 Bei 20facher Vergrößerung sind erste Mineralisatio- Abb. 16a und b a) Abschlusskontrolle nach Verschluss des koronal desinfizierten nen im durchbluteten Gewebe unter dem Dentalmikroskop Wurzelkanals mit leichter Überpressung in die Resorptionskavität. b) 5 Jahre nach RET zu erkennen. erscheint die Resorptionskavität teilweise mit mineralisiertem Gewebe gefüllt, ein Rezidiv ist nicht zu erkennen. dacht bestand, dass der apikale Wurzelanteil noch MicroOpener (Fa. Dentsply Maillefer, Ballaigues, mit vitalem Pulpagewebe versorgt war. Als Ver- Schweiz) zu verifizieren (Abb. 15). Auf eine wie- dachtsdiagnose wurde eine perforierende interne derholte Einlage wurde verzichtet, um keine zu- Resorption mit einer partiellen Pulpanekrose an- sätzlichen Gewebenekrosen zu provozieren. Auf genommen. das in Mineralisation befindliche Gewebe erfolgte Das Ziel der Therapie bestand darin, den stark die schichtweise Applikation von ProRoot MTA frakturgefährdeten Zahn zu erhalten. Unter Kof- mit sterilen Handpluggern. Nach dem dentin ferdam erfolgte die Präparation der endodonti- adhäsiven Verschluss mit Komposit erfolgten Nach schen Zugangskavität. Während der IKD fiel ka- kontrollen mit intraoralen Röntgenaufnahmen riös verfärbtes Dentin bis zur Pulpakammer auf. nach 3, 6, 12, 18 Monaten und 5 Jahren, um ein Nach der Eröffnung der Pulpakammer konnte mit mögliches Rezidiv rechtzeitig erkennen zu können einem Micro-Debrider 30/.02 (Fa. Dentsply Mail- (Abb. 16a und b). Die Fistel heilte bereits über den lefer) der nekrotische Anteil der Pulpa in toto ent- Zeitraum der medikamentösen Einlage nach fernt werden. Unter Sicht mit dem Dentalmikro 2 Wochen vollständig ab. Der Zahn war über den skop ließ sich durchblutetes Gewebe innerhalb der gesamten Kontrollzeitraum symptomlos. In der Resorptionslakune differenzieren. Nach der Bestä- radiologischen Gegenüberstellung von Ausgangs- tigung der Verdachtsdiagnose wurde das Konzept DVT und Kontroll-DVT nach 5 Jahren ist eine fast der „Reparative endodontic therapy“ (RET) ange- vollständige Mineralisation des resorptiven De- wendet. Es erfolgte nach der Desinfektion mit Na- fekts zu erkennen. Die zu Beginn der Therapie triumhypochlorit die Einlage von Kalziumhydroxid labial aufgelöste Knochenbegrenzung des Pro im koronalen Wurzelkanal unter Schonung des cessus alveolaris ist vollständig wiederhergestellt. durchbluteten Gewebes. Nach 4 Wochen wurde Im apikalen Wurzeldrittel ist der Wurzelkanal durch Spülung mit NaOCl und EDTA die medika- ohne Veränderung verengt. Ein apikaler patholo- mentöse Einlage ultraschallaktiviert entfernt. Unter gischer Befund ist nicht nachweisbar, sodass von dem Dentalmikroskop gelang es, eine erste Mine- einer erhaltenen Vitalität im apikalen Segment ralisation durch Sondierung mit einem sterilen ausgegangen werden kann (Abb. 17a und b). Endodontie 2021;30(3):285–303 295
Arnold Interne Resorptionen a b Abb. 17a und b a) Ausgangs-DVT in den 3 Ebenen mit Darstellung der labialen Perforation und lateralen Aufhellung, b) DVT zur Kontrolle 5 Jahre postoperativ auf ein Resorptionsrezidiv: Im Bereich der Perforation und innerhalb der Resorptionskavität scheint knochendichtes Gewebe vorzuliegen. Apikal liegt kein pathologischer Befund vor. Erfolgskontrolle und Langzeitprognose Fallbeispiel Verdacht auf Wurzelfraktur nach interner Die meisten publizierten Fälle mit einem vollstän- Resorption und RET digen Verschluss des Wurzelkanals und des re- sorptiven Defekts wurden über einen Zeitraum In der Retentionsphase zum Abschluss der kiefer- von 6 Monaten bis 4 Jahren nachkontrolliert, so- orthopädischen Therapie wurde bei einer 16-jäh- dass der unmittelbare therapeutische Erfolg nach- rigen Patientin ein Retainer von Zahn 12 auf 22 gewiesen werden konnte90. Langzeituntersu- mit Komposit befestigt. In der Abschlusskontrolle chungen liegen nur in wenigen Fällen vor53 fielen der Kieferorthopädin ein Zahnhartsubstanz- (Abb. 18a und b), sodass keine validen Aussagen defekt am Zahn 12 und eine Fistel auf und sie zur prognostischen Beurteilung und Frakturan überwies die Patientin zur weitergehenden Dia- fälligkeit getroffen werden können. gnostik und zahnerhaltenden Therapie (Abb. 19a und b). 296 Endodontie 2021;30(3):285–303
Arnold Interne Resorptionen Abb. 18a und b Langzeitkontrolle auf Wurzelfraktur und apikale Aufhellung: a) Abschlussaufnahme nach einzeitiger Wurzelkanalbehandlung am Zahn 22 mit Verschluss von zwei internen Resorptionen, b) Röntgenkontrolle nach 15 Jahren: Die apikale Aufhellung ist vollständig abgeheilt und es liegt keine Fraktur vor. a b a b Abb. 19a und b a) Fistel zwischen den kariesfreien Zähnen 13 und 12, b) Röntgenausgangsaufnahme von Zahn 12 mit internem Zahnhartsubstanzverlust und lateraler Aufhellung, schmelzdichte Strukturen in Höhe der Schmelz-Zement-Grenze bis in das koronale Wurzeldrittel. Die Allgemeinanamnese war unauffällig, ein und die Lage der Perforation ermitteln. Zusätzlich dentales Trauma war der Patientin nicht erin fiel eine linguale Invagination vom Typ II nach nerlich. Das Gebiss war kariesfrei. Intraoral fiel Oehlers mit einer minimalen mineralisierten Ab- labial zwischen Zahn 12 und 13 ein Fistelmaul im grenzung zum Wurzelkanal auf und konnte als Bereich der befestigten Gingiva auf. Die Sulkus- Ursache der mikrobiellen Infektion identifiziert sondierungswerte an den Zähnen waren unauf werden. fällig. Der Zahn 12 reagierte im Vergleich zu Das Ziel der Therapie bestand in der Erhaltung den Nachbarzähnen auf den thermischen und des Zahnes durch die Eliminierung der mikro elektrischen Sensibilitätstest negativ. Zur weiter- biellen Infektion. Mit der RET sollten eine zusätz gehenden radiologischen Diagnostik wurde eine liche Schwächung des fragilen Dentins in der DVT-Aufnahme angefertigt (Abb. 20a bis c). Resorp tionskavität vermieden und durch eine Mithilfe dieser Aufnahme ließen sich die weit ange strebte Remineralisation des Defekts die fortgeschrittene interne Resorption bestimmen Stabilität des Zahnes verbessert werden. Endodontie 2021;30(3):285–303 297
Arnold Interne Resorptionen a b c Abb. 20a bis c Ausschnittsvergrößerung aus DVT-Aufnahme von Zahn 12 in a) frontaler/koronaler Projektion mit Perforation distal (Pfeil), b) sagittaler Projektion mit ausgedehnter interner, perforierender Resorption und Dens invaginatus sowie einer lateralen Aufhellung auf Höhe der Perforation. c) In der horizontalen Ebene lässt sich eine weitere Perforation distal vermuten (Pfeil). Abb. 21a und b a) Palatinale Fläche der natürlichen Zahnkrone an Zahn 22 nach Entfernung des Retainers. Eine tiefe Fissur markiert den Zugang zur Invagination. b) Nach minimalinvasiver Freilegung wird der Zugang zu der ampullenförmig erweiterten Schmelz a b einstülpung sichtbar. Im Verlauf der IKD bestätigte sich nach Entfer- der Resorptionskavität durchblutetes Gewebe zu nung des Retainers das Vorhandensein eines Dens erkennen, sodass die antimikrobielle Therapie auf invaginatus. Nach minimalinvasiver Präparation den koronalen Anteil der Wurzel begrenzt wurde. der palatinalen Fissur gelang es, die Schmelzein- Das durchblutete Gewebe wurde im Verlauf der stülpung freizulegen und zu eröffnen (Abb. 21a Therapie mechanisch nicht irritiert. Die Desinfek- und b). Die Invagination wurde minimalinvasiv tion erfolgte mit ultraschallaktiviertem 3 % NaOCl. mit ProFile 15/.04 bis 30/.04 erweitert und nach Zweimal wurde über einen Zeitraum von 4 Wo- einer ultraschallaktivierten Spülung mit NaOCl chen Kalziumhydroxid in den koronalen Wurzelka- 3 % im Anschluss mit ProRoot MTA vollständig in nal eingelegt und die Zugangskavität mit Kompo- einer Sitzung verschlossen. sit dentinadhäsiv verschlossen. Acht Wochen nach Nach der Präparation der endodontischen Zu- Entfernung der medikamentösen Einlage mit Zitro- gangskavität und Eröffnung der Pulpakammer ließ nensäure 10 % ließ sich unter dem Mikroskop eine sich die nekrotische Pulpa mit einem Micro-Debri- erste Mineralisation auf dem durchbluteten Ge- der (Größe 30) in toto bis zur Resorption entfer- webe nachweisen (Abb. 22a und b). Diese wurde nen. Unter dem Dentalmikroskop war innerhalb im Anschluss mit ProRoot MTA überschichtet und 298 Endodontie 2021;30(3):285–303
Arnold Interne Resorptionen a b Abb. 22a und b a) Eine erste Mineralisation wird bei 20facher Vergrößerung sichtbar und mit einem Micro-Opener sondierbar. b) Ausschnittvergrößerung mit vergrößerter Darstellung der kubischen hellen Mineralisationen. Abb. 23a und b a) Intraorale Röntgen- aufnahme nach Abschluss der Therapie, b) Röntgenkontrolle nach 4 Jahren: Die Mineralisation der resorptiven Kavität ist fast vollständig abgeschlossen bei einem gleichmäßig verfolgbaren Desmodontalspalt. a b bis auf 2 mm unterhalb der Schmelz-Zement- Diskussion Grenze leicht mit einem Handplugger verdichtet. Die Zugangskavität wurde mit Komposit ver- Interne Resorptionen können an allen Zähnen schlossen (Abb. 23a). Über den Zeitraum von auftreten. Auf der Basis von Literaturauswertun- 4 Jahren ließ sich eine zunehmende Mineralisation gen und publizierten Fallserien wird eine höhere des Zahnhartsubstanzdefekts bei apikal weiterhin Inzidenz für Schneidezähne vermutet90. Es kann unauffälligen Verhältnissen nachvollziehen. Die angenommen werden, dass interne Resorptionen seitlichen Einziehungen am Desmodontalspalt an Molaren und Prämolaren deshalb eine gerin- kennzeichnen die Bereiche der ehemalig perforie- gere Aufmerksamkeit erlangen, weil deren Erhal- renden Resorption. Eine Unterbrechung des Des- tungsmöglichkeiten schlechter eingeschätzt wer- modontalspalts ist nicht zu erkennen. Eine Disloka- den und eine schnellere Extraktion der betroffenen tion des koronalen vom apikalen Anteil der Wurzel Zähne erfolgt, als dies bei ästhetisch bedeutsamen fand über den Beobachtungszeitraum nicht statt, Schneidezähnen der Fall ist. Interne Resorptionen sodass vermutet werden kann, dass keine Wurzel- treten besonders häufig an Zähnen mit infizierter fraktur eingetreten ist (Abb. 23b). Pulpanekrose und apikaler Parodontitis auf und Endodontie 2021;30(3):285–303 299
Arnold Interne Resorptionen setzen in jedem Fall vitale Anteile des Pulpa 9. Wedl C. Pathologie der Zähne mit besonderer Rücksicht auf Anatomie und Physiologie. Verlag Arthur Felix, gewebes voraus26,49. Mit der Zunahme des 1870:143. Zahnhartsubstanzverlustes steigt die Gefahr der 10. Schweitzer G. Interne Granulome in der Zahnpulpa und ihre resorbierende Wirkung im Innern des Zahnkörpers. Wurzel perforation und in seltenen Fällen der Die „Rosa-Flecken“ – (pink spots) Krankheit der Zähne. Dtsch Zahnärztl Wochenschr 1931;34:175–193. Wurzelfraktur. Die RET bei apikal erhaltenem 11. Anil S, Raji MA, Beena VT, Vijayakumar T. Fracture of Pulpagewebe ermöglicht im Fall von extremen tooth by internal resorption: case report. Endod Dent Traumatol 1993;9:79–80. Resorptionen eine biologische Reparatur der 12. Domon T, Sugaya K, Yawaka Y et al. Electron microscopic Defek te, sodass auf kombinierte endodontisch- and histochemical studies of the mononuclear odontoclast of the human. 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