INTERVIEW KONVERGENZ - BAFIN JOURNAL

 
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INTERVIEW KONVERGENZ - BAFIN JOURNAL
BaFin
 Journal
                           August 2018

                                                           Interview

                                                           Konvergenz
                                                           BaFin-Exekutivdirektorin Roegele
                                                           zur Verbindlichkeit
                                                           der ESMA-Maßnahmen

                                                           Seite 7

                                                                                                     © Bernd Roselieb

Globaler Kapitalstandard         Zuwendungen                           Cybersicherheit
Antworten zum ICS                Verbot mit Ausnahme:                  BaFin-Abfrage bei deutschen
für international tätige         Verschärfte Spielregeln für           Versicherern
Versicherungsgruppen             Provisionen und andere Vorteile       Seite 10
Seite 28                         Seite 15
INTERVIEW KONVERGENZ - BAFIN JOURNAL
Themen                                                                                                                           Zweiter
                                                                                                                                 Textanker

                                                                                 Stresstest 2018
                                                                                 EIOPA prüft Versicherungsgruppen:
                                                                                 Ziel und Inhalte
                                                                                                                 Seite 32

Unternehmen                                                                      Internationales
4		    BaFin-Direktorium ÜG                                                      20		   SREP KF
4		    Versicherungsvertrieb VP                                                  21		   Beschwerdeabwicklung KF/WM
5		    Meldewesen KF                                                             21		   EU-Pass KF
5		    Erstversicherer VP                                                        22		   Eigenmittel KF
5		    Warenderivate WM                                                          23		   Abwicklungskollegien AW
5		    Kritische Infrastrukturen KF                                              23		   Risiken KF
5		    Zielmarkt WM                                                              24		   Versicherungsvertrieb VP
6		    Verbundene Kunden KF                                                      24		   Krisenfälle bei Versicherern VP
6		    Liquidität KF                                                             24		   Cyber-Versicherung VP
6		    Schriftenreihe ÜG                                                         25		   Insolvenzschutz VP
6		    Anstehende Termine ÜG                                                     25		   Schattenratings ÜG
7		    Konvergenz WM                                                             26		   Wichtige Termine ÜG
10     Cybersicherheit VP                                                        26		   Kryptotoken ÜG
                                                                                 26		   Finanzmarktinfrastrukturen WM
Verbraucher                                                                      27		   Weitere internationale Konsultationen ÜG
12		   Warnung ÜG                                                                28     Globaler Kapitalstandard VP
12		   Fehlender Verkaufsprospekt WM                                             32     Stresstest 2018 VP
13		   Klarstellungen: Fehlende Zulassung ÜG
13		   Einstellung unerlaubter Geschäfte ÜG                                      Bekannt­machungen
14		   Abwicklung unerlaubter Geschäfte ÜG
15     Zuwendungen WM
                                                                                                                                                                   © Foto: iStockphoto.com/timsa

KF = Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute; VP = Versicherer und Pensionsfonds; WM = Wertpapierfirmen und Märkte; AW = Abwicklung; ÜG = Übergreifendes

BaFin Journal | August 2018                                                                                                                                  |2
INTERVIEW KONVERGENZ - BAFIN JOURNAL
Editorial
                         Liebe Leserinnen und Leser,                Und auch die europäische Versiche-
                                                                    rungsaufsichtsbehörde EIOPA fühlt den
                         um den Anlegerschutz zu fördern und        Versicherern derzeit auf den Zahn. Der
                         stabile sowie funktionsfähige Finanz-      morgige 16. August ist ein wichtiger
                         märkte in der EU sicherzustellen, wirkt    Stichtag beim diesjährigen Stresstest:
                         die Europäische Wertpapier- und            Dann müssen die Teilnehmer die aus-
                         Marktaufsichtsbehörde ESMA unter           gefüllten Unterlagen bei den natio­
                         anderem darauf hin, die Konvergenz         nalen Aufsichtsbehörden einreichen.
                         in der Kapitalmarktaufsicht zu för-        Einzelheiten erfahren Sie im Beitrag ab
                         dern – insbesondere durch Leitlinien       Seite 32.
                         sowie Fragen und Antworten (Q&As).                                                                  Dr. Sabine Reimer,
                         Doch inwiefern sind diese für deutsche     Ab Seite 15 schließlich finden Sie Teil                  Leiterin Kommunikation
                         Marktteilnehmer verbindlich? BaFin-­       drei der Serie, mit der das BaFinJournal
                         Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele       Verbraucher über die wichtigsten Neue-
                         nimmt im Interview ab Seite 7 Stellung.    rungen der MiFID II informiert. Diesmal
                                                                    im Fokus: das neue Zuwendungsregime.
                         Auf globaler Ebene entwickelt die
                         Internationale Vereinigung der Versi-      Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen
                         cherungsaufsichtsbehörden IAIS der-
                         zeit den International Capital Standard,
                         einen globalen Kapitalstandard für

                                                                    1.000
                         große, international tätige Versiche-      Dr. Sabine Reimer
                         rungsgruppen. Er soll Teil des gemein-
                         samen Rahmenwerks (ComFrame) für
                         diese Unternehmen werden. Ende Juli
                         startete die IAIS dazu zwei umfassende
                                                                                 Mehr als

                         Konsultationen. Der Beitrag ab Seite 28
                         erläutert zahlreiche Einzelaspekte rund
                         ums Thema und erklärt, welche Schritte
                         in den nächsten Jahren anstehen.

                         Versicherer wie auch Pensionsfonds
                         sind traditionell stark von ihrer Infor­
                         mationstechnik (IT) abhängig und damit
                         auch Cyberrisiken ausgesetzt. In den

                                                                        Fragen & Antworten
                         vergangenen Jahren hat sich die Gefahr
                         von Cybervorfällen insgesamt ver-

                                                                    44
                         schärft. Um mehr über den Umgang der
                         Unternehmen mit ihren Cyber­risiken

                                                                                          Leitlinien
                         zu erfahren, hat die BaFin bei allen
© Foto: Bernd Roselieb

                         deutschen ­Versicherungsunternehmen
                         und Pensionsfonds mit Ausnahme
                         der Sterbe­kassen eine Abfrage durch­
                         geführt. Über die Ergebnisse informiert                                          Interview mit BaFin-Exekutivdirektorin Roegele
                         der Beitrag ab Seite 10.                                                         zur Verbindlichkeit der ESMA-Maßnahmen

                         BaFin Journal | August 2018                                                                                        Editorial | 3
INTERVIEW KONVERGENZ - BAFIN JOURNAL
Unternehmen
        Fachbeiträge und Kurzmeldungen
        zu aktuellen Aufsichts-
        und Abwicklungsthemen

BaFin-Direktorium                                                Versicherungsvermittlern sowie zum Risikomanagement im
                                                                 Vertrieb grundlegend überarbeitet. Anlass war im Wesent-
Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele                             lichen das Umsetzungsgesetz zur Versicherungsvertriebs­
wird ­Vizepräsidentin                                            richtlinie, die unter anderem Regelungen zum Direktvertrieb,
                                                                 zum Produktfreigabeverfahren, zur Weiterbildungspflicht
ÜG Mit Wirkung zum 1. August hat Exekutivdirektorin              sowie zur Vertriebsvergütung und zu Interessenkonflikten ge-
­ lisabeth Roegele das Amt der Vizepräsidentin der BaFin
E                                                                schaffen hat. Außerdem wurden als nationale Besonder­heiten
übernommen. Präsident Felix Hufeld überreichte Roegele           das Verbot von Sondervergütungen, das insbesondere das
kürzlich das Ernennungsschreiben des Bundesministeriums          Provisionsabgabeverbot beinhaltet, und Anforderungen an
der Finanzen.                                                    die Durchleitung eines Großteils der Kosten für die Versiche-
                                                                 rungsvermittlung beim Tätigwerden von Versicherungsbera-
Der Vizepräsidentin obliegt die ständige Vertretung des          tern (Durchleitungsgebot) in das Versicherungsaufsichtsgesetz
­Präsidenten. Seit Karl-Burkhard Caspari, Vizepräsident der      (VAG) eingefügt.
 BaFin von 2002 bis 2015, in den Ruhestand getreten ist, blieb
 die Funktion unbesetzt. Das Bundesfinanzministerium ernennt     Das neue Vertriebsrundschreiben gibt den Versicherungs­
 die Vizepräsidentin/den Vizepräsidenten auf Vorschlag des       unternehmen und Pensionsfonds Hinweise für die praktische
 Präsidenten der BaFin. ■                                        Anwendung der neuen Vorgaben. Es spiegelt die Erwartun-
                                                                 gen der BaFin wider. Diese hatte das Rundschreiben zuvor
                                                                 konsultiert. Aufgrund der insgesamt mehr als 20 Stellungnah-
Versicherungsvertrieb                                            men nahm sie anschließend einige wichtige Änderungen vor.
                                                                 Näheres kann den Erläuterungen entnommen werden, die
                                                                                                                                 © Foto: Gresei/fotolia.com

Rundschreiben zur Zusammenarbeit mit Versiche-                   zusammen mit dem Rundschreiben und dem Muster für eine
rungsvermittlern sowie zum ­Risikomanagement                     Beratungsbescheinigung auf der Internetseite der BaFin ver­
                                                                 öffentlicht sind. ■
VP Wie bereits angekündigt (siehe BaFinJournal August 2017),
hat die BaFin das Rundschreiben zur Zusammenarbeit mit

BaFin Journal | August 2018                                                                                 Unternehmen | 4
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Meldewesen                                                         Kritische Infrastrukturen
Finanz- und Risikotragfähigkeitsinformationen:                     BaFin wird BAIT um spezielles Modul ergänzen
Überarbeitete Verordnung in Kraft
                                                                   KF Die BaFin wird die Bankaufsichtlichen Anforderungen an
KF Mitte Juli ist die Zweite Verordnung zur Änderung der           die IT (BAIT) zeitnah um ein Modul zu Kritischen Infrastruk-
Finanz- und Risikotragfähigkeitsinformationenverordnung            turen im Finanz- und Versicherungswesen ergänzen, das sie
(FinaRisikoV) in Kraft getreten. Sie gewährt Instituten, die       derzeit in Abstimmung mit dem Bundesamt für Sicherheit in
Finanzinformationen an die Aufsicht melden müssen, einige          der Informationstechnik (BSI) erarbeitet. Das Modul wird sich
Erleichterungen.                                                   an die Unternehmen richten, die gemäß BSI-Kritis-Verordnung
                                                                   Betreiber Kritischer Infrastrukturen sind. Die Präsidenten der
Ab sofort können die Institute von den verlängerten Ein-           BaFin und des BSI, Felix Hufeld und Arne Schönbohm, haben
reichungsfristen, die die Änderungsverordnung vorsieht,            die Geschäftsleitungen der betroffenen Unternehmen in
Gebrauch machen. Auch die wegfallenden Meldevordrucke              einem Schreiben über die Hintergründe informiert.
müssen ab sofort nicht mehr eingereicht werden.
                                                                   Das KRITIS-Modul soll beschreiben, welche zusätzlichen
Hinsichtlich der überarbeiteten Meldevordrucke gilt eine           Anforderungen zu berücksichtigen sind, um den Nachweis
Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2018. Genauere Erläute-        gemäß § 8a Absatz 3 BSI-Gesetz durch den Jahresabschluss-
rungen hierzu finden Sie auf der Internetseite der BaFin. ■        prüfer zu erbringen, der im Rahmen der Prüfung des Risiko-
                                                                   managements und der Geschäftsorganisation gleichzeitig die
                                                                   Erfüllung der Anforderungen des § 8a Absatz 1 BSI-Gesetz
Erstversicherer                                                    überprüft und bestätigt. ■

Betrieb des Rückversicherungsgeschäfts im Ausland
                                                                         Linkempfehlung zum Thema
                                                                      Das Schreiben finden Sie unter:
VP Die BaFin hat die Voraussetzungen für den Betrieb des
                                                                      www.bafin.de » Recht & Regelungen
Rückversicherungsgeschäfts durch deutsche Erstversicherer
                                                                      » Verwaltungspraxis » Auslegungsentscheidungen
im Ausland in einer Auslegungsentscheidung zusammen­
gefasst. Diese thematisiert sowohl Rückversicherungs­
geschäfte in der EU beziehungsweise dem Europäischen
Wirtschaftsraum (EWR) als auch in Drittstaaten.                    Zielmarkt
Letztere hatte die BaFin bereits im Jahr 2010 in einer Aus­        BaFin konsultiert Auslegungsschreiben
legungsentscheidung berücksichtigt. Um den Erstversiche-
rern ein umfassendes Bild im Hinblick auf Rückversicherungs­       WM Die BaFin hat den Entwurf eines Auslegungsschreibens
geschäfte im Ausland zu geben, hat sie nun beide Aspekte in        zur Bestimmung der Anlegergruppe (Zielmarkt) in Verkaufs-
einer Veröffentlichung zusammengefasst. ■                          prospekten und in Vermögensanlagen-Informationsblättern
                                                                   (VIB) nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) zur
                                                                   Konsultation gestellt. Darin konkretisiert sie, welche Angaben
Warenderivate                                                      der Verkaufspros­pekt und das VIB enthalten müssen, um die
                                                                   gesetzlichen Mindestanforderungen an den Inhalt zu erfüllen.
Allgemeinverfügungen zu Positionslimits                            Stellungnahmen sind noch bis zum 17. August möglich.

WM Die BaFin hat weitere Allgemeinverfügungen erlassen,            Seit dem 3. Januar 2018 ist in Verkaufsprospekten für Vermö-
die Positionslimits auf Warenderivate festlegen. Sie gelten seit   gensanlagen die Anlegergruppe anzugeben, auf die die Ver-
dem 20. Juli. Marktteilnehmer hatten bis zum 16. Juli Gelegen-     mögensanlage abzielt, vor allem im Hinblick auf den Anlage-
heit, zu den Entwürfen Stellung zu nehmen.                         horizont des Anlegers und seine Fähigkeit, Verluste zu tragen,
                                                                   die sich aus der Vermögensanlage ergeben könnten. Seit
Hintergrund ist §§ 54 ff. des neuen Wertpapierhandels­             Mitte Juli ist aufgrund des Gesetzes zur Ausübung von Optio­
gesetzes (WpHG). Seit Anfang des Jahres hatte die BaFin            nen nach der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung
auf dieser Grundlage bereits mehrere Allgemeinverfügungen          weiterer Finanzmarktgesetze diese Angabe auch in das VIB
erlassen (siehe BaFinJournal Januar 2018 und Februar 2018). ■      aufzunehmen. ■

BaFin Journal | August 2018                                                                                    Unternehmen | 5
INTERVIEW KONVERGENZ - BAFIN JOURNAL
Verbundene Kunden                                                           BaFin-Präsident Felix Hufeld geht in einem Artikel auf die auf-
                                                                            sichtlichen und regulatorischen Implikationen von Big Data
BaFin konsultiert Rundschreiben                                             und künstlicher Intelligenz ein (siehe dazu auch BaFinJournal
zu Umgang mit Verflechtungen                                                Juni 2018). Professor Philipp Sandner, Frankfurt School Block-
                                                                            chain Center, befasst sich in einem weiteren Artikel mit der
KF Wann stellen Kunden aufgrund von Verflechtungen ein                      Sicherheit der Blockchain-Technologie; Autoren der BaFin
einheitliches Risiko dar und sind daher als „Gruppe verbun-                 thematisieren deren Regulierung. Professor Stephan Paul,
dener Kunden“ zusammenzufassen? Die BaFin hat dazu ein                      Ruhr-Universität Bochum, äußert sich in einem Interview zur
Rundschreiben entwickelt und zur Konsultation gestellt. Es                  Digitalisierung der Banken. Außerdem enthalten: ein Beitrag
wird Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA                 über die IT-Sicherheit von Banken und Versicherern.
(siehe BaFinJournal Dezember 2017) in die deutsche Verwal-
tungspraxis umsetzen. Stellungnahmen nimmt die BaFin noch                   Vertiefte Einblicke
bis zum 17. August entgegen.                                                Mit ihrer neuen Schriftenreihe will die BaFin in Ergäzung
                                                                            zum monatlichen BaFinJournal ein Format etablieren, das
Das Rundschreiben konkretisiert den Begriff „Gruppe verbun­                 die Diskussion über Regulierung und Aufsicht fördert.
dener Kunden“ gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 39 der                        ­BaFinPerspektiven soll darüber hinaus Vertretern der Finanz-
europäischen Eigenmittelverordnung (Capital Requirements                     wirtschaft und ihrer Verbände, Verbraucherschützern sowie
Regulation – CRR). Dieser spielt beispielsweise bei den Groß-                Experten aus der Wissenschaft und Journalisten vertiefte
kreditvorschriften eine Rolle. ■                                             Einblicke in zentrale regulatorische und aufsichtliche Themen
                                                                             verschaffen.

Liquidität                                                                  Die Schriftenreihe wird strategische Fragen und Regulierungs-
                                                                            vorhaben abseits der tagesaktuellen Berichterstattung
BaFin konsultiert Rundschreiben zu Offenlegung                              beleuchten und aus unterschiedlichen Blickwinkeln umfassend
                                                                            bewerten. Sie erscheint zweimal jährlich jeweils in deutscher
KF Die BaFin hat den Entwurf eines Rundschreibens zur O  ­ ffen-            und in englischer Sprache auf der Internetseite der BaFin. ■
legung der Liquiditätsdeckungsquote zur Konsultation gestellt.
Es soll die entsprechenden Leitlinien der Europäischen Banken-
aufsichtsbehörde EBA vom Juni 2017 umsetzen, die die Vorga-
ben zur Offenlegung des Liquiditätsrisikomanagements gemäß
Artikel 435 der Eigenmittelverordnung (Capital R­ equirements
                                                                               Auf einen Blick
Regulation – CRR) ergänzen. Erster Stichtag für die Offen­
legung soll der 31. Dezember 2018 sein. Stellungnahmen zum                     Anstehende Termine
Entwurf nimmt die BaFin noch bis zum 31. ­August entgegen.
                                                                               19. Sep        15. Praxisforum Wirtschaftskriminalität
Die Leitlinien konkretisieren, welche Aufsichtspraktiken der Offen-                           und Kapitalmarkt, Frankfurt a. M.
legung innerhalb des Europäischen Finanzaufsichtssystems aus
Sicht der EBA angemessen sind und wie das Unionsrecht in die-                  27. Sep        IT-Aufsicht bei Banken, Frankfurt a. M.
sem Bereich angewendet werden sollte. Die nationalen Behörden
sollen die Leitlinien, die sich in erster Linie an die Institute richten,      30. Okt        Abwicklungs-Konferenz, Frankfurt a. M.
in geeigneter Weise in ihre Aufsichtspraxis integrieren. ■
                                                                               13. Nov        Jahreskonferenz der
                                                                                              Versicherungsaufsicht, Bonn
Schriftenreihe
                                                                               19. Nov        Transparenzworkshop, Frankfurt a. M.
Premiere für „BaFinPerspektiven“
                                                                               26. Nov        Workshop zur Integration von
ÜG Anfang August ist die erste Ausgabe der neuen Schriften-                                   ESG-Faktoren ins Risikomanagement
reihe BaFinPerspektiven erschienen. Schwerpunkt ist das                                       von Versicherern
Thema Digitalisierung. Die BaFin will damit die Diskussion
über den aufsichtlichen und regulatorischen Umgang mit der                     12. Dez        Fachtagung Geldwäsche und
Digitalisierung vorantreiben und das Bewusstsein für deren                                    Terrorismusfinanzierung, Bonn
riskante Seiten schärfen.

BaFin Journal | August 2018                                                                                              Unternehmen | 6
INTERVIEW KONVERGENZ - BAFIN JOURNAL
Konvergenz
BaFin-Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele:
„Die Maßnahmen der ESMA greifen mittelbar gegenüber
sämtlichen Marktteilnehmern“

WM Die Europäische Wertpapier- und        bewertung für Investoren, Märkte und                 wie Richtlinien und Verordnungen
Marktaufsichtsbehörde ESMA verfolgt       Finanzstabilität, die direkte Aufsicht               (Level-1-Ebene).1 Zur Förderung der
den Zweck, den Anlegerschutz zu för-      über bestimmte Finanzinstitute und                   Konvergenz erarbeitet sie – ebenso
dern und stabile sowie funktionsfähige    die Förderung der Konvergenz in der                  wie ihre Pendants für die Banken­
Finanzmärkte in der EU sicherzustellen.   Kapitalmarktaufsicht (siehe Infokasten               aufsicht und die Aufsicht über das Ver-
Dabei stehen vier Bereiche im Fokus:      Seite 8).                                            sicherungswesen und die betriebliche
die Finalisierung des einheitlichen                                                            Altersversorgung, EBA und EIOPA – im
Regelwerks (Single Rulebook) für die      Dabei arbeitet die ESMA auf Grundlage                Rahmen ihrer Befugnisse Level-3-
europäischen Finanzmärkte, die Risiko-    rechtlich verbindlicher EU-Regelungen                Maßnahmen und andere Konvergenz­
                                                                                               instrumente, deren Ziel eine e
                                                                                                                            ­ inheit­liche
                                                                                               Rechtsauslegung und -anwendung
                                                                                               durch die nationalen Aufsichtsbehör-
                                                                                               den ist. Als Instrumente der Aufsichts-
                                                                                               konvergenz spielen in der Praxis ins-
                                                                                               besondere Leitlinien sowie Fragen und
                                                                                               Antworten (Questions and Answers –
                                                                                               Q&As) eine bedeutende Rolle.

                                                                                               Frau Roegele, die ESMA nutzt sehr
                                                                                               viele Konvergenz­instrumente. Ist das
                                                                                               angemessen?
                                                                                               In der Tat, die Zahl der Leitlinien und
                                                                                               Empfehlungen, der Q&As und Stellung-
                                                                                               nahmen ist in den vergangenen Jahren
                                                                                               stetig gestiegen. Dies ist auch nach-
                                                                                               vollziehbar, wenn man sich vor Augen
                                                                                               führt, dass europäische Richtlinien und
                                                                                               Verordnungen oft einen konkretisie-
                                                                                               rungsbedürftigen Kompromiss darstel-
                                                                                               len. Diesen gilt es mit Leben zu füllen

                                                                                               1 Daneben zählen zu den rechtlich verbindlichen
                                                                                                 Regelungen auf EU-Ebene insbesondere
                                                                            © Bernd Roselieb

                                                                                                 die Level-2-Maßnahmen nach Artikel 10 ff.
                                                                                                 und ­Artikel 15 der ESA-Verordnungen, also
                                                                                                 Technische Regulierungs- und Durchführungs-
                                                                                                 standards. Diese werden von den europäischen
                                                                                                 Aufsichtsbehörden entwickelt und von der
                                                                                                 Kommission bestätigt.

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INTERVIEW KONVERGENZ - BAFIN JOURNAL
und in europaweit einheitliche Maßnah-     praxis übernimmt. Denn dadurch rich-        Transparenz noch erhöhen kann, kann
men zu übersetzen.                         tet die BaFin ihr Verwaltungshandeln an     man natürlich immer diskutieren.
                                           den Vorgaben der Leitlinien und Q&As
Wie viele solcher Maßnahmen hat es         aus. Hierdurch entsteht in der Regel        Die Stärkung der Konvergenz in der
in den vergangenen Jahren gegeben?         eine Selbstbindung der Verwaltung, die      Kapitalmarktaufsicht an sich ist aber
Die bedeutsamsten Konvergenzinstru-        gegenüber sämtlichen Marktteilneh-          dringend geboten, um das Risiko einer
mente sind Leitlinien und Q&As. Bislang    mern greift.                                Aufsichtsarbitrage innerhalb der EU zu
hat die ESMA 44 Leitlinien erlassen und                                                reduzieren. Das von der ESMA geför-
über 1.000 Q&As veröffentlicht.            Manche Unternehmen und Verbände             derte Level-Playing-Field schafft ein-
                                           sehen die Konvergenzbestrebungen            heitliche Aufsichtsstandards und bietet
Wendet die BaFin alle Maßnahmen            der ESMA und der BaFin kritisch.            somit gleiche Chancen im gesamten
der ESMA an?                               ­Wogegen richtet sich ihre Kritik?          europäischen Markt. Das ist aber nicht
Wir streben an, die Auslegung von           Es gibt mehrere Punkte, an denen sich      der einzige Grund, warum mehr Kon-
ESMA möglichst vollständig in unsere        einige Marktteilnehmer stoßen. Ihre        vergenz den Marktteilnehmern direkt
Verwaltungspraxis zu übernehmen. Dies       Kritik richtet sich vor allem gegen die    zugutekommt.
entspricht auch der Erwartungs­haltung      hohe Zahl der
der ESMA. Derzeit gibt es nur drei Leit-    Konvergenz­
linien und eine Q&A, die wir nicht voll-    instrumente, vor
                                                                        „Mehr Konvergenz erhöht die Sicherheit
ständig in unserer Verwaltungspraxis        allem der Q&As,
anwenden.                                   und dagegen,                und Transparenz in Auslegungsfragen
                                            dass die ESMA               und verbessert die Vergleichbarkeit der
Wie erfahren Marktteilnehmer, wel-          diese weder                 Aufsicht“
che die BaFin anwendet und welche           vorab konsultiert
nicht?                                      noch übersetzt.
Wir sind hier sehr transparent. Markt-
teilnehmer können sich auf u­ nserer       Ist die Kritik aus Ihrer Sicht gerecht-     Warum noch?
Internetseite darüber informieren,         fertigt?                                    Zum einen, weil sie die Sicherheit
welche Leitlinien und Q&As die BaFin       Sicherlich ist die große Zahl der Maß-      und Transparenz in Auslegungsfragen
anwendet und welche nicht oder nur         nahmen und vor allem der vielen detail-     erhöht. Zum anderen verbessert eine
teilweise – übrigens nicht nur in ­­­      lierten Q&As für die Marktteilnehmer        stärkere Konvergenz auch die Vergleich-
Bezug auf Maßnahmen der ESMA,              eine Herausforderung, insbesondere          barkeit der Aufsicht.
­sondern aller europäischen Aufsichts-     für die kleineren Institute und Emitten-
 behörden.                                 ten. Allerdings sind natürlich nicht alle   Eine weitgehend vereinheitlichte Ver-
                                           Vorgaben für jeden Marktteilnehmer          waltungspraxis erleichtert es den
Sind Leitlinien und Q&As der euro-         einschlägig. Das kommt ganz auf die         Marktteilnehmern daher auch, ihre
päischen Aufsichtsbehörden denn            jeweilige Tätigkeit an. Dank der Inhalts-   Tätigkeiten grenzüberschreitend zu
für die deutschen Marktteilnehmer          verzeichnisse innerhalb der Dokumente       entfalten. Wir dürfen nicht vergessen,
rechtlich verbindlich?                     und der Hinweise auf der Internetseite      dass die Fragen ja häufig auch von den
Diese Konvergenzinstrumente sind für       der ESMA lässt sich schnell identifizie-    Unternehmen und Verbänden selbst
die Marktteilnehmer zwar zunächst          ren, welche Maßnahmen für den jeweili-      gestellt wurden. Das zeigt, dass der
rechtlich unverbindlich. Allerdings        gen Marktteilnehmer relevant sein kön-      Bedarf an Antworten der Aufsichts­
entfalten sie eine mittelbare Wirkung,     nen. Über die Frage, ob und wie man         behörden hoch ist.
wenn die BaFin sie in ihre Verwaltungs-    einzelne Prozesse verbessern oder die
                                                                                       Die BaFin versucht, ihren Teil dazu bei-
                                                                                       zutragen, dass die Marktteilnehmer
                                                                                       europaweit eine möglichst einheit­
   Definition
                                                                                       liche Praxis vorfinden. Zugleich behält
                                                                                       sie aber die Besonderheiten des deut-
   Aufsichtskonvergenz
                                                                                       schen Finanzmarkts im Blick und unter-
   Aufsichtskonvergenz bedeutet, eine gemeinsame Aufsichtskultur zu schaffen,          stützt Marktteilnehmer und Verbände
   die Kohärenz der Aufsichtspraktiken sicherzustellen und einheitliche Verfah-        zudem auf vielfältige Weise, hinsicht-
   ren in der gesamten Union zu gewährleisten.                                         lich der Konvergenzmaßnahmen auf
                                                                                       dem aktuellen Stand zu bleiben.

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INTERVIEW KONVERGENZ - BAFIN JOURNAL
Organisation und Durchfüh-              Was ist Ihre Botschaft an die Markt-
   „Das System der Peer Reviews
                                                        rung vergleichender Analysen            teilnehmer?
   hat sich bewährt, ebenso wie                         zu zentralisieren und den               Konvergenz in der Kapitalmarktaufsicht
   die Datensammlung durch die                          europäischen Aufsichtsbehör-            erfüllt keinen Selbstzweck, sondern
                                                        den – insbesondere der ESMA –           ist notwendig, um einen einheitlichen
   nationalen Aufsichtsbehörden“
                                                        direkte Daten- und Informa-             europäischen Kapitalmarkt zu ermög­
                                                        tionsbefugnisse gegenüber               lichen und den Finanzplatz Deutschland
                                                        den Marktteilnehmern einzu-             zu stärken. Insofern gilt: Die Regeln des
Was tut die BaFin konkret?                      räumen, sind aus unserer Sicht der fal-         Single Rulebooks für die Finanzmärkte
Bei allen drei europäischen Aufsichts-          sche Weg. Hier hat sich das bisherige           der EU müssen für vergleichbare Markt-
behörden hat die BaFin sowohl in den            System bewährt – das der Peer Reviews,          teilnehmer in allen Mitgliedsländern
Arbeitsgruppen als auch im Rat der              also der gegenseitigen Überprüfung              effektiv, effizient und einheitlich ange-
Aufseher ein wachsames Auge d        ­ arauf,   der nationalen Aufseher, ebenso wie die         wandt werden. Die europäischen Auf-
dass Leitlinien und Q&As den Beson-             Datensammlung durch die nationalen              sichtsbehörden sind aus ihren Grün-
derheiten des deutschen Markts Rech-            Aufsichtsbehörden, die die Informa­             dungsverordnungen heraus mandatiert,
nung tragen. Sie kennt diesen besser            tionen dann an EBA, EIOPA oder eben             eine einheitliche Aufsichtskultur mittels
und kann daher auch eher gewährleis-            ESMA weitergeben.                               entsprechender Konvergenz­instrumente
ten, dass eine effektive und e  ­ ffiziente                                                     zu fördern. Die BaFin gestaltet diese
Aufsicht stattfindet, in der diese Beson-       Um Unternehmen und Verbände auf                 aktiv mit – auch für die hiesigen
derheiten adäquat B   ­ erücksichtigung         dem aktuellen Stand zu halten, orga-            Marktakteure.
finden. Daher ist es so wichtig, die            nisiert die BaFin regelmäßig fach­
­europäischen Aufsichtsbehörden                 bezogene Workshops. Die Wertpapier-             Diese können und sollten sich im eige-
 als von ihren Mitgliedern getragene            aufsicht beispielsweise bietet im               nen Interesse über die Maßnahmen
 ­Institutionen zu erhalten und die             November erneut einen Transparenz­              informieren, die die europäischen Auf-
  ­Etablierung eines „One Size Fits All“-       workshop an. Aber auch unabhängig               sichtsbehörden zur Förderung der Kon-
   Ansatzes zu verhindern.                      davon können Marktteilnehmer jeder-             vergenz erlassen haben, und diese bei
                                                zeit Fragen und Hinweise an uns rich-           ihren Tätigkeiten berücksichtigen. Die
Dass dazu die proaktive Unterstützung           ten, die wir so zeitnah wie möglich             BaFin unterstützt sie dabei bestmöglich,
der Konvergenzbestrebungen seitens              beantworten. Nicht zuletzt veröffent-           indem sie über die Konvergenzinstru-
der nationalen Aufsichtsbehörden                licht die BaFin in einigen Fällen unver-        mente und Level-3-Maßnahmen infor-
erforderlich ist, wird auch im Rahmen           bindliche deutsche Übersetzungen von            miert und Hilfestellungen anbietet. Und
des ESA-Reviews deutlich, der aktuellen         Q&As für die Marktteilnehmer auf ihrer          wir haben immer ein offenes Ohr, wenn
Überprüfung und Reform des europäi-             ­Internetseite – vor allem solche zu Ver-       sich herausstellt, dass bestimmte Maß-
schen Aufsichtssystems. Die EU-Kom-              braucherschutzthemen2. Leitlinien lassen       nahmen nicht auf den jeweiligen Markt-
mission hat in diesem Zusammenhang              die ­europäischen Aufsichtsbehörden             teilnehmer passen. Zögern Sie in einem
erklärt, dass aufgrund einer fehlenden          hingegen selbst in die amtlichen Spra-          solchen Fall nicht, sich mit uns in Ver-
einheitlichen Aufsichts­praxis immer            chen der Mitgliedstaaten über­setzen.           bindung zu setzen. ■
noch zahlreiche Hürden im euro-
päischen Kapitalmarkt bestünden,
ohne diesen Eindruck jedoch näher               2 Ein aktuelles Beispiel sind die Q&As zu den
zu begründen. Ihre Vorschläge, die                Themen Anlegerschutz und Vermittler.

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INTERVIEW KONVERGENZ - BAFIN JOURNAL
Cybersicherheit
BaFin-Abfrage bei deutschen Versicherern

VP Versicherer wie auch Pensionsfonds sind traditionell stark    zwischen August und November 2017 bei allen deutschen
von ihrer Informationstechnik (IT) abhängig und damit auch       Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds mit Aus-
Cyberrisiken ausgesetzt. In den letzten Jahren hat sich die      nahme der Sterbekassen eine Abfrage durch (siehe I­nfokasten
Gefahr von Cybervorfällen verschärft. Dies liegt ins­besondere   Seite 11). Diese war zudem als Signal an die Branche zu ver-
an den technologischen Entwicklungen und der stärkeren           stehen, dass die Aufsicht zukünftig die IT der Unternehmen
Vernetzung der Unternehmen, aber auch an der zunehmen-           und ihrer IT-Dienstleister genauer im Blick behalten wird. Ziel
den Professionalisierung der Cyberkriminellen und Angreifer.     war es, die typischen Stärken und Schwächen der Unterneh-
                                                                                                                                   © Foto: iStockphoto.com/cybrain

Öffentlich gewordene Cyberattacken haben das a    ­ llgemeine    men zu identifizieren, um die aufsichtliche Aufmerksamkeit
Bewusstsein für diese Thematik verstärkt. Selbst wenn bei        auf die richtigen Schwerpunkte legen zu können.
diesen Angriffen andere Branchen im Fokus standen, gibt es
für die Aufsicht keinen Grund zu der Annahme, die Versiche-      Erkenntnisse
rungsbranche sei weniger anfällig.                               Die Rückmeldungen der Unternehmen lieferten eine solide
                                                                 Datengrundlage für die Auswertung. Damit hat die BaFin
Um mehr über den Umgang der Versicherer und Pensions-            das Primärziel erreicht, ein erstes Bild von der Lage der
fonds mit ihren Cyberrisiken zu erfahren, führte die BaFin       Versicherungs­branche zu gewinnen. Wie erwartet gab es

BaFin Journal | August 2018                                                                                 Unternehmen | 10
große Unterschiede zwischen den einzelnen Teilnehmern.            Übermäßige Risikokonzentrationen bei IT-Auslagerungen
Während einige zumeist größere Unternehmen ihre Cyber­            waren nicht zu erkennen: Die BaFin identifizierte keine
sicherheit als sehr stark einschätzten, klassifizierten sich      IT-Dienstleister, die für viele Versicherer oder Pensionsfonds
andere Unternehmen als deutlich schwächer aufgestellt.            zugleich tätig sind.
Zumindest grundlegende Schritte in Richtung mehr Cyber-
sicherheit sind bei allen Teilnehmern erkennbar – dies kann       Nächste Schritte
aber keinesfalls ausreichen. Insgesamt ist zu konstatieren,       Die BaFin will noch im laufenden Jahr systematisch mit auf-
dass in der Branche deutlicher Verbesserungsbedarf beim           sichtlichen IT-Prüfungen beginnen. Sie wird dabei sowohl die
Thema Cybersicherheit besteht. Dasselbe gilt für die individu-    beaufsichtigten Versicherungsunternehmen und Pensions­
elle Datenverarbeitung.                                           fonds als auch deren Ausgliederungen einbeziehen. Bei der
                                                                  Auswahl von Prüfungskandidaten und der Fest­legung der
Zwei Punkte sind besonders zu erwähnen: Zum einen gehen           Prüfungsschwerpunkte wird sie die Erkenntnisse aus der
etliche Versicherer zu unsystematisch an das Thema Cyber­         Cyberabfrage berücksichtigen. Beurteilungsmaßstab ­werden
sicherheit heran, vor allem kleinere Unternehmen. Hier ist vor    die Versicherungsaufsichtlichen Anforderungen an die IT
allem die Geschäftsleitung gefordert, sich an gängigen Stan-      (VAIT) sein, die die BaFin kürzlich veröffentlicht hat (siehe
dards auszurichten, beispielsweise am IT-Grundschutz, einem       BaFinJournal April 2018 und Juli 2018). ■
Standard des Bundesamts für Sicherheit in der Informations-
technik (BSI). Darüber hinaus müssen die Unternehmen die
Anwendungen der individuellen Datenverarbeitung besser               Autor
dokumentieren. Dies ist notwendig, um Kopfmonopole zu                Heiko Heuer
vermeiden, also Mitarbeiter, die aufgrund ihres Spezial­wissens      BaFin-Referat für Anlassprüfungen und Sonderthemen
beziehungsweise ihrer besonderen Fertigkeiten für das Unter-         der Versicherungsunternehmen
nehmen de facto unersetzbar sind. Andernfalls kann es pas-
sieren, dass diese Anwendungen nicht wie geplant genutzt
beziehungsweise gewartet und erweitert werden k­ önnen.

   Auf einen Blick

   BaFin-Abfrage bei deutschen Versicherern
   Die Abfrage umfasste folgende Aufsichtsbereiche:                die Branche haben, weshalb die Aufsicht sie besonders
   IT-Governance, Bestandsaufnahme der eigenen System-             im Auge behalten will.
   landschaft, Schutzmaßnahmen gegen Cyberangriffe,
   Erkennung von Cyberangriffen sowie Bewältigung von              Außerdem ging es um die individuelle Datenverarbei-
   Cyberangriffen. Weiterhin hatten die Unternehmen eine           tung. Damit ist der Umgang mit Anwendungen gemeint,
   Liste ihrer IT-Dienstleister zu erstellen. Anhand dieser        die Fachbereiche in den Unternehmen entwickeln oder
   Informationen untersuchte die BaFin insbesondere, ob            betreiben. Dieses Thema kommt unter anderem im
   es in der Versicherungsbranche Risikokonzentra­tionen           Kontext der Risikorechnung sowie der Berechnung der
   gibt, ob also IT-Dienstleister für viele Versicherer oder       versicherungstechnischen Rückstellungen zum Tragen
   ­Pensionsfonds zugleich tätig sind. Probleme bei diesen         und ist allein deshalb von erheblichem aufsichtlichem
    Unternehmen könnten weitreichende Konsequenzen für             Interesse.

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Verbraucher
       Informationen für Bankkunden,
       Anleger und Versicherungsnehmer

Warnung                                                        Es besteht ein hohes Risiko, die Rückzahlung der eingezahl-
                                                               ten Gelder beziehungsweise die Auszahlung erwirtschafteter
Internet-Handelsplattformen:                                   Gewinne nicht durchsetzen zu können. ■
BaFin warnt vor nicht lizenzierten Anbietern

ÜG Die BaFin warnt davor, Geschäfte auf Internet-Handels-      Fehlender Verkaufsprospekt
plattformen einzugehen, die von nicht lizenzierten Anbietern
betrieben werden. Dies betrifft insbesondere Geschäfte mit     ABANQO AG: Anhaltspunkte für öffentliches
finanziellen Differenzkontrakten (Contracts for Difference –   ­Angebot einer Vermögensanlage ohne Verkaufs­
CFDs, binäre Optionen und sogenannter Forex-Handel).            prospekt

Ein deutscher Internetauftritt der Handelsplattform und eine   WM Die BaFin hat Anhaltspunkte dafür, dass die ABANQO AG
Kundenbetreuung in deutscher Sprache unter Angabe deut-        eine Vermögensanlage in Form eines qualifizierten nach­
scher Telefonnummern bedeuten nicht, dass diese Unterneh-      rangigen partiarischen Darlehens öffentlich anbietet, obwohl
men einen Sitz in Deutschland unterhalten.                     hierfür entgegen § 6 Vermögensanlagengesetz (VermAnlG)
                                                               kein Verkaufsprospekt veröffentlicht wurde. ■
Die Betreiber der Internet-Handelsplattformen – also die
                                                                                                                              © Foto: theeradech_sanin/fotolia.com

Vertragspartner des Kunden – sind auf den Internetseiten
der Handelsplattformen häufig nur an sehr versteckter Stelle
genannt, zum Beispiel in den Allgemeinen Geschäftsbedin-
                                                                  Hinweis
gungen. In vielen Fällen sind bekannte Offshore-Briefkasten­
anschriften als Sitz angegeben. Sowohl die Betreibergesell-       Internetseite für Verbraucher
schaften als auch ihre angeblichen Firmensitze wechseln
häufig. Eine Erlaubnis, auf dem deutschen Markt Geschäfte         Diese und weitere Meldungen finden Sie auch auf der
zu betreiben, haben die Betreibergesellschafter in der Regel      Internetseite der BaFin unter der Rubrik Verbraucher.
nicht.

BaFin Journal | August 2018                                                                               Verbraucher | 12
Klarstellungen: Fehlende Zulassung
Helmuth Newin Group:                                               Zurich Private Capital Group:
Keine Zulassung nach § 32 KWG                                      Keine Zulassung nach § 32 KWG

ÜG Die „Helmuth Newin Group“ mit angeblichen Geschäfts-             ÜG Die „Zurich Private Capital Group“ mit angeblichen
sitzen in Regensburg und Zürich bietet im Internet unter           ­ eschäftssitzen in Frankfurt am Main und Hong Kong sowie
                                                                   G
www.helmuth-newin.com und per Telefon Bankgeschäfte und            Kontaktadressen in London, Dubai, Singapur, Mauritius, Mahe
Finanzdienstleistungen an.                                         (Seychellen) und Mumbai wirbt im Internet unter ­
                                                                   zurichprivatecapital.com für Spareinlagen, Geldanlagen
Die BaFin stellt vorsorglich klar, dass sie der „Helmuth Newin     und Vermögensverwaltung („Savings, Investments, Capital
Group“ keine Erlaubnis gemäß § 32 des Kreditwesengesetzes          ­Management“).
(KWG) zum Betreiben von Bank- und Finanzdienstleistungs-
geschäften erteilt hat. Ein Unternehmen dieses Namens steht        Die BaFin stellt vorsorglich klar, dass sie der „Zurich Private
nicht unter ihrer Aufsicht.                                        Capital Group“ keine Erlaubnis gemäß § 32 des Kreditwesen­
                                                                   gesetzes (KWG) zum Betreiben von Bank- und Finanzdienst-
Nach Auskunft von Herrn Helmuth Newin, Regensburg, hat             leistungsgeschäften erteilt hat. Ein Unternehmen dieses
die „Helmuth Newin Group“ keinerlei geschäftliche oder per-        Namens steht nicht unter ihrer Aufsicht. ■
sonelle Verbindungen zu Herrn Helmuth Newin und auch
nicht zur EUROASSEKURANZ Versicherungsmakler AG, ins-
besondere wird keine Administration in Regensburg unter­
halten. ■

Einstellung unerlaubter Geschäfte
BP1 LP („Stern Options“): BaFin ordnet Einstellung                 for Difference – CFDs) auf Aktien, Indizes, Währungen, Roh-
des grenzüberschreitenden Eigenhandels an                          stoffe und Kryptowährungen an. Indem sie ihren Kunden den
                                                                   Zugang zu den angebotenen Kontrakten verschafft, betreibt
ÜG Die BaFin hat mit Bescheid vom 28. Juni 2018 gegenüber          sie den Eigenhandel im Sinne von § 1 Absatz 1a Satz 2
der BP1 LP, Großbritannien, die sofortige Einstellung des          Nr. 4 lit. c Kreditwesengesetz (KWG) als Dienstleistung für
grenz­überschreitenden Eigenhandels angeordnet.                    andere in der Bundesrepublik Deutschland. Über die hierfür
                                                                   nach § 32 Absatz 1 KWG erforderliche Erlaubnis verfügt sie
Die BP1 LP bietet auf der von ihr betriebenen Handelsplatt-        jedoch nicht. ■
form www.sternoptions.com binäre Optionen sowie Differenz-
kontrakte (Contracts for Difference – CFDs) auf Aktien, Indizes,
Währungen, Rohstoffe und Kryptowährungen zum Kauf und              Pairs Ltd. („Weiss Finance“): BaFin ordnet Einstellung
Verkauf an. Indem sie ihren Kunden den Zugang zu den ange-         des grenzüberschreitenden Eigenhandels an
botenen Kontrakten verschafft, betreibt sie den Eigenhandel
im Sinne von § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 4 lit. c Kreditwesen­        ÜG Die BaFin hat mit Bescheid vom 28. Juni 2018 gegenüber
gesetz (KWG) als Dienstleistung für andere ohne die erforder-      der Pairs Ltd., Marshallinseln, die sofortige Einstellung des
liche Erlaubnis der BaFin. ■                                       grenzüberschreitenden Eigenhandels angeordnet.

                                                                   Die Pairs Ltd. bietet auf der von ihr betriebenen Handelsplatt-
Gum Ltd. („Stern Markets“): BaFin ordnet Einstellung               form www.weissfinance.com Differenzkontrakte (­Contracts
des grenzüberschreitenden Eigenhandels an                          for Difference – CFDs) auf Aktien, Indizes, Währungen, Roh-
                                                                   stoffe und Kryptowährungen an. Indem sie ihren Kunden den
ÜG Die BaFin hat mit Bescheid vom 28. Juni 2018 gegenüber          Zugang zu den angebotenen Kontrakten verschafft, betreibt
der Gum Ltd., Marshallinseln, die sofortige Einstellung des        sie den Eigenhandel im Sinne von § 1 Absatz 1a Satz 2
grenzüberschreitenden Eigenhandels angeordnet.                     Nr. 4 lit. c Kreditwesengesetz (KWG) als Dienstleistung für
                                                                   andere in der Bundesrepublik Deutschland. Über die hierfür
Die Gum Ltd. bietet auf der von ihr betriebenen Handelsplatt-      nach § 32 Absatz 1 KWG erforderliche Erlaubnis verfügt sie
form www.sternmarkets.com Differenzkontrakte (Contracts            jedoch nicht. ■

BaFin Journal | August 2018                                                                                      Verbraucher | 13
Abwicklung unerlaubter Geschäfte
Unique Global Consulting (PTY) Ltd.,                              die Gelder per Überweisung vollständig an die Geldgeber
vormals Unique Global Investment GmbH:                            zurückzuzahlen. Die Pflicht zur unverzüglichen Rückzahlung
Einlagengeschäft ohne Erlaubnis                                   der angenommenen Gelder gilt auch, soweit Wagner mit
                                                                  ­Anlegern Ratenzahlungsvereinbarungen oder anderweitige
ÜG Die BaFin hat der Unique Global Consulting (PTY) Ltd. mit       Verträge geschlossen hat, die die ursprünglich geschlossenen
Sitz in Johannesburg, Südafrika, mit Bescheid vom                  Vereinbarungen ersetzen sollen. ■
12. Juli 2018 aufgegeben, das Einlagengeschäft einzustellen
und abzuwickeln.
                                                                  Ralf Wühler-Grauer:
Das Unternehmen, das früher unter Unique Global Investment        Einlagengeschäft ohne Erlaubnis
GmbH firmierte, betreibt die Internetseite www.ugi.direct. Im
Rahmen von Mitgliedschaftskonten auf dieser Seite wirbt das       ÜG Die BaFin hat Herrn Ralf Wühler-Grauer, Mannheim, mit
Unternehmen für Investmentpakete und garantiert die Rück-         Bescheid vom 19. Juli 2018 aufgegeben, das Einlagengeschäft
zahlung der investierten Kundengelder. Damit betreibt die         einzustellen und abzuwickeln. Wühler-Grauer schloss im
Unique Global Consulting (PTY) Ltd. das Einlagengeschäft          eigenen Namen und unter der Firma „RW Unternehmens-
ohne die erforderliche Erlaubnis der BaFin.                       beratung“ Darlehensverträge und versprach die unbedingte
                                                                  Rückzahlung der angenommenen Gelder.
Das Unternehmen behauptet auf seiner Seite wahrheits­widrig,
mit der BaFin zusammenzuarbeiten und dort ­Anpassungen            Hierdurch betreibt Wühler-Grauer das Einlagengeschäft ohne
aufgrund der Vorgaben der BaFin vorzunehmen. Ebenso               die erforderliche Erlaubnis der BaFin. Er ist verpflichtet, die
falsch ist die Behauptung, die Seite sei derzeit „bis zur Frei-   Gelder per Überweisung vollständig an die Geldgeber zurück-
gabe durch die BaFin“ gesperrt, so dass Kunden vorüber­           zuzahlen.■
gehend einen anderen Link nutzen sollten. Es wird keine Frei-
gabe der Seite durch die BaFin erfolgen. ■
                                                                  PWRTrade (GN Management EOOD):
                                                                  Einlagengeschäft ohne Erlaubnis
Yering Deutschland GmbH:
Einlagengeschäft ohne Erlaubnis                                   ÜG Die BaFin hat der Online-Plattform PWRTrade bezie-
                                                                  hungsweise der GN Management EOOD mit Bescheid vom
ÜG Die BaFin hat der Yering Deutschland GmbH, München,            13. Juli 2018 aufgegeben, das ohne Erlaubnis betriebene
mit Bescheid vom 27. Juni 2018 aufgegeben, das Einlagen­          Einlagengeschäft sofort einzustellen und unverzüglich abzu-
geschäft einzustellen und abzuwickeln.                            wickeln.

Die Yering Deutschland GmbH wirbt unter                           Auf der Webseite www.pwrtrade.co wird unter der Marke
www.­tankstellen.club.de für eine Mitgliedschaft im „Tankstel-    PWRTrade eine Online-Plattform zum Handel mit b    ­ inären
len-Club“. Im Rahmen der Mitgliedschaft nimmt sie Gelder          Optionen betrieben. Unter Beibehaltung der „Marke“
entgegen und verspricht deren unbedingte Rückzahlung.             PWRTrade sind die Angaben zu den Betreibern der Platt-
Damit betreibt die Yering Deutschland GmbH das Einlagen­          form mehrmals geändert worden. Es wurde zum einen der
geschäft ohne die erforderliche Erlaubnis der BaFin. ■            Anschein erweckt, dass es sich bei der PWRTrade nicht nur
                                                                  um eine Marke, sondern um ein Unternehmen handelt. Zum
                                                                  anderen wurden abwechselnd die GN Management EOOD
Christine Wagner:                                                 (Sofia, Bulgarien) und die GN Capital Limited als Betreiber der
Einlagengeschäft ohne Erlaubnis                                   Plattform dargestellt.

ÜG Die BaFin hat Frau Christine Wagner, Landsberg, mit Be-        Die Plattform führt Kundenkonten und nimmt auf diesen
scheid vom 23. Juli 2018 aufgegeben, das Einlagengeschäft         unbedingt rückzahlbare Gelder der Kunden an. Durch die
unverzüglich abzuwickeln. Wagner nahm Gelder des Publi-           Ent­gegennahme dieser Gelder betreibt die PWRTrade be-
kums mit dem Versprechen der unbedingten Rückzahlung              ziehungsweise die GN Management EOOD das erlaubnis­
entgegen.                                                         pflichtige Einlagengeschäft nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1
                                                                  Kreditwesengesetz (KWG) grenzüberschreitend in der Bun-
Hierdurch betreibt Wagner das Einlagengeschäft ohne               desrepublik Deutschland. Über die hierfür nach § 32 Absatz 1
die erforderliche Erlaubnis der BaFin. Sie ist verpflichtet,      KWG erforderliche Erlaubnis verfügt sie jedoch nicht. ■

BaFin Journal | August 2018                                                                                    Verbraucher | 14
Zuwendungen
                                          Verbot mit Ausnahme: Verschärfte Spielregeln für Provisionen
                                          und andere Vorteile
                                                                                                           Serie

                                          WM Dreiecksbeziehungen sind mitunter kompliziert. Wie im         Die MiFID II aus Verbrauchersicht
                                          alltäglichen Leben gilt dies auch für die Erbringung von Wert-
                                          papierdienstleistungen und -nebendienstleistungen (siehe         Dieser Artikel ist Teil einer Serie von Beiträgen, die die
© Foto: iStockphoto.com/Sebastian Harms

                                          Infokasten Seite 16) und die Dreiecksbeziehung zwischen          wichtigsten Neuerungen der zweiten europäischen
                                          Kunde, Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Drittem:         Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments
                                          Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen erbringt gegen-         Directive II – MiFID II) aus Verbraucherperspektive
                                          über dem Kunden eine Wertpapier(neben)dienstleistung.            darstellen. Während es in der Juni-Ausgabe um die
                                          Kompliziert wird es, wenn zu dieser bipolaren Beziehung nun      Aufzeichnung von Telefongesprächen (Taping) und in
                                          eine weitere Person hinzutritt – zum Beispiel der Emittent des   der Juli-Ausgabe um die Kostentransparenz ging, steht
                                          Wertpapiers – und dieser Dritte dem Wertpapierdienstleis-        nun das Thema Zuwendungen im Mittelpunkt. Zum
                                          tungsunternehmen im Zusammenhang mit der Erbringung              Abschluss der Serie wird das BaFinJournal in seiner
                                          der Wertpapier(neben)dienstleistung gegenüber dem Kunden         nächsten Ausgabe über die Geeignetheitserklärung
                                          einen Vorteil einräumt.                                          informieren.

                                          BaFin Journal | August 2018                                                                                 Verbraucher | 15
Definition

   Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen
   Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) zählt in § 2 Absatz 8 und 9 die Wertpapierdienstleistungen beziehungsweise
   Wertpapiernebendienstleistungen abschließend auf und definiert diese. Wichtige Wertpapierdienstleistungen, mit denen
   Verbraucher häufig in Kontakt kommen, sind beispielsweise die Anlageberatung und die Finanzportfolioverwaltung. Eine
   für viele Verbraucher wichtige Wertpapiernebendienstleistung stellt das Depotgeschäft dar, bei dem es um die Verwah-
   rung und die Verwaltung von Finanzinstrumenten geht. Ein Depot ist in der Regel Voraussetzung dafür, Wertpapiere – wie
   etwa Aktien – halten zu können.

Interessenkonflikte                                               Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG, siehe
Denn die Gewährung und die Annahme von Vorteilen, die             BaFinJournal Juni 2017) und die neue Wertpapierdienstleis-
Juristen als „Zuwendungen“ bezeichnen (siehe Infokasten),         tungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVerOV)
können Interessenkonflikte auslösen. Diese können dadurch         zum 3. Januar 2018 verschärft.
entstehen, dass ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen,
zum Beispiel eine Bank, von einem Dritten eine Zuwendung          Provisionsbasierte Anlageberatung
erhält, welche das Unternehmen bei der Erbringung der Wert-       In Deutschland dominiert nach wie vor die provisionsbasierte
papier(neben)dienstleistung gegenüber dem Kunden beein-           Anlageberatung. Dabei wird das Wertpapierdienstleistungs-
flussen könnte.                                                   unternehmen, das die Anlageberatung anbietet, zumindest
                                                                  teilweise von den Anbietern oder Emittenten der Finanz­
Zur Veranschaulichung ein Beispiel aus der Anlageberatung:        instrumente vergütet. Beim Kunden, der einen Berater etwa in
Erhält eine Bank zum Beispiel für den Verkauf bestimmter          der örtlichen Filiale seiner Bank oder Sparkasse aufsucht, kann
Wertpapiere eine Provision von deren Emittenten, kann für sie     dadurch der Eindruck entstehen, die Beratung sei kostenlos.
ein Anreiz bestehen, sich bei der Beratung des Kunden von         Die Zuwendung ist letztlich aber eingepreist.
dieser Provision und ihrer Höhe leiten zu lassen. Das Kunden­
interesse könnte so vom Vertriebsinteresse der Bank über­         Nach den Regeln des Zuwendungsregimes besteht grundsätz-
lagert werden.                                                    lich ein Zuwendungsverbot: Wertpapierdienstleistungsunter-
                                                                  nehmen dürfen im Zusammenhang mit Wertpapier(neben)-
Zuwendungsregime                                                  dienstleistungen keine Zuwendungen von Dritten annehmen,
Die Regelungen des Zuwendungsregimes sollen gewährleis-           die nicht Kunde dieser Dienstleistungen sind.
ten, dass der Kunde dennoch bestmöglich in seinem Interesse
beraten wird.                                                     Unter bestimmten, strengen Voraussetzungen gelten jedoch
                                                                  Ausnahmen von diesem Verbot. Sie sind die rechtliche
Die bisherigen Regelungen, die auf die erste ­europäische         Grundlage dafür, dass überhaupt eine provisionsbasierte
Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments           Anlage­beratung erfolgen kann, und lassen sich kurz in zwei
Directive I – MiFID I) zurückgehen, wurden durch die MiFID II     Schlagworten zusammenfassen: Transparenz und Qualitäts-
und eine darauf basierende Delegierte Richt­linie sowie           verbesserung.
das entsprechende deutsche Umsetzungsgesetz (Zweites

   Definition

   Zuwendungen
   Der Begriff der Zuwendungen umfasst nach § 70 Absatz 2 Satz 1 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) Provisionen, Gebüh-
   ren und sonstige Geldleistungen sowie alle nichtmonetären Vorteile. Die Definition ist somit sehr weit gefasst. Wichtig zu
   wissen ist, dass Zuwendungen nicht nur in Form von Geldleistungen (monetäre Zuwendungen) erbracht werden können,
   sondern auch in Form von anderen Vorteilen (nichtmonetäre Zuwendungen). Das kann beispielsweise die Erbringung von
   Dienstleistungen sein, das Überlassen von IT-Hard- oder -Software und die Durchführung von Schulungen. Zu gängigen
   Arten von Zuwendungen siehe Infokasten Seite 17.

BaFin Journal | August 2018                                                                                    Verbraucher | 16
Auf einen Blick

   Beispiele für gängige Arten von Zuwendungen
   ■■   Rückvergütungen (Kick-backs / Retrozessionen)              ■■   Staffelprovisionen sind variable, in der Regel in pro-
        beschreiben allgemein den Fall, dass ein Dritter                gressiven Sätzen oder Stufen gezahlte Zuwendungen,
        – ­beispielsweise der Emittent – Zahlungen des Kunden           die vom Erreichen bestimmter Absatz-, Umsatz- oder
        an ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen – zum               Bestandsgrößen abhängen.
        Beispiel den Fondsvermittler – weiterleitet.
                                                                   ■■   Transaktionsprovisionen (Orderflow Payment) wer-
   ■■   Abschluss- oder Vertriebsprovisionen werden                     den für die Weiterleitung von Kundenaufträgen an
        von einem Dritten unmittelbar für den Verkauf von               bestimmte Gegenparteien oder Ausführungs- bezie-
        Finanzinstrumenten gezahlt, etwa Ausgabeaufschläge              hungsweise Handelsplätze gewährt.
        bei Investmentfonds und Platzierungsprovisionen bei
        Zertifikaten.                                              ■■   Vermittlungsprovisionen (Finder’s Fees) zahlen
                                                                        einige Wertpapierdienstleistungsunternehmen für die
   ■■   Als Bestandsprovisionen (Kontinuitäts- oder                     Vermittlung neuer Kunden.
        ­Vertriebsfolgeprovisionen) werden die meist jähr­
         lichen Zahlungen bezeichnet, die ein Fondsvermittler      ■■   Eigenkapitalvermittlungsprovisionen werden für
         aus der Verwaltungsvergütung eines Investmentfonds             die Vermittlung von Beteiligungen an Personengesell-
         erhält, solange die Kunden den Investmentfonds im              schaften wie alternativen Investmentfonds und Vermö-
         Bestand halten.                                                gensanlagen gezahlt, häufig zusätzlich zu Vertriebs­
                                                                        provisionen für die Vermittlung neuen Eigenkapitals.

Transparenz: Offenlegung der Zuwendung                            wird, die in keiner engen Verbindung zum Wertpapierdienst-
Zunächst muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen            leistungsunternehmen stehen. Ebenso kommt es ihm zugute,
Zuwendungen, die es im Zusammenhang mit einer Dienst-             wenn die Bank mindestens einmal jährlich prüft, ob s­ ämtliche
leistung von anderer Seite erhält, gegenüber dem Kunden           Finanzinstrumente, die der Kunde auf ihre Empfehlung hin
offenlegen. Dabei muss es auch Art und Höhe der Leistung          erworben hat, weiterhin für ihn geeignet sind. Auch eine Bera-
nennen, und zwar bereits im Vorfeld, also bevor es die Wert-      tung zur optimalen Strukturierung des Kundenvermögens,
papier(neben)dienstleistung erbringt.                             die über die Empfehlung eines einzelnen Finanzinstruments
                                                                  hinausgeht, kann als qualitätsverbessernd angesehen werden.
Falls sich die Höhe der Zuwendung zu diesem Zeitpunkt noch        Der Berater sollte allerdings auch die individuelle Risikobereit-
nicht bestimmen lässt, beispielsweise weil sie von einem noch     schaft, den Anlagezweck und den Anlagehorizont des Kunden
offenen Faktor abhängt – etwa bei Staffelprovisionen (siehe       berücksichtigen, um für diesen einen angemessenen Mehr-
Infokasten) –, ist zumindest die Art und Weise der Berechnung     wert zu schaffen. Eine Qualitätsverbesserung der Anlage­
anzugeben. Außerdem muss der Kunde nachträglich über den          beratung kann schließlich auch darin bestehen, dem Kunden
genauen Betrag der Zuwendung informiert werden.                   einen verbesserten Zugang zu Beratungsdienstleistungen zu
                                                                  ermöglichen.
Die Zuwendungen sind auch in der Kosteninformation (siehe
BaFinJournal Juli 2018) als Teil der Dienstleistungskosten aus-   Unabhängige Honorar-Anlageberatung
zuweisen.                                                         Die Regeln zur Offenlegung und zur Qualitätsverbesserung
                                                                  gelten für alle Wertpapier(neben)dienstleistungen – mit zwei
Qualitätsverbesserung: Mehrwert für den Kunden                    Ausnahmen: die unabhängige Honorar-Anlageberatung sowie
Damit das Zuwendungsverbot nicht greift, muss die Zuwen-          die Finanzportfolioverwaltung. Für diese bestehen restrikti-
dung zudem darauf ausgelegt sein, die Qualität der für den        vere Regelungen.
Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern.
                                                                  Der Kunde hat die Möglichkeit, anstelle der provisionsbasier-
In der Anlageberatung kann eine Qualitätsverbesserung zum         ten eine unabhängige Honorar-Anlageberatung in Anspruch
Beispiel darin bestehen, dass der Kunde auf Basis einer breiten   zu nehmen. Allerdings bieten dies bislang nur wenige Wert­
Palette geeigneter Finanzinstrumente von Anbietern beraten        papierdienstleistungsunternehmen an. Einen Überblick

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Hinweis

   Aufzeichnungspflichten
   Die Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen alle Zuwendungen, die sie gewährt oder erhalten haben, in einem
   internen Verzeichnis dokumentieren. Ebenso ist zu dokumentieren, wie diese Zuwendungen die Qualität der Dienstleis-
   tungen für die Kunden verbessern. Aufgrund dieser Aufzeichnungen kann die BaFin überprüfen, ob die Unternehmen die
   Vorgaben des Zuwendungsregimes einhalten.

darüber, bei welchen Unternehmen Anleger eine unabhängige         bestimmten Finanzinstrument den Vermögensverwalter in die
Honorar-Anlageberatung in Anspruch nehmen können, gibt            Lage versetzen, dieses für den Kunden besser einzusetzen.
das Honorar-Anlageberaterregister, das die BaFin auf ihrer
Internetseite bereithält.                                         Alle anderen Zuwendungen darf ein Vermögensverwalter
                                                                  nicht behalten. Er muss sie so schnell wie möglich an seinen
Die Besonderheit der Honorar-Anlageberatung liegt darin,          Kunden weitergeben beziehungsweise auszahlen. Die Wert-
dass sie im Gegensatz zur provisionsbasierten Anlagebera-         papierdienstleistungsunternehmen müssen entsprechende
tung ausschließlich durch den Kunden bezahlt werden darf.         Prozesse einrichten.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Honorar-Anlageberater
keinerlei Zuwendungen von den Unternehmen annehmen und            Vermögensverwalter dürfen Zuwendungen auch nicht zurück-
behalten dürfen, deren Produkte sie vermitteln. Sie müssen        behalten, um sie später mit dem Vermögensverwaltungs­
sogar versuchen, Finanzinstrumente und Dienstleistungen zu        entgelt aufzurechnen, das der Kunde zu zahlen hat. Denn
meiden, für die eine Zuwendung gezahlt wird. Falls dies ein-      bereits durch den damit verbundenen Liquiditätsvorteil
mal nicht möglich ist, beispielsweise weil ein Finanzinstrument   könnte für den Vermögensverwalter ein Anreiz entstehen,
ohne Zuwendung nicht erhältlich ist, sind Honorar-Anlage­         erwartete Zuwendungen in seine Anlageentscheidungen
berater verpflichtet, die Zuwendungen so schnell wie möglich      miteinzubeziehen. Das Entgelt für die Vermögensverwaltung
und ungemindert an den Kunden auszuzahlen. Honorar-               sollte der Kunde daher grundsätzlich direkt bezahlen.
Anlageberater dürfen nicht einmal geringfügige nichtmone-
täre Zuwendungen annehmen, wie etwa Informationsmaterial          Verbesserter Anlegerschutz
oder die Teilnahme an kostenfreien Schulungen. Denn schon         Die verschärften Regelungen des Zuwendungsregimes, ins-
der Eindruck einer möglichen Beeinflussung soll von vorn­         besondere die erhöhten Anforderungen an die Qualitätsver-
herein vermieden werden. Diese strengen deutschen Regelun-        besserung, verringern potenzielle Interessenkonflikte und
gen zur Honorar-Anlageberatung gelten bereits seit mehreren       verbessern die Transparenz. Damit dienen sie dem Schutz von
Jahren (siehe BaFinJournal Juli 2014).

Finanzportfolioverwaltung
                                                                     Auf einen Blick
Die Finanzportfolioverwaltung (siehe Infokasten) gewinnt für
kleinere Kundenvermögen eine immer größere Bedeutung.                Finanzportfolioverwaltung
Dies liegt unter anderen daran, dass in jüngerer Zeit digitale
und damit oft auch vergleichsweise kostengünstige Vermö-             Die Finanzportfolioverwaltung wird umgangssprach-
gensverwaltungsangebote zunehmend beliebter werden.                  lich auch als Vermögensverwaltung bezeichnet.
                                                                     Entscheidender Unterschied zur Anlageberatung ist,
Vermögensverwalter dürfen nach der europäischen Finanz-              dass der Vermögensverwalter ein Mandat hat, die ein-
marktrichtlinie MiFID II nur noch geringfügige nicht­mone­           zelnen Anlageentscheidungen für den Kunden selbst
täre Zuwendungen annehmen, wie etwa Informations-                    zu treffen. Den Entscheidungsspielraum schränkt der
material und die Teilnahme an Seminaren zu bestimmten                Kunde durch den Vermögensverwaltungsvertrag ein,
Finanzinstrumenten – allerdings nur dann, wenn sie die               in dem die Anlagerichtlinien oder -strategie festge-
Anforderungen der Ausnahmeregelung erfüllen, also die                halten werden. In der Regel berichtet der Vermögens-
Zuwendung gegenüber dem Kunden offenlegen und diese                  verwalter vierteljährlich über die Wertentwicklung
qualitätsverbessernd verwenden. Beispielsweise kann                  des Kundenvermögens und die vorgenommenen
die Teilnahme an einer Bildungsveranstaltung zu einem                Portfolio­umschichtungen.

BaFin Journal | August 2018                                                                                   Verbraucher | 18
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