INTERVIEW KONVERGENZ - BAFIN JOURNAL
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BaFin Journal August 2018 Interview Konvergenz BaFin-Exekutivdirektorin Roegele zur Verbindlichkeit der ESMA-Maßnahmen Seite 7 © Bernd Roselieb Globaler Kapitalstandard Zuwendungen Cybersicherheit Antworten zum ICS Verbot mit Ausnahme: BaFin-Abfrage bei deutschen für international tätige Verschärfte Spielregeln für Versicherern Versicherungsgruppen Provisionen und andere Vorteile Seite 10 Seite 28 Seite 15
Themen Zweiter Textanker Stresstest 2018 EIOPA prüft Versicherungsgruppen: Ziel und Inhalte Seite 32 Unternehmen Internationales 4 BaFin-Direktorium ÜG 20 SREP KF 4 Versicherungsvertrieb VP 21 Beschwerdeabwicklung KF/WM 5 Meldewesen KF 21 EU-Pass KF 5 Erstversicherer VP 22 Eigenmittel KF 5 Warenderivate WM 23 Abwicklungskollegien AW 5 Kritische Infrastrukturen KF 23 Risiken KF 5 Zielmarkt WM 24 Versicherungsvertrieb VP 6 Verbundene Kunden KF 24 Krisenfälle bei Versicherern VP 6 Liquidität KF 24 Cyber-Versicherung VP 6 Schriftenreihe ÜG 25 Insolvenzschutz VP 6 Anstehende Termine ÜG 25 Schattenratings ÜG 7 Konvergenz WM 26 Wichtige Termine ÜG 10 Cybersicherheit VP 26 Kryptotoken ÜG 26 Finanzmarktinfrastrukturen WM Verbraucher 27 Weitere internationale Konsultationen ÜG 12 Warnung ÜG 28 Globaler Kapitalstandard VP 12 Fehlender Verkaufsprospekt WM 32 Stresstest 2018 VP 13 Klarstellungen: Fehlende Zulassung ÜG 13 Einstellung unerlaubter Geschäfte ÜG Bekanntmachungen 14 Abwicklung unerlaubter Geschäfte ÜG 15 Zuwendungen WM © Foto: iStockphoto.com/timsa KF = Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute; VP = Versicherer und Pensionsfonds; WM = Wertpapierfirmen und Märkte; AW = Abwicklung; ÜG = Übergreifendes BaFin Journal | August 2018 |2
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Und auch die europäische Versiche- rungsaufsichtsbehörde EIOPA fühlt den um den Anlegerschutz zu fördern und Versicherern derzeit auf den Zahn. Der stabile sowie funktionsfähige Finanz- morgige 16. August ist ein wichtiger märkte in der EU sicherzustellen, wirkt Stichtag beim diesjährigen Stresstest: die Europäische Wertpapier- und Dann müssen die Teilnehmer die aus- Marktaufsichtsbehörde ESMA unter gefüllten Unterlagen bei den natio anderem darauf hin, die Konvergenz nalen Aufsichtsbehörden einreichen. in der Kapitalmarktaufsicht zu för- Einzelheiten erfahren Sie im Beitrag ab dern – insbesondere durch Leitlinien Seite 32. sowie Fragen und Antworten (Q&As). Dr. Sabine Reimer, Doch inwiefern sind diese für deutsche Ab Seite 15 schließlich finden Sie Teil Leiterin Kommunikation Marktteilnehmer verbindlich? BaFin- drei der Serie, mit der das BaFinJournal Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele Verbraucher über die wichtigsten Neue- nimmt im Interview ab Seite 7 Stellung. rungen der MiFID II informiert. Diesmal im Fokus: das neue Zuwendungsregime. Auf globaler Ebene entwickelt die Internationale Vereinigung der Versi- Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen cherungsaufsichtsbehörden IAIS der- zeit den International Capital Standard, einen globalen Kapitalstandard für 1.000 große, international tätige Versiche- Dr. Sabine Reimer rungsgruppen. Er soll Teil des gemein- samen Rahmenwerks (ComFrame) für diese Unternehmen werden. Ende Juli startete die IAIS dazu zwei umfassende Mehr als Konsultationen. Der Beitrag ab Seite 28 erläutert zahlreiche Einzelaspekte rund ums Thema und erklärt, welche Schritte in den nächsten Jahren anstehen. Versicherer wie auch Pensionsfonds sind traditionell stark von ihrer Infor mationstechnik (IT) abhängig und damit auch Cyberrisiken ausgesetzt. In den Fragen & Antworten vergangenen Jahren hat sich die Gefahr von Cybervorfällen insgesamt ver- 44 schärft. Um mehr über den Umgang der Unternehmen mit ihren Cyberrisiken Leitlinien zu erfahren, hat die BaFin bei allen © Foto: Bernd Roselieb deutschen Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds mit Ausnahme der Sterbekassen eine Abfrage durch geführt. Über die Ergebnisse informiert Interview mit BaFin-Exekutivdirektorin Roegele der Beitrag ab Seite 10. zur Verbindlichkeit der ESMA-Maßnahmen BaFin Journal | August 2018 Editorial | 3
Unternehmen Fachbeiträge und Kurzmeldungen zu aktuellen Aufsichts- und Abwicklungsthemen BaFin-Direktorium Versicherungsvermittlern sowie zum Risikomanagement im Vertrieb grundlegend überarbeitet. Anlass war im Wesent- Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele lichen das Umsetzungsgesetz zur Versicherungsvertriebs wird Vizepräsidentin richtlinie, die unter anderem Regelungen zum Direktvertrieb, zum Produktfreigabeverfahren, zur Weiterbildungspflicht ÜG Mit Wirkung zum 1. August hat Exekutivdirektorin sowie zur Vertriebsvergütung und zu Interessenkonflikten ge- lisabeth Roegele das Amt der Vizepräsidentin der BaFin E schaffen hat. Außerdem wurden als nationale Besonderheiten übernommen. Präsident Felix Hufeld überreichte Roegele das Verbot von Sondervergütungen, das insbesondere das kürzlich das Ernennungsschreiben des Bundesministeriums Provisionsabgabeverbot beinhaltet, und Anforderungen an der Finanzen. die Durchleitung eines Großteils der Kosten für die Versiche- rungsvermittlung beim Tätigwerden von Versicherungsbera- Der Vizepräsidentin obliegt die ständige Vertretung des tern (Durchleitungsgebot) in das Versicherungsaufsichtsgesetz Präsidenten. Seit Karl-Burkhard Caspari, Vizepräsident der (VAG) eingefügt. BaFin von 2002 bis 2015, in den Ruhestand getreten ist, blieb die Funktion unbesetzt. Das Bundesfinanzministerium ernennt Das neue Vertriebsrundschreiben gibt den Versicherungs die Vizepräsidentin/den Vizepräsidenten auf Vorschlag des unternehmen und Pensionsfonds Hinweise für die praktische Präsidenten der BaFin. ■ Anwendung der neuen Vorgaben. Es spiegelt die Erwartun- gen der BaFin wider. Diese hatte das Rundschreiben zuvor konsultiert. Aufgrund der insgesamt mehr als 20 Stellungnah- Versicherungsvertrieb men nahm sie anschließend einige wichtige Änderungen vor. Näheres kann den Erläuterungen entnommen werden, die © Foto: Gresei/fotolia.com Rundschreiben zur Zusammenarbeit mit Versiche- zusammen mit dem Rundschreiben und dem Muster für eine rungsvermittlern sowie zum Risikomanagement Beratungsbescheinigung auf der Internetseite der BaFin ver öffentlicht sind. ■ VP Wie bereits angekündigt (siehe BaFinJournal August 2017), hat die BaFin das Rundschreiben zur Zusammenarbeit mit BaFin Journal | August 2018 Unternehmen | 4
Meldewesen Kritische Infrastrukturen Finanz- und Risikotragfähigkeitsinformationen: BaFin wird BAIT um spezielles Modul ergänzen Überarbeitete Verordnung in Kraft KF Die BaFin wird die Bankaufsichtlichen Anforderungen an KF Mitte Juli ist die Zweite Verordnung zur Änderung der die IT (BAIT) zeitnah um ein Modul zu Kritischen Infrastruk- Finanz- und Risikotragfähigkeitsinformationenverordnung turen im Finanz- und Versicherungswesen ergänzen, das sie (FinaRisikoV) in Kraft getreten. Sie gewährt Instituten, die derzeit in Abstimmung mit dem Bundesamt für Sicherheit in Finanzinformationen an die Aufsicht melden müssen, einige der Informationstechnik (BSI) erarbeitet. Das Modul wird sich Erleichterungen. an die Unternehmen richten, die gemäß BSI-Kritis-Verordnung Betreiber Kritischer Infrastrukturen sind. Die Präsidenten der Ab sofort können die Institute von den verlängerten Ein- BaFin und des BSI, Felix Hufeld und Arne Schönbohm, haben reichungsfristen, die die Änderungsverordnung vorsieht, die Geschäftsleitungen der betroffenen Unternehmen in Gebrauch machen. Auch die wegfallenden Meldevordrucke einem Schreiben über die Hintergründe informiert. müssen ab sofort nicht mehr eingereicht werden. Das KRITIS-Modul soll beschreiben, welche zusätzlichen Hinsichtlich der überarbeiteten Meldevordrucke gilt eine Anforderungen zu berücksichtigen sind, um den Nachweis Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2018. Genauere Erläute- gemäß § 8a Absatz 3 BSI-Gesetz durch den Jahresabschluss- rungen hierzu finden Sie auf der Internetseite der BaFin. ■ prüfer zu erbringen, der im Rahmen der Prüfung des Risiko- managements und der Geschäftsorganisation gleichzeitig die Erfüllung der Anforderungen des § 8a Absatz 1 BSI-Gesetz Erstversicherer überprüft und bestätigt. ■ Betrieb des Rückversicherungsgeschäfts im Ausland Linkempfehlung zum Thema Das Schreiben finden Sie unter: VP Die BaFin hat die Voraussetzungen für den Betrieb des www.bafin.de » Recht & Regelungen Rückversicherungsgeschäfts durch deutsche Erstversicherer » Verwaltungspraxis » Auslegungsentscheidungen im Ausland in einer Auslegungsentscheidung zusammen gefasst. Diese thematisiert sowohl Rückversicherungs geschäfte in der EU beziehungsweise dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) als auch in Drittstaaten. Zielmarkt Letztere hatte die BaFin bereits im Jahr 2010 in einer Aus BaFin konsultiert Auslegungsschreiben legungsentscheidung berücksichtigt. Um den Erstversiche- rern ein umfassendes Bild im Hinblick auf Rückversicherungs WM Die BaFin hat den Entwurf eines Auslegungsschreibens geschäfte im Ausland zu geben, hat sie nun beide Aspekte in zur Bestimmung der Anlegergruppe (Zielmarkt) in Verkaufs- einer Veröffentlichung zusammengefasst. ■ prospekten und in Vermögensanlagen-Informationsblättern (VIB) nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) zur Konsultation gestellt. Darin konkretisiert sie, welche Angaben Warenderivate der Verkaufsprospekt und das VIB enthalten müssen, um die gesetzlichen Mindestanforderungen an den Inhalt zu erfüllen. Allgemeinverfügungen zu Positionslimits Stellungnahmen sind noch bis zum 17. August möglich. WM Die BaFin hat weitere Allgemeinverfügungen erlassen, Seit dem 3. Januar 2018 ist in Verkaufsprospekten für Vermö- die Positionslimits auf Warenderivate festlegen. Sie gelten seit gensanlagen die Anlegergruppe anzugeben, auf die die Ver- dem 20. Juli. Marktteilnehmer hatten bis zum 16. Juli Gelegen- mögensanlage abzielt, vor allem im Hinblick auf den Anlage- heit, zu den Entwürfen Stellung zu nehmen. horizont des Anlegers und seine Fähigkeit, Verluste zu tragen, die sich aus der Vermögensanlage ergeben könnten. Seit Hintergrund ist §§ 54 ff. des neuen Wertpapierhandels Mitte Juli ist aufgrund des Gesetzes zur Ausübung von Optio gesetzes (WpHG). Seit Anfang des Jahres hatte die BaFin nen nach der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung auf dieser Grundlage bereits mehrere Allgemeinverfügungen weiterer Finanzmarktgesetze diese Angabe auch in das VIB erlassen (siehe BaFinJournal Januar 2018 und Februar 2018). ■ aufzunehmen. ■ BaFin Journal | August 2018 Unternehmen | 5
Verbundene Kunden BaFin-Präsident Felix Hufeld geht in einem Artikel auf die auf- sichtlichen und regulatorischen Implikationen von Big Data BaFin konsultiert Rundschreiben und künstlicher Intelligenz ein (siehe dazu auch BaFinJournal zu Umgang mit Verflechtungen Juni 2018). Professor Philipp Sandner, Frankfurt School Block- chain Center, befasst sich in einem weiteren Artikel mit der KF Wann stellen Kunden aufgrund von Verflechtungen ein Sicherheit der Blockchain-Technologie; Autoren der BaFin einheitliches Risiko dar und sind daher als „Gruppe verbun- thematisieren deren Regulierung. Professor Stephan Paul, dener Kunden“ zusammenzufassen? Die BaFin hat dazu ein Ruhr-Universität Bochum, äußert sich in einem Interview zur Rundschreiben entwickelt und zur Konsultation gestellt. Es Digitalisierung der Banken. Außerdem enthalten: ein Beitrag wird Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA über die IT-Sicherheit von Banken und Versicherern. (siehe BaFinJournal Dezember 2017) in die deutsche Verwal- tungspraxis umsetzen. Stellungnahmen nimmt die BaFin noch Vertiefte Einblicke bis zum 17. August entgegen. Mit ihrer neuen Schriftenreihe will die BaFin in Ergäzung zum monatlichen BaFinJournal ein Format etablieren, das Das Rundschreiben konkretisiert den Begriff „Gruppe verbun die Diskussion über Regulierung und Aufsicht fördert. dener Kunden“ gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 39 der BaFinPerspektiven soll darüber hinaus Vertretern der Finanz- europäischen Eigenmittelverordnung (Capital Requirements wirtschaft und ihrer Verbände, Verbraucherschützern sowie Regulation – CRR). Dieser spielt beispielsweise bei den Groß- Experten aus der Wissenschaft und Journalisten vertiefte kreditvorschriften eine Rolle. ■ Einblicke in zentrale regulatorische und aufsichtliche Themen verschaffen. Liquidität Die Schriftenreihe wird strategische Fragen und Regulierungs- vorhaben abseits der tagesaktuellen Berichterstattung BaFin konsultiert Rundschreiben zu Offenlegung beleuchten und aus unterschiedlichen Blickwinkeln umfassend bewerten. Sie erscheint zweimal jährlich jeweils in deutscher KF Die BaFin hat den Entwurf eines Rundschreibens zur O ffen- und in englischer Sprache auf der Internetseite der BaFin. ■ legung der Liquiditätsdeckungsquote zur Konsultation gestellt. Es soll die entsprechenden Leitlinien der Europäischen Banken- aufsichtsbehörde EBA vom Juni 2017 umsetzen, die die Vorga- ben zur Offenlegung des Liquiditätsrisikomanagements gemäß Artikel 435 der Eigenmittelverordnung (Capital R equirements Auf einen Blick Regulation – CRR) ergänzen. Erster Stichtag für die Offen legung soll der 31. Dezember 2018 sein. Stellungnahmen zum Anstehende Termine Entwurf nimmt die BaFin noch bis zum 31. August entgegen. 19. Sep 15. Praxisforum Wirtschaftskriminalität Die Leitlinien konkretisieren, welche Aufsichtspraktiken der Offen- und Kapitalmarkt, Frankfurt a. M. legung innerhalb des Europäischen Finanzaufsichtssystems aus Sicht der EBA angemessen sind und wie das Unionsrecht in die- 27. Sep IT-Aufsicht bei Banken, Frankfurt a. M. sem Bereich angewendet werden sollte. Die nationalen Behörden sollen die Leitlinien, die sich in erster Linie an die Institute richten, 30. Okt Abwicklungs-Konferenz, Frankfurt a. M. in geeigneter Weise in ihre Aufsichtspraxis integrieren. ■ 13. Nov Jahreskonferenz der Versicherungsaufsicht, Bonn Schriftenreihe 19. Nov Transparenzworkshop, Frankfurt a. M. Premiere für „BaFinPerspektiven“ 26. Nov Workshop zur Integration von ÜG Anfang August ist die erste Ausgabe der neuen Schriften- ESG-Faktoren ins Risikomanagement reihe BaFinPerspektiven erschienen. Schwerpunkt ist das von Versicherern Thema Digitalisierung. Die BaFin will damit die Diskussion über den aufsichtlichen und regulatorischen Umgang mit der 12. Dez Fachtagung Geldwäsche und Digitalisierung vorantreiben und das Bewusstsein für deren Terrorismusfinanzierung, Bonn riskante Seiten schärfen. BaFin Journal | August 2018 Unternehmen | 6
Konvergenz BaFin-Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele: „Die Maßnahmen der ESMA greifen mittelbar gegenüber sämtlichen Marktteilnehmern“ WM Die Europäische Wertpapier- und bewertung für Investoren, Märkte und wie Richtlinien und Verordnungen Marktaufsichtsbehörde ESMA verfolgt Finanzstabilität, die direkte Aufsicht (Level-1-Ebene).1 Zur Förderung der den Zweck, den Anlegerschutz zu för- über bestimmte Finanzinstitute und Konvergenz erarbeitet sie – ebenso dern und stabile sowie funktionsfähige die Förderung der Konvergenz in der wie ihre Pendants für die Banken Finanzmärkte in der EU sicherzustellen. Kapitalmarktaufsicht (siehe Infokasten aufsicht und die Aufsicht über das Ver- Dabei stehen vier Bereiche im Fokus: Seite 8). sicherungswesen und die betriebliche die Finalisierung des einheitlichen Altersversorgung, EBA und EIOPA – im Regelwerks (Single Rulebook) für die Dabei arbeitet die ESMA auf Grundlage Rahmen ihrer Befugnisse Level-3- europäischen Finanzmärkte, die Risiko- rechtlich verbindlicher EU-Regelungen Maßnahmen und andere Konvergenz instrumente, deren Ziel eine e inheitliche Rechtsauslegung und -anwendung durch die nationalen Aufsichtsbehör- den ist. Als Instrumente der Aufsichts- konvergenz spielen in der Praxis ins- besondere Leitlinien sowie Fragen und Antworten (Questions and Answers – Q&As) eine bedeutende Rolle. Frau Roegele, die ESMA nutzt sehr viele Konvergenzinstrumente. Ist das angemessen? In der Tat, die Zahl der Leitlinien und Empfehlungen, der Q&As und Stellung- nahmen ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Dies ist auch nach- vollziehbar, wenn man sich vor Augen führt, dass europäische Richtlinien und Verordnungen oft einen konkretisie- rungsbedürftigen Kompromiss darstel- len. Diesen gilt es mit Leben zu füllen 1 Daneben zählen zu den rechtlich verbindlichen Regelungen auf EU-Ebene insbesondere © Bernd Roselieb die Level-2-Maßnahmen nach Artikel 10 ff. und Artikel 15 der ESA-Verordnungen, also Technische Regulierungs- und Durchführungs- standards. Diese werden von den europäischen Aufsichtsbehörden entwickelt und von der Kommission bestätigt. BaFin Journal | August 2018 Unternehmen | 7
und in europaweit einheitliche Maßnah- praxis übernimmt. Denn dadurch rich- Transparenz noch erhöhen kann, kann men zu übersetzen. tet die BaFin ihr Verwaltungshandeln an man natürlich immer diskutieren. den Vorgaben der Leitlinien und Q&As Wie viele solcher Maßnahmen hat es aus. Hierdurch entsteht in der Regel Die Stärkung der Konvergenz in der in den vergangenen Jahren gegeben? eine Selbstbindung der Verwaltung, die Kapitalmarktaufsicht an sich ist aber Die bedeutsamsten Konvergenzinstru- gegenüber sämtlichen Marktteilneh- dringend geboten, um das Risiko einer mente sind Leitlinien und Q&As. Bislang mern greift. Aufsichtsarbitrage innerhalb der EU zu hat die ESMA 44 Leitlinien erlassen und reduzieren. Das von der ESMA geför- über 1.000 Q&As veröffentlicht. Manche Unternehmen und Verbände derte Level-Playing-Field schafft ein- sehen die Konvergenzbestrebungen heitliche Aufsichtsstandards und bietet Wendet die BaFin alle Maßnahmen der ESMA und der BaFin kritisch. somit gleiche Chancen im gesamten der ESMA an? Wogegen richtet sich ihre Kritik? europäischen Markt. Das ist aber nicht Wir streben an, die Auslegung von Es gibt mehrere Punkte, an denen sich der einzige Grund, warum mehr Kon- ESMA möglichst vollständig in unsere einige Marktteilnehmer stoßen. Ihre vergenz den Marktteilnehmern direkt Verwaltungspraxis zu übernehmen. Dies Kritik richtet sich vor allem gegen die zugutekommt. entspricht auch der Erwartungshaltung hohe Zahl der der ESMA. Derzeit gibt es nur drei Leit- Konvergenz linien und eine Q&A, die wir nicht voll- instrumente, vor „Mehr Konvergenz erhöht die Sicherheit ständig in unserer Verwaltungspraxis allem der Q&As, anwenden. und dagegen, und Transparenz in Auslegungsfragen dass die ESMA und verbessert die Vergleichbarkeit der Wie erfahren Marktteilnehmer, wel- diese weder Aufsicht“ che die BaFin anwendet und welche vorab konsultiert nicht? noch übersetzt. Wir sind hier sehr transparent. Markt- teilnehmer können sich auf u nserer Ist die Kritik aus Ihrer Sicht gerecht- Warum noch? Internetseite darüber informieren, fertigt? Zum einen, weil sie die Sicherheit welche Leitlinien und Q&As die BaFin Sicherlich ist die große Zahl der Maß- und Transparenz in Auslegungsfragen anwendet und welche nicht oder nur nahmen und vor allem der vielen detail- erhöht. Zum anderen verbessert eine teilweise – übrigens nicht nur in lierten Q&As für die Marktteilnehmer stärkere Konvergenz auch die Vergleich- Bezug auf Maßnahmen der ESMA, eine Herausforderung, insbesondere barkeit der Aufsicht. sondern aller europäischen Aufsichts- für die kleineren Institute und Emitten- behörden. ten. Allerdings sind natürlich nicht alle Eine weitgehend vereinheitlichte Ver- Vorgaben für jeden Marktteilnehmer waltungspraxis erleichtert es den Sind Leitlinien und Q&As der euro- einschlägig. Das kommt ganz auf die Marktteilnehmern daher auch, ihre päischen Aufsichtsbehörden denn jeweilige Tätigkeit an. Dank der Inhalts- Tätigkeiten grenzüberschreitend zu für die deutschen Marktteilnehmer verzeichnisse innerhalb der Dokumente entfalten. Wir dürfen nicht vergessen, rechtlich verbindlich? und der Hinweise auf der Internetseite dass die Fragen ja häufig auch von den Diese Konvergenzinstrumente sind für der ESMA lässt sich schnell identifizie- Unternehmen und Verbänden selbst die Marktteilnehmer zwar zunächst ren, welche Maßnahmen für den jeweili- gestellt wurden. Das zeigt, dass der rechtlich unverbindlich. Allerdings gen Marktteilnehmer relevant sein kön- Bedarf an Antworten der Aufsichts entfalten sie eine mittelbare Wirkung, nen. Über die Frage, ob und wie man behörden hoch ist. wenn die BaFin sie in ihre Verwaltungs- einzelne Prozesse verbessern oder die Die BaFin versucht, ihren Teil dazu bei- zutragen, dass die Marktteilnehmer europaweit eine möglichst einheit Definition liche Praxis vorfinden. Zugleich behält sie aber die Besonderheiten des deut- Aufsichtskonvergenz schen Finanzmarkts im Blick und unter- Aufsichtskonvergenz bedeutet, eine gemeinsame Aufsichtskultur zu schaffen, stützt Marktteilnehmer und Verbände die Kohärenz der Aufsichtspraktiken sicherzustellen und einheitliche Verfah- zudem auf vielfältige Weise, hinsicht- ren in der gesamten Union zu gewährleisten. lich der Konvergenzmaßnahmen auf dem aktuellen Stand zu bleiben. BaFin Journal | August 2018 Unternehmen | 8
Organisation und Durchfüh- Was ist Ihre Botschaft an die Markt- „Das System der Peer Reviews rung vergleichender Analysen teilnehmer? hat sich bewährt, ebenso wie zu zentralisieren und den Konvergenz in der Kapitalmarktaufsicht die Datensammlung durch die europäischen Aufsichtsbehör- erfüllt keinen Selbstzweck, sondern den – insbesondere der ESMA – ist notwendig, um einen einheitlichen nationalen Aufsichtsbehörden“ direkte Daten- und Informa- europäischen Kapitalmarkt zu ermög tionsbefugnisse gegenüber lichen und den Finanzplatz Deutschland den Marktteilnehmern einzu- zu stärken. Insofern gilt: Die Regeln des Was tut die BaFin konkret? räumen, sind aus unserer Sicht der fal- Single Rulebooks für die Finanzmärkte Bei allen drei europäischen Aufsichts- sche Weg. Hier hat sich das bisherige der EU müssen für vergleichbare Markt- behörden hat die BaFin sowohl in den System bewährt – das der Peer Reviews, teilnehmer in allen Mitgliedsländern Arbeitsgruppen als auch im Rat der also der gegenseitigen Überprüfung effektiv, effizient und einheitlich ange- Aufseher ein wachsames Auge d arauf, der nationalen Aufseher, ebenso wie die wandt werden. Die europäischen Auf- dass Leitlinien und Q&As den Beson- Datensammlung durch die nationalen sichtsbehörden sind aus ihren Grün- derheiten des deutschen Markts Rech- Aufsichtsbehörden, die die Informa dungsverordnungen heraus mandatiert, nung tragen. Sie kennt diesen besser tionen dann an EBA, EIOPA oder eben eine einheitliche Aufsichtskultur mittels und kann daher auch eher gewährleis- ESMA weitergeben. entsprechender Konvergenzinstrumente ten, dass eine effektive und e ffiziente zu fördern. Die BaFin gestaltet diese Aufsicht stattfindet, in der diese Beson- Um Unternehmen und Verbände auf aktiv mit – auch für die hiesigen derheiten adäquat B erücksichtigung dem aktuellen Stand zu halten, orga- Marktakteure. finden. Daher ist es so wichtig, die nisiert die BaFin regelmäßig fach europäischen Aufsichtsbehörden bezogene Workshops. Die Wertpapier- Diese können und sollten sich im eige- als von ihren Mitgliedern getragene aufsicht beispielsweise bietet im nen Interesse über die Maßnahmen Institutionen zu erhalten und die November erneut einen Transparenz informieren, die die europäischen Auf- Etablierung eines „One Size Fits All“- workshop an. Aber auch unabhängig sichtsbehörden zur Förderung der Kon- Ansatzes zu verhindern. davon können Marktteilnehmer jeder- vergenz erlassen haben, und diese bei zeit Fragen und Hinweise an uns rich- ihren Tätigkeiten berücksichtigen. Die Dass dazu die proaktive Unterstützung ten, die wir so zeitnah wie möglich BaFin unterstützt sie dabei bestmöglich, der Konvergenzbestrebungen seitens beantworten. Nicht zuletzt veröffent- indem sie über die Konvergenzinstru- der nationalen Aufsichtsbehörden licht die BaFin in einigen Fällen unver- mente und Level-3-Maßnahmen infor- erforderlich ist, wird auch im Rahmen bindliche deutsche Übersetzungen von miert und Hilfestellungen anbietet. Und des ESA-Reviews deutlich, der aktuellen Q&As für die Marktteilnehmer auf ihrer wir haben immer ein offenes Ohr, wenn Überprüfung und Reform des europäi- Internetseite – vor allem solche zu Ver- sich herausstellt, dass bestimmte Maß- schen Aufsichtssystems. Die EU-Kom- braucherschutzthemen2. Leitlinien lassen nahmen nicht auf den jeweiligen Markt- mission hat in diesem Zusammenhang die europäischen Aufsichtsbehörden teilnehmer passen. Zögern Sie in einem erklärt, dass aufgrund einer fehlenden hingegen selbst in die amtlichen Spra- solchen Fall nicht, sich mit uns in Ver- einheitlichen Aufsichtspraxis immer chen der Mitgliedstaaten übersetzen. bindung zu setzen. ■ noch zahlreiche Hürden im euro- päischen Kapitalmarkt bestünden, ohne diesen Eindruck jedoch näher 2 Ein aktuelles Beispiel sind die Q&As zu den zu begründen. Ihre Vorschläge, die Themen Anlegerschutz und Vermittler. BaFin Journal | August 2018 Unternehmen | 9
Cybersicherheit BaFin-Abfrage bei deutschen Versicherern VP Versicherer wie auch Pensionsfonds sind traditionell stark zwischen August und November 2017 bei allen deutschen von ihrer Informationstechnik (IT) abhängig und damit auch Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds mit Aus- Cyberrisiken ausgesetzt. In den letzten Jahren hat sich die nahme der Sterbekassen eine Abfrage durch (siehe Infokasten Gefahr von Cybervorfällen verschärft. Dies liegt insbesondere Seite 11). Diese war zudem als Signal an die Branche zu ver- an den technologischen Entwicklungen und der stärkeren stehen, dass die Aufsicht zukünftig die IT der Unternehmen Vernetzung der Unternehmen, aber auch an der zunehmen- und ihrer IT-Dienstleister genauer im Blick behalten wird. Ziel den Professionalisierung der Cyberkriminellen und Angreifer. war es, die typischen Stärken und Schwächen der Unterneh- © Foto: iStockphoto.com/cybrain Öffentlich gewordene Cyberattacken haben das a llgemeine men zu identifizieren, um die aufsichtliche Aufmerksamkeit Bewusstsein für diese Thematik verstärkt. Selbst wenn bei auf die richtigen Schwerpunkte legen zu können. diesen Angriffen andere Branchen im Fokus standen, gibt es für die Aufsicht keinen Grund zu der Annahme, die Versiche- Erkenntnisse rungsbranche sei weniger anfällig. Die Rückmeldungen der Unternehmen lieferten eine solide Datengrundlage für die Auswertung. Damit hat die BaFin Um mehr über den Umgang der Versicherer und Pensions- das Primärziel erreicht, ein erstes Bild von der Lage der fonds mit ihren Cyberrisiken zu erfahren, führte die BaFin Versicherungsbranche zu gewinnen. Wie erwartet gab es BaFin Journal | August 2018 Unternehmen | 10
große Unterschiede zwischen den einzelnen Teilnehmern. Übermäßige Risikokonzentrationen bei IT-Auslagerungen Während einige zumeist größere Unternehmen ihre Cyber waren nicht zu erkennen: Die BaFin identifizierte keine sicherheit als sehr stark einschätzten, klassifizierten sich IT-Dienstleister, die für viele Versicherer oder Pensionsfonds andere Unternehmen als deutlich schwächer aufgestellt. zugleich tätig sind. Zumindest grundlegende Schritte in Richtung mehr Cyber- sicherheit sind bei allen Teilnehmern erkennbar – dies kann Nächste Schritte aber keinesfalls ausreichen. Insgesamt ist zu konstatieren, Die BaFin will noch im laufenden Jahr systematisch mit auf- dass in der Branche deutlicher Verbesserungsbedarf beim sichtlichen IT-Prüfungen beginnen. Sie wird dabei sowohl die Thema Cybersicherheit besteht. Dasselbe gilt für die individu- beaufsichtigten Versicherungsunternehmen und Pensions elle Datenverarbeitung. fonds als auch deren Ausgliederungen einbeziehen. Bei der Auswahl von Prüfungskandidaten und der Festlegung der Zwei Punkte sind besonders zu erwähnen: Zum einen gehen Prüfungsschwerpunkte wird sie die Erkenntnisse aus der etliche Versicherer zu unsystematisch an das Thema Cyber Cyberabfrage berücksichtigen. Beurteilungsmaßstab werden sicherheit heran, vor allem kleinere Unternehmen. Hier ist vor die Versicherungsaufsichtlichen Anforderungen an die IT allem die Geschäftsleitung gefordert, sich an gängigen Stan- (VAIT) sein, die die BaFin kürzlich veröffentlicht hat (siehe dards auszurichten, beispielsweise am IT-Grundschutz, einem BaFinJournal April 2018 und Juli 2018). ■ Standard des Bundesamts für Sicherheit in der Informations- technik (BSI). Darüber hinaus müssen die Unternehmen die Anwendungen der individuellen Datenverarbeitung besser Autor dokumentieren. Dies ist notwendig, um Kopfmonopole zu Heiko Heuer vermeiden, also Mitarbeiter, die aufgrund ihres Spezialwissens BaFin-Referat für Anlassprüfungen und Sonderthemen beziehungsweise ihrer besonderen Fertigkeiten für das Unter- der Versicherungsunternehmen nehmen de facto unersetzbar sind. Andernfalls kann es pas- sieren, dass diese Anwendungen nicht wie geplant genutzt beziehungsweise gewartet und erweitert werden k önnen. Auf einen Blick BaFin-Abfrage bei deutschen Versicherern Die Abfrage umfasste folgende Aufsichtsbereiche: die Branche haben, weshalb die Aufsicht sie besonders IT-Governance, Bestandsaufnahme der eigenen System- im Auge behalten will. landschaft, Schutzmaßnahmen gegen Cyberangriffe, Erkennung von Cyberangriffen sowie Bewältigung von Außerdem ging es um die individuelle Datenverarbei- Cyberangriffen. Weiterhin hatten die Unternehmen eine tung. Damit ist der Umgang mit Anwendungen gemeint, Liste ihrer IT-Dienstleister zu erstellen. Anhand dieser die Fachbereiche in den Unternehmen entwickeln oder Informationen untersuchte die BaFin insbesondere, ob betreiben. Dieses Thema kommt unter anderem im es in der Versicherungsbranche Risikokonzentrationen Kontext der Risikorechnung sowie der Berechnung der gibt, ob also IT-Dienstleister für viele Versicherer oder versicherungstechnischen Rückstellungen zum Tragen Pensionsfonds zugleich tätig sind. Probleme bei diesen und ist allein deshalb von erheblichem aufsichtlichem Unternehmen könnten weitreichende Konsequenzen für Interesse. BaFin Journal | August 2018 Unternehmen | 11
Verbraucher Informationen für Bankkunden, Anleger und Versicherungsnehmer Warnung Es besteht ein hohes Risiko, die Rückzahlung der eingezahl- ten Gelder beziehungsweise die Auszahlung erwirtschafteter Internet-Handelsplattformen: Gewinne nicht durchsetzen zu können. ■ BaFin warnt vor nicht lizenzierten Anbietern ÜG Die BaFin warnt davor, Geschäfte auf Internet-Handels- Fehlender Verkaufsprospekt plattformen einzugehen, die von nicht lizenzierten Anbietern betrieben werden. Dies betrifft insbesondere Geschäfte mit ABANQO AG: Anhaltspunkte für öffentliches finanziellen Differenzkontrakten (Contracts for Difference – Angebot einer Vermögensanlage ohne Verkaufs CFDs, binäre Optionen und sogenannter Forex-Handel). prospekt Ein deutscher Internetauftritt der Handelsplattform und eine WM Die BaFin hat Anhaltspunkte dafür, dass die ABANQO AG Kundenbetreuung in deutscher Sprache unter Angabe deut- eine Vermögensanlage in Form eines qualifizierten nach scher Telefonnummern bedeuten nicht, dass diese Unterneh- rangigen partiarischen Darlehens öffentlich anbietet, obwohl men einen Sitz in Deutschland unterhalten. hierfür entgegen § 6 Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) kein Verkaufsprospekt veröffentlicht wurde. ■ Die Betreiber der Internet-Handelsplattformen – also die © Foto: theeradech_sanin/fotolia.com Vertragspartner des Kunden – sind auf den Internetseiten der Handelsplattformen häufig nur an sehr versteckter Stelle genannt, zum Beispiel in den Allgemeinen Geschäftsbedin- Hinweis gungen. In vielen Fällen sind bekannte Offshore-Briefkasten anschriften als Sitz angegeben. Sowohl die Betreibergesell- Internetseite für Verbraucher schaften als auch ihre angeblichen Firmensitze wechseln häufig. Eine Erlaubnis, auf dem deutschen Markt Geschäfte Diese und weitere Meldungen finden Sie auch auf der zu betreiben, haben die Betreibergesellschafter in der Regel Internetseite der BaFin unter der Rubrik Verbraucher. nicht. BaFin Journal | August 2018 Verbraucher | 12
Klarstellungen: Fehlende Zulassung Helmuth Newin Group: Zurich Private Capital Group: Keine Zulassung nach § 32 KWG Keine Zulassung nach § 32 KWG ÜG Die „Helmuth Newin Group“ mit angeblichen Geschäfts- ÜG Die „Zurich Private Capital Group“ mit angeblichen sitzen in Regensburg und Zürich bietet im Internet unter eschäftssitzen in Frankfurt am Main und Hong Kong sowie G www.helmuth-newin.com und per Telefon Bankgeschäfte und Kontaktadressen in London, Dubai, Singapur, Mauritius, Mahe Finanzdienstleistungen an. (Seychellen) und Mumbai wirbt im Internet unter zurichprivatecapital.com für Spareinlagen, Geldanlagen Die BaFin stellt vorsorglich klar, dass sie der „Helmuth Newin und Vermögensverwaltung („Savings, Investments, Capital Group“ keine Erlaubnis gemäß § 32 des Kreditwesengesetzes Management“). (KWG) zum Betreiben von Bank- und Finanzdienstleistungs- geschäften erteilt hat. Ein Unternehmen dieses Namens steht Die BaFin stellt vorsorglich klar, dass sie der „Zurich Private nicht unter ihrer Aufsicht. Capital Group“ keine Erlaubnis gemäß § 32 des Kreditwesen gesetzes (KWG) zum Betreiben von Bank- und Finanzdienst- Nach Auskunft von Herrn Helmuth Newin, Regensburg, hat leistungsgeschäften erteilt hat. Ein Unternehmen dieses die „Helmuth Newin Group“ keinerlei geschäftliche oder per- Namens steht nicht unter ihrer Aufsicht. ■ sonelle Verbindungen zu Herrn Helmuth Newin und auch nicht zur EUROASSEKURANZ Versicherungsmakler AG, ins- besondere wird keine Administration in Regensburg unter halten. ■ Einstellung unerlaubter Geschäfte BP1 LP („Stern Options“): BaFin ordnet Einstellung for Difference – CFDs) auf Aktien, Indizes, Währungen, Roh- des grenzüberschreitenden Eigenhandels an stoffe und Kryptowährungen an. Indem sie ihren Kunden den Zugang zu den angebotenen Kontrakten verschafft, betreibt ÜG Die BaFin hat mit Bescheid vom 28. Juni 2018 gegenüber sie den Eigenhandel im Sinne von § 1 Absatz 1a Satz 2 der BP1 LP, Großbritannien, die sofortige Einstellung des Nr. 4 lit. c Kreditwesengesetz (KWG) als Dienstleistung für grenzüberschreitenden Eigenhandels angeordnet. andere in der Bundesrepublik Deutschland. Über die hierfür nach § 32 Absatz 1 KWG erforderliche Erlaubnis verfügt sie Die BP1 LP bietet auf der von ihr betriebenen Handelsplatt- jedoch nicht. ■ form www.sternoptions.com binäre Optionen sowie Differenz- kontrakte (Contracts for Difference – CFDs) auf Aktien, Indizes, Währungen, Rohstoffe und Kryptowährungen zum Kauf und Pairs Ltd. („Weiss Finance“): BaFin ordnet Einstellung Verkauf an. Indem sie ihren Kunden den Zugang zu den ange- des grenzüberschreitenden Eigenhandels an botenen Kontrakten verschafft, betreibt sie den Eigenhandel im Sinne von § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 4 lit. c Kreditwesen ÜG Die BaFin hat mit Bescheid vom 28. Juni 2018 gegenüber gesetz (KWG) als Dienstleistung für andere ohne die erforder- der Pairs Ltd., Marshallinseln, die sofortige Einstellung des liche Erlaubnis der BaFin. ■ grenzüberschreitenden Eigenhandels angeordnet. Die Pairs Ltd. bietet auf der von ihr betriebenen Handelsplatt- Gum Ltd. („Stern Markets“): BaFin ordnet Einstellung form www.weissfinance.com Differenzkontrakte (Contracts des grenzüberschreitenden Eigenhandels an for Difference – CFDs) auf Aktien, Indizes, Währungen, Roh- stoffe und Kryptowährungen an. Indem sie ihren Kunden den ÜG Die BaFin hat mit Bescheid vom 28. Juni 2018 gegenüber Zugang zu den angebotenen Kontrakten verschafft, betreibt der Gum Ltd., Marshallinseln, die sofortige Einstellung des sie den Eigenhandel im Sinne von § 1 Absatz 1a Satz 2 grenzüberschreitenden Eigenhandels angeordnet. Nr. 4 lit. c Kreditwesengesetz (KWG) als Dienstleistung für andere in der Bundesrepublik Deutschland. Über die hierfür Die Gum Ltd. bietet auf der von ihr betriebenen Handelsplatt- nach § 32 Absatz 1 KWG erforderliche Erlaubnis verfügt sie form www.sternmarkets.com Differenzkontrakte (Contracts jedoch nicht. ■ BaFin Journal | August 2018 Verbraucher | 13
Abwicklung unerlaubter Geschäfte Unique Global Consulting (PTY) Ltd., die Gelder per Überweisung vollständig an die Geldgeber vormals Unique Global Investment GmbH: zurückzuzahlen. Die Pflicht zur unverzüglichen Rückzahlung Einlagengeschäft ohne Erlaubnis der angenommenen Gelder gilt auch, soweit Wagner mit Anlegern Ratenzahlungsvereinbarungen oder anderweitige ÜG Die BaFin hat der Unique Global Consulting (PTY) Ltd. mit Verträge geschlossen hat, die die ursprünglich geschlossenen Sitz in Johannesburg, Südafrika, mit Bescheid vom Vereinbarungen ersetzen sollen. ■ 12. Juli 2018 aufgegeben, das Einlagengeschäft einzustellen und abzuwickeln. Ralf Wühler-Grauer: Das Unternehmen, das früher unter Unique Global Investment Einlagengeschäft ohne Erlaubnis GmbH firmierte, betreibt die Internetseite www.ugi.direct. Im Rahmen von Mitgliedschaftskonten auf dieser Seite wirbt das ÜG Die BaFin hat Herrn Ralf Wühler-Grauer, Mannheim, mit Unternehmen für Investmentpakete und garantiert die Rück- Bescheid vom 19. Juli 2018 aufgegeben, das Einlagengeschäft zahlung der investierten Kundengelder. Damit betreibt die einzustellen und abzuwickeln. Wühler-Grauer schloss im Unique Global Consulting (PTY) Ltd. das Einlagengeschäft eigenen Namen und unter der Firma „RW Unternehmens- ohne die erforderliche Erlaubnis der BaFin. beratung“ Darlehensverträge und versprach die unbedingte Rückzahlung der angenommenen Gelder. Das Unternehmen behauptet auf seiner Seite wahrheitswidrig, mit der BaFin zusammenzuarbeiten und dort Anpassungen Hierdurch betreibt Wühler-Grauer das Einlagengeschäft ohne aufgrund der Vorgaben der BaFin vorzunehmen. Ebenso die erforderliche Erlaubnis der BaFin. Er ist verpflichtet, die falsch ist die Behauptung, die Seite sei derzeit „bis zur Frei- Gelder per Überweisung vollständig an die Geldgeber zurück- gabe durch die BaFin“ gesperrt, so dass Kunden vorüber zuzahlen.■ gehend einen anderen Link nutzen sollten. Es wird keine Frei- gabe der Seite durch die BaFin erfolgen. ■ PWRTrade (GN Management EOOD): Einlagengeschäft ohne Erlaubnis Yering Deutschland GmbH: Einlagengeschäft ohne Erlaubnis ÜG Die BaFin hat der Online-Plattform PWRTrade bezie- hungsweise der GN Management EOOD mit Bescheid vom ÜG Die BaFin hat der Yering Deutschland GmbH, München, 13. Juli 2018 aufgegeben, das ohne Erlaubnis betriebene mit Bescheid vom 27. Juni 2018 aufgegeben, das Einlagen Einlagengeschäft sofort einzustellen und unverzüglich abzu- geschäft einzustellen und abzuwickeln. wickeln. Die Yering Deutschland GmbH wirbt unter Auf der Webseite www.pwrtrade.co wird unter der Marke www.tankstellen.club.de für eine Mitgliedschaft im „Tankstel- PWRTrade eine Online-Plattform zum Handel mit b inären len-Club“. Im Rahmen der Mitgliedschaft nimmt sie Gelder Optionen betrieben. Unter Beibehaltung der „Marke“ entgegen und verspricht deren unbedingte Rückzahlung. PWRTrade sind die Angaben zu den Betreibern der Platt- Damit betreibt die Yering Deutschland GmbH das Einlagen form mehrmals geändert worden. Es wurde zum einen der geschäft ohne die erforderliche Erlaubnis der BaFin. ■ Anschein erweckt, dass es sich bei der PWRTrade nicht nur um eine Marke, sondern um ein Unternehmen handelt. Zum anderen wurden abwechselnd die GN Management EOOD Christine Wagner: (Sofia, Bulgarien) und die GN Capital Limited als Betreiber der Einlagengeschäft ohne Erlaubnis Plattform dargestellt. ÜG Die BaFin hat Frau Christine Wagner, Landsberg, mit Be- Die Plattform führt Kundenkonten und nimmt auf diesen scheid vom 23. Juli 2018 aufgegeben, das Einlagengeschäft unbedingt rückzahlbare Gelder der Kunden an. Durch die unverzüglich abzuwickeln. Wagner nahm Gelder des Publi- Entgegennahme dieser Gelder betreibt die PWRTrade be- kums mit dem Versprechen der unbedingten Rückzahlung ziehungsweise die GN Management EOOD das erlaubnis entgegen. pflichtige Einlagengeschäft nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 Kreditwesengesetz (KWG) grenzüberschreitend in der Bun- Hierdurch betreibt Wagner das Einlagengeschäft ohne desrepublik Deutschland. Über die hierfür nach § 32 Absatz 1 die erforderliche Erlaubnis der BaFin. Sie ist verpflichtet, KWG erforderliche Erlaubnis verfügt sie jedoch nicht. ■ BaFin Journal | August 2018 Verbraucher | 14
Zuwendungen Verbot mit Ausnahme: Verschärfte Spielregeln für Provisionen und andere Vorteile Serie WM Dreiecksbeziehungen sind mitunter kompliziert. Wie im Die MiFID II aus Verbrauchersicht alltäglichen Leben gilt dies auch für die Erbringung von Wert- papierdienstleistungen und -nebendienstleistungen (siehe Dieser Artikel ist Teil einer Serie von Beiträgen, die die © Foto: iStockphoto.com/Sebastian Harms Infokasten Seite 16) und die Dreiecksbeziehung zwischen wichtigsten Neuerungen der zweiten europäischen Kunde, Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Drittem: Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen erbringt gegen- Directive II – MiFID II) aus Verbraucherperspektive über dem Kunden eine Wertpapier(neben)dienstleistung. darstellen. Während es in der Juni-Ausgabe um die Kompliziert wird es, wenn zu dieser bipolaren Beziehung nun Aufzeichnung von Telefongesprächen (Taping) und in eine weitere Person hinzutritt – zum Beispiel der Emittent des der Juli-Ausgabe um die Kostentransparenz ging, steht Wertpapiers – und dieser Dritte dem Wertpapierdienstleis- nun das Thema Zuwendungen im Mittelpunkt. Zum tungsunternehmen im Zusammenhang mit der Erbringung Abschluss der Serie wird das BaFinJournal in seiner der Wertpapier(neben)dienstleistung gegenüber dem Kunden nächsten Ausgabe über die Geeignetheitserklärung einen Vorteil einräumt. informieren. BaFin Journal | August 2018 Verbraucher | 15
Definition Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) zählt in § 2 Absatz 8 und 9 die Wertpapierdienstleistungen beziehungsweise Wertpapiernebendienstleistungen abschließend auf und definiert diese. Wichtige Wertpapierdienstleistungen, mit denen Verbraucher häufig in Kontakt kommen, sind beispielsweise die Anlageberatung und die Finanzportfolioverwaltung. Eine für viele Verbraucher wichtige Wertpapiernebendienstleistung stellt das Depotgeschäft dar, bei dem es um die Verwah- rung und die Verwaltung von Finanzinstrumenten geht. Ein Depot ist in der Regel Voraussetzung dafür, Wertpapiere – wie etwa Aktien – halten zu können. Interessenkonflikte Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG, siehe Denn die Gewährung und die Annahme von Vorteilen, die BaFinJournal Juni 2017) und die neue Wertpapierdienstleis- Juristen als „Zuwendungen“ bezeichnen (siehe Infokasten), tungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVerOV) können Interessenkonflikte auslösen. Diese können dadurch zum 3. Januar 2018 verschärft. entstehen, dass ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, zum Beispiel eine Bank, von einem Dritten eine Zuwendung Provisionsbasierte Anlageberatung erhält, welche das Unternehmen bei der Erbringung der Wert- In Deutschland dominiert nach wie vor die provisionsbasierte papier(neben)dienstleistung gegenüber dem Kunden beein- Anlageberatung. Dabei wird das Wertpapierdienstleistungs- flussen könnte. unternehmen, das die Anlageberatung anbietet, zumindest teilweise von den Anbietern oder Emittenten der Finanz Zur Veranschaulichung ein Beispiel aus der Anlageberatung: instrumente vergütet. Beim Kunden, der einen Berater etwa in Erhält eine Bank zum Beispiel für den Verkauf bestimmter der örtlichen Filiale seiner Bank oder Sparkasse aufsucht, kann Wertpapiere eine Provision von deren Emittenten, kann für sie dadurch der Eindruck entstehen, die Beratung sei kostenlos. ein Anreiz bestehen, sich bei der Beratung des Kunden von Die Zuwendung ist letztlich aber eingepreist. dieser Provision und ihrer Höhe leiten zu lassen. Das Kunden interesse könnte so vom Vertriebsinteresse der Bank über Nach den Regeln des Zuwendungsregimes besteht grundsätz- lagert werden. lich ein Zuwendungsverbot: Wertpapierdienstleistungsunter- nehmen dürfen im Zusammenhang mit Wertpapier(neben)- Zuwendungsregime dienstleistungen keine Zuwendungen von Dritten annehmen, Die Regelungen des Zuwendungsregimes sollen gewährleis- die nicht Kunde dieser Dienstleistungen sind. ten, dass der Kunde dennoch bestmöglich in seinem Interesse beraten wird. Unter bestimmten, strengen Voraussetzungen gelten jedoch Ausnahmen von diesem Verbot. Sie sind die rechtliche Die bisherigen Regelungen, die auf die erste europäische Grundlage dafür, dass überhaupt eine provisionsbasierte Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Anlageberatung erfolgen kann, und lassen sich kurz in zwei Directive I – MiFID I) zurückgehen, wurden durch die MiFID II Schlagworten zusammenfassen: Transparenz und Qualitäts- und eine darauf basierende Delegierte Richtlinie sowie verbesserung. das entsprechende deutsche Umsetzungsgesetz (Zweites Definition Zuwendungen Der Begriff der Zuwendungen umfasst nach § 70 Absatz 2 Satz 1 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) Provisionen, Gebüh- ren und sonstige Geldleistungen sowie alle nichtmonetären Vorteile. Die Definition ist somit sehr weit gefasst. Wichtig zu wissen ist, dass Zuwendungen nicht nur in Form von Geldleistungen (monetäre Zuwendungen) erbracht werden können, sondern auch in Form von anderen Vorteilen (nichtmonetäre Zuwendungen). Das kann beispielsweise die Erbringung von Dienstleistungen sein, das Überlassen von IT-Hard- oder -Software und die Durchführung von Schulungen. Zu gängigen Arten von Zuwendungen siehe Infokasten Seite 17. BaFin Journal | August 2018 Verbraucher | 16
Auf einen Blick Beispiele für gängige Arten von Zuwendungen ■■ Rückvergütungen (Kick-backs / Retrozessionen) ■■ Staffelprovisionen sind variable, in der Regel in pro- beschreiben allgemein den Fall, dass ein Dritter gressiven Sätzen oder Stufen gezahlte Zuwendungen, – beispielsweise der Emittent – Zahlungen des Kunden die vom Erreichen bestimmter Absatz-, Umsatz- oder an ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen – zum Bestandsgrößen abhängen. Beispiel den Fondsvermittler – weiterleitet. ■■ Transaktionsprovisionen (Orderflow Payment) wer- ■■ Abschluss- oder Vertriebsprovisionen werden den für die Weiterleitung von Kundenaufträgen an von einem Dritten unmittelbar für den Verkauf von bestimmte Gegenparteien oder Ausführungs- bezie- Finanzinstrumenten gezahlt, etwa Ausgabeaufschläge hungsweise Handelsplätze gewährt. bei Investmentfonds und Platzierungsprovisionen bei Zertifikaten. ■■ Vermittlungsprovisionen (Finder’s Fees) zahlen einige Wertpapierdienstleistungsunternehmen für die ■■ Als Bestandsprovisionen (Kontinuitäts- oder Vermittlung neuer Kunden. Vertriebsfolgeprovisionen) werden die meist jähr lichen Zahlungen bezeichnet, die ein Fondsvermittler ■■ Eigenkapitalvermittlungsprovisionen werden für aus der Verwaltungsvergütung eines Investmentfonds die Vermittlung von Beteiligungen an Personengesell- erhält, solange die Kunden den Investmentfonds im schaften wie alternativen Investmentfonds und Vermö- Bestand halten. gensanlagen gezahlt, häufig zusätzlich zu Vertriebs provisionen für die Vermittlung neuen Eigenkapitals. Transparenz: Offenlegung der Zuwendung wird, die in keiner engen Verbindung zum Wertpapierdienst- Zunächst muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen leistungsunternehmen stehen. Ebenso kommt es ihm zugute, Zuwendungen, die es im Zusammenhang mit einer Dienst- wenn die Bank mindestens einmal jährlich prüft, ob s ämtliche leistung von anderer Seite erhält, gegenüber dem Kunden Finanzinstrumente, die der Kunde auf ihre Empfehlung hin offenlegen. Dabei muss es auch Art und Höhe der Leistung erworben hat, weiterhin für ihn geeignet sind. Auch eine Bera- nennen, und zwar bereits im Vorfeld, also bevor es die Wert- tung zur optimalen Strukturierung des Kundenvermögens, papier(neben)dienstleistung erbringt. die über die Empfehlung eines einzelnen Finanzinstruments hinausgeht, kann als qualitätsverbessernd angesehen werden. Falls sich die Höhe der Zuwendung zu diesem Zeitpunkt noch Der Berater sollte allerdings auch die individuelle Risikobereit- nicht bestimmen lässt, beispielsweise weil sie von einem noch schaft, den Anlagezweck und den Anlagehorizont des Kunden offenen Faktor abhängt – etwa bei Staffelprovisionen (siehe berücksichtigen, um für diesen einen angemessenen Mehr- Infokasten) –, ist zumindest die Art und Weise der Berechnung wert zu schaffen. Eine Qualitätsverbesserung der Anlage anzugeben. Außerdem muss der Kunde nachträglich über den beratung kann schließlich auch darin bestehen, dem Kunden genauen Betrag der Zuwendung informiert werden. einen verbesserten Zugang zu Beratungsdienstleistungen zu ermöglichen. Die Zuwendungen sind auch in der Kosteninformation (siehe BaFinJournal Juli 2018) als Teil der Dienstleistungskosten aus- Unabhängige Honorar-Anlageberatung zuweisen. Die Regeln zur Offenlegung und zur Qualitätsverbesserung gelten für alle Wertpapier(neben)dienstleistungen – mit zwei Qualitätsverbesserung: Mehrwert für den Kunden Ausnahmen: die unabhängige Honorar-Anlageberatung sowie Damit das Zuwendungsverbot nicht greift, muss die Zuwen- die Finanzportfolioverwaltung. Für diese bestehen restrikti- dung zudem darauf ausgelegt sein, die Qualität der für den vere Regelungen. Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern. Der Kunde hat die Möglichkeit, anstelle der provisionsbasier- In der Anlageberatung kann eine Qualitätsverbesserung zum ten eine unabhängige Honorar-Anlageberatung in Anspruch Beispiel darin bestehen, dass der Kunde auf Basis einer breiten zu nehmen. Allerdings bieten dies bislang nur wenige Wert Palette geeigneter Finanzinstrumente von Anbietern beraten papierdienstleistungsunternehmen an. Einen Überblick BaFin Journal | August 2018 Verbraucher | 17
Hinweis Aufzeichnungspflichten Die Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen alle Zuwendungen, die sie gewährt oder erhalten haben, in einem internen Verzeichnis dokumentieren. Ebenso ist zu dokumentieren, wie diese Zuwendungen die Qualität der Dienstleis- tungen für die Kunden verbessern. Aufgrund dieser Aufzeichnungen kann die BaFin überprüfen, ob die Unternehmen die Vorgaben des Zuwendungsregimes einhalten. darüber, bei welchen Unternehmen Anleger eine unabhängige bestimmten Finanzinstrument den Vermögensverwalter in die Honorar-Anlageberatung in Anspruch nehmen können, gibt Lage versetzen, dieses für den Kunden besser einzusetzen. das Honorar-Anlageberaterregister, das die BaFin auf ihrer Internetseite bereithält. Alle anderen Zuwendungen darf ein Vermögensverwalter nicht behalten. Er muss sie so schnell wie möglich an seinen Die Besonderheit der Honorar-Anlageberatung liegt darin, Kunden weitergeben beziehungsweise auszahlen. Die Wert- dass sie im Gegensatz zur provisionsbasierten Anlagebera- papierdienstleistungsunternehmen müssen entsprechende tung ausschließlich durch den Kunden bezahlt werden darf. Prozesse einrichten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Honorar-Anlageberater keinerlei Zuwendungen von den Unternehmen annehmen und Vermögensverwalter dürfen Zuwendungen auch nicht zurück- behalten dürfen, deren Produkte sie vermitteln. Sie müssen behalten, um sie später mit dem Vermögensverwaltungs sogar versuchen, Finanzinstrumente und Dienstleistungen zu entgelt aufzurechnen, das der Kunde zu zahlen hat. Denn meiden, für die eine Zuwendung gezahlt wird. Falls dies ein- bereits durch den damit verbundenen Liquiditätsvorteil mal nicht möglich ist, beispielsweise weil ein Finanzinstrument könnte für den Vermögensverwalter ein Anreiz entstehen, ohne Zuwendung nicht erhältlich ist, sind Honorar-Anlage erwartete Zuwendungen in seine Anlageentscheidungen berater verpflichtet, die Zuwendungen so schnell wie möglich miteinzubeziehen. Das Entgelt für die Vermögensverwaltung und ungemindert an den Kunden auszuzahlen. Honorar- sollte der Kunde daher grundsätzlich direkt bezahlen. Anlageberater dürfen nicht einmal geringfügige nichtmone- täre Zuwendungen annehmen, wie etwa Informationsmaterial Verbesserter Anlegerschutz oder die Teilnahme an kostenfreien Schulungen. Denn schon Die verschärften Regelungen des Zuwendungsregimes, ins- der Eindruck einer möglichen Beeinflussung soll von vorn besondere die erhöhten Anforderungen an die Qualitätsver- herein vermieden werden. Diese strengen deutschen Regelun- besserung, verringern potenzielle Interessenkonflikte und gen zur Honorar-Anlageberatung gelten bereits seit mehreren verbessern die Transparenz. Damit dienen sie dem Schutz von Jahren (siehe BaFinJournal Juli 2014). Finanzportfolioverwaltung Auf einen Blick Die Finanzportfolioverwaltung (siehe Infokasten) gewinnt für kleinere Kundenvermögen eine immer größere Bedeutung. Finanzportfolioverwaltung Dies liegt unter anderen daran, dass in jüngerer Zeit digitale und damit oft auch vergleichsweise kostengünstige Vermö- Die Finanzportfolioverwaltung wird umgangssprach- gensverwaltungsangebote zunehmend beliebter werden. lich auch als Vermögensverwaltung bezeichnet. Entscheidender Unterschied zur Anlageberatung ist, Vermögensverwalter dürfen nach der europäischen Finanz- dass der Vermögensverwalter ein Mandat hat, die ein- marktrichtlinie MiFID II nur noch geringfügige nichtmone zelnen Anlageentscheidungen für den Kunden selbst täre Zuwendungen annehmen, wie etwa Informations- zu treffen. Den Entscheidungsspielraum schränkt der material und die Teilnahme an Seminaren zu bestimmten Kunde durch den Vermögensverwaltungsvertrag ein, Finanzinstrumenten – allerdings nur dann, wenn sie die in dem die Anlagerichtlinien oder -strategie festge- Anforderungen der Ausnahmeregelung erfüllen, also die halten werden. In der Regel berichtet der Vermögens- Zuwendung gegenüber dem Kunden offenlegen und diese verwalter vierteljährlich über die Wertentwicklung qualitätsverbessernd verwenden. Beispielsweise kann des Kundenvermögens und die vorgenommenen die Teilnahme an einer Bildungsveranstaltung zu einem Portfolioumschichtungen. BaFin Journal | August 2018 Verbraucher | 18
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