LUTHERGENF - Frauen und Reformation - Evangelisch-Lutherische Kirche Genf

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LUTHERGENF - Frauen und Reformation - Evangelisch-Lutherische Kirche Genf
LUTHERGENF
                                                                 06 - 08 17
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Evangelisch-Lutherische Kirche in Genf                 Der Gemeindebote

           Frauen und Reformation

                      LUTHER GENF Juni – August 2017
LUTHERGENF - Frauen und Reformation - Evangelisch-Lutherische Kirche Genf
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    Bericht von der Gemeindeversammlung
    Am Sonntag den 12.03.2017 fand die alljähr-       um Flüchtlingsarbeiten. Die andere Hälfte geht
    liche Gemeindeversammlung statt. Wir freuen       an ausländische Hilfsprojekte. Im Vordergrund
    uns, dass trotz schönen Wetters und immer noch    steht, Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen.
    akzeptabler Schneeverhältnisse über 70 Mit-       Nach dem Tätigkeitsbericht aus dem Vorstand
    glieder unserer Gemeinde sich die Zeit genom-     erläuterte Marc Blessing die Möglichkeit zu ei-
    men haben, an unserer Versammlung teilzuneh-      ner außerordentlichen Verlängerung seiner
    men. Nach der Begrüßung durch die Vorsitzende     Amtszeit um maximal drei Jahre. Der Vorstand
    des Gemeindevorstandes Berit Kaiser-Marlbo-       hat beschlossen, diesen Antrag zu unterstützen.
    rough eröffnet Pfarrer Blessing die Versamm-      Diese Entscheidung wurde von der Gemeinde
    lung mit einem Gebet.                             mit Applaus bestätigt.
    Anhand einer Photoshow hält Mark Blessing ei-     Zügig und problemlos konnte der Tagesord-
    nen Rückblick auf das vergangene Kirchenjahr,     nungspunkt „Finanzen“ mit dem Bericht der
    welches von dem 250-jährigen Jubiläum unse-       Rechnungsprüfer und der Entlastung des Vor-
    res Kirchengebäudes und dem Beginn der Feier-     standes sowie dem Haushaltsplan 2017 erledigt
    lichkeiten des 500. Geburtstages der Reformati-   werden.
    on geprägt war.                                   Die vom Vorstand vorgeschlagenen Satzungsän-
    Andrea Leser schilderte das Voranschreiten der    derungen wurden jeweils nach kurzer Diskussi-
    Arbeiten im Archiv. Um dieses so komplett wie     on angenommen. Unser Vorstand ist nun schon
    möglich fortzuführen, bittet sie Gemeindemit-     mit neun Mitgliedern ausreichend besetzt. Es
    glieder, welche Unterlagen und insbesondere       wurde jedoch sowohl von der Gemeinde als auch
    auch historische Fotos besitzen, diese der Ge-    vom Vorstand betont, dass es erstrebenswert ist,
    meinde, gerne auch in Kopie, zur Verfügung zu     stets die maximale Anzahl von 10 Vorständen zu
    stellen. Sie berichtete des Weiteren, dass die    berufen.
    drei Gebäudekomitees ihre Tätigkeiten erfolg-     Es wurden fünf neue Vorstandsmitglieder ge-
    reich aufgenommen haben. Die Fensterreno-         wählt: Heinz Buschbeck, Inge Klaas, Martin Ma-
    vierung ist weitgehend abgeschlossen. Das Re-     gold, Marlies Meissner und Christian Viegelahn.
    novierungskomitee arbeitet nun Hand in Hand       Marlies Meissner hat die Wahl jedoch leider
    mit dem Amt für Denkmalschutz. Es geht hier       nicht angenommen.
    nicht nur um die Situation des Gebäudes, son-     Am Ende ergab sich noch eine heftige Diskus-
    dern auch um die Übernahme von Kosten für         sion über die Frage der juristischen Beurteilung
    Voruntersuchungen und denkmalpflegerischem        des Gebäudeeigentums und deren Aufklärung.
    Mehraufwand.                                      Es wurde beschlossen diesen Punkt auf der zu-
    Einen besonderen Platz hatte dieses Jahr der      vor verkündeten Infoveranstaltung zum Thema
    Bericht aus dem Projektkreis von Frau Elisabeth   Gebäude am 30.04 2017 bevorzugt zu diskutie-
    Ellwanger, welcher über die Vergabe der von der   ren. Hierzu sind alle herzlich eingeladen.
    Gemeinde zur Verfügung gestellten Gelder be-
    stimmt. Mit 50% der Gelder werden lokale Pro-
    jekte unterstützt. Hier geht es in erster Linie               Für den Vorstand: Friederike Aebischer

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Angedacht       3

Frauen in der Reformationszeit
Ich beginne meinen Beitrag mit einem Zitat, das       Christus Jesus.“
wie ein Leitvers über der geistlichen Berufung        So wie wir in Christus alle erlöst und von der
und dem geistlichen Amt von Frauen stehen soll.       Verfallenheit an die Sünde und den ewigen Tod
Es stammt von Marie Dentière, einer Genfer Re-        befreit sind, so sind wir alle dazu berufen, uns
formatorin, von der wir gleich noch etwas mehr        gegenseitig in Liebe zu dienen, wie Christus es
          hören werden: „Wenn Gott manchen            getan und gesagt hat. Das von den Gegnern der
          guten Frauen die Gnaden gegeben hat         Frauenordination häufig verwendete Pauluszitat
          und ihnen etwas Heiliges und Gutes          1. Kor 14,34: „Die Frau schweige in der Ver-
          durch seine Heilige Schrift offenbart       sammlung“ ist eindeutig in seinem kulturellen
          hat, sollten sie, wegen der Verachter der   Kontext zu sehen: Erhoben doch nur Hetären
          Wahrheit, davon abstehen, sie aufzu-        die Stimme in Versammlungen, wo auch Män-
          schreiben, auszusprechen oder einander      ner zugegen waren. Darauf eine Verweigerung
          mitzuteilen? Ah! Es wäre ungehörig, das     der Frauenordination zu bauen wäre, wie am
          Talent, das Gott uns gegeben hat, zu        System der Sklaverei festzuhalten, was sich ja
          verbergen, die wir die Gnade haben, da-     z.B. im Philemonbrief findet.
mit bis zum Ende fortzufahren. Amen.“                 Das reformatorische Schriftprinzip der Sola
Es hat Schlagzeilen gemacht, als die Lettische        Scriptura-allein die Schrift, nicht Schrift und
ev.-luth. Kirche die Frauenordination im ver-         Tradition, war in seinen Auswirkungen auf die
gangenen Jahr zurückgenommen hat. (Eine               Gesellschaft der Reformationszeit gewaltig. Das
kurze Nebenbemerkung: ich diene in der EST-           Frauenbild des Neuen Testaments, insbesonde-
NISCHEN Kirche, die in diesem Jahr 50 Jahre           re die Art und Weise, in der Jesus mit Frauen
Frauenordination feiert und in der gut 30% aller      umgegangen ist, muss revolutionär erschienen
Geistlichen Frauen sind-oft werde ich mehr oder       sein. Sie bedeutete für manche Frauen, die ent-
weniger harsch zur Stellungnahme hinsichtlich         sprechende Bildung bekommen hatten, den
der Frauenordination aufgerufen, da ich ja aus        Ausbruch aus dem mittelalterlichen Ordo-Sys-
Lettland käme, aber man sollte diese beiden           tem, wo der Mensch im Wesentlichen dabei zu
Länder und Kirchen doch auseinanderhalten).           bleiben hatte, wohin er geboren war. Nur ein
Nach ev.-lutherischem Verständnis ist es unpro-       Beitritt zu einem geistlichen Orden konnte eine
blematisch, Frauen zu ordinieren aufgrund des         Befreiung daraus bedeuten. So waren die Klöster
Priestertums aller Gläubigen. Alle Christinnen        im Mittelalter beiderlei: Zum einen der Ort, wo
und Christen sind für alle Priesterinnen und          Frauen, so wie Katharina von Bora, im Alter von
Priester, die dazu berufen sind, einander zu Je-      5 Jahren hingeschickt wurden, weil Eltern für
sus zu bringen und die leibliche und seelische        Töchter nicht die Mitgift aufbringen konnten.
Not miteinander zu teilen. Daher ist der Pries-       Zum anderen aber eben auch der Ort, an dem
ter oder Pastor im Gottesdienst sozusagen nur         dieselbe Katharina von Bora, Lesen und Schrei-
ein/e vollzeitige/r Diener/Dienerin, er/sie stellt    ben lernte (wahrscheinlich ja auch Haushalten)
im Gottesdienst nicht Christus dar. Ebenso ist        und so in die Lage kam, überhaupt etwas von
Jesus zwar als Mann über unsere Erde gegangen.        der Reformation mitzubekommen. Sie war im
Aber das nun geschlechtsspezifisch zuzuspitzen,       Kloster auch nicht ganz alleine: Ihre Tante war
widerspricht grundlegenden Bekenntnisaussa-           dort ebenfalls Klosterschwester, vermutlich sogar
gen, denn der Apostel Paulus schreibt im Gala-        Äbtissin. Doch davon gleich mehr. Wir wün-
terbrief 3,28: „Hier ist nicht Jude noch Grieche,     schen Ihnen eine anregende Lektüre!
hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht
Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in                                  Ihr Matthias Burghardt

                                   LUTHER GENF Juni – August 2017
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4   Thema

    Marie Dentière – die Genfer Reformation
    			aus weiblicher Perspektive
    In den ersten Stunden der Reformationszeit im        auf der Mauer des Genfer Reformationsdenkmals im
    16. Jahrhundert, vor der Ankunft Calvins in Genf,    „Parc des Bastions.“
    waren William Farel und Pierre Viret allgemein       Marie Dentière wurde 1495 in Belgien geboren und
    recht bekannt, was man von den Frauen, die sich      war zunächst Priorin im Augustinerinnenkloster bei
    aktiv für die Ideen der Reformation einsetzten       Tournai. Sie schloss sich schon früh dem lutherischen
    wollten, nicht behaupten konnte.                     Gedankengut an und verließ den Orden, heiratete und
                                                         folgte später ihrem Mann in die Schweiz. Nach dem
    Eine dieser Frauen war Marie Dentière. Von ihren     Tod ihres 1. Mannes heiratete sie Antoine Froment, ei-
    Zeitgenossen als Frau von aufbrausendem Cha-         nen Mitarbeiter Farels und lebte lange Jahre mit ihm
    rakter und streitbarem Geist bezeichnet, wird sie    in Genf, wo sie sich aktiv an dem Reformationsprozess
    erst in jüngster Vergangenheit als eine der ersten   beteiligte. Sie veröffentlichte anonym mehrere theolo-
    Theologinnen der französischen Reformation ge-       gische Schriften. Die Überzeugung, mit der Marie Den-
    bührend gewürdigt. In Anerkennung ihres Ver-         tière die Ideen der Reformation und die Rolle der Frau
    dienstes fand der Name Marie Dentière im No-         in der Kirche vertrat, machte sie zu einer der ersten fe-
    vember 2002 seinen Platz einziger einer Frau(!)      ministischen Laientheologinnen ihrer Zeit.
                                                               Christel Grosse

    Wirken mit Flugschriften und Briefen:
    Argula von Grumbach, spätere
    Gräfin Schlick
    Geboren um 1492 auf der Burg Ehrenfels bei Be-       te, aber nun durch
    ratzhausen der Oberpfalz in Bayern                   Gewaltandrohung
    Gestorben: 23. Juni 1554 (?) in Zeilitzheim bei      zum öffentlichen
    Schweinfurt in Bayern                                Widerruf gezwun-
    Argula, Tochter des Reichsfreiherrn Bernhardin       gen wurde. Argula                 Bild: Wikipedia
    von Stauff, des Hauptmannes von Landshut, und        schrieb einen Brief
    der Katharina von Törring zu Seefeld, beide aus      an den Rektor und an die gesamte Universität, wor-
    altbayrischem, aber inzwischen verarmtem Adel,       in sie sich beschwerte, dass man den jungen Magister
    bekam schon 1502 von ihrem Vater eine Bibel          durch Drohungen zum Widerruf gezwungen habe: „Ich
    in deutscher Sprache geschenkt. 1509 verlor sie      finde an keinem Ort der Bibel, dass Christus noch sei-
    durch die Pest innerhalb von fünf Tagen beide El-    ne Apostel oder Propheten jemanden eingekerkert, ge-
    tern, kam dann an den Hof der Herzöge von Bay-       brannt noch gemordet haben oder das Land verboten.“
    ern und heiratete 1514 den Ritter Friedrich von      Sie forderte die Professoren auf, in Gegenwart unse-
    Grumbach - dem heutigen Burggrumbach. Ar-            rer drei Fürsten und der ganzen Gemeinde sich mit ihr
    gula, eine Schülerin von Georg Spalatin, las die     theologisch auseinanderzusetzen, und zwar in Deutsch
    Schriften von Martin Luther und stand mit ihm im     und auf der Grundlage der Heiligen Schrift.
    Briefwechsel.                                        Im Spätsommer 1523 schrieb Argula dem Herzog von
    1523 kam es an der Universität in Ingolstadt zu      Bayern, den sie aus ihrer Zeit am Hof in München per-
    einem Aufsehen erregenden Prozess gegen ei-          sönlich kannte, einen Brief, in dem sie ihm die Vorgän-
    nen jungen Magister namens Arsacius Seehofer,        ge in Ingolstadt schilderte und erklärte, ein Christ müs-
    der als Anhänger Luthers für die neue Glaubens-      se der Obrigkeit gehorchen, diese aber die ihr von der
    bewegung unter den Studenten geworben hat-           Heiligen Schrift gesetzten Grenzen achten; im Kon-

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Thema       5

flikt zwischen Gehorsam gegenüber der Obrigkeit oder       ther. Aber ich bekenn, dass ihn Martinus auch als
Gott, habe der Christ eher Leib und Leben zu riskieren,    ein getreuer Christ bekennt. Gott helfe, dass wir
als das Wort Gottes zu verleugnen. Der Herzog antwor-      solches nimmermehr verleugnen, weder durch
tete ebenfalls nicht, entließ aber umgehend Argulas        Schmach, Schande, Kerker, Peinigung, auch durch
Mann aus seiner gut dotierten Stellung als Statthalter     den Tod. Das helf und verleihe Gott allen Chris-
in Dietfurt an der Altmühl, weil er seine Frau nicht ge-   ten. Amen.
hindert habe, solche Briefe zu schreiben. Ohne ihr Zu-     Unerschrocken verfasste Argula weitere Flug-
tun erschienen beide Briefe im Druck, Argula wurde so      schriften – darunter auch Schriften zur Vertei-
die erste weibliche Autorin im Protestantismus.            digung der lutherischen Lehre. Ihre insgesamt
In einem Brief an einen Vetter ihrer Mutter, Adam von      acht Flugschriften erschienen in den Jahren
Törring, den Statthalter der jungen Pfalzgrafen Ott-       1523/1524 in 30 Ausgaben und dürften damit
heinrich und Philipp in Neuburg an der Donau: Man          mehr als 30.000 Leser und Leserinnen erreicht
heißt mich lutherisch, ich bin es aber nicht, ich bin im   haben.
Namen Christi getauft, den bekenn ich und nicht Lu-                               (Quelle: heiligenlexikon.de)

Katharina von Bora
* 29. Januar 1499 vmtl auf Gut Lippendorf, südlich von Leipzig
† 20. Dezember 1552 in Torgau
                                                          einfachen Leute kennen. Die einjährige Prüfungs-
Die materiellen Verhältnisse des Vaters, Hans von zeit, das Noviziat, begann 1514. Am 18. Oktober
Bora, waren bescheiden und dieser Umstand vergrö- 1515 schwor sie allen Freuden dieser Welt ab.
ßerte sich noch durch die wachsende Kinderschar. Ab Das Leben der Katharina von Bora verlief in streng
1505 hat sich Katharina wohl schon im Benediktiner- geregelten Bahnen, jedoch nicht ohne die kleinen
kloster Brehna aufgehalten. Ihr verwitweter Vater sah Freuden des Alltags. Ihr Horizont war nicht en-
sich wohl aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der ger, sondern wahrscheinlich weiter als bei einem
Lage, das kleine Mädchen im eigenen Hause aufzuzie- Mädchen Ihres Alters und Standes, das zu Hause
hen bzw. die Mitgift bei einer möglichen Heirat aufzu- bei den Eltern lebte.
bringen.                                                  1517 aber trat Martin Luther (1483-1546) in die
1508/1509 brachte Hans von Bora Katharina im Klos- Öffentlichkeit und er verkündete Dinge, die Ka-
ter Marienthron in Nimbschen unter. Nun nicht mehr als tharina wohl nie auch nur zu denken gewagt hät-
Pensionärin, sondern für den geistlichen Stand vorbe- te. Als eine Folge seiner Argumentation gegen
stimmt. Ein Privileg für Mädchen, Anfang des 16. Jahr- das Klosterleben wurden 1522 die „Wittenber-
hunderts, stellte die Schulausbildung in Lesen, Schrei- ger Beschlüsse“ gefasst, die es jedermann frei-
ben, Singen und den Anfangsgründen des Lateins dar. stellten, ein Kloster zu verlassen. Diese Vorgän-
Ein Gefühl des Behütetseins dürften die klösterlichen ge stießen auch in Nimbschen auf fruchtbaren
Ordnungen, soweit sie überhaupt für Schülerinnen gal- Boden, obgleich die Wege der Nachrichtenver-
ten, vermittelt haben. Die 43 Nonnen waren als Nach- breitung weitgehend im Dunkeln liegen. Ostern
kommen des sächsischen Adels dort unter sich. Schwe- 1523 flohen zwölf Nonnen aus dem Kloster Ma-
re körperliche Arbeit wurde ihnen nicht abverlangt. Die riathron, unter ihnen Katharina von Bora, die da-
neun adligen Schülerinnen verbrachten ihre Zeit mit mit ihr Schicksal in die eigene Hand nahm, ohne
Gebet, Sticken und leichter Gartenarbeit, waren also zu wissen, wohin es sie führen würde.
durchaus in einer günstigen Lage.
Katharina lernte in dieser Zeit die betriebswirtschaftli- Ihr Glück war es, dass sie ihr Fluchthelfer, der
chen Abläufe in einer hochkomplexen Landwirtschaft, Kaufmann und Lutherfreund Leonhard Koppe aus
wie auch die bunte und verführerische Religiosität der Torgau, in das aufgeklärte Wittenberg brachte,

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6   Thema

    das Zentrum der Reformation. In der Universitäts-
    und kurfürstlichen Residenzstadt herrschte ein
    aufgeschlossenes und anregendes Klima, das be-
    rühmte Männer, wie Georg Spalatin (1484-1545)
    und Philipp Melanchthon (1497-1560), angezo-
    gen hatte. Auch Martin Luther selbst, der theo-
    logische Kopf der Reformation, lebte und lehrte
    hier. Zu ihm ins Schwarze Kloster kam Katharina
    am 7. April, zusammen mit den acht Nonnen aus
    Nimbschen, die, wie sie selbst, nicht zu ihren Fa-
    milien zurückkehren konnten, stand doch im al-
    bertinischen Sachsen auf Klosterflucht die Todes-
    strafe.
    Spätestens seit Oktober 1523 lebte Katharina im
    Haus Lukas Cranachs d. Ä. (1472/75-1553), ei-
    nem weltoffenen Haus, geführt von der selbst-
    bewussten und umsichtig agierenden Barba-
    ra (1477/85-1540), der Ehefrau des Malers. Sie
    wurde ihre Lehrmeisterin, Beraterin und Freun-
    din (über Barbara Cranach siehe S. Weigelt: Der
    Männer Lust, 46-53). Der kurfürstliche Hofma-
    ler führte nicht nur eine große Künstlerwerkstatt,
    in seinem Haus gingen auch bedeutende Persön-
    lichkeiten aus Politik und Gesellschaft ein und
    aus. Für Katharina eröffnete sich ein völlig neuer    Katharina gebar ihrem Mann drei Söhne und drei Töch-
    Lebensraum. Offensichtlich lernte sie manche der      ter, 1526 Johannes, 1527 Elisabeth (†1527), 1529
    Gäste persönlich kennen. Einer von ihnen war Kö-      Magdalena, 1531 Martin , 1533 Paul und 1534 Mar-
    nig Christian II. von Dänemark (1481-1559), der       garethe.
    in Sachsen Zuflucht und Verbündete gesucht hat-       Magdalena starb im Alter von 12 Jahren. Der Tod Mag-
    te. Öfter scheint sich Katharina auch unter die Ge-   dalenas stürzte die Eheleute in eine tiefe Krise.
    sellschaft der Studenten um Luther und Melan-         Die Fülle und Verschiedenartigkeit der wirtschaftli-
    chthon gemischt zu haben. Dabei lernte sie den        chen Aufgaben im Haushalt lassen Katharina, modern
    Nürnberger Patriziersohn Hieronymus Baumgärt-         gesprochen, als Leiterin eines mittelständischen Be-
    ner (1498-1565), ihre erste Liebe, kennen. Seine      triebes mit niedriger Fertigungstiefe erscheinen. Dabei
    Eltern aber waren gegen die Heirat, standen doch      entwickelte sich die eigene Haushaltung aus beschei-
    entflohene Nonnen in keinem guten Ruf. Sie hat-       denen Anfängen. Sie versorgte Kinder, Gäste, Leh-
    ten ihr Gelübde gebrochen, waren arm und ohne         rer, Studenten, Dienstboten, Tagelöhner, Vieh, Gärten,
    männlichen Schutz mancherlei Gefahren ausge-          landwirtschaftliche Flächen, ein Brauhaus, sowie ein
    setzt. Im Oktober 1524 wandte sich Luther an          Waschhaus. Katharina entwickelte eine beachtliche
    Baumgartner mit dem Hinweis, er möge sich doch        Energie beim Kauf und Pachtung von Gärten und land-
    nun endlich entscheiden, sonst würde Katharina        wirtschaftlichen Flächen. Es scheint, als hätte Kathari-
    einen anderen heiraten. Der ließ aber nichts von      na den ihr zugewiesenen Lebensbereich energisch und
    sich hören.                                           selbständig in Angriff genommen.
    Am Abend des 13. Juni 1525 lud Luther die engs-       Sicher ist, dass Luther, der von Frauen im öffentlichen
    ten Wittenberger Freunde in das Schwarze Klos-        Leben nichts wissen wollte, ihre Führungsfunktion im
    ter ein, wo Johannes Bugenhagen die Katharina         Haus hoch achtete.
    und Martin vermählte.

                                        LUTHER GENF Juni – August 2017
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Thema       7

Die Nachricht vom Tod ihres Mannes am 18.02.1546          bereich als Hausfrau, Ehefrau und Mutter hinaus
traf Katharina tief.                                      aktiv zu werden. Dennoch hat auch sie entschei-
Am 20. Dezember 1552 starb sie. Die nach Wittenberg       dend zur Triebfeder Reformation beigetragen: Es
verlegte Universität folgt am, 21. Dezember 15.00 Uhr     waren die Familie und Katharinas umsichtiges
geschlossen ihrem Sarg sie wird mit einem Begräbnis       Wirken, die ihm das freie Arbeiten erlaubten und
in der Torgauer Stadtkirche geehrt.                       die auch den Freiraum und den Rahmen für die
Katharina von Bora war zwar eine gebildete, kluge und     bekannten Tischgespräche im Hause Luther bo-
selbstbewusste Frau, hatte aber offensichtlich – an-      ten.
ders als etwa Elisabeth Cruciger, die Kirchenlieddich-
terin, die ebenfalls zum Bekanntenkreis von Katharina       (Quelle: www.lutherin.de, www.frauen-und-reforma-
gehörte – keinerlei Ambitionen, über ihren Tätigkeits-                                                tion.de)

Die erste Kirchenlieddichterin der evangelischen Kirche:
Elisabeth Cruciger
* um 1500 in Meseritz in Hinterpommern
† 2. Mai 1535 in Wittenberg
                                                          matorische Bewegung unter den Theologen und
Elisabeth von Meseritz kam in jungen Jahren in das        ihren Frauen (vielleicht auch Familien) ein ganz
Prämonstratenserinnenkloster Marienbusch bei Trep-        enges Beziehungsgeflecht entstanden, mit viel
tow an der Rega. Wenn sie in ihrem Lied „Herr Christ,     gegenseitigem Austausch, Reden und Diskussion,
der einig Gotts Sohn“ (s.u.) so gekonnt Wendungen         Essen und Trinken, Briefe schreiben, wohl auch
aus dem großen Glaubensbekenntnis wie aus der Bi-         gegenseitiger Hilfe.
bel (und auch der Frauenmystik) verwendet, so hat
dies seinen Ursprung in ihrer Zeit als Nonne. Elisa-      In ihrem bekannten Lied: Herr Christ, der einig
beth von Meseritz hatte aber auch Beziehungen außer-      Gotts Sohn“ (EG 67), das Johann Sebastian Bach
halb der Klostermauern: als Johannes Bugenhagen in        in Leipzig 200 Jahre später in der Kantate: „Herr
das nahegelegene Kloster Belbuck als Lehrer kommt         Christ, der einge Gottessohn“ (BWV 96) aufgriff,
und angeregt durch Martin Luthers Theologie die Bi-       verbindet Elisabeth Cruciger in einer einmaligen
bel im evangelischen Sinne auslegt, lässt sich Elisa-     Art biblisches Zeugnis, altkirchliche theologische
beth von Meseritz davon überzeugen. Sie verlässt das      Tradition, mittelalterliche (Frauen-)Mystik und
Kloster und folgt 1523 Bugenhagen nach Wittenberg,        evangelische Lehre.
wo dieser inzwischen zum Theologiestudium gezogen         Auch der erhaltene Text ihres Briefes an den ge-
war und auch geheiratet hatte. Elisabeth Cruciger leb-    tauften Juden Joachim zeigt, wie sie ihren eige-
te dann im Haushalt Bugenhagens bis zu ihrer Heirat       nen Glauben ausdrücken und vermitteln konn-
mit Caspar Cruciger, dem Mitarbeiter und Schüler Mar-     te. „Darum tröste dich, lieber Bruder, sieh, die ich
tin Luthers.                                              auch eine Mitleiderin bin deiner selbständigen
Elisabeth Cruciger hat wohl gelegentlich an den regen     Krankheit, sieh, ich habe Gott ermahnet durch
theologischen Gesprächen in den Familien der Refor-       sanftmütiges Bitten vor Seinen göttlichen Augen,
matoren teilgenommen, wie ihre Erwähnung in den           sieh, ich wünsche dir und gebe dir durch Seine
Tischreden Martin Luthers zeigt. Dort spricht der Re-     Kraft uns mitgeteilt Gnade und Friede, und das-
formator sie mit „Liebe Els“ an. Zu Katharina von Bora,   selbige nicht von dieser Welt, sondern vom Va-
der Frau Martin Luthers, hatte sie besonders Kontakt.     ter, welcher Gott ist, und solches durch den Herrn
In dem damals kleinen Wittenberg war durch die refor-     Christum, nicht durch einen Engel oder Mose. (…)

                                        LUTHER GENF Juni – August 2017
LUTHERGENF - Frauen und Reformation - Evangelisch-Lutherische Kirche Genf
8   Thema

                                                          mahnet durch sanftmütiges Bitten“), aber erliegt nicht
                                                          der Versuchung mancher Pfarr-Herren damals und
                                                          heute, von der Höhe ihres Glaubens- und Wissensstan-
                                                          des herunter auf das Opfer ihrer Bemühungen herun-
                                                          terzuschauen – sie prägt vielmehr den Ausdruck: „ich
                                                          bin eine Mitleiderin“ und stellt sich ganz neben Joa-
                                                          chim in seinen seelischen Schwierigkeiten.
                                                          Elisabeth Cruciger gebar zwei Kinder: Caspar, genannt
                                                          der Jüngere, der als Theologe Melanchthons Nachfol-
                                                          ger wurde und später zur reformierten Kirche übertrat,
                                                          und Elisabeth, die zuerst den Rektor Kegel in Eisleben
                                                          heiratete und nach dessen Tod Luthers Sohn Johannes.

                                                                                 (Quelle: frauen-und-reformation.de)

                                                          Viele Frauen wären noch zu nennen, aber ich hoffe,
                                                          dass die genannten einen kleinen Eindruck vom Reich-
                                                          tum dieser Seite der Reformation vermitteln. Die vielen
    Hier wird bei Elisabeth Cruciger etwas vom Ge-        Gesichter der Reformation zeigen auf, dass diese nicht
    danken des „Priestertums aller Gläubigen“ sicht-      „plötzlich vom Himmel fiel“, sondern vieler Hände Ar-
    bar: sie vermag mit recht persönlichen Worten         beit war.
    Joachim zu trösten und im Glauben an Christus
    (ohne „Engel und Mose“) zu stärken, traut ihrem            Weitere interessante Frauen der Zeit finden sich unter:
    eigenen Gebet für ihn viel zu („ich habe Gott er-                                www.frauen-und-reformation.de
                                                                                                         M.Burghardt

Frauen in der Bibel und in unserem
Reliunterricht
                                                          se“ Missstände anprangern. Mitunter jedoch, wenn es
    Pastorinnen und Pastoren sind auch nur Men-           nicht beim Anprangern bleibt, oder gar nicht erst dazu
    schen und moralisch (leider) oft nicht besser als     kommt, kann solch ein Ärger sogar ganz produktiv sein!
    andere. Wir ärgern uns, wie die Meisten, über         So geschehen im letzten Winter:
    Vorderleute im Straßenverkehr, die beim Fah-          Bei der Vorbereitung für den Religionsunterricht suchte
    ren nicht aufpassen, über Drängler hinter uns         ich nach schönem Bildmaterial für die Geschichte vom
    auf der Autobahn und über alle möglichen Unge-        Verlorenen Sohn. Dabei stieß ich auf ganz hübsch ge-
    rechtigkeiten und Ungeschicke (besonders, wenn        machte Zeichnungen der Geschichte, die man z.B. ver-
    wir selbst davon betroffen sind), über Rechnun-       tauschen und sie von den Kindern dann in die richtige
    gen, Politiker und Hohlköpfe, die über Leichen        Reihenfolge bringen lassen könnte. Da fiel mir etwas
    gehen, und manchmal sogar über das Wetter. Ab         auf, was besagten „heiligen Zorn“ in mir erregte:
    und zu packt uns dann aber sogar so etwas wie         Auf den Bildern kam nirgends auch nur eine einzige
    „heiliger Zorn“, wenn wir feststellen, dass etwas     Frau vor! Als ob im Hause des Vaters keine Frauen ge-
    so gar nicht in Gottes Sinne zu sein scheint. Das     lebt hätten! Als ob in der Kneipe, wo der junge Mann
    kann tatsächlich der Fall sein, z.B. wenn jeman-      sein Erbe durchbringt, keine Frauen gewesen wären!
    dem mit Hass begegnet wird. Manchmal gefal-           Als ob der Schweinebesitzer in jenem fernen Land, bei
    len wir uns aber auch einfach in der Rolle des oder   dem der verlorene Sohn versucht zu arbeiten, unver-
    der integren „Heiligen“, die in „prophetischer Wei-   heiratet und ohne Töchter oder weibliches Personal ge-

                                        LUTHER GENF Juni – August 2017
LUTHERGENF - Frauen und Reformation - Evangelisch-Lutherische Kirche Genf
Thema       9

wesen wäre! Wie gesagt: Richtig ärgerlich wurde ich!        Und heiratet (vielleicht einen der Kundschafter?).
Es entstand zwar kein Empörungsbrief oder eine flam-        Im Stammbaum Jesu (Matthäus 1) wird sie als
mende Rede, aber ich fasste den Entschluss, den Kin-        Mutter des reichen Bauern Obed genannt.
dern Frauengestalten der Bibel bekannt und lieb zu          Damit ist sie Schwiegermutter der zweiten Frau,
machen!                                                     mit der wir uns beschäftigt haben: Ruth. Ruth ist,
Von einigen dieser Frauen und bemerkenswerten Ein-          wie Rahab, keine Jüdin. Sie kommt aus dem be-
zelheiten der Geschichten möchte ich im Folgenden er-       nachbarten Moab, einem Land, das immer wie-
zählen:                                                     der mal Gegner des Volkes Israel war. Eine Flücht-
Wir begannen mit Rahab (Josua 2). Eine bemerkens-           lingsfamilie aus Israel lässt sich in Moab nieder. In
werte und starke Frau! Allein schlägt sie sich durch,       der Heimat gab es nichts mehr zu essen. Die Söh-
ohne Mann, der sie beschützt, versorgt und ihre Ehre        ne der Familie heiraten moabitische Frauen. Bald
verteidigt, so wie es in den altorientalischen Kulturen     darauf sterben alle Männer der Familie. Übrig
meist üblich, wenn nicht sogar notwendig, war. Dass         bleiben Naomi und ihre Schwiegertöchter Ruth
sie einer erniedrigenden Tätigkeit nachgeht, die bis        und Orpa. Naomi beschließt voller Trauer, nach Is-
heute als Schimpfwort verwendet wird, um ihren Le-          rael zurückzukehren. Sie ist mittellos und schutz-
bensunterhalt zu verdienen, verletzt sie in ihrer Wür-      los in Moab, hat Mann und Söhne verloren und
de als Mensch und als Frau offenbar nicht. Was mö-          fühlt sich von Gott verlassen. Orpa bleibt in Moab
gen wohl ihre Eltern über sie denken? Sie sind doch         und versucht einen Neuanfang. Ruth aber geht
sicherlich verzweifelt über das „missratene Kind“, die      mit ihrer Schwiegermutter in das für sie frem-
„Schande der Familie“! Und ihre Brüder und Schwes-          de Land „Wo du hingehst, da will ich auch hinge-
tern und deren Familien (Jos 2,13)? Das alles spielt        hen. ... Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist
für diese selbstbewusste Frau entweder keine Rolle,         mein Gott.“ (Ruth 1,16). Im Herkunftsdorf Beth-
oder es bringt sie dazu, einen radikalen Schritt zu ge-     lehem (!) angekommen, bewohnen sie zu zweit
hen, um etwas zu verändern: Sie beherbergt furchtlos        das lange verlassene Haus. Ruth liest Ähren, die
die fremden Späher (im Religionsunterricht als Agen-        bei der Ernte übrigbleiben. Aus der Freundlichkeit
ten 001 und 002 vorgestellt). Sie begegnet ihnen nicht      des Bauern Obed wird bald Liebe und ein kluger
etwa als Unterworfene, als Rechtlose, als Ausgesto-         Plan der Frauen Ruth und Naomi, wie diese Liebe
ßene und Bittstellerin, sondern auf Augenhöhe. Sie          ihre Erfüllung finden und Ruth und Obed zusam-
schließt mit ihnen einen Handel ab. Dabei beweist sie       menbleiben können. Am Ende der Geschichte lobt
Realitätssinn und ungetrübten politischen Verstand,         Naomi Gott und dankt Gott für das ersehnte En-
der die Zeichen der Zeit erkannt hat (was heute selten      kelkind - den Großvater König Davids. Während
zu sein scheint): „Ich weiß, dass der Herr euch das Land    bei Rahab die Eigenständigkeit und Kühnheit
gegeben hat; denn ein Schrecken vor euch ist über uns       dieser Frau beeindruckt, ist es bei Ruth die Lie-
gefallen, und alle Bewohner des Landes sind vor euch        be, Treue und Beharrlichkeit, die am Ende das Ziel
feige geworden.“(Jos 2,9). Als die Soldaten kommen,         erreichen lässt. Mit den Kindern spielten wir die
um die Späher festzunehmen, versteckt sie die hilflo-       Geschichte mit selbstgemachten Puppen nach.
sen Männer, die ohne sie Kinder des Todes wären, unter      Beide alttestamentliche Frauen erinnern an neu-
Flachsbündeln, die auf ihrem Hausdach trocknen. An-         testamentliche Geschichten: Rahab hat viele Par-
schließend schließt sie den besagten Vertrag über ihre      allelen zur Frau, die Jesus am Brunnen trifft (Jo-
Rettung und die ihrer Familie mit ihnen ab! Das schwar-     hannes 4), in Ruth können wir ein Vorbild Christi
ze Schaf, die verleugnete Tochter und Schwester, das        sehen, der in Liebe und Treue alles wagt, um uns
unverständige Kind wird zur Retterin für sie alle! Im       zu gewinnen.
Reliunterricht bastelten wir eine rote Kordel: das Er-      Das tut auch die dritte Frau, mit der wir uns be-
kennungszeichen - das Haus mit der Kordel aus dem           schäftigt haben: Die Frau, die Jesus die Haare mit
Fenster wird verschont, mit allen, die drin sind. Der Un-   ungeheuer kostbarem Salböl salbt (Markus 14,
tergang Jerichos ist für Rahab der neue Anfang. Mit ih-     3-9). Jesus lässt es geschehen, weist sie nicht zu-
rer Familie wird sie in das Volk Israel aufgenommen.        rück, weder aus diakonischen Erwägungen („Man

                                         LUTHER GENF Juni – August 2017
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10   Thema

     hätte dieses Öl für mehr als 300 Silbergroschen       Gärtner?- er wird es wissen, wo Jesus ist! Er spricht sie
     verkaufen können und das Geld den Armen ge-           an: „Warum weinst Du? Wen suchst Du?“ Wahrschein-
     ben!“ Mk 14, 5), noch entsprechend der Sitte, dass    lich schaut Maria ihn gar nicht an. Erstens ziemt sich
     er sich nicht von einer fremden Frau anfassen las-    das nicht in ihrem kulturellen Kontext, und zweitens
     sen darf, schon gar nicht von einer, die wohl eher    will sie nicht, dass er auch noch sieht, wie verheult sie
     zu den Ausgestoßenen gehört (siehe Lukas 7, 39).      ist. Keine Schwäche zeigen! Das kannte sie aus ihrem
     Die Frau aber beweist Mut! Sie geht in ein Haus, in   Leben, bevor sie Jesus getroffen hat. Aber jetzt ist sie
     dem sie nicht willkommen ist. Sie gibt das Kost-      schwach. Sie fragt nach und hört als Antwort nur ihren
     barste, was sie hat (im Reliunterricht war die Sal-   Namen: Maria. Da erkennt sie Jesus an der Stimme (Joh
     be ein kostbares Erbstück) als Geste der Liebe. Sie   10,27). Die Trauer wandelt sich in Freude, mit neuem
     steht in einer Reihe mit Leuten wie Petrus, der in    Mut geht sie zurück: Ich hab ihn gesehen und soll euch
     einem Moment erkennt, wer Jesus ist: „Du hast         eine Botschaft sagen! Sie wird zur Apostelin der Apos-
     Worte des ewigen Lebens!“ (Johannes 6, 68). Sie       tel. Sie erlebt Unglauben, wie alle Apostel, Schwach-
     geht noch weiter als Petrus, denn sie salbt Jesus     heit, und dann wird sie zur ersten Osterzeugin!
     zum König, wie es nur alttestamentliche Priester      Und noch einer Frau begegneten wir: Der Purpurhänd-
     und Propheten taten. Sie erträgt den Ärger und        lerin Lydia. Sie ist die erste uns namentlich bekann-
     den Spott der anwesenden Männer und salbt Je-         te Christin Europas! (Apg 16,14) Sie nimmt die Apos-
     sus, wie er selbst deutet, für sein Begräbnis. Wie    tel Paulus und Silas gastfreundlich auf, lässt sich (und
     Simon von Kyrene hilft die Frau Jesus bei seinem      ihr ganzes Haus, das heißt möglicherweise Kinder und
     schweren Gang nach Golgatha. Damit beschämt           Sklaven oder Dienerinnen und Diener) taufen und wird
     sie uns. Wie weit gehen wir in unserer Liebe zu       die erste Gemeindeleiterin Europas! Nach der Apostelin
     Christus, in unserer Bereitschaft, uns einzuset-      der Apostel ist nun auch eine erste Gemeindeleiterin
     zen, und das, was wir haben? Wie weit gehen wir       Europas eine Frau! Sie zeigt darüber hinaus auch, dass
     in unserem Bekenntnis?                                es keine Bedingung für Gott ist, dass die Frauen (oder
     Die Osterzeit brachte die Kinder und mich mit         auch die Männer), die dazu kommen, ausschließlich
     Maria Magdalena zusammen. Sie ist bei den Frau-       vom Rande der Gesellschaft berufen werden. Lydia ist
     en, die am Ostermorgen zum leeren Grab kom-           eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Aber eines hat sie ge-
     men, um Jesu Leichnam zu salben (!)(Mt 28,1;          meinsam mit allen anderen Frauen unserer Reihe: Sie
     Mk 16,1; Lk 24,10; Johannes 20,1). Die Männer,        begegnet Gott und glaubt und ihr Glaube verändert sie
     die Jünger Jesu, glauben ihnen nicht, als sie vom     und die Welt um sie herum. Sie ist ein Segen für andere
     leeren Grab und der Engelerscheinung erzählen:        Menschen und eine wichtige Glaubenszeugin für uns.
     Es sind ja Frauen, die vor Gericht nicht als Zeu-     Mittlerweile ist mein „heiliger Ärger“ übrigens ver-
     gen gelten! Es gibt ja noch andere Gründe dafür,      raucht, wohl weil ich ihn in etwas Produktives umset-
     dass das Grab leer ist, rationale Gründe. Es gilt     zen konnte. Die Ergebnisse haben die Kinder hoffent-
     jetzt, einen kühlen Kopf zu bewahren! Wer spielt      lich genauso begeistert wie mich.
     hier ein falsches Spiel? Maria geht verwirrt, trau-                                        Mit herzlichem Gruß
     rig und verzweifelt über den Unglauben ihrer                                               Matthias Burghardt
     Freunde zurück. Sie weint in der Nähe des Grabes.
     Der Mann, der plötzlich auch dort ist – ist es der

                                         LUTHER GENF Juni – August 2017
Thema       11

Frauen bekommen ihren Platz in der Bibel zurück
Anmerkungen zur revidierten Lutherbibel 2017 und dem
Thema “Frauen in der Bibel”
An der neuen Übersetzung der Lutherbibel haben 70         gen müssen immer neu mit dem hebräischen
Fachleute mitgearbeitet. Sie orientiert sich wieder       (Erstes Testament) und griechischen Original-
stärker am Original. Die Rolle der Frauen im frühen       text (Zweites Testament) verglichen werden.
Christentum findet in der Übersetzung mehr Beach-         In den revidierten Bibelausgaben werden an vie-
tung.                                                     len Stellen antijüdische Formulierungen korri-
                                                          giert. Dies betrifft in erster Linie Übertitel, die
«Brüder und Schwestern», mit diesen Worten spricht        nicht zum Originaltext gehören. Sie dienen der
der Apostel Paulus in seinen Briefen in der revidierten   Leserführung. Wo bisher im Römerbrief (Kapi-
Ausgabe der Lutherbibel seine Gemeinden an. Bisher        tel 11, 1) stand: «Nicht ganz Israel ist verstockt»,
hieß es da einfach nur: «Liebe Brüder». Die zentrale      heißt es nun in der Lutherbibel: «Gott hat sein
Rolle von Frauen in den frühen christlichen Gemein-       Volk nicht verstoßen».
den wird damit ins rechte Licht gerückt.
                                                          Dem Volk aufs Maul sehen
Paulus preist nun eine Frau                               Die Lutherbibel geht auf die Original-Überset-
Noch ein erstaunliches Beispiel gar einer Korrektur       zung des Reformators Martin Luther aus dem
findet sich im Römerbrief (Kapitel 16, Vers 7) im Zwei-   16. Jahrhundert zurück. Luther übersetzte das
ten Testament. In der ursprünglichen Einheitsüber-        Neue Testament in elf Wochen, für das Alte Tes-
setzung heißt es: «Grüßt Andronikus und Junias, die       tament benötigte er dann allerdings zwölf Jahre.
zu meinem Volk gehören und mit mir zusammen im            Gutes, genaues Deutsch, das war seine Maxime.
Gefängnis waren.» Neu ist an dieser Stelle von Junia      Luther wollte «dem Volk aufs Maul sehen». Sei-
die Rede. Aus Junias ist Junia geworden. Den Männer-      ne Übersetzung wurde später allerdings ergänzt
namen Junias gab es in der Antike gar nicht. Paulus       oder an den Sprachgebrauch in den verschiede-
preist Junia zudem als herausragende Apostelin.           nen Regionen des deutschsprachigen Raumes
                                                          angepasst.
Gott bleibt der «Herr»                                    70 Fachleute haben den Text nun für die revi-
Der Text kehrt damit zum Original zurück und rehabi-      dierte Übersetzung zum Reformations-Jubilä-
litiert Junia. Frauen haben im frühen Christentum bei     umsjahr 2017 durchgesehen. Die Lutherbibel
der Verkündigung des Evangeliums und der Leitung          2017 orientiert sich wieder stärker am Original.
von Gemeinden eine wichtige Rolle gespielt. Diese         Viele Ausdrücke Luthers haben sich als treffen-
Erkenntnis findet wieder Eingang in die Bibel. Hin-       der erwiesen als spätere Korrekturen.
gegen wird der Gottesname im Alten Testament nach
wie vor mit «Herr» wiedergegeben. Das zementiert          Nachschlagen und vergleichen
weiterhin ein männliches Gottesbild.                      Gehören die bisherigen Bibelausgaben nun aufs
                                                          Altpapier? Mitnichten. Es lohnt sich, eine re-
Warum braucht es neue Bibelübersetzungen?                 vidierte Bibelübersetzung anzuschaffen. Und
Die Sprache ändert sich, zeitbedingte Redewendun-         dann: nachschlagen und vergleichen. Die revi-
gen werden angepasst und neue Erkenntnisse der Bi-        dierten Übersetzungen sind mehr als alter Wein
belforschung werden eingearbeitet. Die Übersetzun-        in neuen Schläuchen.
                                                                                                Marc Blessing

                                        LUTHER GENF Juni – August 2017
12   Einladung
                                                                                                                               bound to be free

1517 - 2017:
500 Jahre Reformation                                                                                                          Einladung zum
                                                                                                                               Reformationsgedenken
1967 - 2017:                                         Bund Evangelisch-Lutherischer Kirchen
                                                                 in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein

50 Jahre BELK
                                                              Federation of Lutheran Churches
                                                               in Switzerland and the Principality of Liechtenstein
                                                             Fédération d’Eglises Luthériennes
                                                                 en Suisse et dans la Principauté de Liechtenstein

                                 Friedensgasse 57    CH - 4056 Basel
                                                                                                                               im Glauben verbunden – durch Glauben befreit
                         Telefon: +41 61 511 09 62   Mail: sekretariat@luther-schweiz.org

                                                                                                                                                                                                bound
Der Bund Evangelisch-Lutherischer Kirchen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein (BELK) möch-
te des Beginns der Reformation vor 500 Jahren und seiner eigenen Gründung vor 50 Jahren
am Sonntag, den 10. September 2017, in Genf gedenken.

Dazu möchten wir Sie sehr herzlich einladen und würden uns Einla
freuen, Sie unter unseren Gästen begrüssen zu können.
                                                                                                                                                                                                Refor
                                                                                                                               Bund Evangelisch-Lutherischer Kirchen
                                                                                                                                           in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein
                                                                                                                                        Federation of Lutheran Churches
                                                                                                                                         in Switzerland and the Principality of Liechtenstein
                                                                                                                                       Fédération d’Eglises Luthériennes
Präsident des BELK                                                                                                                         en Suisse et dans la Principauté de Liechtenstein

                                                                                                            Friedensgasse 57   CH - 4056 Basel
                                                                                                                                                                                                im Gla
                                                                                               Telefon: +41 61 511 09 62       Mail: sekretariat@luther-schweiz.org

Wir bitten Sie, Ihre Teilnahme bis zum 31. August 2017
unter sekretariat@luther-schweiz.org zu bestätigen.
Geben Sie bitte auch an, an welcher Nachmittagsaktivität Sie teilnehmen möchten.

PROGRAMM
11.00     Mehrsprachiger Festgottesdienst mit Abendmahl
          Predigt: Pfarrer Dr. Martin Junge, Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes
          Beteiligte: Mitgliedskirchen des BELK
          Dänische, Finnische, Madagassische, Norwegische, Schwedische Lutherische
          Kirchen in der Schweiz sowie mit dem BELK verbundene Schwesterkirchen
          Deutsch-Schweizer Reformierte Gemeinde des Kantons Genf
Ort: Temple de la Madeleine, Rue de Toutes-Ames, 1204 Genève
13.00 Mittagessen
Ort: Bateau de Genève
Quai Gustave-Ador 1
14.30 Nachmittagsprogramm
          Wahlweise - Erinnerung an 50 Jahre BELK und 50 Jahre Martin-Luther-Bund in der Schweiz
          und im Fürstentum Liechtenstein (auf dem Bateau de Genève)
          Stadtführung
          Reformations-Rallye für Jugendliche
          Spiele für Kinder und Familien im Jardin Anglais

                                                                   LUTHER GENF Juni – August 2017
Sommerprogramm   13

Einen Sommerkino-Abend gibt es beim Filmclub am Dienstag, 11. Juli, um 20.00 Uhr:

Die Flüchtlingswelle hält Deutschland in Atem. Auch Familie Hartmann um Angeli-
ka und ihren Ehemann möchten in dieser Zeit etwas
Gutes tun. Angelika möchte den Flüchtling Diallo in
ihrem Haus aufnehmen und ihm den Weg in seine
neue Heimat erleichtern. Bei der Ankunft des neu-
en Gasts kommt es zu allerhand Missverständnis-
sen, Turbulenzen, Problemen und Wirrungen, ganz
so wie sich Angelikas Mann das bereits im Vorfeld
gedacht hatte. Im ganzen Trubel muss die Familie
nun darum kämpfen, ihre eigene Stabilität und Zu-
versicht abzusichern sowie den Hausfrieden nicht
schief hängen zu lassen. Eine Sommerkomödie mit
Tiefgang und Humor.

Zu Boule et Pool lädt Familie Härer herzlich ein am Donnerstag, 13. Juli, ab
16.30 Uhr. Wer eine Mitfahrgelegenheit anbieten kann, soll dies bitte im Ge-
meindebüro mitteilen. Bitte bringen Sie etwas zum Teilen (Salat, Kuchen, Brot,
Wein, etc.) mit. Auch wird ein Grill zur Verfügung stehen, auf dem man sein
selbst mitgebrachtes Grillgut rösten kann. Anmeldungen erbeten im Gemein-
debüro unter Tel.: 0223104187.

Zum Sommerprogramm gehört auch ein Grillabend mit Kurzfilm, den Mat-
thias Burghardt anbietet: am Mittwoch, 9. August, 18.30 Uhr, Vorgarten der
Kirche.

                                   LUTHER GENF Juni – August 2017
14   Berichte

     Elend im Südsudan
       Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Genf unterstützt Flücht-
         lingskinder im Südsudan mit der Weihnachtskollekte 2016

     Seit Mitte 2010 wird in den Nuba-Bergen, Su-      Im November 2016 befanden sich im Pamir Flücht-
     dan, gekämpft, einer Region zwischen dem Su-      lingslager 1,445 Menschen, davon 880 Kinder (480
     dan und dem seit 2011 unabhängigem Südsu-         Jungen, 400 Mädchen). In den kinderfreundlichen
     dan. Beinahe alle internationalen Hilfswerke      Einrichtungen (CFS) werden täglich 150 Kinder zwi-
     haben die Nuba-Berge mit Ausbruch des Krie-       schen drei und sechs Jahren betreut. Die meisten der
     ges 2013 aufgrund der schwierigen Sicherheits-    Kinder sind aus den Nuba-Bergen im Sudan geflohen,
     lage verlassen. Verstärkte Anstrengungen in der   wo das Yida Flüchtlingslager geschlossen werden
     Flüchtslingshilfe sind erforderlich.              musste. Unter der Leitung von ausgebildeten Helfern
                                                       sorgt der LWB dafür, dass die Kinder einen sicheren
     Das Pamir Flüchtlingslager wurde offiziell am     Platz zum Spielen haben, miteinander leben, kommu-
     1. September 2016 im Ruweng Staat, Südsu-         nizieren. Nach Ankunft der Kinder im Lager werden
     dan, eröffnet. Der Lutherische Weltbund (LWB)     diese mit Kleidern, Sandalen, Büchern, Seife, Damen-
     sorgt dafür, dass die Kinder Unterstützung er-    binden versorgt. Der Lutherische Weltbund hat auch
     halten, kümmert sich um Ausbildung und Schutz     dafür gesorgt, dass Spielzeuge in den für die Kinder
     im Lager. Gegenwärtig konnten eine Grundschu-     zur Verfügung gestellten Einrichtungen benutzt wer-
     le, eine Sekundarschule und drei kinderfreund-    den können wie Fussbälle, Seile, Hulahops etc.
     liche Einrichtungen (CFS) in Betrieb genommen
     werden. Mit Beratungsstellen für Kinder, Kin-     Es werden gruppentherapeutische Gespräche ge-
     derschutzzentren und ein beschleunigtes Bil-      führt, so dass die traumatisierten Kinder die Möglich-
     dungsprogramm für Heranwachsende, deren           keit erhalten, sich anzufreunden und sich über ihre
     Schulbesuch aufgrund von Konflikten und Krieg     Erlebnisse auszutauschen.
     unterbrochen wurde, wird versucht, Versäumtes
     nachzuholen.                                      Unsere Gemeinde konnte mit der Weihnachtskollek-
                                                       te von 2016 800 Kindern mit Plastiksandalen und Va-
                                                                       seline zum Pflegen der Fusssohlen
                                                                       helfen, die auf dem lokalen Markt
                                                                       gekauft werden. „Der kleine Tropfen
                                                                       Hoffnung, der den Stein der Gewalt
                                                                       in dem so gebeutelten Land aus-
                                                                       höhlen kann“, so Pfarrer Marc Bles-
                                                                       sing. Die Kinder kommen mit zer-
                                                                       rissenen Kleidern an, mit nackten
                                                                       Füssen. An Ort und Stelle sorgt das
                                                                       geschulte Personal dafür, dass die
                                                                       am schwersten Betroffenen Priori-
                                                                       tät erhalten.
                                                                                     Christa Rothenbühler Rau
                                                                                                  Projektkreis

                                       LUTHER GENF Juni – August 2017
Berichte      15

Bericht vom lutherischen Pfarrkonvent 2017
     Die Jahrestagung des lutherischen Pfarrkonventes fand
                   im Januar im Wallis statt.
Wegen Krankheit und aus anderen Gründen konnten
leider nicht alle Pfarrpersonen daran teilnehmen. Im
Mittelpunkt der Beratungen stand der Reformati-
onsgedenkgottesdienst, der für den 10. September
2017 geplant ist. In diesem wird der Generalsekre-
tär des Lutherischen Weltbundes, Martin Junge, die
Predigt halten. Es ist vorgesehen, dass an ihm nicht
nur die deutsch-, sondern auch die anderssprachi-
gen lutherischen Gemeinden in der Schweiz teil-
nehmen werden. Das Thema, das den Gottesdienst
prägen wird, lautet „Bound to be free“ - „Im Glau-
ben verbunden - durch Glauben befreit“. Die Ge-
meinden sind eingeladen, ein ca. vier Meter lan-
ges und schmales Stoffband mit einem Bibelwort
zu beschriften und kreativ zu gestalten. Das jewei-
lige Bibelwort wird noch vom Vorbereitungsteam               Botschafter aus Deutschland und den skandina-
des Gottesdienstes ausgesucht und den Gemeinden              vischen Ländern. Im Anschluss an den Gottes-
in den nächsten Wochen mitgeteilt. Während des Got-          dienst wird es ein schlichtes Mittagessen geben
tesdienstes werden die Bänder dann voraussichtlich           und eine Feierstunde, in der u.a. an 50 Jahre BELK
miteinander verflochten. Musikalisch wird der Got-           (Bund Evangelisch-Lutherischer Kirchen in der
tesdienst vom Vokalensemble der Basler Gemeinde              Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein) erin-
mitgestaltet. Er wird in Genf in der Kirche St. Madeleine    nert werden soll.
stattfinden. Die Kirche wird von der deutschschweize-        Neben diesem großen Thema wurde im Pfarrkon-
rischen reformierten Gemeinde genutzt, die ebenfalls         vent auch über die Bundesversammlung in Genf
                                              am Gottes-     am 25. März, über die geplante Visitation in Bern
                                              dienst be-     im nächsten Jahr sowie über Termine und Themen
                                              teiligt sein   der Pfarrkonvente in diesem Jahr gesprochen.
                                              wird. Ein-     Das diesjährige kleine Kulturprogramm bestand
                                              geladen        in einem Besuch des Chateau d‘Aigle, das einen
                                              sind zu die-   interessanten Einblick in die schweizerische Ge-
                                              sem beson-     schichte sowie in den regionalen Weinanbau bot.
                                              deren Tag      Das beigefügte Foto zeigt das Chateau d‘Aigle.
                                              u.a. auch      Das andere Foto zeigt Teilnehmende des Pfarr-
                                              die Mit-       konvents: Falko und Nina von Saldern (Bern),
                                              gliedskir-     Marc Blessing (Genf), Lena Risnes (norwegische
                                              chen der       Pfarrerin für die gesamte Schweiz) und Jörg Win-
                                              Arbeitsge-     kelströter (Basel).
                                              meinschaft     Seinen Abschluss fand der Konvent schließ-
                                              christlicher   lich mit einem gemeinsamen Mittagessen beim
                                              Kirchen in     schwedischen Pfarrer Marcus Heutmann (Genf,
                                              der Schweiz    Lausanne, Bern).
                                              und      die                                    Jörg Winkelströter.

                                          LUTHER GENF Juni – August 2017
16    Berichte

        Weltgebetstag am 3. März 2017
  Der diesjährige Weltgebetstag wurde von einer Frauengruppe der Phil-
  ippinen ausgerichtet. Mit dem Thema „Was ist denn fair?“ wurde dieser
   Tag auch von den drei deutschsprachigen Gemeinden Genfs, St. Boni-
     face, Madeleine-Gemeinde und lutherische Gemeinde vorbereitet

        Am frühen Abend fand der Gottesdienst im               von den Anwesenden mit Hilfe des Kirchenchores ge-
        Temple de la Madeleine statt. Der Altarraum            probt und gesungen.
        wurde mit Symbolen des philippinischen Lebens
        ausgeschmückt und die weltweit eingeübten              „Frauen fordern Gerechtigkeit“ hieß es immer wieder,
        Gesänge in verschiedenen Sprachen auch hier            als die verschiedenen Schicksale der philippinischen
                                                                                      Frauen erzählt wurden: al-
                                                                                      leinerziehende Mütter, Miss-
                                                                                      brauch und sehr harte Arbeit
                                                                                      um die Familie zu ernähren.
                                                                                      Und doch sangen wir dazwi-
                                                                                      schen „Silayan“ „ Blick auf das
                                                                                      Leben – Gott bleibe bei uns
                                                                                      bis ans Ende der Welt“.

                                                                                         Die Kollekte wurde symbo-
                                                                                         lisch mit einem Tütchen Reis
                                                                                         vergolten, am Ende des Got-
                                                                                         tesdienstes gingen wir in den
                                                                                         Gemeinderaum der lutheri-
                                                                                         schen Kirche um dort gemein-
                                                                                         sam zu essen. Sechs Frauen
                                                                                         aus den drei Gemeinden hat-
                                                                                         ten schon morgens begonnen,
                                                                                         die Köstlichkeiten nach Re-
                                                                                         zepten philippinischer Frauen
                                                                                         für 6o Personen zuzubereiten.

                                                                                         Die Verbundenheit mit allen
                                                                                         Menschen der Welt, die die-
                                                                                         sen Tag gleicherweise begin-
                                                                                         gen, war deutlich zu spüren.

                                                                                                        Christel Grosse

Titelbild zum Weltgebetstag 2017, „A Glimpse of the Philippine Situation“, Rowena Apol
             Laxamana Sta Rosa, © Weltgebetstag der Frauen – Deutsches Komitee e.V.

                                             LUTHER GENF Juni – August 2017
Berichte   17

Schatzsuche nach Heiligen Ob-
jekten in fünf Kontinenten
       Treffpunkt Gemeinde beim
       Ethnographischen Museum

Es war ein Erlebnis der besonderen Art: Beim Treffpunkt Gemeinde tauchte eine
ansehnliche Gruppe von ca. 20 Personen in die Tiefen des Ethnographischen Mu-
seums. Mithilfe einer “Schatzkarte” gingen sie auf die Suche nach Sakralen Ob-
jekten aus den verschiedensten Religionen. Dabei fand die Gruppe einen Altar
mit Opfergaben aus dem Buddhismus. Eine Darstellung der Heiligen Familie aus
dem Wallis. Musikinstrumente aus Indien, die zu bestimmten Heiligen Festen ge-
spielt werden. Ein Gefäß mit Kalligraphien aus dem Islam. Aber auch Objekte aus
dem ozeanischen oder dem asiatischen Raum. Deutlich wurde, dass in allen Län-
dern und Kulturen dieser Erde die religiöse Dimension des Lebens vorkommt, auch
wenn diese sehr unterschiedlich benannt und verehrt wird. Im Anschluss an den
Besuch gab es noch leckeren Kuchen und Kaffee in einem Café um die Ecke. Dank
allen, die mit gemacht haben. Das Museum ist in jedem Fall auch so einen Besuch
wert. Der Eintritt ist übrigens frei.

                                  Marc Blessing

                                LUTHER GENF Juni – August 2017
18    Berichte

       Reformation an Rhein und Rhone:
       die humanistische Wurzel
                       Vortrag von Prof. Martin Wallraff, Basel,
                          zum 500. Reformationsgedenken
       Die Kirche war gut gefüllt, als zum Auftakt des 500. Reformationsgedenkens Prof. Martin Wallraff
       aus Basel die humanistischen Wurzeln der Reformation erläuterte. Nach einer Begrüßung durch
       Pfarrer Marc Blessing als Vertreter der Lutherischen Kirche Genf und Frank Ziegler, Präsident des
       Deutschen Internationalen Clubs Genf, ergriff Professor Martin Wallraff das Wort. In seinem Vortrag
       machte er deutlich, dass die Reformatoren Martin Luther und Johannes Calvin ohne die eigenstän-
       dige Arbeit der Humanisten wie Erasmus von Rotterdam oder Philipp Melanchthon ihr Reformati-
       onswerk nur schwerlich in die Tat hätten umsetzen können. Luther bediente sich des griechischen
       Neuen Testaments von Erasmus von Rotterdam für die Übersetzung „seines“ Neuen Testaments. Und
       ohne die enormen Bildungsanstrengungen des Humanisten und Reformators Philipp Melanchthon
       wäre die Reformation möglicherweise nur eine universitäre Strömung geblieben. Erst dank seines
       Bildungseifers erreichten die reformatorischen Ideen Luthers alle Bevölkerungsschichten. Ähnlich
       suchte auch Johannes Calvin in Genf durch die Einrichtung einer Akademie die reformatorischen Ide-
       en breiteren Bildungsschichten zugänglich zu machen. Der Abend klang aus mit einem schönen Apé-
       ro und dem Gedanken, dass solche Abende häufiger stattfinden könnten.

45. Bundesversammlung am SAMSTAG, 25. MÄRZ
      „Mit Leidenschaft für die Kirche und für die Welt - With passion for the world
     and for the church“ so lautete das Thema des Gastreferenten bei der 45. BELK-
      Bundesversammlung, zu der der BELK-Präsident, Pfr. Jörg Winkelströter aus
        Basel, nach Genf eingeladen hatte.
                                                             Kirchenbundes und seiner immensen Arbeit aufzeig-
       Der Tag begann in einer lockeren Atmosphäre bei       ten: woraus besteht dieser Bund, was sind seine Auf-
       Kaffee und Gipfeli im Gewölbekeller unserer Kir-      gaben, wie hat sich seine Arbeit, hauptsächlich auf dem
       che. Der Gastreferent - Pfr. Dr.h.c. Martin JUNGE,    Gebiet der Flüchtlings- und Entwicklungshilfe, im Lau-
       Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes,          fe der Jahrzehnte verändert, was sind seine heutigen
       Genf - gesellte sich zu den Anwesenden und traf       Schwerpunkte, welche Perspektiven bestehen im Blick
       dort auf etliche ihm bekannte Gesichter.              auf die Beziehungen zur römisch-katholischen Kirche?
                                                             Einen grossen Platz nehmen die Vorbereitungen zum
       Nach einer kurzen Begrüssung durch den BELK-          weltweit gefeierten 500-jährigen Reformationsjubilä-
       Präsidenten hielt Dr. Junge, ein gebürtiger Chi-      um sowie zur Vollversammlung des LWB in Namibia im
       lene, einen äusserst spannenden Vortrag in aus-       Mai diesen Jahres ein.
       gezeichnetem Deutsch über die Entstehung und          Die Anwesenden - Vertreter und Delegierte der einzel-
       Entwicklung des in Genf ansässigen Lutherischen       nen BELK-Gemeinden sowie Mitglieder der deutsch-
       Weltbundes. Untermauert wurde sein interessan-        sprachigen und englisch-sprachigen Gemeinde wie
       ter Vortrag durch Folien / Dias (in Englisch unter-   auch der Madagassischen Gemeinde - nahmen regen
       titelt), die die Bedeutung dieses internationalen     Anteil an Dr. Junges Vortrag.

                                           LUTHER GENF Juni – August 2017
Berichte     19

                                                             heute seine letzte Teilnahme als MLB-Vertre-
                                                             ter. Der BELK-Präsident verabschiedete Tors-
                                                             ten Lüddecke mit warmen Worten und einem
                                                             kleinen Geschenk.

                                                             Ein herausragendes Ereignis war die Aufnah-
                                                             me der Finnischen Kirche in der Schweiz (SKS)
                                                             als Gastmitglied in den BELK. Als solches ver-
                                                             fügt die SKS zwar über kein Stimmrecht im
                                                             BELK, leistet jedoch jährlich einen symboli-
                                                             schen finanziellen Beitrag. Unter viel Applaus
                                                             wurde die Aufnahme-Urkunde unterzeichnet
Für die Nicht-Deutsch-Sprachigen übersetzte Tors-            und ausgehändigt.
ten Lüddecke (Martin-Luther-Bund) ins Englische. Aus      Die übrigen Tagesordnungs-Punkte (TOP) - die
Zeitmangel mussten die aufkommenden Wortmeldun-           Finanzen (grosser Applaus für Frau Waltraut Kno-
gen gekürzt werden.                                       bloch, Schatzmeisterin); die Wahl eines Revi-
Pfr. Winkelströter bedankte sich bei Dr. Junge mit ei-    sors; die Visitation der Luth. Kirche Bern in 2018;
nem Geschenk. Dr. Junge seinerseits dankte den auf-       die Reformations-Feierlichkeiten in Genf am
merksamen Zuhörern für das Interesse und den gros-        10.09.2017 - wurden eingehend diskutiert und
sen Applaus; auch er hatte für alle Anwesenden ein        angenommen; der Ort und Tag der nächsten BV
Geschenk mitgebracht, das Pfr. Winkelströter austeilte:   festgelegt:
ein kleines, aus Schusspatronen angefertigtes Kreuz       Samstag, 17. März 2018, in VADUZ.
als Symbol für Frieden.
                                                          Der letzte Punkt – Verschiedenes – wurde aus
Bevor wir zum zweiten – geschäftlichen – Teil der Bun-    Zeitmangel knapp gehalten. Schriftliche Berichte
desversammlung (BV) übergingen, war die Mittags-          hierzu wurden vom BELK-Präsidenten per E-Mail
pause im Gemeinderaum sehr willkommen. Liebevoll          nachgereicht.
waren die Tische gedeckt und serviert wurde eine aus-
gezeichnete, reichhaltige Gemüsesuppe, von drei Da-       Die Sitzung wurde um 15h30 beendet. Es folg-
men aus der deutsch-sprachigen Gemeinde zubereitet,       te ein sehr eindrucksvoller Abendmahls-Gottes-
denen Dank und Anerkennung ausgesprochen wurde.           dienst unter der Mitwirkung des Posaunenchors.
                                                          Die Predigt über das Evangelium der Mariä Ver-
Bereits beim Kaffee ging Pfr. Winkelströter zügig         kündigung (Lk 1,31) hielt Pfr. Winkelströter. Nach
zur Tagesordnung über, die 11 Punkte umfasste. Er         dem Segen und guten Wünschen für eine behü-
begrüsste nochmals alle Anwesenden aus den BELK-          tete Heimkehr aller Anwesenden endete dieser
Gemeinden Basel, Bern, Genf und Zürich; Vaduz war         BELK-Tag um 16h30.
entschuldigt. Die vorliegende Tagesordnung sowie
das Protokoll der letzten BV wurden einstimmig ange-      Grosser Dank gebührt den vielen fleissigen Hän-
nommen, ebenso wie der Jahresbericht des BELK-Vor-        den, die vor und auch hinter der Kulisse kräftig
stands. Ein Wechsel ergab sich im Pfarrkonvent bei der    zum Erfolg dieser 45. Bundesversammlung bei-
Besetzung des Amtes des Leitenden Geistlichen, das        getragen haben.
bisher Pfr. Falko von Saldern, Bern, bekleidete - Pfr.
Marc Blessing wurde einstimmig in dieses Amt gewählt      Im Namen der Genfer deutsch-sprachigen Ge-
(mit Wirkung vom 24.03.2017).                             meinde:
Torsten Lüddecke vom Martin-Luther-Bund (MLB) ver-                                              Heidi Krause
las seinen letzten Jahresbericht als MLB-Präsident. Er
scheidet aus dem MLB-Vorstand aus und somit ist dies

                                        LUTHER GENF Juni – August 2017
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