LUTHERGENF - Frauen und Reformation - Evangelisch-Lutherische Kirche Genf
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LUTHERGENF 06 - 08 17 1 Evangelisch-Lutherische Kirche in Genf Der Gemeindebote Frauen und Reformation LUTHER GENF Juni – August 2017
2 Bericht von der Gemeindeversammlung Am Sonntag den 12.03.2017 fand die alljähr- um Flüchtlingsarbeiten. Die andere Hälfte geht liche Gemeindeversammlung statt. Wir freuen an ausländische Hilfsprojekte. Im Vordergrund uns, dass trotz schönen Wetters und immer noch steht, Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen. akzeptabler Schneeverhältnisse über 70 Mit- Nach dem Tätigkeitsbericht aus dem Vorstand glieder unserer Gemeinde sich die Zeit genom- erläuterte Marc Blessing die Möglichkeit zu ei- men haben, an unserer Versammlung teilzuneh- ner außerordentlichen Verlängerung seiner men. Nach der Begrüßung durch die Vorsitzende Amtszeit um maximal drei Jahre. Der Vorstand des Gemeindevorstandes Berit Kaiser-Marlbo- hat beschlossen, diesen Antrag zu unterstützen. rough eröffnet Pfarrer Blessing die Versamm- Diese Entscheidung wurde von der Gemeinde lung mit einem Gebet. mit Applaus bestätigt. Anhand einer Photoshow hält Mark Blessing ei- Zügig und problemlos konnte der Tagesord- nen Rückblick auf das vergangene Kirchenjahr, nungspunkt „Finanzen“ mit dem Bericht der welches von dem 250-jährigen Jubiläum unse- Rechnungsprüfer und der Entlastung des Vor- res Kirchengebäudes und dem Beginn der Feier- standes sowie dem Haushaltsplan 2017 erledigt lichkeiten des 500. Geburtstages der Reformati- werden. on geprägt war. Die vom Vorstand vorgeschlagenen Satzungsän- Andrea Leser schilderte das Voranschreiten der derungen wurden jeweils nach kurzer Diskussi- Arbeiten im Archiv. Um dieses so komplett wie on angenommen. Unser Vorstand ist nun schon möglich fortzuführen, bittet sie Gemeindemit- mit neun Mitgliedern ausreichend besetzt. Es glieder, welche Unterlagen und insbesondere wurde jedoch sowohl von der Gemeinde als auch auch historische Fotos besitzen, diese der Ge- vom Vorstand betont, dass es erstrebenswert ist, meinde, gerne auch in Kopie, zur Verfügung zu stets die maximale Anzahl von 10 Vorständen zu stellen. Sie berichtete des Weiteren, dass die berufen. drei Gebäudekomitees ihre Tätigkeiten erfolg- Es wurden fünf neue Vorstandsmitglieder ge- reich aufgenommen haben. Die Fensterreno- wählt: Heinz Buschbeck, Inge Klaas, Martin Ma- vierung ist weitgehend abgeschlossen. Das Re- gold, Marlies Meissner und Christian Viegelahn. novierungskomitee arbeitet nun Hand in Hand Marlies Meissner hat die Wahl jedoch leider mit dem Amt für Denkmalschutz. Es geht hier nicht angenommen. nicht nur um die Situation des Gebäudes, son- Am Ende ergab sich noch eine heftige Diskus- dern auch um die Übernahme von Kosten für sion über die Frage der juristischen Beurteilung Voruntersuchungen und denkmalpflegerischem des Gebäudeeigentums und deren Aufklärung. Mehraufwand. Es wurde beschlossen diesen Punkt auf der zu- Einen besonderen Platz hatte dieses Jahr der vor verkündeten Infoveranstaltung zum Thema Bericht aus dem Projektkreis von Frau Elisabeth Gebäude am 30.04 2017 bevorzugt zu diskutie- Ellwanger, welcher über die Vergabe der von der ren. Hierzu sind alle herzlich eingeladen. Gemeinde zur Verfügung gestellten Gelder be- stimmt. Mit 50% der Gelder werden lokale Pro- jekte unterstützt. Hier geht es in erster Linie Für den Vorstand: Friederike Aebischer LUTHER GENF Juni – August 2017
Angedacht 3 Frauen in der Reformationszeit Ich beginne meinen Beitrag mit einem Zitat, das Christus Jesus.“ wie ein Leitvers über der geistlichen Berufung So wie wir in Christus alle erlöst und von der und dem geistlichen Amt von Frauen stehen soll. Verfallenheit an die Sünde und den ewigen Tod Es stammt von Marie Dentière, einer Genfer Re- befreit sind, so sind wir alle dazu berufen, uns formatorin, von der wir gleich noch etwas mehr gegenseitig in Liebe zu dienen, wie Christus es hören werden: „Wenn Gott manchen getan und gesagt hat. Das von den Gegnern der guten Frauen die Gnaden gegeben hat Frauenordination häufig verwendete Pauluszitat und ihnen etwas Heiliges und Gutes 1. Kor 14,34: „Die Frau schweige in der Ver- durch seine Heilige Schrift offenbart sammlung“ ist eindeutig in seinem kulturellen hat, sollten sie, wegen der Verachter der Kontext zu sehen: Erhoben doch nur Hetären Wahrheit, davon abstehen, sie aufzu- die Stimme in Versammlungen, wo auch Män- schreiben, auszusprechen oder einander ner zugegen waren. Darauf eine Verweigerung mitzuteilen? Ah! Es wäre ungehörig, das der Frauenordination zu bauen wäre, wie am Talent, das Gott uns gegeben hat, zu System der Sklaverei festzuhalten, was sich ja verbergen, die wir die Gnade haben, da- z.B. im Philemonbrief findet. mit bis zum Ende fortzufahren. Amen.“ Das reformatorische Schriftprinzip der Sola Es hat Schlagzeilen gemacht, als die Lettische Scriptura-allein die Schrift, nicht Schrift und ev.-luth. Kirche die Frauenordination im ver- Tradition, war in seinen Auswirkungen auf die gangenen Jahr zurückgenommen hat. (Eine Gesellschaft der Reformationszeit gewaltig. Das kurze Nebenbemerkung: ich diene in der EST- Frauenbild des Neuen Testaments, insbesonde- NISCHEN Kirche, die in diesem Jahr 50 Jahre re die Art und Weise, in der Jesus mit Frauen Frauenordination feiert und in der gut 30% aller umgegangen ist, muss revolutionär erschienen Geistlichen Frauen sind-oft werde ich mehr oder sein. Sie bedeutete für manche Frauen, die ent- weniger harsch zur Stellungnahme hinsichtlich sprechende Bildung bekommen hatten, den der Frauenordination aufgerufen, da ich ja aus Ausbruch aus dem mittelalterlichen Ordo-Sys- Lettland käme, aber man sollte diese beiden tem, wo der Mensch im Wesentlichen dabei zu Länder und Kirchen doch auseinanderhalten). bleiben hatte, wohin er geboren war. Nur ein Nach ev.-lutherischem Verständnis ist es unpro- Beitritt zu einem geistlichen Orden konnte eine blematisch, Frauen zu ordinieren aufgrund des Befreiung daraus bedeuten. So waren die Klöster Priestertums aller Gläubigen. Alle Christinnen im Mittelalter beiderlei: Zum einen der Ort, wo und Christen sind für alle Priesterinnen und Frauen, so wie Katharina von Bora, im Alter von Priester, die dazu berufen sind, einander zu Je- 5 Jahren hingeschickt wurden, weil Eltern für sus zu bringen und die leibliche und seelische Töchter nicht die Mitgift aufbringen konnten. Not miteinander zu teilen. Daher ist der Pries- Zum anderen aber eben auch der Ort, an dem ter oder Pastor im Gottesdienst sozusagen nur dieselbe Katharina von Bora, Lesen und Schrei- ein/e vollzeitige/r Diener/Dienerin, er/sie stellt ben lernte (wahrscheinlich ja auch Haushalten) im Gottesdienst nicht Christus dar. Ebenso ist und so in die Lage kam, überhaupt etwas von Jesus zwar als Mann über unsere Erde gegangen. der Reformation mitzubekommen. Sie war im Aber das nun geschlechtsspezifisch zuzuspitzen, Kloster auch nicht ganz alleine: Ihre Tante war widerspricht grundlegenden Bekenntnisaussa- dort ebenfalls Klosterschwester, vermutlich sogar gen, denn der Apostel Paulus schreibt im Gala- Äbtissin. Doch davon gleich mehr. Wir wün- terbrief 3,28: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, schen Ihnen eine anregende Lektüre! hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Ihr Matthias Burghardt LUTHER GENF Juni – August 2017
4 Thema Marie Dentière – die Genfer Reformation aus weiblicher Perspektive In den ersten Stunden der Reformationszeit im auf der Mauer des Genfer Reformationsdenkmals im 16. Jahrhundert, vor der Ankunft Calvins in Genf, „Parc des Bastions.“ waren William Farel und Pierre Viret allgemein Marie Dentière wurde 1495 in Belgien geboren und recht bekannt, was man von den Frauen, die sich war zunächst Priorin im Augustinerinnenkloster bei aktiv für die Ideen der Reformation einsetzten Tournai. Sie schloss sich schon früh dem lutherischen wollten, nicht behaupten konnte. Gedankengut an und verließ den Orden, heiratete und folgte später ihrem Mann in die Schweiz. Nach dem Eine dieser Frauen war Marie Dentière. Von ihren Tod ihres 1. Mannes heiratete sie Antoine Froment, ei- Zeitgenossen als Frau von aufbrausendem Cha- nen Mitarbeiter Farels und lebte lange Jahre mit ihm rakter und streitbarem Geist bezeichnet, wird sie in Genf, wo sie sich aktiv an dem Reformationsprozess erst in jüngster Vergangenheit als eine der ersten beteiligte. Sie veröffentlichte anonym mehrere theolo- Theologinnen der französischen Reformation ge- gische Schriften. Die Überzeugung, mit der Marie Den- bührend gewürdigt. In Anerkennung ihres Ver- tière die Ideen der Reformation und die Rolle der Frau dienstes fand der Name Marie Dentière im No- in der Kirche vertrat, machte sie zu einer der ersten fe- vember 2002 seinen Platz einziger einer Frau(!) ministischen Laientheologinnen ihrer Zeit. Christel Grosse Wirken mit Flugschriften und Briefen: Argula von Grumbach, spätere Gräfin Schlick Geboren um 1492 auf der Burg Ehrenfels bei Be- te, aber nun durch ratzhausen der Oberpfalz in Bayern Gewaltandrohung Gestorben: 23. Juni 1554 (?) in Zeilitzheim bei zum öffentlichen Schweinfurt in Bayern Widerruf gezwun- Argula, Tochter des Reichsfreiherrn Bernhardin gen wurde. Argula Bild: Wikipedia von Stauff, des Hauptmannes von Landshut, und schrieb einen Brief der Katharina von Törring zu Seefeld, beide aus an den Rektor und an die gesamte Universität, wor- altbayrischem, aber inzwischen verarmtem Adel, in sie sich beschwerte, dass man den jungen Magister bekam schon 1502 von ihrem Vater eine Bibel durch Drohungen zum Widerruf gezwungen habe: „Ich in deutscher Sprache geschenkt. 1509 verlor sie finde an keinem Ort der Bibel, dass Christus noch sei- durch die Pest innerhalb von fünf Tagen beide El- ne Apostel oder Propheten jemanden eingekerkert, ge- tern, kam dann an den Hof der Herzöge von Bay- brannt noch gemordet haben oder das Land verboten.“ ern und heiratete 1514 den Ritter Friedrich von Sie forderte die Professoren auf, in Gegenwart unse- Grumbach - dem heutigen Burggrumbach. Ar- rer drei Fürsten und der ganzen Gemeinde sich mit ihr gula, eine Schülerin von Georg Spalatin, las die theologisch auseinanderzusetzen, und zwar in Deutsch Schriften von Martin Luther und stand mit ihm im und auf der Grundlage der Heiligen Schrift. Briefwechsel. Im Spätsommer 1523 schrieb Argula dem Herzog von 1523 kam es an der Universität in Ingolstadt zu Bayern, den sie aus ihrer Zeit am Hof in München per- einem Aufsehen erregenden Prozess gegen ei- sönlich kannte, einen Brief, in dem sie ihm die Vorgän- nen jungen Magister namens Arsacius Seehofer, ge in Ingolstadt schilderte und erklärte, ein Christ müs- der als Anhänger Luthers für die neue Glaubens- se der Obrigkeit gehorchen, diese aber die ihr von der bewegung unter den Studenten geworben hat- Heiligen Schrift gesetzten Grenzen achten; im Kon- LUTHER GENF Juni – August 2017
Thema 5 flikt zwischen Gehorsam gegenüber der Obrigkeit oder ther. Aber ich bekenn, dass ihn Martinus auch als Gott, habe der Christ eher Leib und Leben zu riskieren, ein getreuer Christ bekennt. Gott helfe, dass wir als das Wort Gottes zu verleugnen. Der Herzog antwor- solches nimmermehr verleugnen, weder durch tete ebenfalls nicht, entließ aber umgehend Argulas Schmach, Schande, Kerker, Peinigung, auch durch Mann aus seiner gut dotierten Stellung als Statthalter den Tod. Das helf und verleihe Gott allen Chris- in Dietfurt an der Altmühl, weil er seine Frau nicht ge- ten. Amen. hindert habe, solche Briefe zu schreiben. Ohne ihr Zu- Unerschrocken verfasste Argula weitere Flug- tun erschienen beide Briefe im Druck, Argula wurde so schriften – darunter auch Schriften zur Vertei- die erste weibliche Autorin im Protestantismus. digung der lutherischen Lehre. Ihre insgesamt In einem Brief an einen Vetter ihrer Mutter, Adam von acht Flugschriften erschienen in den Jahren Törring, den Statthalter der jungen Pfalzgrafen Ott- 1523/1524 in 30 Ausgaben und dürften damit heinrich und Philipp in Neuburg an der Donau: Man mehr als 30.000 Leser und Leserinnen erreicht heißt mich lutherisch, ich bin es aber nicht, ich bin im haben. Namen Christi getauft, den bekenn ich und nicht Lu- (Quelle: heiligenlexikon.de) Katharina von Bora * 29. Januar 1499 vmtl auf Gut Lippendorf, südlich von Leipzig † 20. Dezember 1552 in Torgau einfachen Leute kennen. Die einjährige Prüfungs- Die materiellen Verhältnisse des Vaters, Hans von zeit, das Noviziat, begann 1514. Am 18. Oktober Bora, waren bescheiden und dieser Umstand vergrö- 1515 schwor sie allen Freuden dieser Welt ab. ßerte sich noch durch die wachsende Kinderschar. Ab Das Leben der Katharina von Bora verlief in streng 1505 hat sich Katharina wohl schon im Benediktiner- geregelten Bahnen, jedoch nicht ohne die kleinen kloster Brehna aufgehalten. Ihr verwitweter Vater sah Freuden des Alltags. Ihr Horizont war nicht en- sich wohl aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der ger, sondern wahrscheinlich weiter als bei einem Lage, das kleine Mädchen im eigenen Hause aufzuzie- Mädchen Ihres Alters und Standes, das zu Hause hen bzw. die Mitgift bei einer möglichen Heirat aufzu- bei den Eltern lebte. bringen. 1517 aber trat Martin Luther (1483-1546) in die 1508/1509 brachte Hans von Bora Katharina im Klos- Öffentlichkeit und er verkündete Dinge, die Ka- ter Marienthron in Nimbschen unter. Nun nicht mehr als tharina wohl nie auch nur zu denken gewagt hät- Pensionärin, sondern für den geistlichen Stand vorbe- te. Als eine Folge seiner Argumentation gegen stimmt. Ein Privileg für Mädchen, Anfang des 16. Jahr- das Klosterleben wurden 1522 die „Wittenber- hunderts, stellte die Schulausbildung in Lesen, Schrei- ger Beschlüsse“ gefasst, die es jedermann frei- ben, Singen und den Anfangsgründen des Lateins dar. stellten, ein Kloster zu verlassen. Diese Vorgän- Ein Gefühl des Behütetseins dürften die klösterlichen ge stießen auch in Nimbschen auf fruchtbaren Ordnungen, soweit sie überhaupt für Schülerinnen gal- Boden, obgleich die Wege der Nachrichtenver- ten, vermittelt haben. Die 43 Nonnen waren als Nach- breitung weitgehend im Dunkeln liegen. Ostern kommen des sächsischen Adels dort unter sich. Schwe- 1523 flohen zwölf Nonnen aus dem Kloster Ma- re körperliche Arbeit wurde ihnen nicht abverlangt. Die riathron, unter ihnen Katharina von Bora, die da- neun adligen Schülerinnen verbrachten ihre Zeit mit mit ihr Schicksal in die eigene Hand nahm, ohne Gebet, Sticken und leichter Gartenarbeit, waren also zu wissen, wohin es sie führen würde. durchaus in einer günstigen Lage. Katharina lernte in dieser Zeit die betriebswirtschaftli- Ihr Glück war es, dass sie ihr Fluchthelfer, der chen Abläufe in einer hochkomplexen Landwirtschaft, Kaufmann und Lutherfreund Leonhard Koppe aus wie auch die bunte und verführerische Religiosität der Torgau, in das aufgeklärte Wittenberg brachte, LUTHER GENF Juni – August 2017
6 Thema das Zentrum der Reformation. In der Universitäts- und kurfürstlichen Residenzstadt herrschte ein aufgeschlossenes und anregendes Klima, das be- rühmte Männer, wie Georg Spalatin (1484-1545) und Philipp Melanchthon (1497-1560), angezo- gen hatte. Auch Martin Luther selbst, der theo- logische Kopf der Reformation, lebte und lehrte hier. Zu ihm ins Schwarze Kloster kam Katharina am 7. April, zusammen mit den acht Nonnen aus Nimbschen, die, wie sie selbst, nicht zu ihren Fa- milien zurückkehren konnten, stand doch im al- bertinischen Sachsen auf Klosterflucht die Todes- strafe. Spätestens seit Oktober 1523 lebte Katharina im Haus Lukas Cranachs d. Ä. (1472/75-1553), ei- nem weltoffenen Haus, geführt von der selbst- bewussten und umsichtig agierenden Barba- ra (1477/85-1540), der Ehefrau des Malers. Sie wurde ihre Lehrmeisterin, Beraterin und Freun- din (über Barbara Cranach siehe S. Weigelt: Der Männer Lust, 46-53). Der kurfürstliche Hofma- ler führte nicht nur eine große Künstlerwerkstatt, in seinem Haus gingen auch bedeutende Persön- lichkeiten aus Politik und Gesellschaft ein und aus. Für Katharina eröffnete sich ein völlig neuer Katharina gebar ihrem Mann drei Söhne und drei Töch- Lebensraum. Offensichtlich lernte sie manche der ter, 1526 Johannes, 1527 Elisabeth (†1527), 1529 Gäste persönlich kennen. Einer von ihnen war Kö- Magdalena, 1531 Martin , 1533 Paul und 1534 Mar- nig Christian II. von Dänemark (1481-1559), der garethe. in Sachsen Zuflucht und Verbündete gesucht hat- Magdalena starb im Alter von 12 Jahren. Der Tod Mag- te. Öfter scheint sich Katharina auch unter die Ge- dalenas stürzte die Eheleute in eine tiefe Krise. sellschaft der Studenten um Luther und Melan- Die Fülle und Verschiedenartigkeit der wirtschaftli- chthon gemischt zu haben. Dabei lernte sie den chen Aufgaben im Haushalt lassen Katharina, modern Nürnberger Patriziersohn Hieronymus Baumgärt- gesprochen, als Leiterin eines mittelständischen Be- ner (1498-1565), ihre erste Liebe, kennen. Seine triebes mit niedriger Fertigungstiefe erscheinen. Dabei Eltern aber waren gegen die Heirat, standen doch entwickelte sich die eigene Haushaltung aus beschei- entflohene Nonnen in keinem guten Ruf. Sie hat- denen Anfängen. Sie versorgte Kinder, Gäste, Leh- ten ihr Gelübde gebrochen, waren arm und ohne rer, Studenten, Dienstboten, Tagelöhner, Vieh, Gärten, männlichen Schutz mancherlei Gefahren ausge- landwirtschaftliche Flächen, ein Brauhaus, sowie ein setzt. Im Oktober 1524 wandte sich Luther an Waschhaus. Katharina entwickelte eine beachtliche Baumgartner mit dem Hinweis, er möge sich doch Energie beim Kauf und Pachtung von Gärten und land- nun endlich entscheiden, sonst würde Katharina wirtschaftlichen Flächen. Es scheint, als hätte Kathari- einen anderen heiraten. Der ließ aber nichts von na den ihr zugewiesenen Lebensbereich energisch und sich hören. selbständig in Angriff genommen. Am Abend des 13. Juni 1525 lud Luther die engs- Sicher ist, dass Luther, der von Frauen im öffentlichen ten Wittenberger Freunde in das Schwarze Klos- Leben nichts wissen wollte, ihre Führungsfunktion im ter ein, wo Johannes Bugenhagen die Katharina Haus hoch achtete. und Martin vermählte. LUTHER GENF Juni – August 2017
Thema 7 Die Nachricht vom Tod ihres Mannes am 18.02.1546 bereich als Hausfrau, Ehefrau und Mutter hinaus traf Katharina tief. aktiv zu werden. Dennoch hat auch sie entschei- Am 20. Dezember 1552 starb sie. Die nach Wittenberg dend zur Triebfeder Reformation beigetragen: Es verlegte Universität folgt am, 21. Dezember 15.00 Uhr waren die Familie und Katharinas umsichtiges geschlossen ihrem Sarg sie wird mit einem Begräbnis Wirken, die ihm das freie Arbeiten erlaubten und in der Torgauer Stadtkirche geehrt. die auch den Freiraum und den Rahmen für die Katharina von Bora war zwar eine gebildete, kluge und bekannten Tischgespräche im Hause Luther bo- selbstbewusste Frau, hatte aber offensichtlich – an- ten. ders als etwa Elisabeth Cruciger, die Kirchenlieddich- terin, die ebenfalls zum Bekanntenkreis von Katharina (Quelle: www.lutherin.de, www.frauen-und-reforma- gehörte – keinerlei Ambitionen, über ihren Tätigkeits- tion.de) Die erste Kirchenlieddichterin der evangelischen Kirche: Elisabeth Cruciger * um 1500 in Meseritz in Hinterpommern † 2. Mai 1535 in Wittenberg matorische Bewegung unter den Theologen und Elisabeth von Meseritz kam in jungen Jahren in das ihren Frauen (vielleicht auch Familien) ein ganz Prämonstratenserinnenkloster Marienbusch bei Trep- enges Beziehungsgeflecht entstanden, mit viel tow an der Rega. Wenn sie in ihrem Lied „Herr Christ, gegenseitigem Austausch, Reden und Diskussion, der einig Gotts Sohn“ (s.u.) so gekonnt Wendungen Essen und Trinken, Briefe schreiben, wohl auch aus dem großen Glaubensbekenntnis wie aus der Bi- gegenseitiger Hilfe. bel (und auch der Frauenmystik) verwendet, so hat dies seinen Ursprung in ihrer Zeit als Nonne. Elisa- In ihrem bekannten Lied: Herr Christ, der einig beth von Meseritz hatte aber auch Beziehungen außer- Gotts Sohn“ (EG 67), das Johann Sebastian Bach halb der Klostermauern: als Johannes Bugenhagen in in Leipzig 200 Jahre später in der Kantate: „Herr das nahegelegene Kloster Belbuck als Lehrer kommt Christ, der einge Gottessohn“ (BWV 96) aufgriff, und angeregt durch Martin Luthers Theologie die Bi- verbindet Elisabeth Cruciger in einer einmaligen bel im evangelischen Sinne auslegt, lässt sich Elisa- Art biblisches Zeugnis, altkirchliche theologische beth von Meseritz davon überzeugen. Sie verlässt das Tradition, mittelalterliche (Frauen-)Mystik und Kloster und folgt 1523 Bugenhagen nach Wittenberg, evangelische Lehre. wo dieser inzwischen zum Theologiestudium gezogen Auch der erhaltene Text ihres Briefes an den ge- war und auch geheiratet hatte. Elisabeth Cruciger leb- tauften Juden Joachim zeigt, wie sie ihren eige- te dann im Haushalt Bugenhagens bis zu ihrer Heirat nen Glauben ausdrücken und vermitteln konn- mit Caspar Cruciger, dem Mitarbeiter und Schüler Mar- te. „Darum tröste dich, lieber Bruder, sieh, die ich tin Luthers. auch eine Mitleiderin bin deiner selbständigen Elisabeth Cruciger hat wohl gelegentlich an den regen Krankheit, sieh, ich habe Gott ermahnet durch theologischen Gesprächen in den Familien der Refor- sanftmütiges Bitten vor Seinen göttlichen Augen, matoren teilgenommen, wie ihre Erwähnung in den sieh, ich wünsche dir und gebe dir durch Seine Tischreden Martin Luthers zeigt. Dort spricht der Re- Kraft uns mitgeteilt Gnade und Friede, und das- formator sie mit „Liebe Els“ an. Zu Katharina von Bora, selbige nicht von dieser Welt, sondern vom Va- der Frau Martin Luthers, hatte sie besonders Kontakt. ter, welcher Gott ist, und solches durch den Herrn In dem damals kleinen Wittenberg war durch die refor- Christum, nicht durch einen Engel oder Mose. (…) LUTHER GENF Juni – August 2017
8 Thema mahnet durch sanftmütiges Bitten“), aber erliegt nicht der Versuchung mancher Pfarr-Herren damals und heute, von der Höhe ihres Glaubens- und Wissensstan- des herunter auf das Opfer ihrer Bemühungen herun- terzuschauen – sie prägt vielmehr den Ausdruck: „ich bin eine Mitleiderin“ und stellt sich ganz neben Joa- chim in seinen seelischen Schwierigkeiten. Elisabeth Cruciger gebar zwei Kinder: Caspar, genannt der Jüngere, der als Theologe Melanchthons Nachfol- ger wurde und später zur reformierten Kirche übertrat, und Elisabeth, die zuerst den Rektor Kegel in Eisleben heiratete und nach dessen Tod Luthers Sohn Johannes. (Quelle: frauen-und-reformation.de) Viele Frauen wären noch zu nennen, aber ich hoffe, dass die genannten einen kleinen Eindruck vom Reich- tum dieser Seite der Reformation vermitteln. Die vielen Hier wird bei Elisabeth Cruciger etwas vom Ge- Gesichter der Reformation zeigen auf, dass diese nicht danken des „Priestertums aller Gläubigen“ sicht- „plötzlich vom Himmel fiel“, sondern vieler Hände Ar- bar: sie vermag mit recht persönlichen Worten beit war. Joachim zu trösten und im Glauben an Christus (ohne „Engel und Mose“) zu stärken, traut ihrem Weitere interessante Frauen der Zeit finden sich unter: eigenen Gebet für ihn viel zu („ich habe Gott er- www.frauen-und-reformation.de M.Burghardt Frauen in der Bibel und in unserem Reliunterricht se“ Missstände anprangern. Mitunter jedoch, wenn es Pastorinnen und Pastoren sind auch nur Men- nicht beim Anprangern bleibt, oder gar nicht erst dazu schen und moralisch (leider) oft nicht besser als kommt, kann solch ein Ärger sogar ganz produktiv sein! andere. Wir ärgern uns, wie die Meisten, über So geschehen im letzten Winter: Vorderleute im Straßenverkehr, die beim Fah- Bei der Vorbereitung für den Religionsunterricht suchte ren nicht aufpassen, über Drängler hinter uns ich nach schönem Bildmaterial für die Geschichte vom auf der Autobahn und über alle möglichen Unge- Verlorenen Sohn. Dabei stieß ich auf ganz hübsch ge- rechtigkeiten und Ungeschicke (besonders, wenn machte Zeichnungen der Geschichte, die man z.B. ver- wir selbst davon betroffen sind), über Rechnun- tauschen und sie von den Kindern dann in die richtige gen, Politiker und Hohlköpfe, die über Leichen Reihenfolge bringen lassen könnte. Da fiel mir etwas gehen, und manchmal sogar über das Wetter. Ab auf, was besagten „heiligen Zorn“ in mir erregte: und zu packt uns dann aber sogar so etwas wie Auf den Bildern kam nirgends auch nur eine einzige „heiliger Zorn“, wenn wir feststellen, dass etwas Frau vor! Als ob im Hause des Vaters keine Frauen ge- so gar nicht in Gottes Sinne zu sein scheint. Das lebt hätten! Als ob in der Kneipe, wo der junge Mann kann tatsächlich der Fall sein, z.B. wenn jeman- sein Erbe durchbringt, keine Frauen gewesen wären! dem mit Hass begegnet wird. Manchmal gefal- Als ob der Schweinebesitzer in jenem fernen Land, bei len wir uns aber auch einfach in der Rolle des oder dem der verlorene Sohn versucht zu arbeiten, unver- der integren „Heiligen“, die in „prophetischer Wei- heiratet und ohne Töchter oder weibliches Personal ge- LUTHER GENF Juni – August 2017
Thema 9 wesen wäre! Wie gesagt: Richtig ärgerlich wurde ich! Und heiratet (vielleicht einen der Kundschafter?). Es entstand zwar kein Empörungsbrief oder eine flam- Im Stammbaum Jesu (Matthäus 1) wird sie als mende Rede, aber ich fasste den Entschluss, den Kin- Mutter des reichen Bauern Obed genannt. dern Frauengestalten der Bibel bekannt und lieb zu Damit ist sie Schwiegermutter der zweiten Frau, machen! mit der wir uns beschäftigt haben: Ruth. Ruth ist, Von einigen dieser Frauen und bemerkenswerten Ein- wie Rahab, keine Jüdin. Sie kommt aus dem be- zelheiten der Geschichten möchte ich im Folgenden er- nachbarten Moab, einem Land, das immer wie- zählen: der mal Gegner des Volkes Israel war. Eine Flücht- Wir begannen mit Rahab (Josua 2). Eine bemerkens- lingsfamilie aus Israel lässt sich in Moab nieder. In werte und starke Frau! Allein schlägt sie sich durch, der Heimat gab es nichts mehr zu essen. Die Söh- ohne Mann, der sie beschützt, versorgt und ihre Ehre ne der Familie heiraten moabitische Frauen. Bald verteidigt, so wie es in den altorientalischen Kulturen darauf sterben alle Männer der Familie. Übrig meist üblich, wenn nicht sogar notwendig, war. Dass bleiben Naomi und ihre Schwiegertöchter Ruth sie einer erniedrigenden Tätigkeit nachgeht, die bis und Orpa. Naomi beschließt voller Trauer, nach Is- heute als Schimpfwort verwendet wird, um ihren Le- rael zurückzukehren. Sie ist mittellos und schutz- bensunterhalt zu verdienen, verletzt sie in ihrer Wür- los in Moab, hat Mann und Söhne verloren und de als Mensch und als Frau offenbar nicht. Was mö- fühlt sich von Gott verlassen. Orpa bleibt in Moab gen wohl ihre Eltern über sie denken? Sie sind doch und versucht einen Neuanfang. Ruth aber geht sicherlich verzweifelt über das „missratene Kind“, die mit ihrer Schwiegermutter in das für sie frem- „Schande der Familie“! Und ihre Brüder und Schwes- de Land „Wo du hingehst, da will ich auch hinge- tern und deren Familien (Jos 2,13)? Das alles spielt hen. ... Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist für diese selbstbewusste Frau entweder keine Rolle, mein Gott.“ (Ruth 1,16). Im Herkunftsdorf Beth- oder es bringt sie dazu, einen radikalen Schritt zu ge- lehem (!) angekommen, bewohnen sie zu zweit hen, um etwas zu verändern: Sie beherbergt furchtlos das lange verlassene Haus. Ruth liest Ähren, die die fremden Späher (im Religionsunterricht als Agen- bei der Ernte übrigbleiben. Aus der Freundlichkeit ten 001 und 002 vorgestellt). Sie begegnet ihnen nicht des Bauern Obed wird bald Liebe und ein kluger etwa als Unterworfene, als Rechtlose, als Ausgesto- Plan der Frauen Ruth und Naomi, wie diese Liebe ßene und Bittstellerin, sondern auf Augenhöhe. Sie ihre Erfüllung finden und Ruth und Obed zusam- schließt mit ihnen einen Handel ab. Dabei beweist sie menbleiben können. Am Ende der Geschichte lobt Realitätssinn und ungetrübten politischen Verstand, Naomi Gott und dankt Gott für das ersehnte En- der die Zeichen der Zeit erkannt hat (was heute selten kelkind - den Großvater König Davids. Während zu sein scheint): „Ich weiß, dass der Herr euch das Land bei Rahab die Eigenständigkeit und Kühnheit gegeben hat; denn ein Schrecken vor euch ist über uns dieser Frau beeindruckt, ist es bei Ruth die Lie- gefallen, und alle Bewohner des Landes sind vor euch be, Treue und Beharrlichkeit, die am Ende das Ziel feige geworden.“(Jos 2,9). Als die Soldaten kommen, erreichen lässt. Mit den Kindern spielten wir die um die Späher festzunehmen, versteckt sie die hilflo- Geschichte mit selbstgemachten Puppen nach. sen Männer, die ohne sie Kinder des Todes wären, unter Beide alttestamentliche Frauen erinnern an neu- Flachsbündeln, die auf ihrem Hausdach trocknen. An- testamentliche Geschichten: Rahab hat viele Par- schließend schließt sie den besagten Vertrag über ihre allelen zur Frau, die Jesus am Brunnen trifft (Jo- Rettung und die ihrer Familie mit ihnen ab! Das schwar- hannes 4), in Ruth können wir ein Vorbild Christi ze Schaf, die verleugnete Tochter und Schwester, das sehen, der in Liebe und Treue alles wagt, um uns unverständige Kind wird zur Retterin für sie alle! Im zu gewinnen. Reliunterricht bastelten wir eine rote Kordel: das Er- Das tut auch die dritte Frau, mit der wir uns be- kennungszeichen - das Haus mit der Kordel aus dem schäftigt haben: Die Frau, die Jesus die Haare mit Fenster wird verschont, mit allen, die drin sind. Der Un- ungeheuer kostbarem Salböl salbt (Markus 14, tergang Jerichos ist für Rahab der neue Anfang. Mit ih- 3-9). Jesus lässt es geschehen, weist sie nicht zu- rer Familie wird sie in das Volk Israel aufgenommen. rück, weder aus diakonischen Erwägungen („Man LUTHER GENF Juni – August 2017
10 Thema hätte dieses Öl für mehr als 300 Silbergroschen Gärtner?- er wird es wissen, wo Jesus ist! Er spricht sie verkaufen können und das Geld den Armen ge- an: „Warum weinst Du? Wen suchst Du?“ Wahrschein- ben!“ Mk 14, 5), noch entsprechend der Sitte, dass lich schaut Maria ihn gar nicht an. Erstens ziemt sich er sich nicht von einer fremden Frau anfassen las- das nicht in ihrem kulturellen Kontext, und zweitens sen darf, schon gar nicht von einer, die wohl eher will sie nicht, dass er auch noch sieht, wie verheult sie zu den Ausgestoßenen gehört (siehe Lukas 7, 39). ist. Keine Schwäche zeigen! Das kannte sie aus ihrem Die Frau aber beweist Mut! Sie geht in ein Haus, in Leben, bevor sie Jesus getroffen hat. Aber jetzt ist sie dem sie nicht willkommen ist. Sie gibt das Kost- schwach. Sie fragt nach und hört als Antwort nur ihren barste, was sie hat (im Reliunterricht war die Sal- Namen: Maria. Da erkennt sie Jesus an der Stimme (Joh be ein kostbares Erbstück) als Geste der Liebe. Sie 10,27). Die Trauer wandelt sich in Freude, mit neuem steht in einer Reihe mit Leuten wie Petrus, der in Mut geht sie zurück: Ich hab ihn gesehen und soll euch einem Moment erkennt, wer Jesus ist: „Du hast eine Botschaft sagen! Sie wird zur Apostelin der Apos- Worte des ewigen Lebens!“ (Johannes 6, 68). Sie tel. Sie erlebt Unglauben, wie alle Apostel, Schwach- geht noch weiter als Petrus, denn sie salbt Jesus heit, und dann wird sie zur ersten Osterzeugin! zum König, wie es nur alttestamentliche Priester Und noch einer Frau begegneten wir: Der Purpurhänd- und Propheten taten. Sie erträgt den Ärger und lerin Lydia. Sie ist die erste uns namentlich bekann- den Spott der anwesenden Männer und salbt Je- te Christin Europas! (Apg 16,14) Sie nimmt die Apos- sus, wie er selbst deutet, für sein Begräbnis. Wie tel Paulus und Silas gastfreundlich auf, lässt sich (und Simon von Kyrene hilft die Frau Jesus bei seinem ihr ganzes Haus, das heißt möglicherweise Kinder und schweren Gang nach Golgatha. Damit beschämt Sklaven oder Dienerinnen und Diener) taufen und wird sie uns. Wie weit gehen wir in unserer Liebe zu die erste Gemeindeleiterin Europas! Nach der Apostelin Christus, in unserer Bereitschaft, uns einzuset- der Apostel ist nun auch eine erste Gemeindeleiterin zen, und das, was wir haben? Wie weit gehen wir Europas eine Frau! Sie zeigt darüber hinaus auch, dass in unserem Bekenntnis? es keine Bedingung für Gott ist, dass die Frauen (oder Die Osterzeit brachte die Kinder und mich mit auch die Männer), die dazu kommen, ausschließlich Maria Magdalena zusammen. Sie ist bei den Frau- vom Rande der Gesellschaft berufen werden. Lydia ist en, die am Ostermorgen zum leeren Grab kom- eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Aber eines hat sie ge- men, um Jesu Leichnam zu salben (!)(Mt 28,1; meinsam mit allen anderen Frauen unserer Reihe: Sie Mk 16,1; Lk 24,10; Johannes 20,1). Die Männer, begegnet Gott und glaubt und ihr Glaube verändert sie die Jünger Jesu, glauben ihnen nicht, als sie vom und die Welt um sie herum. Sie ist ein Segen für andere leeren Grab und der Engelerscheinung erzählen: Menschen und eine wichtige Glaubenszeugin für uns. Es sind ja Frauen, die vor Gericht nicht als Zeu- Mittlerweile ist mein „heiliger Ärger“ übrigens ver- gen gelten! Es gibt ja noch andere Gründe dafür, raucht, wohl weil ich ihn in etwas Produktives umset- dass das Grab leer ist, rationale Gründe. Es gilt zen konnte. Die Ergebnisse haben die Kinder hoffent- jetzt, einen kühlen Kopf zu bewahren! Wer spielt lich genauso begeistert wie mich. hier ein falsches Spiel? Maria geht verwirrt, trau- Mit herzlichem Gruß rig und verzweifelt über den Unglauben ihrer Matthias Burghardt Freunde zurück. Sie weint in der Nähe des Grabes. Der Mann, der plötzlich auch dort ist – ist es der LUTHER GENF Juni – August 2017
Thema 11 Frauen bekommen ihren Platz in der Bibel zurück Anmerkungen zur revidierten Lutherbibel 2017 und dem Thema “Frauen in der Bibel” An der neuen Übersetzung der Lutherbibel haben 70 gen müssen immer neu mit dem hebräischen Fachleute mitgearbeitet. Sie orientiert sich wieder (Erstes Testament) und griechischen Original- stärker am Original. Die Rolle der Frauen im frühen text (Zweites Testament) verglichen werden. Christentum findet in der Übersetzung mehr Beach- In den revidierten Bibelausgaben werden an vie- tung. len Stellen antijüdische Formulierungen korri- giert. Dies betrifft in erster Linie Übertitel, die «Brüder und Schwestern», mit diesen Worten spricht nicht zum Originaltext gehören. Sie dienen der der Apostel Paulus in seinen Briefen in der revidierten Leserführung. Wo bisher im Römerbrief (Kapi- Ausgabe der Lutherbibel seine Gemeinden an. Bisher tel 11, 1) stand: «Nicht ganz Israel ist verstockt», hieß es da einfach nur: «Liebe Brüder». Die zentrale heißt es nun in der Lutherbibel: «Gott hat sein Rolle von Frauen in den frühen christlichen Gemein- Volk nicht verstoßen». den wird damit ins rechte Licht gerückt. Dem Volk aufs Maul sehen Paulus preist nun eine Frau Die Lutherbibel geht auf die Original-Überset- Noch ein erstaunliches Beispiel gar einer Korrektur zung des Reformators Martin Luther aus dem findet sich im Römerbrief (Kapitel 16, Vers 7) im Zwei- 16. Jahrhundert zurück. Luther übersetzte das ten Testament. In der ursprünglichen Einheitsüber- Neue Testament in elf Wochen, für das Alte Tes- setzung heißt es: «Grüßt Andronikus und Junias, die tament benötigte er dann allerdings zwölf Jahre. zu meinem Volk gehören und mit mir zusammen im Gutes, genaues Deutsch, das war seine Maxime. Gefängnis waren.» Neu ist an dieser Stelle von Junia Luther wollte «dem Volk aufs Maul sehen». Sei- die Rede. Aus Junias ist Junia geworden. Den Männer- ne Übersetzung wurde später allerdings ergänzt namen Junias gab es in der Antike gar nicht. Paulus oder an den Sprachgebrauch in den verschiede- preist Junia zudem als herausragende Apostelin. nen Regionen des deutschsprachigen Raumes angepasst. Gott bleibt der «Herr» 70 Fachleute haben den Text nun für die revi- Der Text kehrt damit zum Original zurück und rehabi- dierte Übersetzung zum Reformations-Jubilä- litiert Junia. Frauen haben im frühen Christentum bei umsjahr 2017 durchgesehen. Die Lutherbibel der Verkündigung des Evangeliums und der Leitung 2017 orientiert sich wieder stärker am Original. von Gemeinden eine wichtige Rolle gespielt. Diese Viele Ausdrücke Luthers haben sich als treffen- Erkenntnis findet wieder Eingang in die Bibel. Hin- der erwiesen als spätere Korrekturen. gegen wird der Gottesname im Alten Testament nach wie vor mit «Herr» wiedergegeben. Das zementiert Nachschlagen und vergleichen weiterhin ein männliches Gottesbild. Gehören die bisherigen Bibelausgaben nun aufs Altpapier? Mitnichten. Es lohnt sich, eine re- Warum braucht es neue Bibelübersetzungen? vidierte Bibelübersetzung anzuschaffen. Und Die Sprache ändert sich, zeitbedingte Redewendun- dann: nachschlagen und vergleichen. Die revi- gen werden angepasst und neue Erkenntnisse der Bi- dierten Übersetzungen sind mehr als alter Wein belforschung werden eingearbeitet. Die Übersetzun- in neuen Schläuchen. Marc Blessing LUTHER GENF Juni – August 2017
12 Einladung bound to be free 1517 - 2017: 500 Jahre Reformation Einladung zum Reformationsgedenken 1967 - 2017: Bund Evangelisch-Lutherischer Kirchen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein 50 Jahre BELK Federation of Lutheran Churches in Switzerland and the Principality of Liechtenstein Fédération d’Eglises Luthériennes en Suisse et dans la Principauté de Liechtenstein Friedensgasse 57 CH - 4056 Basel im Glauben verbunden – durch Glauben befreit Telefon: +41 61 511 09 62 Mail: sekretariat@luther-schweiz.org bound Der Bund Evangelisch-Lutherischer Kirchen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein (BELK) möch- te des Beginns der Reformation vor 500 Jahren und seiner eigenen Gründung vor 50 Jahren am Sonntag, den 10. September 2017, in Genf gedenken. Dazu möchten wir Sie sehr herzlich einladen und würden uns Einla freuen, Sie unter unseren Gästen begrüssen zu können. Refor Bund Evangelisch-Lutherischer Kirchen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein Federation of Lutheran Churches in Switzerland and the Principality of Liechtenstein Fédération d’Eglises Luthériennes Präsident des BELK en Suisse et dans la Principauté de Liechtenstein Friedensgasse 57 CH - 4056 Basel im Gla Telefon: +41 61 511 09 62 Mail: sekretariat@luther-schweiz.org Wir bitten Sie, Ihre Teilnahme bis zum 31. August 2017 unter sekretariat@luther-schweiz.org zu bestätigen. Geben Sie bitte auch an, an welcher Nachmittagsaktivität Sie teilnehmen möchten. PROGRAMM 11.00 Mehrsprachiger Festgottesdienst mit Abendmahl Predigt: Pfarrer Dr. Martin Junge, Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes Beteiligte: Mitgliedskirchen des BELK Dänische, Finnische, Madagassische, Norwegische, Schwedische Lutherische Kirchen in der Schweiz sowie mit dem BELK verbundene Schwesterkirchen Deutsch-Schweizer Reformierte Gemeinde des Kantons Genf Ort: Temple de la Madeleine, Rue de Toutes-Ames, 1204 Genève 13.00 Mittagessen Ort: Bateau de Genève Quai Gustave-Ador 1 14.30 Nachmittagsprogramm Wahlweise - Erinnerung an 50 Jahre BELK und 50 Jahre Martin-Luther-Bund in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein (auf dem Bateau de Genève) Stadtführung Reformations-Rallye für Jugendliche Spiele für Kinder und Familien im Jardin Anglais LUTHER GENF Juni – August 2017
Sommerprogramm 13 Einen Sommerkino-Abend gibt es beim Filmclub am Dienstag, 11. Juli, um 20.00 Uhr: Die Flüchtlingswelle hält Deutschland in Atem. Auch Familie Hartmann um Angeli- ka und ihren Ehemann möchten in dieser Zeit etwas Gutes tun. Angelika möchte den Flüchtling Diallo in ihrem Haus aufnehmen und ihm den Weg in seine neue Heimat erleichtern. Bei der Ankunft des neu- en Gasts kommt es zu allerhand Missverständnis- sen, Turbulenzen, Problemen und Wirrungen, ganz so wie sich Angelikas Mann das bereits im Vorfeld gedacht hatte. Im ganzen Trubel muss die Familie nun darum kämpfen, ihre eigene Stabilität und Zu- versicht abzusichern sowie den Hausfrieden nicht schief hängen zu lassen. Eine Sommerkomödie mit Tiefgang und Humor. Zu Boule et Pool lädt Familie Härer herzlich ein am Donnerstag, 13. Juli, ab 16.30 Uhr. Wer eine Mitfahrgelegenheit anbieten kann, soll dies bitte im Ge- meindebüro mitteilen. Bitte bringen Sie etwas zum Teilen (Salat, Kuchen, Brot, Wein, etc.) mit. Auch wird ein Grill zur Verfügung stehen, auf dem man sein selbst mitgebrachtes Grillgut rösten kann. Anmeldungen erbeten im Gemein- debüro unter Tel.: 0223104187. Zum Sommerprogramm gehört auch ein Grillabend mit Kurzfilm, den Mat- thias Burghardt anbietet: am Mittwoch, 9. August, 18.30 Uhr, Vorgarten der Kirche. LUTHER GENF Juni – August 2017
14 Berichte Elend im Südsudan Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Genf unterstützt Flücht- lingskinder im Südsudan mit der Weihnachtskollekte 2016 Seit Mitte 2010 wird in den Nuba-Bergen, Su- Im November 2016 befanden sich im Pamir Flücht- dan, gekämpft, einer Region zwischen dem Su- lingslager 1,445 Menschen, davon 880 Kinder (480 dan und dem seit 2011 unabhängigem Südsu- Jungen, 400 Mädchen). In den kinderfreundlichen dan. Beinahe alle internationalen Hilfswerke Einrichtungen (CFS) werden täglich 150 Kinder zwi- haben die Nuba-Berge mit Ausbruch des Krie- schen drei und sechs Jahren betreut. Die meisten der ges 2013 aufgrund der schwierigen Sicherheits- Kinder sind aus den Nuba-Bergen im Sudan geflohen, lage verlassen. Verstärkte Anstrengungen in der wo das Yida Flüchtlingslager geschlossen werden Flüchtslingshilfe sind erforderlich. musste. Unter der Leitung von ausgebildeten Helfern sorgt der LWB dafür, dass die Kinder einen sicheren Das Pamir Flüchtlingslager wurde offiziell am Platz zum Spielen haben, miteinander leben, kommu- 1. September 2016 im Ruweng Staat, Südsu- nizieren. Nach Ankunft der Kinder im Lager werden dan, eröffnet. Der Lutherische Weltbund (LWB) diese mit Kleidern, Sandalen, Büchern, Seife, Damen- sorgt dafür, dass die Kinder Unterstützung er- binden versorgt. Der Lutherische Weltbund hat auch halten, kümmert sich um Ausbildung und Schutz dafür gesorgt, dass Spielzeuge in den für die Kinder im Lager. Gegenwärtig konnten eine Grundschu- zur Verfügung gestellten Einrichtungen benutzt wer- le, eine Sekundarschule und drei kinderfreund- den können wie Fussbälle, Seile, Hulahops etc. liche Einrichtungen (CFS) in Betrieb genommen werden. Mit Beratungsstellen für Kinder, Kin- Es werden gruppentherapeutische Gespräche ge- derschutzzentren und ein beschleunigtes Bil- führt, so dass die traumatisierten Kinder die Möglich- dungsprogramm für Heranwachsende, deren keit erhalten, sich anzufreunden und sich über ihre Schulbesuch aufgrund von Konflikten und Krieg Erlebnisse auszutauschen. unterbrochen wurde, wird versucht, Versäumtes nachzuholen. Unsere Gemeinde konnte mit der Weihnachtskollek- te von 2016 800 Kindern mit Plastiksandalen und Va- seline zum Pflegen der Fusssohlen helfen, die auf dem lokalen Markt gekauft werden. „Der kleine Tropfen Hoffnung, der den Stein der Gewalt in dem so gebeutelten Land aus- höhlen kann“, so Pfarrer Marc Bles- sing. Die Kinder kommen mit zer- rissenen Kleidern an, mit nackten Füssen. An Ort und Stelle sorgt das geschulte Personal dafür, dass die am schwersten Betroffenen Priori- tät erhalten. Christa Rothenbühler Rau Projektkreis LUTHER GENF Juni – August 2017
Berichte 15 Bericht vom lutherischen Pfarrkonvent 2017 Die Jahrestagung des lutherischen Pfarrkonventes fand im Januar im Wallis statt. Wegen Krankheit und aus anderen Gründen konnten leider nicht alle Pfarrpersonen daran teilnehmen. Im Mittelpunkt der Beratungen stand der Reformati- onsgedenkgottesdienst, der für den 10. September 2017 geplant ist. In diesem wird der Generalsekre- tär des Lutherischen Weltbundes, Martin Junge, die Predigt halten. Es ist vorgesehen, dass an ihm nicht nur die deutsch-, sondern auch die anderssprachi- gen lutherischen Gemeinden in der Schweiz teil- nehmen werden. Das Thema, das den Gottesdienst prägen wird, lautet „Bound to be free“ - „Im Glau- ben verbunden - durch Glauben befreit“. Die Ge- meinden sind eingeladen, ein ca. vier Meter lan- ges und schmales Stoffband mit einem Bibelwort zu beschriften und kreativ zu gestalten. Das jewei- lige Bibelwort wird noch vom Vorbereitungsteam Botschafter aus Deutschland und den skandina- des Gottesdienstes ausgesucht und den Gemeinden vischen Ländern. Im Anschluss an den Gottes- in den nächsten Wochen mitgeteilt. Während des Got- dienst wird es ein schlichtes Mittagessen geben tesdienstes werden die Bänder dann voraussichtlich und eine Feierstunde, in der u.a. an 50 Jahre BELK miteinander verflochten. Musikalisch wird der Got- (Bund Evangelisch-Lutherischer Kirchen in der tesdienst vom Vokalensemble der Basler Gemeinde Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein) erin- mitgestaltet. Er wird in Genf in der Kirche St. Madeleine nert werden soll. stattfinden. Die Kirche wird von der deutschschweize- Neben diesem großen Thema wurde im Pfarrkon- rischen reformierten Gemeinde genutzt, die ebenfalls vent auch über die Bundesversammlung in Genf am Gottes- am 25. März, über die geplante Visitation in Bern dienst be- im nächsten Jahr sowie über Termine und Themen teiligt sein der Pfarrkonvente in diesem Jahr gesprochen. wird. Ein- Das diesjährige kleine Kulturprogramm bestand geladen in einem Besuch des Chateau d‘Aigle, das einen sind zu die- interessanten Einblick in die schweizerische Ge- sem beson- schichte sowie in den regionalen Weinanbau bot. deren Tag Das beigefügte Foto zeigt das Chateau d‘Aigle. u.a. auch Das andere Foto zeigt Teilnehmende des Pfarr- die Mit- konvents: Falko und Nina von Saldern (Bern), gliedskir- Marc Blessing (Genf), Lena Risnes (norwegische chen der Pfarrerin für die gesamte Schweiz) und Jörg Win- Arbeitsge- kelströter (Basel). meinschaft Seinen Abschluss fand der Konvent schließ- christlicher lich mit einem gemeinsamen Mittagessen beim Kirchen in schwedischen Pfarrer Marcus Heutmann (Genf, der Schweiz Lausanne, Bern). und die Jörg Winkelströter. LUTHER GENF Juni – August 2017
16 Berichte Weltgebetstag am 3. März 2017 Der diesjährige Weltgebetstag wurde von einer Frauengruppe der Phil- ippinen ausgerichtet. Mit dem Thema „Was ist denn fair?“ wurde dieser Tag auch von den drei deutschsprachigen Gemeinden Genfs, St. Boni- face, Madeleine-Gemeinde und lutherische Gemeinde vorbereitet Am frühen Abend fand der Gottesdienst im von den Anwesenden mit Hilfe des Kirchenchores ge- Temple de la Madeleine statt. Der Altarraum probt und gesungen. wurde mit Symbolen des philippinischen Lebens ausgeschmückt und die weltweit eingeübten „Frauen fordern Gerechtigkeit“ hieß es immer wieder, Gesänge in verschiedenen Sprachen auch hier als die verschiedenen Schicksale der philippinischen Frauen erzählt wurden: al- leinerziehende Mütter, Miss- brauch und sehr harte Arbeit um die Familie zu ernähren. Und doch sangen wir dazwi- schen „Silayan“ „ Blick auf das Leben – Gott bleibe bei uns bis ans Ende der Welt“. Die Kollekte wurde symbo- lisch mit einem Tütchen Reis vergolten, am Ende des Got- tesdienstes gingen wir in den Gemeinderaum der lutheri- schen Kirche um dort gemein- sam zu essen. Sechs Frauen aus den drei Gemeinden hat- ten schon morgens begonnen, die Köstlichkeiten nach Re- zepten philippinischer Frauen für 6o Personen zuzubereiten. Die Verbundenheit mit allen Menschen der Welt, die die- sen Tag gleicherweise begin- gen, war deutlich zu spüren. Christel Grosse Titelbild zum Weltgebetstag 2017, „A Glimpse of the Philippine Situation“, Rowena Apol Laxamana Sta Rosa, © Weltgebetstag der Frauen – Deutsches Komitee e.V. LUTHER GENF Juni – August 2017
Berichte 17 Schatzsuche nach Heiligen Ob- jekten in fünf Kontinenten Treffpunkt Gemeinde beim Ethnographischen Museum Es war ein Erlebnis der besonderen Art: Beim Treffpunkt Gemeinde tauchte eine ansehnliche Gruppe von ca. 20 Personen in die Tiefen des Ethnographischen Mu- seums. Mithilfe einer “Schatzkarte” gingen sie auf die Suche nach Sakralen Ob- jekten aus den verschiedensten Religionen. Dabei fand die Gruppe einen Altar mit Opfergaben aus dem Buddhismus. Eine Darstellung der Heiligen Familie aus dem Wallis. Musikinstrumente aus Indien, die zu bestimmten Heiligen Festen ge- spielt werden. Ein Gefäß mit Kalligraphien aus dem Islam. Aber auch Objekte aus dem ozeanischen oder dem asiatischen Raum. Deutlich wurde, dass in allen Län- dern und Kulturen dieser Erde die religiöse Dimension des Lebens vorkommt, auch wenn diese sehr unterschiedlich benannt und verehrt wird. Im Anschluss an den Besuch gab es noch leckeren Kuchen und Kaffee in einem Café um die Ecke. Dank allen, die mit gemacht haben. Das Museum ist in jedem Fall auch so einen Besuch wert. Der Eintritt ist übrigens frei. Marc Blessing LUTHER GENF Juni – August 2017
18 Berichte Reformation an Rhein und Rhone: die humanistische Wurzel Vortrag von Prof. Martin Wallraff, Basel, zum 500. Reformationsgedenken Die Kirche war gut gefüllt, als zum Auftakt des 500. Reformationsgedenkens Prof. Martin Wallraff aus Basel die humanistischen Wurzeln der Reformation erläuterte. Nach einer Begrüßung durch Pfarrer Marc Blessing als Vertreter der Lutherischen Kirche Genf und Frank Ziegler, Präsident des Deutschen Internationalen Clubs Genf, ergriff Professor Martin Wallraff das Wort. In seinem Vortrag machte er deutlich, dass die Reformatoren Martin Luther und Johannes Calvin ohne die eigenstän- dige Arbeit der Humanisten wie Erasmus von Rotterdam oder Philipp Melanchthon ihr Reformati- onswerk nur schwerlich in die Tat hätten umsetzen können. Luther bediente sich des griechischen Neuen Testaments von Erasmus von Rotterdam für die Übersetzung „seines“ Neuen Testaments. Und ohne die enormen Bildungsanstrengungen des Humanisten und Reformators Philipp Melanchthon wäre die Reformation möglicherweise nur eine universitäre Strömung geblieben. Erst dank seines Bildungseifers erreichten die reformatorischen Ideen Luthers alle Bevölkerungsschichten. Ähnlich suchte auch Johannes Calvin in Genf durch die Einrichtung einer Akademie die reformatorischen Ide- en breiteren Bildungsschichten zugänglich zu machen. Der Abend klang aus mit einem schönen Apé- ro und dem Gedanken, dass solche Abende häufiger stattfinden könnten. 45. Bundesversammlung am SAMSTAG, 25. MÄRZ „Mit Leidenschaft für die Kirche und für die Welt - With passion for the world and for the church“ so lautete das Thema des Gastreferenten bei der 45. BELK- Bundesversammlung, zu der der BELK-Präsident, Pfr. Jörg Winkelströter aus Basel, nach Genf eingeladen hatte. Kirchenbundes und seiner immensen Arbeit aufzeig- Der Tag begann in einer lockeren Atmosphäre bei ten: woraus besteht dieser Bund, was sind seine Auf- Kaffee und Gipfeli im Gewölbekeller unserer Kir- gaben, wie hat sich seine Arbeit, hauptsächlich auf dem che. Der Gastreferent - Pfr. Dr.h.c. Martin JUNGE, Gebiet der Flüchtlings- und Entwicklungshilfe, im Lau- Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, fe der Jahrzehnte verändert, was sind seine heutigen Genf - gesellte sich zu den Anwesenden und traf Schwerpunkte, welche Perspektiven bestehen im Blick dort auf etliche ihm bekannte Gesichter. auf die Beziehungen zur römisch-katholischen Kirche? Einen grossen Platz nehmen die Vorbereitungen zum Nach einer kurzen Begrüssung durch den BELK- weltweit gefeierten 500-jährigen Reformationsjubilä- Präsidenten hielt Dr. Junge, ein gebürtiger Chi- um sowie zur Vollversammlung des LWB in Namibia im lene, einen äusserst spannenden Vortrag in aus- Mai diesen Jahres ein. gezeichnetem Deutsch über die Entstehung und Die Anwesenden - Vertreter und Delegierte der einzel- Entwicklung des in Genf ansässigen Lutherischen nen BELK-Gemeinden sowie Mitglieder der deutsch- Weltbundes. Untermauert wurde sein interessan- sprachigen und englisch-sprachigen Gemeinde wie ter Vortrag durch Folien / Dias (in Englisch unter- auch der Madagassischen Gemeinde - nahmen regen titelt), die die Bedeutung dieses internationalen Anteil an Dr. Junges Vortrag. LUTHER GENF Juni – August 2017
Berichte 19 heute seine letzte Teilnahme als MLB-Vertre- ter. Der BELK-Präsident verabschiedete Tors- ten Lüddecke mit warmen Worten und einem kleinen Geschenk. Ein herausragendes Ereignis war die Aufnah- me der Finnischen Kirche in der Schweiz (SKS) als Gastmitglied in den BELK. Als solches ver- fügt die SKS zwar über kein Stimmrecht im BELK, leistet jedoch jährlich einen symboli- schen finanziellen Beitrag. Unter viel Applaus wurde die Aufnahme-Urkunde unterzeichnet Für die Nicht-Deutsch-Sprachigen übersetzte Tors- und ausgehändigt. ten Lüddecke (Martin-Luther-Bund) ins Englische. Aus Die übrigen Tagesordnungs-Punkte (TOP) - die Zeitmangel mussten die aufkommenden Wortmeldun- Finanzen (grosser Applaus für Frau Waltraut Kno- gen gekürzt werden. bloch, Schatzmeisterin); die Wahl eines Revi- Pfr. Winkelströter bedankte sich bei Dr. Junge mit ei- sors; die Visitation der Luth. Kirche Bern in 2018; nem Geschenk. Dr. Junge seinerseits dankte den auf- die Reformations-Feierlichkeiten in Genf am merksamen Zuhörern für das Interesse und den gros- 10.09.2017 - wurden eingehend diskutiert und sen Applaus; auch er hatte für alle Anwesenden ein angenommen; der Ort und Tag der nächsten BV Geschenk mitgebracht, das Pfr. Winkelströter austeilte: festgelegt: ein kleines, aus Schusspatronen angefertigtes Kreuz Samstag, 17. März 2018, in VADUZ. als Symbol für Frieden. Der letzte Punkt – Verschiedenes – wurde aus Bevor wir zum zweiten – geschäftlichen – Teil der Bun- Zeitmangel knapp gehalten. Schriftliche Berichte desversammlung (BV) übergingen, war die Mittags- hierzu wurden vom BELK-Präsidenten per E-Mail pause im Gemeinderaum sehr willkommen. Liebevoll nachgereicht. waren die Tische gedeckt und serviert wurde eine aus- gezeichnete, reichhaltige Gemüsesuppe, von drei Da- Die Sitzung wurde um 15h30 beendet. Es folg- men aus der deutsch-sprachigen Gemeinde zubereitet, te ein sehr eindrucksvoller Abendmahls-Gottes- denen Dank und Anerkennung ausgesprochen wurde. dienst unter der Mitwirkung des Posaunenchors. Die Predigt über das Evangelium der Mariä Ver- Bereits beim Kaffee ging Pfr. Winkelströter zügig kündigung (Lk 1,31) hielt Pfr. Winkelströter. Nach zur Tagesordnung über, die 11 Punkte umfasste. Er dem Segen und guten Wünschen für eine behü- begrüsste nochmals alle Anwesenden aus den BELK- tete Heimkehr aller Anwesenden endete dieser Gemeinden Basel, Bern, Genf und Zürich; Vaduz war BELK-Tag um 16h30. entschuldigt. Die vorliegende Tagesordnung sowie das Protokoll der letzten BV wurden einstimmig ange- Grosser Dank gebührt den vielen fleissigen Hän- nommen, ebenso wie der Jahresbericht des BELK-Vor- den, die vor und auch hinter der Kulisse kräftig stands. Ein Wechsel ergab sich im Pfarrkonvent bei der zum Erfolg dieser 45. Bundesversammlung bei- Besetzung des Amtes des Leitenden Geistlichen, das getragen haben. bisher Pfr. Falko von Saldern, Bern, bekleidete - Pfr. Marc Blessing wurde einstimmig in dieses Amt gewählt Im Namen der Genfer deutsch-sprachigen Ge- (mit Wirkung vom 24.03.2017). meinde: Torsten Lüddecke vom Martin-Luther-Bund (MLB) ver- Heidi Krause las seinen letzten Jahresbericht als MLB-Präsident. Er scheidet aus dem MLB-Vorstand aus und somit ist dies LUTHER GENF Juni – August 2017
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