Jahresrückblick 2020 - Gemeinschaft in Kehna

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Jahresrückblick 2020 - Gemeinschaft in Kehna
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  Jahresrückblick 2020
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Jahresrückblick 2020 - Gemeinschaft in Kehna
Die Gemeinschaft in Kehna

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Jahresrückblick 2020 - Gemeinschaft in Kehna
Inhalt

                                                                                                                          3

Inhaltsverzeichnis

Einerseits-Andererseits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               4
Corona – zwischen Mainstream und Gemeinschaftsmodell . . . . . . . . . . . . . .                                              5
Jahresrückblick Freundeskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             8
Neues aus Wenkbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .           11
Licht und Schatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       12
Neue Menschen in Kehna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .         13
MOSAIK Atelier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       18
Aus den Malgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          21
Rhythmus und Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .          28
Ein besonderes Gartenjahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .        29
Latte-Art-Tulpe gießen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .       33
Die Schreiner*innen berichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .          35
Webereirückblick 2020 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .        38
Die Vielfalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   40
In Seelbach auf dem Ziegenhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .          40
Melikes Lieblingsrezept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .      41
Weihnachten in Kehna – die zweite Chance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..                         42
Das Leben in Kehna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .           45
Pfingst-Frühstück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        45
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    46
Designer-Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     47
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Die Gemeinschaft in Kehna                                        Editorial

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Einerseits-Andererseits
Ein Jahr voller Widersprüche

Einerseits: sollten wir an dieser Stelle „Corona, Corona, Corona“ schreiben.
Andererseits: Gibt es davon nicht schon zum Abwinken viel?

Einerseits: war dies ein Jahr der Einschränkungen.
Andererseits: Geht es uns, wenn wir über den nationalen Tellerrand schauen,
richtig gut.

Einerseits war dieses Jahr ein Jahr der Vereinzelung.
Andererseits hat sich unser Gemeinschaftsmodell als sehr tragfähig erwiesen.

Einerseits hatten wir befürchtet, dass die Umsetzung des Bundesteilhabegeset-
zes und die damit verbundene Umstellung der Finanzierungsstruktur zu gro-
ßen Schwierigkeiten führen würde.
Andererseits verlief der Prozess mit erstaunlich wenigen Komplikationen.

Einerseits sind Investitionen in die Zukunft gerade fragwürdig.
Andererseits haben wir einen weiteren Hof in Wenkbach erworben, um die Ba-
sis für ein lebensfähiges Wohn- und Kulturprojekt zu erweitern.

Einerseits leidet die deutsche Gesellschaft unter einem großen Fachkräfteman-
gel, insbesondere was Pflege und Betreuung betrifft.
Andererseits freuen wir uns über eine nahezu volle Besetzung unserer Stellen
und konnten wieder viele engagierte Freiwillige und Auszubildende finden.

Einerseits sollte ein Jahresrückblick am Ende des Jahres erscheinen.
Andererseits: Der Beginn des Folgejahres ist doch auch ein guter Termin, oder?

Einerseits danken wir allen für ihre großartige Unterstützung in einer heraus-
fordernden Zeit.
Andererseits wünschen wir Ihnen und Ihrer Familie alles Gute im neuen Jahr –
und vor allem: Bleiben Sie gesund!
                                                               Michael Gehrke
Jahresrückblick 2020 - Gemeinschaft in Kehna
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Corona – zwischen Mainstream                 Einige freiwillige externe Mitarbeiter*-
und Gemeinschaftsmodell                      innen zogen zu uns nach Kehna, einige
                                             Bewohner*innen zogen es vor, in der
Soviel ist schon geschrieben und             kommenden Zeit bei ihren Angehö-
gesagt worden und das Thema ist              rigen zu wohnen. Wir gestalteten das
dazu geeignet, zu spalten und alte           Leben für etwa fünf Wochen wie ein
Freundschaften in Frage zu stellen.          Feriencamp, ohne dass wir nach au-
Wir möchten hier über unsere guten           ßen gingen oder externe Mitarbeitende
Erfahrungen berichten:                       „hereinkamen“. Die Köchinnen über-
Noch Anfang März glaubten wir,               nahmen die Einkäufe für alle und koch-
es mit nichts anderem als einer Art          ten für uns, natürlich ohne Begegnung.
Grippeepidemie zu tun zu haben und           Die erste Maßnahme, die gut ankam,
dachten, sie wird uns auf jeden Fall         war, dass alle eine Stunde länger schla-
treffen und wir werden das so wie im-        fen konnten. Weiterhin richteten wir
mer überstehen. Eine Quarantäne in-          ein Morgentreffen ein, an dem jeder
nerhalb der Gemeinschaft schien also         und jede teilnehmen konnte. Hier
unnötig zu sein.                             wurde der Tag besprochen und unsere
Auf diesem Hintergrund entstand die          „Corona-Strategie“ von Tag zu Tag wei-
Idee, dass wir uns als gesamte Ge-           terentwickelt. Hierzu ist zu sagen, dass
meinschaft als ein Haushalt definieren       wir mit den Entscheidungen auf uns
und daher für uns alle gemeinsam die         selbst gestellt waren. Ein erster Kontakt
Regeln, die staatlicherseits vorgegeben      zum Gesundheitsamt kam erst Wochen
wurden, eben wie für einen Haushalt          später zustande und die eingereichten
gelten. Eine Kontaktbeschränkung in-         Konzepte wurden nicht geprüft oder
nerhalb der hier vor Ort lebenden Ge-        kommentiert.
meinschaftsmitglieder kam daher also         Innerhalb eines Tages wurden Be-
nicht in Frage.                              schäftigungsmöglichkeiten geschaf-
Diese Position, die zunächst aus einer       fen, denn der normale Werkstatt-
Bagatellisierung der Pandemie ent-           betrieb konnte ja nicht stattfinden.
stand, erwies sich im weiteren Verlauf als   Webstühle und Werkbänke wurden
Glücksgriff und tragfähig auch in ern-       hierhin und dorthin getragen. Viele
sterer Lage. Die Lösung im März, als der     Angebote wurden gemacht, kreative
Lockdown verhängt wurde, war nicht           Aktionen, wie Landart, Holzarbeiten,
die Vereinzelung innerhalb des Ortes,        Spaziergänge, Fahrradworkshop und
sondern eine Abschottung nach außen.         vieles mehr.
Jahresrückblick 2020 - Gemeinschaft in Kehna
Die Gemeinschaft in Kehna                                           Lebenskunst

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Als Stimmungsbild sei hier ein Beitrag         Die allmähliche Aufhebung des Lock-
aus unserem Kehna-Blog, den wir zu             downs war komplizierter als die Um-
Beginn der Zeit eröffnet hatten, abge-         setzung zu Beginn, die mehr oder we-
druckt:                                        niger an einem Tag stattgefunden hatte.
Eine Zwischenbilanz (von Katja Lanz)           Viele Einzelfragen wurden geklärt. Die
Heute neigt sich die vierte Woche der          Maskenfrage warf viele Fragen auf.
freiwilligen Isolation dem Ende. Eine          Wir wollten und wollen unser ge-
gute Zeit, die wir bisher miteinander          meinschaftliches Modell, ohne Di-
verbracht haben. Vielleicht merkt man          stanzierungen innerhalb der hier
es am ehesten daran, wie schnell die Zeit      Wohnenden zu leben, nicht aufgeben
vergeht ohne dass es eine Mühe bereitet.       und weiterhin als ein Haushalt gelten.
Ich würde sagen, wir befinden uns im           Dies macht es notwendig, besonders
„Flow“, haben mittlerweile eine ganz           akribisch auf den Schutz vor Anstek-
gut funktionierende Tagesstruktur auf-         kung von außen zu achten. Neben der
gebau, mit der wir alle zufrieden sind.        Maskenpflicht im täglichen Werkstatt-
In den Medien häufen sich die Berichte,        betrieb wurden weitere Maßnahmen
wie sehr immer mehr Menschen durch             ergriffen. CO2-Wächter wurden zu
die Corona-Krise in Angst, Stress, Ein-        Kontrolle der Raumluft angeschafft,
samkeit, etc. geraten.                         in den Gemeinschaftsräumen wur-
Davon ist hier wenig zu spüren. Unse-          den Luftfilter aufgestellt und schließ-
re Gemeinschaft ist sehr tragfähig, das        lich waren kurz vor Weihnachten
beweist sie gerade in dieser Zeit sehr         dann auch die Schnelltests da, sodass
deutlich. Die letzten Tage ist mir immer       Besucher*innen, Rückkehrer*innen
wieder das Gedicht „Osterspaziergang“          oder auch Bewohner*innen mit Kran-
von Johann Wolfgang von Goethe in              keitssymptomen etc. von unserem
den Sinn gekommen. Die letzte Passage          Test-Team Sebastian Nowak und Do-
ist ein schönes Sinnbild für unser Leben       rothee Born getestet werden können.
in Kehna. Es lautet:                           Die externen Werkstattbeschäftigten
    Ich höre schon des Dorfs Getümmel,         arbeiten seit Juni wieder mit, werden
    hier ist des Volkes wahrer Himmel,         aber in drei Arbeitsgruppen getrennt
    zufrieden jauchzet Groß und Klein,         von den Bewohnern betreut. Das ist
    hier bin ich Mensch, hier darf ich sein.   nach wie vor der bittere Preis, den wir
Ein Wehrmutstropfen war das Werk-              bezahlen müssen, und die betroffenen
statt-Betretungsverbot für die externen        sehnen den Tag herbei, wo wieder al-
Werkstattbeschäftigten.                        les „normal“ wird.
Jahresrückblick 2020 - Gemeinschaft in Kehna
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Unser Modell hat bis heute standge-   dass dies bis zum Ende der Pandemie,
halten, ungezwungene Treffen wie      das aufgrund der anlaufenden Imp-
die Silvesterparty waren auf diesem   fungen in diesem Jahr zu erwarten ist,
Hintergrund möglich und wir hoffen,   auch so bleibt.
                                                            Michael Gehrke
Jahresrückblick 2020 - Gemeinschaft in Kehna
Die Gemeinschaft in Kehna                          Abschied und Dank

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Jahresrückblick Freundeskreis          22 Jahren engagierten Einsatzes leider
                                       ihr Amt abgegeben. Sie war bereits bei
Durch den Lockdown war die Zu-         der Gründung am 31.08.1995 dabei!!!
sammenarbeit des Vorstandes und        Eigentlich ein Datum und Anlass, die
der Mitglieder des Freundeskreises     25-jährige Vereinstätigkeit zu feiern.
auf einem bisher nie da gewesenen      Gerne hätten wir zu einem solchen
Tiefpunkt. Da keine Einsätze für Fe-   Fest eingeladen. Aber was noch nicht
ste und sonstige Aktivitäten planbar   ist, kann ja noch werden, nur Geduld.
waren, gab es ab März auch keine       Neu gewählt wurden entsprechend
weiteren Treffen.                      einer vorgelegten Satzungsänderung
Wie schön, dass wir noch im Fe-        fünf gemeinsam vertretungsberech-
bruar zu unserem alljährlich           tige Vorstandsmitglieder. Erfreuli-
stattfindenden Winter-Café die         cherweise erklärten sich noch weitere
Bewohner*innen und Mitglieder          sechs Mitglieder bereit, als Beisitzer
einladen und mit allerlei Köstli-      zu fungieren, somit steht uns ein grö-
chem bewirten konnten. Zur allge-      ßerer Kreis unmittelbar mit Ideen und
meinen Unterhaltung wurden klei-       Tatkraft zur Seite.
ne Musikstücke vorgetragen sowie       Wir danken an dieser Stelle allen Mit-
Texte und Gedichte präsentiert, die    gliedern, die dem Freundeskreis wei-
Bewohner*innen und Werkstattmit-       terhin ihre finanzielle Unterstützung
arbeitende zu dem Thema „Körper,       haben zukommen lassen. Somit war
Seele, Geist“ entwickelt hatten.       es möglich, auch in diesem Jahr die
Diese Veranstaltung erfreut sich in-   Spenden und Mitgliedsbeiträge an
zwischen großer Beliebtheit, bietet    die Gemeinschaft in Kehna zu beson-
sie doch die Möglichkeit, neue Men-    deren Verwendungen weiterleiten zu
schen und Interessierte in gemütli-    können. Besondere Ausgaben gab es
cher Runde kennen zu lernen.           in diesem Jahr sicherlich einige.
Dem Winter-Café ging am gleichen       An dieser Stelle auch noch ein gro-
Tag eine Mitgliederversammlung         ßes Dankeschön an alle Mitarbeiten-
voraus, in der ein neuer Vorstand      den der Gemeinschaft in Kehna. Mit
gewählt wurde. Unsere sehr ge-         vorausschauender Umsicht haben sie
schätzte langjährige Vorstandsvor-     Umstrukturierungen im häuslichen
sitzende Christa Heilmann hat nach     wie im arbeitstechnischen Bereich or-
Jahresrückblick 2020 - Gemeinschaft in Kehna
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ganisiert, alle Beteiligten informiert   Freuen wir uns auf das neue Jahr, auf
und damit Akzeptanz geschaffen für       wieder mögliche Treffen und eine
Einschränkungen, die durch die Co-       gute Zusammenarbeit mit allen Mit-
rona-Pandemie unumgänglich waren         gliedern und Interessierten.
und es noch immer sind.                  Für den Vorstand des Freundeskreises
                                                 Birgit Braun und Lucia Korzen

                                     Unser aller Dank gilt Christa Heilmann (links)
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Die Gemeinschaft in Kehna                       Abschied und Anfang

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Aktenübergabe
22 Jahre hat Christa Heilmann den        Liebe Christa, wir möchten dir an die-
Freundeskreis der Gemeinschaft in        ser Stelle noch einmal herzlich dan-
Kehna als Vorsitzende geleitet. Im       ken für die langjährige stetige und
Februar dieses Jahres kam der unaus-     treue Erfüllung dieser wichtigen Auf-
weichliche Zeitpunkt, an dem Sie die     gabe, die du stets mit Weitsicht, und
Aufgabe in neue Hände, nämlich in        großem Geschick, stets freilassend
die von Birgit Braun übergab, die sich   und, nicht zu vergessen, mit Humor
vorwiegend als Koordinatorin des neu     geleistet hast.
gewählten Vorstands verstanden wis-
sen möchte. Wir wünschen Birgit und      Die Gemeinschaft in Kehna dankt dir
ihrem Vorstandsteam alles Gute für       herzlich!
ihre Aufgabe.                                                 Michael Gehrke
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Neues aus Wenkbach                        schränkungen konnten keine Treffen
                                          stattfinden, so muss der Beginn noch
Im vergangenen Jahr berichteten wir       etwas warten.
über den Erwerb einer Hofreite und        Es gibt aber dennoch Neuigkeiten:
eines Wiesengrundstücks im Ortsteil       Eine weitere Hofreite mit einem gro-
Wenkbach. Im Rahmen eines Betei-          ßen Obstgarten, direkt angrenzend
ligungsprozesses, an dem neben den        an das bisherige Grundstück, konn-
Verantwortlichen der Gemeinschaft         te erworben werden. Dies schafft die
in Kehna sowohl Ortsansässige als         Möglichkeit einer breiteren Entwick-
auch Bewohner*innen der Gemein-           lung und die Gelegenheit für mehr
schaft mit Assistenzbedarf teilneh-       Menschen, in der „neuen Dorfmit-
men würden, sollte in diesem Jahr         te“ in Wenkbach einen Lebensort zu
ein erstes Konzept für ein integratives   finden. Der Bedarf und das Interesse
Wohn- und Kulturprojekt entwickelt        sind groß.
werden. Aufgrund der Corona-Be-                                 Michael Gehrke
Neuer Hof in Wenkbach
Die Gemeinschaft in Kehna

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Licht und Schatten
„Licht und Schatten", das von 'Wort-   haben; Zeit zum Spazieren, zum
finder' ausgeschriebene Motto des      Nachdenken, zum Beobachten der
Schreibwettbewerbs erreichte uns       Natur, zum Schreiben.
in der letzten Februarwoche 2020.      So haben manche betreute Mitar-
Schreibinteressierte setzten sich      beitende ihre Ideen aufgeschrieben
zusammen, spontane Gedanken,           und erfolgreich am Wettbewerb
Ideen, Fantasien zum Thema wur-        teilgenommen.
den gesammelt, Wünsche, Träume,                              Lucia Korzen
Erlebnisse, Erfahrungen, Möglich-      Hintergrundbild von Markus Brummert:
keiten, Grenzen angesprochen,          Nachtmond
ausgetauscht.
Doch wenige Tage später wurden
wir alle mit einer unerwarteten Si-
tuation konfrontiert: Die Werkstät-
ten mussten geschlossen werden,
das vertraute tägliche Miteinander
war nicht mehr möglich.
Eine Situation, die „schattige" Ge-
danken aufkommen ließ.
Begleitet von der hellen, angeneh-
men Frühlingssonne entstand aber
auch ein lichtvolles Gefühl.
Ein Gefühl von Ruhe, von Zeit
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Hell und Dunkel Licht und Schatten       Tag und Nacht
In der pechschwarzen Nacht, kommt es     Die Sonne scheint über Land,
ganz anders als gedacht,                 Gibt Licht und Wärme
viele Menschen wurden in dieser          Und die Menschen freuen sich
Nacht, um ihre Freiheit gebracht.        Auf den Sonnenschein.
Dies vollbrachte eine Meute, voll von    Und die Menschen freuen sich
böser Leute.                             Auf das Meer.
Vom Licht verlassen, vom Glück           Und die Menschen freuen sich
vergessen,                               Auf das Schwimmen im Meer.
standen dort die die Menschenherden      Und sie sind glücklich dabei.
und nicht mehr auf Erden,
werden sie den Tag sehen                 Viele Tiere freuen sich
und auch nicht verstehen,                auf das Dunkel-Werden.
warum ihnen das Licht und Glück          Und viele Tiere freuen sich
genommen wurde. Viele glauben,           Im Dunkel wieder zu sehen.
das wird im Traum vergehen,              Und viele Tiere freuen sich
doch aus was wird, das neue Licht        auf ihre Tänze in der Dunkelheit.
und Glück bestehen? Aus kein Arm         Danach legen sie sich in die Wiesen,
und Bein,                                um zu schlafen und zu schlafen.
aus kein Erz und auch kein Marmor-       Ein Igel sucht nach Nahrung
stein. Aber aus Feuer, Erde, Wasser      in der Dunkelheit.
und Wind, sodass ein jeder Mensch        Und er schläft und schläft und schläft
es wiederfind´t.                          Am hellen Tag.
                           Leon Herzig                            Michelle Klier
Die Gemeinschaft in Kehna

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Frida Frank
Hallo liebe Gemeinschaft, ich heiße
Frida und bin 0 Jahre alt. Ich bin 63
cm klein, was sich aber tagtäglich nach
oben hin ändert. Ich habe blaue Augen
und relativ kurzes rotblondes Haar.
Ich bin erst im August bei meinen El-     Annabelle Apel
tern eingezogen und finde es auf dem      Alter: 30 Jahre.
Jongeshof recht gemütlich. Ich habe
                                          Wohnort: Gießen-Wieseck.
noch einen großen Bruder und un-
glaublich viele Mitbewohner*innen,        Funktion: Erzieherin im Anerken-
die ich mir gerade versuche zu mer-       nungsjahr.
ken. Ich schlürfe am aller liebsten       Arbeitsbereich: Weberei.
Muttermilch, Couscous oder Polenta
kriege ich einfach nicht runter. Mei-     Tätig in Kehna seit: August 2020.
ne Hobbies sind schlafen, lachen,         Ich bin: geduldig, zuverlässig, enfühl-
weinen, mir die Welt anschauen, mit       sam, offen für Neues.
Menschen schäkern und alles annul-
lern was ich in die Finger kriegen        Das ist mir wichtig: Familie, Freunde,
kann. Momentan übe ich das greifen        mein Freund und unser rot-weißer
und mache jeden Tag an die 100 sit        Kater Oscar. Vertrauen, Akzeptanz,
up‘s. Für die naheliegende Zukunft in     Achtung vor Mensch und Natur, Viel-
Kehna wünsche ich mir mal ein lecke-      falt (Individualität).
res Brötchen ohne alles und dass ich      Das mache ich gerne: in die Natur ge-
endlich ohne Hilfe an diesem riesigen     hen, Skifahren, Reisen, Backen und
Tisch sitzen kann.                        Häkeln.
Neue Menschen in Kehna

                                                                                15

Lisa Woitschitzky
Tätigkeit seit: Juni 2020 als freiwillige
Mitarbeiterin und seit August 2020 in
fester Anstellung.
Funktion: Betreuerin in der Garten-
gruppe.
Was mache ich dort: die Betreuung           Maja Jetzen
der Mitarbeiter/innen ist natürlich         Funktion/Einsatzstelle: In Jonges 1
mit allen anfallenden Arbeiten im           und in der Hermes Hof Küche.
Garten verbunden. Ein "Gartenjahr"
                                            Tätigkeit seit: Mitte August.
in Stichpunkten zusammengefasst
könnte so aussehen: Beete vermes-           Das ist mir wichtig: Die Welt ein bis-
sen, anlegen und vorbereiten, aussä-        schen besser zu hinterlassen, als ich sie
en, pflanzen, ernten, unkrauten, gie-       vorgefunden habe. Etwas zu bewegen
ßen, Äpfel-und Pflaumenernten, die          und zu bewirken. Dabei brauche ich
Küchen mit knackfrischem Obst und           meine Familie und Freunde, dement-
Gemüse beliefern, Laub rechen, bei          sprechend sind sie mir auch unfassbar
gestalterischen Projekten mitwirken,        wichtig.
Holz spalten, lagern und ausliefern.        Das mache ich gerne: Das Leben ge-
Das ist zumindest ein kleiner Einblick      nießen, dazu gehört Abenteuer erle-
in unsere tägliche Arbeit.                  ben, Kochen, Musik hören, Spazier-
                                            gänge, usw.
Das mag ich gerne: viel draußen sein,
Natur, Lagerfeuer, "Abendteuer", Zeit
mit Familie und Freunden verbringen,
Tiere, im sozialen Bereich arbeiten.
Die Gemeinschaft in Kehna                               Neue Menschen

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                                         Nina Woolley Wagner
                                         Ich wurde am 03.03.1990 in Brasilien
                                         geboren.
Mario Alejandro Orellana Guevara
                                         Meine Muttersprache ist Portugiesisch.
Alter: 27 Jahre alt.
                                         Was mich glücklich macht, ist gutes Es-
Funktion: Freiwilliger in Jonges 1 in-   sen, mit meiner Familie und Freunden
nerhalb der Pflege und Betreuung im      zusammen sein, reisen, Rad fahren, ein
Wohnbereich.                             gutes Buch lesen, Filme ansehen, Mu-
Tätigkeit seit: September 2020.          sik hören, tanzen, fotografieren, in der
                                         Natur spazieren gehen und was Gutes
Hobbies: Lesen, Wandern, Filme           für Menschen und die Welt tun.
schauen, neue Kulturen kennen und
lieben lernen.                           Ich habe mein BFD in der Kehna Rö-
                                         sterei im September 2020 begonnen
Lieblings Jahreszeit: Herbst.            und freue mich schon sehr über die
Was mir an Kehna gut gefällt: Die Men-   Zeit, die ich bisher hier verbracht habe
schen, die Ruhe, die Verbundenheit       und die Menschen, die ich hier ken-
mit der Natur, die Philosophie Kehnas.   nengelernt habe.
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                                         zug in unsere eigentliche Wohnung
                                         verschob sich ein ums andere Mal. Und
                                         dann kam Corona… Wir hatten uns in-
                                         zwischen so gut eingelebt und unseren
                                         Platz innerhalb der Gemeinschaft ge-
                                         funden, so dass wir gar nicht mehr weg
                                         wollten! Unser Anliegen fand allgemei-
                                         ne Zustimmung und nun schätzen wir
                                         uns glücklich, als Teil der Gemeinschaft
                                         in Kehna in einer Wohnung mit wun-
                                         derbarem Ausblick zu leben!
Rebecca Keller
                                         Zoe Emilia Cable
In Kehna als: FSJlerin in Jonges 2 und
bei den Vielfaltern seit September..     Funktion: Gemeinschaftskind, Tele-
                                         fonistin, zuständig für Erheiterung,
Das mache ich gerne: klettern, ko-
                                         Freude verteilen und versüßen des
chen, draußen sein, alles am liebsten
                                         Alltages aller…
mit anderen Menschen
                                         Das mache ich gern: Spazierengehen,
Das mache ich außerhalb von Kehna:
                                         telefonieren, singen, Oma und Opa
Freizeiten organisieren und auf wel-
                                         besuchen, malen in Opas Büro, Ka-
che mitfahren, neue Orte entdecken.
                                         kao trinken in der Rösterei.
Noëmi Marfa Veronique Scholtes           Zoe schreibt: „Cnhfydgjcccccvx j,jfasc
                                         c,dfbbbbb,bvn vmjhdfsaröyf cfjfyyxy.
Funktion: Mama von Zoe,
Elternzeitvertretung für
Eva (Rösterei)/Alina (Be-
treutes Wohnen), MO-
ASAIK Atelier, vorüber-
gehende Webereiaushilfe,
Mädchen für alles…
Coronabedingt: Vor ei-
nem Jahr zogen wir vor-
übergehend in die „Ge-
flüchtetenwohnung“ im
Hermeshof. Der Anfang
des Jahres geplante Um-
Die Gemeinschaft in Kehna                                    Kunst und Kultur

 18
                                                unseren externen Kolleg*innen Grüße
                                                zu übermitteln und nutzten das außerge-
                                                wöhnlich langanhaltende sonnige Wetter,
                                                um viel draußen zu unternehmen und uns
                                                mit Naturmaterialien kreativ zu beschäfti-
                                                gen. So wurden beispielsweise in der Kar-
                                                woche mit Hilfe von Landart und in Form
                                                von Mandalas der Kreislauf von Leben und
                                                Vergänglichkeit und das Erwachen des
                                                Frühlings thematisiert. Um diese Kontra-
                                                ste erfahrbar zu machen, wurden bewusst
                                                einmal Vertrocknetes, Abgestorbenes ver-
                                                wendet und ein anderes Mal farbenfrohe
                                                und lebendige Materialien.
                                                Ein anderes Projekt entstand nach ein paar
                                                Wochen, als die anfänglich fröhliche und
Die MOSAIK-Künstlerinnen ...                    unbeschwerte Stimmung innerhalb der
MOSAIK Atelier                                  Isolation sich zu verändern begann, sich
                                                Unsicherheiten und Ungeduld ob der Dau-
Nach dem ersten Lockdown und inner-             er der Isolation auszuprägen begannen.
halb unserer freiwilligen Isolation öffne-      Aus den vielen bunt gestalteten Rinden,
te das MOSAIK Atelier seine Türen mit           Stöcken, Klangstäben und Ähnlichem fer-
nachmittäglich wechselnden künstleri-           tigten wir Mobiles an, als gemeinschaft-
schen und kreativen Angeboten. Anfangs          liche und einzelne Werke. Kein leichtes
wurde an jedem Tag etwas Anderes kre-           Unterfangen, die Balance zu suchen und
iert, doch mit der Zeit entwickelte sich        immer wieder neu auszugleichen; doch
ein festes Angebot im Wochenrhythmus            irgendwie passend zu den Anforderungen
(montags malen, dienstags basteln mit Pa-       der äußeren Umstände dieser Zeit!
pier/Naturmaterialien, mittwochs filzen         Mit dem Wiedereröffnen der Werkstät-
usw.). Mit der Zeit kristallisierte sich eine   ten schloss das MOSAIK Atelier langsam
feste Gruppe von Teilnehmer*innen her-          wieder seine Türen. Nach einer längeren
aus, sodass auch an längeren Projekten ge-      Übergangszeit, in der Verena Krezdorn
arbeitet werden konnte, die über eine Ein-      und ich an zwei Vormittagen das Krea-
heit hinaus gingen. Auf dem Blog konnte         tivangebot noch in ähnlicher Weise wei-
unser Schaffen verfolgt werden.                 terführten, findet inzwischen die Kunst-
Inhaltlich orientierten wir uns an den          therapie in bekannter Weise statt und ich
Jahreszeiten- und Festen (z.B. Frühling/        bin in anderen Bereichen tätig.
Ostern), wir stellten Grußkarten her, um                                   Noëmi Scholtes
19

... bei der Präsentation und Betrachtung ihrer Kunstwerke
Die Gemeinschaft in Kehna

20
21
Aus den Malgruppen
                                          der Wunsch, ein bestimmtes Materi-
Wir aus den Malgruppen wollen an die-     al auszuprobieren, oder es ist der Far-
ser Stelle die Gelegenheit nutzen, um     brausch an sich, der beflügelt.
Euch ein paar Einblicke in unsere Mal-    Was auch immer der Anlass, der Fun-
stunden zu geben. Eigentlich trifft es    ke für ein Bild gewesen sein mag, in
das Wort „Jahresrückblick“ nicht ganz,    jedem Werk spiegelt sich ganz un-
denn die Bilder zeigen Werke, die zwi-    verwechselbar und einzigartig der
schen 2016 und jetzt entstanden sind.     Mensch, aus dessen Hand es Gestalt
Immer montags vormittags treffen sich     angenommen hat, wieder. So haben
die Malgruppen, um gemeinsam in die       sich im Laufe der Jahre wirklich wun-
Welt der Farben und Formen einzutau-      derbare Kunstwerke angesammelt, die
chen. Derzeit sind es zwei Gruppen mit    wir Euch nicht vorenthalten wollen.
je fünf Künstler*innen und eine Einzel-   Viel Freude beim Betrachten wün-
malstunde. Oft sind es die eigenen Ide-   schen die Montagsmaler:
en der Teilnehmenden, die zu Papier           Johanna, Nadine Schölling, Christi-
gebracht werden. Für manche sind mit-        an, Markus, Lena, Caroline, Robert,
gebrachte Fundstücke oder Bildbände                  Sandra, Irene, Leo, Joachim
Möglichkeiten, um ein Interesse für ein                     mit Verena Krezdorn
Motiv zu entwickeln. Oder es besteht

                                                                                 Lena Engel: Flamingos
Caroline Bier: Vogel   Joachim Abe: Farbenspiel
Christian Schröder: Kerze
Die Gemeinschaft in Kehna

    24

Nadine Schölling: Blumenwiese     Johanna Schmidt: Blumen
25

Satyara Hahn: Vogel   Leu Moreno: Bär
Sandra Lill: Federn
Irene Wonesch: Herbstblätter
Die Gemeinschaft in Kehna                           Bewegung und Garten

28

Rhythmus und Körper                       eine Schlange ähnelt, wenn sie ihren
                                          Kopf anhebt) und die Dehnübungen
Im März begannen wir (die WGs) mit        (z.B. Rückendehnung – Strecken des
Sophie ein wöchentliches Atem-/Lun-       Oberkörpers in Richtung Füße).
gentraining. Wir haben uns dazu ent-      Michelle und Ronni finden z.B. die
schlossen, da wir die Gesundheit unse-    Übung „Äpfel pflücken“ sehr gut. Hier
res Körpers stärken wollten. Gerade im    sitzt man im Schneidersitz und streckt
Hinblick auf das Corona-Virus, wel-       seine Arme abwechselnd so hoch wie
ches eine starke Erkrankung der Lun-      möglich nach oben. Eben wie beim
ge verursachen kann, hielten wir eine     Äpfel pflücken.
Lungenstärkung für sinnvoll. Ebenso,
da wir momentan nicht viel unterneh-
men konnten. Wir verknüpften also
ein sinnvolles Atemtraining mit viel
Spaß, Freude und gemeinsamer Zeit.
Wir treffen uns aktuell mit Marco jeden
Mittwoch um 17:30 Uhr. Die Atem-
übungen dauern ca. 45 Minuten. Es be-
steht auch die Möglichkeit, die Übun-
gen allein oder in Kleingruppen in den    Atemübungen zur Lungenstärkung
WGs zu machen. Dafür sollte man sie       Das Schönste an allen Übungen ist die
allerdings gemeinsam durchsprechen        Verbindung zwischen dem Atemryth-
und ausprobieren. So mache ich es z.B.    mus und der Körperbewegung.
auch mit Valena in unserer WG.            Wenn ihr Interesse an den Übungen
Das Interesse von uns ist sehr groß       (und Erklärungen) habt, könnt ihr
und wir freuen uns, dass wir gemein-      uns gern ansprechen. Wir können
sam an den Übungen mitwirken kön-         euch die Übungen gern einmal zeigen
nen. Außerdem ist es eine schöne          oder die Anleitung geben.
Gelegenheit, sich in einer anderen At-                     Text von Steffen & Marco
mosphäre zu treffen. Hier sind einige
unserer Lieblingsübungen:                  Im Namen der Teilnehmenden (Michelle,
                                             Ronni, Sylvia, Jan, Carina und Valena)
Meine Lieblingsübungen sind die
Atemübungen (z.B. kleine Kobra –          Quelle: https://atemtherapie.meyn.pro/uploads
                                          /1/6/8/0/16800764/atemmuskeltraining_
Atmung im selben Rhythmus wie die         und_dehnu%CC%88bungen_im_liegen_
Körperbewegung, die der Bewegung          und_sitzen.pdf
29

Ein besonderes Gartenjahr                   Alfredo zu geben und ihn zu behalten.
                                            Seitdem haben wir sehr viel Spaß mit
Wenn man, wie die Landschaftspfle-          ihm. Er ist eine willkommene Ab-
gegruppe, in und mit der Natur ar-          wechslung zu unserem arbeitsintensi-
beitet, ist jedes Jahr etwas Besonderes.    ven Gartenalltag. Schon wenn wir auf
Es gibt kein Jahr, welches gleich ver-      dem Weg hoch zum Garten sind, läuft
läuft. Immerzu gibt es Veränderungen        er uns freudig entgegen. Er fordert
und Überraschungen, sonniges und            täglich Streicheleinheiten ein – eine
ungemütliches Wetter, anstrengende          Zeit, in der man einmal durchatmen
Arbeitsspitzen und meditativere Zei-        kann, in der Kummer und Unmut
ten beim Gärtnern, eine neue Grup-          verfliegen können.
penzusammensetzung, kleines und             Es folgte ein ungewöhnliches Frühjahr,
besonders groß gewachsenes Gemüse,          in der der reguläre Werkstattbetrieb
landschaftsgestalterische Aufträge so-      für einige Wochen geschlossen war. Da
wie neue Außenaufträge.                     die Frühjahrsbestellung gemacht wer-
Trotzdem war dieses Jahr auch bei uns       Ronni mit Kater Alfredo
besonders geprägt durch Corona.
Für dieses Jahr hatten wir uns vor-
genommen, vier Bildungs- und Ver-
netzungsausflüge zu machen. Anfang
März konnten wir zum Glück noch un-
seren ersten, aber dann einzigen, Aus-
flug zum Ziegenhof nach Seelbach ver-
wirklichen. Von dort stammen die Zie-
gen, die im Naturschutzgebiet Kehnaer
Trifft weiden. Wir pflegen den Zaun,
der die Weideflächen umgibt. (Siehe
Bericht: Ausflug zum Ziegenhof).
Im März kam uns dann schon eine
Überraschung zugelaufen. Auf einmal
war in unserem Hausgarten ein Ka-
ter anwesend, der nicht mehr gehen
wollte. Als sich herausstellte, dass kein
Besitzer ausfindig zu machen ist, ha-
ben wir beschlossen, ihm den Namen
Die Gemeinschaft in Kehna                                      Gartenkunst

 30

den musste sowie die Außenanlagen
weiter zu pflegen waren, arbeiteten wir
verantwortlichen externen Mitarbei-
tenden weiterhin. Es war im Garten
so ruhig wie noch nie zuvor. Eine ganz
untypische, etwas bedrückende und
demotivierende Ruhe umgab uns. Wir
haben versucht uns daran zu gewöh-
nen, doch ist es uns nicht richtig gelun-
gen. In dieser Zeit fiel uns sehr deut-
lich auf, welche körperlichen Kräfte
wir doch für unsere Arbeit aufbringen
müssen. Was sonst auf die Muskeln

                                            Lena versetzt Berge

                                            Seitdem unterstützen Veronika Hack
                                            und Frank Baumann ganztags die
                                            Gruppe. Carina Stallknecht konnten
                                            wir als neues Mitglied für die Grup-
                                            pe gewinnen. Christian Schröder und
                                            Elke Meier schlossen sich einer neu
                                            entstandenen Brennholzgruppe an.
                                            Sandra Lill entschied sich, ganztags in
                                            die Weberei zu wechseln, um dort neu
Strohgabelei in der Wenkbacher Scheune      angebotene Kreativangebote wahr-
aller zwölf Gruppenmitglieder verteilt      nehmen zu können.
war, mussten nun zwei Mitarbeitende         Bald darauf entstand eine zweite,
leisten. Schubkarre um Schubkarre ge-       externe Gartengruppe, die seitdem
wöhnten wir uns daran.                      vormittags rund um den Oarmshof
Als ein Großteil der Pflanzungen ge-        agiert. Für diese Gruppe konnten wir
macht war, bekamen wir wieder Un-           zusätzlich Kim Emmerich und Tobi
terstützung von den Kehnianern. Eine        Gundlach gewinnen. Beide sind ei-
interne Gartengruppe, in neuer Zu-          gentlich in der Schreinerei tätig.
sammensetzung, kehrte schrittweise          Der Sommer schritt voran, der Regen
wieder in ihren Arbeitsalltag zurück.       blieb wie erwartet ein weiteres Jahr
31

aus. Das hieß: gießen, gießen und         für alle eine sehr spannende Räum-
noch mehr gießen … Dafür gab es           aktion, mit der Hoffnung, auch für
erstaunlich wenig Unkraut, was uns        sich selbst noch einige Schätzchen zu
sehr freute. Die interne Gartengruppe     finden. Auch die Ernte war, wie jedes
kümmerte sich nun um die zwei Gär-        Jahr, einzubringen. Es beginnt immer
ten, die externe Gartengruppe brachte     mit der Apfelernte, die für alle einen
den Oarmshof auf Vordermann und           Höhepunkt darstellt. Wir lassen näm-
fuhr nach Wenkbach zu unserem             lich einen Großteil der Ernte bei den
neuen Hof in der Dorfstraße. Dort         „Erpressern“ (ein Betrieb in Nieder-
gibt es eine große Scheune, die mit al-   weimar) zu Saft pressen und konn-
tem Stroh vollgefüllt war. Das wurde      ten auch dieses Jahr wieder live dabei
in mühsamer langer Gabelei hinaus-        sein. Trotz der Trockenheit ist unser
befördert. Lisa Woitschitzky konnten      Erdkeller so voll mit Gemüse gefüllt,
wir in dieser Zeit als freiwillige Mit-   wie lange nicht mehr. Das liegt auch
arbeiterin für diese Gruppe gewinnen.     an dem sehr langen warmen Herbst.
Seit August ist sie mit einem festen      Die Küchen freuen sich über große
Stundenkontingent bei uns tätig, wor-     Steckrüben, schönen Kohl, viele Rote
über wir uns sehr freuen.                 Beten und Selleries.
Vor den Sommerferien verabschie-          Die externe Gartengruppe gestal-
deten wir unsere zwei Helfer, Mirko       tet seit Herbst das Gelände hinter
Scholz und Jonathan Zielony.              dem Oarmshof. Es sind Terrassen
Im August stieß überraschender Wei-       entstanden, die zukünftig mit Kräu-
se Elena Engler zu uns. Sie absolviert    tern und Stauden bepflanzt wer-
eine Ausbildung zur Heilerziehungs-       den können. Hut ab vor den flei-
pflegerin und hat zuvor in Jonges 1       ßigen Steineschlepper*innen und
gearbeitet. Schon in der ersten Woche     Brombeerwurzelentferner*innen! Au-
hat sie sich als sehr gute Ergänzung      ßerdem hatten wir seit langem wieder
für unsere Gruppe bewährt und das         einmal Kommissionierungsaufträge
Gärtnern schneller lieben gelernt, als    von der Firma Lather aus Damm. Im
sie es sich je hätte vorstellen können.   November hat unsere Mitarbeiterin
Im Sommer erwarb die Gemeinschaft         Kristin Kleinehanding trotz der Coro-
in Kehna im Ortsteil Wenkbach ei-         nawirren ihren Berufsbildungsbereich
nen weiteren Hof. Bei einer Hausen-       erfolgreich abgeschlossen. Sie hat in
trümpelungsaktion waren unsere            der Werkstattschließzeit zu Hause ein
Mukkis als Gärtner gefordert. Es war      eigenes Projekt durchgeführt und sich
Die Gemeinschaft in Kehna                             Kaffee und Kunst

 32

neue Themen erarbeitet. Wir freuen        Nun entstand die Idee, auch für die ex-
uns, dass sich Kristin entschieden hat,   ternen Mitarbeitenden einen Advents-
festes Mitglied der Garten- und Land-     kalender zu entwerfen. Wir kauften Sü-
schaftspflegegruppe zu werden.            ßigkeiten ein und versuchten diese so
Eine schöne Abwechslung im Herbst         zu verpacken, dass man nicht erraten
war das Ausliefern von Kaminholz          kann, was sich im jeweiligen Päckchen
an einige Kunden. Wir kamen raus          befindet. Jeden Tag wird ein Los ge-
aus Kehna, haben mal etwas Anderes        zogen und der Gezogene darf sich ein
gesehen, ohne mit Menschen direkt         Überraschungspäckchen aussuchen.
in Kontakt zu kommen. Wir belie-          Wir hoffen, es hat euch Spaß gemacht.
fern euch nächstes Jahr gerne wieder.     Das letzte Highlight des Jahres ist
                                                            wohl, dass Alex Diehl
                                                            ein Praktikum im
                                                            Garten- und Land-
                                                            schaftsbereich begon-
                                                            nen hat. Wir freuen
                                                            uns darüber alle sehr.
                                                            Ich möchte mich
                                                            zum Schluss ein-
                                                            mal     ganz      herz-
                                                            lich bei all meinen
                                                            Gartenkolleg*innen
                                                            bedanken. Ihr konn-
                                                            tet dieses Jahr eine
                                                            sehr große Flexibilität
                                                            aufbringen. Das ist in
                                                            diesen schwierigen
Freude nach der Adventskettenproduktion                     Zeiten oft nötig gewe-
Wie jedes Jahr haben wir in der kalten-   sen. Wir sind ein wunderbares Team.
Jahreszeit begonnen, ab und an zu ba-     Ich freue mich jeden Tag, euch wieder
steln. Vom Adventskranzbinden übers       zu sehen und mit euch zusammen zu
Sternefalten bis hin zum selbst geba-     arbeiten. Ich hoffe sehr, dass wir unse-
stelten Adventskalender, der schon zu     re zwei Gruppen bald wieder vereinen
einem absoluten Muss geworden ist.        können. Schubkarre voraus!
                                                                       Julia Kehm
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Latte-Art-Tulpe gießen
                                             Schritt 1: Espresso in einer
                                             Tasse zubereiten.
                                             Schritt 2: Milchschäumen
                                             Die Lanze ungefähr 1 cm un-
                                             ter die Oberfläche. Düse auf-
                                             drehen und die Milch zirku-
                                             lieren lassen. Leicht Luft un-
                                             termischen, damit die Milch
                                             „cremig“ wird.
                                             So lange erhitzen, bis das
                                             Kännchen handwarm ist (ein
                                             Cappuccino sollte immer
                                             trinkbereit sein).
                                             Schritt 3: Die Tasse in einem
                                             ca. 45 Grad Winkel halten.
Dann mit Schritt 4 beim Eingießen die Milch unter die Crema mischen und
kurz wieder mit dem Eingießen aufhören.

Schritt 5: Mit dem Schnabel nah an die Crema, anschließend einen Punkt (mit-
tig) anvisieren und die Milch laufen lassen. Nun bildet sich ein weißer Milch-
schaumpunkt. Absetzen.
Die Gemeinschaft in Kehna                              Handwerkskunst

34

Schritt 6: Nun einen zweiten Milchschaumpunkt in den anderen reinschieben,
das Kännchen hochziehen und durch den anderen Punkt ziehen.

Schritt 7: Fertig! Du hast eine Tulpe gegossen.

Schritt 8: Trinken und genießen
Hinweis: Wundere dich nicht, wenn es nicht direkt funktioniert hat. Eine Tulpe
zu gießen benötigt viel Geduld und Übung.
                                             Für die Rösterei von Leon Herzig
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Die Schreiner*innen berichten               Unsere lieben externen Kollegen blie-
                                            ben zu Hause. Auch die Kehnianer ka-
Schon wieder liegt ein ganzes Jahr hin-     men eine Zeitlang nicht in die Schrei-
ter uns, in dem viel gearbeitet, gelacht,   nerei, um ihre Arbeit zu verrichten.
geschwitzt, gefeiert, gerungen und sich     Die Türen wurden geschlossen. Da-
über Vieles gewundert wurde …               hinter ging die Arbeit jedoch weiter.
Nach den Sommerferien 2019 kam              Und auch vor der Tür sah man immer
Charlotte Müller zu uns und begann          wieder fleißige Bewohner*innen, die
ihr FSJ in der Schreinerei. Wir haben       sich mit Brennholz sägen fit hielten.
uns schnell kennengelernt und uns           Wir nutzten diese Zeit, um mal Din-
über ihre frohe und tüchtige Mitarbeit      ge zu erledigen, die schon lange an-
gefreut.                                    standen und ansonsten im laufenden
Anfang des Jahres 2020 hatten wir           Tagesgeschäft nicht zu schaffen wa-
eine Zeitlang Unterstützung zweimal         ren. Wir renovierten unser Büro von
wöchentlich von Johanna aus der We-         der Pieke auf. Schliffen den Boden ab,
berei. Sie lernte K-Lumet stopfen und       strichen die Wände. Bauten unsere
verrichtete ihre Arbeit stets in Beglei-    Schränke und Schreibtische um und
tung von ihren zwei Barbie-Kollegin-        räumten alles wieder neu ein. Hierbei
nen – und Paul Sterz.                       unterstütze uns tatkräftig Harry, der in
Steffen absolvierte mit Freude ein          dieser Zeit bei uns angeschlossen war.
zweiwöchiges Praktikum im „Musik-           In der Rösterei wurde eine Vitrine für
haus am Biegen“.                            Produkte aus der Schreinerei und We-
Eyup begann ein Praktikum im Rah-           berei angefertigt und eingepasst. So-
men seiner Schule (was allerdings lei-      bald das Café wieder für Kunden geöff-
der Corona bedingt vorzeitig endete)        net hat, wird diese in Betrieb genom-
und Maria schnupperte zwei Wochen           men und kann „bewundert“ werden.
die staubige und ölgetränkte Luft der       Und dann „fiel auch in der Schreinerei
Schreinerei.                                der Hammer“. Für zwei Wochen gin-
Es ist immer wieder schön, neue Men-        gen auch wir Betreuer in Urlaub.
schen kennenzulernen und ihnen un-          Als wir dann unsere Arbeit wieder-
sere Arbeit zu erläutern und ein Stück      aufnehmen konnten, gab es einige
näher zu bringen.                           Änderungen: Man musste sich doch
Und dann kam Corinna, Carola, Ca-           an so Einiges gewöhnen, konnte sich
roner, Cordula … Äh Corona.                 ärgern und doch auch einfach hinneh-
Und Vieles änderte sich.                    men. Unsere alltägliche Begrüßung
Die Gemeinschaft in Kehna                                Handwerkskunst

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durch Händedruck wurde von einem          Auch haben wir einige Sonderanferti-
Gruß mit dem Ellenbogen abgelöst.         gungen hergestellt. Eine wunderschö-
Es wurden verantwortliche Mitar-          ne Eschentischplatte. Ein Tisch aus
beitende gefunden, die jeden Abend        Eiche und dazu passende Bänke. Es
zuverlässig die gebrauchten Masken        wurden Streifenbretter, Frühstücks-
zum Waschen brachten, die regelmä-        brettchen, Lichthalter, Stapelkästen,
ßig für frische Luft sorgten, und nicht   Rutschbretter und viele Hocker und
zu vergessen, an die „Disziplin“ des      Bänke gefertigt.
regelmäßigen Händewaschens und            Ab Ende November begann Alex
-desinfizieren erinnerten.                Diehl ein Langzeitpraktikum im Gar-
Wir vermissten unsere externen            ten. Wir wünschen viel Freude. Und
Kolleg*innen, die in der „Vielfalter“     werden dich vermissen, Alex.
Gruppe einen „neuen“ Arbeitsplatz         Wir dürfen aber eine neue Kollegin
gefunden hatten. Es wurden immer          begrüßen, Elke. Wir sind gespannt,
wieder Grüße von dem einen Hof, auf       auf alles was wir zusammen erleben
der einen Seite des Dorfes, zu dem        werden.
Hof auf der anderen Seite geschickt.               Es grüßen die Schreiner*innen
Auch fehlten uns unsere Kunden,                         Für das Team Mira Jöckel
die derzeit leider nicht zu uns in die
Schreinerei kommen dürfen.
Was uns besonders freute: Wir haben
ganz wunderbare Unterstützung von
Markus und Thorsten vormittags be-
kommen. Ganz flexibel einsetzbar, ha-
ben sie sich schnell eingearbeitet und
verrichten viele unterschiedliche Ar-
beiten. Und haben zusätzlich Kapazi-
täten die gesamte Belegschaft freudig
zu „bespaßen“.
Seit Sommer 2020 ist Mirko Scholz
wieder bei uns in der Schreinerei. Mit
einem großen Applaus und viel Freu-
de wurde er von allen begrüßt. Er hat
mit der dreijährigen Ausbildung zum
Arbeitserzieher in Bad Boll begonnen.
37

Echte Schreiner*innen und Besuchs-Schreiner*innen
Die Gemeinschaft in Kehna                                Handwerkskunst

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Webereirückblick 2020                       Puppen welche umgebunden, damit sie
                                            genauso gut geschützt sind wie wir alle!
Wir wuseln durch unsere Weberei und         Manch einer hatte seinen angestamm-
draußen sieht es aus wie immer im No-       ten Arbeitsplatz verlassen … Leu zum
vember. Es wird neblig und kalt und wir     Beispiel musste seinen Geduldsfaden in
werfen unser Öfchen an. Außer, dass vor     der Weberei unter Beweis stellen, kann
dem Hermeshof ein dickes Seemanns-          jetzt aber selbst seine Hemden bügeln!
seil gespannt hängt, um womögliche          Wichtige Telefonate wurden von Frau Ire-
Kundschaft abzubremsen, sieht Kehna         ne angenommen, unserer Vorzimmerda-
aus wie Kehna aussieht ...                  me am Webstuhl. Zum Glück hat sie ihre
Und doch ist alles anders. Was für ein      wichtige Operation so bravourös über-
Jahr! Seit dem Frühjahr kommen jede         standen. (Mit Nutellabrot ans Bett!)
Woche neue Nachrichten, Verordnun-          Danny vermisste die anregenden Kun-
gen, Umstrukturierungen durch das           dengespräche und den Kontakt zu seiner

Leu bügelt und Irene telefoniert

Virus. Bisher hatten wir Glück und sind     externen Lieblings-Arbeitskollegin sehr.
verschont geblieben von Infektionen! In     Wir freuen uns wirklich SEHR wenn wir
der Hoffnung, dass wir es weiter so gut     wieder Besuch bekommen können …
schaffen, arbeiten wir zwar anders, aber    Kehna ist ein schöner Ort, aber er lebt
weiter! Das Leben bleibt ja nicht stehen!   besonders durch die Besuche von außen!
Im Frühjahr wurden viele Mund-              Gegen aufkeimende Sorgen und Nak-
Nasen-Masken genäht, Johanna hat            kenverspannungen gab Saty uns knak-
kurzerhand aus den Stoffresten ihren        kigen Yogaunterricht, oder wir dreh-
39

Die Weberinnen und Weber

ten eine Runde im Naturschutzgebiet.        te, stickte und webte. Wenn jemand Hil-
Sandra produzierte wie nie und arbeitet     fe brauchte, war sie eine verständnisvol-
gerade an einem Tischläufer für ihren       le Ansprechpartnerin.
Bruder. Eva liebte unseren niegelna-        Nadine und Marvin waren nur manch-
gelneuen Werkstattsauger und gab am         mal hier, sie machten Praktika zuhause
Computer im Büro neuerdings unsere          in der Hauswirtschaft und kommen
Anwesenheitsliste ein.                      wieder richtig arbeiten, wenn alles et-
Valena hatte sich super eingelebt in die    was normaler wird.
Weberei und das Sticken für sich ent-       Ingrid brachte aus ihrer Homeoffic
deckt. Sie hatte auch schon kurzerhand
„Homeoffice“-Sticken in ihrer Woh-
nung gemacht und auch ihren Klavier-
unterricht nahm sie online.
Christian stickte wunderschöne Gruß-
karten in künstlerischer Eigenregie und
streute ab und zu schlimme Witze ein.
Michelle Klier guckte sich ganz schön
um, denn auf einmal hatte sie eine Na-
menskollegin! Michéle Schäfer war An-       Pflanzenfärberei jede Woche neue Wol-
fang November aus Frankfurt gekommen        le in Farben mit, die uns die Laune auf-
und nach Kehna gezogen. Sie webt schon      hellten, wenn wir sie in den Händen
wie am Schnürchen und hat ein wunder-       hielten und verarbeiteten.
schönes ansteckendes Lachen! Michelle       Und unser „Saloon“ wurde von Jutta
und Michéle teilen sich sogar einen Web-    Klingelhöfer bis unters Dach mit Toi-
stuhl! Wer soll da noch durchblicken.       lettenpapier gefüllt, um jegliche Not er-
Annabelle, unsere Erzieherin im An-         träglicher zu machen …
erkennungsjahr, liess sich von unserer        Wir hoffen, Ihr bleibt alle gesund, und
Textillust anstecken und häkelte, strick-                     wir auch! Eure Webis.
Die Gemeinschaft in Kehna                      Vielfalt und ein Gruss aus

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Die Vielfalter                           In Seelbach auf dem Ziegenhof
Wir sind eine gemischte Gruppe aus ex-   Als wir in Seelbach angekommen
ternen Mitarbeitenden der Weberei und    sind, haben wir uns die Zicklein und
Schreinerei, jetzt im Winter auch der    die Schweine angeschaut. Ein Zick-
Gartengruppe. Organisatorisch sind wir   lein war erst zwei Tage alt und ganz
unseren Werkstätten angeschlossen, ar-   klein. Ronni und Sylvia haben es
beiten aber seit mehreren Monaten von    mit der Flasche gefüttert. Danach ist
9 bis 13 Uhr im Oarmshof.                Claudia, die Bäuerin, mit uns zu den
Dort fügen wir uns in die Betriebsam-    Schafen gegangen. Auch die Scha-
keit der Rösterei ein – in getrenntem    fe hatten Nachwuchs. Zwei Lämmer
Raum – genießen leckeren Kaffee in der   waren schwarz mit weißer Mütze. Sie
Frühstückspause und einen wunderba-      waren ganz verkuschelt. Im Anschluss
ren Ausblick aufs Naturschutzgebiet.     sind wir zum großen Ziegenstall ge-
Arbeiten? Aber klar! Nach Tempe-         laufen. Hans Friedel hat mit seinem
ratur messen, Händewaschen und           Rollator die Milchflaschen gefahren.
-desinfizieren weben wir, sticken, hä-   Beim Stall haben Frank, Jan, Joach-
keln, schleifen, stopfen, schreddern,    im und Thomas weitere Zicklein mit
schneiden, drücken … Aber auch la-       Milch gefüttert. Claudia hat uns von
chen, singen, reimen … Bei alledem       den Ziegen erzählt. In den letzten Ta-
vermissen wir natürlich unsere Werk-     gen sind 80 Zicklein geboren worden.
stätten und Kolleg*innen und nutzen      Zum Schluss sind wir wieder zum Hof
unsere Möglichkeiten, wie Übergaben      zurückgelaufen. Dort haben wir uns
an der Fußgängerbrücke, Telefonate,      die Käserei und das Hoflädchen an-
Begegnungen im neu aufgestellten Be-     geschaut. Der Ausflug war sehr schön.
gegnungspavillon oder draußen (na-       Wir haben ganz viele Fotos gemacht.
türlich alles mit gebotenem Abstand).                         Die Landschafter
Also, harren wir der Dinge und ma-
chen was draus!
                           Ingrid Veyl
der Küche

                              41

    Melikes Lieblingsrezept
Die Gemeinschaft in Kehna                                            Lebenskunst

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Weihnachten in Kehna –                            externen Mitarbeitenden, die bei ihren
Die zweite Chance                                 Familien blieben, nahmen Urlaub, den
                                                  sie sicher gerne anders genutzt hätten.
Wenn ich über das Leben in Kehna im               Einige Bewohner*innen blieben auf
Jahr 2020 schreiben möchte, dann muss             ungewisse Zeit bei ihren Angehörigen,
ich zwangsläufig zuerst die Pandemie              die uns auf diese Weise entlasteten. Wir
erwähnen, die uns im Frühling ereilt              fühlten von all diesen gut unterstützt
hat. Als klar wurde, was vor uns stand,           und sind auch hierfür dankbar.

Statt Pfingstfeier werden die internen Mitarbeitenden bestens versorgt

nahmen wir uns nur kurze Zeit für Er-             Die in Kehna verbliebenen Menschen
wägungen und beschlossen eine freiwil-            konnten das Zusammenleben gestal-
lige Selbstisolation. Versorgt wurden wir         ten, ohne Angst vor Ansteckung und
von den „externen“ Mitarbeitenden, die            ohne Stress und Mitarbeitermangel.
für uns kochten, einkaufen gingen, alles          Wir fühlten uns wirklich wie eine große
erledigten, wofür man Kehna verlassen             Familie, waren auf Augenhöhe, denn es
musste und wofür wir dankbar sind. Ei-            spielte keine Rolle mehr, ob jemand ei-
nige der externen Mitarbeitenden zogen            nen Führerschein hatte oder auch nicht.
hier ein, um mitzuhelfen; die freiwilligen        Das Auto blieb einfach auf dem Park-
Helfer*innen und HEP-Schüler*innen                platz, keine Veranstaltungen, kein Be-
verzichteten auf Besuche bei ihrer Fami-          such bei Freunden, plötzlich waren die
lie, Partnerschaften wurden mit Whats-            Mitmenschen, mit denen wir unter ei-
App und Distanz gepflegt. Die anderen             nem Dach leben, wichtiger als je zuvor.
43

Wir fühlten uns plötzlich sogar mit      Vorschriften, Empfehlungen und Ap-
den externen Mitarbeitenden wie eine     pelle zur Vorsicht, die der Pandemie-
große Familie. Noch heute bekomme        Ausschuss sondierte und zu einem ei-
ich eine Gänsehaut, wenn ich an den      genen Konzept für Kehna zusammen-
Geburtstag am 3. April im Saal denke,    fügte. Aber trotz der Gefahr, dass dies
als sich die externen Betreuer*innen     ausgenutzt werden kann, so bekom-
im Hof versammelten, um für zwei         men wir erneut die Chance, über den
Geburtstagskinder im Kollegium zu        Begriff Freiheit nachzudenken. Ist es
singen, die keine Gäste von auswärts     Freiheit, wenn unser Handeln durch
empfingen. Oder an das Pfingst-Früh-     Verbote eingeschränkt wird? Nach
stück, welches von den „Externen“ für    meiner Ansicht kann sich Freiheit
uns vorbereitet wurde, als diese mit     auch darin zeigen, indem ich mich
Distanz und Abstand den Saal wie-        freiwillig beschränke und aus Einsicht
der betreten durften. Mehr und mehr      richtig und rücksichtsvoll handle. Die
nahm ich wahr: Die Einschränkungen       meisten Menschen in meiner Umge-
sind eine Chance für unsere Gemein-      bung, nicht nur in Kehna, handeln so
schaft und für jeden Einzelnen, um       und werden trotz äußerer Distanz zu
einen Blick zu entwickeln für das, was   meinen Mit-Menschen.
wirklich wichtig ist. Wenn wir einmal    Nun blicken wir auf den Winter. Wäh-
auf diese schwierige Zeit zurückblik-    rend viele Überlegungen darüber an-
ken, dann werden einige von uns sa-      gestellt wurden, wie das Weihnachts-
gen: Es war ein schöner Sommer, mit      fest wird, welche Lockerungen mög-
den abendlichen Runden am Lager-         lich sind, waren wir ganz entspannt:
feuer, ohne die täglichen Begegnun-      Das Weihnachtsfest konnte sein wie
gen mit anderen Menschen.                in den letzten Jahren, im kleinen
Es kam der Herbst, die zweite Welle      Kreis, zusammen mit denen, die nicht
hat uns noch kälter erwischt mit den     zu ihren Angehörigen fuhren. Wir
vielen Hotspots, die sich in Deutsch-    sind hier zuhause! Aber etwas hat ge-
land ausbreiteten. In politischen Ent-   fehlt: Das Christgeburtspiel! Deshalb
scheidungen wurde jetzt mehr auf Ei-     möchte ich meinen persönlichen Jah-
genverantwortung der Menschen als        resrückblick beschließen mit einem
auf Verbote gesetzt. Die Gemeinschaft    Rückblick auf das Christgeburtspiel
in Kehna wurde ein Stück weit zu ei-     vor einem Jahr.
nem Abbild der Gesellschaft: Neben       Schon die Zusammensetzung der
klaren Vereinbarungen gab es viele       Kumpanei war eine Besonderheit: Sie-
Die Gemeinschaft in Kehna                                    Lebenskunst

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ben Mitspielende waren Menschen           Bewohner*innen und bis dahin frem-
aus der Gemeinschaft, sieben weitere,     den Kindern im Christgeburtspiel.
darunter eine 14-jährige Klavierspie-     Für einige erforderte es Mut, sich
lerin, waren Kinder im Alter von 6        unvoreingenommen auf diese Begeg-
bis 14 Jahren aus vier verschiedenen      nung einzulassen. Ein Mitspieler hatte
Schulen und einem Kindergarten,           in den Vorjahren jedes Angebot auf
zuletzt übernahmen auch drei jun-         eine Rolle im Christgeburtspiel abge-
ge Mitarbeitende in Ausbildung oder       lehnt. Nach längerem Zögern über-
FSJ eine Rolle. Ich musste interessier-   nahm er diesmal eine der Hauptrol-
ten Mitspielenden vom vorherigen          len. Er spielte beeindruckend, mit viel
Jahr absagen: „Diesmal dürfen ande-       persönlichen Einsatz. Bei einer der
re eine Chance bekommen!“ So kam          ersten Proben äußerte er: „Eine solche
es, dass nur zwei Personen ihre Rolle     Chance bekommt man nur einmal im
schon kannten, fast alle anderen stan-    Leben!“ Ich möchte ihm widerspre-
den zum ersten Mal auf der Bühne.         chen: Ich hoffe, es gibt auch eine zwei-
So kam es auch, dass die Proben auf-      te Chance. Wenn nicht im Jahr 2020,
wändiger waren als je zuvor. Aber es      dann vielleicht in 2021.
hat sich gelohnt. Das allseits bekannte   Wir haben im Jahr 2021 sicher im-
Spiel wurde durch diese bunte Zusam-      mer wieder neue Chancen Gemein-
mensetzung der Kumpanei zu einem          schaft zu leben, hoffentlich ohne eine
besonderen Ereignis.                      Beschränkung der Begegnungen zu,
Deshalb möchte ich noch einmal allen      sondern in freier Rücksichtnahme
Mitspielenden danken und all denen,       und Toleranz. In diesem Sinne wün-
die im Hintergrund mitgewirkt haben.      sche ich allen Zuversicht für ein gutes
Für mich hat sich ein jahrelang geheg-    neues Jahr.
ter Traum erfüllt: Die Begegnung von                                 Volker Braun
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Das Leben in Kehna                          Pfingst-Frühstück
In Kehna ist es sehr schön.                 Liebe Freunde in und außerhalb von
Ich möchte eine Geschichte darüber          Kehna,
erzählen, wie ich zurück nach Kehna         Jan, Carina, Steffen, Sophie und ich
kam und alle meine Kumpels wieder-          haben uns am Samstag den 30. Mai in
gesehen habe.                               der Eckwohnung zum gemeinsamen
An einem Donnerstag hat meine Mutter        Backen getroffen. Wir haben italieni-
mich von Frankfurt nach Kehna gefah-        sches Weißbrot und Zitronenkuchen
ren. Die Autofahrt ist super gelaufen.      gebacken. Am Sonntag haben sich
Vor meiner Rückkehr wurde ich auf           Carina, Steffen und ich zu einem ge-
Corona getestet. Alles war im grünen        meinsamen Pfingst-Frühstück getrof-
Bereich, ich war gesund.                    fen. Es gab das selbstgebackene Brot
Meine Freunde in Kehna haben sich           und Kuchen mit verschiedenen Auf-
sehr gefreut, dass ich nach länge-          strichen. Vor dem Frühstück habe ich
rer Zeit wieder da war. Und auch ich        noch das Pfingst-Evangelium gelesen.
selbst finde es eigentlich sehr gut, dass   Es war sehr schön und ich freue mich
ich wieder da bin.                          auf ein nächstes Mal.
Nachdem ich wieder da war, bin ich          Es grüßen euch Steffen, Carina und
zuerst immer um 11 Uhr in die Schrei-       Valena.
nerei gegangen, im Moment gehe ich                             Valena Ostermann
um 10 Uhr und bald normalisiert sich                        Kehna, den 30.05.2020
alles wieder, sodass ich um 9 Uhr mit
der Arbeit beginne.
Ich werde immer für euch da sein und
mit meiner Erlaubnis kann diese Ge-
schichte in der Gemeinschaft in Keh-
na immer weitergegeben werden.
                     Steffen Wiengarten
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