Das rathaus Klima Corona Digitalisierung - FACHZEITSCHRIFT FÜR KOMMUNALPOLITIK - Carina Konrad
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das rathaus FACHZEITSCHRIFT FÜR KOMMUNALPOLITIK 2020•1 Klima Linda Teuteberg MdB Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann MdB Corona Otto Fricke MdB Dipl.-Ing. Bo Nintzel Martin Fischer Carina Konrad MdB Digitalisierung Stefan Lenzen MdL Manuel Höferlin MdB
das rathaus 2020•1 Herzlich willkommen bei der VLK! Liebe interessierten Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, die Vereinigung Liberaler Kommunalpolitiker (VLK) In der Krise hat sich uns gezeigt: Die Digitalisierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die liberalen der öffentlichen Verwaltung ist sehr unterschiedlich Kommunalpolitiker in Deutschland zu vernetzen und fortgeschritten. Es gibt positive Beispiele, in denen die Themen aufzugreifen, die sich von der viele Serviceangebote bereits digital verfügbar sind. Bundesebene auf die Kommunen auswirken. Mit der Doch es gibt viel zu viele Negative. Einige Fachzeitschrift das rathaus veröffentlicht die VLK Verwaltungen konnten ihre Mitarbeiterinnen und interessante Artikel mit kommunal-politischer Mitarbeiter nicht ins „Homeoffice“ schicken, da die Bedeutung. technische Infrastruktur dafür nicht ausgelegt war. Darunter hat vor allem die Erbringung der Dienstleistungen gelitten. Dabei ist stark aufgefallen, dass viele Dienstleistungen gar nicht digital zu Abgeordnete/r in einem kommunalen Parlament zu erbringen waren und der „Gang aufs Amt“ noch sein ist eine große Ehre, aber auch eine Verpflichtung immer Voraussetzungen für diese ist. Hier ist es die für die örtliche Gemeinschaft. Diese Verpflichtung ist Aufgabe der liberalen Abgeordneten, in den in Zeiten von Corona, nicht minder schwer. Sie sind kommunalen Parlamenten auf eine schnellere es, die in den kommenden Wochen und Monaten Digitalisierung zu drängen. darum kämpfen, dass wichtige Projekte für die Gemeinschaft trotz teils dramatischer Einbrüche in Das letzte Jahr hat uns vor Augen geführt: Der den zu erwartenden Steuereinnahmen und Umlagen Klimawandel schreitet voran. Eine junge Generation umgesetzt werden. Auf eines können wir uns mahnt eine energischere Umsetzung von Maßnahmen verlassen: Die Kreativität der liberalen Stimme in den an. Im vergangenen Herbst hat sich zu dem Thema Parlamenten wird auch in diesen Zeiten Lösungen die 35. Bundesdelegiertenversammlung beschäftigt finden, die das große Ziel vor Auge hat, die örtliche und einen umfangreichen Maßnahmenkatalog für Ihre Gemeinschaft weiterzubringen und zu stärken. Arbeit vor Ort zusammengestellt. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen dieser Ausgabe. Marcel Schiller Redakteur das rathaus stellv. VLK-Bundesvorsitzender 2
# EDITORIAL Vertreter der VLK in den Bundesfachausschüssen der FDP Der auf der letzten Bundesdelegiertenversammlung neugewählte Bundesvorstand hat in seiner ersten Sitzung die Vertreter der VLK in den Bundesfachausschüssen der FDP neu bestimmt. Hier der Überblick: Arbeit und Soziales Wolfgang Mathis Bauen und Wohnen Paul-Gerhard Weiß Bildung, Forschung und Technologie Patrick Meinhardt Digitale Agenda, Internet und Medien Fritz Haugg Ernährung und Landwirtschaft Holger Anders Finanzen, Steuern und Haushalt Dr. Volkmar Kunze Gesundheit Martin Koke Internationales Robert Malorny Justiz, Innen, Integration und Verbraucherschutz Judith Pirscher Kirchen, Religions– und Weltanschauungsgemeinschaften Marcel Schiller Kultur Paul-Gerhard Weiß Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Dr. Kurt Duwe Verkehr Prof. Herbert Hotje Wirtschaft und Energie Fritz Haugg Mehr zur Arbeit in den FDP-Bundesfachausschüssen erfahren Sie hier: https://www.fdp.de/content/bundesfachausschuesse 3
das rathaus 2020•1 Neuer Bundesvorstand gewählt v.l.n.R.: Fritz Haugg (stellv. Bundesvorsitzender), Holger Anders (Beisitzer), Marcel Schiller (stellv. Bundesvorsitzender), Paul-Gerhard Weiß (Beisitzer), Prof. Dr. Herbert Hotje (Schriftführer), Dr. Volkmar Kunze (Beisitzer), Martin Koke (Bundesschatzmeister), Patrick Meinhardt (stellv. Bundesvorsitzender) und Judith Pirscher (Bundesvorsitzende) Nicht abgebildet: Dr. Kurt Duwe (Beisitzer) Bereits im Oktober 2019 hat die 35. Bundesdele- Wahl bei einer Enthaltung) zur Seite. Als Bundes- giertenversammlung der VLK stattgefunden. Hier schatzmeister wurde Martin Koke (Nordrhein- stand die Wahl eines neuen Bundesvorstands neben Westfalen) einstimmig bei einer Enthaltung der inhaltlichen Debatten im Vordergrund. wiedergewählt. Als Bundesvorsitzende wurde Judith Pirscher Nach der bei der 34. Bundesdelegiertenversammlung (Nordrhein-Westfalen, inzwischen Regierungs- geänderten Satzung war nun auch ein Schriftführer zu präsidentin der Bezirks-regierung Detmold) wählen. Der bisher im Bundesvorstand „kooptierte einstimmig wiedergewählt. Als stellvertretende Schriftführer“ Prof. Dr. Herbert Hotje (Niedersachsen) Bundesvorsitzenden stehen ihr Patrick Meinhardt wurde einstimmig als Schriftführer gewählt. (Mecklenburg-Vorpommern, einstimmige Wahl), Fritz Haug (Bayern, einstimmige Wahl bei 2 Enthaltungen) Nachdem Paul-Gerhard Weiß (Hessen, einstimmige sowie Marcel Schiller (Niedersachsen, einstimmige Wahl) und Dr. Volkmar Kunze (Sachsen/Sachsen- 4
# 35. BUNDESDELEGIERTENVERSAMMLUNG 2019 Anhalt, einstimmige Wahl bei 3 Enthaltungen) als entfielen 23 Stimmen, auf Christian Ritzmann 19 Beisitzer gewählt wurden, wurde die Besetzung der Stimmen. Dr. Kurt Duwe war somit gewählt. zwei verbleibenden Beisitzer-Posten erst nach Kampf- kandidaturen entschieden: Inhaltlich beschäftigte sich die 35. Bundes- Im Wahlgang für den 3. Beisitzer stellten sich Holger delegiertenversammlung mit zwei Anträgen aus dem Andres (Mecklenburg-Vorpommern), Dr. Kurt Duwe Landesverband Niedersachsen (Hamburg) und Christian Ritzmann (Rheinland-Pflanz) • Maßnahmen für den Klimaschutz sind vor Ort zu Wahl. Auf Holger Anders entfielen 26 Stimmen, auf nötig - das ist noch kein Notstand Dr. Kurt Duwe 9 und auf Christian Ritzmann 7. Holger von den Bundesvorstandsmitgliedern Prof. Dr. Anders war somit gewählt. Herbert Hotje und Marcel Schiller sowie • Resolution zur Novellierung der Grundsteuer Im Wahlgang für den 4. Beisitzer stellten sich bei der des niedersächsischen VLK-Landesvorsitzenden Jens vorherigen Wahl verblieben Dr. Kurt Duwe und Beeck MdB. Beide Beschlüsse sind auf den nächsten Christian Ritzmann zur Wahl. Auf Dr. Kurt Duwe Seiten abgedruckt. Marcel Schiller Redakteur das rathaus stellv. VLK-Bundesvorsitzender Beschluss: Resolution zur Novellierung der Grundsteuer Antragsteller: Jens Beeck MdB (Niedersachsen) Die Bundesdelegiertenversammlung der VLK Wir unterstützen ausdrücklich eine Länderöffnungs- unterstütz die FDP-Bundestagsfraktion in ihrer klausel. Haltung zur Grundsteuer. Zudem sprechen wir uns für eine Umlagefähigkeit der Wichtig ist eine verlässliche, unbürokratische Grundsteuer auf Mieten auch in Zukunft aus. Grundlage, die rechtssicher und umsetzbar ist. Die Ermittlung insbesondere von Gebäudeerträgen als Besteuerungsgrundlage lehnen wir daher ab und fordern ein rein flächenbezogenes Berechnungs- modell. 5
das rathaus 2020•1 Beschluss: Maßnahmen für den Klimaschutz sind vor Ort nötig - das ist noch kein Notstand Antragsteller: Prof. Dr. Herbert Hotje, Marcel Schiller ( Niedersachsen) Unter dem Eindruck der aktuellen Klimadebatte wird Entscheidungen zu berücksichtigen, ist genauso in immer mehr Kommunen in Deutschland der verantwortungsbewusst, wie die finanziellen Folgen sogenannte „Klimanotstand“ ausgerufen oder der der Entscheidungen für den Haushalt zu bedenken Antrag dazu gestellt. Damit sollen die Städte und oder zu beurteilen, ob sie sozialverträglich sind. Gemeinden verpflichtet werden, dem Klimaschutz bei allen Entscheidungen von Politik und Verwaltung Ein liberales Klimaschutzkonzept baut nicht auf höchste Priorität einzuräumen. Verbote und Sanktionen, sondern setzt auf die innovative Kraft unserer sozialen Marktwirtschaft. Die Vereinigung Liberaler Kommunalpolitiker spricht Zugleich erreichen wir, durch die systematische sich gegen die Ausrufung eines „Klimanotstands“ aus. Verringerung der Zertifikate analog zu den Die Begrifflichkeit „Notstand“ eignet sich nach eingegangenen Verpflichtungen zum Klimaschutz, mit unserer Ansicht nicht für die Feststellung, dass unserem Konzept sicher die politischen Ziele. dringender Handlungsbedarf notwendig ist. Anstatt der Ausrufung des „Klimanotstands“ kann der Als konkrete Maßnahmen für einen kommunalen Rat einer Stadt in einem Grundsatzbeschluss regeln, Klimaschutz fordert die Vereinigung Liberaler dass ab sofort die Auswirkungen auf das Klima bei Kommunalpolitiker: allen Entscheidungen der Kommune zu berück- sichtigen und Lösungen vorzubeugen, die sich in Übereinstimmung mit den Zielen der Agenda 2030 des Pariser Abkommens positiv auf das Klima-, Maßnahmen der Kommunalverwaltung Umwelt- und Artenschutz sowie den Ressourcen- verbrauch auswirken. In diesem Zusammenhang • Erarbeitung eines Klimaschutzkonzeptes fordert der VLK-Bundesverband, die Ziele der Agenda • Einsatz von energieeffizienten Bürogeräten und 2030 auf kommunaler Ebene noch intensiver zu Gebrauchsgütern verfolgen. • Energieeffizienter kommunaler Fuhrpark • Beteiligung an nationalen und internationalen Der geringe Anteil Deutschlands an den globalen CO² Initiativen und Bündnissen zum Klimaschutz - Emissionen entbindet uns keineswegs von der • Förderung innovativer Start-Ups in der Region Verantwortung, die wir als eine der größten • Stärkere Verankerung des Generationenthemas Volkswirtschaften der Welt haben. Das bei „Klimawandel“ in den Schulen in eigener 6
# 35. BUNDESDELEGIERTENVERSAMMLUNG # KLIMA Trägerschaft z.B. durch Schaffung eines Maßnahmen im Verkehr Schulwaldes, an dem ein neuer Lernort geschaffen wird und als Freiraumlaboratorium für • Förderung des Fuß- und Radverkehrs die Entwicklung der Umwelt über lange Zeiträume • Verkehrsberuhigungen bei passenden Stellen zur Verfügung steht. Gerade hier können Themen • Steuerung des Ziel- und Quellverkehrs wie biologische Vielfalt, Ökosysteme, Klimaschutz • Parkraummanagement intelligent mit dem ÖPNV oder die gesellschaftliche Funktion von verknüpfen Naturlandschaften nähergebracht werden. • Attraktivitätssteigerung des ÖPNV durch einen • Abfallvermeidung in allen Einrichtungen intelligenten Ausbau zwischen Stadt und Land • Unterstützung zivilgesellschaftlicher kommunaler Initiativen im Bereich des Klimaschutzes Dem VLK-Bundesverband ist klar, dass je nach Größe der Kommune die vorgeschlagenen Maßnahmen mit Blick auf die finanziellen und personellen Ressourcen schwerer angegangen werden können. Hier bieten Maßnahmen im Bereich Energie und Versorgung sich Chancen im Rahmen von interkommunaler Zusammenarbeit die Flogen des Klimawandels • Einrichtung einer Klimaschutz- und Energie- anzusehen. Beratungsstelle zusammen mit dem Grund- versorger • Optimierung der Stadtbeleuchtung • Energiebewusste Stadt- /Bebauungsplanung • Kommunale Förderprogramme für die Sanierung und Innovation im Gebäudebestand • Netzwerkbildung für Fachkräfte Eine Sammlung aller ab dem Jahr 2000 • Beachtung der Klimaschutzthematik bei neuen gefassten Beschlüsse finden Sie unter Konzessionsverträgen vlk-bundesverband.de • Potentialanalysen und Flächenmanagement für Erneuerbare Energien • Energieeinsparung und -gewinnung bei der Klärschlammbehandlung und Klärschlamm- verwertung 7
das rathaus 2020•1 Wir übernehmen Verantwortung für die Zukunft Liberale Politik lebt von Diskussion und Vielfalt. Dieses Leitbild, das in einem intensiven Prozess von Gerade unsere Arbeit in den Kommunen, in den allen Mitgliedern der Partei gemeinsam erarbeitet Städten und Gemeinden lebt davon, dass wir nicht wurde, hat uns weit gebracht. Mit Mut und die eine Antwort auf alle Fragen haben. Sondern dass Optimismus, mit klaren Positionen etwa zu weltbester wir nach den besten Lösungen suchen, um die Bildung, Digitalisierung und einer Politik, die rechnen konkreten und ganz individuellen Probleme in unserer kann, sind wir 2017 in den Deutschen Bundestag Heimat lösen. zurückgekehrt. Offenheit in der politischen Debatte ist aber nicht mit In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Welt Beliebigkeit zu verwechseln. Im Gegenteil. Als Freie weitergedreht. Die Corona-Pandemie, der Klima- Demokraten machen wir Politik aus einer gemein- wandel, zunehmende Migration und die Verschiebung samen Haltung heraus. Mit dem Ziel, mehr Freiheit globaler Machtzentren verlangen neue Antworten. durch mehr Chancen zu schaffen. Diese liberale Grundhaltung haben wir in den Jahren 2014 und Vor diesem Hintergrund haben wir Freien Demo- 2015 für uns als Partei intensiv diskutiert und in kraten seit Anfang des Jahres unser Leitbild einem gemeinsamen Leitbild festgehalten. Um klar zu umfassend überprüft. Fast 19.000 Mitglieder haben definieren, was uns wichtig ist, wo wir unseren unter anderem im Rahmen einer großen Befragung politischen Auftrag und unsere politischen Ziele daran mitgewirkt. Und dabei die gemeinsame sehen. Und vor allem auch: mit welcher Einstellung Grundhaltung sehr eindrücklich bestätigt. wir diese Aufgaben anpacken wollen. 8
# KLIMA Gleichzeitig haben unsere Mitglieder auch deutlich natürlich auch für die Programme zu den gemacht, an welchen Stellen wir in unserem Leitbild Landtagswahlen im nächsten Jahr und für unser nachschärfen müssen, um unsere Haltung bei politisches Handeln und Kampagnen auf allen zentralen Fragen unserer Zeit noch deutlicher Ebenen. herauszustellen. Wir erfinden uns hier nicht neu, sondern stellen bestimmte Facetten unserer Das gilt insbesondere auch für die Kommunalpolitik. Überzeugung deutlicher heraus. Denn wo sonst könnten wir Freien Demokraten eindrücklicher und anschaulicher zeigen, was es Dazu gehört vor allem unser Anspruch, Verant- bedeutet, die Lebensgrundlagen künftiger Gene- wortung für die Zukunft zu übernehmen. Und dazu die rationen zu sichern. Durch eine nachhaltige ökonomischen und ökologischen Lebensgrundlagen Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Kommune. Und für nachkommende Generationen zu sichern. Nicht durch eine vernunftgeleitete Umwelt- und Energie- durch mehr Staatseingriffe und mehr Verbote, politik, die nicht auf bloßen symbolischen Effekt, sondern mittels Nachhaltigkeit durch Innovation. sondern auf bestmögliche Wirkung setzt. Auch die Handlungsfähigkeit unseres Rechtsstaates zeigt sich In Zeiten zunehmender Abschottung, Europa- und ganz konkret in unseren Kommunen. Und zum Globalisierungsfeindlichkeit haben wir außerdem Beispiel in lebendigen Städtepartnerschaften und unterstrichen, dass wir weiterhin mit einer einer vitalen, offenen Gesellschaft der europäische weltoffenen und europäischen Grundhaltung Politik und weltoffene Geist, für den wir Freien Demokraten machen wollen. Wir wollen das europäische stehen. Einigungsprojekt fortsetzen und stärken. Allerdings – das haben wir in den jüngsten Debatten zur Mit der Weiterentwicklung unseres Leitbildes zeigen Finanzierung der Corona-Hilfen in Europa deutlich wir Freien Demokraten, wie zentral diese Themen für gemacht – wird Europa nicht gelingen, wenn wir unsere Haltung sind. Und dass wir hier gemeinsam Werte wie Verantwortung für eigenes Handeln und mehr erreichen wollen. Für mehr Freiheit durch mehr finanzielle Nachhaltigkeit infrage stellen. Hier wie bei Chancen. Wie uns dies im Einzelfall gelingt, durch anderen Fragestellungen auch sind regelmäßig welche Lösungen wir diese Ziele vor Ort am besten mehrere Gesichtspunkte unseres Leitbildes ange- verwirklichen – diese Antworten werden weiterhin sprochen und in unseren politischen Antworten zur vielfältig sein und in unserer Partei offen diskutiert Geltung zu bringen. werden. Um die bestmögliche Lösung für die konkrete Situation zu finden. Dabei sind Sie als kommunal Schließlich haben wir in unserem Leitbild auch noch engagierte Persönlichkeiten Tag für Tag Leitbild- einmal die – für Liberale – selbstverständliche Über- botschafter. zeugung ausbuchstabiert, dass wir für einen ebenso liberalen wie handlungsfähigen Rechtsstaat eintreten. Für einen Rechtsstaat, der die Freiheitsrechte schützt und seine Bürger nicht in ihrer privaten Lebensf- ührung bevormundet und auf den sie sich verlassen können, weil er geltendes Recht auch durchsetzt. Linda Teuteberg MdB Damit haben wir an unserem Leitbild einige wertvolle FDP-Generalsekretärin Ergänzungen vorgenommen, die wir jetzt in den kommenden Monaten im Programmprozess zur Bundestagswahl konkretisieren werden. Das gilt Foto: Tobias Koch 9
das rathaus 2020•1 Akzeptanz für Windenergie in Brandenburg wird auf die Probe gestellt Im letzten Jahr hat der Brandenburger Landtag eine Kernstück des Gesetzes ist die Zweckbindung der Abgabe für Windenergieanlagen an Kommunen Abgabe. Das Geld, welches auf diese Weise in die beschlossen, das sogenannte Windenergie - Kommunen fließt, soll zur Steigerung der Akzeptanz anlagenabgabengesetz oder BbgWindAbgG. Dieses dieser Anlagen eingesetzt werden. Im Gesetz sind kurze, aus acht Paragraphen bestehende Gesetz, sogar spezifische Maßnahmen genannt. So können regelt pauschal und ohne Umschweife die Höhe der die Mittel zur Aufwertung des Ortsbildes, zur Sonderabgaben von Windenergieanlagenbetreibern. Information der Bürger über die Nutzung von Es werden demnach alle Anlagen erfasst, die seit dem Erneuerbaren Energien, zur Förderung sozialer 1. Januar 2020 in Betrieb gingen oder in Zukunft Aktivitäten, Kultur, Bildung oder unternehmerischer gehen werden. Über die gesamte Dauer des Betriebs Tätigkeiten in der Gemeinde Verwendung finden. muss ein Anlagenbetreiber somit jährlich 10.000 € an Dabei soll vordergründig ein Bezug zu den die anspruchsberechtigten Kommunen zahlen. In Windenergieanlagen vorhanden sein, die Zweck- einem Umkreis von 3 km können somit mehrere bindung kann jedoch per Rechtsverordnung geändert Gemeinden anspruchsberechtigt sein und müssen werden. sich den Betrag teilen. 10
# KLIMA Bei näherer Betrachtung der möglichen Auswirkungen Blaupause für z.B. Lärm- oder CO2-Emissionen in des Gesetzes ergeben sich jedoch einige Fragen. Die Straßennähe oder im Einzugsgebiet von Industrie- Energiewende ist ein langwieriger und komplexer anlagen dienen kann, um Gemeinden ein einfaches Prozess, bei dem kurzfristige Maßnahmen nicht zum Instrument zur Akzeptanzfindung an die Hand zu Erfolg führen werden. Akzeptanz muss nachhaltig geben. geschaffen werden, sonst droht nach einer Phase der Besänftigung ein erneuter Konflikt. Fraglich ist hierbei Auch auf Bundesebene gibt es Überlegungen zur zum einen, ob eine Beteiligung von Kommunen auch finanziellen Beteiligung an Kommunen bzw. den gleichermaßen die Bürger adressieren kann. Eine Bürgern bei der Windkraft. Das Bundeswirtschafts- Zahlung an die Gemeinde kann in diesem Fall zu kurz ministerium hat ein Papier vorgelegt, durch das gedacht sein, um ein Umdenken zu erzeugen. Im zumindest die Höhe der Zahlung mit 0,2 Cent pro Gegenteil können Gemeinden einen Anreiz darin Kilowattstunde an die Einspeiseleistung gekoppelt sehen durch die Sonderabgabe und geschickter und somit anlagenspezifisch ausgestaltet wäre. Die Argumentation möglicherweise fehlende Mittel zu Zweckbindung kann allerdings aufgrund des beschaffen, die nicht durch die Gewerbesteuer Aufgabenübertragungsverbot des Bundes an die eingenommen werden. Ein betroffener Bürger hätte Kommunen nicht erfolgen. Dies würde Tür und Tor für nichts davon und so ein Vorgehen könnte die das Stopfen von Haushaltslöchern und Flick- Akzeptanzfrage auf Grundlage des Gesetzes ad schusterei mit den Mitteln öffnen. Ob die Bürger, um absurdum zu führen. deren Akzeptanz es gehen soll, dabei noch eine Beteiligung spüren ist fraglich. Die Mehrbelastungen Auf der anderen Seite sind sich die Betreiber der für die Kosten im EEG würden dem ohnehin nicht Windenergieanlagen im Klaren, dass eine pauschale zeitgemäßen Gesetz einen zusätzlichen Rückschlag Abgabe nicht deren spezifische Anlage berücksichtigt, geben. Es stellt sich dabei auch die Frage, welche somit unabhängig von der Einspeiseleistung und Auswirkungen dies auf den Strompreis haben würde. damit den Erlösen der Betreiber gezahlt werden muss. Gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Wind- Ein Verfahren, bei dem Betroffene, Kommunen und energie bzw. allen verfügbaren Technologien geraten Anlagenbetreiber in jedem Einzelfall zu einer durch solche Überlegungen in weite Ferne, das einvernehmlichen Lösung kommen können wird damit Marktumfeld wird nicht nur weiter mit Förderungen ein Riegel vorgeschoben. Die Gemeinden verlieren verzerrt, sondern bekäme noch eine kommunale somit auch einen Teil ihres Handlungsspielraums. Komponente deren Auswirkung auf die Akzeptanz Zusätzlich ist eine Abgrenzung zu anderen Bereichen mehr als fraglich ist. schwierig, in denen Akzeptanz erreicht werden soll. Es stellt sich die Frage, ob das Gesetz als eine Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann MdB Sprecher für Engergiepolitik der FDP-Bundestagsfraktion stellv. Landesvorsitzender der FDP Brandenburg 11
das rathaus 2020•1 Mit mehr Macht kommt mehr Verantwortung - auch für die Länder Bundesfinanzminister Scholz hat vor kurzem einen möchte Scholz etwa 45 Mrd. Altschulden von den milliardenschweren Vorschlag zur Entschuldung Kommunen durch den Bund übernehmen lassen. überschuldeter Kommunen gemacht. Schon ganz im Zusätzlich sollen weitere 12 Mrd. die wegbrechenden Wahlkampfmodus, plant er dabei in einem so Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen ersetzen. erheblichen Umfang Bundesgelder für Länder- Die Kosten dafür sollen sich Bund und Länder jeweils aufgaben zur Verfügung zu stellen, dass man sich hälftig teilen – obwohl die wesentliche Verantwortung fragen kann, ob er womöglich lieber Landes- und verwaltungsrechtliche Zuordnung für die finanzminister geworden wäre. Kommunen bei den Ländern liegt. Seit etwa einem Jahr versucht der Vizekanzler eine Ein weiteres wesentliches Problem: Mit der geplanten Entschuldung von Kommunen durchzusetzen. Auch Übernahme von Altschulden durch den Bund würden jetzt, während der Krise, platziert er seinen ausgerechnet diejenigen Länder und Kommunen Dauerbrenner wieder öffentlichkeitswirksam in der bestraft, die bisher besonders ordentlich medialen Debatte. Mit seinem aktuellen Vorschlag gewirtschaftet haben. Es würden also gerade die 12
# CORONA benachteiligt, die ihrer Verantwortung für ihre Zusätzlich zum reinen Anstieg des Steueraufkommens Kommunen gerecht geworden sind, etwa indem sie hat der Bund aus seinem Budget zahlreiche Entschuldungen ermöglicht haben. Das ist Entlastungen, Zuschüsse und Sonderfonds für beispielsweise in Hessen der Fall. Würde der Bund Kommunen und Länder ins Leben gerufen, um diese jetzt insbesondere für Nordrhein-Westfalen, wo bei deren originären Aufgaben finanziell zu entlasten. zufällig Kommunalwahlen sind, das Saarland oder Mittlerweile leistet der Bund Finanzhilfen in nahezu Rheinland-Pfalz einspringen, würden Haftung und allen länder- und kommunalspezifischen Kern- Handlung noch weiter voneinander getrennt. Für die bereichen, wie etwa der Schulbildung oder dem Zukunft setzt der Bund mit einem solchen Vorgehen sozialen Wohnungsbau. zudem Anreize zu defizitärem Haushalten. Der Bund übernimmt also schon heute deutlich mehr Als Bundespolitiker höre ich in der Debatte häufig, der Kosten, als er laut Verfassung eigentlich muss. Bei Bund habe zahlreiche neue Sozialleistungen der Grundsicherung im Alter etwa trägt der Bund seit beschlossen, die die Kommunen nun zu finanzieren 2014 die Ausgaben zu 100 Prozent, die sich allein hätten. Verkannt wird dabei oft, dass der Bund genau 2020 auf 7,7 Mrd. belaufen. Auch den deshalb schon heute viel Geld in die Hand nimmt, um Kommunalinvestitionsföderungsfonds hat der Bund Länder und Kommunen zu unterstützen. Er trägt mit insgesamt 7 Mrd. gefüllt. Entlastung bei den insbesondere die Verantwortung für die Zahlungs- Kosten der Unterkunft: 7 Mrd.. Kosten der Unterkunft fähigkeit der Sozialversicherungssysteme und von anerkannten Asylbewerbern: 5 Mrd.. Neuer bezuschusst sie jährlich mit einem dreistelligen Länderfinanzausgleich 9,6 Mrd. pro Jahr. ÖPNV: 8,95 Milliarden-Betrag. Das wird den Bund in der aktuellen Mrd. Diese Liste ließe sich beliebig weiter fortführen. Krise übrigens noch deutlich mehr kosten. Im Übrigen zeigt ein Blick in die Zahlen, dass sich an der Die Politik der Finanzierungsflut des Bundes für Verteilung der Kosten für Sozialleistungen seit dem Länder- und Kommunalaufgaben hat der Bundes- Jahr 2000 nur wenig verändert hat. rechnungshof vor kurzem deutlich kritisiert: "Zuständig und verantwortlich gegenüber dem Souverän sind hierfür allein die Länder und die von ihnen zu unterstützenden Kommunen. Die bundes- seitig praktizierte Mitfinanzierung führt zu einem Kompetenzwirrwarr, diffusen Verantwortlichkeiten und setzt falsche Anreize." Hinzu kommt: Häufig werden die Mittel des Bundes von den Ländern anders verwendet als beabsichtigt. Viel zu oft, um den Landeshaushalt zu sanieren oder landespolitische Wahlversprechen einzulösen. Die Kommunen schauen in die Röhre. Im Vergleich zum Jahr 2000 müssen die Kommunen heute einen leicht höheren Anteil an den Das alles findet statt, obwohl die Länder schon dieses Sozialausgaben tragen, erhalten dafür aber im Jahr mehr Steuern einnehmen als der Bund. Die Gegenzug deutlich höhere Steuereinnahmen: Statt Steuerverteilung hat sich in den letzten Jahren klar 12,8 Prozent des Steueraufkommens im Jahr 2000 zum Vorteil der Länder verändert. In Zukunft wird sie nun 14,9 Prozent im Jahr 2018. Und der Trend setzt das noch weiter, denn die Länder tragen einen sich tendenziell fort. niedrigeren Anteil an den Sozialausgaben aus ihren Haushalten, während zugleich ein immer größerer 13
das rathaus 2020•1 Anteil des Steueraufkommens in ihre Kassen fließt. Kommunen sicherzustellen, ohne dass die Landes- Der Bund dagegen hat – relativ betrachtet – verloren. regierungen zuvor Zugriff auf die alleine den Er zahlt weiterhin den gleichen Anteil an den Kommunen zustehenden Mittel haben. Um das zu Sozialausgaben bei einem sinkenden Steueranteil. erreichen, ohne die Rolle von Bund und Ländern Das zeigt: Die Mär vom "reichen" Bund und den umzukehren, schlage ich deshalb vor, mittelfristig "armen" Ländern ist unzutreffend. Die Länder sind in einen Prozentpunkt der Umsatzsteuer umzuverteilen der Lage, ihre Aufgaben zu finanzieren – und dazu und für die direkte Finanzierung der Kommunen zu gehört eben auch die finanzielle Stärkung der nutzen. Davon sollten 0,25 Prozentpunkte vom Bund Kommunen. getragen werden und 0,75 Prozentpunkte von den Ländern – natürlich ohne die Umsatzsteuersätze zu erhöhen. So ließe sich ein Kompromiss finden, zwischen sinnvoller föderaler Finanzierung und den Wahlkampfforderungen nach mehr Geld vom Bund. In diesem Zuge kann dann auch vor Ort die Gewerbesteuer, womöglich, gesenkt werden. So kann Ohne Zweifel sind manche Kommunen hoffnungslos gerade in der jetzigen wirtschaftlichen Lage ein überschuldet, beispielsweise, weil sie der Struktur- weiterer Wachstumsimpuls gesetzt und zugleich die wandel besonders hart trifft. Eine Entschuldung der hohe Abhängigkeit von der besonders konjunktur- Kommunen kann da Sinn ergeben, wie Hessen es für abhängigen und schwankungsanfälligen Gewerbe- seine Kommunen vorbildlich getan hat. In unserem steuer reduziert werden; zumal die Umsatzsteuer die föderalen System liegen solche Entscheidungen stabilste Steuer ist. Ergänzend sollte der Bund auf jedoch in der Verantwortung der Länder. Sie müssen immer neue Förderprogramme verzichten, die die ihrer Rolle jetzt gerecht werden, statt immer mehr Länder anschließend „verwalten“. Wenn aber der Milliarden vom Bund zu fordern. Bund schon Kommunen finanzieren soll, obwohl es nicht seine Aufgabe ist, dann sollten die Mittel auch Der Bund sollte deshalb nicht kurzfristig Altschulden direkt dort hingelangen: Zu den Kommunen, die damit übernehmen und dadurch falsche Anreize setzen. in unserem gesamtstaatlichen Gefüge auch mehr den Stattdessen müssen wir einen Weg finden, die ihnen nach Artikel 28 (2) des Grundgesetzes langfristige und selbstständige Finanzierung der zustehenden politischen Einfluss erlangen. Otto Fricke MdB Sprecher für Haushaltspolitik der FDP-Bundestagsfraktion 14
# CORONA Kommunalfinanzen in der Corona-Krise: Fragen und Antworten der FDP-Bundestagsfraktion In der Corona-Krise geraten die öffentlichen für Notlagen, die in Anbetracht der Corona-Krise Haushalte zunehmend unter Druck. Bund, Länder und genutzt wurde. Kommunen haben diese Möglichkeit insbesondere Kommunen müssen in den nächsten nicht. Auf kommunaler Ebene sind Schulden nur zur Jahren erhebliche Steuermindereinnahmen ver- Finanzierung von Investitionen zulässig. kraften. Gleichzeitig werden Gelder in historischem Umfang zur Bekämpfung der Krise mobilisiert. In Wie sind die finanziellen Lasten der Corona-Krise dieser Situation will die FDP-Fraktion den Kommunen derzeit verteilt? helfen, lehnt jedoch eine Altschuldenübernahme durch den Bund ab. Der Bund hat mit seinem Nachtragshaushalt 123 Milliarden Euro zur Bewältigung der Corona-Krise Wie reagieren Bund, Länder und Kommunen auf die bereitgestellt. Die Gelder sind unter anderem für den finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise? Kauf von Beatmungsgeräten und Masken, die Erforschung von Impfstoffen, die finanzielle Durch die geringeren Steuereinnahmen und die Unterstützung der Krankenhäuser, das Kurzarbeiter- Mehrbelastungen in den öffentlichen Haus-halten geld, humanitäre Hilfe, Hilfe für Studierende und finanzieren Bund und Länder die Maßnahmen in der Soforthilfen für kleine Unternehmer und Solo- Corona-Krise vor allem durch die Aufnahme von selbständige vorgesehen. Zudem stellt der Bund rund Schulden. Dies ist im Rahmen der Schuldenbremse 1,2 Billionen Euro an Garantien und Bürgschaften möglich, denn sie beinhaltet eine Ausnahmeregelung über die KfW und den Wirtschaftsstabilisierungsfonds 15
das rathaus 2020•1 für die Wirtschaft bereit. Die Länder ergänzen die deutlich höher als bei den Ländern. Zusätzlich Hilfen für die Wirtschaft und die Gesundheits- entlastet der Bund die Länder und Kommunen durch versorgung mit eigenen Förderprogrammen und direkte Zahlungen oder durch die Abgabe von Bürgschaften. In absehbarer Zeit wird der Bund die Steueranteilen um 85 Milliarden Euro allein im Jahr Sozialkassen zusätzlich finanziell unterstützen 2020. müssen. Was ist von einer pauschalen Altschuldenübernahme Wie kann Kommunen in der derzeitigen Krise durch den Bund zu halten? geholfen werden? Eine pauschale Altschuldenübernahme durch den Für die meisten Kommunen ist die Gewerbesteuer die Bund bedarf nicht nur einer Änderung des wichtigste Einnahmequelle. Da die Gewerbesteuer Grundgesetzes, sie benachteiligt auch viele Länder stark konjunkturabhängig ist, trifft ein wirtschaftlicher und Kommunen. So haben einige Städte, Gemeinden Einbruch die kommunalen Finanzen besonders. Daher und Länder in den letzten Jahren harte Spar- sollte aus Sicht der FDP-Fraktion die Gewerbesteuer maßnahmen vorgenommen, um ihren Schuldenberg abgeschafft und es den Kommunen ermöglicht abzubauen. Diese hätten nichts von einer werden, Hebesätze auf die Körperschaft- und milliardenschweren Schuldenübernahme des Bundes. Einkommensteuer einzuführen. Dies garantiert den Auf der anderen Seite würden nun Länder und Kommunen auch in Krisenzeiten konstantere Kommunen belohnt, die keinerlei Anstrengungen zur Einnahmen. Gleichzeitig muss die zusätzliche Entschuldung unternommen haben. Darüber hinaus Besteuerung des Einkommens durch Entlastungen an würden durch eine pauschale Schuldenübernahme anderer Stelle ausgeglichen werden, etwa durch die die eigentlichen Probleme nicht gelöst. Die Ursachen Abflachung des Mittelstandsbauchs. für die Altschulden der betroffenen Kommunen sind so vielfältig wie die Kommunen selbst. Oftmals sind Wer ist für die Finanzausstattung der Kommunen es Kommunen in strukturschwachen Regionen, die zuständig? vielmehr eine dauerhafte Belebung ihrer Wirtschafts- kraft benötigen. Eine pauschale Übernahme von Die Aufgabenverteilung ist hier eindeutig: Die Länder Altschulden durch den Bund lehnt die FDP-Fraktion sind für die Finanzausstattung der Kommunen daher ab. verantwortlich, während der Bund die politische Verantwortung für Defizite der Sozialversicherungen trägt. Das Grundgesetz sieht eine klare Trennung vor. Sind die Länder zur finanziellen Unterstützung der Mehr zur Arbeit der FDP-Fraktion Kommunen in der Lage? im Bundestag erfahren Sie unter www.fdpbt.de Den Ländern fällt es deutlich leichter als dem Bund, die Corona-bedingten Schulden zu tilgen. Im Jahr 2020 werden die Länder 12,3 Milliarden Euro mehr Steuern einnehmen als der Bund. In den nächsten fünf Jahren sind es sogar über 100 Milliarden Euro mehr. Außerdem sind die Corona-bedingten Steuerrückgänge beim Bund und bei den Kommunen 16
# CORONA Neues Konjunkturprogramm - Kommunen werden unterstützt Der Koalitionsausschuss hat ein neues Konjunktur- • Bei der Finanzierung des Öffentlichen Personen- programm zur Bewältigung der Corona-Krise nahverkehrs der Kommunen unterstützt der vorgestellt. Hier ist auch eine Unterstützung der Bund die Länder bei der Finanzierung. Dazu Kommunen vorgesehen. Das Bundesministerium der erhöht er in diesem Jahr einmalig die Finanzen schreibt dazu: Regionalisierungsmittel um 2,5 Milliarden Euro. • Für Kosten aus den Zusatzversorgungssystemen „Städte und Gemeinden müssen finanziell handlungs- der DDR stockt der Bund seinen Anteil von fähig sein, um nötige Investitionen in die Zukunft zu derzeit 40 % ab dem 1.1.2021 auf 50 % auf. leisten und gute Lebensbedingungen vor Ort zu • Das Investitionsprogramm für den Ausbau von ermöglichen. Dafür werden insbesondere folgende Ganztagsschulen und Ganztagesbetreuung wird Maßnahmen ergriffen: beschleunigt. Länder, die 2020/2021 Mittel für • Bund und Länder übernehmen von den Investitionen abrufen, erhalten die entsprech- Kommunen für Bezieher von Sozialleistungen ende Summe in den späteren Jahren der Laufzeit künftig dauerhaft bis zu 75 % der Kosten der zusätzlich. Unterkunft statt wie bisher bis zu 50 %. • Um im Bereich Kindergärten, Kitas und Krippen • Die für dieses Jahr zu erwartenden Ausfälle bei den Kapazitätsausbau sowie Erweiterungen, Um- der Gewerbesteuer von rund 12 Milliarden Euro und Neubauten zu fördern, werden eine Milliarde werden je zur Hälfte von Bund und Ländern Euro zusätzlich für Ausbaumaßnahmen bereit- übernommen. gestellt die 2020 und 2021 stattfinden.“ 17
das rathaus 2020•1 Kommunen rechnen mit deutlichem Anstieg des Gewerbeleerstands infolge der Corona-Krise Infolge der Corona-Krise rechnen die Kommunen Leerstand in ihrer Kommune aber bislang deutschlandweit mit einer massiven Zunahme von a u s s c h l i e ß l i c h de r R e g e l u n g du r c h d e n Leerstand. Davon werden insbesondere Ladenlokale Immobilienmarkt überlassen oder waren von und die Gastronomie betroffen sein. Dies zeigt sich in Leerstand kaum betroffen. So geben in der Umfrage einer Umfrage, die das Hanauer Unternehmen rund 55 Prozent der teilnehmenden Verwaltungen an, immovativ GmbH zur Einschätzung der Situation dass ihre Kommune vor März 2020 keinen oder nur Anfang April unter Kommunalverwaltungen, Stadt- geringfügigen Leerstand zu verzeichnen hatte. marketinggesellschaften und Wirtschaftsförderungen in Deutschland gestartet hat. Infolge der Corona-Krise rechnen knapp 40 Prozent der 265 an der Umfrage beteiligten Kommunen mit Bislang wurde das Thema Leerstand in Kommunen einer deutlichen Zunahme des Gewerbeleerstandes. mit einer unterschiedlichen Intensität verfolgt. Einige Lediglich 8 Prozent der Teilnehmer sehen in diesem Kommunen haben bereits ein Leerstandskataster Feld keinen Zuwachs auf sich zukommen. Auch im aufgebaut und gepflegt sowie ein aktives Bereich der Wohnimmobilien wird bei über 60 Prozent Leerstandsmanagement inkl. Beratungsdienst- der Kommunen mit einem Anstieg des Leerstandes leistungen etabliert. Viele Kommunen haben gerechnet, allerdings in deutlich geringerem Maße als 18
# CORONA Rolle spielen. Ebenfalls als wichtig erachtet wird die 54 % Bereitstellung eines Meldetools für leerstehende oder leerfallende Objekte sowie ein kommunales der Kommunen haben in der Vergangenheit Immobilienportal, auf dem Bürger und örtliche bereits ein Leerstandskataster aufgebaut. Unternehmen kostenfrei inserieren können. Insbesondere die digitalen Instrumente können die Arbeit der lokalen Akteure maßgeblich unterstützen 77 % und ihre Arbeit entlasten. der Kommunen haben in der Vergangenheit Die bestmögliche Unterstützung der Kommunen beim bereits aktiv Eigentümer von Aufbau eines aktiven Leerstandsmanagements ist Leerstandsimmobilien angesprochen. auch Ziel der immovativ GmbH. Hierzu ist der Aufbau eines Kompetenzzentrums in Vorbereitung, in dem verschiedene Unternehmen und Verbände 35 % gemeinsam Hilfestellungen für die Verwaltungen erarbeiten und der interkommunale Austausch der Kommen haben Zwischennutzungen für gefördert wird. „Darüber hinaus werden wir den Leerstandsimmobilien erarbeitet. Kommunen mit einem Sonderangebot unserer digitalen Produkte zum Leerstandsmanagement, bestehend aus einer Verwaltungssoftware für den dies bei den Gewerbeimmobilien geschätzt wird. So Aufbau eines Leerstandskatasters und einen ist es auch nicht überraschend, dass knapp 84 strukturierten Eigent ümerdialog, u nse re m Prozent der Kommunalverwaltungen angeben, dass Leerstandsmelder und der kommunalen sie es als zukünftige Aufgabe ihrer Kommune Immobilienplattform (KIP) unterstützen“, so Stefan ansehen, Eigentümer aktiv bei der Beseitigung von Müller-Schleipen, Geschäftsführer der immovativ Leerstand zu unterstützen. Als adäquate Mittel GmbH und verantwortlich im Bereich Neukunden- werden hierzu eine enge Zusammenarbeit mit den gewinnung, strategische Partnerschaften und Inter- Akteuren der örtlichen Immobilienwirtschaft, der nationalisierung. Aufbau eines Leerstandskatasters, der Ausbau des Standort- und Stadtmarketings und die Erarbeitung von Zwischennutzungskonzepten gesehen. Auch die Umwandlung von Gewerbe- in Wohnraum könnte eine Weitere Daten auf der nächsten Seite » Dipl.-Ing. Bo Nintzel Geschäftsführer der immovativ GmbH verantwortlich im Bereich Bestandskundenbetreuung, Angebots- und Vertragserstellung, Produkt- und Projektmanagement 19
das rathaus 2020•1 Fortsetzung: Kommunen rechnen mit deutlichem Anstieg des Gewerbeleerstands infolge der Corona-Krise 20
# CORONA © 3 Grafiken: immovativ GmbH Mehr unter immovativ.de Ausschreibung: Das liberale Rathaus Für beispielhafte Leistungen in der Kommunalpolitik ständen der VLK und von den Jungen Liberalen wird wieder der Kommunalpolitikerpreis „das liberale eingereicht werden. Die Vorschläge sind schriftlich zu Rathaus“ ausgeschrieben. Er wird für beispielhafte begründen. In der Begründung sind Zielsetzung, liberale Aktionen und Initiativen auf kommunaler Verfahren, Öffentlichkeitswirksamkeit und Ergebnis Ebene vergeben. Liberale Kommunalpolitik setzt sich der durchgeführten Aktion bzw. Initiative darzustellen dafür ein, dass der Einfluss der Bürger auf die Politik und ggf. zu dokumentieren. Dabei reicht auch die vor Ort verstärkt wird und dass Politik für jedermann Zusendung eines Presseartikels, einer Presse- durchschaubar wird. Sie will „das liberale Rathaus“ mitteilung oder eines Ratsantrags. Die Vorschläge für den Bürger. sind bei der VLK-Bundesgeschäftsstelle, Zu den Brodwiesen 63, 34431 Marsberg, brendel@vlk- Der Preis wird von der Vereinigung Liberaler bundesverband.de einzureichen. Der Sieger des Kommunalpolitiker (VLK) verliehen. Vorschläge Wettbewerbs erhält als Anerkennung den Wander- können von allen FDP-Ratsfraktionen, -Ratsvertretern, preis „Das gläserne Rathaus“ und einen finanziellen Orts- und Kreisverbänden der FDP, den Landesvor- Zuschuss zur Verbandsarbeit. 21
das rathaus 2020•1 Veranstaltungsreihe unterstützt Entscheider vor Ort entsprechend umgesetzt. Unter diesen Themen Die Corona-Pandemie verändert das Leben von finden sich neben Krisen-Haushalt und Krisen- Milliarden Menschen weltweit. Doch während die Kommunikation auch digitale Ratssitzungen sowie internationale sowie die Bundes- und Landesebene im digitale Bürgerbeteiligungsformate. Aus den Fokus der medialen Berichterstattung stehen, wird anfänglich vier geplanten Veranstaltungen wurden die Kommunalpolitik sträflich vernachlässigt. Gerade aufgrund des großen Interesses insgesamt sieben dort, wo Maßnahmen umgesetzt werden müssen und „Webtalks“, die aus einem kurzen Diskussionsblock der direkte Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern und Fragen aus dem Publikum bestanden. In Spitze besteht, fehlen oftmals Austausch und Unterstützung. erreichten die Veranstaltungen 120 Teilnehmer pro Sitzung – aus dem ganzen Bundesgebiet. Gerade hier Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit hat zeigte sich die Chance digitaler Formate, denn um daher in Kooperation mit dem KOMMUNAL Magazin teilzunehmen, musste niemand sein (Heim-)Büro eine siebenteilige Veranstaltungsreihe ins Leben verlassen. Unter der Moderation von Christian gerufen. Ziel war es, den Kommunalpolitikerinnen und Erhardt, Chefredakteur des KOMMUNAL Magazins Kommunalpolitikern sowie den zahlreichen und selbst kommunalpolitisch im brandenburgischen zivilgesellschaftlich engagierten Menschen eine Hohen Neuendorf aktiv, glückte der Versuch, Plattform zu bieten und in kurzer Zeit die wichtigsten innerhalb von nur 30 Minuten konkrete Heraus- Fakten und Best-Practice-Beispiele zum jeweiligen forderungen darzustellen und Lösungsmöglichkeiten Themengebiet darzustellen. Hierzu wurden zunächst zu diskutieren. wichtige Themenfelder analysiert und dann 22
# CORONA Digitale Rathäuser, leere Sportplätze und es vor allem um tragfähige Nutzungskonzepte die im über allem brodelnde Gerüchteküchen Einklang mit den Hygienevorschriften seien und darum, die Flexibilität, die man von Vereinen fordere, In den Veranstaltungen zeigte sich ein gutes Bild auch von Seiten der Politik zu zeigen. deutscher Kommunalpolitik: neben großem Enga- gement wurde auch eine Vielzahl innovativer Ideen Als eine besondere Herausforderung für alle und Mut zur Umsetzung deutlich. Beeindruckend war Kommunalpolitiker und alle diskutierten Politikfelder unter anderem das erste Digitale Rathaus stellte sich die brodelnde Gerüchteküche dar. In Deutschlands, das Bürgermeister Anreas Brohm aus Krisenzeiten ändern sich die Umstände und Vorgaben der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte in Sachsen- ständig, sodass ein großer Informationsbedarf bei den Anhalt vorstellte. Hier können die Einwohnerinnen kommunalen Angestellten und der Bevölkerung und Einwohner alle Behördengänge digital durch- besteht. Bei einem einfachen Weiterleiten neuer führen. Die Vorbereitungen hierzu begannen natürlich Informationen kann es jedoch nicht bleiben, denn die schon vor Corona-Zeiten, doch der wichtigste Schub menschlichen Kapazitäten sind begrenzt. Ein zur finalen Umsetzung kam durch den Corona- "information overload" droht. Und leider verbreiten Lockdown. sich Halbwahrheiten oft schneller, als konkrete Bestimmungen. Die Bürgermeisterin der Kreisstadt Doch längst nicht alle Themen hatten einen Fokus auf Steinfurt und ehemalige Bundestagsabgeordnete der die Krise als Innovationsmotor und digitale Freien Demokraten, Claudia Bögel-Hoyer, stellte ihren Lösungswege. So wurde auch diskutiert, wie scheinbar banalen Lösungsweg dar: „Das A und O in Kommunalpolitiker ihre Sportvereine begleiten und einer Krise ist die gute Kommunikation.“ Sie habe so unterstützen können. Laut Statista gibt es in mit der Lokalzeitung einen täglichen Informations- Deutschland mehr als 88.000 Sportvereine mit knapp austausch vereinbart, um direkt Falschinformationen 24 Millionen Mitgliedern. Das Thema Abstands- entgegenwirken zu können. Außerdem hätte sich in regelungen im Breitensport – mit gesperrten Turn- diesen besonderen Zeiten gezeigt, dass die hallen, Schwimmbädern und Fußballplätzen – betrifft Veröffentlichung ihrer Handynummer sowie eine entsprechend etwa ein Viertel aller Deutschen. Die kontinuierliche Nutzung sozialer Medien geholfen Generalsekretärin der Freien Demokraten Branden- haben, die Streuung von Gerüchten auf einem burg, Anja Schwinghoff, beschrieb die Lage ent- Minimum zu halten. sprechend als angespannt, aber nicht hoffnungslos. Als ehrenamtliche Schwimmtrainerin hätte sie selbst ein starkes Interesse an einem funktionierenden Den Podcast, über den Sie alle Veranstaltungen Netzwerk aus Politik, Vereinen und Sportlern. Zudem nachhören können, erreichen Sie unter diesem dürfe sie als Mitglied im Kreistag Elbe-Elster aktiv die Link: https://kommunal.de/podcast Sportförderung gestalten und so finanziell angeschlagene Vereine unterstützen. Daneben gehe Martin Fischer Lokaler Büroleiter Brandenburg der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit 23
das rathaus 2020•1 Wie Corona aus Landeiern Glückspilze machte Corona hat die Welt auf den Kopf gestellt. Ging es Am auffälligsten ist jedoch, wie sich die An- vorher immer und überall darum, „näher zusammen- ziehungskraft von Stadt und Land in der Krise zurücken“, war Abstandhalten plötzlich das Gebot der umgekehrt haben. Vor der Krise zog es die Menschen Stunde. Soziale Berufe, die wegen ihrer mäßigen reihenweise in die Städte: Mehr Jobs, flexiblere Bezahlung als unattraktiv galten, wurden plötzlich Kinderbetreuung, öffentliche Verkehrsmittel im wertgeschätzt. Wer sie ausübte, bekam zwar deshalb Minuten- statt im Zwei-Stunden-Takt, Kultur- und nicht mehr Geld, aber allabendlichen Applaus auf Freizeitangebote ließen Wohnraummangel, Verkehrs- vielen Balkonen und zahlreiche Hashtags in den lärm und grotesk lange Wartezeiten auf Ämtern in sozialen Medien. Geld, das früher für Urlaub und den Hintergrund rücken. Freizeitvergnügen ausgegeben wurde, wurde auf einmal lieber zu Hause investiert. 24
# CORONA Als die Bundesregierung im März die Schulen vielerorts. Auch ist die Infrastruktur nicht selten noch dichtmachte und die Menschen aufrief, so viel wie ausbaufähig: Familien brauchen wohnortnahe möglich zu Hause zu bleiben, dauerte es nicht lange, Kindergärten und Schulen mit guter Anbindung an bis sich die Meinung vieler zum Landleben änderte. den ÖPNV; sie brauchen Einkaufsmöglichkeiten, Sah man früher nur Einöde, Ereignislosigkeit und Freizeitangebote und medizinische Versorgung. schlechte Infrastruktur, bescheinigten viele Städter der Landbevölkerung nun, „Glück im Unglück“ zu Schon heute gibt es viele Initiativen, die ein Leben auf haben: Während ihnen in ihren Altbauten und Lofts dem Land attraktiver machen. Viele Kommunen ohne Balkon und Garten schnell die Decke auf den bieten z. B. Dorf-Büros an, das sind Gemeinschafts- Kopf fiel, renovierten die Landeier ihre Einfamilien- büros, in denen man flexibel Arbeitsplätze oder auch häuser und vertrieben sich die Zeit mit Gemüseanbau Besprechungsräume mieten kann. Der Bürgerbus im Garten und Spaziergängen in den Wäldern. verbessert die Mobilität von Menschen ohne Auto Restaurants, Kinos und Diskotheken waren für oder Führerschein. Gerade ältere Menschen kommen Städter kein Standortvorteil mehr, weil sie so einfacher zum Arzt oder in den Supermarkt, weil geschlossen wurden, und auch die U-Bahn verlor in sie vor der Tür abgesetzt werden und sich den Zeiten eines hoch ansteckenden Virus gegenüber Fußweg von der Haltestelle sparen. dem eigenen Pkw an Beliebtheit. Wenn nun aufgrund von Corona der Trend noch weg Wer im Dorf wohnte und vormals gern belächelt von Auslandsreisen und hin zu Urlaub in Deutschland wurde, galt plötzlich als Glückspilz. Die meisten geht, könnte die Provinz davon profitieren. Wander- haben mehr Wohnraum pro Kopf zur Verfügung, ein und Fahrradurlaube gewinnen an Attraktivität, auch Garten ist eher die Regel als die Ausnahme, weil die Ansteckungsgefahr an der frischen Luft Abstandhalten unterwegs fällt leichter, wenn die geringer ist. Im kleinen Gasthaus fühlt man sich Bevölkerungsdichte geringer ist. Die Nachbarn sicherer als im großen Hotel, Hausmannskost ziehen kennen einander; schnell gründeten sich zu Beginn viele ohnehin einer Massenabfertigung an großen des Lockdowns Initiativen, die für die Risikogruppen Hotelbüffets vor und die Sehenswürdigkeiten in der einkauften und deren Hunde Gassi führten. deutschen Provinz sind nicht so überlaufen wie in den Metropolen. Man kann davon ausgehen, dass in Doch damit Landleben auch außerhalb von Krisen- diesem Sommer sicher viele die Gelegenheit nutzen, zeiten lebenswert bleibt, braucht es eine Anbindung die Dörfer und Kleinstädte ihrer Heimat ganz neu an schnelles Internet. Große Dateien übertragen, kennen und schätzen zu lernen – und somit auch Videokonferenzen abhalten, Filme streamen – all das etwas Positives in der Krise entdecken können. muss problemlos möglich sein, und da hapert es noch Carina Konrad MdB Vorsitzende der VLK Rheinland-Pfalz Sprecherin für Weinbaupolitik der FDP-Bundestagsfraktion 25
das rathaus 2020•1 Chancen der Digitalisierung für eine bessere Teilhabe nutzen Wir Freie Demokraten stehen dafür, dass Menschen vermitteln und vorhandene besser einsetzen. Neben mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen selbst- der Förderung digitaler Kompetenzen von Menschen bestimmt und ohne Ausgrenzung oder Bevormundung mit Behinderung bedarf es auch einer Qualifizierung ihr Leben gestalten können und die Chance auf der Beschäftigten in den sozialen Berufen, damit die gesellschaftliche Teilhabe in allen Lebens-bereichen digitale Gesellschaft zentraler Bestandteil der erhalten. Das Ziel einer inklusiven Gesellschaft sozialen Arbeit werden kann. Digitale Teilhabe muss beinhaltet dabei neue Möglichkeiten, Barrieren zu verstärkt in die Lehrpläne der Ausbildung und in die überwinden und an der Gesellschaft teilzuhaben. Die Angebote der Weiterbildung aufgenommen werden. FDP-Landtagsfraktion NRW hat vor diesem Hinter- grund das Positionspapier „Chancen der Digitalisier- Für eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen ung für eine bessere Teilhabe von Menschen mit mit Behinderungen ist Barrierefreiheit in allen Behinderung nutzen“ verabschiedet. Lebensbereichen unverzichtbar. Der Zugang zur digitalen Welt wird eingeschränkt, wenn Online- In der Informationsgesellschaft ist die Kompetenz im Angebote nicht barrierefrei sind. Die öffentliche Hand Umgang mit digitalen Medien entscheidend für die besitzt hinsichtlich der barrierefreien Gestaltung von gesellschaftliche Teilhabe. Deshalb wollen wir diese Online Angeboten eine Vorreiterrolle. Länder und 26
# DIGITALISIERUNG Kommunen müssen die Vorgaben der europa- die Arbeitswelt eröffnen neue Chancen im Bereich der rechtlichen Regelungen über einen barrierefreien beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behin- Zugang zu Webseiten und mobilen Anwendungen derungen. Arbeitszeit und Arbeitsort werden flexibler, öffentlicher Stellen umsetzen. Digitale Anwendungen zusätzliche Freiheitsgrade der Beschäftigten können auch dazu genutzt werden, die Kommuni- entstehen. Digitale Assistenz erleichtert die Teilhabe. kation mit Behörden zu erleichtern. Gerade Menschen Dies gilt insbesondere für Menschen mit körperlichen mit kognitiven Einschränkungen, die von den Beeinträchtigungen oder Sinneseinschränkungen, die herkömmlichen Formularen oft überfordert sind, vermehrt Arbeit von zu Hause aus erledigen können. könnten durch onlinebasierte Assistenz unterstützt werden, die gezielt relevante Sachverhalte abfragt. Nordrhein-Westfalen qualifiziert als einziges Bundesland arbeitslose Menschen mit Behinderungen Digitale Hilfsmittel – intelligente Devices und mit einem kaufmännischen Abschluss zu Ver- Kommunikationshilfen – können bei verschiedenen waltungsangestellten in der Landesverwaltung. Durch Beeinträchtigungen, wie z.B. bei Sehbehinderungen, die Landesqualifizierung für Menschen mit Seh- Hörschädigungen oder motorischen Behinderungen behinderung wurden schon mehr als 300 Menschen im Alltag helfen und so neue Chancen eröffnen. in den Landesdienst übernommen. Die Erfahrung aus Daneben kann auch die Digitalisierung aller 22 Jahrgängen Landesqualifizierung hat gezeigt, dass Lebensbereiche kombiniert mit der Vernetzung diese Maßnahme nicht nur ein Beitrag zur Inklusion, öffentlicher Angebote und neuen Dienstleistungen im sondern auch ein Recruiting-Instrument ist. Dafür Sinne einer „Smart City“-Strategie Menschen mit spricht die hohe Zufriedenheit vieler Dienststellen mit Behinderungen in ihrem Alltagsleben, wie in Fragen den Absolventen. Um den Anforderungen der der Gesundheit, der Mobilität oder der Sicherheit, digitalen Arbeitswelt und dem steigenden Bedarf an IT unterstützen. - Fachkräften besser gerecht zu werden, sollten in der Landesqualifizierung auch spezifische IT-Klassen Wir wollen Menschen mit Beeinträchtigungen oder aufgebaut werden. Behinderungen nicht nur im Alltag unterstützen. Wir wollen ihnen auch den Weg in den Ausbildungs- und Wir Freie Demokraten wollen Chancen schaffen und Arbeitsmarkt erleichtern. Inklusion in die Arbeitswelt Perspektiven für alle Menschen eröffnen. Digitale bedeutet daher, schrittweise möglichst vielen Angebote können schon auf kommunaler Ebene das Menschen mit Behinderungen den Weg in den Leben von Menschen mit Beeinträchtigungen oder Arbeitsmarkt zu eröffnen. Wir wollen die Potentiale Behinderungen erleichtern und ihnen mehr Teilhabe aller Menschen nutzen, da wir jede Fachkraft ermöglichen. Schreiten wir mutig voran und schaffen benötigen. Die Auswirkungen der Digitalisierung auf Kommunen der Chancen. Stefan Lenzen MdL Sprecher für Arbeit und Soziales der FDP-Landtagsfraktion NRW Mitglied im Kommunalausschuss 27
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