Jahrgang 2021 Heft Nr. 1 - Deutsches Museum
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22. Jahrgang 2021 · Heft Nr. 1 Editorial Das Archiv des Deutschen Museums hat sich in Ärzte, Bernd Junkers, Enkel und Bewahrer des Er- den letzten drei Jahrzehnten unter der Leitung von bes von Hugo Junkers, Dr. Sabine Rojahn, Vorsit- Dr. Wilhelm Füßl zu einem der führenden Spezial- zende des Freundes- und Förderkreises Deutsches archive für die Geschichte der Naturwissenschaft Museum, sowie Marie von Miller-Moll im Namen und Technik entwickelt. Herr Füßl war es auch, der der Familie von Miller. im Jahr 2000 das Mitteilungsblatt ARCHIV-info Aus dem großen Reigen externer und interner Ko- ins Leben gerufen hat, um das große Spektrum der operationspartner steuern Dr. Bettina Irina Reimers, Archivarbeit angemessen und regelmäßig präsentie- Leiterin des Archivs an der Bibliothek für Bildungs- ren zu können. Seinem Eintritt in den Ruhestand geschichtliche Forschung des DIPF in Berlin, und zum 1. Juni 2021 ist es zu verdanken, dass dieses Dr. Johannes-Geert Hagmann, Leiter der Hauptab- Heft von ARCHIV-info in erweitertem Umfang und teilung AII Technik im Deutschen Museum, Bei- etwas früher als gewohnt erscheint. Ausnahmsweise träge bei. Die Sicht eines erfahrenen Archivnutzers, kommen hierin externe Autorinnen und Autoren der zugleich mehrere Nachlässe an unser Archiv zu Wort, um auf gemeinsame Projekte und die Zu- vermittelt hat, bringt der Wissenschaftshistoriker sammenarbeit in den vergangenen Jahren zurück- Prof. Dr. Dieter Hoffmann zum Ausdruck, wäh- zublicken. rend die Kuratorin für Musikinstrumente im Deut- Die feste Verankerung des Archivs im Deutschen schen Museum Silke Berdux auf das immense Museum dokumentieren dabei die Beiträge von Potenzial der historischen Verwaltungsunterlagen Generaldirektor Prof. Dr. Wolfgang M. Heckl und des Museums eingeht. Einen Einblick in die inter- Forschungsdirektor Prof. Dr. Helmuth Trischler so- nen Abläufe der Archivarbeit gewährt der stellver- wie von den Leitern des Forschungsinstituts PD tretende Archivleiter Dr. Matthias Röschner. Dr. Ulf Hashagen und der Bibliothek Dr. Helmut Zum Schluss kommt Dr. Wilhelm Füßl selbst zu Hilz. Die Vernetzung des Archivs in der nationa- Wort. Er sieht die anderen Beiträge in diesem Heft len, regionalen und lokalen Archivlandschaft re- – im Unterschied zu seiner bisherigen Herausgeber- präsentieren in diesem Heft der Präsident des schaft von ARCHIV-info – erst beim Erscheinen. Bundesarchivs Dr. Michael Hollmann, die Gene- Wir wünschen ihm ebenso wie allen Leserinnen raldirektorin der Staatlichen Archive Bayerns Dr. und Lesern viel Freude bei der Lektüre und beim Margit Ksoll-Marcon, der Leiter des Montanhisto- Stöbern durch 30 Jahre Archivgeschichte(n). rischen Dokumentationszentrums am Deutschen Bergbau-Museum Bochum Dr. Michael Farren- Aus bekannten Gründen kann die ursprünglich ge- kopf, die Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs plante Abschiedsfeier, bei der wir Herrn Füßl mit Dr. Eva Moser sowie die Leiterin der Abteilung Kar- dem vorliegenden ARCHIV-info überraschen woll- ten und Bilder an der Bayerischen Staatsbibliothek ten, leider nicht stattfinden. Daher freuen wir uns Dr. Cornelia Jahn. umso mehr, dass dieses Heft rechtzeitig zum 31. Mai fertig gestellt werden konnte. Mein herzlicher Für die enge und langjährige Verbundenheit mit Be- Dank gilt den Autorinnen und Autoren sowie al- standsbildnern und StifterInnen, FreundInnen und len beteiligten Kolleginnen und Kollegen im Deut- Förderern des Archivs sowie mit der Familie des Mu- schen Museum. seumsgründers Oskar von Miller stehen Prof. Dr. Michael Dröscher, Schatzmeister und Generalse- kretär der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Matthias Röschner 1
Führender Forschungsstandort Und auch wenn es ganz allgemein um historische Fragen rund um das Museum oder zu Oskar von Tradition und Moderne zusammenführen – für die Miller ging, konnte ich von Ihrem schier unend- Biografie Oskar von Millers, die Herr Dr. Wilhelm lichen Wissen profitieren; selbst bei kurzfristigen Füßl in meinem ersten »kompletten« Jahr als Gene- Fragen halfen Sie mir stets prompt und zuverlässig raldirektor 2005 als Publikation vorgelegt und im weiter. Ich danke Ihnen auch im Namen der gesam- Ehrensaal den zahlreich anwesenden Familienmit- ten Museumsleitung sehr herzlich für Ihr großar- gliedern unseres Museumsgründers sowie den Ver- tiges Engagement für das Deutsche Museum, das tretern aus Politik und Gesellschaft präsentiert hat, zum Renommee unseres Hauses enorm beigetragen gilt dies in einem ganz besonderen Maße. In äußerst hat. Für Ihre neuen Betätigungsfelder außerhalb der fundierter, unterhaltsamer Weise stellt Herr Füßl Museumsinsel wünsche ich Ihnen ebenso viel Freu- den privaten und beruflichen Werdegang und die de und Leidenschaft und dabei vor allem viel Ge- besonderen Leistungen des ersten Leiters des Deut- sundheit. Bleiben Sie uns gewogen. schen Museums in zum Teil sehr schwierigen Zeiten Prof. Dr. Wolfgang M. Heckl dar. Oskar von Miller wollte sowohl die historische Generaldirektor des Deutschen Museums, Entwicklung als auch die aktuellen und moderns- Oskar von Miller Lehrstuhl, TU München ten Ergebnisse aus Naturwissenschaft und Technik zeigen. Diese Verbindung von Tradition und Mo derne gehört seit jeher zum Markenkern des Deut- schen Museums. In diesem Sinne haben die Grün- Un-Ruhestand dungsväter unseres Museums auch die Bedeutung historischer Originalunterlagen von Naturwissen- Als ich im September 1992 im Deutschen Museum schaftlern, Technikern und Ingenieuren für die tech- die Leitung des neugebildeten Bereichs Forschung nisch-wissenschaftliche Kultur erkannt. Sie hielten übernahm, gab es im Forschungsinstitut, das mit daher bereits in der ersten Satzung von 1903 die Archiv und Bibliothek den Bereich bildete, nur Einrichtung eines Archivs fest. zwei wissenschaftliche MitarbeiterInnen. Der eine war Wilhelm Füßl, den ich sogleich an eine andere Unser Archiv nahm insbesondere in den letzten Abteilung »verlor«. Der damalige Generaldirektor Jahrzehnten unter der Leitung von Dr. Füßl eine Otto Mayr und ich hatten erkannt, dass es dringend beeindruckende Entwicklung hin zu einem der erforderlich war, das Archiv zu professionalisieren. führenden Forschungsstandorte mit gezielter Sam- Als Historiker und erfahrener Archivar war Wilhelm meltätigkeit im Bereich der Geschichte der Natur- Füßl prädestiniert dafür, ihm die Verantwortung für wissenschaft und Technik. Dies belegen die vielen diese Aufgabe zu übertragen. Er übernahm also die exzellenten Neuzugänge – so etwa die Nachlässe Leitung, und in den nächsten Monaten machten des Physikers Ernst Mach, des Computerpioniers wir uns gemeinsam daran, das Archiv in seiner Or- Konrad Zuse oder des Pioniers der elektronischen ganisation und seinen Workflows völlig neu aufzu- Musik Oskar Sala. Und auch einige historische Be- setzen – und das Budget zu konsolidieren. stände von Nobelpreisträgern hat Herr Dr. Füßl an unser Haus gebracht. Die bereichsübergreifenden All das erforderte ein Change Management, das Wil- Sonderausstellungen zu einigen dieser bedeutenden helm Füßl ebenso behutsam nach innen wie konse- Wissenschaftler waren große Erfolge und haben die quent nach außen ausbalancierte. Dabei mussten Kernfunktionen unseres Hauses – Sammeln, Be- manch alte Zöpfe abgeschnitten und eingefahrene wahren, Ausstellen und Erforschen – mustergültig Privilegien einiger Kuratoren, die aus Gewohnheit demonstriert. Zudem trägt auch das Archiv in er- unbeschränkten Zugang zu »ihren« Archivmateri- heblichem Maße dazu bei, die Wertschöpfungsket- alien in den Magazinen hatten, beseitigt werden. te von Museum und naturwissenschaftlich-techni- Dass diese sich bei mir ob der ihnen inakzeptabel scher Bildung zu fördern. So konnten unzählige erscheinenden Maßnahme beschwerten, konnte SchülerInnen und junge WissenschaftlerInnen in nicht ausbleiben. Hier wie auch bei allen anderen den beliebten Archivvorträgen und Führungen von Reformen zogen wir an einem Strang und stimm- Dr. Füßl ihren historischen Vorbildern aus nächster ten uns eng ab. Die Aufgeregtheiten innerhalb und Nähe »begegnen«. Sie waren stets restlos begeistert, außerhalb der Abteilung legten sich jedoch, als alle einmal das Laborbuch von Otto Hahn zur Ent- Beteiligten rasch das herausragende Fachwissen von deckung der Kernspaltung im Original zu sehen, Wilhelm Füßl erkannten. einen Einsteinbrief zu entziffern oder sogar eine Was dann folgte – mit dem Blick für das große Gan- Nobelmedaille selbst in den Händen zu halten. ze geplant und Schritt für Schritt umgesetzt –, war Übrigens geht es Menschen mit abgeschlossenem der Ausbau »seines« Archivs zu einem der führen- Studium genauso. den Spezialarchive Deutschlands, ja international. 2
Um nur einige der konsequent durchgeführten Prestel Verlag veröffentlichten Band gemeinsam Maßnahmen zu nennen, die uns heute so selbst- mit ihm herauszugeben. Seinem nimmermüden verständlich erscheinen, seinerzeit aber Beharrlich- Engagement in der Erforschung der Museums- keit, Durchsetzungsvermögen und bisweilen auch geschichte zuzuordnen sind schließlich auch die den langen Atem des Wartens auf ein Window of umfangreichen Aktivitäten des Kurators Wilhelm Opportunity benötigten: der Umbau der Magazin- Füßl: die Dauerausstellung zur Museumsgeschich- räume, die Neugestaltung der Büros und des Benut- te neben dem Ehrensaal, die Millionen von Besu- zerlesesaals; der Ausbau des ehemaligen Filmsaals cherinnen und Besuchern gesehen haben, und die und die Ausstattung des neuen Magazins mit einer Sonderausstellungen zu Konrad Zuse, zu Philipp modernen Rollregalanlage; die Entwicklung eines Lenard und zu Ernst und Ludwig Mach, die jeweils Sammlungskonzepts mit definierten Schwerpunk- von einem fundierten wissenschaftlichen Katalog ten; die Einführung von FAUST als Archivinfor- begleitet wurden. mationssystem; die systematische Erfassung und Wilhelm Füßl wird zweifelsohne auch in seinem Erschließung der Bestände; die kontinuierliche »Ruhestand« sehr aktiv bleiben. Er wird seine Lei- Einwerbung herausragender Sammlungen; der Auf- denschaft für das Golfspielen ausleben und seine bau von ARCHIV-info als Kommunikationskanal Hobbys pflegen. Und er wird weiter forschen und zur Scientific Community; die Digitalisierung der publizieren, vor allem zu der Person von Arthur Findbücher und ausgewählter Bestände; die erfolg- Schönberg, dem Ingenieur im Schatten Oskar von reiche Beantragung und Realisierung kooperativer Millers. Forschungsprojekte im Bereich der Sammlungser- schließung und Digitalisierung. Ohne Sie, lieber Herr Füßl, wird das Deutsche Mu- All das hätte einen gestandenen Archivleiter mehr seum, für mich und für viele weitere Kolleginnen als ausgelastet. Nicht so Wilhelm Füßl, der sich mit und Kollegen, nicht mehr das sein, was es einmal seinem einzigartigen Gespür für die Chancen ei- war: Wir werden Sie heftig vermissen! ner stetigen Profilschärfung des Museumsarchivs Prof. Dr. Helmuth Trischler mit dem Erreichten nie zufriedengab. Weit über Leiter des Bereichs Forschung am Deutschen das Deutsche Museum hinaus prägte er die Archiv- Museum, Direktor des Rachel Carson Centers landschaft in Deutschland im Allgemeinen und die der Leibniz-Gemeinschaft im Besonderen durch weichenstellende Initiativen und Projekte. Ihm vor allem ist es zu verdanken, dass sich die Arbeitsge- Archivspartenübergreifendes meinschaft der Leibniz-Archive zu einem fest insti- tutionalisierten Arbeitskreis weiterentwickelte, den Miteinander er gemeinsam mit dem famosen Michael Farren- Dr. Wilhelm Füßl und die kopf, Leiter des Montanhistorischen Dokumentati- onszentrums am Deutschen Bergbau-Museum Bo- Staatlichen Archive Bayerns chum, über viele Jahre hinweg leitete. Ihm ist es zu Das Deutsche Museum als Wissenschafts-, For- verdanken, dass seine Vision des »Sammelns im Ver- schungs- und High-Tech-Einrichtung zeichnet sich bund« sich zu einem Leitbild der Leibniz-Archive durch den Dreiklang Museum – Archiv – Bibliothek entwickelte. Und ihm ist es zu verdanken, dass sich aus. Als Dr. Wilhelm Füßl 1992 nach einer zweijäh- die Leibniz-Gemeinschaft – unter der Federführung rigen Tätigkeit am Bayerischen Hauptstaatsarchiv des Deutschen Museums – mit den kooperativen die Leitung des Archivs des Deutschen Museums Forschungsprojekten DigiPEER und DigiPortA zu übernahm, wurde rasch deutlich, dass zu seinen einer führenden Einrichtung digitaler Bestandser- Zielen die Steigerung des Ansehens in der Öffent- schließung im Bereich der Archive profilierte. lichkeit und der Ausbau der Überlieferung der ihm Jede Würdigung der herausragenden Leistungen anvertrauten Einrichtung gehörten. Im Editori- Wilhelm Füßls bliebe ein Torso, würden seine For- al von Heft 1 des ersten Jahrgangs der Broschüre schungsarbeiten zur Geschichte des Deutschen Mu- ARCHIV-info schrieb im Jahr 2000 der damalige seums ausgespart. Von langer Hand geplant war die Generaldirektor des Deutschen Museums Prof. Dr. fulminante Biografie des Museumsgründers Oskar Wolf Peter Fehlhammer, dass das Archiv in den von Miller, die er rechtzeitig zu dessen 150. Ge- letzten Jahren zu einem »center of excellence« ge- burtstag im Jahr 2005 im renommierten Beck-Ver- worden sei, vor allem im Hinblick auf den Erwerb lag publizierte. Zwei Jahre zuvor erschien die große zentraler Dokumente zur Naturwissenschafts- und Museumsgeschichte zum 100. Jubiläum der Grün- Technikgeschichte. Dieses von Dr. Füßl zweimal dung des Deutschen Museums, und ich hatte das jährlich herausgegebene Nachrichtenblatt infor- Vergnügen, den im nicht minder renommierten miert knapp und fundiert über Tätigkeiten des 3
Archivs, herausragende Projekte und Zuwächse in Fruchtbare Zusammenarbeit genere, wobei auf den Erwerb von Nachlässen be- deutender Persönlichkeiten aus den Bereichen Na- mit dem Bundesarchiv turwissenschaft und Technik sowie von Firmenar- Zu den wichtigsten Besonderheiten des Archivwe- chiven ein besonderer Schwerpunkt gelegt wurde. sens zählt der Umstand, dass Archive – gleich ob Hier zeigt sich, dass sowohl der Archivleiter als es sich z.B. um das Bundesarchiv, ein Landesarchiv auch die Institution Archiv des Deutschen Muse- oder ein Wissenschaftsarchiv handelt – grundsätz- ums größtes Vertrauen genießen. lich nicht miteinander konkurrieren; ihre Bestände Dr. Füßl war in der Archiv-Community durch die verhalten sich im Wesentlichen komplementär zu- tatkräftige Mitwirkung in Gremien und Arbeits- einander. Allein im Bereich der archivischen Samm- kreisen bestens vernetzt. Seit 1998, als sich der lungen liegen die Zuständigkeiten nicht so klar, kann Arbeitskreis Bayerischer Archivtag als spartenüber- es zu Störungen der Pax Archivistica kommen, weil greifendes Gremium konstituierte, dessen Aufgabe mehrere Archive um denselben Nachlass wetteifern insbesondere die Ausrichtung des Bayerischen Ar- oder parallele sachthematische Sammlungen anle- chivtags alle zwei Jahre sowie die Verleihung des gen. Seit vielen Jahren ist es das Bestreben Wilhelm bayerischen Archivpreises, des Bayerischen Janus, Füßls, auch im Bereich der Sammlungen Frieden ist, hat er den Bereich Wissenschaft und Forschung einkehren zu lassen und Ordnung zu schaffen. Die in diesem Gremium vertreten. 1999 fand der 1. Initiative »Sammeln im Verbund« ist in besonderer Bay erische Archivtag in Bamberg statt; seit dem Weise sein »Projekt«. 4. Bayerischen Archivtag finden für die einzelnen Auf Einladung Wilhelm Füßls habe ich an verschie- Archivsparten auch eigene Sitzungen statt, so auch denen Veranstaltungen zum Thema »Sammeln im für die ArchivarInnen an Hochschularchiven und Verbund« teilnehmen dürfen. Schon bei unserer wissenschaftlichen Einrichtungen, deren Leitung ersten Begegnung im Deutschen Museum in Mün- meist in den Händen Dr. Füßls lag. Mit großem En- chen durfte ich nicht nur viele Kolleginnen und gagement brachte er sich in die Themenstellung der Kollegen kennenlernen, mit denen ich im dienstli- Archivtage ein und stellte u.a. Vorzeigeprojekte des chen Alltag des Bundesarchivs vielleicht nie in Kon- Archivs des Deutschen Museums vor, wie beispiels- takt gekommen wäre, zu meinem großen Erstaunen weise das Projekt zur Sicherung von Tonbändern erfuhr ich quasi nebenbei, dass im Archiv des Deut- aus dem Nachlass Oskar Salas. Gerade im Bereich schen Museums auch kostbare Handschriften aus der Digitalisierung kam dem Archiv des Deutschen dem Mittelalter und faszinierende Unterlagen über Museums eine Vorbildrolle zu. Vergessen werden Industriespionage aus dem 18. Jahrhundert zu fin- darf in diesem Zusammenhang auch die Vorstel- den sind. lung des Imagefilms nicht. Ein großes Anliegen Dr. Füßls war das »Sammeln im Verbund«, damit die Die Idee des »Sammelns im Verbund« hat in der ar- verschiedenen Einrichtungen nicht in Konkurrenz chivischen Gemeinschaft mittlerweile einen festen zueinander auftreten. Im Erwerb historischer Über- Platz. Damit eine solche Idee wirken kann, braucht lieferung sah er eine »kulturelle Verpflichtung«, da es Menschen, die sich mit Nachdruck für sie einset- dadurch zentrale Dokumente für immer dem Markt zen und die in der Lage sind, Menschen aus ver- entzogen werden und öffentlich zugänglich sind. schiedensten Institutionen zusammenzubringen – kurz: Es braucht Menschen wie Wilhelm Füßl. Ein wichtiger Partner ist das Archiv des Deutschen Museums auch beim Tag der Archive, den Dr. Füßl Für sein bisheriges Wirken möchte ich dem Kol- als »wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit« legen Wilhelm Füßl herzlich danken, und für das sehr bewusst gestaltete, um immer wieder neue »Leben nach dem Archiv« alles Gute und viele inte- Schätze seiner Institution vorzustellen, was auch in ressante Projekte wünschen. regelmäßig stattfindenden Ausstellungen und Pub- Dr. Michael Hollmann likationen erfolgte. Präsident des Bundesarchivs Für die inspirierende, konstruktive und stets ziel- führende Zusammenarbeit über all die Jahre danke ich Herrn Dr. Wilhelm Füßl ganz herzlich. Dr. Margit Ksoll-Marcon Generaldirektorin der Staatlichen Archive Bayerns 4
Von Hamburg nach Deutschland Nicht nur dafür, lieber Herr Dr. Füßl, möchte ich Ihnen an dieser Stelle ganz herzlich danken! Wir und darüber hinaus … alle werden Sie besonders auch in diesem AK ver- Dr. Wilhelm Füßl und der AK missen. Alles Gute für die Zukunft und ad multos annos! Archive der Leibniz-Gemeinschaft Dr. Michael Farrenkopf Als ich im April 2005 das Hamburgische Welt-Wirt- Leiter des Montanhistorischen schafts-Archiv direkt an der Binnenalster betrat, be- Dokumentationszentrums und stellv. Direktor gegnete ich Dr. Wilhelm Füßl erstmals persönlich. des Deutschen Bergbau-Museums Bochum, Seinen Namen als Leiter des Archivs des Deutschen Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen Museums kannte ich selbstverständlich aus der Li- teratur, direkt getroffen hatten wir uns – ich hatte nur wenige Jahre zuvor die Leitung des am Deut- schen Bergbau-Museum Bochum neu zu errichten- Der Freundeskreis den Montanhistorischen Dokumentationszentrums dankt Wilhelm Füßl (montan.dok) übernommen – allerdings noch nicht. Anlass für unsere erste Zusammenkunft war Ein Archiv ist langweilig, verstaubt? Nein, ganz ein nunmehr offizielles, zweites Treffen der »AG bestimmt nicht, insbesondere, wenn man einen so Archive« der Leibniz-Gemeinschaft, das VertreterIn- begnadeten Kommunikator wie Wilhelm Füßl hat, nen von seinerzeit gut zehn Archiven zusammen- der seit 1992 das Archiv des Deutschen Museums führte. Es handelte sich um eine neue Initiative, die leitet. Er hat die Schatzkammer für Wissenschaft sich vor allem eine stärkere Vernetzung der Archive und Technik nicht nur hervorragend verwaltet, aus- innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft auf die Fah- gebaut und für die Digitalisierung geöffnet, sondern nen geschrieben hatte. auch zu einem Anziehungspunkt für die Besucher gemacht. Da das Bergbau-Archiv Bochum als Branchenar- Dem im Jahre 2000 gegründeten Freundes- und chiv und Teil des montan.dok schon lange aktiv in Förderkreis des Deutschen Museums hat Wilhelm der Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare e.V. Füßl von Anfang an das Privileg gewährt, seine ganz gremientechnisch verortet war, wollte ich mich in besonderen Schätze sehen zu dürfen. Bei den Vor- Hamburg eher interessiert-defensiv verhalten. Aber trägen im Archiv ging schon eine Spannung durch es kam ganz anders: Die konstruktive Gesprächs- den Raum, wenn sich der Archivleiter seine weißen atmosphäre und die überzeugenden Argumente Handschuhe anzog und wir uns über Briefe der gro- für ein koordiniertes Handeln der Archive führten ßen Wissenschaftler beugen konnten. Er verstand laut Protokoll zu folgendem Ergebnis: »Offizielle es, mit kleinen privaten Anekdoten die menschli- Konstituierung der Arbeitsgemeinschaft Archive chen Seiten, die nicht immer ganz fehlerfrei waren, in der Leibniz-Gemeinschaft am 05. April 2005, der verehrten Helden mit viel Humor zu erzählen. 13.26 Uhr. Als Sprecher der AG fungieren nach Jede Veranstaltung war spannend. Allzu oft haben einstimmigem Beschluss die Herren Dr. M. Farren- wir die Zeit mit unseren Fragen überzogen. kopf, Deutsches Bergbau-Museum in Bochum und Dr. W. Füßl, Deutsches Museum in München.« Wilhelm Füßl war immer für den Freundeskreis da, nie wurde eine Bitte für eine gesonderte Führung Bis heute hat der Arbeitskreis Archive (als AK seit – selbst am Wochenende – abgeschlagen. Auch bei 2008) eine Doppelspitze, damals reichte ein Blick- den digitalen Projekten im Corona-Jahr (Vorstands- kontakt zwischen uns beiden für diese Entscheidung mitglieder und Junioren zeigten im Gespräch mit – und meinen Sinneswandel binnen Stunden – aus. KuratorInnen ihre Lieblingsprojekte) sagte er sofort Schon in den folgenden Monaten lernte ich Herrn seine Mitwirkung zu. Dr. Füßl intensiv kennen: Sein reiches Wissen in vielen Belangen, seine stets freundlich-überlegte Art Wenn Sie sich den Film von und mit Monika Czer- und seine überaus kompetent-strategische Sicht auf nin, Urenkelin von Oskar von Miller, im Gespräch die Archive als Basis von Wissenschaft und Gesell- mit Wilhelm Füßl über den Nachlass des Museums- schaft. Nur so ließ sich der AK Archive der Leib- gründers ansehen, verstehen Sie sofort die Begeiste- niz-Gemeinschaft in den vergangenen 16 Jahren zu rung, mit der er seine Schätze präsentiert, und diese einem in vielerlei Hinsicht aktiven und erfolgrei- Begeisterung überträgt sich auf uns alle. chen Gremium entwickeln, über dessen Leistungen Der Freundeskreis hat die Aufgabe, das Deutsche und Vorhaben nicht zuletzt in ARCHIV-info im- Museum finanziell und materiell zu unterstützen. mer wieder berichtet worden ist. Wen sollte es wundern, dass Wilhelm Füßl bei fi- 5
nanziellen Engpässen für seine Archivprojekte An- den Anteil daran, dass ab 1995 wesentliche Famili- träge beim Freundeskreis stellte. Es gab Förderan- endokumente an das Museum übergeben werden träge, die mit großer Zustimmung sofort genehmigt konnten. Denn es war der ausdrückliche Wunsch wurden, z.B. die Biografie Oskar von Millers oder Rudolf von Millers, den Nachlass seines Vaters Os- der Imagefilm des Archivs. Aber nicht alle Anträ- kar von Miller zusammenzuhalten und im Archiv ge wurden einfach »durchgewunken«, so löste die des Museums der Familie und der Öffentlichkeit Finanzierung für den Porträtkatalog von Frau Hu- gleichermaßen zur Verfügung zu stellen. guenin nicht nur Begeisterung aus. So viel Geld für Mit der Biografie über Oskar von Miller, die Wil- ein Buch? Ist das noch zeitgemäß? Wilhelm Füßl helm Füßl 2005 im Ehrensaal des Deutschen Mu- gab nicht auf, sondern konnte uns mit seinen Ar- seums im Beisein vieler Familienmitglieder vorstell- gumenten überzeugen, und der Antrag wurde ge- te, hat er ein ebenso wissenschaftlich viel gelobtes nehmigt. Was für ein schönes Buch ist es geworden, Werk als auch ein höchst leserliches Buch über das und es wurde sogar mit einem Preis ausgezeichnet. Wirken unseres Großvaters und Urgroßvaters vor- Wir können uns das Deutsche Museum ohne Wil- gelegt. Außerdem hat er uns viele bisher unbekann- helm Füßl gar nicht vorstellen. Bei seiner großen te Seiten und überraschende Einblicke in die Per- Liebe zum Deutschen Museum, insbesondere zu sönlichkeit Oskar von Millers beschert. Die Familie »seinem« Archiv, sind wir jedoch zuversichtlich, wird Wilhelm Füßl dafür immer zu besonderem dass der wohlverdiente Ruhestand nicht das Ende Dank verpflichtet sein. der Begegnungen sein wird, sondern vielmehr der Stets dankbar war dem langjährigen Leiter des Ar- Anfang neuer Wege. chivs auch Christina Gräfin Podewils, die zusammen Der Freundeskreis dankt Wilhelm Füßl von Herzen mit Christiane Kaske den Freundes- und Förder- für die großartigen Führungen, die ständige Unter- kreis Deutsches Museum gegründet hat, sowie ihre stützung und die vielen tollen Gespräche und für Nachfolgerin im Vorstand, Monika Gräfin Czernin. seine Freundschaft. Wilhelm Füßl hat mit seinem umfassenden Wissen Dr. Sabine Rojahn und seiner lebendigen Vortragskunst am Gedeihen Vorsitzende des Freundes- und und Wohlergehen dieses Unterstützungsgremiums Förderkreises Deutsches Museum e.V. mitgewirkt. Seine Archivführungen, in denen er, einem Zauberer gleich, kostbare Dokumente leben- dig werden ließ, bleiben unvergessen. Die Familie von Miller wünscht Dr. Wilhelm Füßl Dank der Familie von Miller alles Gute für die Zukunft und noch viele Jahre der an Dr. Wilhelm Füßl Schaffenskraft für seine Vorhaben. Im Namen der Familie von Miller Es ist nunmehr 30 Jahre her, dass das erste persön- Marie von Miller-Moll liche Treffen zwischen Rudolf und Emmy von Miller Enkelin von Oskar von Miller und Dr. Wilhelm Füßl stattfand. Das gemeinsame Abendessen im Familienhaus der Millers am Starn- berger See im Beisein des damaligen Generaldirek- tors Dr. Otto Mayr war der Auftakt einer engen Archivar der GDNÄ Freundschaft und eines intensiven Austausches zu allen das Deutsche Museum und seinen Gründer Lieber Herr Dr. Füßl, Sie nehmen Ihren Abschied betreffenden sowie darüber hinaus reichenden The- aus dem aktiven Arbeitsleben im 199. Jahr des Be- men. stehens der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte e.V. Der herzliche, von beiderseitigem Vertrauen ge- tragene Kontakt zwischen Rudolf von Miller und 1993 wurden Sie zum Archivar unserer Gesellschaft Wilhelm Füßl hat bis zum Tod des jüngsten Sohns berufen, kurz nachdem Sie die Leitung des Archivs Oskar von Millers angehalten und sich alsdann des Deutschen Museums übernommen hatten. Seit auf die nächsten beiden Generationen der Familie mehr als 27 Jahren haben Sie sich darum geküm- übertragen. Für seine Forschungsarbeiten zum Mu- mert, dass das Wirken unserer Gesellschaft auch für seumsgründer war Wilhelm Füßl unzählige Male in die Zukunft dokumentiert bleibt. Niederpöcking, um Einsicht in die Dokumente im Es war keine leichte Aufgabe, unser Archiv zu füh- Familienarchiv zu nehmen und sich mit Rudolf von ren. Leider sind Unterlagen in der Zeit von der Grün- Miller, aber auch seinen Töchtern Christina Gräfin dung im Jahr 1822 bis zur Auflösung des Vereins von Podewils und Marie von Miller-Moll darüber durch die Nationalsozialisten nur bruchstückhaft auszutauschen. Wilhelm Füßl hatte auch bedeuten- aus privatem Besitz vorhanden. Die Vereinsunterla- 6
gen wurden nach dem Krieg von sowjetischen Trup- verkehrsgesellschaft, der Trans-Europa-Union, in pen beschlagnahmt und sind seitdem verschollen. die Junkers seine nationalen und internationalen Was seit der Neugründung 1950 bis zum Jahr 1984 Luftfahrtgesellschaften eingebracht hatte. zusammengetragen worden war, wurde 1989 in die Dr. Wilhelm Füßl hat in seiner Biografie Oskar von Obhut des Deutschen Museums übergeben und Millers und in weiteren Beiträgen, unter anderem bald darauf von Ihnen betreut. Sie haben nicht nur im Museumsmagazin »Kultur & Technik«, über Unterlagen betreut, sondern auch vielfältig über diese enge Verbindung berichtet. Er konnte dabei Ihre Arbeit berichtet. Ihre Publikations- und Vor- auf die Junkers-Sammlung des Deutschen Muse- tragsliste ist 27 Seiten lang. ums zugreifen, den weltweit größten Archivbestand Auch bei uns haben Sie vorgetragen. Sie haben im über Hugo Junkers, die Mitarbeiter und die Werke. Rahmen der 118. Versammlung unserer Gesell- Allein das Firmenarchiv umfasst 160 Regalmeter. schaft 1994 in Hamburg im »Schülervortrag« über Unter seiner Leitung wurde die Sammlung erweitert die »Bühne technischen Wissens: Das Deutsche und systematisch mit großem Einsatz elektronisch Museum in München« berichtet. erfasst. Zahlreiche in- und ausländische Buchauto- ren sowie Film- und Fernsehproduzenten haben Ihr Rat war immer gefragt, wenn es um die Ge- dieses Archiv für ihre Arbeiten genutzt und so das schichte der Naturwissenschaften und unserer Ge- Werk von Hugo Junkers weiter lebendig gehalten. sellschaft ging. Dafür möchte ich Ihnen sehr herz- Dafür bin ich Herrn Dr. Füßl und dem Deutschen lich danken. Museum sehr dankbar. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir Sie zu der 132. Versammlung der GDNÄ vom 8. bis 11. Sep- Wohl wissend, dass er nach seinem Eintritt in den tember 2022 in Leipzig begrüßen könnten, unserer Ruhestand keinesfalls Ruhe geben, sondern weiter 200-Jahr-Feier. die Ergebnisse seines Wissens und seiner Neugier- de zwischen Buchdeckeln fassen wird, wünsche ich Lieber Herr Füßl, ich wünsche Ihnen persönlich ihm von Herzen weiterhin frohes und erfolgreiches und im Namen der GDNÄ alles Gute und viele Schaffen. interessante Aktivitäten für den nächsten Lebens- abschnitt. In diesen Zeiten ist es auch wichtig, Ge- Bernd Junkers sundheit und Zuversicht zu wünschen. Bleiben Sie Dipl.-Wirtschaftsingenieur, Bewahrer des Erbes seines der GDNÄ gewogen. Großvaters Hugo Junkers, aktiver Förderer des Deutschen Prof. Dr. Michael Dröscher Museums durch Spenden und Stiftungen zahlreicher Schatzmeister und Generalsekretär der Exponate sowie der Junkers-Bestände im Archiv, Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte Oskar-von-Miller-Medaille in Gold 1994 Das Erbe Hugo Junkers im Weil uns alle mehr Archiv des Deutschen Museums verbindet – als uns trennt … Hugo Junkers wurde bereits 1904 Mitglied des Aus- Gemeinschaftsprojekte im AK schusses des Deutschen Museums, zu einer Zeit, Archive der Leibniz-Gemeinschaft als er an der Technischen Hochschule Aachen das Unsere Wege kreuzten sich erstmals im Herbst 2008 maschinentechnische Laboratorium leitete und in anlässlich des 9. Treffens des Arbeitskreises Archive seiner privaten Forschungsanstalt an der Entwick- der Leibniz-Gemeinschaft in Marburg. Meine Vor- lung von großen Schwerölmotoren arbeitete. Sein gängerin im Amt hatte mir mit auf den Weg gege- Gasbadeofenwerk in Dessau expandierte und er- ben, dies sei der netteste, kollegialste und zielfüh- wirtschaftete die dazu erforderlichen finanziellen rendste Zusammenschluss, den sie im Verlauf ihres Mittel. Als Junkers sich der Entwicklung von Me- langen Berufslebens erlebt habe. Ich war also mehr tallflugzeugen zuwandte und große Erfolge mit als gespannt. dem ersten Ganzmetallverkehrsflugzeug, der Jun- kers F13, erzielte, entwickelte sich eine enge und Drei Themenfelder sind in meiner Erinnerung eng freundschaftliche Beziehung zu Oskar von Miller, mit dem Wirken von Wilhelm Füßl im Arbeitskreis der den Flugzeugbau zu den innovativsten Indus- Archive der Leibniz-Gemeinschaft verbunden: die trien seiner Zeit zählte. So übernahm von Miller Diskussion um eine Festschreibung von Samm- 1923 den Vorsitz im Verwaltungsrat der damals lungsschwerpunkten und Profilen durch »Sammeln neugegründeten und größten europäischen Luft- im Verbund«, weiter die Frage nach einer guten 7
Steuerung der Arbeit durch Indikatoren sowie die Erfolgreicher Netzwerker Schaffung von Synergieeffekten und Erzielung einer höheren Sichtbarkeit durch gemeinsame Projekte. mit Medienkompetenz Aus der im Arbeitskreis intensiv geführten Diskus- Der Mensch verfügt nach der klassischen Lehre sion über die Notwendigkeit eines klaren Samm- über fünf Sinne. Wilhelm Füßl hat aber noch ei- lungsprofils und einer daraus abgeleiteten Samm- nen weiteren, einen sechsten Sinn: das frühzeitige lungspolitik für die einzelnen Mitgliedsarchive Erkennen zukunftsträchtiger Entwicklungen und entwickelte sich unter Federführung von Wilhelm Strömungen im Archivwesen. Und er verfügt auch Füßl die Idee des »Sammelns im Verbund« mit dem über die notwendige Tatkraft, diesen Erkenntnissen Ziel der Stärkung einzelner Archive als Kompetenz- schnell die richtigen Schritte folgen zu lassen. Früh zentren der kulturellen Überlieferungsbildung für hat er als Leiter des Spezialarchivs zur Geschichte ihre genuinen Sammlungsschwerpunkte. der Naturwissenschaft und der Technik in Deutsch- Dieser Idee folgte auch ein Gemeinschaftsprojekt land und Europa den Gedanken der Informations- von neun Archiven der Leibniz-Gemeinschaft, das dienstleistung aufgegriffen und umgesetzt. unter Leitung von Wilhelm Füßl und dem Deut- In der modernen Mediengesellschaft ist es ein wich- schen Museum in den Jahren 2012 bis 2015 umge- tiger Auftrag der Archive, ihre Verantwortung für setzt wurde. Ziel des Projekts DigiPortA war es, am die Bewahrung unersetzlichen Kulturguts sichtbar Beispiel der Quellengattung »Porträt«, die Möglich- zu machen und die breite Öffentlichkeit für ihre keiten der kooperativen Erfassung, Digitalisierung Belange zu sensibilisieren. Wilhelm Füßl hat es sich und Präsentation von Bildquellen auszuloten und erfolgreich zur Aufgabe gemacht, für Verständnis dabei die Bedeutung der Archivbestände in den be- und Akzeptanz zu werben. Beim bundesweiten teiligten Leibniz-Einrichtungen aufzuzeigen. Nach Tag der Archive, der seit 2001 die Bedeutung ar- erfolgreichem Abschluss stehen nun im Digitalen chivischer Arbeit und die Pflege der Erinnerungs- Porträtarchiv DigiPortA rund 33 000 Einzelporträts kultur mit zahlreichen Veranstaltungen in den Mit- und Gruppenaufnahmen als reichhaltiges Quellen- telpunkt rückt, gehört er zu den tragenden Säulen material für eine kultur- und geisteswissenschaft- des Münchner Archivverbunds. Mehrfach hat das liche Forschung online zur Verfügung. Die virtuelle Archiv des Deutschen Museums die Organisation Porträtsammlung präsentiert Abbildungen von Ak- und Koordinierung dieses wichtigen Aktionstags teuren aus den Bereichen Bildende Kunst und Bau- übernommen. Das attraktive und anspruchsvolle kunst, Wissenschaft, Industrie und Technik, Schule Programm im eigenen Haus erwies sich immer als und Bildung, Politik und Gesellschaft und zeigt bei großer Publikumserfolg. Die archivische Zusam- aller Diversität der Sammlungsschwerpunkte die menarbeit über alle Sparten hinweg und die Pflege Chancen und Vorteile einer gemeinsamen Erschlie- des Netzwerkgedankens sind Wilhelm Füßl ein gro- ßung nach festgelegten Standards auf. ßes Anliegen. Dafür setzte er wichtige Impulse und Vielleicht ist genau das das Geheimnis der Arbeit zeigt sich als kompetenter, ideenreicher und zuver- von Wilhelm Füßl: eher das Gemeinsame zu beto- lässiger Ansprechpartner. nen, als das Trennende zu suchen. Seine Erfahrung bringt er auch seit vielen Jahren Ganz besonders danken möchte ich Wilhelm Füßl im Wissenschaftlichen Beirat unseres Bayerischen auch persönlich für sein Engagement als Mitglied Wirtschaftsarchivs ein, wo er als Vertreter des Gene- im wissenschaftlichen Beirat der BBF. raldirektors des Deutschen Museums wirkt. Ich dan- Abschiede sind immer auch Neuanfänge. Für die- ke Wilhelm Füßl für sein ideenreiches Engagement, se wünsche ich meinem hoch geschätzten Kollegen seinen augenzwinkernden Humor im Sitzungsge- aus vollstem Herzen alles Gute! schehen und für das so kollegiale Miteinander. Ich wünsche ihm, dass er seine vielfältigen Pläne und Dr. Bettina Irina Reimers Vorhaben auch im neuen Lebensbereich mit dem Leiterin des Archivs der BBF | Bibliothek für gewohnten Elan in die Tat umsetzen kann. Bildungsgeschichtliche Forschung des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung Dr. Eva Moser und Bildungsinformation Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs 8
Vom Tag der Archive Abzügen und Dias noch in Hamburg aufbewahrt war, von der Forschung jedoch nur eingeschränkt zum STERN-Fotoarchiv genutzt werden konnte. 2019 konnte die Bayerische Staatsbibliothek dieses einzigartige Archiv des Foto- Meine Verbindung zu Herrn Dr. Füßl beruht zu- journalismus und visuelle Gedächtnis der BRD und nächst darauf, dass wir beide bei Professor Dr. Eber- weit darüber hinaus übernehmen. hard Weis am Lehrstuhl für Neuere Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität promoviert haben. Lieber Willy, ich danke Dir sehr für die lange wun- Wir kennen uns daher seit Mitte der 1980er-Jahre. derbare Zusammenarbeit und wünsche Dir von Herzen in jeglicher Hinsicht alles Gute für die Zu- 2012 lud mich Herr Füßl erstmals ein, uns am Tag kunft, Gesundheit, Freude und viel Erfolg bei Dei- der Archive, der alle zwei Jahre bundesweit statt- nen weiteren Forschungen. findet, am Standort im Deutschen Museum zu beteiligen. Ich war zu diesem Zeitpunkt stellvertre- Dr. Cornelia Jahn tende Leiterin des Nachlassreferats der Bayerischen Leiterin der Abteilung Karten und Staatsbibliothek. Mit einer Sammlung von mehr als Bilder an der Bayerischen Staatsbibliothek 1000 Nachlässen und rund 36000 Einzelautografen stand hierfür ein inhaltlich sehr breiter und schier unerschöpflicher Fundus zur Verfügung. So zeigten Ein Archivar neuen Typus wir zum Rahmenthema »Erinnern und Entdecken. Bilder der Wissenschaft« Objekte aus dem Nachlass An unsere erste Begegnung kann ich mich nicht des Münchner Gynäkologen und Universitätspro- mehr erinnern, es muss Anfang der neunziger Jahre fessors Dr. Josef Zander (1918–2007), darunter ei- gewesen sein, vielleicht bei meinem ersten Vortrag nen Film zur Errichtung der Klinik in der Maistra- am Deutschen Museum im Herbst 1990, in dem es ße, kurz nach deren Fertigstellung 1916 gedreht, ein um Ernst Mach ging; auch weiß ich nicht, ob dieser einzigartiges Zeitdokument, um das uns manche Dich damals schon interessierte. Jahrzehnte später Münchner KollegInnen beneiden dürften. Wir be- haben wir dann im Rahmen der Mach-Ausstellung, teiligten uns fortan regelmäßig an dieser von Herrn die Du zusammen mit Johannes Hagmann so er- Füßl und seinem Team hervorragend organisierten folgreich kuratiert hast, kooperiert. und äußerst öffentlichkeitswirksamen Veranstal- tung. Wirklich wahrgenommen habe ich Dich wenig spä- ter als ein Nutzer des wunderbaren und so benut- Im Alltagsgeschäft stand ich mit Herrn Füßl regel- zerfreundlichen Archivs des Deutschen Museums, mäßig in Kontakt, wenn es um mögliche Ankäufe und da warst Du für mich eine wirkliche »Offen- im nationalen Auktionshandel ging. Wir verfolgten barung« – ein Archivar neuen Typus. Bis dahin immer das Ziel, ein potenzielles Objekt möglichst war mir sowohl in Ostelbien, wo ich herkomme, in derjenigen unserer beiden Sammlungen unter- als auch bei meinen ab 1990 möglich gewordenen zubringen, in welcher es vom Profil her am besten Archivbesuchen im noblen Westen fast immer der passt und daher von Nutzern am ehesten gesucht Typ des klassischen Archivars begegnet – also grenz- würde. Herrn Füßls Anliegen eines »Sammelns im und systemüberschreitend: jene Spezies, die in ei- Verbund« fand hier seine praktische Anwendung. ner Mischung aus Amt, Profession und Eigeninter- Seit 2015 tauschten wir uns weniger über Nachläs- esse ihre schützenswerten Schätze mit Argusaugen se und Autografen als vielmehr über Bilder, insbe- verwahrte, pflegte und über diese quasi als absoluter sondere Fotografien aus. In jenem Jahr konnte ich Souverän verfügte. Deren Vertreter ließen sich dabei die Leitung der Abteilung Karten und Bilder der häufig nur soweit in die Karten bzw. Findbücher gu- Bayerischen Staatsbibliothek übernehmen und wie- cken, wie es eben nötig war bzw. die Pflicht gebot. der gab es zahlreiche fachliche Berührungspunkte. Dagegen war Dein Habitus von einer anderen Aura Außerhalb Münchens trafen wir uns nunmehr bei geprägt, denn viel offener und unprätentiöser gingst der jährlich stattfindenden Tagung der VertreterIn- Du mit den Dir anvertrauten Memorabilien um nen der Bildarchive und Landesmedienzentren. und gabst einem oft nützliche Tipps für relevante 2017 durften wir diese Tagung gemeinsam mit den Bestände und legtest manchmal sogar unaufgefor- Kolleginnen Elisabeth Angermair M.A. (Stadtar- dert entsprechende Dokumente vor, sodass man das chiv München) und Dr. Elisabeth Stürmer (Münch- Gefühl vermittelt bekam, am »tacit knowledge« des ner Stadtmuseum) ausrichten. Tagungsort war die von Dir behüteten, dem schlichten Nutzer eigent- Bayerische Staatsbibliothek. Herr Füßl organisierte lich doch unergründlichen Archivguts teilzuhaben. den Themenblock »Pressebildarchive«, u.a. mit ei- Das suchte zumindest in den Jahren bis zur Jahr- nem Vortrag über das analoge Fotoarchiv des Maga- tausendwende seinesgleichen, auch wenn natürlich zins »stern«, das mit rund 15 Millionen Negativen, auch bei Dir klar war – ob Du nun Hut, Kappe oder 9
Maske trugst –, wer der Chef war! Darüber hinaus Beispielen zu nennen. Wilhelm Füßl hat für eigene warst Du nicht nur offen, sondern auch hilfreich Arbeiten aus den reichen Beständen geschöpft und und in Deiner Art ausgesprochen praktisch, wenn beispielsweise die grundlegende Biografie Oskar man Dir Ideen zur Bestandserweiterung mit wech- von Millers sowie zahlreiche weitere Publikationen selseitigem Nutzen vortrug. So gelang es Mitte der zur Geschichte des Hauses, wie zu zahllosen The- neunziger Jahre in einem Joint Venture zusammen men, die sich daraus ableiten, verfasst oder heraus- mit Liudger Dienel den Nachlass des Emigranten gegeben. Um das Potenzial und die Geschichten zu und Kälte-Physikers Max Jakob von Chicago nach erkennen, benötigt man diesen besonderen Blick, München und in Kopie auch nach Berlin zu holen. über den Wilhelm Füßl verfügt. Aber er hat nicht Einen weiteren »Coup« hat leider Corona verhin- nur selbst diese Bestände genutzt, sondern auch dert, und es bleibt abzuwarten, ob es dafür noch den MitarbeiterInnen des Hauses stets mit Rat und eine zweite Chance geben wird. Tat zur Seite gestanden, Fragen und Ansätze dis- Das wird sich allerdings erst in Deinem Ruhestand kutiert, Anregungen und Informationen gegeben entscheiden, und ich bin gespannt, wohin Dich all und bereitwillig auf Bestände, auch versteckte, hin- die eben gepriesenen Tugenden führen werden – gewiesen. So wurde er selbst zum »Gedächtnis der mach es auf jeden Fall besser als der irrlichternde Institution«. Rentner Hoffi. Dieser wünscht Dir für den anste- Lieber Herr Füßl, besonders fasziniert hat mich henden (Un)Ruhestand viel Glück und ein glück- stets Ihr großes Wissen um die Bestände und de- liches Händchen, vor allem aber eine kräftige Ge- ren Zusammenhänge und Möglichkeiten, die Lei- sundheit und langanhaltendes Wohlergehen im denschaft, diese zu erhalten, zu erschließen und Kreis Deiner Familie. systematisch und mit strategischem Geschick zu Prof. Dr. Dieter Hoffmann erweitern und in unnachahmlicher Weise der Öf- Wissenschaftshistoriker, Mitarbeiter im Ruhestand des fentlichkeit zu vermitteln sowie die Bereitschaft, Ihr Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte Wissen zu teilen. Dies alles wird sehr fehlen. Mö- gen Sie diese Kraft und Leidenschaft, den Blick für interessante Ansätze wie Ihren feinen Humor und die besondere Gabe zur Kommunikation auch in Das Gedächtnis der Institution den neuen Lebensabschnitt und zu neuen Themen mitnehmen. Das wünsche ich Ihnen, verbunden Das Archiv ist neben den Objektsammlungen und mit dem allerherzlichsten Dank für die stete Unter- der Bibliothek eine der drei Säulen des Deutschen stützung, den anregenden Austausch und die gute Museums. Es ist ein Archiv mit bedeutenden Be- Zusammenarbeit. ständen zur Geschichte von Naturwissenschaft und Silke Berdux Technik, gleichzeitig ist es aber auch ein Archiv ist seit 2000 Kuratorin der Musikinstrumentenabteilung dieser einzigartigen Institution. Letzteres geht auf im Deutschen Museum und hat in verschiedenen das Jahr 1992 zurück, in dem die Akten der Muse- Projekten mit Herrn Füßl zusammengearbeitet, u.a. umsverwaltung ins Archiv überführt und als »Ver- bei der Erschließung des Nachlasses von Oskar Sala. waltungsarchiv« der Nutzung für die Forschung zugänglich gemacht wurden. Dr. Wilhelm Füßl hat den Wert und das Potenzial dieses Verwaltungs- archivs als Herzstück der Institutionengeschichte Herr Füßl und sein Mitarbeiter in besonderer Weise gesehen, genutzt und – man möchte sagen – gelebt, mit einer schier unerschöpf- vom Archiv des Deutschen lichen Energie, einem klaren Blick, Begeisterung für Museums … die Sache, zahllosen Ideen und einer großen Liebe zur Institution und deren Möglichkeiten. ... als Letztgenannter wurde ich gelegentlich vor- Der sehr umfangreiche Bestand, der die allgemeine gestellt. Obwohl ich nicht im Archiv arbeite, habe Korrespondenz und die der einzelnen Fachgebiete ich dies immer als großes Kompliment verstanden, ebenso umfasst wie Sachakten, Bauakten, Finanz- als ein Ausdruck der Synergien von Objektsamm- und Stiftungsunterlagen sowie weitere Unterlagen lungen und Archiv in der Außenwahrnehmung des zur Museumsgeschichte wie Pläne und historische Museums. Fotografien, wurde unter seiner Leitung gegliedert Von Wilhelm Füßl kamen die Anregungen zu ver- und erschlossen. In der Folge wurde diese Erschlie- schiedenen, für mich ausgesprochen spannenden ge- ßung publik gemacht, grundlegende Arbeiten zur meinsamen Ausstellungsprojekten (Lenard, Mach), Geschichte geschrieben, initiiert oder Vorträge und in denen insbesondere die Verknüpfung von Archiv- Führungen gehalten – um nur wenige von vielen gut und Objektquellen ungewöhnliche Zugänge zu 10
wissenschaftshistorischen Themen schaffte. Diese konnten zum Beispiel mit dem Auf- und Ausbau Ausstellungen waren jedoch für mich gleichsam des Schwerpunkts »Rechentechnik und Informatik« auch ein meisterhaftes Zeugnis für die Strategie des allein rund 30 Nachlässe und Bestände eingewor- indirekten Vorgehens: Mit der Vorbereitung von ben werden. Insgesamt sind übrigens von 1992 Ausstellungs- und Publikationsprojekten verknüpf- bis 2020 genau 3143 Neuzugänge inventarisiert te Herr Füßl die gezielte Erweiterung der Archiv- worden. sammlungen durch spektakuläre Neuübernahmen Als zweiter Schritt in diesem »Lifecycle« kann die – meist mit großer Ausdauer und Geduld über vertiefte Erschließung, die stets der herausragenden Jahre hinweg, doch am Ende bemerkenswert erfolg- Bedeutung der Bestände gerecht wird, angesehen reich. Was aus der Ferne vollkommen nach Struk- werden. Dabei kommen seit mehr als 25 Jahren tur, Konzept und Programm klingen mag, ist bei Normdaten der Deutschen Nationalbibliothek zur näherem Hinsehen vor allem auch der Ausdruck Anwendung. Was in der »Archivwelt« lange Zeit als einer authentischen Leidenschaft für Geschichte, Besonderheit galt, war nicht nur für die verschie- ihre Quellen und die Menschen, die damit in Ver- denen drittmittelgeförderten Erschließungs- und bindung stehen. Digitalisierungsprojekte unseres Archivs ein großer Als »Mitarbeiter ehrenhalber«, jedoch auch als re- Gewinn, sondern hat sich auch für die Vernetzung gelmäßiger Nutzer des Archivs konnte ich durch inner- und außerhalb des Deutschen Museums als den großzügig gewährten Blick hinter die Kulissen zukunftsweisend erwiesen. ein Gefühl für die herausragende Forschungsinfra- Im Bereich der Bestandserhaltung – der nächsten struktur gewinnen, die Wilhelm Füßl und sein Team »Lebensphase« eines Archivales – ist seit 1992 die über viele Jahre hinweg kontinuierlich aufgebaut hochwertige Verpackung der Bestände sowie deren haben und die nun Vielen als Vorbild gilt. Das Po- fachgerechte Unterbringung in gesicherten Archiv- tenzial für weitere spannende Forschungs- und Aus- magazinen kontinuierlich vorangetrieben worden; stellungsprojekte ist immens, und Wilhelm Füßl die letzte kleinere Baulücke konnte im April 2021 gebührt die Anerkennung und der größte Dank, geschlossen werden. diesen Schatz für andere bewahrt, erschlossen und Neben der Bewahrung ist die Benutzung von Ar- für die Zukunft vorbereitet zu haben. Auch für die chivbeständen deren eigentlicher »Lebenszweck«. menschlich äußerst wertvolle und angenehme Zu- Viele Maßnahmen wurden ergriffen, um für die Be- sammenarbeit über viele Jahre möchte ich mich bei nutzerInnen bestmögliche Bedingungen zu schaf- Ihnen herzlichst bedanken! fen. Dazu gehören u.a. die intensive Beratung, ein Dr. Johannes-Geert Hagmann eigenes Stipendienprogramm, unterschiedliche Ko- Leiter der Hauptabteilung AII Technik im pier- und Reproduktionsmöglichkeiten, aber auch Deutschen Museum und zuständig für die Bereitstellung von Beständen im Internet. Dass Museumskooperationen; Kurator für die unser Archiv im Jahr 1995 als eines der ersten Ar- Fachgebiete Optik und Akademiesammlung chive Deutschlands über einen eigenen Internetauf- tritt mit Beständeübersicht verfügte, ist ein Zeichen für diese Maxime des transparenten Zugangs zum Archivgut. Erfolgreiche Archivarbeit im Eng damit zusammen hängt die umfangreiche Öf- »Lebenszyklus« der Archivalien fentlichkeitsarbeit mit ARCHIV-info, unzähligen Vorträgen, u.a. in der Reihe »Faszination Original«, Betrachtet man die Entwicklung des Archivs des sowie Publikationen und Ausstellungen zu Archiv- Deutschen Museums in den zurückliegenden drei beständen. Vor allem Letztere wiederum stehen an Jahrzehnten aus Binnensicht, so fällt sowohl die der Schnittstelle zwischen Archiv und Forschung, archivarische Professionalisierung als auch das aus- was gerade in einem Forschungsmuseum der Leib- gezeichnete Prestige in der Archiv- und Forschungs- niz-Gemeinschaft von großer Bedeutung ist. Die landschaft auf. In erster Linie ist dies das Resultat Kooperationen mit dem Forschungsinstitut, der Bi- einer langfristigen Strategie, des beständigen Einsat- bliothek, den Objektsammlungen sowie mit vielen zes und der Kreativität des Archivleiters Dr. Wil- externen Partnern waren dabei besonders fruchtbar. helm Füßl. Eine Vielzahl anderer wissenschaftlicher Arbeiten Dies lässt sich etwa auch am idealtypischen »Le- – seine offizielle Publikationsliste umfasst mehr als benszyklus« von Archivalien festmachen. Hierzu 200 Titel – hat Herr Füßl scheinbar wie nebenbei zählt erstens die zielgerichtete Erwerbungspolitik – verfasst. auch in Abstimmung mit den Fachabteilungen des Für diese rasante und nachhaltige Entwicklung un- Museums sowie anderen Archiveinrichtungen. So seres Archivs und dafür, dass bei all dem die persön- 11
liche Komponente der Archivarbeit nicht zu kurz zufällig im gleichen Jahr erwerben wie die Biblio- gekommen ist, danken Ihnen alle Archivkollegin- thek Gelegenheit hatte, Kekulés Büchersammlung nen und -kollegen sehr herzlich. Für Ihren neuen von der Bayer AG zu übernehmen. Dieses gemein- Lebensabschnitt wünschen wir Ihnen, dass Sie Ihre same Sammeln, das eine lange Tradition besitzt, sich neu gestellten Aufgaben in Gesundheit und bot die Gelegenheit, auch in den Ausstellungen zu Gelassenheit, aber mit ebenso viel Freude und En- Philipp Lenard 2012 und zu Ernst Mach 2016 zu- gagement angehen wie als Archivleiter. sammenzuwirken. Dr. Matthias Röschner Die Forschungen mit dem Archivbestand des Deut- Stellvertretender Leiter des schen Museums kommen der Bibliothek Jahr für Archivs des Deutschen Museums Jahr zu Gute. Denn die ForscherInnen, die das Archiv benutzen, sollen ein Exemplar ihrer Veröf- fentlichungen an das Deutsche Museum geben. Die Bücher, die auf diesem Weg in die Bibliothek kom- men, spiegeln die Weite der Themen wider, zu de- nen das Archiv des Deutschen Museums relevante »Flachware«: Bestände besitzt. Auf diese Weise kommen Bücher Archiv und Bibliothek zu Themen in die Bibliothek, die hier nicht vermu- tet würden. Die Arbeit von Archiv und Bibliothek Das Deutsche Museum sammelt dreidimensionale verbindet sich auf diese Weise wiederum eng mitei- Objekte ebenso wie das im Museumsjargon gern nander und es wird damit ein wichtiger Beitrag zum etwas abschätzig als Flachware bezeichnete schrift- Wissenskosmos Deutsches Museum geleistet. liche Kulturgut, eine Aufgabe, die sich das Archiv Dr. Helmut Hilz und die Bibliothek teilen. Die Konstruktionszeich- Leiter der Bibliothek des Deutschen Museums nung eines frühen Computers zählt dazu ebenso wie ein mit Kupferstichen illustrierter Druck aus der Frühen Neuzeit. Die Sammeltätigkeit von Archiv und Bibliothek Archiv und Forschungsinstitut – aber geht in unserem Haus oft parallel, da Ingenieu- Kooperation oder Mutualismus? re wie Naturwissenschaftler für ihre Arbeit Literatur benutzen und selbst wiederum Manuskripte und Während bei vielen wissenschaftlichen Institutio- Veröffentlichungen produzieren oder Unterneh- nen das hauseigene Archiv in erster Linie für die men Konstruktionsunterlagen ebenso aufbewahren Bewahrung der eigenen Geschichte zuständig ist, wie ihre Firmenbibliothek. Jahr für Jahr übernimmt dient das Archiv des Deutschen Museums vor allem das Deutsche Museum Objekte, Archivalien und der internationalen wissenschafts- und technikhis- Literatur, die in ihrer Gesamtheit die wissenschaft- torischen Forschung. Seine umfassenden Bestände liche Arbeit eines Menschen oder das Wirken einer bilden für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Institution bzw. Firma widerspiegeln. des Forschungsinstituts für Technik- und Wissen- Die vergangenen Jahrzehnte waren reich an derar schaftsgeschichte am Deutschen Museum eine zen- tigen gemeinsamen Erwerbungen von Archiv und trale Forschungsressource und werden regelmäßig Bibliothek. Die Übernahmen von den ARISTO- in der universitären Lehre sowie für Qualifikations Werken Dennert & Pape oder der Dyckerhoff & arbeiten genutzt. Da Gastforscherinnen und Gast- Widmann AG sind dafür ebenso Beispiele wie forscher aus aller Welt auch wegen der Archivbe- die Nachlässe des Informatikers Nikolaus Joachim stände an das Forschungsinstitut kommen, trägt Lehmann und des Schriftstellers Anton Zischka. das Archiv essenziell zu dessen Vernetzung in der Das Archiv und die Bibliothek des Deutschen Mu- internationalen Forschungs-Community bei. Dies seums wurden damit um Korrespondenzen, Manu- ist ganz wesentlich der engagierten Arbeit der Mit- skripte, Fotos oder Firmenschriften ebenso berei- arbeiterinnen und Mitarbeiter des Archivs unter chert wie um seltene Literatur. Es ist das besondere der Leitung von Dr. Wilhelm Füßl zu verdanken. Verdienst von Wilhelm Füßl, dass es ihm mit sei- Letzterer hat auch dazu beigetragen, dass sich die ner aufmerksamen Beobachtung der Szene immer informellen Arbeitsbeziehungen von Archiv und wieder gelungen ist, Möglichkeiten für derartige Forschungsinstitut noch zu anderen »Kooperations Erwerbungen zu erkennen und diese mit großer formen« entwickelt haben. So ist beispielsweise Ausdauer zu verfolgen. Doch gab es auch einfach die Computergeschichte sowohl ein Sammlungs- glückliche Zufälle. So konnte das Archiv den Nach- schwerpunkt des Archivs als auch ein Forschungs- lass des Chemikers August Kekulé von Stradonitz schwerpunkt des Forschungsinstituts. Dabei wird 12
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