PTL-ROADMAP NACHHALTIGE STROMBASIERTE KRAFTSTOFFE FÜR DEN LUFTVERKEHR IN DEUTSCHLAND - BMVI
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↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Unser Ziel 2 Unser Ziel Auf dem Weg zu einem CO2-neutralen Luftverkehr arbeiten wir gemeinsam daran, die Produktion von PtL-Kerosin in den nächsten Jahren auf- und auszubauen. Wir halten es für realistisch, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 200.000 Tonnen PtL-Kerosin im deutschen Luftverkehr genutzt werden können. Dieses Ziel knüpft an die nationale Wasserstoffstrategie an. Unterzeichner Svenja Schulze Andreas Scheuer Bundesministerin Bundesminister Peter Altmaier Gerd Müller Bundesminister Bundesminister Tarek Al-Wazir Minister Peter Gerber Reiner Winkler Präsident Vizepräsident Luftfahrt Wolfgang Langhoff Dr. Uwe Lauber Vorstandsvorsitzender Vorsitzender
PtL-Roadmap: Inhalt 3 Inhalt Unser Ziel................................................................................................................................................... 2 Ziel und Zielerreichung........................................................................................................................ 4 Technologische Entwicklung............................................................................................................ 9 Herstellungspfade..................................................................................................................................... 9 Strombezug................................................................................................................................................10 CO2-Quelle.................................................................................................................................................11 Design und Zulassung von Kraftstoffen.......................................................................................12 Anwendungsorientierte Forschung...............................................................................................13 Transportlogistik.....................................................................................................................................14 Nachhaltigkeitskriterien...................................................................................................................14 Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO.......................................................................15 Europäische Union.................................................................................................................................16 Förderung des Markthochlaufs......................................................................................................17 Regulatorischer Rahmen zur Setzung von Marktanreizen.................................................17 Staatliche Förderung..............................................................................................................................20 Beiträge der beteiligten Wirtschaftsakteure...............................................................................22 Initiativen der Bundesländer zur Forschung an PtL und zum Aufbau von Demonstrationsvorhaben..............................................................................24 Impressum...............................................................................................................................................29
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Ziel und Zielerreichung 4 Ziel und Zielerreichung Luftverkehr führt Menschen weltweit zu- Zur Erreichung dieser Ziele gibt es verschie- sammen und ermöglicht den eilbedürftigen dene Stellschrauben wie z. B.: Transport werthaltiger Güter. Das ist unver- zichtbar in einer freien und globalisierten + Anschaffung effizienterer Flugzeuge Welt. Dabei hat der Luftverkehr an den welt- + Prozessoptimierung in der Luft und am weiten anthropogenen CO2-Emissionen ei- Boden nen Anteil von 2,81 Prozent. Der Flugverkehr ist für 3,5 Prozent der anthropogenen Erwär- + Verlagerung von Flügen, z. B. durch mung seit Beginn der Industrialisierung ver- verbesserte Bahnverbindungen antwortlich2, zuletzt (vor der Covid-19-Pan- + Vermeidung von Flügen, z. B. durch den demie) betrug der jährliche Beitrag etwa 5,5 verstärkten Einsatz von Videokonferenzen Prozent. Der weltweite Luftverkehr wuchs in + Entwicklung neuer effizienterer den letzten fünf Jahren vor der Coronakrise Technologien und Flugzeugtypen jeweils um ca. 6 Prozent. Im Jahr 2020 ist der Passagierluftverkehr infolge der Pandemie + CO2-Bepreisungsinstrumente, z. B. EU-ETS um bis zu 2/3 gegenüber 2019 zum Erliegen und CORSIA gekommen. Die weltweite Nachfrage nach Luftverkehr wird voraussichtlich sukzessive Um ein CO2-neutrales und nachhaltiges Flie- wieder zunehmen. Eine solide Einschätzung, gen zu erreichen, ist allerdings der Ersatz des wann der Passagierverkehr wieder das Niveau fossilen Kerosins durch Flugkraftstoffe aus von 2019 erreicht, ist aufgrund der mit der nachhaltig erzeugten erneuerbaren Energie- Coronakrise einhergehenden Veränderungen trägern und Rohstoffen unerlässlich. Dabei im Luftverkehrsmarkt zurzeit nicht möglich. spielt insbesondere strombasiertes Kerosin (Power-to-Liquid, PtL) aus Erneuerbaren Mit dem Pariser Abkommen, dem Green Deal Energien eine zentrale Rolle. Die Nutzung die- der Europäischen Union, dem Klimaschutz- ser Kraftstoffe kann die Emissionen der Flug- programm 2030, dem Klimaschutzgesetz und zeugflotte reduzieren, wenn sichergestellt der Wasserstoffstrategie der Bundesregie- ist, dass bei der Herstellung der Kraftstoffe rung wurden ambitionierte Klimaschutzziele entsprechend wenig bzw. keine CO2-Emis- festgelegt. Die Bundesregierung hat sich im sionen entstehen, z. B. durch die Nutzung Klimaschutzgesetz zum Ziel gesetzt, dass bis Erneuerbarer Energien. Eine Elektrifizierung 2030 die CO2-Emissionen des gesamten Ver- des Luftverkehrs wird nach heutigem Wis- kehrs um 42 Prozent gegenüber 1990 gesenkt sensstand – insbesondere für Mittel- und werden und bis 2050 Treibhausgasneutralität Langstreckenflüge – kaum möglich sein, so erreicht ist. Auch der Luftverkehr muss einen dass der Flugverkehr auch langfristig auf Beitrag zur Erreichung dieser Ziele leisten. drop-in-fähige Kraftstoffe3 angewiesen sein wird. Die Nutzung von Biokerosin wurde von zahlreichen Fluggesellschaften erprobt und 1 IEA | 2018 2 https://www.dlr.de/content/de/artikel/news/2020/03/20200903_der-globale-luftverkehr-traegt-3-5-prozent-zur-klimaerwaermung- bei.html 3 PtL-Kerosin ist drop-in fähig, d. h. es kann zu fossilem Kerosin beigemischt und ohne Änderung in der Flugzeugflotte sowie bestehender Infrastruktur genutzt werden.
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Ziel und Zielerreichung 5 diese K raftstoffe werden seitdem von einigen den Einsatz von nachhaltigem PtL-Kerosin Fluggesellschaften eingesetzt. Die verfügbare anzureizen, müssen weitere Maßnahmen er- nachhaltige Biomasse ist allerdings begrenzt griffen werden, um so die noch hohen Preise und wird auch von anderen Anwendun- für EE-strombasierte Flugkraftstoffe auf ein gen und Sektoren stark nachgefragt. Diese marktfähiges Niveau zu senken. Deutsch- Roadmap befasst sich deshalb ausschließlich land hat jetzt die Chance, hier entscheidendes mit strombasiertem Kerosin auf Basis grü- Industrie-Know-how und Technologiefüh- nen Wasserstoffs. Strombasierte Kraftstoffe rerschaft in der Herstellung und im Einsatz werden derzeit noch nicht in marktfähigen von nachhaltig erzeugtem PtL-Kerosin auf- Mengen produziert. Einige Erzeugungspfade und auszubauen. Perspektivisch sind globale von PtL-Kerosin sind bereits zur Nutzung im Allianzen hier ein erfolgversprechender Weg. Flugzeug zugelassen. Um die Produktion und Auf dem Weg zu einem CO2-neutralen Luft- PtL-Kerosin verkehr arbeiten die Akteure der Roadmap in Tonnen gemeinsam daran, die Produktion von nach- haltig erzeugtem PtL-Kerosin in den nächsten 200.000 Jahren auf- und auszubauen. Sie halten es für realistisch, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 200.000 Tonnen PtL-Kerosin im deutschen 150.000 Luftverkehr genutzt werden können, das entspricht 2 Prozent des Kerosinabsatzes in Deutschland im Jahr 2019. Dieses Ziel knüpft 100.000 an die nationale Wasserstoffstrategie an.4 50.000 0 2026 2028 2030 Abbildung 1: Markthochlauf PtL-Kerosin 4 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/die-nationale-wasserstoffstrategie.html
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Ziel und Zielerreichung 6 Zur Etablierung eines PtL-Kerosinmarktes der Markt für PtL-Kerosin erfordert Handeln muss einerseits ein Angebot geschaffen wer- auf allen Seiten: durch einen ausgewogenen den. Dieses ist bis zur Schaffung zusätzlicher staatlichen Instrumentenmix wie auch durch Quellen für Erneuerbare Energien und der die Bereitschaft der unterschiedlichen Akteu- groß- und verfahrenstechnischen Realisie- re (z. B. Mineralölwirtschaft, Anlagenbauer, rung von Anlagen sowie den damit verbun- Luftverkehrswirtschaft, Fluggäste), sich an denen weiteren Praxistests verschiedener den Mehrkosten für PtL-Kerosin zu beteili- Technologiepfade und Skalierung zunächst gen. Ein Instrument in diesem Kontext ist die nur gering. Andererseits muss durch eine Ab- Einführung einer verpflichtenden energeti- nahmeverpflichtung sichergestellt werden, schen Mindestquote auf das in Deutschland dass eine Nachfrage geschaffen wird, da es an- verkaufte Kerosin. Diese Verpflichtung muss sonsten wegen der höheren Kosten nicht zu durch die Inverkehrbringer, also die Unter- einer Marktentwicklung kommen wird. Die nehmen der Mineralölwirtschaft, erfüllt wer- Politik kann beide Seiten durch „Fördern“ und den. Dabei gilt es, Wettbewerbsnachteile für „Fordern“ unterstützen. Eine zentrale Heraus- die deutsche Luftverkehrswirtschaft zu ver- forderung sind die derzeit vergleichsweise meiden. hohen Produktionskosten. Ein selbsttragen- Das Ziel, bis zum Jahr 2030 mindestens 200.000 Tonnen PtL-Kerosin im deutschen Luftver- kehr zu nutzen, soll durch folgende Aktivitäten erreicht werden: ] Technologische Entwicklung ] Förderung des Markthochlaufs + Nachweis, dass die bereits technologisch + Festlegung von verbindlichen Zielen für für sich ausgereiften Anlagen und Kompo- den Ein- und Absatz von erneuerbarem nenten, die für die PtL-Produktion benötigt Kerosin mit Zwischenetappen zunächst auf werden, im Sinne der technischen Gesamt- deutscher, nachfolgend auch auf europäi- integration auch im industriellen Maßstab scher und internationaler Ebene. unbeeinträchtigt zusammenwirken. + Schaffung der regulatorischen Rahmen- + Forschung und Entwicklung zur Erhöhung bedingungen für einen selbsttragenden des technischen Reifegrades einzelner Markt für PtL-Kerosin. Dabei ist zu berück- Komponenten, z. B. die Direktabscheidung sichtigen, dass Wettbewerbsverzerrungen von CO2 aus der Luft. vermieden werden. + Staatliche technologieoffene Förderung des ] Nachhaltigkeitskriterien Markthochlaufes der PtL-Kerosinproduk- + Festlegung von einheitlichen, verbindli- tion auf Basis grünen Wasserstoffs mit dem chen und verlässlichen ökologischen und Ziel, Erzeugungsanlagen zu bauen, die unter sozialen Nachhaltigkeitsstandards zu- Einhaltung der Klimaziele die energie- und nächst auf europäischer und anschließend kosteneffizientesten Lösungen erfolgreich zeitnah auf internationaler Ebene. in den Markt bringen. Dies wird ergänzt durch eine Verpflichtung der Luftverkehrs- unternehmen zur Abnahme relevanter Mengen an PtL-Kerosin in den nächsten Jahren.
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Ziel und Zielerreichung 7 Die anvisierte Umsetzung der PtL-Roadmap 2020 2025 2030 PtL in Tsd. t 50 100 200 Angebot/ Förderung der Entwicklung und des Markthochlaufes PtL-Produktion Nachfrage Anwendungsorientierte Forschung Demo-/Pilotanlagen Bau und Betrieb von industriellen Anlagen PtL-Produktion - F&E Abnahme von PtL-Kerosin ggf. Zertifizierung weiterer PtL-Kerosin-Produktionspfade Quotenerfüllung und Entwicklung eines Business Cases Politischer Schaffung regulatorischer Rahmenbedingungen für PtL-Kerosinmarkt Rahmen Festlegung verbindlicher Ziele für PtL-Kerosin auf EU-Ebene Entwicklung von Nachhaltigkeitskriterien für PtL-Kerosin Stärkung des internationalen Marktanreizes für PtL-Kerosin Anlagenbauer/Energiewirtschaft Mineralölwirtschaft Fluggesellschaft Wissenschaft Staatl. Förderung Gesetzgeber Abbildung 2: Umsetzung PtL-Kerosin-Roadmap für den Luftverkehr Damit der Luftverkehr in Europa zur Errei- fügbarkeit und der niedrigen Bezugskosten chung der Klimaschutzziele beiträgt und bis mittelfristig sinnvoll sein. Grundsätzlich ist spätestens 2050 CO2-neutral erfolgt, wird ein die Wahl der erneuerbaren Energie- und CO2- massiver Ausbau von Erneuerbaren Energien Quelle mit den übergeordneten Zielen zur sek- inner- und außerhalb der EU erforderlich sein. torübergreifenden Treibhausgasminderung, Dies ist besonders dringlich vor dem Hinter- der Förderung Erneuerbarer Energien und grund, dass auch in anderen Sektoren stark der aus Umweltschutzgründen erforderlichen steigende Nachfrage nach Erneuerbaren Ener- Nachhaltigkeitskriterien in Einklang zu brin- gien und nachhaltig produziertem Wasserstoff gen. Mit Blick auf das Ziel der Treibhausgas- zu erwarten ist. Wo immer möglich, sollten neutralität bis 2050 ist die CO2-Abscheidung existierende lokale biogene CO2-Quellen, wie aus der Luft unverzichtbar und muss vorbe- zum Beispiel eine Biogasanlage, für die Her- reitet werden und im Markthochlauf sukzes- stellung von PtL-Kerosin erschlossen werden. sive zum Einsatz kommen. Inwieweit und auf welche Weise CO2 aus biogenen Quellen oder Für einen erfolgreichen Markthochlauf kann aus industriellen Prozessen angerechnet wer- die Nutzung von nicht vermeidbarem CO2 aus den kann, muss von der Europäischen Kom- industriellen Prozessen auf Grund der Ver- mission in Folgearbeiten geklärt werden.
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Ziel und Zielerreichung 8 Außerdem müssen insbesondere auf interna- Zeitplans muss die Industrie spätestens im tionaler und europäischer Ebene regulatori- Jahr 2021 Investitionsentscheidungen für die sche Voraussetzungen für die Einhaltung der ersten Anlagen zur PtL-Kerosinproduktion vereinbarten Klimaschutzziele und einen fai- treffen. Dafür müssen wesentliche Regulie- ren Wettbewerb geschaffen werden. Flugge- rungsfragen rechtssicher für die Investoren sellschaften aus Drittstaaten, die sich nicht an geklärt sein. Dazu gehören z. B. Klarheit über die erforderlichen Voraussetzungen zur Ein- die Kriterien zum Bezug erneuerbaren Stroms haltung der Klimaschutzziele halten, dürfen für die Elektrolyse wie auch die Klärung der hierdurch keine Wettbewerbsvorteile erhal- Bilanzierungs- und Anrechnungsregeln für ten. Luftverkehrsabkommen mit Drittstaaten die gemeinsame Verarbeitung von PtL-Crude5 stellen sicher, dass Luftfahrtunternehmen und fossilem Rohöl zur Herstellung von Ke- dieser Staaten beim Einflug in die Bundesre- rosin und anderen Produkten in Raffinerien. publik Deutschland die geltenden jeweiligen Hierzu sollte die Europäische Kommission im nationalen und europäischen umweltschutz- Laufe des Jahres 2021 einen Vorschlag vorle- rechtlichen Vorschriften einzuhalten haben. gen. Es sollte möglichst schnell Klarheit über diese Rahmenbedingungen herrschen, damit Angesichts der erforderlichen staatlichen Investitions- und Rechtssicherheit für die ers- Unterstützung zur Erreichung der Klima- ten Anlagen besteht. schutzziele, insbesondere bei der Herstellung von grünem Wasserstoff, wird ein rechtlicher Über die Umsetzung dieser Roadmap findet Rahmen auf EU-Ebene benötigt, der Inves- ein kontinuierliches Monitoring statt. In re- titionssicherheit gewährleistet. Ansonsten gelmäßigen Treffen der unterzeichnenden kann der Markthochlauf nicht gelingen, ohne Akteure werden die Fortschritte in Bezug auf zu schwerwiegenden Nachteilen der europäi- die Zielerreichung diskutiert. Zudem werden schen Luftverkehrswirtschaft zu führen. Hilf- die von den Akteuren initiierten Projekte zur reich wären zudem vereinfachte Verfahren Förderung von PtL-Kerosin erfasst und einer und aufgrund der Pandemiefolgen im Luft- breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. verkehr angepasste Kriterien im europäischen Der Stand der Umsetzung wird ebenfalls ver- Beihilferecht. Angesichts des ambitionierten öffentlicht. 5 Roh-Kraftstoff, siehe Abbildung 3
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Technologische Entwicklung 9 Technologische Entwicklung Power-to-Liquid (PtL) bezeichnet die Herstellung von flüssigen Kraftstoffen aus Strom, Wasser und CO2. Daher werden PtL-Kraftstoffe auch strombasierte Kraftstoffe genannt. Für einen Treibhausgasminderungsbeitrag ist der Einsatz zusätzlicher erneuerbarer Energiequellen entscheidend. Im Folgenden werden zwei denkbare Erzeugungspfade skizziert. Weitere Informationen zur Erzeugung finden sich in einer Studie des Umweltbundesamtes zu PtL-Kerosin.6 Herstellungspfade Für die Herstellung von PtL-Kerosin gibt es und -fahrweise auf Kerosin entstehen als derzeit zwei Erzeugungspfade: die Fischer- Nebenprodukte synthetischer Diesel oder Tropsch-Synthese und die Alkoholsynthese Ottokraftstoffe sowie synthetische Grund- mit anschließender Weiterverarbeitung des stoffe, die in anderen Verkehrssektoren oder Alkohols zu Kerosin. Die Alkoholsynthese wird der Chemischen Industrie verwendet werden in Deutschland gegenwärtig als Methanol-to- können. Auch diese Nebenprodukte sollten Olefins sowie Olefins-to-Distillate Prozess be- am Markt einen Absatz finden können. Damit trachtet; international existieren aber auch al- können Betreiber das Geschäftsmodell der An- ternative Prozesse auf Basis anderer Alkohole. lagen optimieren und es wird verhindert, dass die Kosten der Anlage auf nur ein Produkt, in Beide Erzeugungspfade benötigen Strom zur diesem Fall Kerosin, umgelegt werden. Gleich- Wasserstoffproduktion und CO2 als Kohlen- zeitig erhöht sich die Resilienz für Anlagenbe- stoffträger im Syntheseverfahren. Auch bei treiber, wenn sie nicht nur auf die Vermark- einer Optimierung der Anlagenauslegung tung eines Produkts angewiesen sind. Kohlenstoff - Industrie - Biomasse - Atmosphäre PtL-Kerosin O2 CO2 Erneuerbare Strom- erzeugung Fischer-Tropsch PtL-Schiffs- kraftstoff Synthese PtL-Diesel Strom Wasserstoff Roh-Kraftstoff Kraftstoff Elektrolyse Raffinerie/ Infrastruktur H2O Synthetische Methanol Synthese Grundstoffe Abbildung 3: Vereinfachte Darstellung der PtL-Erzeugungspfade (Quelle: NOW GmbH) 6 https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/377/publikationen/161005_uba_hintergrund_ptl_barrierrefrei.pdf
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Technologische Entwicklung 10 Für beide Verfahren ist der Nachweis der Ge- legt, bestimmte Anforderungen im Hinblick samtintegration der Anlagenkomponenten auf den flexiblen Betrieb gefordert werden im industriellen Maßstab noch zu erbringen. könnten. Eine zentrale Herausforderung bei Eine zentrale Herausforderung beim Fischer- der Methanolroute besteht in der Weiterver- Tropsch-Verfahren ist die Produktion von arbeitung des grünen Methanols zu Kerosin. Synthesegas als Input für den Fischer-Tropsch- Bei einigen technischen Lösungen müssen die Reaktor bei einer Stromversorgung insbeson- Syntheseverfahren konstant gefahren werden dere aus fluktuierenden erneuerbaren Ener- und können nicht flexibel auf fluktuierende gieanlagen. Diese wird von den Marktakteuren Stromerzeugung reagieren. mit unterschiedlichen innovativen Ansätzen adressiert. Dabei ist auch zu berücksichtigen, Im Gegensatz zum Fischer-Tropsch-Verfahren dass im Zuge der Erarbeitung des delegierten ist die Methanolroute noch nicht für die Nut- Rechtsakts zu Strombezugskriterien, den die zung von Kerosin zugelassen. Europäische Kommission bis Ende 2021 vor- Sowohl die Fischer-Tropsch-Synthese als auch die Alkohol-basierten Konversionsrouten können einen Beitrag zur PtL-Kerosinproduktion leisten. Daher setzen sich die Akteure der Roadmap dafür ein, dass verschiedene Erzeugungspfade technologisch weiterentwickelt werden und die Rahmenbedingungen technologieoffen für weitere Erzeugungspfade ausgestaltet werden. Strombezug Nur mit der Nutzung von Strom aus zusätz- perspektivisch z. B. über ein Power Purchase lichen erneuerbaren Energiequellen kann der Agreement (PPA) und Herkunftsnachweise Ausstoß klimaschädlicher Emissionen bei erfolgen. Unter welchen Umständen Anfor- der Produktion selbst vermieden werden. Die derungen an einen grünen Netzstrombezug Strombezugskosten sind der zentrale Kosten- erfüllt werden, wird über einen delegierten faktor bei der PtL-Kerosinproduktion. Die Zu- Rechtsakt auf Grundlage der Erneuerbaren- sätzlichkeit der EE-Quelle ist dabei von zent- Energien-Richtlinie EU 2018/2001 (RED II) bis raler Bedeutung, da nur auf diese Weise der Ende 2021 von der Europäischen Kommission Klimavorteil der Kraftstoffe sichergestellt wer- geregelt. Dabei werden Anforderungen zum den kann und – wie in der Nationalen Wasser- zeitlichen und räumlichen Zusammenhang stoffstrategie verankert – keine Treibhausgas- zwischen dem Strombezug und der Kerosin- Mehremissionen auftreten. Eine Möglichkeit, produktion, der Wirkung auf das Stromnetz die Versorgung mit Strom aus Erneuerbaren (insbesondere auf mögliche Netzengpässe) so- Energiequellen sicherzustellen, ist die direkte wie der Zusätzlichkeit der erneuerbaren Ener- Anbindung an zusätzliche Stromerzeugungs- gien berücksichtigt (siehe Kapitel Nachhaltig- anlagen. Um die Auslastung der Anlagen sowie keit). Hierbei ist besonders relevant, dass die die Energieversorgung an Standorten, wo eine Kerosinproduktion möglichst netz- und sys- direkte Stromversorgung nicht möglich ist, si- temdienlich erfolgt. Entsprechende Anforde- cherzustellen, muss ein nachvollziehbarer bi- rungen und der entsprechende Nachweis sind lanzieller Grünstrombezug über das Stromnetz auch von Partnerländern zu erfüllen, wenn
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Technologische Entwicklung 11 diese ihr Produkt auf dem europäischen Markt mit hohen Potenzialen an Erneuerbaren Ener- veräußern möchten. In Bezug auf das deut- gien aufgebaut werden. Der delegierte Rechts- sche Stromnetz bedeutet dies, dass insbeson- akt findet dann auch Anwendung auf nachhal- dere keine relevanten Engpässe im Stromnetz tig erzeugtes PtL-Kerosin. Die Ausgestaltung ausgelöst oder verschärft werden. Vor diesem dieser Vorschrift soll sich nicht als Hemmnis Hintergrund sollten Produktionsanlagen im für den Markthochlauf der Technologien er- industriellen Maßstab prioritär in Regionen weisen. Die Akteure der Roadmap setzen sich für die in der Wasserstoffstrategie dargestellte Überprüfung der Systematik der staatlich veranlassten Strompreisbestandteile und die angestrebte Befreiung von der EEG-Umlage bei der Produktion von grünem Wasserstoff ein. CO2-Quelle Die Wahl der CO2-Quelle entscheidet mit über benötigt Energie, deren Menge u. a. davon ab- den ökologischen Wert von PtL. CO2-neutral hängig ist, wie hoch die CO2-Konzentration in kann PtL-Kerosin nur werden, wenn die CO2- dem entsprechenden Medium ist und welche Quelle einen CO2-Kreislauf mit der Atmo- Abscheidetechnologie zum Einsatz kommt. In sphäre ermöglicht, d. h. dass das CO2 zuvor aus der Luft sind z. B. 0,04 Volumenprozent CO2 der Luft abgeschieden wurde. CO2 aus folgen- enthalten, im Biogas 20-45 Prozent und in den Quellen ermöglicht einen CO2-Kreislauf den Prozessgasen von Zementfabriken 14-33 mit der Atmosphäre (siehe Tabelle 1): Prozent. Für weitere Informationen wird auf die ifeu-Studie „CO2-Quellen für die PtX8- Biogene Quellen Direct Air Capture7 Herstellung in Deutschland - Technologien, + Biogasanlagen + Absorption Umweltwirkung, Verfügbarkeit“9 verwiesen, die im Rahmen eines Kopernikus-Projektes + Bioethanolanlagen + Adsorption erstellt wurde. Perspektivisch kann der benö- + Biomasseheiz tigte Kohlenstoff für die Synthese auch direkt kraftwerke in Form von nachhaltiger Biomasse in den Prozess eingebracht werden. Tabelle 1: Mögliche CO2-Quellen (Quelle: ifeu) Zusätzlich können unvermeidbare Prozess- Aus Klimaschutzperspektive sind CO2 aus emissionen (z. B. Prozessemissionen eines nachhaltigen biogenen Quellen und CO2 aus Zementwerkes) eine potenzielle CO2-Quelle der Atmosphäre die bevorzugten Quellen und sein, solange die notwendige CO2-Reduktion müssen mittel- bis langfristig zum Einsatz der Industrieanlagen durch die CO2-Nutzung kommen. Neben einer Senkung der noch ver- nicht verlangsamt wird. hältnismäßig hohen Kosten sind bei der Ge- winnung von CO2 aus der Atmosphäre auch Die Abscheidung von CO2 aus Rauchgas, Bio- technologische Verbesserungen und die Ska- gas, chemischen Prozessgasen oder der Luft lierung der Technologie notwendig. Bei der 7 Direct Air Capture ist ein Verfahren zur Gewinnung von Kohlenstoffdioxid aus der Umgebungsluft. 8 Power-to-X bezeichnet sowohl gasförmige als auch flüssige strombasierte Kraftstoffe. 9 https://www.ifeu.de/wp-content/uploads/ifeu_paper_03_2019_CO2-Quellen-f%C3%BCr-PtX.pdf
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Technologische Entwicklung 12 Nutzung von biogenen CO2-Quellen stellt die Nutzung nicht vermeidbarer CO2-Emissionen Dezentralität der biogenen Prozesse eine Her- aus industriellen Punktquellen für ein Hoch- ausforderung dar, die eine Nutzung im großen laufen der PtL-Kerosinproduktion notwendig Maßstab erschweren. Die vermehrte Nutzung zu sein. Hierbei kann die Nutzung von nicht- von nachhaltiger Biomasse in Punktquellen vermeidbaren Emissionen aus industriellen könnte daher ein Ansatz sein, CO2 aus bio- Prozessen wie z. B. bei der Zementproduktion genen Quellen auf einfachere Art und Weise ein sinnvoller Ansatz sein, sofern eine Umstel- für die PtL-Kerosinherstellung zukünftig zur lung auf erneuerbare Einsatzstoffe und alter- Verfügung zu stellen. Kurzfristig erscheint die native Prozesse dadurch nicht behindert wird. Für die Herstellung nachhaltiger Flugkraftstoffe wird die Nutzung von CO2/Kohlenstoff aus nachhaltigen biogenen Quellen und aus der Atmosphäre angestrebt. Allerdings kann für einen erfolgreichen Markthochlauf die Nutzung von nicht vermeidbaren CO2-Emissionen aus industriellen Prozessen aufgrund der Verfügbarkeit und niedrigen Bezugskosten zunächst sinnvoll sein. Dies darf jedoch nicht zu einem Hemmnis für die Erschließung und Nutzung von CO2 aus biogenen Industrieprozessen oder der Atmosphäre führen. Um Optimierungs- und Effizienzpotenziale bei den entsprechenden Technologien zu heben, adressiert die Förderrichtlinie des BMVI zur Entwicklung erneuerbarer Kraftstoffe auch einzelne Komponenten wie Direct Air Capture. Design und Zulassung von Kraftstoffen Das wichtigste Organ für die Zulassung von reduziert bzw. eliminiert werden kann. Die bei synthetischen Flugkraftstoffen ist die Ameri- der Verbrennung fossilen Kerosins entstehen- can Society for the Testing of Materials (ASTM), den Schadstoffe wie NOx, SO2, unverbrann- die ihre Arbeit mit der europäischen Standar- te Kohlenwasserstoffe und Kondensstreifen disierungsorganisation DefStan koordiniert. bildende Rußpartikel können dadurch stark Die erste derartige Zulassung dauerte neun reduziert werden. Das Deutsche Zentrum für Jahre und erforderte die Produktion von meh- Luft- und Raumfahrt (DLR) hatte bereits 2014 reren tausend Tonnen Kraftstoff zu Testzwe- nachgewiesen, dass eine Beimischung von 50 cken. Die Zulassungsverfahren wurden jedoch Prozent nachhaltigem Flugkraftstoff – diese weiterentwickelt, so dass sie mittlerweile in- Beimischungsmenge ist zurzeit zugelassen – nerhalb weniger Jahre abgeschlossen werden im Reiseflug die Rußpartikelemissionen eines und die erforderlichen Testmengen bei einigen Flugzeugtriebwerks um 50 bis 70 Prozent ge- Tonnen bis einigen hundert Tonnen liegen, je genüber der Verbrennung von reinem Kerosin nach Ähnlichkeit des synthetischen Kraftstoffs reduziert. Die Anzahl und Größe der Eiskristal- zu anderen, bereits zugelassenen Kraftstoffen. le zum Zeitpunkt der Kondensstreifenbildung hängt unter anderem von den Rußpartikel- Das Design der chemischen Zusammenset- emissionen der Flugzeugtriebwerke ab. Werden zung synthetischer Kraftstoffe bietet im Ge- diese reduziert, sinkt die Anzahl der Eiskristal- gensatz zum erdölbasierten Kerosin den Vor- le in neu gebildeten Kondensstreifen, was die teil, dass der Gehalt an Aromaten und Schwefel Klimawirkung der daraus entstehenden Hö-
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Technologische Entwicklung 13 henwolken verringert. Ungeachtet dessen ist resultieren. Die Reduktion von Rußemissionen davon auszugehen, dass auch mit PtL-Kerosin ist allerdings insgesamt ein wichtiger Schritt noch zusätzliche Klimawirkungen durch die zur Verringerung der Klimawirkung10. Veränderung der natürlichen Wolkenbildung Sollen mehr als die aktuell zulässigen 50 Prozent nachhaltige Flugkraftstoffe beigemischt werden, muss der Einfluss auf das Antriebssystem (Triebwerk, Tank, Verteilung, Dichtungen, Kalibrierung der Messsensorik) und die Tankinfrastruktur wissenschaftlich untersucht und technisch erprobt werden, was Anpassungen am Antriebssystem und an weiteren Flugzeugkomponenten sowie der Tankinfrastruktur erforderlich machen kann. Wichtig ist hierbei, dass sich die Untersuchungen nicht nur auf neueste Flugzeuggenerationen beschränken, sondern auch bestehende Flotten einschließen, da sich die Bedenken der ASTM primär auf die Kompatibilität mit alten Mustern beziehen. Ebenso sollten die bereits gewonnenen Erkenntnisse über die Klimawirkung von PtL-Kraftstoffen vertieft werden. Diesen Forschungsfragen sollte nachgegangen werden mit dem Ziel, technologisch einen höheren Beimischungsanteil erreichen zu können. Anwendungsorientierte Forschung Das Fischer-Tropsch-Verfahren wird seit Jahr- Demonstration unterschiedlicher Produk- zehnten angewandt. Gleichwohl gibt es bei tionsprozesse von Power-to-Liquid-Kraft- der großtechnischen Herstellung von strom- stoffen (PtL-Plattform) adressiert. Das Bun- basierten Flugkraftstoffen noch technische desministerium für Verkehr und digitale Fragen, die wissenschaftlich diskutiert und Infrastruktur (BMVI) plant die Umsetzung gelöst werden müssen. Gleiches gilt bei der einer solchen Plattform und erarbeitet gegen- Skalierung der Alkohol-Technologie und per- wärtig Konzepte. Das Bundesministerium für spektivisch weiterer Technologien. Des Wei- Wirtschaft und Energie (BMWi) unterstützt teren werden sich wissenschaftliche Fragen Forschung und Entwicklung im Bereich zum Design von Kraftstoffen ergeben, um die strombasierter Kraftstoffe im Rahmen des 7. Umweltauswirkungen weiter zu reduzieren. Energieforschungsprogramms, u.a. in der For- Der bestehende Forschungs- und Entwick- schungsinitiative „Energiewende im Verkehr: lungsbedarf wird neben anderen Projekten Sektorkopplung durch die Nutzung stromba- und Versuchsanlagen durch den Aufbau einer sierter Kraftstoffe“ und mit den Reallaboren Plattform zur Entwicklung, Erprobung und der Energiewende. Die Errichtung einer marktnahen PtL-Plattform als Bindeglied zwischen Entwicklungsvorhaben und Markthochlauf wird vom BMVI angestrebt. 10 https://www.dlr.de/content/de/artikel/news/2019/02/20190627_klimaauswirkung-von-wolken-aus-flugzeugkondensstreifen.html
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Nachhaltigkeitskriterien 14 Transportlogistik Strombasierte Kraftstoffe müssen die Krite- Central European Pipeline System (CEPS) für rien für einen sogenannten Drop-in-Kraft- alternative Kraftstoffe ist bislang noch nicht stoff11 erfüllen. Dadurch kann von dem Ke- möglich, weil alle NATO-Länder dem zustim- rosingemisch die vorhandene Infrastruktur men müssen. Die Zustimmung Deutschlands vom Erzeuger über die Tanklager am Flug- steht noch aus. Laut Aussage des Bundesmi- hafen bis ins Flugzeug genutzt werden. Die nisterium der Verteidigung befinden sich die Belieferung der Flughäfen erfolgt entweder dafür notwendigen Zulassungsverfahren zur- per Pipeline, Lkw oder Bahn. Die Nutzung des zeit in Klärung. Die Akteure der Roadmap setzen sich dafür ein, dass das Central European Pipeline System (CEPS) für nachhaltige Flugkraftstoffe genutzt werden kann. Nachhaltigkeitskriterien Im Vergleich zu Einsatzstoffen für die Herstellung von Biokraftstoffen unterliegen strombasierte Kraftstoffe nicht den Mengenbegrenzungen, wie aus limitierten Anbauflächen oder Nutzungskonkurrenzen durch die Verwendung in anderen Sektoren resultieren. Ein zentraler Punkt ist die Festlegung von Kriterien für den bei der PtX- Produktion verwendeten erneuerbaren Strom. Auf globaler Ebene existieren große erneuerbare Stromerzeugungspotenziale, die für die PtL-Kerosinproduktion genutzt werden können. Jedoch unterliegen auch diese ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig zu erschließenden Potenziale langfristig einer gewissen Begrenzung. Unter anderem ist hierbei die Verfügbarkeit von Süßwasser, der in Anspruch genommenen Flächen und von Rohstoffen für die Herstellung der Anlagen zu bedenken. Für eine nachhaltige Erzeugung von PtL-Ke- an internationalen Standorten sind zudem rosin müssen unterschiedliche Anforderun- weitere Nachhaltigkeitsaspekte zu berück- gen im Produktionsprozess erfüllt werden. sichtigen. Für eine ganzheitliche Betrachtung Im Mittelpunkt stehen hierbei die Versorgung gehören hierzu die Vermeidung von negati- der Produktionsanlagen mit zusätzlichem er- ven ökologischen Auswirkungen auf Ökosys- neuerbarem Strom, Kohlenstoff aus nachhal- teme und natürliche Lebensgrundlagen, z. B. tigen Quellen, Wasser sowie die in Anspruch die Wasserverfügbarkeit, die Gewährleistung genommenen Flächen für z. B. die erneuerba- und die Kosten der örtlichen Energieversor- ren Erzeugungsanlagen oder die CO2-Abtren- gung sowie die sozialen Auswirkungen großer nung aus der Luft. Im Hinblick auf eine zu- Infrastrukturprojekte auf die Bevölkerung im künftig zu erwartende PtL-Kerosinproduktion Wirkbereich. 11 PtL-Kerosin ist drop-in fähig, d. h. es kann zu fossilem Kerosin beigemischt und ohne Änderung in der Flugzeugflotte sowie bestehender Infrastruktur genutzt werden.
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Nachhaltigkeitskriterien 15 Bisher existieren keine international einheit- Nutzer transparent, effizient und zuverlässig lichen Nachhaltigkeitsstandards sowie Bi- nachvollziehen, wie nachhaltig das genutzte lanzierungs- und Zertifizierungssysteme für Kerosin ist, was Akzeptanz schafft und was PtL-Kerosin. Es bedarf daher eines umfassen- den Umwelt- und Klimavorteil sicherstellt. den Prozesses, um für alle relevanten Aspekte Bei dem Aufbau von globalen Zertifizierungs- möglichst regional übergreifende Nachhaltig- und Bilanzierungssystemen kann auf der Er- keitskriterien einzuführen. Für einen globalen fahrung ähnlicher Systeme für Biokraftstoffe Markthochlauf von PtL-Kerosin ist die Eta und Strom aus Erneuerbaren Energien aufge- blierung entsprechender Standards und Sys- baut werden. teme notwendig. Nur so können Händler und + Zusätzlichkeit Erneuerbarer Energien Ökologie + Vermeidung lokaler Wasserknappheit + Landnutzung und -rechte + Ggf. nachhaltiger Kohlenstoffbezug Ökonomie + Wirtschaftlichkeit + Beitrag zu lokaler Wertschöpfung + Partizipation lokaler Akteure Soziales + Internationale Vernetzung (Gremien/Standards) + ILO-konforme Arbeitsbedingungen + Rechtsicherheits- und Korruptionsschutz + Capacity building + Transparenz Abbildung 4: Mögliche Nachhaltigkeitsprinzipien für PtL (Quelle: NOW GmbH) Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO Der ICAO-Umweltausschuss CAEP (Commit- berücksichtigt. Die ICAO einigte sich für die tee on Aviation Environmental Protection) Pilotphase von CORSIA auf zwei verbindliche hat über seine Arbeitsgruppe Kraftstoffe (Fu- Nachhaltigkeitskriterien: Nachhaltige Flug- els Task Group, FTG) an der Entwicklung von kraftstoffe müssen demnach eine THG-Re- Verfahren und Methoden zur Berücksichti- duktion von mindestens 10 Prozent erreichen gung von nachhaltigen Flugkraftstoffen im und dürfen nicht aus Biomasse hergestellt Rahmen des Carbon Offsetting and Reduction werden, die auf Land mit hohem Kohlenstoff- Scheme for International Aviation (CORSIA)12 bestand (Primärwälder), Feucht- und Torfge- gearbeitet, wobei PtL-Kraftstoffe bis jetzt bieten angebaut wurden. Die Einhaltung der noch nicht gesondert berücksichtigt wurden Kriterien soll zur lokalen, sozialen und wirt- und die Nachhaltigkeitskriterien für nachhal- schaftlichen Entwicklung unter Vermeidung tige Flugkraftstoffe noch unzureichend sind. von Konkurrenz mit Nahrung und Wasser Durchgeführt wurde dafür eine Lebenszyk- beitragen. Weitere Kriterien sollen bis zum lusanalyse, die sowohl Veränderungseffekte Ende der CORSIA-Pilotphase (2023) geneh- durch direkte als auch indirekte Landnutzung migt und damit verbindlich werden. 12 https://www.icao.int/environmental-protection/CORSIA/Pages/CORSIA-Eligible-Fuels.aspx
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Nachhaltigkeitskriterien 16 Europäische Union Für Europa und damit auch Deutschland gibt deutsches Recht umgesetzt werden. Die THG- die Erneuerbare Energien Richtlinie (RED II) Minderung strombasierter Kraftstoffe für den das Einhalten von Nachhaltigkeitskriterien Verkehr muss gemäß RED II seit dem 1. Januar in Bezug auf Biomasse und den Strombezug 2021 mindestens 70 Prozent gegenüber dem zur PtX-Herstellung und im Hinblick auf die fossilen Vergleichswert betragen. Die Rege- THG-Minderung für die im Verkehr einge- lung zur Behandlung von Netzstrom bei der setzten erneuerbaren Kraftstoffe vor. Dafür Ermittlung des THG-Werts wird erst im Rah- muss die Europäische Kommission einen de- men eines delegierten Rechtsaktes der Kom- legierten Rechtsakt vorlegen. Unabhängig da- mission bis Ende 2021 festgelegt. von muss die RED II bis zum 30. Juni 2021 in Nachhaltiges strombasiertes Kerosin kann nur mit zusätzlicher Erneuerbarer Energie erzeugt werden und muss eine bestimmte THG-Minderung aufweisen. Die Kriterien für bilanziellen EE-Strombezug aus einem Netz werden in einem Rechtsakt der Europäischen Kommission geregelt. Dabei ist insbesondere die netz- und systemdienliche Produktion von strombasiertem Kerosin entscheidend. Die Akteure der Roadmap begleiten die Entwicklung dieses Rechtsaktes. Die Akteure der Roadmap werden sich bei der Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitskriterien für PtL-Kerosin dafür einsetzen, dass sich ein einheitlich verbindlicher Standard auf europäischer und internationaler Ebene etabliert.
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Förderung des Markthochlaufs 17 Förderung des Markthochlaufs Die PtL-Kerosinproduktion ist weder am Markt etabliert noch unter den jetzigen Rahmenbedingungen wettbewerbsfähig. Um die Situation auf Angebotsseite zu verbessern, fördern der Bund und die Länder die Entwicklung und Produktion von PtL-Kerosin. Die Schaffung eines regulatorischen Rahmens ist zentrales Gegenstück zur Förderung auf Abnahmeseite für den Markthochlauf von PtL-Kerosin. Auf der Nachfrageseite sollte der Markthochlauf unterstützt werden durch freiwillige Abnahmeverpflichtungen durch die Luftverkehrs- und Logistikbranche. Regulatorischer Rahmen zur Setzung von Marktanreizen Vorgaben zu langfristigen verbindlichen Zielen gestaltet werden, dass sie einerseits wirkungs- und die zur Zielerreichung geregelten Anreize voll und andererseits wettbewerbsneutral sind. bzw. Verpflichtungen für die Marktakteure die- Weiterhin sollten sie aber so zeitnah gesetzt nen auch dazu, Investitionssicherheit zu schaf- werden, dass ein erster Hochlauf von strom- fen. Für den Luftverkehr ist das Zusammen- basierten PtL-Kraftstoffen bis Mitte der 2020er spiel zwischen internationaler, europäischer Jahre stattfindet. Insofern ist es sinnvoll, zu- und nationaler Ebene von großer Bedeutung, nächst regional zu beginnen, um sukzessive um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. auf europäischer bzw. internationaler Ebene Regulatorische Maßnahmen sollten so aus- vergleichbare Regelungen zu erreichen. Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO Auf der ICAO-Versammlung im Jahr 2013 2016 haben die ICAO-Vertragsstaaten ein glo- wurden globale Ziele für den internationa- bales CO2-Kompensationssystem beschlos- len Luftfahrtsektor festgelegt: Die jährliche sen: das Carbon Offsetting and Reduction Treibstoffeffizienz soll sich um 2 Prozent ver- Scheme for International Aviation (CORSIA). bessern und die globalen CO2-Emissionen Erreicht werden soll das CO2-neutrale Wachs- auf dem Niveau von 2020 stabilisiert werden tum, indem die Fluggesellschaften weltweit (CO2-neutrales Wachstum ab 2020). Um die CO2-senkende Klimaschutzprojekte finanzie- globalen Ziele zu erreichen, verfolgt die ICAO ren. Die Größenordnung der Projekte richtet ein Bündel von Maßnahmen, darunter Ver- sich nach den zu kompensierenden Emis- besserungen der Flugzeugtechnologie, be- sionen aus dem Luftverkehr. Im Rahmen von triebliche Verbesserungen, den Einsatz nach- CORSIA können nachhaltige Flugkraftstof- haltiger Flugkraftstoffe und marktbasierte fe, die bestimmten Kriterien genügen (siehe Maßnahmen. Zurzeit arbeitet der Umwelt- Nachhaltigkeitskriterien/ICAO), zur Minde- ausschuss der ICAO an einem langfristigen rung der CO2-Emissionen einer Fluggesell- globalen Klimaschutzziel für den Luftverkehr, schaft angerechnet werden. PtL-Kraftstoffe das auf der nächsten Versammlung im Jahr sind bisher noch nicht gesondert berücksich- 2022 vorgestellt werden soll. tigt, sondern lediglich Biokraftstoffe.
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Förderung des Markthochlaufs 18 Im Jahr 2017 wurde die ICAO Vision 205013 kraftstoffverbrauchs zu erreichen. Die Höhe für nachhaltige Flugkraftstoffe aufgesetzt, in dieses Anteils wurde in der ICAO Vision nicht der Staaten, Industrie und andere Interessen- weiter spezifiziert. Deutschland hatte sich da- gruppen aufgefordert werden, bis 2050 einen für eingesetzt, dass auch PtL-Kerosin in der „signifikanten“ Anteil des nachhaltigen Flug- ICAO Vision 2050 berücksichtigt wird. Die Akteure der Roadmap setzen sich weiterhin dafür ein, dass PtL-Kerosin auf ICAO-Ebene stärker adressiert wird. Dabei müssen auch für strombasierte Kraftstoffe ambitionierte Nachhaltigkeitskriterien erarbeitet, beschlossen und umgesetzt werden, die nicht hinter solchen auf europäischer Ebene zurückfallen. Die an der Roadmap beteiligten Bundesministerien prüfen, inwiefern bei der Ausgestaltung internationaler Maßnahmen eine höhere Anreizwirkung für den Einsatz von PtL-Kerosin eingeführt werden kann. Europäische Union Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II)14 Die RED II legt für jeden Mitgliedstaat natio- Otto- und Dieselkraftstoffen entstehen, min- nale Ziele für Erneuerbare Energien bis 2030 dern müssen. Die RED II muss bis zum 30. Juni fest, wobei die Ausgangslage und das Gesamt- 2021 auf nationaler Ebene umgesetzt werden. potenzial für Erneuerbare Energien berück- Allerdings liegen die anteiligen Kosten für sichtigt werden. In der RED II werden auch ein strombasierte Kraftstoffe zumindest für die Unterziel sowie entsprechende Regelungen ersten Anlagen weit über denen alternativer für den Verkehrssektor vorgegeben. Die Mit- Erfüllungsoptionen der THG-Quote wie z. B. gliedstaaten müssen die Kraftstofflieferanten fortschrittlicher Biokraftstoffe oder auch der dazu verpflichten, dass der Anteil Erneuer- Nutzung von Stromzertifikaten aus E-Fahr- barer Energien am Endenergieverbrauch im zeugen. Um weitere Kostensenkungen zu Verkehrssektor mindestens 14 Prozent bis ermöglichen, könnte eine Mehrfachanrech- 2030 beträgt. Die Vorgaben der EU werden nung von Koppelprodukten der PtL-Kero- in Deutschland mittels der Treibhausgasquo- sinproduktion, wie dies auch für die Nutzung te im Bundesimmissionsschutzgesetz und grünen Wasserstoffs im Raffinerieprozess einzelnen darauf basierenden Verordnungen vorgesehen ist, als begleitendes Element sinn- umgesetzt. Die Treibhausgasquote gibt dabei voll sein. eine prozentuale THG-Minderung vor, um die Inverkehrbringer von Kraftstoffen ihre Im Zuge der Umsetzung der RED II soll als THG-Emissionen, die durch den Einsatz von entscheidender Anreiz zum Hochlauf und zur 13 https://www.icao.int/environmental-protection/pages/SAF.aspx 14 Richtlinie(EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen; abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018L2001&from=EN ; zuletzt aufgerufen am 26.8.2020.
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Förderung des Markthochlaufs 19 Markteinführung von flüssigen strombasier- Tonnen) und bis 2030 auf 2 Prozent (ent- ten Kraftstoffen eine energetische PtL-Unter- spricht ca. 200.000 Tonnen). Auf diese Weise quote für den Luftverkehr eingeführt werden. wird die Markteinführung von PtL für den Die Quote soll die Inverkehrbringer von Kero- Verkehrssektor sichergestellt, der über keine sin dazu verpflichten, dass der in Deutschland Antriebsalternative (z. B. elektrisches Fliegen) getankte Kraftstoff einen bestimmten Anteil verfügt. Koppelprodukte, die in der Raffinerie an PtL-Kerosin enthält. Der Anteil soll dabei anfallen, können ungeachtet dessen für ande- sukzessive steigen, beginnend ab dem Jahr re Verkehrsträger eingesetzt werden und auf 2026 mit 0,5 Prozent (entspricht ca. 50.000 die THG-Quote angerechnet werden. Initiative RefuelEU Aviation15 Die auf den Green Deal zurückgehende Ini- und den Befragungen von Stakeholdern sol- tiative RefuelEU Aviation zielt u. a. darauf ab, len in einer Studie zusammengefasst wer- Angebot von und Nachfrage nach nachhal- den. Die Studie soll auch daraus abgeleitete tigen Flugkraftstoffen in der EU zu steigern legislative Handlungsvorschläge enthalten. und so zur Verwirklichung der Klimaziele Ein erster Vorschlag der Kommission soll der EU beizutragen. Eine erste öffentliche spätestens im ersten Quartal 2021 vorgelegt Konsultation zur Initiative hat im Juni 2020 werden. Neben finanzieller Förderung nach- stattgefunden. Weiterhin hat die Europäi- haltiger Kerosinproduktion und freiwilli- sche Kommission eine Abfrage zu einem Im- gen Verpflichtungen wird insbesondere eine pact Assessment durchgeführt. Parallel dazu Quote für erneuerbares Kerosin inklusive fanden mehrere Treffen mit Mitgliedstaaten einer Unterquote für PtL-Kerosin auf euro- statt. Die Ergebnisse aus den Konsultationen päischer Ebene diskutiert. Die Akteure der Roadmap setzen sich dafür ein, dass auf europäischer Ebene zeitnah die Rahmenbedingungen für einen selbsttragenden PtL-Kerosinmarkt geschaffen werden und unterstützen die Einführung einer Unterquote für den Luftverkehr ab dem Jahr 2026 zunächst in Deutschland. Bei einer Verpflichtung, die aus der Revision der RED II und/oder der RefuelEU Aviation Initiative resultieren könnte, gilt es, Wettbewerbsnachteile für die europäische Luftverkehrswirtschaft zu vermeiden. Europäisches Emissionshandelssystem (EU-ETS) Die Europäische Union nutzt seit dem stoßenen CO2-Emissionen entsprechenden Jahr 2005 das Emissionshandelssystem als Umfang Zertifikate kaufen. Eine Anrechnung Instrument der Klimaschutzpolitik. Seit Janu- von biogenen Flugkraftstoffen ist möglich. ar 2012 ist auch der Luftverkehr einbezogen. Der Emissionsfaktor für diese Flugkraftstof- Jede Fluggesellschaft, die innerhalb Europas fe ist Null. Die Emissionshandelsrichtlinie soll Flüge durchführt, muss in einem den ausge- im Jahr 2021 für den Luftverkehr bezüglich der 15 https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12303-ReFuelEU-Aviation-Sustainable-Aviation-Fuels
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Förderung des Markthochlaufs 20 Umsetzung von CORSIA in europäisches Recht der Versteigerung von Emissionsberechtigun- und der Ankündigung im Green Deal zur Ab- gen fließen in den Energie- und Klimafonds. senkung der frei zugeteilten Zertifikate ange- Diese Mittel werden u. a. für die Förderung des passt werden. Die Einnahmen des Staates aus Markthochlaufes von PtL-Kraftstoffen genutzt. Die an der Roadmap beteiligten Bundesministerien prüfen, ob und wie Einnahmen aus dem EU- ETS auch weiterhin für die Förderung von PtL-Kerosin verwendet werden können. Die an der Roadmap beteiligten Bundesministerien prüfen, ob und wie eine Mehrfachanrechnung für PtL-Kerosin im Rahmen des EU-ETS erfolgen kann, wenn Fluggesellschaften dieses über die Quotenerfüllung durch die Inverkehrbringer hinaus erwerben. Da PtL-Kraftstoffe zunächst nicht flächendeckend verfügbar sein werden, prüfen die an der Roadmap beteiligten Akteure die Möglichkeit der Etablierung zuverlässiger Bilanzierungsregeln, welche es Fluggesellschaften unabhängig von ihrem Streckennetz ermöglichen, PtL-Kerosin zu kaufen und im Rahmen entsprechender Bilanzierungssysteme anzurechnen. Die Anrechnung des THG-Minderungseffektes darf in der europäischen Klimabilanzierung für das Pariser Abkommen nur einmal erfolgen. Ebenso muss hierbei geprüft werden, wie eine potenzielle Doppelzählung von Emissionsminderungszertifikaten im Rahmen von CORSIA ausgeschlossen werden können. Staatliche Förderung Bund Der Bund fördert die Entwicklung und die Pro- stoffzellentechnologie (NOW) vom BMVI ent- duktion von PtX-Produkten und Technologien wickelt. Eine Förderrichtlinie zur Entwicklung in einer Vielzahl von Projekten und Initiativen erneuerbarer Kraftstoffe soll im 1. Quartal 2021 auf nationaler und internationaler Ebene, um veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung ei- einen selbsttragenden Markt zu unterstützen. ner weiteren Förderrichtlinie, welche ebenfalls Ausgewählte Fördermaßnahmen werden im PtL-Kerosin adressiert, wird für das 3. Quartal Folgenden beispielhaft dargestellt. Für weitere 2021 angestrebt. Insbesondere aufgrund der Informationen wird auf die Internetseiten der umfangreichen Förderung ist hier eine beihilfe- jeweiligen Bundesministerien verwiesen. rechtliche Genehmigung durch die Europäische Kommission erforderlich. Im Schnitt werden Aus dem Energie- und Klimafonds stehen dem für die Konzeption und den Bau einer PtL-Anla- Bundesministerium für Verkehr und digitale ge drei bis vier Jahre veranschlagt. Eine Produk- Infrastruktur (BMVI) insgesamt 1,3 Mrd. Euro tion von PtL-Kerosin aus geförderten Anlagen für die Erzeugung und den Markthochlauf so- wird daher frühestens ab 2025 erwartet. wie die Entwicklung von erneuerbaren Kraft- stoffen aus Strom und fortschrittlicher Biomas- Das Bundesministerium für Wirtschaft und se zur Verfügung. Aktuell werden entsprechende Energie (BMWi) unterstützt im Rahmen der Förderrichtlinien mit Unterstützung der Na- Forschungsinitiative „Energiewende im Ver- tionalen Organisation Wasserstoff- und Brenn- kehr: Sektorkopplung durch die Nutzung
↑ Zum Inhaltsverzeichnis PtL-Roadmap: Förderung des Markthochlaufs 21 strombasierter Kraftstoffe“ Forschungsprojekte Das Bundesministerium für Umwelt, Natur- zur Herstellung und Nutzung von alternativen, schutz und nukleare Sicherheit (BMU) fördert strombasierten Kraftstoffen mit ca. 87 Mio. Euro. seit 2015 auf internationaler Ebene im Rahmen Dazu hat das BMWi getreu dem Ansatz „Förder- der Internationalen Klimaschutzinitiative Pro- politik aus einem Guss“ seine Programme zur jekte zum Thema PtL-Kerosin (z. B. in Brasilien). Energieforschung, zur Forschung und Entwick- Darüber hinaus wurde 2019 der International lung für Verkehrstechnologien sowie maritime PtX-Hub Berlin17 eingerichtet, der u.a. ein Kon- Technologien gekoppelt und Synergien genutzt. zept für Nachhaltigkeitsanforderungen von Basierend auf den Forschungsergebnissen soll PtX-Kraftstoffen erarbeitet und den Hochlauf unter Leitung des DLR bis 2022 eine Roadmap von PtL-Kerosin auf globaler Ebene unterstützt. entstehen, die Handlungsempfehlungen für Zudem wird vom BMU ein PtX-Kompetenzzen- die Entwicklung, Produktion und Marktein- trum in Cottbus inklusive einer Anlage zur Er- führung von nachhaltigen Kraftstoffen gibt. zeugung von PtL-Kerosin aufgebaut. Über eine Weiterhin bildet unter den 20 Gewinnern des Förderrichtlinie des BMU sollen darüber hinaus ersten Ideenwettbewerbs „Reallabore der Ener- weitere Mittel zur Erzeugung und Anwendung giewende“ das Themenfeld Sektorenkopplung von strombasierten Kraftstoffen für den Luft- und Wasserstofftechnologien einen besonderen verkehr bereitgestellt werden. Schwerpunkt. Einige dieser Konsortien planen, Wasserstoff und Folgeprodukte (z. B. Methanol) Im vom Bundesministerium für Bildung und für den Einsatz im Mobilitätssektor zur Verfü- Forschung (BMBF) geförderten Kopernikus- gung zu stellen. Um insbesondere eine Förde- P2X-Projekt18 wird Grundlagenforschung zur rung der Betriebskosten für Reallaborvorhaben Optimierung der Wasserstoffproduktion und und eine Förderdauer von bis zu 10 Jahren zu Weiterverarbeitung betrieben. Der Fokus liegt ermöglichen, wurde eine Förderrichtlinie mit hierbei nicht auf der Kraftstoffproduktion. Al- der Europäischen Kommission abgestimmt, die lerdings liefert das Projekt wichtige technische zeitnah notifiziert werden soll. Als erstes Was- Erkenntnisgewinne, die auch bei der PtL-Kero- serstoff-Reallabor ist 2020 Westküste 10016 ge- sinproduktion genutzt werden können. startet. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat im Rahmen der Nationalen Wasserstoff- strategie eine „Allianz zur Entwicklung des Power-to-X-Sektors“19 mit Marokko verein- bart, welche den Bau einer Referenzanlage vorsieht. Gegenwärtig wird eine mögliche Ke- rosinproduktion diskutiert. 16 https://www.westkueste100.de/ 17 https://ptx-hub.org/ 18 https://www.kopernikus-projekte.de/projekte/p2x 19 http://www.bmz.de/de/themen/wasserstoff/index.html
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