Japan nach zwei Jahren "Abenomics"

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Japan nach zwei Jahren »Abenomics«
Geldpolitische Illusionen, Reformen ohne Mut: Der Wirtschaftskurs von
Premier Abe hat seine Ziele bislang verfehlt
Hanns Günther Hilpert

Als Shinzo Abe im Dezember 2012 japanischer Ministerpräsident wurde, weckte er
hohe wirtschaftspolitische Erwartungen. Er versprach eine radikale Wende in der
Geldpolitik, eine langfristige fiskalische Konsolidierung und Strukturreformen zur
ökonomischen Belebung. Zwei Jahre später fällt die Zwischenbilanz der »Abenomics«
ernüchternd aus. Trotz beispielloser geldpolitischer Expansion und kräftiger fiskali-
scher Stimulierung ließen sich Deflation und Wachstumsschwäche in Japan nicht
überwinden. Und obwohl die Verbrauchssteuer erhöht wurde, ist der Staatshaushalt
von nachhaltiger Konsolidierung weit entfernt. Die bahnbrechenden Reformen, die
Wachstum anregen sollten, ist Abe dem Land bisher ebenso schuldig geblieben. Warum
konnten die gesetzten Ziele nicht erreicht werden? Welche Optionen bleiben der japa-
nischen Konjunktur- und Wirtschaftspolitik noch – angesichts einer hohen, weiter
wachsenden Staatsverschuldung und der fortschreitenden Alterung der Gesellschaft?

Japans Wirtschaft hat sich nie wirklich vom                       des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Anderer-
Bubble-Schock der frühen 1990er Jahre er-                         seits konnte die Bank of Japan, die Zentral-
holt. Damals war eine bis heute beispiellose                      bank des Landes, selbst mit stark expansi-
Spekulationsblase bei Vermögenswerten                             ver Geldpolitik eine milde Deflation nicht
wie Grundstücken und Aktien geplatzt. Es                          abwenden. Zugleich fielen immer mehr
folgten eine hohe Verschuldung von Privat-                        Menschen in prekäre Beschäftigungs-
haushalten und Unternehmen, eine läh-                             verhältnisse; die Ungleichheit in der Ein-
mende Bankenkrise und das dauerhafte                              kommens- und Vermögensverteilung des
Absinken des japanischen Potentialwachs-                          Landes nahm stetig zu.
tums von vormals 4 auf 1 Prozent. Nur                                Während der politisch-gesellschaftliche
fortlaufende fiskalische Mehrausgaben für                         Konsens zerfiel, der Japans traditionelle
zuweilen absurde Bauprojekte konnten ver-                         Wachstumskoalition aus Politik, Adminis-
hindern, dass Japan in eine Depression ab-                        tration und Wirtschaft geprägt hatte, ver-
glitt. Dadurch stieg die Staatsverschuldung                       legten sich die etablierten Interessengrup-
nach Berechnungen des Internationalen                             pen darauf, die eigenen Besitzstände zu
Währungsfonds auf inzwischen 245 Prozent                          verteidigen. Bislang ausgeblieben ist der

Dr. Hanns Günther Hilpert ist Leiter der Forschungsgruppe Asien                                                        SWP-Aktuell 24
                                                                                                                           März 2015

                                                                                                                                   1
Prozess einer kreativen Zerstörung, wie er        die fiskalische Expansion begünstigte in
                 für einen positiven Wandel nötig wäre –           konventioneller Weise vor allem die heimi-
                 etwa durch Aufbrechen von Kartellen und           sche Bauwirtschaft. Dagegen kam die Neu-
                 oligopolistischen Marktstrukturen oder            ausrichtung der Geldpolitik einer institu-
                 durch Veränderungen in der Corporate              tionellen und monetären Revolution gleich.
                 Governance japanischer Unternehmen.               Zwar ist die Unabhängigkeit der für Geld-
                 Auch der temporäre Machtwechsel, der              politik zuständigen Bank of Japan gesetz-
                 2009 die Demokratische Partei (DPJ) für           lich verankert. Dennoch konnte Abe die
                 drei Jahre an die Regierung brachte, konn-        Widerstände gegen einen monetären Kurs-
                 te die Hoffnungen auf wegweisende Refor-          wechsel rasch überwinden – durch politi-
                 men, Strukturwandel und wirtschaftlichen          schen Druck und die turnusmäßige Neu-
                 Aufschwung nicht erfüllen.                        ernennung des Gouverneurs und zweier
                                                                   Mitglieder des geldpolitischen Lenkungs-
                                                                   rates (Policy Board) der Bank.
                 »Drei Pfeile« für Japans                             Der personell veränderte Lenkungsrat
                 wirtschaftliche Erneuerung                        unter dem neuen Gouverneur Haruhiko
                 Mit dem Versprechen professioneller Regie-        Kuroda kündigte im April 2013 an, durch
                 rungsführung und nachhaltiger wirtschaft-         eine quantitative und qualitative Geld-
                 licher Besserung gelang Shinzo Abe, der           mengen-Expansion (QQME) innerhalb von
                 bereits 2006/2007 für ein Jahr Minister-          zwei Jahren eine Inflationsrate von 2 Pro-
                 präsident gewesen war, ein erdrutscharti-         zent zu erreichen. Die neue geldpolitische
                 ger Wahlsieg bei den Unterhauswahlen von          Zielgröße, die Geldbasis, sollte von 138 Bil-
                 Dezember 2012. Damit kehrte die Liberal-          lionen Yen (Jahresende 2012) auf 270 Billio-
                 demokratische Partei (LDP), die von 1955          nen Yen (Jahresende 2014) verdoppelt wer-
                 bis 2009 das Land fast ununterbrochen             den, unabhängig von der Zinsentwicklung.
                 regiert hatte, an die Macht zurück. Abe           Verdoppeln sollte sich damit auch der da-
                 kündigte an, die Deflation mit einer aggres-      mals schon beispiellos hohe Anteil der
                 siven Geldpolitik zu bekämpfen, die Kon-          Geldbasis am BIP – auf nunmehr fast 60
                 junktur mittels expansiver Fiskalpolitik          Prozent. International waren noch bis 2007
                 zu stimulieren und Investitionsblockaden          Geldbasis-BIP-Relationen von 5 bis 10 Pro-
                 durch strukturelle Reformen zu überwin-           zent üblich. Dies zeigt, dass die japanische
                 den. Für seine Konjunktur- und Wachs-             Zentralbank mit einer solchen Expansion
                 tumspolitik verwendete er die in Japan his-       geldpolitisches Neuland betrat. Umgesetzt
                 torisch bekannte »Drei-Pfeile-Metapher«.          wurde (und wird) die Geldmengen-Auswei-
                 Damit vermittelte er eine klare Botschaft:        tung durch den Kauf japanischer Staats-
                 Die Durchschlagskraft einer in sich abge-         anleihen, einschließlich längerfristiger
                 stimmten Geld-, Fiskal- und Strukturpolitik       Papiere von sechs bis acht Jahren, um da-
                 wird das Land wirtschaftlich erneuern und         mit auch qualitativ Einfluss auf den lang-
                 wieder erstarken lassen. Japan, die weltweit      fristigen Kapitalmarktzins zu nehmen.
                 drittgrößte Volkswirtschaft, die im inter-           Mit dieser neuen Politik verfolgt die
                 nationalen Vergleich beim Export an fünf-         Bank of Japan das Ziel, die langfristigen
                 ter, bei Auslandsinvestitionen an siebter         Zinsen nach unten zu drücken, die Ent-
                 und bei Patentanmeldungen an zweiter              wicklung der realen Vermögenswerte posi-
                 Stelle rangiert, sollte wieder eine »first-tier   tiv und den Außenwert des Yen negativ zu
                 nation« werden.                                   beeinflussen. Auf diese Weise will sie die
                    Allerdings war von Anfang an sichtbar,         gesamtwirtschaftliche Nachfrage stärken
                 dass sich die drei Pfeile in Größe und Be-        und die Deflationserwartungen der Wirt-
                 deutung stark voneinander unterscheiden.          schaftssubjekte brechen. Am Ende der Wir-
                 Strukturpolitische Reformen waren vorerst         kungskette sollen höhere Preise, höhere
                 nur als Ankündigungen zu erkennen, und            Löhne, mehr Investitionen und mehr An-

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schaffungen langlebiger Konsumgüter             fiel und damit auch die Glaubwürdigkeit
stehen. Die gesamtwirtschaftliche Nach-         der Bank of Japan litt, sah sich Gouverneur
fragelücke wäre geschlossen.                    Kuroda genötigt, das expansive Geldmen-
                                                gen-Wachstum nochmals zu verstärken.
                                                Am 31. Oktober 2014 kündigte er an, bis
Eine gemischte Zwischenbilanz                   Ende 2015 den Anteil der Geldbasis am BIP
Gesamtwirtschaftliche Entwicklung: Nach         auf 70 bis 75 Prozent auszubauen. Zu die-
nunmehr zwei Jahren Wirtschaftspolitik im       sem Zweck versprach die Zentralbank, das
Zeichen der Abenomics ist eine nachhaltige      jährliche Kaufvolumen für langläufige japa-
Erholung der japanischen Ökonomie nicht         nische Staatsanleihen von 50 auf 80 Billio-
in Sicht. Dabei hatten Geld- und Fiskalpoli-    nen Yen zu erhöhen sowie Immobilien- und
tik zunächst einen glänzenden Start. Die        Aktienmarkt unmittelbar oder mittelbar
Ankündigung der geldpolitischen Wende           zu stützen. Wie im Frühjahr 2013 schlug
durch Zentralbank-Chef Kuroda verfehlte         die expansive Geldpolitik unmittelbar auf
ihre Wirkung nicht, zumal Regierung und         die Finanzmärkte durch: Die Renditen fie-
Parlament auch zwei Nachtragshaushalte          len auf nahezu null Prozent, die Aktien-
verabschiedeten. Schon bald stiegen die         kurse stiegen wieder an, und der Yen verlor
Aktienkurse, verbesserten sich die Geschäfts-   weiter an Wert. Bei sinkenden Ölpreisen
erwartungen, fielen die Anleiherenditen –       rutschte die Inflationsrate aber wieder in
und der Yen erreichte immer neue Tiefstän-      den negativen Bereich – mit einem Wert
de. Dank kräftiger Steigerungsraten bei         von -0,4 Prozent im Dezember 2014. Die
Konsum, Wohnungsbau und öffentlichen            Realwirtschaft zeigte sich dieses Mal unbe-
Investitionen nahm das BIP 2013 real um         eindruckt, da es an fiskalischen Impulsen
1,6 Prozent zu. Die positive Konjunktur-        zunächst fehlte. Für eine Erholung des Kon-
entwicklung fand ihren Höhepunkt im             sums mangelt es den privaten Haushalten
ersten Quartal 2014. Konsumenten zogen          schlicht an Kaufkraft. Abermals sanken
damals den Kauf langlebiger Konsumgüter         2014 die Reallöhne. Japans Nominallöhne
vor, weil eine Erhöhung der Verbrauchs-         sind, bei wieder leicht anziehender Infla-
steuer von 5 auf 8 Prozent bevorstand.          tion, über das Gesamtjahr gerechnet gar
Folge war, dass die Wirtschaft real um 2,4      nicht oder nur sehr mäßig gestiegen.
Prozent gegenüber dem Vorquartal wuchs.         Außerdem hat der Yen abgewertet, und
Nach der Steuererhöhung zum 1. April            die Zins-Spareinkommen sind gesunken.
2014 aber stürzten privater Konsum und          Unter diesen Voraussetzungen ist vorerst
Konjunktur regelrecht ab. Für die beiden        nicht damit zu rechnen, dass der Konsum
Folgequartale fiel die Wirtschaft ins Minus,    wieder anziehen wird.
Japan befand sich vorübergehend wieder             Beschäftigung und Arbeitsmarkt:
in der Rezession. Übers Gesamtjahr 2014         Japans absolute Zahl an Beschäftigten ist
gerechnet, konnte das BIP ausweislich vor-      2014 auf einen neuen Höchststand gestie-
läufiger statistischer Angaben des Cabinet      gen. Die Arbeitslosigkeit fiel im Dezember
Office real gerade einmal den Stand des         auf 3,4 Prozent. Kehrseite dieser positiven
Vorjahrs halten (+0,0 Prozent).                 Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist der
   Preisentwicklung und Geldpolitik:            bereits seit mehr als 20 Jahren zu beobach-
Noch vollkommen offen ist, ob der deflatio-     tende Rückgang der regulären Beschäfti-
näre Preistrend gebrochen werden kann.          gung. Derzeit befinden sich 21 Prozent der
Zwar befindet sich im Zuge der Geldmen-         Männer und 55 Prozent der Frauen in mehr
gen-Expansion die am Verbraucherpreis-          oder minder prekären Beschäftigungsver-
index (CPI) gemessene Inflationsrate wieder     hältnissen. Sie erhalten im Vergleich zu
im positiven Bereich; im April 2014 stieg sie   regulär Beschäftigten eine deutlich gerin-
auf den Spitzenwert von 2,1 Prozent. Weil       gere Entlohnung, genießen keinen Kündi-
anschließend die Inflationsrate aber wieder     gungsschutz und sind sozial schlechter ab-

                                                                                              SWP-Aktuell 24
                                                                                                  März 2015

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gesichert. Die Zunahme irregulärer Beschäf-    hatte die 36-prozentige Abwertung des Yen
                 tigung ist mitverantwortlich für die sin-      gegenüber dem US-Dollar (von Anfang 2013
                 kenden Reallöhne und Japans schleppende        bis Ende 2014) ein beträchtliches Export-
                 Produktivitätsentwicklung. Betriebliche        plus zur Folge, aber auch die Importe sind
                 Investitionen in Aus- und Weiterbildung        kräftig angestiegen. Netto gingen vom
                 unterbleiben, wenn die langfristige Mit-       Export keine positiven Impulse aus.
                 arbeit nicht gesichert ist. Bei Kosten- und       Strukturreformen: Die Abe-Regierung
                 Wettbewerbsproblemen ersetzen Unter-           hat eine Reihe von Reformmaßnahmen in
                 nehmen reguläre durch irreguläre Beschäf-      die Wege geleitet, ohne dass bisher spekta-
                 tigung, anstatt in produktivitätssteigernde    kuläre Durchbrüche erkennbar wären, die
                 Maßnahmen zu investieren.                      dem Wirtschaftswachstum einen Schub
                    Staatshaushalt und Fiskalpolitik:           verleihen oder das Potentialwachstum
                 Während im Jahr 2013 über Nachtrags-           dauerhaft anheben könnten. Vielmehr be-
                 haushalte finanzierte Mehrausgaben die         wegt sich der Reformprozess in der Konti-
                 lahmende Konjunktur stimulierten, schlug       nuität vergangener Jahre – zögerlich und
                 2014 die Finanzpolitik einen Konsolidie-       schrittweise passen sich Japans Politik und
                 rungskurs ein. Die bereits erwähnte Erhö-      Wirtschaft den gesellschaftlichen Umbrü-
                 hung der Verbrauchssteuer hatte zur Folge,     chen und den wettbewerblichen Heraus-
                 dass die Konjunktur abstürzte. Wegen           forderungen der Globalisierung an. Positiv
                 Steuer-Mindereinnahmen lag dann 2014           zu verzeichnen ist, dass Abes Strukturpoli-
                 das staatliche Haushaltsdefizit mit 7,1 Pro-   tik die richtigen Akzente setzt, etwa bei der
                 zent – bezogen auf das BIP – noch ähnlich      Förderung von Frauen im Berufsleben, der
                 hoch wie 2013 (8,3 Prozent). Die Brutto-       Stärkung von Aktionären im Verhältnis zu
                 staatsverschuldung stieg auf den Spitzen-      Aktiengesellschaften und institutionellen
                 wert von 245 Prozent des BIP (netto 138 Pro-   Investoren oder durch den Fokus auf inves-
                 zent). Inzwischen befindet sich die Fiskal-    titionsfördernder Liberalisierung und De-
                 politik wieder auf Expansionskurs.             regulierung, beispielsweise in Landwirt-
                    Außenhandel: Japans Handelsbilanz           schaft und Energiesektor. Zu den bisher ein-
                 war 2014 wie schon im Vorjahr kräftig im       geleiteten Maßnahmen zählen die Liberali-
                 Minus; das Defizit lag bei 108 Milliarden      sierung des Landerwerbs, die es erleichtern
                 US-Dollar. Dagegen verzeichnet die Leis-       soll, größere, rentablere Agrarflächen zu
                 tungsbilanz aufgrund hoher Vermögens-          bilden; der Ausbau von Kinderkrippen und
                 einnahmen aus dem Ausland mit geschätz-        Horten; die Schaffung von sechs Sonder-
                 ten 45 Milliarden US-Dollar noch einen         wirtschaftszonen, in denen ein liberaleres
                 Überschuss. Aus Japans vormals legendär        Arbeits- und Baurecht gilt; die Förderung
                 hohem strukturellen Handelsbilanzüber-         von Exporten und Auslandsinvestitionen;
                 schuss ist ein strukturelles Handelsbilanz-    Erarbeitung eines Corporate-Governance-
                 defizit geworden. Drei Faktoren sind dafür     Kodex sowie – nach britischem Vorbild –
                 verantwortlich. Erstens hat die Industrie      die Einführung individueller Sparkonten
                 aus Kosten- und Absatzgründen inzwischen       als neue Säule der Rentenversicherung.
                 über 20 Prozent ihrer Produktion ins Aus-
                 land verlagert. Zweitens wurden die Atom-
                 kraftwerke, die Japan nach der Katastro-       Wirtschaftsreformen als Katalysator
                 phe von Fukushima heruntergefahren hat,        einer konservativ-nationalen Politik
                 durch importierte fossile Energieträger        So durchwachsen die bisherige ökonomi-
                 ersetzt. Und drittens stoßen viele Export-     sche Erfolgsbilanz der Abenomics auch sein
                 produkte auf unerwartete Absatzprobleme.       mag – politisch sind sie ein Erfolg. Gleich
                 Daher stimuliert eine Yen-Abwertung die        zu Beginn seiner Amtszeit weckte Abe
                 Exporte Japans mittlerweile in weit gerin-     große Euphorie, indem er die eingängige
                 gerem Maße als zu früheren Zeiten. Zwar        Drei-Pfeile-Metapher nutzte und wirt-

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März 2015

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schaftspolitische Entschlossenheit signa-       Weg zu bringen. Was die Zukunftsfähigkeit
lisierte. Die Hoffnung auf ein Ende der Stag-   des Landes angeht, müsste das Pflichtenheft
nation schien berechtigt. Bis heute halten      der Regierung natürlich noch weiter gefasst
die Befürworter der Abenomics die wirt-         sein. Zu den dringendsten Aufgaben zählt,
schaftspolitische Meinungsführerschaft. In      die schleichende Erosion heimischer Wett-
Japans Medien und Öffentlichkeit gilt die       bewerbsfähigkeit und Standortqualität zu
Abe-Regierung als ökonomisch kompetent,         stoppen, den demographischen Wandel zu
was – ähnlich wie in Deutschland – der ent-     bewältigen und einen Staatsbankrott abzu-
scheidende Parameter für einen generellen       wenden. Vor diesem Hintergrund stellt sich
politischen Zuspruch ist. Ministerpräsident     die Frage nach den Chancen und Risiken
Abe ist das Kunststück gelungen, bis in die     von Abes Geld-, Fiskal- und Strukturpolitik
Gegenwart bei Umfragen Zustimmungs-             – den drei Pfeilen der Abenomics-Strategie.
raten von über 40 Prozent zu erreichen.
Nachdem er für den 18. Dezember 2014
überraschend Neuwahlen zum Unterhaus            Geldpolitik: Die Transmission
angesetzt hatte, gelang es der Opposition       stockt, die Risiken nehmen zu
nicht, Abes Diktum von der »Alternativ-         Schon jetzt kann als gesichert gelten, dass
losigkeit« seiner Wirtschaftspolitik etwas      Zentralbank-Chef Kuroda sein Versprechen
entgegenzusetzen. Die Regierungskoalition       einer Inflationsrate von 2 Prozent im Jahr
aus LDP und Komeito konnte so ihre Zwei-        2015 nicht halten kann. Auch ist die von
drittelmehrheit im Parlament verteidigen.       ihm theoretisch prognostizierte Wirkungs-
    Blickt man aber genauer auf die Initiati-   kette, an deren Ende höhere Ausgaben
ven und Handlungen, in die Abe politisches      von Unternehmen und Haushalten stehen
Kapital investiert, so zeigt sich, dass sein    sollten, so nicht eingetreten, zumindest
vorrangiges Ziel nicht die Gesundung der        noch nicht. Dabei sind die Abenomics
japanischen Wirtschaft ist und schon gar        wohl nicht an der vorschnell durchgeführ-
nicht die Durchsetzung von Strukturrefor-       ten Verbrauchssteuer-Erhöhung geschei-
men. Vielmehr scheint die Wirtschafts-          tert, sondern sehr viel grundsätzlicher auf
politik für den Ministerpräsidenten eher        Ebene der geldpolitischen Transmission.
Mittel zum Zweck zu sein. Primär geht es           Erstens finanzieren sich Unternehmen
Abe darum, sicherheitspolitische Hand-          in Japan nicht mit Anleihen wie in der
lungsfähigkeit im Sinne eines »proaktiven       angelsächsischen Welt, sondern über Bank-
Pazifismus« zu gewinnen, ein nationalis-        kredite, wie es auch in der Eurozone der
tisches Geschichtsbild zu etablieren und        Fall ist. Die Kreditausleihungen der Banken
auch die Bildungspolitik stärker patriotisch    haben in Japan trotz der ultraniedrigen
auszurichten. Die Wirtschaftspolitik hat        Zinsen aber kaum zugenommen. Zweitens
dabei gewissermaßen die Funktion eines          haben sich, wie erwähnt, Realeinkommen
Katalysators. Wie schon in der Regierungs-      und Kaufkraft rückläufig entwickelt, vor
zeit von Premier Junichiro Koizumi (2001–       allem weil die Löhne nicht den gestiegenen
2006) dient auch unter Abe das Reform-          Preisen angepasst wurden. Und drittens
Narrativ in erster Linie als Instrument, um     haben die japanischen Exporte weit weni-
eine konservativ-nationale Agenda zu ver-       ger stark zugenommen, als nach der star-
wirklichen.                                     ken Yen-Abwertung zu erwarten gewesen
    Die Wiederwahl verdankt Abe allerdings      wäre.
nicht einer allgemeinen Zustimmung zu              Darüber hinaus ist grundsätzlich zu
seinen politischen Zielen. Vielmehr haben       fragen, ob die milde Deflation überhaupt
Japans Wähler den Ministerpräsidenten           die entscheidende Ursache für Japans lang-
mit dem Mandat ausgestattet, seine Wirt-        jährige Wachstumsschwäche und anhal-
schaftspolitik fortzusetzen und insbesonde-     tende Stagnation ist – oder nicht eher ein
re wachstumsfördernde Reformen auf den          Symptom derselben. Der monistischen

                                                                                              SWP-Aktuell 24
                                                                                                  März 2015

                                                                                                          5
monetären Sicht ließe sich entgegenhalten,      könnte die Reputation der Bank of Japan
                 dass das mangelnde Vertrauen der Investo-       langfristig Schaden nehmen, wenn sie
                 ren in Japans Wirtschaftsentwicklung vor        selbst zur Quelle finanzieller Instabilität
                 allem strukturelle Ursachen hat und dass        wird. Es steht zu befürchten, dass Abes
                 die Zurückhaltung heimischer Konsumen-          Geldpolitik außer monetären Illusionen
                 ten ganz wesentlich auch durch den Über-        vor allem neue, schwer beherrschbare
                 gang in eine alternde Gesellschaft bedingt      Risiken generiert.
                 ist. Geldpolitik eignet sich aber wenig dazu,
                 strukturelle Engpässe zu überwinden oder
                 demographische Probleme zu lösen.               Fiskalpolitik: Stop-and-go bei
                    Andererseits ist aus Theorie und Empirie     drohender Staatsinsolvenz
                 nicht unbekannt, dass eine expansive Geld-      Japans Fiskalpolitik ist seit zwei Dekaden
                 politik lange und variable Wirkungsverzö-       durch das Dilemma bestimmt, dass eine
                 gerungen haben kann. Insofern ist das letz-     fortlaufende keynesianische Nachfrage-
                 te Wort über die Abenomics noch nicht           Stimulierung nötig ist, zugleich aber eine
                 gesprochen; die weitere Entwicklung von         haushälterische Konsolidierung geboten
                 Preisen und gesamtwirtschaftlichen Aus-         wäre. Dieses Dilemma spitzt sich nun zu.
                 gaben bleibt abzuwarten. Aber auch wenn            Einerseits hat Japan seine gesamtwirt-
                 vorläufig noch offen ist, wie wirksam die       schaftliche Nachfrageschwäche noch nicht
                 extreme Geldmengen-Expansion letztlich          überwunden. Daher sind immer wieder
                 ist, dürfen auf keinen Fall die Risiken aus     fiskalische Stimulierungsmaßnahmen er-
                 dem Blick geraten.                              forderlich, um die Konjunktur zu stabilisie-
                    Erstens könnte infolge steigender Prei-      ren. Das kurz vor Jahresende 2014 verab-
                 se und Nominalzinsen sehr schnell ein           schiedete Konjunkturpaket, das einen Um-
                 Teufelskreis entstehen, in dem sich die Ren-    fang von 3,5 Billionen Yen (ca. 24 Milliar-
                 diten für Staatsanleihen und die budgetä-       den Euro) hat, ist nur die jüngste Station
                 ren Zinsbelastungen gegenseitig hoch-           einer seit mehreren Jahren zu beobachten-
                 schaukeln – Japan geriete in eine Staats-       den Stop-and-go-Politik. Für die laufende
                 schuldenkrise. Zweitens könnte es ange-         Legislaturperiode ist zu erwarten, dass die
                 sichts der enorm aufgeblähten Geldbasis         Regierungskoalition – wie seit langem dis-
                 schwierig werden, die Inflation niedrig zu      kutiert – den Spitzensatz der Körperschafts-
                 halten. Bekanntermaßen ist die Umlauf-          steuer (derzeit 35,6 bis 39,5 Prozent) senkt,
                 geschwindigkeit des Geldes eine schwer          um Wettbewerbsfähigkeit und Investitions-
                 zu kontrollierende Größe. Das Szenario ist      kraft der heimischen Unternehmen zu
                 nicht auszuschließen, dass eine galoppie-       stärken.
                 rende Inflation und ein international ab-          Andererseits zwingt die exorbitant
                 stürzender Yen für eine harte Landung           hohe Staatsverschuldung die Regierung
                 sorgen werden.                                  auf einen Konsolidierungskurs. Japans
                    Drittens gehen von der expansiven            Finanzen drohen außer Kontrolle zu gera-
                 Geldpolitik im globalen Rahmen negative         ten. Seit dem Fiskaljahr 2010 liegt das Haus-
                 externe Effekte aus. Die Yen-Abwertung          haltsdefizit zwischen 7 und 10 Prozent des
                 verschlechtert die preisliche Wettbewerbs-      BIP. Die Gesamtverschuldung des Staates ist
                 fähigkeit von Japans Handelspartnern und        auf brutto 245 Prozent angestiegen – das
                 droht gemeinsam mit dem ebenfalls schwä-        entspricht inzwischen fast dem Nettover-
                 chelnden Euro einen internationalen Ab-         mögen aller privaten Haushalte des Landes.
                 wertungswettlauf auszulösen. Der Yen-           Um die Schulden zu tilgen, wären nach
                 Carry-Trade, das heißt die Finanzierung         heutiger Rechnung die Steuereinnahmen
                 von Investitionen im Ausland mit billigem       von mindestens acht Jahren nötig. Bislang
                 japanischem Geld, droht weltweit zu spe-        ist die Defizitfinanzierung durch inländi-
                 kulativen Blasen beizutragen. Und viertens      sche Anleger zwar noch unproblematisch.

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Japans Staatsverschuldung ist zu über             einem bestimmten Zeitpunkt ihr Anleihe-
90 Prozent eine auf Yen lautende Inlands-         vermögen mit einem Federstrich abschreibt
verschuldung. Doch es lässt sich absehen,         und auf diese Weise die Staatsschulden
dass sich dies ändern wird. Seit 2013 bilden      drastisch reduziert.
die privaten Haushalte keine Ersparnisse             Das Engagement der Bank of Japan auf
mehr; ihre Sparquote ist negativ. Der einst       den Rentenmärkten des Landes hat drama-
hohe strukturelle Leistungsbilanzüber-            tische Nebeneffekte und Risiken. Die alles
schuss schmilzt ab. Bald dürfte der Staat         dominierende Nachfrage der Zentralbank
auf ausländische Investoren angewiesen            hat die Renditen auf immer neue Tiefstän-
sein, um seine Haushaltsdefizite, Zins- und       de getrieben, zuletzt auf 0,02 Prozent für
Tilgungsausgaben zu finanzieren.                  zweijährige, 0,05 Prozent für fünfjährige
    Die Antwort der Abenomics auf Japans          und 0,33 Prozent für zehnjährige Staats-
fiskalpolitisches Dilemma ist das Verspre-        anleihen. In Japan steht Anleihekapital
chen höheren Wirtschaftswachstums. In             praktisch kostenlos zur Verfügung. Damit
einem günstigeren konjunkturellen Um-             ist die allokative Steuerungsfunktion des
feld, so die Botschaft, ließen sich nicht nur     Kapitalzinses außer Kraft gesetzt. Eine
mehr Steuereinnahmen erzielen, sondern            quasi unbegrenzte kostenlose Liquidität
auch höhere Steuersätze und niedrigere            nährt spekulative Blasen in Japan und welt-
Ausgaben politisch einfacher durchsetzen.         weit.
Dieses Versprechen ist gleichsam eine                Unklar ist weiterhin die Exit-Strategie.
Wette auf die Zukunft. Es muss gelingen,          Wird der Bank of Japan ein geordneter
Konjunktur und Staatsfinanzen zu stabi-           Ausstieg aus ihrer expansiven Offenmarkt-
lisieren, bevor die Risikoaufschläge für          politik gelingen? Oder wird der Ausstieg
japanische Staatsanleihen in nicht mehr           ungeordnet sein? Letzteres droht etwa
tragfähige Höhen gestiegen sind.                  dann, wenn internationale Hedgefonds
    In dieser Konstellation ist die Geldpolitik   damit beginnen, durch Leerverkäufe auf
mit ihren massiven Ankäufen japanischer           steigende Anleiherenditen zu spekulieren –
Staatsanleihen zum willfährigen Gehilfen          an Börsenplätzen, die nicht vom japani-
der Fiskalpolitik geworden. Die Finanzie-         schen Finanzministerium kontrolliert wer-
rung der ausufernden Staatsausgaben er-           den können.
folgt inzwischen mehrheitlich über den An-           Zugleich nehmen die gewaltigen Aufkäu-
leihemarkt, während der Anteil der Steuer-        fe japanischer Staatsanleihen die Finanz-
einnahmen auf unter 50 Prozent gefallen           politik nicht aus der Pflicht, das verblei-
ist. Faktisch betreibt die Bank of Japan          bende Zeitfenster für eine realwirtschaft-
Schuldenfinanzierung aus der Notenpresse.         liche Konsolidierung zu nutzen. Sicher ist,
Ihre monatlichen Anleihekäufe am offenen          dass sich das Ziel nicht einhalten lässt, bis
Markt belaufen sich nach eigenen Angaben          zum Fiskaljahr 2020 einen ausgeglichenen
derzeit auf 8 bis 12 Billionen Yen (ca. 60 bis    Primärhaushalt (also ohne Ausgaben für
80 Milliarden Euro). Medienberichten zu-          Zinsen und Tilgung) zu erreichen. Nicht
folge nimmt die Zentralbank etwa 70 Pro-          nur, dass momentan konjunkturell beding-
zent der Primäremissionen auf. Derweil            te Mindereinnahmen zu verkraften sind –
reduzieren japanische Pensionskassen ihre         überdies wurde die zweite Stufe der Ver-
Engagements auf den Rentenmärkten und             brauchssteuer-Anhebung auf April 2017
leiten Investitionen in den Aktienmarkt           verschoben. Japans Finanzpolitik wird sich
und ins Ausland. Marktanalysten schätzen,         kurzfristig weitere Steuereinnahmen er-
dass die Bank of Japan, sollte sich der lau-      schließen müssen, und sei es bloß, um die
fende Trend fortsetzen, zwischen 2017 und         geplante Senkung der Körperschaftssteuer
2020 rund 50 Prozent der gesamten japa-           gegenzufinanzieren.
nischen Staatsanleihen halten wird. Es ist           Darüber hinaus ist mittel- bis langfristig
gut vorstellbar, dass die Zentralbank zu          ein struktureller Umbau des japanischen

                                                                                                  SWP-Aktuell 24
                                                                                                      März 2015

                                                                                                              7
Steuersystems wohl unumgänglich. Denn           dem zurück, was für ein höheres Produkti-
                               der Staatshaushalt wird nicht nur steigende     vitätswachstum notwendig wäre. Für eine
                               Ausgaben für Zinsen und Tilgung zu bewäl-       wirtschaftliche Erneuerung bräuchte Japan
                               tigen haben, sondern auch höhere Kosten         ein uniformes Arbeitsrecht, das die Dualität
                               im staatlichen Gesundheitssystem, die an-       zwischen regulärem und prekärem Arbeits-
                               fallen, um die Versorgung der alternden         markt überwindet, ein aktionärsfreund-
                               Bevölkerung zu gewährleisten. Schon heute       licheres Unternehmensrecht, das mehr
                               sind 25 Prozent der Bevölkerung älter als       Restrukturierungen und Neugründungen
                               65 Jahre. Bis 2035 wird dieser Anteil auf       zulässt, sowie ein Aufbrechen der Insider-
                               33 Prozent steigen. Um die künftigen Belas-     strukturen in den Binnenbranchen des
                               tungen zu bewältigen, wird es nötig sein,       Landes. Letzteres erfordert einen wirksa-
                               die Verbrauchssteuer auf europäisches           men Schutz gegen unfairen Wettbewerb,
                               Durchschnittsniveau anzuheben und die           eine breite Öffnung für den Importwett-
                               Bemessungsgrundlage der Einkommen-              bewerb und eine Kartellbehörde, die exeku-
© Stiftung Wissenschaft und    steuer kräftig zu verbreitern. Beides sind      tive Vollmachten hat – sowie den Willen,
Politik, 2015                  Maßnahmen, die aus heutiger Sicht als           diese auch einzusetzen. In der Landwirt-
Alle Rechte vorbehalten
                               politisch nicht durchsetzbar erscheinen.        schaft und im Gesundheitssektor sind
Das Aktuell gibt ausschließ-                                                   nicht nur punktuelle, sondern grundlegen-
lich die persönliche Auf-                                                      de Reformen vonnöten. Und damit sich die
fassung des Autors wieder
                               Strukturpolitik ohne Mut                        demographischen Herausforderungen einer
SWP                            Die Strukturpolitik ist für eine Revitalisie-   alternden Gesellschaft bewältigen lassen,
Stiftung Wissenschaft und
Politik                        rung von Japans Wirtschaft im Grunde die        müsste die Frauen- und Familienförderung
Deutsches Institut für         entscheidende Komponente. Während Geld-         nach europäischem Vorbild erheblich aus-
Internationale Politik und
Sicherheit                     und Fiskalpolitik bestenfalls die gesamt-       gebaut werden. Notwendig wäre außerdem,
                               wirtschaftliche Nachfrageschwäche aus-          das Einwanderungsrecht zu liberalisieren
Ludwigkirchplatz 3­4
10719 Berlin
                               gleichen können, ist ein höheres Potential-     und aktiv Fachkräfte anzuwerben.
Telefon +49 30 880 07-0        wachstum nur über angebotsseitige Maß-             Um all diese Maßnahmen durchzuset-
Fax +49 30 880 07-100          nahmen erreichbar. Für ein nachhaltig           zen, müsste die Abe-Regierung gesellschaft-
www.swp-berlin.org
swp@swp-berlin.org             stärkeres Wirtschaftswachstum mit größe-        liche Tabus brechen und Widerstände von
                               ren Produktivitätsfortschritten bedarf es       Bürokratie sowie Interessengruppen aus
ISSN 1611-6364
                               daher entsprechender Strukturreformen.          Politik und Wirtschaft überwinden. Ein
                               Ministerpräsident Abe hat versprochen, in       solch offensives Vorgehen ist angesichts
                               seiner dritten Amtszeit die Vorschläge zu       von Abes konservativer Haltung und seiner
                               Gesetzgebung und Administration zu reali-       anders gelagerten Prioritäten eher unwahr-
                               sieren, die der neugeschaffene Rat für Wett-    scheinlich. Zwar verfügt die Regierung über
                               bewerbsfähigkeit der Industrie erarbeitet       ein entsprechendes Reformmandat und die
                               hat. Insbesondere ist geplant, die Erwerbs-     erforderlichen Mehrheiten im Parlament.
                               chancen für Frauen schrittweise zu verbes-      Doch zu befürchten steht, dass das Zeit-
                               sern, den Agrarimport im Rahmen handels-        fenster zur Abwendung einer Finanz- und
                               politischer Vereinbarungen mit den USA          Staatskrise, das heute noch weit offen ist,
                               und der EU zu öffnen, die Beschäftigung         nicht genutzt werden wird.
                               ausländischer Fachkräfte in Japan zu er-
                               leichtern und den Strommarkt zu liberali-
                               sieren. Hinzu kommen punktuelle Maßnah-
                               men in Landwirtschaft und Gesundheits-
                               sektor, außerdem solche zur Förderung von
                               Innovation, Tourismus sowie kleiner und
                               mittlerer Unternehmen.
                                  Diese Reformschritte weisen zwar in die
                               richtige Richtung, bleiben aber weit hinter

   SWP-Aktuell 24
   März 2015

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