Vol. 10 - allgemeine-psychologie.info

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1                         Vol. 10
          Psychologie
          des Alltagshandelns

          Psychology
          of Everyday Activity
JOURNAL

                                            Editor
                                            P. Sachse

          JOURNAL
          Psychologie des Alltagshandelns
          Psychology of Everyday Activity
          Vol. 10 / No. 1, April 2017
          ISSN 1998-9970
          innsbruck university press
Impressum

Herausgeber / Editor
Pierre Sachse, Innsbruck (A)

Redaktionsassistent / Editorial Assistent
Thomas Höge, Innsbruck (A)
Christian Seubert, Innsbruck (A)            Verlag / Publisher
                                            innsbruck university press (A)
                                            www.uibk.ac.at/iup
Mitherausgeber / Associate Editors
Dietrich Dörner, Bamberg (D)                Grafisches Konzept / Art Direction
Winfried Hacker, Dresden (D)                innsbruck university press (A)
Hartmann Hinterhuber, Innsbruck (A)
Oswald Huber, Fribourg (CH)                 Gestaltung / Layout
Wolfgang G. Weber, Innsbruck (A)            Carmen Drolshagen, Innsbruck (A)
Eberhard Ulich, Zürich (CH)
                                            Organisation / Organization
                                            Gertraud Kirchmair, Innsbruck (A)
Beirat / Advisory Board
Petra Badke-Schaub, Delft (NL)              Herstellung / Produced
Claudia M. Eckert, Milton Keynes (GB)       Sterndruck GmbH, Fügen
Jürgen Glaser, Innsbruck (A)
Birgit E. Schmid, Dornbirn (A)
Philip Strasser, Zürich (CH)                © 2017 Universität Innsbruck
                                            Alle Rechte vorbehalten. / All rights reserved.
Rüdiger von der Weth, Dresden (D)
Momme von Sydow, München (D)
Anton Wäfler, Olten (CH)                    ISSN 1998-9970
Inhalt

Gesundheitsrelevante Beeinflussung der Handlungsregulation unter
psychischer Belastung – Entwicklung von Parallelskalen zum FABA-Fragebogen ..................... 5
Peter Richter, Corinna Funke, Sebastian Mittmann, Matthias Rudolf & Ina Zwingmann

Von Wirkungen auf Ursachen schließen – Psychische Beanspruchung und
die Gefährdungsbeurteilung ........................................................................................................... 19
Mike Hammes & Rainer Wieland

Belastung – Tätigkeit – Beanspruchung
Ein ungeklärtes Wirkungsgefüge? ................................................................................................. 33
Winfried Hacker

Wie bewerten Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Österreich den Arbeitnehmerschutz? ......... 41
Lisa Hopfgartner, Christian Seubert & Sylvia Peißl

Kurzbericht:
Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit – ein Kommentar ....................................................... 56
Eberhard Ulich
Gesundheitsrelevante Beeinflussung der Handlungsregulation
unter psychischer Belastung – Entwicklung von Parallelskalen
zum FABA-Fragebogen

Peter Richter*, Corinna Funke**, Sebastian Mittmann***, Matthias Rudolf* & Ina Zwingmann****1
*       Technische Universität Dresden, Fachrichtung Psychologie
**      Vivantes MVZ Berlin, Abt. Psychotherapie
***     Hochschule für Telekommunikation, Leipzig
****    Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), Rostock / Greifswald

Zusammenfassung
Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung von Parallelskalen zu einem Fragebogen, der beanspruchungsrelevante Bewäl-
tigungsstile von Arbeitsbelastungen erfasst, die die Effizienz der Handlungsregulation stark beeinflussen (FABA). Da
dieses Verfahren wiederholt bei Veränderungsmessungen Einsatz findet (Arbeitsgestaltung, Rehabilitation) sind derartige
Parallelskalen nützlich für die Vermeidung von Messfehlern. Der Studie liegt eine große Stichprobe (N > 1000) zugrunde.
Die ermittelten Gütekriterien sprechen für eine gute Parallelität der Skalen. Die Faktorenstruktur der beiden Fragebögen
ist identisch. Die Paralleltest-Reliabilität ist mit Ausnahme der Dominanzskala befriedigend. Insbesondere die Skalen
„Erholungsunfähigkeit / exzessives Arbeitsengagement“ und „Ungeduld“ weisen eine hohe Validität bei der Prognose von
Recovery-(REQ) Beeinträchtigungen und Erschöpfung“ (MBI-GS) auf.

Schlüsselwörter
Handlungsregulation – Erholung – psychologisches Abschalten – Ungeduld – Typ A-Verhalten

Abstract
The aim of the present study is the development of parallel scales for repeated measures of the faulty attitudes and beha-
vior analysis questionnaire (FABA). Due to the fact this questionnaire is frequently deployed multiple times during change
processes (e.g., work design, rehabilitation), the development of parallel scales for repeated measures is needed to avoid
measurement errors. By investigating quality criteria in a large study sample (N > 1000), our results showed a high paral-
lelism of both scales including equal factor structure, adequate parallel test reliability (with the exception of the subscale
dominance), and a high criterion validity concerning recovery and emotional exhaustion.

Keywords
Action regulation – recovery – psychological detachment urcency – typ A-behaviour

1
       Dr. Peter Hoffmann zum 65. Geburtstag, dem unermüdlichen Netzwerker der Arbeitspsychologie in Österreich und Deutschland.

    2017 – innsbruck university press, Innsbruck
    Journal Psychologie des Alltagshandelns / Psychology of Everyday Activity, Vol. 10 / No. 1, ISSN 1998-9970
6                                                   P. Richter, C. Funke, S. Mittmann, M. Rudolf & I. Zwingmann

1    Einleitung                                                  her (Sonnentag & Fritz, 2015; Hahn, Binnewies,
                                                                 ­Sonnentag & Mojza, 2011).
Psychische Belastung und Handlungsregulation                •    Ausgeprägtes Typ A-Verhalten korreliert kurzzei-
                                                                 tig mit positivem Befinden (geringe Monotonie,
Risikobehaftete psychische Belastungen werden heute              Ermüdung und Stress, Debitz, Plath & Richter,
nicht mehr nur als Auslöser kurzzeitiger Fehlbean-               2016).
spruchungen angesehen (Richter & Hacker, 2012). Es
liegen umfangreiche sozio-epidemiologische Längs-           Die hier vorzustellende Entwicklung von Parallel­
schnittstudien vor, die belegen, dass eine Kumulati-        skalen zum Verfahren „FABA: Fragebogen zur Analyse
on negativer psychischer Beanspruchungsfolgen das           belastungsrelevanter Anforderungsbewältigung“ ziel-
Risiko physischer und psychischer Erkrankungen              te auf eine handlungspsychologische Reformulierung
erhöht (Siegrist & Dragano, 2008; Nyberg, Alfreds-          des Typ A-Syndroms als einer ineffizienten, gesund-
son, Theorell et al., 2008; Kivimäki et al., 2015, 2012).   heitsschädigenden Regulation von Handlungen (Rich-
Eine aktuelle Auswertung von 54 Metaanalysen und            ter, Rotheiler & Rudolf, 2015).
systematischen Reviews identifizierte acht Arbeits-               Noch vor 30 Jahren galt ausgeprägtes Typ A-
belastungen (hohe Arbeitsintensität, geringer Hand-         Verhalten als gesicherter psychischer Prädiktor eines
lungsspielraum, Job Strain, Effort-Reward-Imbalance,        erhöhten Herzinfarktrisikos. Das ursprüngliche Ri-
Überstunden, lange Arbeitszeiten, bestimmte Formen          sikoprofil umfasste ausgeprägtes Leistungsstreben,
von Schichtarbeit, geringe soziale Unterstützung, Rol-      Konkurrenzverhalten, Ungeduld, Geschwindigkeits-
lenstress, Bullying und Arbeitsplatzunsicherheit) als       orientiertheit und Erholungsunfähigkeit. Doch haben
Risikofaktoren für Depressionen, Angststörungen,            sorgfältige Re-Analysen des umfangreichen empiri-
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes              schen Materials und Metaanalysen erkennen lassen,
(Rau & Buyken, 2015).                                       dass es zu einer unhaltbaren Überinterpretation von
         Die (deutsche) Gesetzgebung hat darauf re-         Risiken aufgrund statistischer Mängel gekommen war
agiert und in den Katalog der nach dem Arbeitsschutz-       (Booth-Kewley & Friedman, 1987; Matthwes, 1988;
gesetz zu erfassenden Risiken endlich auch die psy-         Myrtek, 2007).
chische Belastung seit 2013 aufgenommen. Epidemio-                Die Ergebnisse dieser Studien, besonders der
logische Risikomodelle gehen durchweg davon aus,            Metaanalysen, ergeben ein anderes Bild der Koronar-
dass nicht nur die von außen wirkenden Belastungen          gefährdung als in den frühen Jahren der Forschung.
zu diagnostizieren sind, sondern ebenso die resultie-       In den frühen Jahren dominierte eine phänomenale
renden Beanspruchungen und Gesundheitsfolgen.               Oberflächendarstellung des Typ A-Verhaltens ent-
Die internationale Norm zur Erfassung psychischer           sprechend des kardiologischen Interesses der Verhal-
Belastung (DIN / ÖN EN ISO 10075) erweitert gegen-          tensmedizin. „Die Ergebnisse neuerer Metaanalysen
wärtig das Risikomodell um die von negativen Emoti-         lassen dagegen vielmehr ein Risikomuster negativer
onen und Versagensängsten gekennzeichnete Stress-           Emotionen wie Ärger, Feindseligkeit und Depressivi-
reaktion sowie durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit         tät erkennen, das einen starken Einfluss auf spezifi-
von Burnout nach andauernder psychischer Sättigung          sche Arbeitseinstellungen hat“ (Richter et al., 2015, S.
(DIN SPEC 33418). Damit wird die Restriktion auf aus-       11). Jedoch erschien es uns verfrüht, das Risikomodell
schließliche Kurzzeitfolgen überwunden.                     ganz aufzugeben, vielmehr erinnerten die beschrie-
     Gesicherte Zusammenhänge zwischen Belastun-            benen Verhaltenssymptome an Muster ineffizienter
gen und resultierenden Gesundheitsauswirkungen              Handlungsregulation, die historisch parallel, aber kon-
sind ohne die Diagnostik differentialpsychologisch          zeptionell gänzlich unabhängig in der Handlungstheo-
relevanter Bewältigungsformen des Beanspruchungs-           rie von Hacker beschrieben worden waren (­ Hacker &
prozesses nicht valide möglich. Gesicherte Befunde          Sachse, 2014).
zur Beeinflussung von Beanspruchungsfolgen liegen                 Handlungen werden durch Ziele und planendes
vor für:                                                    Vorgehen reguliert. Drei grundsätzliche Strategien
                                                            lassen sich beschreiben, um auftretenden Effizienz-
•    Neurotizismus (erhöhte Stresszustände, Ru-             verlusten der Zielverwirklichung zu begegnen:
     dow, 1980; verstärkte Ermüdung, Calderwood &
     Ackerman, 2011; Debitz, Plath & Richter, 2016).        •    Veränderungen in der Arbeitsmethodik,
•    Probanden mit hoher Leistungsmotivation ­weisen        •    Veränderung des Anspruchsniveaus,
     verstärkte Stressreaktionen auf (Debitz, Plath &       •    Modulierung der Aktivierung (Hacker & Sachse,
     Richter, 2016).                                             2014).
•    Gestörte Erholungsprozesse gehen mit erhöh-
     ten Erschöpfungszuständen und Müdigkeit ein-
Beeinflussung der Handlungsregulation unter psychischer Belastung                                                7

Flexibilität dieser Regulation wird als Merkmal seeli-     Erholungsunfähigkeit und Ungeduld, wie es bereits
scher Gesundheit angesehen. Extreme Planungsnei-           im Typ A-Syndrom beschrieben worden ist. Neuere
gung sowie hohe und starre Zielorientierung führt          Metaanalysen zum Konstrukt Workaholics lassen Pa-
zur Ineffizienz von Handlungen. Die resultierende          rallelen zum Typ A-Konzept und zum Perfektionismus
Verhaltensineffizienz kann zu Gesundheitsproblemen         erkennen (Patel, Bowler, Bowler & Methe, 2012; Clark,
führen. Man kann handlungspsychologisch das oben           Michel, Zhdanova, Pui & Baltes, 2014). Die mit der
beschriebene Typ A-Verhalten als eine ineffiziente Re-     Skala erfassten Planungsambitionen bilden sich erst in
gulation unter ungünstigen Arbeitsbedingungen ver-         beruflichen Lernprozessen heraus. Bei studentischen
stehen. Daraus resultieren Ungeduld, Wettbewerbs-          Populationen konnte dieses Verhalten faktoriell nicht
streben, extrem hohe und starre individuelle Ziel­         stabil abgebildet werden.
orientierung sowie schließlich Erschöpfungszustände,
die verdrängt werden. Diese Verhaltensbesonderhei-
ten lassen sich in den Begriffen der sequentiellen Voll-   Erholungsunfähigkeit / exzessives Arbeits-
ständigkeit von Handlungen beschreiben:                    engagement (EU)

•    Die Zielbildung und das Planen sind durch un-         Dieser Faktor kann als das Leitmerkmal des FABA an-
     scharfe Zielhierarchien, selbsterzeugten Zeit-        gesehen werden. Nicht eine generalisierte Erschöp-
     druck, ausgeprägte Kontrollzwänge und ein ho-         fung wird erfasst. Die Skala gewinnt ihre spezifische
     hes Anspruchsniveau gekennzeichnet.                   Validität durch die Bindung an ein extremes Arbeitsen-
•    Die Handlungsausführung ist extrem geschwin-          gagement, das den gesunden Bereich, wie er z. B. mit
     digkeitsorientiert und durch sympathikotone           der Utrecht Work Engagement Skala (UWES; Schau-
     Hyperaktivität gekennzeichnet. Für die Verarbei-      feli & Bakker, 2004) erfasst wird, überschreitet. In der
     tung von Rückmeldungen ist eine Störung in der        englischen Version gibt das die Bezeichnung „work
     Wahrnehmung von Körpersymptomen für Stress            obsession“ treffend wieder. Starke Ausprägung lässt
     und Ermüdung kennzeichnend, die schließlich           eine Hypersympathikotonie und nachhaltige Erschöp-
     zur Erholungsunfähigkeit führt.                       fungszustände erwarten. Das gestörte Erholungsver-
•    Organisation und Kooperation schließlich sind         halten konnte in zahlreichen psychophysiologischen
     durch die Neigung zu paralleler Aufgabenbe-           Studien belegt werden (Richter et al., 2015).
     arbeitung, hohe Dominanzbedürfnisse und Ag-                 Die hohen Korrelationen zur den Skalen des Re-
     gressivität bei sozialen Auseinandersetzungen         covery Experience Questionnaire (REQ, Sonnentag
     gekennzeichnet (Richter et al., 2015).                & Fritz, 2007) und zu relevanten Skalen des Arbeits-
                                                           bezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM;
                                                           Schaarschmidt & Fischer, 2003) machen eine große
2    Skalenkonstruktion des FABA-Fragebogens               semantische Nähe zur „Emotionalen Erschöpfung“ als
                                                           Leitmerkmal von Burnout wahrscheinlich. Dafür spre-
Im Ergebnis zahlreicher empirischer Studien mit            chen auch die Befunde von Wendsche & Lohmann-
mehr als 1500 Gesunden bzw. Herzkreislauf-Erkrank-         Haislah (2016), die hohe Korrelationen zwischen De-
ten konnten faktoriell vier stabile Faktoren sowohl für    tachment und Ermüdungs- und Erschöpfungssympto-
deutsche (Richter et al., 2015) also auch für britische    men fanden.
Probanden (Rotheiler et al., 2009) ermittelt werden.

                                                           Ungeduld (U)
Exzessive Planungsneigung / Kontroll-
ambitionen (PN)                                            Die Items reflektieren emotionale Unbeherrschtheit
                                                           und hektisches Handeln, sobald Widerstände gegen
Dieser Faktor beeinflusst vor allem das Zielset-           die Handlungsdurchführung vorliegen. Dieser Steue-
zungs- und Rückmeldungs(Kontroll-)verhalten. Zum           rungsverlust ist mit Übererregtheit verbunden und da-
Training dieser Verhaltensweisen sind eine Vielzahl        mit dem „time urgency“- Konzept (Landy, Rastegary,
organisatorischer und therapeutischer Programme            Thayer & Colvin, 1991) verwandt.
entwickelt worden: Qualitative Zielsetzungen, Priori-
tätenlisten, Gedankenstopp-Training, sowie die Kor-
rektur von Wertehierarchien. Trainingsprogramme            Verstärktes Konkurrenzerleben / Dominanz-
für stabile und flexible Handlungsstile sind bei Ha-       streben (D)
cker und Sachse (2014) ausführlich beschrieben. Eine
exzessive Ausprägung des Planungsneigung erweist           Das verstärkte Konkurrenzerleben / Dominanzstreben
sich als pathogen, insbesondere in Verbindung mit          beschreibt die Ausrichtung einer Person auf Wettbe-
8                                                 P. Richter, C. Funke, S. Mittmann, M. Rudolf & I. Zwingmann

werb und Konkurrenz. Drei Indikatoren zeigten sich          Der Fragebogen ist softwaregestützt 2015 beim „P & T
dabei in Untersuchungen als stabil: 1) der Wunsch,          Prieler Tometich Verlag Potentialanalyse und Testver-
schneller und besser zu sein als andere, 2) die Über-       fahren“ in A-Großhöflein mit umfangreichen Gütekri-
nahme von Führung bei gemeinsamen Vorhaben so-             terienprüfungen erschienen.
wie 3) im Mittelpunkt zu stehen. Das Konkurrenzstre-
ben in Wettbewerbssituationen und das Zeitverlust-
Erleben in Verbindung mit Ungeduld ist gesichert mit        3    Fragestellungen der Parallelskalen-Entwick-
erhöhter psychophysiologischer Aktivierung verbun-               lung
den (Hinton & Rotheiler, 1991). Dieses Verhalten hat
besonders negativen Einfluss auf die Handlungsor-           Besonders im kardiologischen Rehabilitationsprozess
ganisation und -rückmeldung. Es ist seit langem dia-        ist der FABA-Fragebogen wiederholt eingesetzt wor-
gnostiziert und therapiert in der kardiologischen Re-       den. Für den Nachweis von Therapieerfolgen sind Wie-
habilitation. Beide Faktoren korrelieren hoch mit den       derholungsmessungen im Verlauf von 6 - 12 Wochen
AVEM-Skalen Beruflicher Ehrgeiz, Erfolgserleben im          erforderlich. Daher wurde wiederholt der Wunsch von
Beruf, fehlende Distanzierungsfähigkeit und Perfekti-       Praktikern an uns herangetragen, doch Parallelskalen
onsstreben (Richter et al., 1999).                          für den Fragebogen zu entwickeln, um Gedächtnisef-
     In Abbildung 1 sind schematisch die hypothe­           fekte bei wiederholtem Einsatz zu vermeiden.
tischen pathogenen Einflüsse auf die Stabilität der se-          Erste Arbeiten zur Konstruktion von Parallel-
quentiellen Handlungsregulation verdeutlicht.               Formulierungen zu den 20 Items und zur faktoriellen

Abbildung 1: FABA-Skalen und sequentielle Handlungsregulation (aus: Richter et al., 2015, S.67).

Aus der Kurzbeschreibung der Faktoren ist deutlich          Prüfung dieser neuen Version wurden von Funke und
geworden, dass der Einfluss der Ausprägungen auf die        Mittmann (2003) durchgeführt. Bock (2014), Pätzold
Handlungsregulation als Risikosyndrom anzusehen             (2014) und Zwingmann (2015) setzten diese Parallel-
ist. Mit den Daten einer Stichprobe von 918 Probanden       version an weiteren Stichproben in Verbindung mit er-
wurde 16 Syndrom-Muster entsprechend dem Vorge-             weiterten Validierungsfragestellungen ein. Folgenden
hen der Konfigurations-Frequenz-Analyse (Krauth,            Fragestellungen soll in diesem Beitrag nachgegangen
1993) gebildet. Als Cut-off-Wert der Risikoschwellen        werden:
der vier Skalen wurde auf Basis der standardisierten
Stanine-Skalen der Wert von 6.0 gewählt. Aus den di-        •    Sind die faktoriellen Strukturen beider Skalen-
chotomisierten Skalen lassen sich 16 Risikokonfigura-            Formen weitgehend identisch und weisen eine
tionen bilden. Eine Gruppierung der Konfigurationen              ausreichende interne Konsistenz auf?
in drei Risikoklassen erlaubt eine signifikante Dif-        •    Gibt es zu verwandten Konstrukten (REQ) gesi-
ferenzierung der Muster-Wahrscheinlichkeiten zwi-                cherte Zusammenhänge?
schen Erkrankten (Herzinfarkt, Hypertonie, psycho-          •    Bestehen zwischen den FABA-Skalen und Symp-
somatische Erkrankungen) und Gesunden. Für den                   tomen der emotionalen Erschöpfung, Ängstlich-
erfahrenen Diagnostiker und Arbeitsgestalter werden              keit und Depressivität sicherbare Zusammen-
den 16 Mustern Interventionsmaßnahmen zugeordnet.                hänge?
Beeinflussung der Handlungsregulation unter psychischer Belastung                                                  9

•      Sind diese Zusammenhänge sowohl für die Ur-             (Mastery) und Kontrolle (Control) erfasst. Cronbach’s
       sprungsskalen wie auch die Parallelskalen nach-        Alpha beträgt für diese Skala α = .90.
       weisbar?                                                      Beanspruchungsfolgen. Die Emotionale Er-
                                                               schöpfung wurde anhand von fünf Items des Maslach
                                                               Burnout Inventars (MBI; Schaufeli, Leiter, Maslach &
4      Methoden                                                Jackson, 1996) erhoben. Die Beantwortung der Items
                                                               erfolgte auf einer sieben-stufigen Likertskala von
Messinstrumente                                                1 „nie“ bis 7 „täglich“, die ein Cronbach’s Alpha von
                                                               α = .90 aufweist. Stress- und Depressionserleben
Zur Validierung der Parallelskala des Fragebogens zur         ­wurden mittels 7 Items der Depression, Anxiety and
Messung belastungsrelevanter Anforderungsbewälti-              Stress Skala (DASS; Lovibond & Lovibond, 1995) er-
gung (FABA) wurde der originale Fragebogen zur Mes-            fasst. Die drei Items der Stressskala sowie die vier
sung belastungsrelevanter Anforderungsbewältigung,             Items der Depressionsskala wurden mittels einer
seine Parallelform, sozio-demografische Charakteris-           vier-stufigen Likertskala von 1 „nie“ bis 4 „sehr oft“
tiken sowie verschiedene Skalen zur Messung von Be-            beantwortet. Cronbach’s Alpha beträgt für diese Skala
anspruchungsfolgen erhoben.                                    α = .91.
       Belastungsrelevante       Anforderungsbewältigung.
Zur Messung belastungsrelevanter Anforderungs­
bewältigung wurden 20 Items des originalen (Rich-             Design und Stichprobe
ter et al., 2015) sowie 20 Items der Parallelversion
(Funke & Mittmann, 2003) des FABA-Fragebogens ein-            An der Untersuchung nahmen insgesamt 1350 Perso-
gesetzt. Die Antwortmöglichkeiten wurden anhand               nen aus 3 Projekten teil. 1266 Probanden hatten die
­einer vier-stufigen Likertskala von 1 „Ich lehne das         Items des FABA und der neu entwickelten Parallelform
 stark ab.“ bis zu 4 „Ich stimme dem stark zu.“ präsen-       vollständig beantwortet und wurden in die folgenden
 tiert. Cronbach’s Alpha beträgt für die originale Version   Auswertungen einbezogen (siehe Tabelle 1).
 α = .75 sowie für die Parallelversion α = .77. Die Anord-         414 Probanden (33 %) gaben ihr Alter mit unter
 nung der jeweils 20 Items der Original- und Parallel-        30 an, 634 (50 %) im Bereich 30 - 50 Jahre, 206 (16 %)
 form des FABA erfolgte randomisiert in den Testformen        mit über 50 Jahre. Rund 2 Drittel der Probanden war
 A und B. In der Testform A begann die Befragung mit          weiblich (N = 796 weiblich und N = 460 männlich). Bei
 den Originalitems und schloss mit denen der Parallel-        338 Probanden lag eine Erkrankung vor (27 %), 921
 form ab. Die Testform B führte die Parallelitems zum        gaben keine Erkrankung an (73 %). 326 Probanden
 Anfang des Fragebogens auf und endete entsprechend           (26 %) übten berufliche Positionen mit Führungsver-
 mit den 20 Originalitems. Dieses Vorgehen wurde ge-          antwortung aus.
 wählt, um bestimmte Urteilsfehler, die beim Einsatz
 von Ratingskalen auftauchen können, zu minimieren
 (z. B. Primacy-Recency-Effekt).                              Statistische Analysen
       Erholungsprozesse. Der Recovery Experience
 Questionnaire (REQ; Sonnentag & Fritz, 2007) erhebt          Die psychometrischen Eigenschaften der Parallelska-
 anhand von 16 Items das Erholungsverhalten nach der          la des FABA werden durch Berechnung der internen
 Arbeit. Auf einer fünf-stufigen Likertskala von 1 „trifft   Skalenkonsistenz und Analysen der Item-Skalen-­
                                                              ­
 gar nicht zu“ bis 5 „trifft völlig zu“ wurden die vier Di-   Korrelationen bzw. Skaleninterkorrelationen getestet.
 mensionen Abschalten von der Arbeit (Psychological                Die Übereinstimmung der Faktorladungsmatri-
 Detachment), Entspannen (Relaxation), Beherrschung           zen konfirmatorischer Faktorenanalysen der Original-

Tabelle 1: Darstellung der Substichproben.

                                                               Stichprobenumfang                  % Anteil

    Projekt Psychologie- und Lehramtsstudenten                           142                        11.2

    Projekt Dienstleistungsunternehmen                                    40                         3.2

    Projekt Mitarbeiter, Führungskräfte und
                                                                        1084                        85.6
    Selbstständige (branchenübergreifend)
10                                                P. Richter, C. Funke, S. Mittmann, M. Rudolf & I. Zwingmann

und der Parallelform wurde mit dem Faktorstruktur-               5    Ergebnisse
vergleich auf der Basis des Ähnlichkeitskoeffizienten
überprüft. Koeffizienten über .90 sprechen für eine              Faktorenstruktur der Parallelform
hohe Faktorstrukturübereinstimmung (vgl. Bortz &
Schuster, 2010, S. 424 ff).                                      Die Faktorenstruktur des FABA wurde an zahlreichen
     Die theoretisch auf Grund der Faktorenstruktur              Stichproben aus unterschiedlichen Ländern umfas-
der Originalform postulierte Modellstruktur wurde an-            send untersucht (Richter et al., 2015; Rotheiler et al.,
hand einer konfirmatorischen Faktorenanalyse (CFA)               2009), wobei die Ähnlichkeit der Faktorenstrukturen
mit der Maximum-Likelihood-Methode auf ihre Ange-                auf der Basis des Ähnlichkeitskoeffizienten der Fak-
messenheit untersucht. Fälle mit fehlenden Werten in             torladungsmatrizen der 4-Faktoren-Lösung geprüft
den Items der Parallelform und ohne gültigen Wert bei            wurde (Richter et al., 2015). Analog wurde für die Pa-
der Angabe ihrer Tätigkeit wurden aus dieser Analyse             rallelform des FABA sowohl der Ähnlichkeitskoeffizi-
ausgeschlossen. Zusätzlich wurde ein Zweigruppen-                ent (zusammenfassend siehe Bortz & Schuster, 2010,
vergleich zwischen Teilstichproben von Gesunden                  S. 424 ff) zwischen den Faktorladungsmatrizen der
und Probanden mit einer Erkrankung zur Prüfung der               4-Faktorenlösung der gesunden Probanden (N = 921)
Äquivalenz der Messmodelle durchgeführt.                         und der Probanden mit einer Erkrankung (N = 388)
     Die Paralleltest-Reliabilität wurde mittels Korre-          als auch mit der entsprechenden Ladungsmatrizen
lationsanalyse zwischen der originalen Form und der              der Originalform untersucht. Die Ergebnisse sind in
Parallelform des FABA untersucht. Anhand des Kor-                Tabelle 2 dargestellt.
relationskoeffizienten kann das Ausmaß des Zusam-                     Alle Ergebnisse sprechen mit Ähnlichkeitskoeffi-
menhangs der beiden Tests bestimmt werden. Bortz,                zienten deutlich über .90 für eine sehr gute Überein-
Lienert und Boehnke (2000) sprechen von einer hohen              stimmung der Faktorstrukturen der Parallelform so-
Paralleltest-Reliabilität bei Werten ab .90, von einer           wohl mit der Originalform des FABA als auch zwischen
zufriedenstellenden ab .70 und einer ausreichenden               den Gruppen der Gesunden und Kranken.
ab .50.                                                               Die Übereinstimmung der faktoriellen Struktur
     Die Validitätsprüfung umfasst insbesondere die              der Parallelform des FABA mit der Struktur des FABA
Analyse der konvergenten Validität und der Kriteri-              wurde in einer konfirmatorischen Faktorenanalyse
umsvalidität der Parallelskala des FABA. Zur Prüfung             (Maximum-Likelihood-Methode) mit AMOS 23 ge-
der konvergenten Validität wurden Korrelationsana-               prüft. Fälle mit fehlenden Werten in den Items der
lysen anhand der Skalen der Parallelform des FABA                Parallelform und ohne gültigen Wert bei der Anga-
sowie den Skalen des REQ-Fragebogens durchgeführt.               be ihrer Tätigkeit wurden aus dieser Analyse ausge-
Um zu prüfen, ob die Parallelskala des FABA kriteri-             schlossen. Die standardisierte Lösung ist in Abbildung
umsvalide ist, wurden dessen Ergebnisse zu den Er-               2 dargestellt. Wegen des großen Stichprobenum-
gebnissen der Skalen bezüglich der Beanspruchungs-               fanges soll zur Beurteilung der Güte nicht der stark
folgen emotionale Erschöpfung, Stress- und Depres­               vom Stichprobenumfang beeinflusste Chi-Quadrat-
sionserleben in Verbindung gesetzt (Korrelations- und            Test verwendet werden (Chi-Quadrat = 913, df = 164,
Regressionsanalysen).                                            p = .00), sondern primär der RMSEA-Wert als wichti-
                                                                 ges Gütemaß neben weiteren Gütekriterien herange-
                                                                 zogen werden. Die Werte der berücksichtigten Güte-
                                                                 maße sind in Tabelle 3 dargestellt.

Tabelle 2: Ähnlichkeitskoeffizienten der Faktorladungsmatrizen der Parallelform und der Originalform bei gesunden
Probanden (N = 921) und bei Probanden mit einer Erkrankung (N = 388).

                             P-FABA                  P-FABA                                               FABA
                                                                             FABA Gesunde
                             Gesunde                 Kranke                                              Kranke
 P-FABA Gesunde                  1                        .98                       .97                    .95

 P-FABA Kranke                  .98                        1                        .97                    .96

Tabelle 3: Gütemaße der konfirmatorischen Faktorenanalyse der Parallelform (N = 1072).

       RMSEA                    CFI                   SRMR                         GFI                    AGFI

         .065                    .87                      .064                      .92                    .90
Beeinflussung der Handlungsregulation unter psychischer Belastung                                             11

     RMSEA-Werte kleiner als 0.08 sprechen für ei-        des FABA deskriptiv gegenübergestellt. Vorhandene
nen akzeptablen Modellfit. Dieser Grenzwert wird bei      signifikante Mittelwertunterschiede in allen Skalen
den vorliegenden Daten der Parallelform deutlich un-      (p < .01) sind primär durch den großen Stichproben-
terschritten. Auch bei drei der anderen verwendeten       umfang zu begründen. Diese Unterschiede machen
Gütemaße wurden die empfohlenen Grenzwerte für            deutlich, dass die für die Basisvariante des FABA an-
guten Modell-Fit (SRMR < .10, GFI > .9, AGFI > .9) er-    gegebenen Normwerte für die Parallelskalen nicht
reicht, lediglich der Grenzwert des CFI (CFI > .9) wur-   genutzt werden können!
de unterschritten. Zusammenfassend kann aus den                In einer Zweigruppen-Faktorenanalyse wurde
Ergebnissen auf eine akzeptable Güte des Modells für      die Messinvarianz der Parallelform untersucht. Dabei
die Parallelform geschlossen werden.                      wurde exemplarisch zwischen der Gruppe der Pro-
                                                          banden, die in der Befragung eine Erkrankung anga-
                                                          ben, und einer zufällig ausgewählten Teilstichprobe
Parallelskalenrentabilität                                gleichen Umfangs (jeweils N = 388) der gesunden
                                                          Probanden unterschieden. Die Zweigruppen-Fakto-
In Tabelle 4 sind die Mittelwerte und Standardabwei-      renanalyse mit AMOS (vgl. Weiber & Mühlhaus, 2014,
chungen der Skalen der Original- und der Parallelform     Kapitel 14) im Modell der Parallelform erbrachte zum

Tabelle 4: Mittelwerte und Standardabweichungen der Skalen der Original- und Parallelform des FABA (N = 1266).

                     Arithmetischer Mittelwert                              Standardabweichung

                   FABA                     P-FABA                   FABA                    P-FABA
 EU                 14.6                      14.2                    4.3                        4.4

 PN                 19.2                      18.1                    2.7                        2.8

 U                  12.1                      11.7                    2.8                        2.9

 D                   7.4                       7.6                    1.8                        1.8

Abbildung 2: Standardisierte Lösung der konfirmatorischen Faktorenanalyse der FABA-Parallelform (N = 1072).
12                                                   P. Richter, C. Funke, S. Mittmann, M. Rudolf & I. Zwingmann

Beispiel folgende RMSEA-Werte, die die Annahme der                 Validitätsprüfung
Äquivalenz der Messmodelle stützen: unconstrained
model: RMSEA = .051, measurement weights: RMSEA                    Zur Prüfung der konvergenten Validität der Parallel-
= .049, measurement intercepts: RMSEA = .049, struc-               form des FABA wurden Korrelationsanalysen der Ska-
tural covariances: RMSEA = .049, measurement resi-                 len der Parallelform mit den Skalen des REQ-Frage-
duals: RMSEA = .047.                                               bogens durchgeführt, wobei die Korrelationen mit der
      Zur Überprüfung der Paralleltest-Reliabilität                Originalform ebenfalls ermittelt wurden. Die Ergeb-
wurden Produkt-Moment-Korrelationen der Skalen                     nisse sind in Tabelle 7 dargestellt, wobei der Stichpro-
der Originalform und der Parallelform des FABA be-                 benumfang in Folge von Fehlwerten im Recovery-Fra-
rechnet. Für die Skala Dominanz ergibt sich ein Kor-               gebogen bei N = 1070 Probanden (REQ-Mastery und
relationskoeffizient, der signifikant (p < .01) größer             REQ-Relax) bzw. N = 1074 Probanden (REQ-Control
als .5 und nach der Einteilung von Bortz, Lienert und              und REQ-Detach) schwankt.
Boehnke (2000) damit ausreichend ist. Für die ande-                     Aus den Ergebnissen ergeben sich vor allem für
ren drei Skalen ergaben sich Korrelationskoeffizien-               den Faktor Erholungsunfähigkeit starke Zusammen-
ten, die jeweils signifikant (p < .01) größer als .7 sind          hänge mit den Recovery-Skalen, wobei sich die Koef-
und demzufolge als zufriedenstellend eingestuft wer-               fizienten zwischen der Original- und der Parallelform
den können.                                                        nur unwesentlich unterscheiden.
                                                                        Zur Untersuchung der Kriteriumsvalidität der
                                                                   Skalen der Parallelform wurden multiple Regressions-
Interne Konsistenz                                                 analysen durchgeführt, wobei die Skalen bezüglich der
                                                                   Beanspruchungsfolgen emotionale Erschöpfung (MBI,
Die interne Konsistenz (Cronbach’s Alpha) der Skalen               N = 1069), Stress- (DASS-Stress, N = 1016) und Depres-
der Parallelform entspricht weitgehend der des Origi-              sionserleben (DASS-Depression, N = 653) als Kriteri-
nalfragebogens (vgl. Richter et al., 2015). In der vorlie-         en und die Skalen des FABA bzw. der Parallelform als
genden Stichprobe ergaben sich die in Tabelle 6 dar-               Prädiktoren verwendet wurden. Die Ergebnisse sind
gestellten Werte. Bei der Interpretation der Werte ist             in der Tabelle 8 zusammengefasst. Die Ergebnisse
insbesondere zu berücksichtigen, dass die Dominanz-                unterstreichen in allen Analysen durchgängig die be-
Skala nur aus 3 Items besteht, was eine Ursache für                sondere Bedeutung der Skala Erholungsunfähigkeit /
den niedrigen Wert bei dieser Skala ist.                           exzessives Arbeitsengagement (EU) sowohl in der Ori-

Tabelle 5: Produkt-Moment-Korrelationen der Skalen der Original- und der Parallelform (N = 1266).

 Skala                                           Korrelation der Skalen                   99 %-Konfidenzintervall

 EU – P-EU                                                   .88                                   [.86, .89]

 PN – P-PN                                                   .75                                   [.71, .78]

     U – P-U                                                 .78                                   [.75, .81]

     D – P-D                                                 .66                                   [.61, .70]

Tabelle 6: Cronbach’s Alpha der Skalen des FABA bzw. der Parallelform (N = 1266).

 Skala FABA                        Cronbach’s Alpha            Skala P-FABA                       Cronbach’s Alpha

 EU                                        .85                 P-EU                                        .85

 PN                                        .65                 P-PN                                        .69

 U                                         .71                 P-U                                         .72

 D                                         .56                 P-D                                         .47
Beeinflussung der Handlungsregulation unter psychischer Belastung                                                       13

Tabelle 7: Produkt-Moment-Korrelationskoeffizienten der Skalen des FABA und seiner Parallelform mit den Skalen
des Recovery-Fragebogens (**p < .01, *p < .05).

                       REQ-Mastery                REQ-Control                 REQ-Detach                 REQ-Relax
                        (N = 1070)                 (N = 1074)                  (N = 1074)                (N = 1070)

    EU                      -.26**                        -.41**                  -.75**                    -.42**

    PN                          .11**                       .15**                  .03                       .04

    U                       -.10**                        -.24**                  -.26**                    -.20**

    D                           .13**                     -.02                    -.04                      -.03

    P-EU                    -.25**                        -.42**                  -.76**                    -.42**

    P-PN                        .12**                       .14**                  .02                       .01

    P-U                     -.10**                        -.24**                  -.28**                    -.21**

    P-D                         .11**                     -.02                    -.04                      -.05

Tabelle 8: Multiple Regressions- und bivariate Korrelationsanalysen mit Regressionskoeffizienten (b), Standardfeh-
lern (se), Beta-Koeffizienten (β), Produkt-Moment-Korrelationskoeffizienten (r), multiplen Bestimmtheitsmaßen (R2)
(N = 1069, **p < .01, *p < .05).

                                          Kriterium: MBI - Emotionale Erschöpfung

                  b (se)                 β           r                             b (se)          β               r

    EU            .78 (.05)**           .46         .53**              P-EU       .73 (.05)**     .46           .52**

    PN           -.27 (.07)**           -.10       -.12**              P-PN      -.29 (.07)**     -.11         -.10**

    U             .46 (.07)**           .18         .36**              P-U        .55 (.07)**     .21           .39**

    D            -.41 (.11)**           -.10       -.03                P-D       -.33 (.11)**     -.08         -.02

    R2:                                  .320**                        R2:                         .323**

ginal- als auch in der Parallelform für die Vorhersage              den Einsatz des FABA-Fragebogens bei der Evaluation
der Kriterien.                                                      von Therapieprogrammen in psychosomatischen und
     Für die Parallelskalen ergeben sich identische                 kardiologischen Kliniken sowie zur Trainingskontrol-
Ergebnisse. Emotionale Erschöpfung wird nahezu                      le bei Stressmanagementprogrammen eine Verfah-
ausschließlich durch die Erholungsunfähigkeit und                   renserweiterung, um beim wiederholten Einsatz des
Ungeduld prädiziert. Die Befunde zur Prädiktion von                 Fragebogens Antworttendenzen und damit Verfäl-
Stress und Depressivität werden nicht tabellarisch                  schungen zu begegnen. Therapieeffekte hinsichtlich
dargestellt. Sie entsprechen den Befunden zur emotio-               Entspannungsfähigkeit und Handlungskorrekturen
nalen Erschöpfung.                                                  konnten nachgewiesen werden (Domke, 1990; Hacker
                                                                    & Sachse, 2014). Die größte diagnostische Relevanz
                                                                    zeigten die Skalen „Erholungsunfähigkeit / exzessives
6         Diskussion                                                Arbeitsengagement“ und „Ungeduld“.
                                                                         In der vorliegenden Studie wurde die Validität
Eine Vielzahl von Therapeuten in Rehabilitationskli-                der Parallelskala des FABA-Fragebogens (Funke &
niken sowie Managementtrainer wünschten sich für                    Mittmann, 2003) an einer Stichprobe von 1350 Perso-
14                                                    P. Richter, C. Funke, S. Mittmann, M. Rudolf & I. Zwingmann

nen exhaustiv untersucht. Die konfirmatorische Fakto-          ge zwischen Planungsneigung in der Arbeit und Mas-
renanalyse (Tabelle 3) erbrachte ein akzeptables Mo-           tery der Freizeitgestaltung sind sehr gering (r = .11;
dellfit für die Originalversion wie auch die Items der         r = .12).Wiederum wird deutlich, dass die Stärke der
Parallelskalen. Damit ist eine vollständige Reproduk-          Zusammenhänge zwischen Original- und Parallelform
tion der Zuordnung der 20 Items zu den vier Faktoren           nahezu identisch ist.
möglich, wie sie in der Publikation des FABA von Rich-              Die Kriteriumsvalidität der FABA-Skalen wur-
ter, Rotheiler und Rudolf (2015) aufgezeigt wurde. Da-         de anhand der Zusammenhänge der Burnout-Skala
rüber hinaus konnte auch eine hohe Stabilität der fak-         „Emotionale Erschöpfung“ (MBI-GS; Schaufeli, Leiter,
toriellen Lösungen hinsichtlich der Differenzierung            Maslach & Jackson, 1996) und der Stress- und Depres-
der Stichprobe in gesunde und erkrankte Probanden              sionsskalen des DASS (Lovibond & Lovibond, 1995)
nachgewiesen werden. Die Modelle erwiesen sich als             mit Hilfe multipler linearer Regressionen geprüft
durchweg hoch äquivalent. Damit kann die strukturel-           (Tabelle 8). Sowohl emotionale Erschöpfung als auch
le Gleichheit der Parallelversion des FABA als gegeben         Stress und Depression gehen mit deutlich erhöhter Er-
angesehen werden.                                              holungsunfähigkeit und Ungeduld einher.
      Die Zuverlässigkeit des neuen Instrumentes wur-               Das entspricht den Strukturgleichungsmodel-
de hinsichtlich der Paralleltest-Reliabilität und der in-      len bei Nebel (2012) und Wolf (2012). Sie konnten an
ternen Konsistenz überprüft.                                   umfangreichen Stichproben zeigen, dass psychische
      Die Paralleltest-Reliabilität (Tabelle 4) ist für drei   Fehlbelastungen deutlich mit erhöhter Erholungsun-
Skalen befriedigend. Für die Skala „Dominanz“ ist sie          fähigkeit assoziiert sind. Vergleichbar der Prädiktion
mit .66 gering, jedoch nach Bortz, Lienert und Boehn-          von Burnout durch fehlende psychologische Distan-
ke (2000) noch ausreichend. Vergleichbar verhalten             zierung bei Sonnentag und Fritz (2015) wird deutlich,
sich die Koeffizienten der internen Konsistenz (Tabelle        dass Erholungsunfähigkeit mit der FABA-Skala erfasst,
5). Diese entsprechen weitgehend der Originalversi-            eine Prädiktion von Burnout und Depressivität erlaubt
on (2015), jedoch wiederum für die Dominanz-Skala              sowie gleichzeitig als Folgezustand von Fehlbelastun-
deutlich abgesenkt. Die geringe Zahl der Items kann            gen (u. a. hohe Arbeitsintensität, geringe Tätigkeits-
hierfür verantwortlich sein.                                   spielräume) auftritt.
      Die Validität ist hinsichtlich der konvergenten
und Kriteriumsvalidität geprüft worden. Zur kon-
vergenten Validitätsprüfung ist der REQ-Fragebogen             7   Implikationen für die Forschung und Praxis
von Sonnentag und Fritz (2007, 2015) herangezogen
worden. In dem von den Autoren entwickelten Kon-               In der weiteren Forschung ist zu untersuchen, ob ins-
zept kommt der psychischen Distanzierungsfähigkeit             besondere die Erholungsunfähigkeit verbunden mit
von der Arbeit (psychological detachment) eine große           exzessivem Arbeitsengagement auch habituelle Ver-
moderierende Rolle zwischen Belastungen und Bean-              wurzelungen in der Persönlichkeit hat, oder primär als
spruchungs- und Gesundheitsfolgen zu. Ein Trainings-           Verstetigung unangemessener Anforderungsbewäl-
programm auf dieser Grundlage hat sich erfolgreich             tigung bei extremen Arbeitszeiten darstellt. Die glei-
bei der Verbesserung des Erholungsverhaltens nach              che Fragestellung betrifft das Konstrukt der psycholo-
der Arbeit erwiesen (Hahn, Binnenwies, Sonnentag &             gischen Distanzierungsfähigkeit (Sonnentag & Fritz,
Mojza, 2011). Eine enge Beziehung zwischen erhöhter            2015; Schaarschmidt & Fischer, 1997). Die Befunde der
Arbeitsintensität und verringerten Tätigkeitspielräu-          empirischen Studien bezüglich Arbeit und Gesundheit
men mit gesteigerter Erholungsunfähigkeit konnten              bei Selbstständigen von Rau (2011) sowie Ertel, Pech,
Gebele, Morling, Rösler und Rau (2011) nachweisen.             Ullsperger, Knesebeck und Siegrist (2006) indizieren,
      Die hypothetisch zu erwartenden Korrelationen            dass Erholungsunfähigkeit und Distanzierungsunfä-
(Tabelle 7) zwischen FABA-Erholungsunfähigkeit und             higkeit eher Verstetigungen unangemessener Anfor-
REQ-psychologischer Distanzierungsfähigkeit lassen             derungsbewältigung bei extremen Arbeitszeiten dar-
sich bestätigen. Die hohen Korrelationen (Original:            stellen. Auch Schulz (2015) konnte anhand der 1. Wel-
r = -.75, Parallel: r = -.76, N = 1070) sprechen für die       le eines Längsschnittprojektes des Bundesanstalt für
starke Ähnlichkeit beider Konstrukte, die beide Pro-           Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz (BAuA) nachweisen,
bleme bei der Lösung von der Arbeit abbilden. Das              dass die Erholungsunfähigkeitsskala, in dieser Studie
wird durch ausgeprägte Ungeduld verstärkt (r = -.26;           für das Konstrukt psychological detachment genutzt,
r = -.28). Nicht ganz so stark sind die Zusammenhänge          als Mediator zwischen Jobstressoren und Wohlbefin-
zwischen der REQ-Skala Entspannungsfähigkeit und               den fungiert. Die geringe Retest-Reliabilität spricht
der Erholungsunfähigkeit (r = -.42; r = -.42). Die Kon-        zudem dafür, dass es sich nicht um einen trait handelt,
trolle über die Freizeitgestaltung (REQ) ist deutlich          sondern eher von situativen, veränderbaren Einflüs-
bei eingeschränkter Erholungsfähigkeit verringert              sen bestimmt wird. In diesem Zusammenhang zeigt
(r = -.41; r = -.42). Die zu vermutenden Zusammenhän-          sich, dass die Skala „Erholungsunfähigkeit / exzessi-
Beeinflussung der Handlungsregulation unter psychischer Belastung                                                 15

ves Arbeitsengagement“ als Frühanzeichen drohen-           Debitz, U., Plath, H.-E. & Richter, P. (2016). Beanspru-
der Gesundheitsrisiken angesehen werden kann und                chungs-Mess-Skalen (BMS). Verfahren zur Erfas-
daher im betrieblichen Gesundheitsmanagement und                sung erlebter Beanspruchungsfolgen (2., voll.
besonders auch im Rahmen der Gefährdungsuntersu-                überarb. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
chung psychischer Belastung nach dem Arbeitsschutz-        DIN / ÖN EN ISO 10075 1-3 (2000). Ergonomische
gesetz Anwendung finden sollte (Zwingmann, Wolf,                Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelas-
Nebel-Töpfer & Richter, 2015). Dem entsprechen auch             tung. Berlin: Beuth.
die Therapie- und Gestaltungsempfehlungen, die auf         DIN SPEC 33418 (2014). Ergonomische Grundlagen be-
der Grundlage von Konfigurations-Frequenz-Analysen              züglich psychischer Arbeitsbelastung – Ergänzen-
der vier FABA-Skalen (Richter et al., 2015) abgeleitet          de Begriffe und Erläuterungen zur DIN EN ISO
worden sind. Von den sechs dringend zu beachtenden              10075-1, 2000. Berlin: Beuth.
Risikomustern sind vier durch Extremausprägungen           Domke, D. (1990). Arbeitsinhalt und Anforderungsbe-
auf den Skalen „Erholungsunfähigkeit / exzessives               wältigung bei Herzinfarktpatienten. Dissertation
Arbeitsengagement“ und „Ungeduld“ gekennzeichnet.               an der Fakultät für Mathematik und Naturwissen-
    Es ist zu wünschen, dass die positiven Erfahrungen          schaften der TU Dresden.
der Diagnostik der Veränderbarkeit von hyper-sympa-        Ertel, M., Pech, E., Ullsperger, P., Knesebeck O. & Sieg-
thikotonen Bewältigungsstilen von Arbeitsanforde-               rist, J. (2006). High effort, low reward, and self-
rungen in der Rehabilitation von Herz-Kreislaufer-              rated health in freelance media workers. Work &
krankungen mit der Musteranalyse der Skalen vertieft            Stress, 19, 203-299.
werden kann. Die Diagnostik derartiger Bewältigungs-       Funke, C. & Mittmann, S. (2003). Erstellung einer Pa-
muster von Belastungen ist für das Gesundheitsma-               rallelform des FABA-Fragebogens. Forschungsbe-
nagement im Rahmen von Langzeitstudien zur Entste-              richt berufsorientierte Vertiefung, TU Dresden,
hung von Gesundheitsrisiken in der Arbeit von großer            FR Psychologie (unveröfftl.).
Bedeutung. Die Erhaltung und das Training eines effi-      Gebele, N., Morling, K., Rösler, U. & Rau, R. (2011). Ob-
zienten und flexiblen Planungsverhaltens im Kontrast            jektive Erfassung von Job Demands und Decision
zu der mit diesem Fragebogen zu diagnostizierenden              Latitude sowie Zusammenhänge der Tätigkeits-
exzessiven Planungsneigung kann dabei klassische                merkmale mit Erholungsunfähigkeit. Zeitschrift
handlungspsychologische Gestaltungsansätze fortfüh-             für Arbeits- und Organisationspsychologie, 55, 32-
ren (Hacker & Sachse, 2014).                                    45.
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Anhang

Items der Parallelskalen des FABA

 Itemnummer      Itemformulierung FABA-Parallelform

                 Um sicher zu sein, eine Arbeit so gut wie möglich zu erledigen, verschaffe ich mir ausreichend
      1 P-PN
                 Zeit zur nochmaligen Überprüfung.

                 Ich strebe danach eine Aufgabe eher und sorgfältiger zu lösen als andere – egal ob es sich um
      2 P-D
                 eine einfache oder komplizierte Aufgabe handelt.

      3 P-EU     Infolge meiner Arbeitsaktivitäten spüre ich häufig Eile und Hast auch nach der Arbeit.

                 Ich schlafe schlecht ein, weil ich mich oft schwer von meinen Gedanken des Arbeitsalltags
      4 P-EU
                 lösen kann.

                 Exakte planerische Tätigkeit ist für mich ein Muss, bevor ich mich einer umfassenden
      5 P-PN
                 Anforderung stelle.

                 Ich reduziere den Zeitaufwand für persönliche Angelegenheiten (Einkauf, Reparaturanliegen,
      6 P-EU
                 …) auf ein Minimum.

      7 P-PN     Sobald meine Zeitplanung eng wird, versuche ich exakt zu kalkulieren.

                 Meine Arbeit lässt mich auch an langen Wochenenden oder an Urlaubstagen nicht komplett
      8 P-EU
                 abschalten.

      9 P-PN     Bei Verabredungen halte ich die vereinbarte Zeit ein.

     10 P-PN     Mein Leben wird durch genaue Selbstorganisation bestimmt.

                 Ich werde unruhig, nervös und hastig, wenn es sich herausstellt, dass ein durch mich
     11 P-U
                 vereinbarter Termin nicht einzuhalten ist.

     12 P-U      Ich muss mich häufig sehr kontrollieren, damit ich nicht übereilt handle.

     13 P-D      Ich lasse mich nicht lange bitten, wenn ich eine Vorreiterrolle übernehmen kann.

     14 P-D      Bei gesellschaftlichen Anlässen habe ich gern, dass mir Leute zuhören.

                 Bei der Erfüllung meiner beruflichen Aufgaben verausgabe ich mich derart, dass ich es auf
     15 P-EU
                 längere Zeit wohl nicht verkraften kann.

                 Manchmal reagiere ich schroff, ablehnend und verletzend, wenn mich jemand bei der Lösung
     16 P-U
                 meiner Aufgaben behindert.

                 Wenn ich nicht alle Kleinigkeiten eines Problems „im Griff“ habe, handle ich manchmal
     17 P-U
                 voreilig und unbedacht.

     18 P-EU     Ich bringe es selten fertig, nach getaner Arbeit alles damit Zusammenhängende loszulassen.

                 Mir platzt schon mal der Kragen, wenn notwendige Entscheidungen immer wieder verschoben
     19 P-U
                 werden.

     20 P-PN     Mir ist es wichtig, dass ich mich auch in aufregenden Situationen gut „im Griff“ habe.
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