Kältemittel - Ein Überblick: Thermo-dynamische, sicherheits- und umwelt-relevante Herausforderungen

 
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Kältemittel - Ein Überblick: Thermo-dynamische, sicherheits- und umwelt-relevante Herausforderungen
WISSENSCHAFT
KÄLTEMITTEL

Kältemittel – Ein Überblick: Thermo-
dynamische, sicherheits- und umwelt-
relevante Herausforderungen
                       Autor
                       Dipl.-Ing. Edgar Timm, ETSuS UG, Kulmbach

Kältemittel . Alternativen . F-Gase . low-GWP . brennbar . Re-           Refrigerants – an overview: Thermodynamical, safe-
gularien                                                                 ty and environmental challenges
Zum Erreichen der Klimaziele ist der Einsatz von Kältemitteln            Refrigerants . alternatives . F-Gases . flammable . low-GWP . regula-
mit geringem Treibhauspotenzial notwendig. Alternative Käl-              tions
temittel verfügen über Eigenschaften, wie die Brennbarkeit,
die bei der Anwendung zu berücksichtigen sind. Dieser Artikel            The use of low-GWP refrigerants is key to achieve the climate tar-
fasst die aktuelle Situation zusammen.                                   gets. The new alternatives have properties – like flammability. These
                                                                         properties must be considered as a new refrigerant is selected and
                                                                         used. This paper summarise the currents status.

Einleitung                                           rium. Der Einsatz der etablierten Kälte-      gen, (600er-Reihe; Kohlenwasserstoffe
Die Kältetechnik ist eine Basistechnolo-             mittel wird dadurch eingeschränkt,            wie Butan, Isobutan (R600a), sauerstoff-
gie, die für unser tägliches Leben von               gleichzeitig werden Alternativen neu          haltige, schwefelhaltige und stickstoff-
herausragender Bedeutung ist (in der                 eingeführt, die in den meisten Fällen je-     haltige organische Verbindungen)
derzeitigen Situation ist sie sicher als             doch hinsichtlich der sicherheitsrelevan-     ■■ Anorganische Stoffe (700er- und
„systemrelevant“ einzustufen). Die An-               ten Eigenschaften neu bewertet werden         7000er-Reihe, dazu gehören auch Am-
wendungsgebiete reichen von der Kryo-                müssen. Dieser Artikel gibt einen Über-       moniak (R717), Kohlendioxid (R744),
technologie im Temperaturbereich von                 blick über die derzeitige Situation.          Wasser (R718) und Distickstoffoxid
weit unter -100°C bis zu Hochtempera-                                                              (R744A)).
tur-Wärmepumpen mit Anwendungs-                      Kältemittel – Nomenklatur und Klassi-
temperauren von weit über 100°C. Die                 fizierung                                     Reinstoffe – Ungesättigte organische Ver-
Leistungen reichen von wenigen Watt im               Die Bezeichnung der Kältemittel ist im        bindungen:
Bereich medizinischer Anwendungen bis                international anerkannten ANSI/ASH-           ■■ 1000er-Reihe; dazu gehören u.a. Pro-
zu mehreren Megawatt in der Energie-                 REA Standard 34 [ASHRAE1] geregelt.           pylen und die HFO (Hydro-Fluor Olefi-
versorgung oder Prozesstechnik. Trotz                Die Norm klassifiziert die Kältemittel in     ne).
der Bandbreite der Leistungsbedarfe und              verschiedenen Gruppen nach Art des
Anwendungen ist die mechanische Käl-                 Ausgangsstoffes:                              Kältemittelgemische:
teerzeugung mittels Kaltdampf-Kom-                                                                 ■■ Zeotrope Gemische; 400er-Reihe (Ge-
pressionskältemaschinen die mit wei-                 Reinstoffe – Gesättigte Verbindungen:         mische aus mehreren Komponenten,
tem Abstand dominierende Technologie.                ■■ Methan-Serie (Methan und holge-            die einen Temperaturgleit aufweisen)
Die Gründe für diesen Erfolg sind – trotz            nierte Methanverbindungen, z.B. R23,          ■■ Azeotrope-Gemische; 500er-Reihe
verfügbarer und bekannter alternativer               R32)                                          (Gemische aus mehreren Komponenten,
Technologien – u.a. die Effizienz, Zuver-            ■■ Ethan-Serie (Ethan und holgenierte         die sich beim Phasenwechsel wie ein
lässigkeit, Anwendungsflexibilität und               Ethanverbindungen, z.B. R134a, R170)          Reinstoff verhalten)
die Kosteneffizienz.                                 ■■ Ether (nur Dimethylether E170)                 Das Präfix R (Refrigerant) geht einem
   Das verwendete Kältemittel ist dabei              ■■ Propan-Serie (Propan und hologe-           alphanumerischen Code voran. Als Prä-
von zentraler Bedeutung für die Erfül-               nierte Propanverbindungen, z.B. R290)         fix kann auch eine Buchstabenkombina-
lung der Anwendungsaufgabe. Neben                    ■■ Cyclische Kohlenwasserstoffe (bisher       tion verwendet werden, die den Grun-
der thermodynamischen Eignung ist die                nur C318 Okto-Flour-Cyclobutan)               delementen des Moleküls entspricht
Umweltrelevanz ein wesentliches Krite-               ■■ Verschieden organische Verbindun-          (Bsp. CFC für Chloro-Fluoro-Carbons

50   KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 05 2020                                                                                     www.ki-portal.de
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(entspricht im Deutschen den FCKW              1 Beispiele Nomenklatur Kältemittel nach ANSI/ASHRAE 34
(vollhalogenierten) Fluorchlorkohlen-
wasserstoffen).                                                      Bsp: R32 entspricht R0032          R152a entspricht R0152a
                                              Z1: Anzahl der Doppelbin-   Z1 = 0 keine Doppelbindung Z1 = 0: keine Doppelbindung
Nomenklatur Reinstoffe                        dungen im Molekül
Die Kombination aus Zahlen und Buch-          Z2: Anzahl der Kohlenstoff- Z2 = 0:1 Kohlenstoffatom C    Z2 = 1:2 Kohlenstoff-
staben lässt auf die chemische Zusam-         atome minus 1                                             atome C2
mensetzung und Struktur des Kältemit-         Z3: Anzahl der Wasserstoff- Z3 = 3:2 Wasserstoffatome H2 Z3 = 4 Wasserstoffatome H4
tels schließen. Dem Präfix folgt der Zah-     atome plus 1
lencode, darauf folgt/folgen ein Buchsta-     Z4: Anzahl der Fluoratome Z4 = 2:2 Fluoratome F2          Z4 = 2:2 Fluoratome F2
be/mehrere Buchstaben als Suffix je           n: Isomer bei Etahn-Derivaten, nm Isomer bei Propan-Derivaten
nach Molekülstruktur. Grundsätzlich ist
                                              Summenformel:               R32: CH2F2                    R152: C2H4F2
der Zahlencode vierstellig, führende
                                              Strukturformel              R32: CH2F2                    R152 : CH2F-CH2F
Nullen werden nicht angezeigt, die
                                              Isomer                      (kein Isomer möglich)         n = a (1 mögliches Isomer)
Darstellung in allgemeiner Form ist
R-Z1Z2Z3Z4 nm (N). Die Bedeutung der          Strukturformel                                            R152a: CHF2-CH3
einzelnen Elemente ist in Tabelle 1 bei-
spielhaft erklärt.
(N) kennzeichnet die Struktur des Mole-       bau der Ozonschicht (ODS: Ozone Deple-       CO2 = 1) für einen bestimmten Zeitraum
küls in Relation zur Doppelbindung bei        ting Substance). Der Wert ist willkürlich    (üblicherweise 100 Jahre) beschreibt.
ungesättigten Verbindungen (Bsp.:             als 1 für das Kältemittel R11 festgesetzt.   Wie beim ODP sind die Zusammenhän-
R1234ze(E)). Ist im Molekül Jod oder          Die Ermittlung der Werte ist komplex         ge in der atmosphärischen Chemie äu-
Brom enthalten, so wird der Bezeichnung       und von vielen Faktoren abhängig, wie        ßerst komplex und von vielen Faktoren
I (für Jod) bzw. B angestellt und mit der     etwa der atmosphärischen Lebensdauer         abhängig. Die Reduktion auf einen
Anzahl ergänzt (Bsp.: R13B1; R13I1).          und der chemischen Zusammensetzung           Kennwert erlaubt den einfachen Ver-
    Bei Gemischen wird eine Kombination       der Verbindung (u.a. Anzahl Cl-, Br-,        gleich zwischen den Substanzen trotz
aus Reinstoffen mit einer fortlaufenden       I-Atome).                                    der tatsächlichen Komplexität.
Nummer versehen, beginnend mit 4 für             Das Montreal Protokoll ist in seiner         Aktuelle Regularien wie das Kigali
zeotrope und 5 für azeotrope Gemische.        globalen Anwendung ein äußerst erfolg-       Amendment zum Montreal Protokoll
Das Suffix in Großbuchstaben kenn-            reiches Abkommen und regelt das Ver-         oder die Europäische F-Gas-Verordnung
zeichnet eine definierte Zusammenset-         wendungsverbot (phase out) der schädli-      [FGAS1] verwenden das CO2-Äquivalent
zung. Ein Gemisch aus den Komponen-           chen Substanzen. Ursprünglich sind le-       (CO2e) von Kälteanlagen zur Bewertung.
ten (R-32 / 125 / 134a) hat die Nummer        diglich acht Substanzen geregelt. Es ist     Das CO2-Äquivalent ist die Masse an
R407. In der Zusammensetzung (in Mas-         das Ziel, keine Substanzen zu verwen-        Kältemittel multipliziert mit dem GWP
senprozent) 23% R32, 25% R125 und             den, die ein Ozonabbaupotenzial haben        des verwendeten Kältemittels (pro Ge-
52 % R143a wird es zu R407C.                  (ODP = 0). Werden im Zuge der Suche          räte-Einheit, System oder über eine be-
                                              nach Ersatzstoffen mit geringem Treib-       stimmte Periode). Die Berechnung er-
Kältemittel – Umweltrelevanz                  hauspotenzial Stoffe vorgeschlagen, die      folgt in to- CO2-Äquivalent. (Beispiel:
Kältemittel haben aufgrund ihrer Eigen-       nicht als ODS geregelt sind, wird diese      Eine gewerbliche Kälteanlage mit 50 kg
schaften einen zum Teil erheblichen Ein-      Forderung aufgeweicht. So ist das ODP        R404A hat ein CO2-Äquivalent von 50 kg
fluss auf unsere Umwelt. Die Ozon zer-        von N2O (R744A) 0,017 [WMO1]. N20            * 3940 (GWP nach [AR5]) CO2e/kg, dies
störende Wirkung der FCKW- und                (Lachgas) wird im Bereich von Anwen-         entspricht 197 to CO2e. Ziel der Verord-
HFCKW-Kältemittel führte zum erfolg-          dungstemperaturen unterhalb von              nungen ist die stufenweise Reduzie-
reichsten Umweltabkommen der Verein-          -50 °C als Ersatzstoff diskutiert. Auch      rung des CO2-Äquivalents in 2036 auf
ten Nationen – dem Montreal Protokoll.        andere aktuell diskutierte Stoffe, wie das   maximal 15% des Basiswertes (phase
Mit dem Kigali Amendment und dem              als A1 eingestufte R466A [ASHRAE2], sol-     down).
Paris-Agreement sind weitere Bausteine        len über ein geringes ODP verfügen (der-
hinzugekommen, die den umweltschäd-           zeit keine Einschränkung der Verwen-         Gesamte Emissionen: direkt und indirekt
lichen Einflüssen u.a. der Kältemittel ent-   dung geregelt). Bei der Bewertung neuer      Neben dem GWP wird mit anderen Kenn-
gegenwirken sollen. Diese Instrumente         Kältemittel mit geringem Treibhauspo-        zahlen bzw. Konzepten auch der Beitrag
haben vorrangig die Einschränkung von         tenzial ist darauf zu achten, dass da-       der indirekten Emissionen berücksich-
Emissionen zum Ziel. Der Beitrag der          durch keine Verschlechterung eintritt –      tigt. Die indirekten Treibhausgas-Emissi-
Kältemittel ist über direkte Emissionen       für Aufgabenstellungen, die bereits ge-      onen im Bereich der Kälte- und Klima-
(Kältemittel entweicht in die Atmosphä-       löst erschienen.                             technik werden je nach Quelle zwischen
re) und indirekt aus dem Energiever-                                                       63 % bis 75 % der Gesamtemissionen
brauch und dem damit emittierten CO2          Treibhauspotenzial: direkte Emissionen       angegeben. Sollten bei unverändertem
der Anlagen gegeben.                          GWP und CO2-Äquivalent                       Marktvolumen, gleichbleibender durch-
                                              Das GWP (Global Warming Potential) ist       schnittlicher Effizienz und unveränder-
Ozonzerstörungspotenzial                      ein physikalischer Index, der den Ein-       tem Strommix die Ziele des Kigali
Das Ozonzerstörungspotenzial (ODP:            fluss einer Substanz im Strahlungs-          Amendments erreicht werden, läge
Ozone Depletion Potential) ist ein Maß        Haushalt der Erde im Vergleich zur Re-       der indirekte Beitrag bei über 90%.
für den Beitrag einer Substanz zum Ab-        ferenzsubstanz Kohlendioxid (GWP             Dies unterstreicht die Notwendigkeit,

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auch den Energieverbrauch über die
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Lebensdauer der Anlage zu berücksichti-
gen.

Gesamter äquivalenter Treibhauseffekt
TEWI (Total Equivalent Warming Impact)
Der Vorteil einer einzelnen Kennzahl pro
Substanz als Steuerungsinstrument lässt
sich bei der Kombination direkter und
indirekter Einflüsse nicht mehr aufrecht-
erhalten. Trotz der Vorteile des ganzheit-
lichen Ansatzes wie beim TEWI, ist die
politische Akzeptanz als Steuerungsmit-
tel noch gering. Das Konzept ist zwar in-
formativ in die Sicherheitsnorm EN 378
integriert, fehlt aber in der Umweltge-              Das LCCP Konzept
setzgebung.
    Der TEWI-Wert ist definiert als Sum-
me aus direktem Treibhauspotenzial               2                                           Gering Toxisch              Erhöht Toxisch
durch Leckagen und Rückgewinnungs-                   Keine Flammausbreitung                        A1                         B1
verluste und dem indirekten Anteil aus               schwer endzündlich                            A2L                        B2L
dem Energieverbrauch über die Lebens-                endzündlich                                   A2                         B2
dauer der Anlage. Der Wert berechnet
                                                     hoch endzündlich                              A3                         B3
sich zu
                                                     Sicherheitsklassen der Kältemittel nach ISO 817
TEWI = (GWP * (La * n + m)) + (Ea * ß * n)
                                                3a Referenzbedingungen Brennbarkeitsklassen ISO817
mit
■■ GWP: Global Warming Potential in CO2e        Klasse           Flamm-            UEG                HC                             Su
■■ La: jährliche Leckrate des Kältemittels
                                                               ausbreitung       /Vol. %        Verbrennungs-                     Flamm-
                                                                                                   wärme                      geschwindigkeit
   (kg)                                                                                             /KJ/kg                         /cm/s
■■ m: Rückgewinnungsverluste (kg)
■■ n: Lebensdauer in Jahren                       Referenz      (60 °C; 101,3 kPa) (23 °C; 101,3 kPa)    (25 °C; 101,3 kPa)   (23 °C; 101,3 kPa)
■■ E a:   jährlicher Energieverbrauch            Bedingung
   (kWh/a)
■■ ß: CO2-Emissionen per kWh                          1                 Nein                NA                   NA                 NA
                                                      2L                 Ja                > 3,5              < 19.000              < 10
Gesamter äquivalenter Treibhauseffekt                  2                 Ja                > 3,5              < 19.000              > 10
LCCP
                                                       3                 Ja                   < 3,5 oder > 19.000              Nicht definiert
Noch umfassender ist eine Betrachtung
nach dem Konzept der LCCP (Life Cycle
Climate Performance). Hierbei werden            ergeben sich bestimmte Auflagen bzw.               beitsplatzgrenzwert AGW (früher MAK:
auch die Emissionen einbezogen, die bei         Anforderungen. Dies kann u.a. den Ein-             Maximale Arbeitsplatzkonzentration, die
der Produktion der Materialien und des          satz, die Handhabung, den Transport                ISO verweist noch auf den MAK-Wert)
Kältemittels entstehen. Energetische            oder auch die Entsorgung betreffen.                 > 400ppm
Aufwendungen beim Recycling des Pro-                                                               ■■ B: Höhere chronische Toxizität:
duktes am Ende seiner Lebensdauer wer-          ISO 817: Refrigerants – Designation and            Maximaler AGW (MAK) < 400ppm
den in diesem Konzept ebenso berück-            safety classification                              Dabei ist zu beachten, dass z.B. der AGW
sichtigt wie der direkte Beitrag der bei        Die wesentliche Norm mit Hinblick auf              wie der MAK-Wert einen Wert bei regel-
Zersetzung der Kältemittel entstehen-           die sicherheitsrelevante Bewertung ver-            mäßiger Exposition des Menschen als
den Abbauprodukte [MAK1]. Die Be-               schiedener Kältemittel ist die ISO 817             Durchschnittswert über eine Arbeits-
standteile des Konzeptes sind in Abb. 1         [ISO1] mit den Ergänzungen [ISO2, ISO3].           schicht mit in der Regel 8 Stunden und
zusammengefasst.                                Die Norm bildet die Basis für die Sicher-          einer 5-Tage-Woche darstellen. Akute
                                                heitsstandards für Kälteanlagen und                Werte liegen in der Regel deutlich höher,
Kältemittel – Einstufung nach Sicher-           Wärmepumpen (DIN EN 378 T1-4,                      sie werden in der ISO 817 u.a. durch den
heitsklassen                                    DIN EN 60335-2-24, -40, -89 etc. und die           ATEL-Wert (Acute Toxicity Exposure Li-
Chemische Substanzen werden in ver-             ISO 5149) hinsichtlich der Einstufung der          mit) beschrieben.
schiedenen Regularien hinsichtlich ihres        Kältemittel.
Gefährdungspotenzials eingestuft, dies                                                                Einstufung der Brennbarkeit
können sowohl Gesetze, Verordnungen                Einstufung der Toxizität                        ■■ Die Norm unterscheidet vier Klassen:
oder auch Normen sein. Je nach Einstu-          Es werden zwei Klassen unterschieden:              ■■ 1 : Keine Flammausbreitung (no flame
fung und angewandter Richtlinie/Norm            ■■ A: Geringere chronische Toxizität: Ar-          propagation)

52   KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 05 2020                                                                                       www.ki-portal.de
Kältemittel - Ein Überblick: Thermo-dynamische, sicherheits- und umwelt-relevante Herausforderungen
WISSENSCHAFT
                                                                                                                                            KÄLTEMITTEL

 3b Klassifizierung Entzündbare Gase nach CLP-Verordnung
 Klasse                Bezeichnung:           Entzünd-       UEG       Explosions-          Su           Gefahrenhinweis                 Piktogramm
                     Entzündbares Gas           bar         /Vol. %      bereich        Flammge-
                                                                                      schwindigkeit
  Referenz         Grundsätzliche Kriterien    (20 °C; 101,3 kPa)
 Bedingung
       1A                                        Ja          < 13 % UEG oder Ex.-           NA             H220: Extrem
                                                                Ber. Mind. 12 %                          entzündbares Gas
       1B             Wie 1 A und nicht                                                                       H221:
                   selbstentzündlich oder        Ja               UEG > 6 % oder Su < 0,1 m /s           Entzündbares Gas
                           instabil

        2             Nicht 1A oder 1B           Ja                    Ja                                                                      Kein

■■ 2L: Gering entflammbar (lower flam-                  2                                                                    ASTM E681 Versuchs-
mability)                                                                                                                    aufbau zur Ermittlung
■■ 2 : Entflammbar (flammable)                                                                                               der Entflammbarkeit
■■ 3 : Höhere Entflammbarkeit (higher
flammability)
Die Kriterien zur Einordnung der Kälte-
mittel in diese Kategorien sind in Tabelle
3a zusammengefasst. Die Kombination
aus den Einstufungen zur Brennbarkeit
und Toxizität führt zur bekannten Einor-
dung gemäß Tab. 2.
Die Tests zur Entflammbarkeit werden
nach der Norm ASTM E681 [ASTM1]
durchgeführt. Eine schematische Darstel-
lung der Versuchsanordnung ist in Abb. 2
wiedergegeben. Nach Norm ist eine Flam-
mausbreitung dann gegeben, wenn nach
der Entzündung, die Flamme in mindes-                 Classification, Labelling and Packaging)        EN1839 [UBA1]) erfolgt als bei der ISO, ist
tens 2 von 3 Fällen reproduzierbar einen              setzt die Anforderungen der GHS-Richtli-        z. B. R1234ze zwar ein A2L-Kältemittel, je-
Winkel von mindestens 90° erreicht. Die               nie in Europäisches Recht um. Die Einstu-       doch nicht als entzündbares Gas gemäß
Bewertung erfolgt visuell.                            fung erfolgt nach physikalischen Gefah-         CLP-Richtlinie eingestuft.
   Je nach Methode und Bewertungskri-                 renklassen (bspw. entzündbare Gase,
terien (Anwendung anderer Standards),                 Gase unter Druck, etc.), Gesundheitsge-            Druckgeräte-Richtlinie
kann die Bewertung hinsichtlich der                   fahren (bspw. Toxizität, Karzinogenität etc.)   Die Druckgeräte-Richtlinie [DGR1] teilt
Brennbarkeit anders ausfallen (siehe u.a.             und Umweltgefahren (wassergefährdend,           Fluide in zwei Gefährdungskategorien
unten CLP-Verordnung). Brennbarkeit ist               die Ozonschicht schädigend) [UBA1]. Diese       ein. Gruppe 1 sind Stoffe, die als gefähr-
demnach keine physikalische Eigenschaft,              Klassen sind je nach Komplexität wiederum       lich eingestuft sind, u.a. entzündbare
Brennbarkeit ist eine Frage der Definition            in verschiedene Unterkategorien eingeteilt.     Gase. Gruppe 2 sind alle Stoffe, die nicht
und der Messmethodik [TAKIZAWA1].                         Da die CLP-Verordnung auf eine wesent-      zur Gruppe 1 gehören. Eine Zuordnung
Dies führ unter Umständen zur Unsicher-               lich größere Anzahl an Substanzen Anwen-        der Kältemittel zu den Gruppen nach
heit und Verwirrung bei Anwendern,                    dung findet, sind die spezifischen Merkma-      Druckgeräterichtlinie erfolgt in der
wenn neben der speziell im Bereich der                le wie sie in der ISO 817 dokumentiert sind     EN378.
Kältetechnik angewandten Normen wei-                  A1, (A2, A2L und A3) nur bedingt abbildbar.
tere Regularien zu berücksichtigen sind.              Mit der Änderung der CLP-Richtlinie [CLP2]          Produktsicherheitsgesetz
                                                      wurde die Einordnung der Brennbarkeit in        Kälteanlagen mit brennbaren Kältemit-
Sicherheitsanforderungen – weitere regu-              Analogie zur ISO 817 ergänzt (d.h. u. a. Be-    teln sind nach §2 Produktsicherheitsge-
lative Randbedingungen zur Brennbarkeit               rücksichtigung der Flammgeschwindigkeit         setz [ProdSG] als überwachungsbedürfti-
                                                      als weiteres Kriterium). Hinsichtlich der       ge Anlage eingestuft. Die sich daraus er-
    CLP-Verordnung und GHS                            Brennbarkeit („Kriterien für die Kategorisie-   gebenden Konsequenzen sind in der Be-
Die globale GHS-Richtline [GHS1] der                  rung entzündbarer Gase“) gelten für Kälte-      triebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
Vereinten Nationen wurde mit dem Ziel                 mittel die in Tabelle 3b auszugsweise darge-    und den Technischen Regeln Betriebssi-
eingeführt, chemische Substanzen welt-                stellten Kriterien. Da die Bestimmung der       cherheit (TRBS) beschrieben. Eine Aus-
weit nach der gleichen Methode zu klas-               Entzündbarkeit nach CLP-Verordnung nach         wahl verschiedener Kältemittel mit ver-
sifizieren und zu kennzeichnen. Die Euro-             anderen Kriterien und bei anderen Bedin-        schieden Daten zu Einstufung nach Si-
päische CLP-Verordnung [CLP1] (CLP:                   gungen (Anwendung ISO10156 oder                 cherheitsnormen inklusive thermodyna-

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Kältemittel - Ein Überblick: Thermo-dynamische, sicherheits- und umwelt-relevante Herausforderungen
WISSENSCHAFT
KÄLTEMITTEL

 4 Daten ausgewählter Kältemittel
KM           ODP          GWP          NSP/NTP             Kritische   Kritischer   Klasse    Klasse    CLP             UEG / LFL   UEG / LFL       Hc          S u*        ATEL /ODL
                          (AR4/        /°C                 Temp. /°C   Druck        ISO 817   DGR       Kenn-           Kg/m3       Vol %       Verbrenn.-   Flamm-         /kg /m3
                                                                                                                                                wärme        geschw.
                          AR5)                                         /MPa                             zeichnung                               /MJ/kg       /cm/s
R32                0      675/677                -52          78          5,8         A2L           1     H220/H280     0,307       14,2        9,5          6,7            0,300
R152a              0      124/138                -25          113         4,5          A2           1     H220/H280     0,130       4,7         23           16,3           0,140
R290               0         3/3                 -42          97          4,2          A3           1     H220/H280     0,038       2,1         46           46,3           0,090
R454B              0      698/676            -51/-50,2        77                      A2L           1     H220/H280     0,354       7,3         5,2          9,9            0,47
R454C              0      148/146            -45,9/-39,9      82                      A2L           1     H220/H280     0,289       6,1         0,01 (**)      733             -51,7/-50,2     80,6         5,9          A1           2                       -             -           -            -            ?
R600a              0         3/3                 -12          135         3,6          A3           1     H220/H280      0,043         1,8            41       45,6           0,059
R717               0         0/0                 -33          132        11,3         B2L           1     H221/H280/     0,116         7,2        18,6         18,6         0,00022
                                                                                                          H331/H314/
                                                                                                             H410
R718               0         0/0                 100          374        22,1          A1           2            -          -             -           -            -            -
R744               0         1/1                 -78          31          7,4          A1           2           H280        -             -           -            -          0,072
R1234ze            0         4/1                 -19          109         3,4         A2L           2          -/H280    0,303         6,4           1,2       10,7           0,28
R1234yf            0         7/1                 -26          95          3,6         A2L           1     H220/H280      0,289         6,1           1,5       10,7           0,47
* ISO 817 Nominale Zusammsetzung oder WCF (Worst Case Formulation); **noch keine offiziellen Daten verfügbar

mischer und umweltrelevanter Daten ist                           kurven“ der derzeitigen Anwendung im                   Die Suche nach Alternativen
in Tabelle 4 zu finden.                                          Bereich der traditionellen Kältetechnik                Derzeit sind fast 200 Kältemittel (Stand
                                                                 (ohne Tiefttemperatur- oder Hochtempe-                 04.2020) vom ASHRAE offiziell klassifi-
Alternative Kältemittel                                          raturanwendungen).                                     ziert und gelistet. Warum erscheint es so
Thermodynamische Eignung der Kälte-                                 Weitere wünschenswerte thermo-                      schwer, mehr geeignete Alternativen zu
mittel                                                           dynamische Eigenschaften sind von ver-                 den etablierten Kältemitteln zu finden?
Ein Kältemittel muss primär die Anwen-                           schiedenen Autoren beschrieben wor-                    Die Antwort liegt in der Chemie und Phy-
dungsaufgabe erfüllen. Druck und Tem-                            den. Die chemische Stabilität des Kälte-               sik der Verbindungen. Als Bausteine für
peraturlage müssen in Abhängigkeit der                           mittels (in der Anlage) ist eine der An-               Kältemittel kommt nur eine bestimmte
Anwendungstemperaturen der Wärme-                                forderungen, die am häufigsten genannt                 Anzahl von Elementen in Frage. Eine ver-
senke und Wärmequelle beherrschbar                               wird, daneben auch günstige sicher-                    einfachte Bewertung führt zu folgendem
sein. Aus kommerzieller Sicht muss die                           heitsrelevante Eigenschaften. Die Um-                  Ergebnis.
volumetrische Kälteleistung eine wirt-                           weltrelevanz ist wesentlich und der                       Von den Elementen der acht chemi-
schaftlich sinnvolle Anlagengröße er-                            Hauptgrund für die derzeitige Suche                    schen Hauptgruppen bilden die Metalle
möglichen.                                                       nach Alternativen. Verfügbarkeit des                   keine Gase im interessanten Temperatur-
   Die Auswahl des Kältemittels erfolgt                          Kältemittels und der Preis sind ebenfalls              bereich. Die Edelgase gehen keine Ver-
zunächst unter Berücksichtigung des                              Eigenschaften, die beachtet werden                     bindungen ein, sie finden nur im Tief-
Normalsiedepunkts und des kritischen                             müssen. Bei der Suche nach Alternativen                temperaturbereich Anwendung. Es blei-
Drucks, sodass idealerweise ein Betrieb                          müssen diese Anforderungen berück-                     ben als Grundstoffe die Nichtmetalle: die
im Unterdruckbereich oder mit unübli-                            sichtiget werden und im Vergleich der                  Halogene (Fluor, Chlor, Brom und Jod)
chen Systemdrücken vermieden wird.                               Alternativen wird versucht, ein Opti-                  sowie Wasserstoff, Kohlenstoff, Stick-
Abb. 3 zeigt die Dampfdruckkurven aus-                           mum zu finden. Es zeigt sich allerdings,               stoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel.
gewählter Kältemittel. R718 als Nieder-                          dass es nicht ein Kältemittel gibt, das in             Die Halogene sind hinsichtlich ihrer Um-
druckkältemittel und R744 als Hoch-                              allen Kriterien überlegen ist [MCLIN-                  weltrelevanz kritisch zu bewerten, sei es
druckkältemittel bilden quasi die „Grenz-                        DEN1].                                                 aufgrund ihres Beitrages zum GWP oder
                                                                                                                        zum OPD in einer Verbindung. Schwefel-
                                                                                                                        und Phosphorverbindungen sind ten-
 3                                                                                              Dampfdruckkur-
                                                                                                                        denziell instabil oder toxisch. Es bleiben
                                                                                                ven ausgewählter
                                                                                                Kältemittel
                                                                                                                        Wasserstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff und
                                                                                                                        Stickstoff.
                                                                                                                           Kombiniert man diese Nichtmetalle,
                                                                                                                        so lassen sich Verbindungen mit den ver-
                                                                                                                        schiedensten Eigenschaften kreieren.
                                                                                                                        Kettenförmige Moleküle wie Kohlenwas-
                                                                                                                        serstoffe sind bereits ab 5 C-Atomen
                                                                                                                        (Pentan) bei Umgebungstemperatur
                                                                                                                        nicht mehr gasförmig, d. h. der Normal-
                                                                                                                        siedepunkt liegt zu hoch. Hinzu kommt,
                                                                                                                        dass die Bindungsenergie zwischen dem
                                                                                                                        Kohlenstoff und Wasserstoff gering ist,
                                                                                                                        sodass das Molekül leichter reagiert, d.h.

54    KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 05 2020                                                                                                                         www.ki-portal.de
WISSENSCHAFT
                                                                                                                                  KÄLTEMITTEL

  4                                                                     Das „Kältemit-     ser und Kohlendioxid – hier sind die Druck-
                                                                        teldilemma“        lagen die Herausforderung für die Anlage-
                                                                                           technik. Gemische mit hohem Tempera-
                                                                                           turgleit fordern ebenfalls eine Anpassung
                                                                                           der Anlagentechnik und Regelung. Ein-
                                                                                           schränkung in der Anwendung ergeben
                                                                                           sich vorrangig aus regulativen Randbe-
                                                                                           dingungen hinsichtlich der Sicherheit.
                                                                                           Dies wird eine wesentliche Herausforde-
                                                                                           rung, da sich bestehende Anlagen nur
                                                                                           schwer auf brennbare Kältemittel um-
                                                                                           rüsten lassen. A1-Kältemittel als poten-
                                                                                           zielle Drop-in-Lösungen verfügen aber
                                                                                           über GWP-Werte weit oberhalb von 750.
  5                                                                     Kältemittel        Hier besteht Handlungsbedarf, da die
                                                                        nach Anwen-        Anzahl der Bestandsanlagen wesentlich
                                                                        dungsbereich       höher ist als der, der Neuanlagen.
                                                                        und GWP

                                                                                           LITERATUR
                                                                                           [AR5]: The fifth Assessment Report (AR5) of the
                                                                                                 United Nations Intergovernmental Panel
                                                                                                 on Climate Change (IPCC), 2014
                                                                                           [ASHRAE1]: ANSI/ASHRAE Standard 34-2019:
                                                                                                 Designation and safety classification of
                                                                                                 refrigerants, American Society of Heating,
                                                                                                 Refrigerating and Air Conditioning Engi-
                                                                                                 neers, Atlanta, 2019
                                                                                           [ASHRAE2]: ANSI/ASHRAE Addendum u to
                                                                                                 ANSI/ASHRAE Standard 34-2019: Desig-
es wird brennbar. Stabiler werden die        nenten führt zu einer Annäherung der                nation and safety classification of refrige-
Strukturen durch den Ersatz des Wasser-      gewünschten Eigenschaften an be-                    rants, American Society of Heating, Refri-
stoffs durch Halogene, z.B. Fluor. Dies      stimmte Optima. Daraus resultieren oft              gerating and Air Conditioning Engineers,
führt dann zu erhöhter atmosphärischer       andere Herausforderungen, wie ein ho-               Atlanta, 10-2019
Lebensdauer mit den negativen Einflüs-       her Temperaturgleit, die dann regelungs-      [ASTM1]: ASTM E681-09: 2015 Standard Test
sen auf das GWP bzw. OPD. Fügt man in        technisch oder anlagetechnisch abge-                Method for Concentration Limits of Flam-
die halogenhaltigen Verbindungen Dop-        fangen werden müssen. Neue A1-Kälte-                mability of Chemicals (Vapors and Gases),
pelbindungen ein (bspw. bei den HFOs),       mittel wie R470A und B verfügen über                ASTM International, West Conshohocken,
so sinkt die atmosphärische Stabilität,      einen Temperaturgleit von 30K! Eine                 2015
das GWP sinkt, aber die Brennbarkeit         Auswahl möglicher Kältemittel je An-          [CLP1]: Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Euro-
wird erhöht. Geringere atmosphärische        wendungsbereich in Abhängigkeit des                 päischen Parlaments und des Rates vom 16.
Lebensdauer führt praktisch zwangsläu-       Treibhauspotenzials ist in Abb. 5 zusam-            Dezember 2008 über die Einstufung, Kenn-
fig zur Brennbarkeit. Dieses „Kältemittel-   mengefasst.                                         zeichnung und Verpackung von Stoffen und
dilemma“ ist am Beispiel der Methan-                                                             Gemischen, zur Änderung und Aufhebung
derivate in der Abb. 4 dargestellt.          Zusammenfassung/Ausblick                            der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/
    Bei verzweigten Molekülen werden         Die Auswahl eines Kältemittels für seine            EG und zur Änderung der Verordnung (EG)
die Stoffeigenschaften durch die funktio-    Anwendungsaufgabe wird von einer Viel-              Nr. 1907/2006; (ABl. 353 vom 31.12.2008)
nalen Gruppen beeinflusst. Funktionale       zahl von Faktoren beeinflusst. Neben der      [CLP2]: Verordnung (EU) 2019/521 der Kommis-
Gruppen sind Unterstrukturen innerhalb       grundsätzlichen Eignung hinsichtlich der            sion vom 27. März 2019 zur Änderung der
eines Moleküls, Beispiele sind Alkohole,     Temperatur und Drucklage sind in der ge-            Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Euro-
Ether, Aldehyde, Ketone und Amine. Je        genwärtigen Situation gesetzliche Vorga-            päischen Parlaments und des Rates über
komplexer und größer ein Molekül wird,       ben, vor allem das Treibhauspotenzial, we-          die Einstufung, Kennzeichnung und Ver-
umso höher liegt der Normalsiedepunkt.       sentlich. Die Suche nach low-GWP-Kälte-             packung von Stoffen und Gemischen
Lediglich die „kleinsten“ Vertreter der      mitteln führt zum Einsatz von neuen Kälte-          zwecks Anpassung an den technischen
Ether und Amine sind als Kältemittel ge-     mitteln.      Durch     chemische      und          und wissenschaftlichen Fortschritt (ABl.
eignet (Dimethylether NSP -23°C und          physikalische Randbedingungen werden                86 vom 28.3.2019)
Ammoniak -33°C). Für Reinstoffe erge-        low-GWP-Kältemittel entwickelt, die hin-      [DGR1]: Richtlinie 2014/68/EU des Europäi-
ben sich somit immer chemische bzw.          sichtlich ihrer Eigenschaften neu zu bewer-         schen Parlaments und des Rates vom
physikalische Grenzen auf der Suche          ten sind (Brennbarkeit, Drucklage und               15. Mai 2014 zur Harmonisierung der
nach dem optimalen Kältemittel.              Temperaturgleit). GWP- Werte unter 300              Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
    Die Beeinflussung der Stoffeigen-        führen praktisch immer zu Kältemitteln,             über die Bereitstellung von Druckgeräten
schaften durch Mischung der Kompo-           die brennbar sind. Ausnahmen sind Was-              auf dem Markt (ABl. 189 vom 27.6.2014)

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WISSENSCHAFT
KÄLTEMITTEL

      [GHS1]: Globally Harmonized System of                Amendment 1, ISO International Organiza-           of new refrigerants, Proc. Int. Congr. Refri-
      Classification and Labelling of Chemicals            tion for Standardization, Geneva, 2017             geration, Montréal, 2019, 14-28
      (GHS), 8th revised edition, United Nations,    [ISO3]: ISO 817:2014 DAM 2:2019 [E] Refrige-       [ProdSG]: Gesetz über die Bereitstellung von
      New York – Genf; 2019                                rants – Designation and safety classifica-         Produkten auf dem Markt (Produktsicher-
[FGAS1]: Verordnung (EU) Nr. 517/2014 des Eu-              tion Draft Amendment 2, ISO Internatio-            heitsgesetz – ProdSG), (BGBl. I S. 1474
      ropäischen Parlaments und des Rates vom              nal Organization for Standardization, Ge-          vom 31.82015)
      16. April 2014 über fluorierte Treibhaus-            neva, 2019                                   [TAKIZAWA1]: Takizawa, K.: Challenges of the
      gase und zur Aufhebung der Verordnung          [WMO1]: Global Ozone Research and Monito-                new Landscape of Flammability, Keynote,
      (EG) Nr. 842/2006 (ABl. L 150 vom                    ring Project -Report 52, World Meteorolo-          1st IIR International Conference on the Ap-
      20.5.2014)                                           gical Organization, Genf, 2010                     plication of HFO Refrigerants, Birming-
[ISO1]: ISO 817:2014 Refrigerants – Designation      [MAK1]: Makhnatch, P.; Khodabandeh, R.: The              ham, Sept. 2018
      and safety classification, ISO International         role of environmental metrics (GWP, TE-      [UBA1]: Leitfaden zur Anwendung der CLP-Ver-
      Organization for Standardization, Geneva,            WI, LCCP) in the selection of low GWP ref-         ordnung, Umweltbundesamt, Fachgebiet
      2014                                                 rigerant, Proc. The 6th International Con-         IV 1.1, Dessau-Roßlau; November 2013
[ISO2]: ISO 817:2014/AMnd:2017[E] Refrigerants             ference on Applied Energy, Tape, 2014
      – Designation and safety classification        [MCLINDEN1]: McLinden, M.: Thermodynamics

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Normen und Richtlinien
Prof. Dr.-Ing. Achim Trogisch, HTW Dresden, FB Maschinenbau
Gasbefeuerte Wärmepumpen                             Nutzwasser (falls installiert), der 10 bar         Reinraumtechnik
DIN EN 16905 Bl. 2                                   nicht überschreitet.
                                                                                                        VDI 2083 Bl. 3 (Entwurf)
                                                     Inhaltlich werden behandelt: Begriffe, Klas-
Titel: Gasbefeuerte endothermische Mo-               sifizierung, Anforderungen an die Gestal-          Titel: Reinraumtechnik – Messtechnik
tor-Wärmepumpen – Teil 2: Sicherheit                 tung, betriebliche Anforderungen, Prüfver-         veröffentl.: 02/2020
(deutsche Fassung), veröffentl.: 03/2020             fahren, Risikobewertung, Kennzeichnung             Einsprüche bis 31.07.2020
                                                     und Anweisungen.
Die Norm legt die Anforderungen, Prüfver-            Die normativen Anhänge B bis E beinhalten          Der Richtlinienentwurf beschreibt Mess-
fahren und Prüfbedingungen für die Bewer-            Aussagen zu: Motorstartprüfverfahren,              verfahren für Reinräume und die zugehöri-
tung und Leistungsberechnung von Luftkon-            Verfahren zur Prüfung der CO-Konzentrati-          gen Reinraumbereiche, die bei der Überga-
ditionierern und Wärmepumpen mit gasbe-              on, Verfahren zur Prüfung der NOx-Konzen-          be, im Rahmen der Qualifizierung von Neu-
feuerten endothermischen Verdichtern fest,           tration, Verfahren zur Prüfung des Ausfalls        anlagen, der Routinekontrolle und der lau-
die entweder Luft, Wasser oder Sole als              der Energieversorgung.                             fenden Überwachung eingesetzt werden.
Wärmeübertragungsmedium verwenden                    Die informativen Anhänge AF und G bein-            Die beschriebenen Methoden sind speziell
und zur Heizung, Kühlung und der Kälte-              halten Aspekte zu: Berechnung der Um-              auf die Erfordernisse von Reinräumen aus-
technik dienen (als GEHP-System bezeich-             wandlung von NOx, Kennzeichnungsbei-               gerichtet. Er gilt für erstmalige und einma-
net). Sie gilt ausschließlich für GEHP-Syste-        spiel, Beispiele für die NOx-Berechnung.           lige Messungen sowie die fortlaufende
me mit einer maximalen Wärmebelastung                                                                   oder periodische Überwachung. Inhaltlich
von 70 kW (bezogen auf den Heizwert).                Reinraumtechnik                                    werden behandelt: Begriffe, Mess- und
Sie gilt ausschließlich für GEHP-Systeme mit:                                                           Prüfverfahren – Übersicht, Durchführung
■■ endothermischen Gasmotoren, die
                                                     VDI 2083 Bl. 13.3.                                 der Messungen und Prüfungen, Dokumen-
durch vollständig automatisierte Regelun-            (Änderungsentwurf)                                 tation und Mindestanforderungen an das
gen gesteuert werden,                                                                                   Messprotokoll. Der Anhang beschreibt
■■ geschlossenen Kühlkreislaufsystemen,              Titel: Reinraumtechnik – Qualität, Erzeu-          Messgeräte und Messunsicherheiten.
in denen das Kühlmittel nicht direkt mit             gung und Verteilung von Reinstwasser
der zu kühlenden oder zu erwärmenden                 veröffentl.: 02/2020                               TGA
Flüssigkeit in Berührung kommt,                      Einsprüche bis 30.04.2020
■■ einer Temperatur des Wärmeübertra-
                                                                                                        VDI 6210 Bl. 2
gungsmediums im Heizsystem (Heizungs-                Der Änderungsentwurf enthält Änderun-              Titel: Abbruch von baulichen und techni-
wasserkreislauf), die im Normalbetrieb               gen gegenüber der gültigen VDI 2083                schen Anlagen – Arbeiten an technischen
105 °C nicht überschreitet,                          Bl. 13.3 von 10/2010                               Anlagen, veröffentl.: 03/2020
■■ einem höchsten Betriebsdruck:                     Betroffen sind die Abschnitte:                     Die Richtlinie gilt für das Planen, Durchfüh-
1. im Heizungswasserkreislauf (falls instal-         Abschnitt 4, S. 7, Liste, Punkt „Wasser…“,         ren und Nachbereiten von Abbruch und
liert), der 6 bar nicht überschreitet,               Abschnitt 5.6.3, S. 23,                            Rückbau, für das Ausbauen, Bereitstellen
2. Warmwasserbereitungskreislauf für                 Abschnitt 5.7, S. 24 : „wichtiger Hinweis“         und Konditionieren sowie für das Umschla-

56   KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 05 2020                                                                                               www.ki-portal.de
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gen der dabei anfallenden Materialien und     von Schaumlöschanlagen ein Leitfaden für         Anwendungsbereich der Prüfergebnisse.
Abfälle. Sie umfasst die Anforderungen, die   die Planung verschiedener Schaumlöschan-         Der normative Anhang befasst sich mit EOTA
an die anfallenden Materialien für ihre       lagen zur Verfügung gestellt, mit denen ein      TRO26 – Charakterisierung, Aspekte der
Wiederverwendung und die an Abfälle für       wirksamer Schutz bei speziellen Brandge-         Dauerhaftigkeit und werkseigene Produkti-
deren Verwertung oder Beseitigung ge-         fahren erfüllt wird.                             onskontrolle bei reaktiven Materialien, Bau-
stellt werden.                                Inhaltlich werden behandelt: Begriffe,           teilen und Produkten.
Sie gilt für die Demontage oder Austausch     Schaumlöschanlagen, Vorratstanks für             Es wurden 4 redaktionelle Überarbeitungen
einzelner Komponenten der folgenden An-       brennbare Flüssigkeiten, Auffangräume            vorgenommen.
lagengruppen:                                 und Produktionsbereiche, Schaum-Sprink-
■■ Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen,         ler- und Schaum-Sprühflutanlagen, Leicht-        Energieeffizienz – Dämmung
■■ Wärmeversorgungsanlagen,                   schaumlöschanlagen, Be- und Entlade-
■■ lufttechnische Anlagen,                    docks für Seehäfen, Flugzeughangars,             VDI 4610 Bl. 3 (Entwurf)
■■ Starkstromanlagen,                         brennbare Flüssiggase (LNG/LPG), Inbe-           Titel: Energieeffizienz betriebstechnischer
■■ Fernmelde- und informationstechni-         triebnahme, Prüfungen und regelmäßige            Anlagen – Methoden zu Optimierung von
   sche Anlagen,                              Überprüfungen.                                   Dämmsystemen
■■ Förderanlagen,                             Gegenüber der zu ersetzenden Ausgabe             veröffentl.: 08/2019
■■ nutzer-/produktionsspezifische Anlagen,    wurden ca. 3 inhaltliche und redaktionelle       Einsprüche bis 31.01.2020
■■ Gebäude- und Anlagenautomation.            Änderungen vorgenommen.
Inhaltlich werden behandelt: Begriffe, Auf-                                                    Der Richtlinienentwurf gilt für den Wärme-
gaben der Beteiligten, Grundlagen und         Brandmeldeanlagen                                und Kälteschutz an betriebstechnischen
Rahmenbedingungen für Abbruch-/De-                                                             Anlagen in der Industrie und in der Techni-
montageleistungen an technischen Anla-        DIN 14675 Bl. 2                                  schen Gebäudeausrüstung. Es werden so-
gen, Ausführung der Abbruchleistungen,        Titel: Brandmeldeanlagen – Teil 2: Anforde-      wohl die notwendigen mathematischen
Dokumentation. Der Anhang enthält Aus-        rungen an die Fachfirma                          Formeln als auch die erforderlichen Ein-
sagen zu: Mindestanforderungen an eine        veröffentl.: 02/2020                             gangsdaten zur Berechnung von wirt-
Abbruchanweisung bei Arbeiten an bauli-       Ersatz für DIN 14675 Bl. 2 von 04/2018           schaftlichen Dämmschichten behandelt.
chen und technischen Anlagen.                                                                  Inhaltlich werden behandelt: thermische
                                              Die Richtlinie legt die Anforderungen für den    Verluste von Anlagen, Gesamtkosten von
TGA – Produktdatenaustausch                   Nachweis der Verantwortlichkeit und Kom-         Dämmungen, Auslegung von Dämmschicht-
                                              petenz für Fachfirmen zur Planung, Projektie-    dicken nach wirtschaftlichen Gesichtspunk-
VDI 3805 Bl. 5                                rung, Montage, Inbetriebnahme, Abnahme           ten, Auslegung von Dämmsystemen nach
Titel: Produktdatenaustausch in der techni-   und Instandhaltung von Brandmelde- und           wirtschaftlichen Gesichtspunkten, Rohrhal-
schen Gebäudeausrüstung – Luftdurchlässe      Sprachalarmierungsanlagen fest.                  terungen als Beispiel für thermisch opti-
veröffentl.: 03/2020                          Inhaltlich werden behandelt: Phasen für den      mierte Anlagenteile. Der Anhang enthält
                                              Aufbau und Betrieb von Brandmeldeanlagen,        Kenndaten eingesetzter Energieträger.
Die Richtlinie regelt den Produktdatenaus-    Nachweis der Fachkompetenz einer Firma,
tausch im rechnergestützten Planungspro-      Überprüfungskriterien.                           PV-Anlagen
zess innerhalb der TGA für den Produktbe-
reich „Luftdurchlässe“ und Zubehör auf der    Brandschutz
                                                                                               VDI 2883 Bl. 1
Basis der Richtlinie VDI 3805 Bl. 1.                                                           Titel: Instandhaltung von PV-Anlagen –
Inhaltlich werden beschrieben: Begriffe,      DIN EN 1366 Bl.12                                Grundlagen veröffentl.: 01/2020
Produktstruktur, Datensatzaufbau, Anwen-      Titel: Feuerwiderstandsprüfungen für Ins-
dungsbeispiel.                                tallationen – Teil 12: Nichtmetallische          Diese Norm behandelt die Instandhaltung
                                              Brandschutzverschlüsse für Lüftungsleitun-       von netzgekoppelten PV-Anlagen. Sie gibt
Brandschutz –                                 gen (deutsche Fassung)                           Hinweise zu Wartung, Inspektion, Instand-
                                              veröffentl.: 01/2020                             setzung, Prüfung, Dokumentation und Er-
Brandbekämpfungsanlagen
                                              Ersatz für DIN EN 1366 Bl. 12 von 12/2014        satzteilhaltung.
DIN EN 13565 Bl. 2                                                                             Die Richtlinie gibt vor, welche Instandhal-
                                              Die Norm legt ein Verfahren zur Bestimmung       tungsmaßnahmen in Verbindung mit einem
Titel: Ortsfeste Brandbekämpfungsanlagen      der Feuerwiderstandsdauer von nichtme-           individuell ausgearbeiteten Instandhaltungs-
– Schaumlöschanlagen – Bl. 2: Planung,        chanischen Brandschutzverschlüssen fest,         konzept ganzheitlich, sicher, wirtschaftlich
Einbau und Wartung (deutsche Fassung)         die in feuerwiderstandsfähigen raumab-           und effektiv durchgeführt werden sollten.
veröffentl.: 03/2020                          schließenden Bauteilen eingebaut sind und        Inhaltlich werden behandelt: Begriffe, Vorr-
Ersatz für DIN EN 13565 Bl. 2 von 12/2018     dafür vorgesehen sind, Wärme und dem             aussetzungen zur Instandhaltung – Grundla-
                                              Durchtritt von Rauch und Gasen bei hohen         gen, Instandhaltung, Fristen zur Wartung
Die Norm legt die Anforderungen an die        Temperaturen standzuhalten.                      und Prüfung, Ersatzteile, Dokumentation der
Planung, den Einbau, die Prüfung und War-     Die Norm ist nicht geeignet für die Prüfung      Instandhaltung, Personal und Qualifikation.
tung von Schwer-, Mittel- und Leicht-         von Brandschutzklappen.                          Die Anhänge A bis C enthalten: Beispiele für
schaumlöschanlagen fest und beschreibt        Behandelt werden: Begriffe, Prüfgeräte, Prüf-    Montage- und Installationsfehler, mögliche
die diesbezüglichen Verfahren.                bedingungen, Probekörper, Einbau des Pro-        Ursachen für Fehlermeldungen, Protokolle-
Mit dieser Norm wird Personen mit Kennt-      bekörpers, Anwendung von Messeinrichtun-         Beispiele.
nissen und Erfahrungen bei der Auswahl        gen, Leistungskriterien, Prüfbericht, direkter

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