Kidoblick - Er hat die ganze Welt in seiner Hand - Schöpfung bewahren, Umwelt schützen - Bethanien Kinderdörfer
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Die Zeitschrift der Bethanien Kinder- und Jugenddörfer Nr. 54 · 1/2021 kidob kidoblick b lick Er hat die ganze Welt in seiner Hand – Schöpfung bewahren, Umwelt schützen Schwalmtal: Was summt denn da? Bergisch Gladbach: Nachhaltiger leben – Wann, wenn nicht jetzt? Eltville: Weitergeben statt Wegwerfen Dominikanerinnen: Fenstersanierung – Ein neuer Blick
2 Herzlich Willkommen Liebe Leserinnen und Leser, Inhalt Wer Kindern hilft, die Schöpfung zu bewahren, baut Brücken in die Zukunft 3 Zwischen Himmel und Erde Die Schöpfung ist nach unserer christlichen Vorstellung ein von Gott gemachtes heiliges Werk. Dieses Werk ist 4 Titelthema uns Menschen übergeben mit dem Auftrag, es zu schüt- zen und zu bewahren. Alle Teile der Schöpfung sind Er hat die ganze Welt in seiner wertvoll und dürfen nicht zerstört werden, weil wir damit Hand den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Wir erleben heute, dass die Kinder und Jugendlichen die besseren Klima- – Schöpfung bewahren, Umwelt schützer und die aufmerksameren Naturschützer sind, schützen die uns Erwachsene wachrütteln und darauf aufmerksam machen, wo wir nachlässig und bequem geworden sind. Kinder verstehen, wie wichtig auch die kleinsten Pflanzen und Tiere für unsere Natur sind und 8 Leben und Arbeiten in Bethanien wie fahrlässig die Großen mit dem wertvollen Leben der Natur umgehen. 9 Leben in Schwalmtal Wir in den Kinderdörfern übernehmen Verantwortung für Kinder und Jugend- • Eine Bergtour mit den Kindern liche und unterstützen Familien bei ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag. • Der Nutzgarten im Birkenhaus Wir können den Natur- und Klimaschutz nicht an die Fachleute und Klima- aktivisten delegieren, während wir uns auf die Aufgabe der sozialen Integra- 12 Leben in Bergisch Gladbach tion von benachteiligten Kindern und Jugendlichen konzentrieren. Nein, wir • Nachhaltiger leben alle müssen uns um den Fortbestand unserer Erde kümmern, nicht zuletzt • Abschied in der Jugendhilfe die Kinder selbst fordern das von uns. Ein „Weitermachen wie bisher“ ist nicht mehr möglich. 15 Leben in Eltville In den Bethanien Kinderdörfern spielt der christliche Glaube eine große • Eine Aktion für die Umwelt: Rolle. Dabei sind die Bemühungen, unsere Kinder vor Gewalt, Ausgrenzung „Unser sauberes Kinderdorf“ und Benachteiligung zu beschützen und der Umweltschutz keine Gegen- • Weitergeben statt Wegwerfen sätze, sondern zwei Seiten einer Medaille. 18 Fachlich Oft sind es kleine Dinge, die jeder tun kann, manchmal sind es auch große • Klimaschutz in den Kinderdörfern Projekte wie eine Solaranlage oder ein Blockheizkraftwerk, die zeigen, was wir dazu beitragen können. 20 Leben bei den Dominikanerinnen In dieser Ausgabe berichten wir von unterschiedlichen Ideen rund um die von Bethanien Bewahrung der Schöpfung. Wir erzählen Geschichten über gemeinsame • Nachhaltigkeit als Programm Projekte für das Klima und die Natur, von eigenen Bienenstöcken bis hin zum • Ein neuer Blick Bau von klimaneutralen Häusern. 22 Persönlich & Das Neueste Und was ist mit der Pandemie, werden Sie, liebe Leser, vielleicht fragen. Ich meine, die ökologische Katastrophe, die unserem Planeten die Luft zum 23 Ihre Hilfe Atmen nimmt, ist eine viel größere Aufgabe. Sie wartet nicht darauf, dass die Pandemie ein Ende hat. Wir müssen uns um beides kümmern. Sie möchten den kidoblick 3 x jährlich kostenfrei lesen? Melden Sie sich an unter 02163 4902-220 oder per Ich freue mich auf diese Ausgabe des Kidoblicks und hoffe, Sie bleiben uns, E-Mail an info@bethanien-kinderdoerfer.de den Kindern und Mitarbeitenden in den Bethanien Kinder- und Jugend- Titelbild: Larissa Stupp, Bergisch Gladbach dörfern weiterhin treue Wegbegleiter. Impressum Herzlichst Herausgeber: Bethanien Kinderdörfer gGmbH Ungerather Straße 1–15 · 41366 Schwalmtal-Waldniel Ihr Fon: 02163 4902-220 · Fax: 02163 4902-230 www.bethanien-kinderdoerfer.de V.i.S.d.P.: Dr. Klaus Esser, Geschäftsführer Redaktion: Daniela Fobbe-Klemm Gestaltung: Ulrike Jasser, Heinsberg Unsere Zeitschrift kidoblick erscheint dreimal jährlich in einer Auflage von 4.500 Exemplaren. Sie wird von den Caritas Werkstätten Köln auf umweltfreundlichem Dr. Klaus Esser, Geschäftsführer Papier gedruckt. Wir verwenden den Begriff Mitarbeitende u.ä., um zu dokumentieren, dass uns Menschen aller Geschlechter und Orientierungen willkommen sind und sich ange- kidoblick Nr. 54 · 1/2021 sprochen fühlen können.
Zwischen Himmel und Erde 3 Das Gefühl von Zugehörigkeit Gerade komme ich von der Eselweide zurück, die sich aufgrund einer nicht enden wollenden Regenzeit Ende Dezem- ber/Anfang Januar in eine Seenlandschaft verwandelt hat. Für unsere beiden Lang- ohren Freddy und Fridolin ist dies keine gute Situation, brauchen sie doch festen Untergrund und viel Bewegung. Auch das tägliche „Abäppeln“, d.h. nötige Absam- meln des Dungs, ist keine Freude. Und dennoch bin ich jetzt sehr erfüllt. Nicht nur, weil die beiden fast Dreijährigen mit großem Interesse zugeschaut haben und am liebsten die Schubkarre selber Tiere wie die beiden Esel Freddy und Fridolin geben ein Gefühl von Zugehörigkeit geschoben hätten, oder weil vor allem (Foto: Thomas Mohn, WWU) Fridolin sich zwischendurch immer wie- der eine Streicheleinheit abgeholt hat. Es zeigt sich das tiefe Gefühl von Zugehö- nem Schoß, genoss den Geruch seiner gehöre – eben nicht in die virtuelle Welt, rigkeit, das im Laufe des gesamten letzten Zigarre und tauchte in seinen auf der die uns so schmackhaft gemacht wird, Jahres unseres Miteinanders immer stär- münsterländischen Landschaft ruhenden aber letztlich kalt und tot ist. ker wurde. Blick ein. Wenn ich mir das Treiben in den Indus- Zugehörig Sein ist ein Wort, das mir fast Und dann sind da jetzt diese beiden trienationen anschaue, sehe ich das besser gefällt, als Beheimatet Sein. Wie Poitou-Esel mit ihrer wachen Präsenz Gebaren einer Kultur, die die natürliche oft fühle ich mich inmitten von Menschen und Lebendigkeit. Mit-Welt ebenso wie die Nach-Welt und eben nicht dazugehörig, eher abgeschnit- ten, unbeteiligt; auch wenn es sich um Wenn Sie diese Übung einmal im Freun- die sogenannte Dritte Welt lediglich als sympathische Zeitgenossinnen und Freun- des- oder Familienkreis machen, können Ressourcenlager betrachtet; so als seien de handelt. Auf mich allein zurückge- sehr beeindruckende Konstellationen ent- wir hier mit nichts und niemandem ver- worfen und teilnahmslos. In der Natur stehen. Wenn Sie nach der inneren Ein- wandt. geschieht mir dies selten. kehr dazu einladen, Menschen und Tiere Papst Franziskus schreibt in seiner Enzy- zu nennen und jeweils rechts und links klika „Laudato Si“ von unserem gemein- Eine kleine Übung: neben sich setzen zu lassen, können Sie samen Haus, das wie eine Schwester ist: Schließen Sie einmal die Augen und plötzlich ein vor Lebendigkeit strotzen- gehen in der Stille der Frage nach: des Miteinander von Alten und Jungen, „Diese Schwester schreit auf wegen des Männern und Frauen, Hunden, Kühen und Schadens, den wir ihr aufgrund des unver- Welcher Mensch und welches Tier (!) Wellensittichen anschauen. antwortlichen Gebrauchs und des Miss- haben mir in meinem Leben immer wieder brauchs der Güter zufügen, die Gott in das Gefühl von Zugehörigkeit vermittelt? All diese Lebewesen machen mich zu sie hineingelegt hat.“ (LS 2) Sammeln Sie einmal Erfahrungen und Bil- dem, der ich bin! Schaffen es, mich aus der in Ihrer Seele von innigem Miteinan- einem Isoliert-Sein zu locken! Es wird höchste Zeit, unsere Beheima- der, das sich ohne viele Worte ereignete. tung auf dieser Erde in Solidarität mit all Ja, es sind eben nicht nur liebenswerte ihren Bewohnern und Bewohnerinnen neu Bei mir taucht immer wieder mein Groß- Menschen, die dafür sorgen. Es sind die zu begreifen und zu leben. vater auf: Ein von der Landwirtschaft geschuppten, gefiederten und wunder- geprägter stiller Mann mit unfassbar gro- bar bepelzten Repräsentantinnen der Rainer Hagencord, Institut für ßen Händen. Als Kind saß ich oft auf sei- natürlichen Mit-Welt, zu der auch ich Theologische Zoologie e. V, Münster kidoblick Nr. 54 · 1/2021
4 Titelthema Wer summt denn da? Wer bei einer Kinderdorffamilie zu Besuch ist, stellt schnell fest, dass es nicht nur im Haus ein emsiges und bun- tes Treiben gibt. Auch im Garten geht es trubelig und vielfältig zu. Wer da so alles unterwegs ist? Kommt einfach mal mit zu einem Rundgang durch den Linden- hausgarten. Herzlich willkommen! Aber Vorsicht – bitte nicht am Klangspiel vor der Haustür läuten. Dort haben sich die Mauerbienen in den Klangröhren eingenistet und schon- mal ihre Eier für das nächste Frühjahr gelegt. Und weil das ja niemand wissen kann, hat unser Philip gleich mal ein großes Hinweisschild gemalt. Gehen wir doch durchs Gartentor. Rechts an der Hauswand befinden sich mehrere Nistkästen in verschiedenen Formen und Größen, sodass Meise, Spatz, Zaunkönig und Amsel auch jeweils einen passenden Schuppen. Hier übernachten unsere hentlich nicht ins Nest, sondern auf den Nistplatz finden. Gerade zwei Stunden Hähne Michel und Polly. Dort kann man Boden gelegt wurde. hing der Nistkasten neben der Haustür, nachts Fenster und Türen schließen – wer Wenden wir uns auf die andere Seite des bis im Frühling Familie Blaumeise einzog möchte schon von einem motivierten Hauses, stehen wir vor dem Hochbeet. – und so eifrig ein Nest baute, dass der Hahn morgens um vier Uhr durch laut- Hier werden Kartoffeln, Salat und Kräuter Verschluss aufging und alles hinaus zu starkes Krähen geweckt werden? angepflanzt. Und Erdbeeren, der Hühner purzeln drohte. Unter den beobachten- Gehen wir weiter, erreichen wir den Hüh- wegen unter Folie, denn Hühner teilen den Blicken der Meisen wurde schnell nerstall. Hier schlafen Michels neun Hen- sehr ungern. alles repariert. nen, bis sie morgens gemeinsam nach Gegenüber, am großen Blutahorn, befin- Rechts, direkt am Haus, wachsen unge- draußen dürfen, nach Futter scharren und det sich der Eichhörnchenfutterkasten. füllte Rosen, Lavendel und Beinwell. Ein im Garten die Schnecken entfernen. Alle Hier gibt es im Winter Nüsse und Samen. Festmahl für Hummeln im Sommer. Kaum Hühner haben Namen, jedem Kind im Lin- Gleich obendrüber, im Baumwipfel, thront sind die ersten Blüten des Beinwells denhaus gehört mindestens ein Huhn. Da der Eichhörnchenkobel. Aber Familie Eich- geöffnet, beginnt ein emsiges Gesumme, wissen wir, woher unsere Eier kommen. horn hatte Pech, die Kohlmeisen waren Nur den Streit beim Sonntagsfrühstück, das erst wieder verstummt, wenn auch ihnen zuvorgekommen. Warum? Der Mei- wer welches Ei gelegt hat und wer es des- die letzte Pflanze verblüht ist. Aber dann senkasten war von den Wespen besetzt wegen essen darf, den haben andere ist da ja noch der Klee auf der Wiese und worden, da brauchte es eine Alternative. Familien wohl nicht. Bei uns wird kein an der alten Backsteinmauer Klatsch- Zunächst argwöhnisch an der Schuppen- Huhn geschlachtet, wenn es zu alt zum mohn, Kornblumen, Wegwarte und Kamil- wand von uns beäugt, schafften es dann Eierlegen ist. Denn zum Schneckenfressen le. Mittlerweile hat jedes Kind gelernt, Mensch und Wespe, friedlich den Garten und Mücken fangen wird man nie zu alt. dass es besser Gartenschuhe anziehen im Sommer zu teilen. Direkt neben dem Hühnerstall im Laub- sollte, bevor es im Sommer über die Klee- Vorbei an der Vogeltränke und dem Fle- haufen überwintert gerade „Mr. Sniff“. wiese läuft. dermauskasten hoch oben unter dem Jeden Abend war der Igel bis zum Herbst Und den Rasenmäher? Den brauchen wir Dach, Aprikosen-, Mispel-, Quitten-, Sand- durch den Garten gewuselt, hatte den ein zweimal im Jahr. Den Rest erledigen die dorn- und anderen Bäumen und Büschen oder anderen Regenwurm verputzt und Meerschweinchen. Morgens, bevor die mit essbaren Früchten kommen wir zum auch so manches Hühnerei, dass verse- Kinder zum Kindergarten gehen, werden kidoblick Nr. 54 · 1/2021
Titelthema 5 sie aus dem Stall gelassen und dürfen weiß ganz genau, dass es um 19 Uhr zur auch der Olivenbaum und der Wein tragen dann frei im Garten laufen. Gerade im Fütterungszeit zurück im Stall sein muss. regelmäßig viele Früchte. Nun bleibt uns Frühling, wenn das Gras jenseits des Zau- Durch die Wärme der alten Backsteinmau- nur, durch die Hintertür wieder ins Haus nes auf dem Spielplatz schon viel grüner er gedeihen in ihrer Nähe sehr gut wärme- zu gehen, bis zur nächsten Beobachtungs- ist, als im Garten, schlüpfen die mutig- liebende Pflanzen, der Feigenbaum über- tour durch den Lindenhausgarten. sten unter ihnen schon mal durch den rascht uns jedes Jahr bis in den Dezember Katharina Kalla, Zaun. Aber keine Sorge, jedes einzelne hinein mit zahlreichen saftigen Feigen, Kinderdorfmutter Lindenhaus Das BVkE Projekt „Naturschutz in der Kinder- und Jugendhilfe!“ Der BVkE hat sich in Zusammenarbeit mit Führungskräfte der Kinder- und Jugend- einfließen. So werden Themenvorschläge dem Bundesamt für Naturschutz zur Auf- hilfeeinrichtung in standortnahen Öko- und Wünsche zur Umsetzung der Kam- gabe gemacht, Kindern und Jugendlichen systemen geschult und praktisch einge- pagne von Jugendlichen aufgegriffen. aus Einrichtungen der Jugendhilfe im setzt. Daraus sollen nicht nur Erfahrungen Sie lernen, dass jeder einen individuellen Rahmen von „Waldwochen“ die konkreten und Erkenntnisse für die Beteiligten ent- Beitrag leisten, von der Natur lernen, Natur Aufgaben des Naturschutzes praktisch stehen. Es soll in den Einrichtungen zu erleben und nach den Leitlinien des Natur- zu vermitteln und erlebbar zu machen. einem Umdenken führen, wie sehr wir alle schutzes handeln kann. Mitarbeitenden des Bergwaldprojektes uns im alltäglichen Handeln an Ökologie „Das Klima ist ein gemeinschaftliches Gut (www.bergwaldprojekt.de) vermitteln den und Klimaschutz beteiligen können. von allen und für alle.“ Dies betonte Papst Teilnehmenden den Natur- und Klima- Den Kindern und Jugendlichen wird ver- Franziskus 2015 in seiner Enzyklika ‚Lau- schutz durch die unmittelbare Mitarbeit im mittelt, wie sie für ihr Recht auf eine dato Si‘, in der er auch den Handlungs- Wald z.B. im Bereich von Anpflanzung und gesunde Umwelt eintreten können. Im bedarf im Kampf gegen den Verlust der Aufforstung. Bislang gibt es noch kaum Projekt wird den Teilnehmern über die biologischen Vielfalt thematisiert. Auch Berührungspunkte zwischen den Syste- Social-Media-Kanäle die Möglichkeit das Bundesamt für Naturschutz betont, men Kinder- und Jugendhilfe und Natur- gegeben, mit Bild- und Video material dass im Rahmen ökologischer Ansätze die schutz. Das soll sich nun ändern. aus den Projektstandorten zu berichten. Komponente der sozialen Gerechtigkeit In den einwöchigen Waldwochen werden Diese Beteiligung von Jugendlichen wird immer mit bedacht werden muss. pädagogische Fachkräfte, Jugendliche und auch in die jährliche Kampagnenarbeit Dr. Klaus Esser, BVkE-Vorsitzender kidoblick Nr. 54 · 1/2021
6 Titelthema Was man kennt und liebt, das schützt man Waldgruppe als wöchentliches Angebot Seit fast zwei Jahren gibt es im Bethanien Mit Spielen und Suchaufgaben fördern Kinderdorf Bergisch Gladbach die Wald- wir die Neugierde und Beobachtungs- gruppe. Jeden Montag ziehen die Kin- gabe der Kinder. Da gibt es Lupen, die der mit Astrid Westerboer, der Leiterin die kleinen Käfer groß werden lassen. des Pädagogischen Fachdienstes, in den Wasserprobenröhrchen, in denen auch Wald und entdecken dort die Natur. das kleinste Lebewesen im Flehbach zum Vorschein kommt. Uns ist es wichtig, dass die Kinder Fra- gen stellen dürfen. Sie sollen Spaß haben und den Wald lieben und schätzen ler- nen. Nur was man kennt und liebt, schützt man auch. Spielerisch lernen sie, dass die „ach so ekligen“ Krabbeltiere nützlich sind. Wie der Ruf der Eule oder des Eichelhähers klingt. Welche Tiere eher in der Dämme- rung oder im Dunkeln hervorkommen, wie etwa die Fledermäuse. Sie wissen heute, wie man sich im Wald orientiert. Der Lebensraum Wald hat dank der Wald- gruppe seinen Schrecken verloren. Im Gegenteil, er ist Spielplatz und damit vielleicht auch später ein Ort, an den die Wenn wir zum Schluss noch in den Bach Kinder gerne zurückkehren, um die Natur gehen und dort sehen, wie sich die Libel- zu genießen. lenlarve entwickelt hat und dass es Mit Gummistiefeln und Regenhose gegen einfach Spaß macht, durch den glit - alles gewappnet, trifft sich die Gruppe Unser Ziel ist es, dass die Kinder Verant- schigen Untergrund zu rutschen, war es jeden Montag am Karussell. Was ist heute wortung übernehmen für ihr Tun und für wieder eine gelungene Walderfahrung im Rucksack? Was machen wir? Wir erle- die Umwelt. Sie sammeln Müll, hängen für die Kinder. Sie haben nicht nur für ihr ben jeden Montag den Wald so, wie er an Vogelfutter auf und säen Wildblumen. Leben, sondern auch für das Leben im diesem Tag ist. Kalt oder warm, nass oder Sie merken, dass sie mit verantwortlich Einklang mit der Natur etwas gelernt. trocken. Gibt es heute Pilze zu entdecken sind und Einfluss nehmen können auf oder neue Spuren von Tieren? Was die das Wohlergehen des Waldes und seiner Astrid Westerboer, Kinder finden, steht im Mittelpunkt. Bewohner. Pädagogischer Fachdienst Wie kam es zur Waldgruppe? Im Frühsommer 2019 startete das Kinderdorf Bergisch Gladbach gemeinsam mit der „Bergischen Agentur für Kulturland- schaft“ (BAK) und der Biologischen Station Rhein-Berg/Oberberg ein neues Projekt: „Den Wald schätzen und lieben ler- nen, um ihn selbst zu schützen“. Eine Umweltpädagogin, die von der BAK finanziert wurde, begleitete Astrid Westerboer und die Kinder ein Jahr lang bei ihren Streifzügen. Eigentlich sollte das Projekt mit einem Mikrofotografie-Shooting enden, das die Firma Pixum finanzieren wollte. Leider kam es bedingt durch Corona nicht mehr dazu. Denn für die Kinder wäre es sicher toll gewesen, die große Welt der kleinen Krabbler im Waldboden oder auf den Blättern in stark vergrößerten Fotos festhalten zu können. Seit Frühjahr 2020 läuft die Waldgruppe als reguläres Angebot des PäF weiter. kidoblick Nr. 54 · 1/2021
Titelthema 7 Die Natur als vielfältige Schöpfung wahrnehmen und bewahren Mit unseren beiden Naturerlebnis-Grup- Leider stoßen wir bei unseren Abenteu- pen sind wir jede Woche in einem anderen ern immer wieder auf achtlos entsorgten Gebiet unterwegs. Orte, die besonders Müll. Deshalb gehört der leere Müllbeutel beliebt sind, besuchen wir auch mehrere mittlerweile genauso zu unserer Ausrüs- Male. Die Kids nehmen jede Veränderung tung wie Taschenmesser, Lampe und Kletter- wahr, werden ganz zu Forschern und Ent- seil. Zu unserer Freude begegnen wir ab deckern: und an, tief in den Wäldern, Gleichgesinn- ten. Dann werden Informationen über Waren diese Spuren letztes Mal auch geheime Orte ausgetauscht oder von schon da? Hat jemand unsere Waldhütte spannenden Begegnungen erzählt. Alte weitergebaut? Ruinen, verlassene Behausungen und Meistens zieht es uns in den Wald. Bei sehenswerte Objekte sind besonders diesen ca. dreistündigen Aktivitäten geht attraktiv, aber leider oft unzugänglich. Wir es weniger ums Spazierengehen, sondern klettern über keinen Zaun und öffnen eher darum, abseits der Wege Neues zu keine verschlossenen Türen, denn wir entdecken, auf ein Abenteuer aus zu sein respektieren das Eigentum anderer. und Naturprozesse wahrzunehmen. Dabei Jeder, der mit uns unterwegs ist, ent - ist kein Berg zu hoch, kein Bach zu breit sie nur, wenn es sicher ist. Ein kleines wickelt schnell ein Bewusstsein dafür, und keine Höhle zu gruselig. Team erfahrener Natur-Experten begeht Dinge zu erhalten und für die Zukunft zu Achtsamkeit gegenüber allen Geschöpfen die Höhle als erstes und prüft Stabilität, bewahren. Das liegt daran, dass die Zei- zu entwickeln, ist ein wichtiges Ziel bei Zugänglichkeit und, ob die Höhle unbe- chen des Klimawandels besonders im unseren Ausflügen. Wir sind nur kurzfristi- wohnt ist. Dann wird die Höhle nur in klei- Wald einfach nicht zu leugnen sind. Die ge Gäste, die sich unter jahrhundertealten nen Gruppen betreten. Dabei weiß jeder Bäume ächzen unter der anhaltenden Bewohnern aufhalten, und verhalten uns genau, wie er sich im Inneren zu verhalten Erderwärmung, das kann man beinah mit dementsprechend respektvoll. Wir reißen hat. Wir sind stolz darauf, dass wir noch allen Sinnen spüren, wenn man sich durch zum Beispiel nicht wahllos aus Eigennutz nie ein Tier aufgeschreckt haben. Gerade den Wald bewegt. Man möchte helfen und Äste von lebendigen Bäumen aus oder die vom Aussterben bedrohten, empfind- nicht eine zusätzliche Belastung sein. treten vor Ekel Insekten platt. Bei Höhlen lichen Fledermäuse gilt es bei solchen Es freut mich sehr, dass das Interesse der sind wir besonders vorsichtig und betreten Unternehmungen zu schützen. Kids an dem Naturerlebnis weiterhin so groß ist. Man kann die Entwicklung vom neugierigen Naturraum-Neuling zum fort- geschrittenen Natur-Experten innerhalb weniger Monate gut beobachten. Sie bereiten sich für die Ausflüge vor, suchen nach brauchbarer Ausrüstung im Internet und entwickeln Strategien zur Orientie- rung. Viele Kompetenzen sind den Kin- dern und Jugendlichen bereits gegeben und werden im Naturraum ganz selbst- verständlich abgerufen. Die Schöpfung steckt in jedem, man muss sich nur mit allem verbinden und das funktioniert in der Natur ganz ohne WLAN. Johann Banholzer, Pädagogischer Fachdienst kidoblick Nr. 54 · 1/2021
8 Leben und Arbeiten in Bethanien … Muss nur noch kurz die Schöpfung retten … Papst Franziskus fordert in seiner Enzyklika „Laudato si“ Mensch hat eine besondere Würde und einen besonderen alle Menschen auf sich für den Schutz und den Erhalt unse- Auftrag bekommen. Er trägt die Verantwortung für diese rer Erde stark zu machen. Erde. Es geht nicht nur darum die Schöpfung zu respektieren, Diese Aufforderung ist begründet in den Schöpfungserzäh- sondern auch dafür zu sorgen, dass die Erde, unser Lebens- lungen der Bibel. Alles, was auf dieser Erde geschaffen wurde raum, lebenswert bleibt. Eine dringende, aber auch spannen- und noch geschaffen wird, ist ein Geschenk Gottes und weil de Aufgabe, bei der wir Sie und Euch mit ein paar Tipps und es von einem Schöpfer kommt, miteinander verbunden. Der Anregungen unterstützen möchten. Tipps für nachhaltiges Leben Upcycling z.B. aus alten T-Shirts ohne Nähmaschine eine Einkaufstasche machen: https://www.youtube.com/watch?v=sEFFqpizW64 Weitere Ideen Upcycling Upcycling („Wiederverwertung“): Abfallprodukte oder (scheinbar) nutzlose Stoffe werden nicht weg- geworfen, sondern in neuwerti- ge Produkte umgewandelt. Die Wiederverwertung oder Nachnut- zung von bereits vorhandenem Material reduziert die Verwen- dung von Rohstoffen. Kosmetik selber machen Tipp des Jahres: www.smarticular.net iern Den Sonntag fe Hier gibt es verschiedene Rubriken (z.B. Körperpflege) mit vielen Rezepten und e an de n en Go tt es di en st Ideen. Wenn wir z.B. Haarpflegemittel oder Seife Di e re ge lm äß ig id er aus oder n zurzeit le selbst machen, vermeiden wir einerseits Plastik- Sonntagen falle ns ch af t mit nur rer Gemei verpackungen und andererseits die Mikroplastikpartikel, die in den finden in kleine n statt. wenigen Häuser meisten Kosmetika drin sind. Mikroplastik ist schlecht für die Umwelt und am Sonn- och Lust haben, schlecht für uns, weil sie durch die Poren in unsere Körper wandern und Für alle, die denn nn lic he n iö se n od er be si ta g ei ne n re lig e Referen- sich anhäufen können. alten, bereiten di Moment zu gest menskul- anische Unterneh Trockenshampoo: 2 EL Maisstärke, 1 TL Natronpulver, 1 TL echter Kakao tinnen für Beth e eine kleine m Wochenend (dunkles Haar) oder Zimt (rötliches Haar) tur jeweils vor de Ak tio n vor, den puls, eine Andacht, einen Im Vorberei- Alle Zutaten durch ein feines Sieb geben und in einem luftdichten Behäl- uppen mit wenig die Häuser und Gr d Jugend- mit den Kindern un ter aufbewahren. Anwendung kopfüber in den Haaransatz einmassieren tung und Aufwand nn en. durchführen kö und ausbürsten. lichen gemeinsam kidoblick Nr. 54 · 1/2021
Leben in Schwalmtal 9 Der Schöpfung so nah Eine Bergtour mit den Kindern Kindern und Jugendlichen die Natur näher umkehren und einen sichereren Weg zu bringen und ihnen Erlebnisse zu suchen. Mit und in der Natur gemeinsam ermöglichen, bei denen sie die Schöp- verborgene Kräftereserven aktivieren und fung direkt und möglichst unverfälscht sich gegenseitig motivieren, nicht aufzu- spüren können, war eines unserer Ziele, geben, dennoch die eigenen Grenzen wahr- als mein Mann und ich uns im Sommer zunehmen und zu akzeptieren. Genauso, 2019 mit unseren fünf Mädels im Alter wie die Grenzen der anderen zu tolerieren zwischen elf und 14 Jahren auf eine zehn- und sich in Rücksichtnahme zu üben. All tägige Hüttentour in Österreich begaben. dies waren bereichernde und erfüllende Neben dem tief empfundenen Gemein- Erfahrungen, die wir gemeinsam machen schaftsgefühl kann ich auf viele Erleb- durften. Die Natur, ja die Schöpfung Gottes, nisse zurückschauen, bei denen ich erfah- kam uns Tag für Tag näher und schien bei ren durfte, wie sehr unsere Jugendlichen jedem auf seine Weise innere Prozesse angerührt waren von der Bergwelt und anzuregen. Es gab viele tiefgreifende den kleinen Wundern, die uns am Weg- Gespräche und weise Erkenntnisse, rand täglich begegneten. genauso wie ausgelassene Spiele, fröh- liches Singen und alberne Raufereien. Manchmal wanderten wir über längere Es war so, als würden alle Sinne geschärft Zeiten schweigend durch die fast unbe- und unsere Wahrnehmung irgendwie rührte Natur. Doch dieses Schweigen war farbiger, fröhlicher und klarer. Trotz gefüllt von einer offenen Freude an dem anstrengender Wandertage, Grenzer- Erleben, was man in den glänzenden fahrungen und kleinerer körperlicher Augen der Mädchen erkennen konnte. Wehwehchen war es wie Auftanken der Unterbrochen wurde dieses stumme Seelen. Erleben immer wieder durch Rufe der Freude und des Erstaunens über eine besondere Blume, einen besonders schö- nen Himmel oder auch ein kleines Tier, was entdeckt wurde. Stolz wurden Gipfel erklettert und voller Freude und Ausgelas- senheit in eiskalten Bergseen geplantscht. Die Weite auf dem Berg aber auch die Enge in Schluchten wurde nachempfun- den. Mühsam ein steiler Weg erklommen Es ist kaum zu glauben, aber das meist und vorsichtig der Weg hinunter ertastet. nicht zu nutzende Handy (auf den wenigs- Die Sonne, die gestern noch angenehm ten Hütten hat man Netz), der fehlende warm ein Lied auf die Lippen gezaubert Computer und nicht vorhandene Fernse- hatte, quälte am nächsten Tag mit zu her wurden nicht vermisst. Was wirk- warmen Strahlen, die einen fast zum Auf- lich für genießerischem Freudentaumel geben zwangen. Zunächst als Abkühlung sorgte, war nach Tagen die erste warme bejubelt, wurde der Regen am Ende einer Dusche, auch wenn diese warme Wasser- langen Wandertour zur Qual und machte quelle leider schon nach 3 Minuten ver- den letzten, steilen Anstieg zur Matsch- siegte. Auch schmeckt ein deftiges Ber- rutschpartie. Wir alle spürten immer wie- gessen mit einer Maß mit Bergwasser der die Gewalt der Natur, ihre Kraft und oben auf der Berghütte wohl nie so gut, auch ihre bezaubernde Wirkung. wie nach einer achtstündigen Wanderung: Leben pur – in der Natur. Beim Klettern lernten wir Respekt und Hochachtung. Manchmal hieß es auch, Nicole Kommer, Kinderdorfmutter kidoblick Nr. 54 · 1/2021
10 Leben in Schwalmtal Nachhaltigkeit bei uns im Bethanien Kinderdorf Schwalmtal Zu klein, zu krumm, zu viel: Überall in Deutschland werden det. Durch die kleine „Eingangsgeschichte“ wird schon jeden Tag große Mengen an Lebensmitteln vernichtet, deutlich, wie wir im Kinderdorf in Schwalmtal versuchen, obwohl ihr Zustand einwandfrei ist. Ressourcen zu schonen und auch Lebensmittel zu nutzen, die im ersten Moment nicht mehr so gut aussehen – aber Ich erinnere mich noch gut an meine erste Wochenend- an Geschmack nichts verloren haben. bereitschaft im Kinderdorf. Damals war ich als Erziehungs- leiterin tätig und samstagsmittags klingelte mein Dienst- Ich weiß, dass Frau Altevers und Frau Kauven damals alle handy – ein Abschleppdienst aus der Region meldete sich. Tomaten im gesamten Kinderdorf verteilt haben und es Zunächst war ich ziemlich erschrocken, dachte ich – Mitar- wurde Tomatensoße, Tomatensuppe, Tomatensalat, usw. in beitenden oder Kindern/Jugendlichen sei etwas passiert. allen Gruppen und Familien gekocht und zubereitet, sodass NEIN, zum Glück war es ganz anders. wir lange von diesem Tomatenunfall zehren konnten. Ein LKW hatte einen Unfall und hier waren viele Tomaten Im Bethanien Kinderdorf in Schwalmtal erhalten wir seit vom Wagen gefallen, die so nun nicht mehr eingesetzt und langer Zeit Spenden von Aldi und Kamps. Aldi wird allen ein verkauft werden konnten. Der Abschleppdienst wollte Begriff sein, Kamps ist eine große Bäckereikette, die in wissen, ob das Kinderdorf damit etwas anfangen könnte Waldniel im Gewerbegebiet ansässig ist. und ja klar … mir kam direkt Marlene Altevers in den Sinn. Eine unserer damaligen Kinderdorfmütter, bei der ich mir Beide Warenhäuser bedenken das Kinderdorf nun seit mehr sehr sicher war, dass sie eine Idee dazu haben könnte. als 10 Jahren mit regelmäßigen Lebensmittelspenden. Unzählige Nahrungs- und Genussmittel haben wir von dort Und genauso war es. Frau Altevers fuhr umgehend mit erhalten und ja, dass ist nachhaltig. Maike Kauven, eine ihrer Mitarbeiterinnen mit zwei Bullis zur Unfallstelle und lud so viele Tomaten ein, wie es ging. 2x wöchentlich fahren unterschiedliche Teams bei Aldi und Ganz egal, ob matschig oder nicht. Kamps vorbei und dürfen all diese Leckereien und Köstlich- keiten für unser Kinderdorf abholen. Lebensmittel spenden – Ressourcen Das entlastet das Haushaltsgeld unserer Wohngruppe und schonen Kinderdorffamilien dauerhaft. Unsere Kinder und Jugend- lichen lernen, dass es sich lohnt, keine Lebensmittel zu Durch das Wegwerfen von Lebensmitteln werden wertvolle verschwenden und die Lebensmittelhändler freuen sich, Ressourcen wie Wasser, Energie und Boden und nicht zuletzt dass sie die Ware nicht wegwerfen müssen. die Arbeit, welche die Menschen für Erzeugung, Verarbei- tung und Transport aufgewendet haben, sinnlos verschwen- Julia Bartkowski, Kinderdorfleiterin Unsere ehemalige Kinderdorfmutter Marlene Altevers beim Ausladen Sr. Wilma und Melisa beim Abholen der Kamps-Spende kidoblick Nr. 54 · 1/2021
Leben in Schwalmtal 11 Der Nutzgarten im Birkenhaus Seit einigen Jahren nutzen wir unseren Es ist schön, Erdbeeren, Stachelbeeren Garten nicht nur zum Spielen. Wir haben und Himbeeren direkt vom Strauch zu uns ein Gewächshaus gebaut, haben essen. ein Hochbeet und nutzen unseren Sicht- schutz, um Bohnen daran ranken zu las- Das alles ist mit Arbeit verbunden, es sen. Es wird uns immer wichtiger, den macht aber auch Spaß und wir freuen uns Kindern zu zeigen, wo unser Gemüse her- über das Ergebnis und darüber sagen zu kommt und wie es wächst. Dass es nicht können, diese lila Kartoffeln haben wir in einfach aus dem Supermarkt kommt. unserem Garten geerntet. Der Blumenkohl sieht zwar nicht so schön aus, wie der Alle helfen mit, sich regelmäßig um die aus dem Supermarkt, schmeckt aber total Pflanzen zu kümmern. Zur Saatzeit stehen gut (vielleicht auch einfach deshalb, weil auf unseren Fensterbänken und in den wir ihn gepflanzt haben). Immer häufiger Wir hoffen, dass neben den tollen Früch- Zimmern einiger Kinder Saatkisten. Die schlagen die Kinder vor, was wir anpflan- ten auch die Erfahrung bleibt, was die Kinder helfen mit, die Pflanzen in den Gar- zen könnten. So sind z.B. ein Mirabellen- Natur alles für uns bereithält. Und das ten umzusetzen. Und dann wird beobach- baum und Kiwano (was vorher auch kei- gilt nicht nur für die Kinder und Jugend- tet, was sich tut. Wächst alles? Bekommen ner kannte) dazu gekommen. Wir konnten lichen, sondern auch für uns Erwachsene. die Pflanzen Blüten? Wir haben sogar schon selbst bestäubt. Wenn sich die auch schon Wassermelonen ernten, was Sabine Hundelt, ersten Früchte zeigen, ist die Freude groß. ein besonderes Highlight war. Erzieherin aus dem Birkenhaus Fleißige Bienchen Kinderdorf so viele verschiedene Blüten- die Bethanische Frühtracht, die beim all- stände gibt. jährlichen Martinsmarkt verkauft werden. Im Kinderdorf versuchen wir, der Natur Um ein Gramm Honig zu produzieren, viel Raum zu geben und sie zu bewah- muss eine Biene 8.000–10.000 Blüten ren. So wurde beispielweise eine große besuchen. Mit dem Nektar fliegt sie dann Wiesenfläche zu einer Wildblumenwiese zurück zu ihrem Stock, hierbei trägt sie bis umgewandelt, um Bienen und andere zu einem Drittel ihres Eigengewichtes an Insekten anzulocken und neuen Lebens- Nektar mit sich. Damit 500 Gramm Honig raum für die Tiere zu schaffen. zustande kommen, ist eine Flugleistung von ca. 120.000 km notwendig. Der posi- Herr Droste, ein Imker aus Willich, hat sie tive Effekt auf die Landwirtschaft und ins Kinderdorf gebracht. Die drei Bienen- unser aller Leben sind bestäubte Blüten, stöcke umfassen insgesamt 180.000 Bie- die dann Früchte tragen. Von der Bestäu- nen. Herr Droste kümmert sich weiterhin bung der Bienen und anderer Insekten um seine Bienen und pflegt sie regelmä- ist etwa ein Drittel unserer Nahrungsmit- ßig. Seit 2017 gibt es im Bethanien Kinder- tel abhängig. dorf Schwalmtal drei Bienenstöcke. Sie Bienen sind dafür zuständig, Blüten zu Umso wichtiger ist es, Bienen Lebens- stehen am Weiher, sodass sie von den bestäuben. Außerdem produzieren die raum zu bieten und so die Bienen und die Kindern gut beobachtet werden können. Bienen wohlschmeckenden Honig. Im Umwelt zu schützen und zu bewahren. Herr Gorißen berichtet, dass er auf die Kinderdorf gibt es zwei verschiedene Sor- Idee mit den Bienenstöcken kam, da es im ten, die Bethanische Sommertracht und Katrin Schwandner, Erziehungsleiterin kidoblick Nr. 54 · 1/2021
12 Leben in Bergisch Gladbach Nachhaltiger leben Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir? Gedanken und Tipps aus der Wohngruppe Haus 9 Eines steht fest: Das Thema des Klima- nicht das, was wir wollen. Sie hat wenig „nachhaltiges Grundlagenkonzept“ ent- wandels und die daraus erwachsende, mit gesellschaftlichem Verantwortungs- werfen und immer weiterentwickeln? drängende Frage nach einem nachhalti- bewusstsein und Engagement zu tun. Visionen wie diese gibt es viele und gen Lebensstil wird so schnell nicht mehr Auch aus pädagogischer Sicht wäre diese natürlich ist es viel Arbeit, sie in die Pra- verschwinden. Nicht aus der gesellschaft- Einstellung wohl kaum vertretbar und xis umzusetzen. Das geht nicht von heute lichen Diskussion, nicht aus der Politik zudem auch ziemlich langweilig. auf morgen und natürlich auch nicht und auch nicht aus unserem alltäglichen Für uns als Kinderdorfgemeinschaften immer so schnell, wie wir es uns wün- Leben. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, sollte vielmehr das Gegenteil gelten – schen würden. Aber wir können heute um nicht zu sagen, offensichtlich, dass volle Kraft voraus in Richtung einer schon anfangen und mit vollem Einsatz dieses breite Themenfeld in den kommen- gemeinsamen Lebensweise, die unseren das Thema Nachhaltigkeit auf allen Ebe- den Jahren noch an Dringlichkeit und Planeten nicht mehr belastet und das nen oben auf die Tagesordnung setzen damit hoffentlich auch an Präsenz so schnell wie möglich. Wichtig hierbei und immer wieder mitdenken. Ganz nach gewinnt. ist die Frage, wie stellen wir uns das dem Motto und der Überzeugung: „Wo In der gesellschaftlichen Diskussion wird Kinderdorf von Morgen vor? ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ häufig betont, dass ohne große politi- Da gibt es sicherlich viele gute Ideen und Natürlich können wir mit unseren Bemü- sche Lösungen bzw. Umsteuerungen Visionen: Warum sollten wir als Kinderdör- hungen nicht den Klimawandel aufhal- eine höchstmögliche Begrenzung der fer nicht schon vor 2050 Klimaneutral wer- ten, aber wir können ein Teil der Verände- globalen Erderwärmung, sowie ein wei- den? Warum sollte es unmöglich sein, rung sein, die unser Planet so dringend teres Artensterben auf unserem Planeten eine nachhaltigere Ernährung zu verwirk- benötigt! unmöglich seien. An diesem Punkt könn- ten die Kinder, Jugendlichen und Mitar- lichen und uns zu einem Teil selbst zu ver- Falls ihr auch Lust bekommen habt, gleich beitenden in den Bethanien Kinderdör- sorgen? Warum sollten unsere Kinderdör- loszulegen. Haben wir hier noch ein paar fern die Hände in den Schoß legen und fer in ein paar Jahren nicht Orte sein, an kleine praktische Tipps aus unserem abwarten, bis diese großen Lösungen denen Artenschutz selbstverständlich Alltag in der Wohngruppe, mit denen wir gefunden und realisiert wurden. Diese praktisch umgesetzt wird? Warum sollten in der Vergangenheit schon sehr gute „abwartende“ Einstellung ist sicherlich wir nicht in den kommenden Jahren ein Erfahrungen gemacht haben: kidoblick Nr. 54 · 1/2021
Leben in Bergisch Gladbach 13 Mit Essensresten kreativ Mit Kindern pflanzen umgehen: Einen Garten bepflanzen macht nicht nur Freude, sondern ist auch noch lecker! Wer Pro Sekunde werfen wir in Deutschland einmal sonnengereiftes Gemüse aus dem 313 Kilogramm Lebensmittel weg. In Garten gegessen hat, möchte nichts ande- Privathaushalten fallen insgesamt res mehr! Und für die Kinder ist dies eine 40 Prozent dieses „Mülls“ an. Solche prima Lernaufgabe! Sich um etwas küm- Zahlen stimmen nachdenklich. Ein „Reste- mern, es wachsen zu sehen und es dann tag“ klingt zwar etwas langweilig, spart auch noch verspeisen zu dürfen! Nach- Weniger Fleisch essen aber definitiv Ressourcen und regt zur haltigkeit als Lernprogramm! Das ist kein Plädoyer zum Vegetarismus, Kreativität an! Alles, was die Woche über nicht verbraucht wurde, wird zum Bei- aber eines für bewusstes Fleischessen. spiel mittwochs kreativ „verkocht“. Lieber gutes Fleisch aus artgerechter Tier- haltung kaufen und dafür seltener. So bleibt Fleisch etwas Besonderes und gleichzeitig wird mehr Kreativität in der Gemüseküche geprobt! Reparieren statt Wegschmeißen Klar, manche Geräte haben irgendwann ausgedient. Allerdings ist es oft so, dass wir Dinge viel zu schnell wegschmeißen und neu nachkaufen, statt eine Möglich- keit zu suchen, Dinge zu reparieren. So leben wir nicht nur nachhaltig, wir sparen auch noch Geld! Larissa Stupp und Michael Schumacher Mitarbeiter sind nun mit Hybridauto unterwegs Seit Anfang November steht das erste Hybridfahrzeug für die Mitarbeitenden im Bethanien Kinder- und Jugenddorf Bergisch Gladbach zur Verfügung. Verwaltungsleiterin Birgit Nohl setzte damit einen schon lange gehegten Wunsch um, nämlich dass unser kleiner Fuhrpark nach und nach umweltverträglicher wird. Neben den Lastenrädern in Haus 4 und in Haus 3 haben wir mit dem Toyota Yaris Hybrid nun einen weiteren Schritt weg vom Verbrennungsmotor getan. Allzeit Gute Fahrt! Daniela Fobbe-Klemm kidoblick Nr. 54 · 1/2021
14 Leben in Bergisch Gladbach Abschied in der Jugendhilfe Das letzte Jahr war für unsere Gruppe von vielen Abschieden geprägt. Viele denken, dass dies der Alltag der Jugendhilfe ist. Ist es jedoch ganz und gar nicht. In unse- rer Wohngruppe leben die Kinder und Jugendlichen schon recht lange und konstant zusammen. Die Mitarbeiter arbeiten schon einige Jahre miteinander und so wird die Gruppe von Jahr zu Jahr, von Geburtstag zu Geburtstag, von Feier- tag zu Feiertag, von Sommerurlaub zu Sommerurlaub immer mehr zu einer Ein- heit. Mit jeder durchlebten Krise, mit jedem Schicksalsschlag, mit Krankheiten, Ent- täuschungen und jeder Menge gemein- samer Zeit entsteht eine enge Bindung zueinander. Dass dann ein Abschied nicht leichtfallen kann, ist klar – selbst wenn dieser lange geplant und vorbesprochen war. So wurden im Jahr 2020 zwei unserer Jugendlichen volljährig und starteten in dige Leben bezeichnen, heißt aus meiner Platz mehr an unserem Esszimmertisch das eigene Leben. Gemeinsam suchten Sicht schon Abschied nehmen. Und am decken dürfen. Es ist schön, dass die wir nach passenden Wohnungen, erstell- Ende nehmen die Jugendlichen Abschied Beziehung den Auszug überdauert und ten Einkaufslisten in Möbelhäusern, stri- von vertrauten Erwachsenen, Freunden, wir immer noch die Anlaufstelle sind, chen Wände, richteten ein. Und trotzdem Mitbewohnern, Abschied von vertrauten wenn es in der eigenen Wohnung mal zu kommt der Auszug dann doch ganz plötz- Regeln, Ritualen und Traditionen. leer ist oder ein Ratschlag notwendig ist. lich und viel zu schnell. Abschied heißt aber auch Ausblick und Und dann kommt da noch ein ungeplan- das ist gleichzeitig das Motivierende. Die ter Abschied, ein Auszug eines Jungen, Neugier auf Freiräume, das Abenteuer der der noch lange nicht volljährig ist. Ein Eigenverantwortung, die Anstrengung Auszug, der nicht geplant und auch nicht zur Selbstdisziplin, die Freiheit, Entschei- vorhersehbar war. Denn manchmal sind dungen zu treffen, das Leben in den eige- wir doch nur eine Station auf einer langen nen vier Wänden, alleine sein. Und trotz- Reise der uns anvertrauten Kinder und dem geht bei jedem Auszug ein Teil der Jugendlichen. Manchmal reichen unser Gruppe. Das Zimmer ist leer, die Person Angebot und unsere Beziehung nicht aus. fehlt! Zum Glück schreiben wir die Ehema- Oder sind sogar zu viel, zu eng, zu nah. ligenarbeit im Kinderdorf so groß und das Und dann müssen wir Kinder oder Jugend- nächste Wiedersehen ist gar nicht fern. liche ohne lang geplante Perspektive Auch die Feste werden weiterhin zusam- entlassen, in etwas Ungewisses. Das ist men gefeiert, sofern die Jugendlichen dies ein viel schlimmerer Abschied als der möchten. Freudige der jungen Erwachsenen, die sich voller Neugierde in ihre eigene Woh- Es ist schön zu sehen, wie die Ehemali- nung begeben. Aber auch das gehört zu gen den dann neuen Bewohnern unter unserer Arbeit dazu und macht sie dann die Arme greifen und ihnen die besten doch immer wieder so unvorhersehbar. Dieser Prozess, den wir bis zum Auszug Geschichten der Gruppe laut lachend begleiten und gestalten, und den wir als erzählen. Es ist schön, wie wir immer Larissa Stupp, Gruppenleitung Teil der Vorbereitung auf das selbstän- weiterwachsen und von Jahr zu Jahr einen Heilpädagogische Wohngruppe Haus 9 kidoblick Nr. 54 · 1/2021
Leben in Eltville 15 Eine Aktion für die Umwelt: „Unser sauberes Kinderdorf“ Umweltschutz – ein Thema, das zuneh- und Jugendlichen in den Naturerlebnis- mend an Bedeutung gewinnt. Auch wenn Gruppen, wie sehr allen die Umwelt am die meisten Menschen wissen, wie wich- Herzen liegt. Sie zeigen uns, wie Umwelt- tig es ist, die Natur zu schützen, tragen schutz aktiv aussehen kann. Gerade in immer noch nicht alle etwas zum Schutz Zeiten wie diesen, in denen viele Aktivitä- der Umwelt bei. Dabei kann Naturschutz ten nur eingeschränkt stattfinden können, so einfach in den Alltag integriert werden, stellen solche Aktionen eine tolle Mög- sei es nur durch das Aufheben von Müll, lichkeit dar, die vorhandene, freie Zeit der in der Gegend herumliegt. Schon mit sinnvoll zu nutzen und einen wichtigen kleinen Dingen kann die Welt so ein klei- Schritt dahingehend zu machen, den nes bisschen besser gemacht werden. Naturraum zu bewahren. Dass die Verantwortung für den Schutz das Kinderdorf und die umliegenden Wein- Christina Bergold der Umwelt aber nicht nur Erwachsene berge von Müll befreit. Zusammen haben tragen müssen, sondern auch Kinder und sie, gestärkt mit heißen Getränken, einige Jugendliche übernehmen können, zeigen Säcke voll mit Abfall zusammenbekom- die Bewohnerinnen und Bewohner des men. Nach der Aktion blickt man überall in Bethanien Kinder- und Jugenddorfes Elt- stolze Gesichter, etwas gegen die Umwelt- ville – und gehen damit als Vorbilder voran. verschmutzung und damit für den Schutz von Pflanzen, Tieren und Menschen getan Mit der Aktion „sauberes Kinderdorf“, die zu haben. jedes Jahr einmal stattfindet, wollen die Kinder und Jugendlichen der Umwelt Die Aktion „sauberes Kinderdorf“ zeigt etwas Gutes tun. Gemeinsam haben sie genauso wie das Engagement der Kinder Nachhaltig zur Arbeit Zu Fuß, mit dem eigenen Pedelec günstig zu leasen statt teuer zu kaufen. Und: Das Jobbike darf und soll Fahrrad – und jetzt auch auch privat genutzt werden. Das Fahrrad- mit dem Jobbike fahren zur Arbeit bringt mehrere Vorteile mit sich: Dazu zählen nicht nur ein aktiver Über die Frage, wie man umweltfreund- Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch licher zur Arbeit kommt – das heißt in der Regel ohne Auto –, denken mittlerweile positive gesundheitliche Aspekte. Durch viele Menschen nach. Auch im Bethanien das Radfahren wird das Immunsystem Kinder- und Jugenddorf in Eltville haben gestärkt, Stress abgebaut und die eigene sich immer mehr Mitarbeitende bewusst körperliche Fitness gesteigert. Und ein entschieden, das Auto stehen zu lassen. Parkplatz ist auch immer da. Gianni Korbella aus der Außenwohngruppe Mein Arbeitsweg führt täglich durch die Oestrich-Winkel präsentiert sein neu erworbe- Hier werden andere Alternativen gewählt: nes Jobbike Einige kommen mit dem E-Bike zur Arbeit, Weinberge ins Kinderdorf. Die frische Luft andere fahren mit dem Fahrrad oder gehen und die Bewegung tun einfach gut und es zu Fuß. ist eine gute Gelegenheit, auf dem Nach- abend einzustellen. Ganz ohne Hektik und Das „Jobbike“ bietet allen Mitarbeiten- hauseweg die Gedanken zur Arbeit hin- Stress im Berufsverkehr. den die Möglichkeit, ein Fahrrad oder ter sich zu lassen und sich auf den Feier- Marietta Otzen kidoblick Nr. 54 · 1/2021
16 Leben in Eltville Weitergeben statt Wegwerfen Anstatt Sachen zu reparieren oder sie stellung von neuen Produkten keine wei- weiterzugeben, werden viele Dinge heut- teren Ressourcen verbraucht werden und zutage häufig einfach weggeworfen. Oft kein Müll entsteht. Manch ein Kleid wurde ist aus diesem Grund davon die Rede, in der Kinderdorffamilie in Haus 3 von dass wir in einer Wegwerfgesellschaft Nicole, Steffi, Melanie und Daniela ge- leben. Wir setzen jedoch ein Zeichen tragen. An das schwarze Kleid, welches gegen diesen Trend: Statt alles weg - als graues T-Shirt-Kleid entsorgt werden zuwerfen, werden bei uns Dinge weiter- musste, erinnert sich Kinderdorfmutter gegeben. Dabei spielt es keine Rolle, ob Susanne gerne zurück. es sich um Kleidung, Spielsachen, ande- Auch geht es bei der Weitergabe um Wert- re Sachspenden oder Fahrräder handelt – schätzung. Die Kinder und Jugendlichen Teilen wird großgeschrieben. lernen durch die Weitergabe, den Wert materieller Dinge zu schätzen. Die Weitergabe spart nicht nur viel Geld, Auch dieser schöne Rock wurde „weiterge- sondern ist auch nachhaltiger, da zur Her- Christina Bergold reicht“ Nachhaltigkeit in der Krippe – geht das? Schöpfung bewahren heißt auch, verant- es immer wieder, ressourcenschonendere Arbeiten wieder. Regelmäßige Waldtage, wortungsbewusst mit den Ressourcen Möglichkeiten zu nutzen. So werden nur Spaziergänge, Aktivitäten und Projekte umzugehen, die uns gegeben sind. Die noch waschbare Schuhüberzieher für sollen den Kleinen auch schon in frühen Bethanien Kindertagesstätte in Eltville Gäste und Glas, anstelle von Plastik - Jahren einen wertschätzenden Umgang setzt daher schon seit mehreren Jahren flaschen, genutzt. Des Weiteren wurden mit ihrer Umwelt vermitteln. Bei gemein- auf das Konzept der Nachhaltigkeit und mehrere Wetbags (wasserdichte und samen Streifzügen über das Kinderdorf- des fairen Handels. Im Alltag werden diese waschbare Mehrwegbeutel) angeschafft, gelände pflücken die Kinder und die Erzie- Aspekte nicht nur bei der Zubereitung der damit man verschmutzte Kleidung nicht herInnen Äpfel oder Mirabellen und Speisen berücksichtigt, unter anderem mehr in einem Plastikbeutel mit nach verarbeiten diese dann beispielsweise zu durch regionale und saisonale Obst- und Hause geben muss. Als stoffwindelfreund- Marmelade. Solch lebensnahe Aktionen Gemüsesorten, sondern auch im Umgang liche Kita ausgezeichnet, ist es zudem vermitteln den Kindern am authentischs- mit Materialien und Rohstoffen. Zudem immer gerne gesehen, wenn Eltern sich ten, was uns die Natur alles zu bieten hat fällt in einer Krippe täglich sehr viel Müll für dieses Konzept entscheiden. und wie bewahrenswert schöne Momen- an, vor allem durch Hygieneartikel wie te und Erfahrungen sind. Windeln und Einweghandschuhe, welche Den nahen Kontakt zur Natur zu pflegen, leider unverzichtbar sind. Jedoch gelingt spiegelt sich auch im pädagogischen Katja Jung, Erzieherin kidoblick Nr. 54 · 1/2021
Leben in Eltville 17 Verantwortungsbewusster Alltag Die Welt ein kleines bisschen besser machen – die Kinder und Jugendlichen im Bethanien Kinderdorf Eltville meinen, dass jeder einen Beitrag leisten kann und muss. Bewusst leben, das Schöne sehen und achtsam sein. Das fängt im Alltag bei der Mülltrennung und bei einem spar- samen Verbrauch an, beim Einkauf mit Mehrweg – statt Einweg. Doch es gibt noch mehr … Unser Heim für unsere Vögel Blaumeisen, Amseln und Rotkehlchen picken emsig am Futterhaus im Garten der Außenwohngruppe Pleizenhausen. Besonders unsere jüngeren Kinder beobachten die Tiere mit Freude und sorgen sich um deren Wohlergehen. Unsere Jüngste würde ihnen sogar gerne helfen, ein Nest zu bauen. Nach der Erklärung, dass die Menschen den Vögeln zwar dabei helfen können, geeignete Brutplätze zu finden, die Tiere ihre Nester aber selbst bauen, meint sie, dass unser Garten unbedingt viele Verstecke für Vogelkinder haben sollte. Wir Menschen können nur wertschätzen, was wir kennen. Und wenn wir etwas wert- schätzen, übernehmen wir gerne auch Verantwortung. Im Kleinen zeigt sich das zum Beispiel bei unserem Futterhaus. Das bunte Treiben der Vögel fasziniert die Kinder. Sie haben oft einen viel weiteren Blick auf die Schöpfung Gottes, die uns umgibt und die so viel mehr ist als nur der Mensch. „Wir müssen Futter auffüllen!" ist eine oft erklin- gende Aussage von den Kindern, wenn wir Erwachsenen in der Hektik des Alltags das Futterhaus hinten anstellen. Thomas Pies, Außenwohngruppe Pleizenhausen Ein Upcycling Kunstwerk: Wie ein Haus aus Pappe entsteht Schuhkartons, Toilettenpapierrollen, Eierkartons, alte Kleidung und Stoffreste. Ein kla- rer Fall für den Abfall? Nicht für die Kinder aus dem Bethanien Kinder- und Jugenddorf in Eltville. In einem Workshop, durch ehrenamtliches Engagement angeleitet von einer Architektin, lernten die Kinder spielerisch, auf was beim Hausbau zu achten ist. Wie gestalte ich mein eigenes Traumhaus? Auf was muss ich achten? Voller Elan schnip- pelten, klebten und fantasierten die Kinder gemeinsam drauf los, um abschließend voller Stolz alle Traumhäuser in einer kleinen Ausstellung präsentieren zu können. Auch heute noch schmücken die Traumhäuser die Kinderzimmer, es wird mit ihnen gespielt und sich dran erfreut. Denn jeder weiß: Ich habe mir mein eigenes trautes Heim aus etwas erschaffen, was für andere bereits vergessen und verloren ist. Ich trage die Schöpfung fort. Probiert es doch auch mal :) Freya Staib, Haus 4a Zu Fuß in die Schule Wer kennt es nicht? Vor den Schulen herrscht morgens meist Verkehrschaos – viele Kinder werden bis vor den Schuleingang gebracht. Zum Leidwesen der Kinder, die zu Fuß zur Schule gehen und verstärkt auf den Autoverkehr achten müssen. Die Kinder unserer Außenwohngruppe Oestrich-Winkel lernen schon früh, ein Verständ- nis für den Straßenverkehr zu entwickeln. Sie gehen den Schulweg selbständig – dieser führt gut 1,5 km bis zur Schule. Bei Wind und Wetter kostet es morgens schon manchmal Überwindung, doch die Kinder laufen den Weg sogar gerne. Sie nutzen die Zeit für Gespräche und um die Natur zu erleben. „Es tut gut,“ sind sich die Kinder einig. „Nicht nur uns, sondern auch der Umwelt.“ Manuela Bothe, Außenwohngruppe Oestrich-Winkel
18 Fachlich Klimaschutz in den Kinderdörfern Seit vielen Jahren beschäftigen Die Neubauten, die in den letzten Jahren auf dem Kinderdorfgelände entstanden Fuhrpark sich die Bethanien Kinderdörfer sind (Gartenhaus, Regenbogenhaus, In beiden Kinderdörfern gibt es die ersten mit dem Thema Nachhaltigkeit Kastanienhaus und Baumhaus) wurden Elektroautos, auch eine Ladesäule ist in und Klimaschutz. nach dem KfW-55 bzw. KfW-40-Standard Schwalmtal vorhanden. Lasten-E-Bikes errichtet, sind also besonders energie- erleichtern in Bergisch Gladbach in eini- Wir haben einige Beispiele aus effizient. gen Familien den Mitarbeitenden den Schwalmtal und Bergisch Glad- Für die Häuser auf der Kastanienallee Alltag. bach zusammengetragen: wurde der nächste Schritt gegangen: Zur Aber auch mit kleinen Dingen können Nutzung von Erdwärme wurden 90 Meter wir alle dazu beitragen, den Klimaschutz Heizen/Strom tiefe Bohrungen gemacht, die Wärme- pumpen werden durch Photovoltaik unter- voranzutreiben. Neue Fahrradunterstände setzen in beiden Kinderdörfern Anreize, 2010 wurde bei der Erneuerung der Heiz- stützt. Als Pilotprojekt verfügt eines der auch mit dem Zweirad zur Arbeit zu kom- anlage in Schwalmtal ein Blockheiz - beiden Häuser über einen Stromspeicher, men. kraftwerk (BHKW) in die Heizanlage um Sonnenstrom auch abends und in den eingebunden: Durch die sogenannte frühen Morgenstunden nutzen zu können. Kraft-Wärme-Kopplung wird mit dem Zum Thema Wirtschaftlichkeit: Derzeit BHKW Strom erzeugt und die anfallende gibt es umfangreiche Fördermöglichkeiten Wärme zum Heizen genutzt. So wird das durch die KfW (Kreditanstalt für Wieder- verwendete Erdgas optimal genutzt, es aufbau) und BAFA (Bundesamt für Wirt- entsteht – wie sonst bei der Stromerzeu- schaft und Ausfuhrkontrolle), die das Kin- gung unumgänglich – keine Abwärme. derdorf nutzen konnte. In Bergisch Gladbach soll demnächst das vorhandene BHKW mit einer Pellethei- zung und dem nachwachsenden Rohstoff Holz betrieben werden. Unterstützend können wir für die Warmwasserbereitung z.B. auf dem Dach der Aula eine Photovol- taikanlage betreiben. Die gibt es auf Haus Sonja Kill schon seit 2015. Von 2014 bis 2018 wurden fast im gesam- ten Kinderdorf die Fenster saniert, zuletzt 2020 im Konvent. Das war unter anderem durch Mittel aus Denkmalförderprogram- men in diesem Umfang möglich. Bald sollen in Bergisch Gladbach die Schwieriger ist es, die denkmalgeschütz- ersten Jobräder rollen. Die Mitarbeiten- ten Fassaden des von Gottfried Böhm den können dann über das Kinderdorf ein konzipierten Kinderdorfes zu sanieren. E-Bike erhalten und dieses nach einer Eine echte energetische Fassadensanie- gewissen Laufzeit zu einem guten Preis rung lässt sich leider mit dem Denkmal- kaufen. Vielleicht brauchen wir dann schutz nicht vereinbaren. Stattdessen irgendwann mehr Fahrradstellplätze als haben wir überall in die Hohlräume zwi- Parkplätze für Autos. schen Außenwand und Ziegelsteinwand Birgit Nohl und Stephan Joebges, Stephan Joebges: „Der bezogene Strom ist sogenannte Perlite gefüllt, die auch einen Verwaltungsleitungen in natürlich zertifizierter Ökostrom!“ ganz guten Dämmeffekt haben. Bergisch Gladbach und Schwalmtal kidoblick Nr. 54 · 1/2021
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