Trotz Corona zur Verkehrswende - Gegen die Klimakrise mit beherzter Politik und gesellschaftlicher Verantwortung - Das Magazin
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Schutzgebühr: 3,20 Euro Was uns bewegt. Wen wir bewegen. Ausgabe 06 | 2020 Trotz Corona zur Verkehrswende Gegen die Klimakrise mit beherzter Politik und gesellschaftlicher Verantwortung Seite 6 Emissionsfreie Busse: Hamburg Zukunft der Städte: Weniger Mit der Kraft der zwei Herzen: setzt auf nachhaltige Produktion Autos für mehr Lebensqualität Neue Hybridloks im Güterverkehr Seite 12 Seite 24 Seite 28
INHALT EDITORIAL Mit Entschlossenheit und gemeinsamer 28 Güterverkehr: Mit Hybridloks zu mehr Wettbewerbsfähigkeit Verantwortung 12 E-Busse: Hamburg legt Wert auf Nachhaltigkeit. Das rasante Auf und Ab im Pandemieverlauf verlangt Im Vergleich zu seinen Nachbarn kommt Deutsch- uns aktuell wieder einiges ab. Im Kampf gegen das land bislang mit einem blauen Auge und relativ mo- Coronavirus geht es darum, Kontakte zu vermeiden. deraten Beschränkungen durch die Krise. Natürlich Darauf zielen die Einschränkungen und die Appelle bringen jede schwerwiegende Erkrankung und jeder ab. Unabhängig davon bleibt es dabei: Busse und Sterbefall viel Leid für Betroffene und Angehörige Bahnen sind nach bisherigen Erkenntnissen keine sowie enorme Belastungen für das medizinische Brennpunkte des Infektionsgeschehens. Wir alle Personal mit sich. Und auch die wirtschaftlichen haben 2020 viel Erfahrung gesammelt. Das macht Auswirkungen sind gravierend. In unserer Branche mich zuversichtlich, dass wir den Winter und die Zeit erleben wir ein Jahr mit Rekordverlusten bei den danach gut hinter uns bringen. Fahrgastzahlen und den Einnahmen. Wir brauchen weiterhin einen langen Atem – vermutlich auch Klar ist auch: Busse und Bahnen werden weiterfah- noch über 2021 hinaus. 18 Gleisanschlüsse: Güterverkehr ren, wenn die Finanzierung gesichert werden kann. muss einfacher werden. Auch 2021 sind wir auf den Rettungsschirm ange- Ein ähnlich hohes Maß an politischer Entschlossen- wiesen, um unser Angebot wie bislang aufrechterhal- heit und gesellschaftlicher Verantwortung wünsche ten zu können. Wir sind systemrelevant und für alle ich mir auch im Umgang mit der Klimakrise. Die da, die auf uns angewiesen sind. Besonders unsere lässt sich nicht wegimpfen. An der Mobilitätswende Stammkunden bleiben uns in dieser Situation treu. führt kein Weg vorbei. An diesem Ziel arbeiten wir Allen Fahrgästen und den Kolleginnen und Kollegen konsequent weiter. Wir haben es in der Hand. in den Verkehrsunternehmen gilt mein besonderer Dank – genauso wie den Politikerinnen und Politi- Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien ein besinnli- kern in Bund, Ländern und Kommunen. Es zeigt sich, ches Weihnachtsfest. Bitte geben Sie weiter gut auf dass ein entschlusskräftiges Handeln auf Seiten der sich und die anderen acht. Bleiben Sie gesund und Politik und ein verantwortungsbewusster Umgang zuversichtlich! mit den Coronaregeln auf Seiten der Bevölkerung uns unserem gemeinsamen Ziel näherbringen kann – die Herzlichst Ihr 24 Stau in der Stadt: Gebühr Infektionszahlen zurückzufahren und die Pandemie könnte München entlasten. schnellstmöglich zu bekämpfen. Ingo Wortmann 3 E ditorial 12 Hintergrund 18 Aus dem Verband 24 Hintergrund 30 Zu guter Letzt Mit Entschlossenheit und gemein- Hamburger E-Busse: Nicht nur Gleisanschluss-Konferenz Mehr Lebensqualität: Städte für „VDV Das Magazin“ wünscht samer Verantwortung sauber, sondern nachhaltig forciert den Austausch von Ideen. Menschen statt Städte für Autos allen Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten. 4 V DV im Bild 14 Aus dem Verband 20 us dem Verband A 28 Unterwegs im Netz Weihnachtsmann-Schule ist mit VDV-Vizepräsident Werner Marketing: Treue Kunden halten Schwere Güterzüge: Hybridloks Abstand eine Klasse für sich. Overkamp im Interview und neue hinzugewinnen haben die Kraft der zwei Herzen. 6 T itelstory 16 Industrie inside 23 Aus dem Verband VDV Das Magazin Im Krisenmodus zur Verkehrswende Ein Knopfdruck knackt Corona. Handytickets werden sicherer. auch online unter: www.vdv-dasmagazin.de 2 06 | 2020 06 | 2020 3
VDV IM BILD Weihnachtsmann-Schule ist mit Abstand eine Klasse für sich Weihnachten wird dieses Jahr anders. Darauf hat sich auch die Londoner Agentur „Ministry of Fun“ eingestellt, die schon seit Langem Weihnachtsmänner vermittelt. In der angegliederten Weihnachtsmann-Schule wurde den rauschebärtigen Zöglingen be- reits im Sommer eingeimpft, worauf es ankommt: den Zauber des Festes lebendig halten. Dabei standen nicht nur die wichtigsten Fragen der Kinder, das beste Spielzeug und das perfekte Kostüm auf dem Lehrplan. In diesem Jahr gab es außerdem Unterricht in Sachen Abstand und Infektionsschutz mit Mund-Nase-Bedeckung. Dass die angehenden Santa Kläuse den Stoff verinnerlicht hatten, zeigten sie vorbildlich im „Schülerverkehr“ mit der U-Bahn. Weihnachten kann kommen. 4 06 | 2020 06 | 2020 5
TITELSTORY Im Krisenmodus zur Mobilitätswende Die Covidkrise droht die Klimakrise in den Hintergrund zu drängen. Dabei sind die Folgen des Klimawandels für Mensch und Umwelt, für Wirtschaft und Wohlstand voraussichtlich gravierender. In unzähligen Interviews, Statements und Talk-Show- Auftritten heißt es immer wieder: Aus der Pandemie lässt sich lernen. Beherzte Politik, ökonomische Lösungen und solidarisches Handeln können den Grundstein legen, dass der Umweltverbund von Bus und Bahn, Fahrrad und Fußgängern unverrückbar gestärkt wird. Wenn Politik, Wirtschaft und Gesellschaft den Klimawandel genauso entschlossen bekämpfen wie derzeit das Virus, sind die Mobilitätswende und damit das Abwenden der Klimakrise sowie mehr Luftreinhaltung möglich. 3,5 MRD. EURO Auf diese Summe beziffert ein Branchen-Szenario die für das Jahr 2021 zu erwartenden Verluste der Verkehrsunternehmen bei den Fahrgeldeinnahmen. 6 06 | 2020 06 | 2020 7
TITELSTORY Markterholung erst gegen Ende 2021: „Was wir an- bieten können, sind ausreichende Bus- und Bahn- WO DER VDV AN DER ZUKUNFT angebote für einen stabilen ÖPNV-Betrieb und DER MOBILITÄT ARBEITET flexiblere Ticketangebote für geänderte Mobilitäts- anforderungen unserer Fahrgäste. Darüber hinaus Im Schatten der Pandemie ist die Arbeit an der Zukunft werden wir auch weiterhin in Hygienemaßnahmen der Mobilität in den VDV-Gremien unverändert weiterge- gangen. Drei Beispiele aus den zurückliegenden Monaten: für die ohnehin schon geringen Infektionsrisiken im ÖPNV investieren.“ Die Fortführung des teilweisen • Der Lenkungskreis „Autonomes Fahren“ legte Lockdowns bis in den Januar hinein wird nach Ein- kürzlich ein Eckpunktepapier zur Diskussion schätzung der Verkehrsbranche die im September um den Rechtsrahmen für fahrerlose Mobili- 2020 schon wieder auf 80 Prozent des Vorjahres an- tät vor. Er betonte den Anspruch der Branche, gestiegenen Fahrgastzahlen bis auf Weiteres erneut automatisierte Verkehrsangebote in die ört- bei 50 bis 60 Prozent stagnieren lassen. lichen ÖPNV-Systeme zu integrieren. • Für den „Green Deal“ der EU empfahl der Ver- Weniger Kontakte sind das oberste Ziel band in einer Untersuchung, Preise und Wett- Dass Busse und Bahnen keine gefährlichen Brenn- bewerbsbedingungen so zu gestalten, dass Bus und Bahn sind nach bisherigen Erkenntnissen keine Brennpunkte des Infektionsgeschehens. Dennoch investieren die Verkehrsunternehmen punkte von Covid-19 sind, hat sich weltweit in un- sie die externen Umweltkosten der einzelnen in Hygienemaßnahmen. Auch die Maskenpflicht trägt dazu bei, das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Verkehrsträger realistisch widerspiegeln. abhängigen wissenschaftlichen Untersuchungen • Ein großes mediales Echo fand im Sommer die ak- bestätigt, die auf der Website der Branchenkampa- tualisierte Untersuchung zur Reaktivierung still- gne #BesserWeiter nachzulesen sind. Auch der seit gelegter Bahnstrecken. Mehr als 200 Verbindungen November 2020 verhängte Teil-Lockdown zielt nicht M mit über 4.000 Kilometern Gesamtlänge könnten askenpflicht auch dann noch, wenn das Infek- Timm Fuchs, Beigeordneter beim Deutschen Städte- unmittelbar auf den ÖPNV. VDV-Hauptgeschäfts- knapp 300 Städte und Gemeinden mit drei Millio- tionsrisiko eingedämmt ist? Tilman Bracher, und Gemeindebund, macht deutlich, dass der Aus- führer Oliver Wolff weist darauf hin: „Bei den Be- nen Einwohnern zurück an die Schiene bringen. Leiter des Forschungsbereichs Mobilität am Deutschen weg aus der Klimakrise zwar Fördermillionen des schlüssen der Regierungschefs geht es nicht um die Institut für Urbanistik (Difu), hat dieses Schreck- Staates benötigt, aber auch jeden Einzelnen fordert: gespenst kürzlich bei der Präsentation einer Studie „Ziel muss ein Mehr an Akzeptanz bei der Bürger- der Denkfabrik Agora Verkehrswende an die Wand schaft für ein verbrauchs-, ausstoß- und nutzungs- gemalt: „Wenn wir die Krisenerfahrungen jetzt nicht orientiertes Abgabensystem sein.“ Es gehe um einen als Impuls für die Verkehrswende nutzen, dann wird „Systemwechsel“. die Atemschutzmaske zu unserem ständigen Begleiter werden – nicht gegen die Pandemie, sondern gegen die Systemrelevanz beweist der ÖPNV auch in Corona- Umweltverschmutzung.“ Der Titel der Studie gibt den zeiten. Auch wenn mehr Menschen Fahrrad oder Weg für die maskenfreie Zukunft vor: „Ein anderer Auto fahren, bleiben Busse und Bahnen mit nahezu Stadtverkehr ist möglich“. vollem Fahrplanangebot Rückgrat der Mobilität. Ge- stützt von der Politik: Doch der „Rettungsschirm” Auch Volker Deutsch, Fachbereichsleiter Integrierte von Bund und Ländern mit fünf Milliarden Euro zum Verkehrsplanung beim VDV, warnt davor, die Klima- Ausgleich der dramatischen Einnahmeverluste bei krise zu ignorieren: „Die Herausforderungen werden den Verkehrsunternehmen wird nicht reichen. Die nach Corona dieselben sein wie vorher, sobald sich aktuelle Pandemielage, Kurzarbeit und das Arbeiten die Pendler- und Verkehrsströme normalisieren. von zu Hause aus sowie weniger Reiseanlässe man- Deshalb muss weiter kontinuierlich an einer Politik gels Veranstaltungen und Tourismus werden auch der Mobilitätswende gearbeitet werden.“ Ein aktu- im kommenden Jahr weiter zu erheblich niedrige- elles Positionspapier des Branchenverbandes listet ren Fahrgeldeinnahmen führen. Ein Branchen-Sze- Systemrelevant: Der ÖPNV ist in Coronazeiten für die Menschen da, die auf ihn angewiesen sind. Unterdessen laufen die detailliert Maßnahmen für eine „Angebots- und In- nario erwartet Verluste von 3,5 Milliarden Euro im Beschäftigten in den Verkehrsunternehmen im Dienst kaum Gefahr, sich zu infizieren, wie eine VDV-Umfrage belegt. frastrukturoffensive“ auf: „Kurs halten: Bus & Bahn Jahr 2021. Da die Mittel des derzeit aufgespannten bleiben Motor der Mobilitätswende.“ Schirmes bis etwa in den April 2021 reichen werden, müssten Bund und Länder weitere zwei Milliarden Euro ausgleichen. Das ist der Politik bewusst. Bei- spielsweise hat das Saarland bereits erklärt, den Ret- Wir müssen noch mehrere Monate mit tungsschirm für das kommende Jahr zu verlängern. niedrigen Fahrgastzahlen und damit ver- „Wir müssen noch mehrere Monate mit niedrigen bundenen Einnahmeausfällen rechnen. Fahrgastzahlen und damit verbundenen Einnahme- ausfällen rechnen”, sagte Verkehrsministerin Anke Anke Rehlinger, Rehlinger (SPD) gegenüber dpa. saarländische Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr und bis Ende 2020 Vorsitzende Selbst wenn Impfstoffe bald zur Verfügung stehen, der Verkehrsministerkonferenz rechnet VDV-Präsident Ingo Wortmann mit einer 8 06 | 2020 06 | 2020 9
TITELSTORY AKTUELL Bundestag Bundeshaushalt 2021: „Den Spagat zwischen Verkehrswende verabschiedet und Coronafolgen schaffen“ das Gesetz zur Der VDV begrüßt die Investitionslinie, die für die Branche im Bundeshaushalt 2021 verabschiedet wurde. Zugleich sieht der Verband die Notwendigkeit, den ÖPNV-Ret- Beschleunigung tungsschirm auch mit finanzieller Hilfe des Bundes für 2021 zu verlängern. Vor allem mit Blick auf die Eisen- bahnen gibt es aus VDV-Sicht Nachbesserungsbedarf von Planungen bei der Mittelausstattung für die ETCS-Umrüstung und für die nichtbundeseigenen Schienenwege. „Der Bund muss den Spagat schaffen, die wirtschaft- lichen Pandemiefolgen für unsere Branche durch ent- sprechende Finanzhilfen weiter zu bekämpfen“, sagt VDV-Präsident Ingo Wortmann. „Dafür brauchen wir auch im kommenden Jahr einen Rettungsschirm in Höhe Schülerverkehr: Mit einem erweiterten Angebot soll mancherorts für mehr Abstand auf dem Weg zur Schule gesorgt werden. von 3,5 Milliarden Euro, der weiterhin durch Bundes- Derzeit stehen in vielen Regionen Schülerinnen und Schüler dicht gedrängt in Bussen, Stadtbahnen und Zügen. mittel maßgeblich unterstützt werden muss.“ Bislang gibt es dazu allerdings keinen Budgetansatz im Haus- haltsentwurf 2021. Gleichzeitig dürften, so Wortmann, Frage, wo eine erhöhte Ansteckungsgefahr droht. – die bisherigen Erkenntnisse von weithin ri- auch die für den Klimaschutz notwendigen Investitio- Es geht darum, vermeidbare Kontakte soweit wie sikoarmen Fahrten im Nah- und Fernverkehr nen in die Verkehrswende nicht aus dem Blick geraten. möglich zu unterlassen, um die Ausbreitung der untermauern. Pandemie zu verlangsamen.“ Speziell für die Verkehrsspitzen im Schülerver- Schienengüterverkehr: VDV Feldforschung zu Infektionsrisiken kehr empfiehlt der VDV den Behörden, die An- Die Maskenpflicht, das permanente Lüften durch fangszeiten für den Unterricht zu staffeln. Dann fordert Coronahilfen nach Türöffnungen und Klimaanlagen, die relativ kur- würden sich die Schüler zu verschiedenen Zei- österreichischem Vorbild zen Aufenthaltszeiten in den Fahrzeugen und ten auf die Schulbusse verteilen, vor allem in den die Tatsache, dass die Fahrgäste wenig sprechen, Städten. Beispielsweise in der Stadt Herne im Während Deutschland auf eine wettbewerbsrechtliche minderten deutlich das Infektionsrisiko. „Alle nördlichen Ruhrgebiet, die in Nordrhein-West- Genehmigung der EU-Kommission für die Kapitaler- Fahrgäste, die auch während des Lockdowns auf falen zu den Brennpunkten mit hohen Infekti- höhung der Deutschen Bahn wartet, wurden in Öster- den Nahverkehr angewiesen sind, können diesen onszahlen zählte, wurde das bereits in die Tat reich mit Zustimmung der Kommission die Weichen ohne Weiteres nutzen“, bekräftigt Wolff. Gleich- umgesetzt. In den 17 weiterführenden Schulen erfolgreich gestellt, die coronabedingten Folgen im wohl sollen die Infektionsrisiken im öffentlichen wurde der Unterrichtsbeginn je Jahrgangsstufe Schienengüterverkehr finanziell auszugleichen. Zwei Verkehr jetzt im Auftrag des Bundesverkehrsmi- von 7.45 bis 8.45 Uhr im Viertelstunden-Ab- Förderprogramme bieten den Güterbahnen Soforthilfen nisteriums von einer Forschungsgruppe unter stand gestaffelt. Die Einsatzbusse des örtlichen in Höhe von insgesamt 266,4 Millionen Euro. Der VDV, Führung der Fraunhofer-Gesellschaft noch Nahverkehrsunternehmens, der Straßenbahn der in Deutschland 189 Unternehmen des Schienengü- einmal in einer „Felduntersuchung” präzisiert Herne - Castrop-Rauxel GmbH (HCR), fahren am terverkehrs vertritt, sieht darin ein positives Beispiel, wie werden. Vorgesehen sind Messfahrten in Zügen Morgen entsprechend länger. Die zunächst bis zu dem durch die Pandemie arg gebeutelten Schienengüter- vom ICE bis zur S-Bahn sowie in Straßenbah- den Osterferien geltende Regelung soll die Zahl Bauvorhaben im ÖPNV und im Eisenbahnverkehr können bald verkehr schnell, pragmatisch und mit EU-Genehmigung nen, U-Bahnen und Bussen. Raumklima-Mes- der Schüler in den Bussen halbieren. Auch in an- schneller umgesetzt werden – etwa die Elektrifizierung und Mo- geholfen werden kann. VDV-Hauptgeschäftsführer sungen in den Fahrzeugen sollen Coronaviren deren großen und kleinen Städten wird bundes- dernisierung von Strecken. Der von der Bundesregierung vorge- Oliver Wolff: „Während die Bundesregierung und die identifizieren und am Computer entwickelte weit über eine Entzerrung des Schülerverkehrs legte Gesetzentwurf ist vom Bundestag verabschiedet worden, muss Länder für den Schienenpersonennahverkehr und den Strömungs- und Ausbreitungsmodelle veri- diskutiert. aber noch durch den Bundesrat. Wird beispielweise in Zukunft eine ÖPNV sehr schnell und unkompliziert einen umfang- fizieren – in der Luft Für die Mitarbeiter der Verkehrsunternehmen bestehende Betriebsanlage für Straßenbahnen erneuert, bedarf das reichen Rettungsschirm beschlossen haben, gibt es für und auf Oberflächen ist das Ansteckungsrisiko mehr als überschau- Bauvorhaben keiner weiteren planungsrechtlichen Genehmigung den Rest der Bahnbranche nach wie vor keine oder keine Bei den Beschlüssen der Regierungs- wie etwa Sitzen, Hal- bar, ermittelte eine Umfrage des VDV. Bei den fast mehr. Das kann auch der Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken – geeigneten Coronahilfen.“ Damit die Güterbahnen in chefs geht es nicht um die Frage, wo testangen oder Bedien- 80.000 Beschäftigten gab es seit Beginn der Pan- insbesondere im Schienenpersonennahverkehr und im regionalen Österreich aufgrund der Pandemie keine Marktanteile an eine erhöhte Ansteckungsgefahr knöpfen. Schon in we- demie im März bis Mitte November insgesamt Güterverkehr – zugutekommen. Viele Maßnahmen sollen nun ohne den Lkw verlieren, unterstützt sie der Staat rückwirkend droht. Es geht darum, vermeidbare nigen Wochen sollen 233 bestätigte Corona-Infektionen, davon haben Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden können. Ähn- seit Anfang März 2020 und zunächst befristet bis zum Kontakte soweit wie möglich zu Ergebnisse vorliegen, sich nur neun nachweislich im Dienst infiziert. liches gilt für die Ausstattung mit moderner, digitaler Leit- und Jahresende 2020 durch eine Reduzierung der Trassen- unterlassen. die – so erwarten die Sicherungstechnik wie das European Train Control System (ETCS). preise um 115,7 Millionen Euro. Als weitere Maßnahme Verkehrsunternehmen Der VDV hatte sich in einer Anhörung im Verkehrsausschuss wird zudem ein bereits existierendes Förderprogramm Oliver Wolff, Weitere Infos unter: des Bundestages für weitere Erleichterungen eingesetzt. Diesen zur Verlagerung von Transporten auf die Schiene kurz- VDV-Hauptgeschäftsführer www.besserweiter.de Empfehlungen ist der Bundestag weitgehend gefolgt. fristig um 150,7 Millionen Euro aufgestockt. 10 06 | 2020 06 | 2020 11
HINTERGRUND Dadurch, dass wir vergaberelevante Nachhaltigkeitskriterien verankern, soll von Herstellern ein nachhaltige- res Lieferantenmanagement gefordert und damit gefördert werden. Jahreshälfte 2021 einen Informationsworkshop. Auch im Nachhaltigkeitsausschuss des VDV wurde das Thema Nicht nur sauber, Janina Heel, schon vorgestellt. „Je stärker die Branche gemeinsam an Referentin für Nachhaltigkeitsmanagement einem Strang zieht, desto besser ist das Ergebnis für alle Be- bei der Hamburger Hochbahn teiligten“, verdeutlicht Janina Heel: „Wenn sich die Branche auf einen gemeinsamen Standard und ein nachhaltiges Lie- V or allem die großen deutschen Verkehrsunternehmen ferantenmanagement verpflichtet, können auch internatio- sondern nachhaltig stellen derzeit die Weichen, um ihre Busflotten auf nal nachhaltige Lösungen etabliert werden.“ Die Hamburger klimaschonende Antriebe umzustellen. Im Sommer hat die Hochbahn hat jedenfalls schon mal vorgelegt. „Im Rahmen Hamburger Hochbahn drei Herstellern den Zuschlag für bis der Ausschreibung konnte so tatsächlich Transparenz bis zu 530 emissionsfreie und klimafreundliche Busse erteilt, zur Herstellung der Zellen gewonnen werden“, erläutert die zwischen 2021 und 2025 abgenommen werden. Mehr als Markus Dietmannsberger, der bei der Hochbahn Projektlei- 140 davon sollen schon in den kommenden beiden Jahren auf ter für die Umstellung auf ein emissionsfreies Bussystem ist. Ab 2021 müssen mindestens 45 Prozent aller neu anzuschaffenden die Straßen kommen. Bis zum Ende des Jahrzehnts werden „Allerdings stellen die Offenlegung und der Durchgriff bis Linienbusse „saubere“ Antriebe haben. So fordert es die Clean Vehicles somit nach und nach mehr als 1.000 Busse klimaschonender zu den Rohstoffminen beziehungsweise den Abbaustätten Directive der EU. Davon muss wiederum die Hälfte emissionsfrei sein. und nachhaltiger. vielfach noch eine Herausforderung dar.“ Mit dem Großauftrag, der an die Hersteller Daimler Buses, Ab 2026 steigt diese Quote auf mindestens 65 Prozent. Die Hamburger In der bis dahin größten Ausschreibung für Elektrobusse in MAN Truck & Bus und Solaris ging, wurden auch techni- Hochbahn hat zusätzlich Wert auf Nachhaltigkeitskriterien bei der Deutschland hatte die Hochbahn als erstes Unternehmen sche Spezifikationen festgelegt: Die garantierte Reichweite Ausschreibung von 530 emissionsfreien Bussen gelegt. auch Nachhaltigkeitskriterien angewendet, die sich mit ohne Zwischen- oder Nachladung liegt je nach Hersteller bei zehn Prozent in der Gesamtbewertung der Angebote nieder- Gelenkbussen zwischen 150 und 200 Kilometern sowie bei schlugen. „Damit wollen wir neben unserer lokalen auch eine Solobussen sogar bei bis zu 250 Kilometern. Derzeit schaffen globale Verantwortung wahrnehmen“, sagt Hochbahn-Chef die 30 in Hamburg eingesetzten E-Solobusse 150 Kilometer. Henrik Falk: „Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer „Die Reichweite ist einer der entscheidenden Faktoren für wirklichen grünen Mobilität und einem klimaneutralen Un- den Einsatz der Batteriebusse“, erklärt Markus Dietmanns- ternehmen.“ berger: „Mit den nun garantierten Werten können wir die Die Bewerber um den Großauftrag mussten Details zu den Betriebsabläufe gut abbilden und haben kaum Produktivi- Nachhaltigkeitsrisiken angeben. Von den Abbaustätten tätseinbußen im Vergleich zum herkömmlichen Dieselbus.“ relevanter Rohstoffe wie Kobalt oder Lithium bis zur End- Neben der Reichweite ist die Verfügbarkeit der Fahrzeuge verwertung der Batterien forderte die Hochbahn Trans- das zweite wichtige Kriterium. „Die Verfügbarkeit nähert parenz sowie die Einhaltung ökologischer und sozialer sich ebenfalls dem Niveau, das wir für alle unsere Fahrzeuge Standards entlang der gesamten Batterie- und Brennstoff- festlegen.“ zellen-Lieferkette. „Dadurch, dass wir vergaberelevante Nachhaltigkeitskriterien verankern, die in Zukunft konti- Bis zum Ende des Jahrzehnts will die Hochbahn ihre Diesel- nuierlich weiterentwickelt werden, soll von Herstellern ein busse ausmustern und ihre Flotte komplett auf emissions- nachhaltigeres Lieferantenmanagement gefordert und damit freie Antriebe umstellen. Seit 2020 bestellt das Unternehmen gefördert werden“, erläutert Janina Heel, die bei der Hoch- ausschließlich emissionsfrei angetriebene Busse. Neben bahn im Fachbereich Nachhaltigkeitsmanagement arbeitet. Batteriebussen wird das Unternehmen auch Brennstoffzel- lenbusse anschaffen. Hierzu läuft aktuell eine Ausschrei- Gemeinsame Kriterien entwickeln bung für 50 Fahrzeuge für die Jahre 2021 bis 2025. Die Kehrseite der klimafreundlichen Elektromobilität ist nämlich: Batteriebetriebene Fahrzeuge stehen aufgrund möglicher negativer Umweltfolgen bei der Gewinnung von Lithium sowie aufgrund von Menschenrechtsverletzungen wie Kinderarbeit beim Abbau von Kobalt, aber auch wegen der CO2-intensiven Batterieproduktion in der Kritik. Bis- lang gibt es kein Zertifikat für saubere Rohstoff-Lieferket- Damit wollen wir neben unserer lokalen ten oder nachhaltig produzierte Batterien. Wenn es um die auch eine globale Verantwortung wahr- Beschaffung von Batteriebussen geht, will die Hochbahn Die Offenlegung und der Durchgriff bis zu nehmen: ein wichtiger Schritt auf dem gemeinsam mit anderen Verkehrsunternehmen – darunter den Rohstoffminen beziehungsweise den Weg zu einer wirklichen grünen Mobilität der Stadtverkehr Lübeck und die Verkehrsbetriebe Ham- Abbaustätten stellen vielfach noch eine und einem klimaneutralen Unternehmen. burg-Holstein (VHH) – Nachhaltigkeitskriterien europa- Herausforderung dar. weit entwickeln und harmonisieren. Ergebnis könnte ein Henrik Falk, europaweiter Standard sein. Für Verkehrsunternehmen, Markus Dietmannsberger, Projektleiter für die Umstellung Vorstandsvorsitzender der Hamburger Hochbahn die auch Nachhaltigkeitsthemen in ihre Busbeschaffun- auf ein emissionsfreies Bussystem bei der Hochbahn gen integrieren möchten, plant die Hochbahn in der ersten 12 06 | 2020 06 | 2020 13
AUS DEM VERBAND Clean Vehicles Directive: „Umsetzung in deutsches Wie viele E-Busse fahren derzeit in Deutschland? Insbesondere ist eine baldige Einigung zu erzielen, damit wir uns auf die Rah- menbedingungen einstellen und diese Recht bis Mitte 2021“ » Werner Overkamp: finanziell berücksichtigen können. Wir sehen auf deut- schen Straßen derzeit Werner Overkamp, rund 500 batterieelekt- VDV-Vizepräsident für den Bereich Bus rische Busse, rund 1.500 Hybride und etwa 50 Vom 2. bis 3. Februar 2021 findet die VDV-Elektrobuskonferenz mit der angegliederten Brennstoffzellen-Busse, rung zur Umsetzung einer nationalen Quote einzuführen. Fachmesse Elekbu statt - dieses Mal digital. Welche Fragen die Branche bei den Themen die auf Wasserstoff zu- Hierbei werden die unterschiedlichen Verhältnisse in den rückgreifen. Für weitere Ballungsgebieten und in den ländlichen Räumen berück- E-Bus und Clean Vehicles Directive (CVD) beschäftigen, erläutert VDV-Vizepräsident 1.400 E-Busse haben die sichtigt. Die Länder fordern daher den Bund auf, die vom Werner Overkamp (Foto) im Interview. Verkehrsunternehmen VDV mitentwickelte Lösung zu prüfen. Bis Mitte nächsten bereits Förderanträge Jahres soll die Umsetzung in deutsches Recht abgeschlos- gestellt, die teilweise schon bewilligt sind. sen sein. Der Bund ist hier gefordert. Insbesondere ist eine baldige Einigung zu erzielen, damit wir Verkehrsunterneh- Welche Vorgaben macht, in einfachen Worten, die Clean men uns auf die Rahmenbedingungen einstellen und diese Vehicles Directive (CVD)? finanziell berücksichtigen können. » Die EU-Richtlinie für saubere Fahrzeuge möchte das Klima schützen und die Luftqualität in den Städten ver- bessern. Sie bedient sich dazu strenger Vorgaben, woraus sich hohe und veränderte Anforderungen an die Investi- VDV-ELEKTROBUSKONFERENZ tionen, die künftige Finanzierung und den ÖPNV-Betrieb UND FACHMESSE ELEKBU ergeben. Ab August 2021 dürfen nur noch 55 Prozent der Neubeschaffungen Dieselbusse sein. Der Rest muss gemäß Die VDV-Elektrobuskonferenz und die angegliederte Richtlinie „sauber“ sein, also alternative Energie- und An- Fachmesse finden am 2. und 3. Februar 2021 digital statt. triebskonzepte beinhalten und zur Hälfte sogar vollständig Neben den politischen und gesellschaftlichen Rahmen- emissionsfrei sein. Ab 2026 erhöht sich diese Quote sogar bedingungen geht es unter anderem um das Thema auf 65 Prozent. Sektorenkopplung und Wasserstoff. Wie gewohnt, be- richten Praktiker aus den Verkehrsunternehmen sowie Die CVD-Quoten – gelten diese für jedes Unternehmen ein- von Seiten der Hersteller über ihre Erfahrungen beim zeln oder bundesweit? Transformationsprozess in Richtung Elektromobili- tät. Dabei werden unter anderem die Gestaltung der » Das ist gegenwärtig der kritische Punkt. Die EU hat mit Depots sowie die Energieversorgung und das Ladema- der Zustimmung der Mitgliedsländer die Vorgaben be- nagement thematisiert. Weitere Schwerpunkte sind schlossen. Die eigentliche Ausgestaltung muss der Bund die Entwicklung und der Umgang mit den Batterien. umsetzen. Dabei ist es in der Praxis ökonomisch falsch, die Quote auf jeden Betrieb herunterzubrechen. In un- serer Branche gibt es ausgesprochen große sowie viele mittlere und kleine Unternehmen. Die einen haben gerade moderne Dieselbusse erworben, andere haben schon zahl- reiche E-Busse bestellt und die notwendigen Infrastruk- Weitere Infos unter: www.ebuskonferenz.de turen aufgebaut. Der VDV unterstützt daher den Beschluss der Länder-Verkehrsminister, eine Branchenvereinba- 14 06 | 2020 06 | 2020 15
INDUSTRIE INSIDE Voith erneuert die Ein Knopfdruck Traktionsbatterien – ab. Bei Bussen kann je nach Klima- und Einsatzbedingungen in Antriebe von einer Region der elektri- Die Module sorgen während der Stuttgarter Bahnen sche Energiebedarf für das gesamten Fahrtdauer für wirksamen knackt Corona Beheizen zuweilen größer Schutz der Fahrgäste. sein als für das eigentliche Die Stuttgarter Straßenbahnen AG Fahren. Eingesetzte Lithi- Carsten Schmidt, (SSB) erneuert die Antriebe von 50 um-Ionen-Batterien sind Mitglied der Geschäftsleitung von Bahnen. Die SSB hatte damit den Tech- Valeo Thermal Bus Systems zurzeit noch nicht in der nologiekonzern Voith beauftragt. Bei Lage, die elektrische Ener- den Fahrzeugen der Baureihen S-DT gie im ausreichenden Maße zu speichern. wird dabei gespeicherte Wärmeenergie 8.10 (Foto) und S-DT 8.11 werden die Insbesondere an kalten Tagen reduziert entzogen und auf ein für Heizzwecke hö- jeweils vier Traktionsstromrichter dies die Reichweite erheblich – und zeigt, heres und damit nutzbares Temperatur- erneuert, die aufgrund der topografi- wie wichtig ein effizientes Beheizungs- niveau angehoben – also als Heizenergie schen Lage Stuttgarts alle Achsen die- system im Omnibus ist. nutzbar gemacht. ses Fahrzeugtyps antreiben. So wird der Betrieb an Steigungen von bis zu Da der notwendige Leistungsbedarf zum Einsatz alternativer Kältemittel 8,5 Prozent gewährleistet. Das erste Vorheizen zu Beginn der Fahrt ungleich Durch die in der EU-Verordnung über Fahrzeug mit dem modernisierten größer ist als während der Fahrt, sollte fluorierte Treibhausgase vorgegebene Antrieb ist nun in Betrieb genommen die Zuführung des erforderlichen Heiz- schrittweise Beschränkung der am worden. Alle neu installierten Kom- leistungsbedarfs grundsätzlich in zwei Markt verfügbaren Mengen – eine Re- ponenten und Lösungen müssen sich unterschiedlichen Betriebszuständen duzierung des sogenannten CO2-Äqui- nahtlos in das technische Umfeld der erfolgen: dem Vorheizen zu Beginn des valents aller produzierten Kältemittel Fahrzeuge einfügen. Voith hat dafür Fahrbetriebs über eine externe Ener- – haben sich die Verfügbarkeit und auch ein Leistungsmodul entwickelt, das gieversorgung und dem Heizen zur die Preise von Kältemitteln stark verän- auf bereits existierende Komponenten Aufrechterhaltung der eingestellten In- dert. Noch ist das herkömmliche Kälte- zurückgreift, aber auch alle mechani- nenraumtemperatur während der Fahrt. mittel R134a günstiger als die möglichen schen und elektrischen Schnittstellen Letzteres kann mit einem Wärmepum- Alternativen, aber es gibt Prognosen, die des bestehenden Umrichters berück- pensystem effizient und damit ener- mittelfristig das Ende von R134a im Bus- sichtigt. Zudem wird der Geräusch- giesparend zugeführt werden. „Ein bereich vorhersagen. Die Hersteller und pegel des Antriebs deutlich abgesenkt. hochinteressanter Ansatz, da Klimaan- somit auch die Kälteanlagenbauer sind Das Großprojekt soll bis Ende 2025 lagen und Wärmepumpen grundsätzlich deshalb gezwungen, auf Kältemittel mit abgeschlossen werden und damit die aus identischen Komponenten bestehen niedrigerem Treibhauspotenzial umzu- langfristige Verfügbarkeit und Attrak- und heutzutage nahezu alle Fahrzeuge stellen. Es gibt bereits unterschiedliche tivität eines nachhaltigen und klima- über eine Klimaanlage verfügen“, erläu- Ansätze wie zum Beispiel das umwelt- freundlichen Stuttgarter Nahverkehrs Die Pandemie stellt die Busbranche vor neue Herausforderungen tert Carsten Schmidt. Die Wärmepum- freundlichere Kältemittel 1234yf, das sicherstellen. beim Thema Infektionsschutz im Passagierraum. Zudem treibt der penfunktionalität lässt sich dabei einfach mittlerweile in über 40 Millionen Pkw Umstieg auf Elektromobilität die Fahrzeughersteller, Betreiber und mittels einer Kreislaufumkehr in der weltweit zum Einsatz kommt. Allerdings Zulieferwelt um. Als Systemlieferant für das gesamte Thermo- Klimaanlage realisieren. Der Umgebung müssen alternative Kältemittel immer vor dem Hintergrund ihrer thermo- management im Omnibus ist der Automobil- und Nutzfahrzeug- dynamischen Eigenschaften sowie zulieferer Valeo auf diese Themen spezialisiert – und bietet bereits bestimmter Sicherheitskriterien be- serienreife Lösungen an. trachtet werden. „So ist bei 1234yf NEUES AUS DEM beispielsweise die Brennbarkeit ein INDUSTRIEFORUM großes Thema“, erläutert Carsten A uf Knopfdruck die Luft im Fahrzeug hygienisch reini- gen: Das kann eine neue Technologie des Zulieferers Valeo. Das Unternehmen hat eine hochwirksame Lösung zur erhältlich ist und in alle Bustypen nachträglich integriert werden kann. Es verwendet eine UV-Technologie, die der in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen In unserer neuen Rubrik „Industrie in- side“ erfahren Sie künftig Neues über Schmidt. In Deutschland gibt es ak- tuell Förderungen für Klimaanlagen mit CO2 als Kältemittel (Blauer Engel). Produkte und Dienstleistungen, die die Luftsterilisation in Linien- und Reisebussen entwickelt: Der ähnelt. Die virentötende Wirksamkeit wurde im Sommer vom Jedoch sind nicht alle Kältemittel 33 Unternehmen des VDV-Industrie- „UV Purifier“ (gr. Foto) eliminiert mithilfe von UV-Strahlen Institut für Medizinische Virologie der Universitätsklinik forums anbieten. Mit dabei sind Herstel- aufgrund ihrer Energieeffizienz für während eines einzigen Luftstromkreislaufs zu mehr als 95 Frankfurt bestätigt. ler von Bussen und Bahnen sowie Zulie- jede Region einsetzbar. Prozent Viren, Schimmel und Bakterien – einschließlich ferer und IT-Unternehmen. Das Forum Um die unterschiedlichen Anforde- Coronaviren. „So sorgen die Module während der gesamten Innovative Heizkonzepte für E-Busse dient dem Austausch zwischen den Her- rungen abzudecken, gibt es je nach Fahrtdauer für wirksamen Schutz der Fahrgäste“, sagt Carsten Innovative Konzepte verfolgt Valeo auch für die Behei- stellern untereinander und mit dem VDV. Anwendungsfall, Land und Klima- Schmidt, Mitglied der Geschäftsleitung von Valeo Thermal Bus zung von Elektrobussen. Hintergrund: In elektrisch ange- zone unterschiedliche Anlagen- Systems. Das in Gilching bei München ansässige Unterneh- triebenen Fahrzeugen hängt die Reichweite direkt von der www.vdv.de/industrieforum konzepte, die mit verschiedenen men hat ein System entwickelt, das als eigenständiges Modul Kapazität der elektrochemischen Energiespeicher – den Kältemitteln betrieben werden. 16 06 | 2020 06 | 2020 17
AUS DEM VERBAND Austausch von Ideen forciert Dr. Martin Henke (Foto l.) begrüßte für den VDV die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gleisanschluss-Konferenz, die Anfang Oktober in Leipzig stattfand. Der Veranstaltungsraum war den Coronabedingungen angepasst. Die Zuhörer waren durch Plexiglasscheiben vonei- nander abgetrennt (Foto M.). Diskutiert wurde dabei auch mit digitaler Unterstützung (Foto r.). dertatbestände sieht Stephan Bull den steller Covestro, könnte die Sicherung Vorschläge, die weiteren folgten jetzt Bedarf an Reaktivierungen, Neu- und der Anlagen durch eine unabhängige Schritt für Schritt. Die Gruppen treffen Ausbauten sowie Ersatzinvestitionen: und kostengünstige Infrastruktur mit sich ausschließlich in digitalen Konfe- „Diese Fördermöglichkeiten sollten dann offenem Zugang sein, für die ein neu- renzen, was auch nach Corona so bleiben auch intensiv genutzt werden.“ Aktuell traler Dienstleister die erste und letzte soll. ist vorgesehen, diesen „Baukasten“ im Meile für alle Bahnen bedient. Um den Bundeshaushalt 2020/2021 mit einem vollen Nutzen aus strukturellen Verän- Zudem haben die Verbände in Budget von 34 Millionen Euro auszu- derungen ziehen zu können, sei zudem einem Aktionsplan die Themen der statten – 20 Millionen mehr als bisher. intensive Kooperation erforderlich. Alle Gleisanschluss-Charta priorisiert. Vor- Darüber hinaus machte Stephan Bull Beteiligten sollten zusammenarbeiten, rangig sollten demnach die vorgelagerten darauf aufmerksam, dass die Gleisan- um ein Höchstmaß an Effizienz zu errei- Infrastrukturen gesichert und leistungs- schlussförderung nicht das einzige In- chen, indem sie beispielsweise Anlagen fähiger gemacht, die Gleisanschluss- strument zur Stärkung der Schiene sei. gemeinsam nutzen und die Verkehrs- förderung verbessert und Bürokratie Die Stärkung von Gleisanschlüssen und multimodalen Die Anlagenpreisförderung, mit der ströme auf der ersten und letzten Meile abgebaut sowie Regularien vereinfacht Eisenbahnunternehmen Nutzungsent- des Einzelwagenbetriebs bündeln. werden. „Wir müssen insgesamt bei der Umschlagpunkten, die Zukunft des Einzelwagenverkehrs und gelte für Rangierbahnhöfe und Zug- Schiene einfacher werden – in der För- die optimale Anbindung von Logistikzentren an die Schiene bildungsanlagen anteilig finanziert Die Schiene einfacher machen derung wie in der Produktion“, brachte standen im Mittelpunkt der zweiten Gleisanschluss-Konferenz bekommen können, soll am 13. Dezember Aktuell unterstützen 117 Unternehmen es Joachim Berends auf den Punkt. des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik 2020 in Kraft treten. Sie ist mit 40 Milli- sowie 42 Verbände und Institutionen Wichtig sei auch, einer breiten Öf- onen Euro pro Jahr über einen Zeitraum die Gleisanschluss-Charta, stellte Joa- fentlichkeit die Leistungsfähigkeit der (BME) und der VDV-Akademie in Leipzig. von fünf Jahren budgetiert. chim Berends, Vorstand der Bentheimer Schiene zu vermitteln, verdeutlichte Die Sorge um den Einzelwagenverkehr Eisenbahn und VDV-Vizepräsident, in Martin Henke: „Wir werden deshalb treibt auch die verladende Wirtschaft seiner Zwischenbilanz fest. Von den 14 2021 einen Tag der Eisenbahn veran- um. Eine Lösung, so Frank Andreesen, eingerichteten Arbeitsgruppen widmen stalten, der vielfältige Blicke hinter die Leiter Verkehrspolitik beim Chemieher- sich bereits sechs der Umsetzung der Kulissen ermöglicht.“ R und 100 Teilnehmer vor Ort sowie zahlreiche digital zugeschaltete Referenten und Interessierte nutzten Staatsministerium für Wirtschaft, Ar- beit und Verkehr, der die aktuelle Situ- ation der Schiene in Sachsen vorstellte für Anlagen des Kombinierten Verkehrs, die einen diskriminierungsfreien Zu- gang gewährleisten, und mit entspre- Kombinierter Verkehr: Richtlinie weiterentwickeln die von Dr. Silvius Grobosch, Hauptge- und über Möglichkeiten referierte, spe- chender Ausschreibung seien bis zu 80 schäftsführer BME, und Dr. Martin Henke, ziell Gleisanschlüsse und kundennahe Prozent an Fördermitteln möglich. Doch Geschäftsführer Eisenbahnverkehr im Zugangsstellen im Freistaat zu stärken. es gibt viel zu tun: Lag die Zahl der Gleis- VDV, moderierte Hybridveranstaltung, um Allerdings, so seine Kritik, seien die ak- anschlüsse in Deutschland bei der Bahn- Der VDV hat Vorschläge gemacht, wie die Richtlinie zur Förderung des Kombinier- sich über Erfahrungen und Ideen sowie tuellen Gleisanschluss-Fördersätze von reform 1994 noch bei 11.742, so waren es ten Verkehrs (KV) weiterentwickelt werden kann. Die Verkehrsunternehmen set- die praktische Umsetzung der Gleisan- maximal 50 Prozent für viele Unterneh- 2018 nur noch 2.351, stellte Stephan Bull zen sich insbesondere für die Aufnahme von Ersatzinvestitionen, die Anhebung der schluss-Charta auszutauschen. men zu gering. fest. Mit der neuen, aktuell von Brüssel Planungskostenpauschale sowie die Harmonisierung der unterschiedlichen Finan- Eine höhere Förderung sei mit der geprüften Gleisanschlussförderung, die zierungsregularien ein. Seit 1998 gibt es die Förderrichtlinie Kombinierter Verkehr „Wir stehen voll hinter der Gleisan- EU-Kommission in Brüssel aber nicht Anfang 2021 in Kraft treten soll, will des Bundes. Seitdem ist es gelungen, das Aufkommen im KV auf 114 Millionen Ton- schluss-Charta und bieten, wo immer zu machen, dämpfte Stephan Bull, Re- die Bundesregierung daher den Ein- nen nahezu zu vervierfachen. Mithilfe der Richtlinie fördert der Bund den Neu- und möglich, die Unterstützung des Frei- feratsleiter im Bundesverkehrsministe- zelwagenverkehr erleichtern und für Ausbau von Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs bei nichtbundeseigenen staats Sachsen“, unterstrich gleich zu rium und zuständig für den Masterplan Gleisanschlüsse einen breiteren, förder- Unternehmen. Auf diese Weise hatten zahlreiche VDV-Mitgliedsunternehmen Beginn Hubertus Schröder, Referatslei- Schienengüterverkehr und die Gleisan- würdigen Instrumentenbaukasten zur die Möglichkeit, in den Kombinierten Verkehr einzusteigen. Die aktuelle Fassung ter Schiene und Verkehr im sächsischen schlussförderung, die Erwartungen. Nur Verfügung stellen. Als erweiterte För- der Richtlinie gilt seit 2017 und endet am 31. Dezember 2021. Der VDV hat seine Vorschläge in einem Positionspapier zusammengefasst. www.vdv.de/positionen 18 06 | 2020
AUS DEM VERBAND Für die Verkehrswende Wir sind keine Zuschuss-Junkies. Wir brauchen Gestaltungs- spielräume durch Markterfolg. M treue Kunden halten und itten in der Coronakrise Alles was nicht zum Kundenerlebnis hat in den Verkehrsunter- Ulf Middelberg, Vorsitzender des Ausschusses beiträgt, kann man weggeben.“ nehmen an einigen Stellen schon für Marketing und Kommunikation im VDV und Geschäftsführer der Leipziger Verkehrs- die Zeit danach begonnen. Deutlich Die Evolution hat jedoch dem Ge- neue hinzugewinnen betriebe (LVB) wurde das beim VDV-Marketing- wohnheitstier Mensch Irrati- kongress, der als eine der ersten Branchenveranstaltungen onalitäten mit auf den Weg gegeben, mit denen bei seiner Art komplett digital stattfand. Etwa 80 Teilnehmende Gestaltungsfragen zu rechnen ist – egal ob es im Kleinen tauschten sich auf Einladung des VDV-Ausschusses für Mar- um Mobilitätsangebote (einfache Reiseplanung, einfaches keting und Kommunikation (AMK) sowie der VDV-Akademie Ticketing, Informationen, Abstand) oder im Großen um online über Strategien und Musterbeispiele beim Fahrgast- die Mobilitätswende (Verkehrsflächen in den Städten neu marketing aus. Vor allem ging es dabei um die Auswirkungen definieren, Kostenwahrheit politisch umsetzen) geht. Das der Pandemie auf das Verkehrsverhalten sowie mögliche verdeutlichte Elisabeth Oberzaucher aus Sicht der Verhal- Reaktionen der Branche. Denn mehr Fahrgeldeinnahmen tensbiologie. Die Professorin an der Uni Wien sieht in der müssen her. „Wir sind keine Zuschuss-Junkies“, machte Covidkrise die Chance, „dass wir aus unseren gewohnten AMK-Vorsitzender Ulf Middelberg, Chef der Leipziger Verhaltensweisen herausgerissen wurden. Neues aus- Verkehrsbetriebe, deutlich: „Wir brauchen Gestaltungs- zuprobieren, fällt jetzt leichter.“ Um Neukundinnen und spielräume durch Markterfolg.“ Neukunden zu gewinnen, riet Elisabeth Oberzaucher den Verkehrsunternehmen, sich „kluge Einstiegsdrogen zu Da der Klimawandel wegen der Pandemie nicht haltmache, überlegen“ – wie etwa Schnuppertage, an denen der ÖPNV müsse die Branche auch verstärkt daran arbeiten, wie- kostenlos genutzt werden kann. der als Problemlöser bei diesem Thema wahrgenommen zu werden, forderte VDV-Präsident Ingo Wortmann. Um langfristig in die Erfolgsspur zurückzufinden, gelte es, die Basis der treuen ÖPNV-Kunden zu stärken und mit Blick auf die Verkehrswende neue Fahrgäste hinzuzugewinnen. Beim Fahrgastmarketing müssen die Unternehmen „jetzt einen Zahn zulegen“, betonte Ingo Wortmann. Dabei müss- ten sich die Marketingmitarbeiter „an die Spitze der Bewe- gung stellen“. Spezielle, flexibilisierte Tarifangebote – etwa für Menschen, die zunehmend von zu Hause aus arbeiten und nur noch wenige Tage pro Woche ins Büro pendeln – oder ein Mehrwert für feste Abos können dafür Lösungs- ansätze sein. Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig die Weiterentwicklung digitaler Angebote für die ÖPNV-Kun- den ist: Verbindungssuche, Routing und Ticketbuchung per Smartphone sollten ausgeweitet werden, so Ingo Wort- mann. „Den Barverkauf von Tickets in den Bussen dürfen Digitaler VDV-Marketingkongress: Bettina Kerschbaumer-Schramek (l.) wir nie wieder komplett einstellen müssen, um Infektions- führte durch das Programm und behielt die Chat-Funktion mit den Reaktionen risiken zu minimieren“, bekräftigte der VDV-Präsident: der Teilnehmenden im Blick. VDV-Präsident Ingo Wortmann (r.) hob die Bedeutung des Fahrgastmarketings während und nach der Pandemie hervor. „Der dadurch entstandene Schaden ist um ein Vielfaches höher, als es die Investitionen in digitale Ticketangebote Prof. Elisabeth Oberzaucher, Prof. Jan-Erik Baars und Camilla Struckmann (v. l.) und die dafür nötige Hard- und Software gewesen wären.“ stellten auf Basis wissenschaftlicher Ansätze erfolgreiche Praxisbeispiele vor. Designprozess gestalten statt verwalten Wie der ÖPNV kundenzentriert weiterentwickelt werden Nach 22 Rekordjahren in Folge geht es 2020 vorwiegend um Schadens- kann, erläuterte Prof. Jan-Erik Baars von der Hochschule begrenzung. Mit dauerhaft niedrigeren Fahrgastzahlen wollen sich die Luzern: „Erfolg stellt sich ein, wenn es gelingt, erlebnisori- entierte Angebote zu erstellen.“ Wichtig für den Erfolg sei Verkehrsunternehmen jedoch nicht zufriedengeben. Wie in der Corona- eine klare Definition und Führung eines unternehmens- krise die Weichen für die Zeit nach der Pandemie gestellt werden können, weiten Designprozesses – und der muss gestaltet statt war Thema des digitalen VDV-Marketingkongresses. Klar ist schon jetzt: verwaltet werden: „Gute Erlebnisse lassen sich gestalten. Künftig dürfte das Fahrgastmarketing ein anderes sein. 20 06 | 2020 06 | 2020 21
AUS DEM VERBAND Aktuelle Ergebnisse aus der Marktforschung hatte zuvor Jan Bleis den Kongress-Teilnehmenden präsen- tiert. Der stellvertretende AMK-Vorsitzende erläuterte anhand einer repräsentativen Umfrage, wie sich seit Beginn der Pandemie der Verkauf von Tickets und die 1 2 3 c Nutzung einzelner Angebote verändert haben. Dem- 4 5 6 b nach steigt an ein bis zwei Tagen in der Woche die ge- 7 8 9 d legentliche, während die regelmäßige ÖPNV-Nutzung Das zeigt, wie wichtig unsere sinkt. Vor allem durch die verstärkte Arbeit von zu ö 0 ä k Bemühungen bei den Stammkunden Hause aus werden doppelt so viele Wochentickets, aber gewesen sind. nur noch halb so viele Monatstickets ohne Abo gekauft. Gegenüber der Vor-Corona-Zeit änderte sich dagegen Jan Bleis, stellv. Vorsitzender des AMK und die Nutzung von Einzel- und Mehrfahrtentickets sowie Vorstand der Rostocker Straßenbahn AG, zur von Abos nur geringfügig. „Das zeigt auch, wie wichtig weitgehend unveränderten Nutzung von Abos unsere Bemühungen bei den Stammkunden gewesen sind“, sagte Jan Bleis, der „im Hauptberuf“ Vorstand Handytickets Markt und Technik bei der Rostocker Straßenbahn AG Aber wie können die Menschen dazu bewegt werden, (RSAG) ist. Zudem gab er einen Einblick, wie und auf in Zeiten von Abstandwahren den ÖPNV zu nutzen? welchen Kanälen die Kommunikation der wichtigsten Dass sich ein Verkehrsunternehmen trotz Corona mit Corona-Schutz-Maßnahmen – Mund-Nase-Schutz, werden sicherer den Themen Klimaschutz und seine Bedeutung für regelmäßige Fahrzeugreinigung, Abstandhalten – das Gemeinwohl und das gesellschaftliche Leben vor wahrgenommen wurde. Die Marketingfachleute er- Ort positionieren kann, verdeutlichte Camilla Struck- fuhren, dass die Aufmerksamkeit dafür am besten in mann, Chief Communication Officer beim dänischen den klassischen Medien gewonnen wurde. Über alle Verkehrsunternehmen Movia: „Öffentliche Verkehrs- mittel sind Teil einer größeren Lösung.“ Die Kontrolle von Fahrscheinen auf Smartphones kann künftig deut- Synergien durch Kampagne #BesserWeiter lich beschleunigt werden. Der VDV eTicket Service hat auf der digitalen Der Weg zurück zu mehr Fahrgästen führt über eine IT-Trans einen Kopierschutz für Handytickets vorgestellt. Musste sich der intensivere Image- und Kommunikationsarbeit. An- Fahrgast bislang zusätzlich ausweisen, kann er bald seine Dokumente gesichts der nur mit der Verkehrswende zu erreichen- den Klimaziele müsse vor allem die Rückgewinnung stecken lassen. Die Kontrolle läuft somit schneller, sicherer und kontaktlos. und Akquise von (Neu-)Kunden „tariflich und kom- munikativ in den Blick genommen werden“, hob auch Dr. Jan Schilling, VDV-Geschäftsführer ÖPNV, her- vor und machte deutlich, dass die Kommunikation der Branche den neuen Aufgaben angepasst werden müsse: „Wir müssen gemeinsam lauter und mutiger kommu- Lauter und mutiger I mmer mehr ÖPNV-Kundinnen und -Kunden nutzen Handytickets, bei- spielsweise für Einzelfahrausweise und Augenschein genommen werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Han- dyticket eindeutig zur Person gehört, die ren, benötigen Verkehrsunternehmen und -verbünde den „Mobile Ticketing Crypto Service“ (Motics). Dieser arbeitet nizieren.“ Ein Beispiel, wie die Branche gemeinsam Altersgruppen hinweg erwiesen sich TV und Radio müsse die Kommu- Tageskarten. Im Schnitt wächst dieser gerade damit unterwegs ist. Hintergrund wie ein virtueller Chipkartenhersteller Synergien schafft und mehr erreichen kann, ist die als die besten Kanäle, gefolgt von Zeitungen und Zeit- nikation der Bran- Vertriebskanal jährlich um 25 Prozent, ist, dass es hier bislang keinen Kopier- und stellt die Verbindung zwischen dem che werden, forderte laufende Kampagne #BesserWeiter. Mit ihr versu- schriften sowie Kommunikation in den Fahrzeugen der Umsatz beträgt mehr als 300 Millionen schutz gab. Deshalb konnte der bisherige Sicherheitsmanagement von (((eTicket Dr. Jan Schilling, chen die Verkehrsunternehmen gemeinsam mit Bund, und Stationen. Erst mit Abstand folgten Onlinemedien VDV-Geschäftsfüh- Euro. In der Covidkrise nahm die Zahl der 2D-Barcode etwa per Screenshot leicht Deutschland und dem Sicherheitskern Ländern und Kommunen, das Vertrauen der Fahrgäste – Internetseiten von Regierungen und Verkehrsunter- rer ÖPNV. Gelegenheitsfahrer zwischenzeitlich stark vervielfältigt und beliebig oft weiterge- auf dem Smartphone des Fahrgastes her. in den ÖPNV zurückzugewinnen. Die Hauptgründe für nehmen sowie Social Media. ab. Der VDV eTicket Service rechnet für geben werden. Den Kontrollgeräten fallen Der Aufbau des Motics ist Ende 2020 den Fahrgastschwund sehen die Unternehmen aller- die Zeit danach mit einem sehr starken diese Kopien nicht auf. Abhilfe schafft abgeschlossen. Dann können kopier- dings weniger in diffusen Ansteckungsängsten bei den „Könnte ein Format für die Zukunft sein“ Wachstum. „Aktuell gewöhnen sich viele der neue VDV-Barcode mobile+, der über geschützte und signierte Handytickets Fahrgästen als vielmehr in fehlenden Anlässen, öffent- Auch in seiner digitalen Variante gab es beim Nutzer stark an kontaktlose Bezahlverfah- zusätzliche Sicherheitskomponenten wie ausgegeben werden. Damit diese sicher liche Verkehrsmittel zu nutzen. Denn viele Menschen VDV-Marketingkongress Gelegenheiten zur Grup- ren“, sagt Pressesprecher Daniel Ackers. eine fälschungssichere Signatur und ein und schnell kontrolliert werden können, sind in Kurzarbeit, arbeiten oder studieren von zu penarbeit und zum Austausch in Workshops. Insge- Vor allem gelegentliche Kunden kaufen dynamisches Sicherheitsmerkmal verfügt. muss auf die Kontrollinfrastruktur ein Hause aus, Großveranstaltungen und Volksfeste sind samt fanden die Teilnehmenden die Veranstaltung ihren Fahrschein über eine App und er- Das kann beispielsweise ein Zeitstempel Softwareupdate gespielt werden. Neben abgesagt, der Tourismus ist eingestellt, Profi-Fußball technisch und inhaltlich gelungen. „Es war wirklich halten so einen attraktiven Zugang zu sein, der sich alle 30 Sekunden erneuert. den 2D-Barcodes kann dieselbe Techno- wird ohne Fans gespielt. Der Zäsur müssen nun die gut – geht eben auch digital“, hieß es in einem der zum Bussen und Bahnen. Dieses Ticket kommt Damit kann das Handyticket nicht mehr logie das Ticket auch via NFC und jede notwendigen Veränderungen folgen. „Es wäre nicht Abschluss geposteten Kommentare. Und ein anderer: bislang als 2D-Barcode auf das Smart- einfach kopiert werden. Bei einer Kon- weitere Funkschnittstelle des Smartpho- das erste Mal, dass solche einschneidenden Neuerun- „Könnte ein Format für die Zukunft sein, auch wenn phone. Für die Verkehrsunternehmen trolle wäre das dynamische Element nicht nes ausgeben. gen aus dem Marketing heraus entstehen“, ermutigte weniger Austausch ist als bei persönlichen Treffen.“ und -verbünde bedeutet dies jedoch einen aktuell – und das Ticket ungültig. VDV-Präsident Ingo Wortmann seine Zuhörerinnen höheren Kontrollaufwand. Denn um den und Zuhörer, in den kommenden Monaten und Jahren digitalen Fahrschein zu prüfen, muss nicht Kopiergeschützt ab Jahresende Weitere Infos unter: noch viel mehr vom Fahrgastmarkt aus zu denken und nur das Ticket gescannt, sondern auch Um das Zertifikat und den dazuge- bit.ly/VDV-Barcode zu handeln. ein zusätzliches Ausweisdokument in hörigen Sicherheitskern zu installie- 22 06 | 2020 06 | 2020 23
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