Kirchen-Info - "Ein jegliches hat seine Zeit" - Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Olten - Ref. Kirchgemeinde Olten

 
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Kirchen-Info - "Ein jegliches hat seine Zeit" - Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Olten - Ref. Kirchgemeinde Olten
Evangelisch-Reformierte
Kirchgemeinde Olten             Kirchen-Info
Ausgabe 74 | 21. Jahrgang | Agenda von September, Oktober, November 2020

                                                                      «Ein
                                                                      jegliches
                                                                      hat seine
                                                                      Zeit»

                                                                                  1
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WISSEN

    Erntezeit – Erntedank
    Erntedankfeste gibt es seit Urzeiten der Menschheit in fast allen       Erntedankgottesdienste
    Kulturen und Religionen. So feierten schon die alten Ägypter Osiris,    Evangelisch-Reformierte
    den Gott der Aussaat. Die Griechen wollten Demeter, die Göttin der      Kirchgemeinde Olten:
    Erdfruchtbarkeit mit Gaben für die kommende Ernte gnädig stimmen.
    In der jüdischen Kultur wird Sukkot (das Laubhüttenfest) als Fest des   • Wangen
    Einsammelns gefeiert. Und in Mittel- und Nordeuropa dankten die         So, 13. September, 9.45 Uhr
    Menschen lange vor unserer Zeitrechnung zur Tag- und Nachtgleiche       Kirche Wangen
    mit Zeremonien für die Ernte.
                                                                            • Trimbach
    Die liturgischen Kalender der katholischen oder der reformierten Kir-   So, 13. September, 10 Uhr
    chen sehen keinen gemeinsamen Tag für das Erntedankfest vor. Viele      Familien-Gottesdienst zum Ernte-
    Kirchgemeinden feiern das Erntedankfest Ende September/Anfang           dank, Johanneskirche
    Oktober.
                                                                            • Dulliken
    In der Schweiz gibt es zahlreiche Bräuche, bei denen die Menschen für   So, 13. September, 9.45 Uhr
    die vergangene Ernte danken. Im September wird in etlichen Schwei-      Traditioneller Erntedank-Gottesdienst
    zer Berg-Gemeinden bei der traditionellen «Sichlete» oder bei der       mit Kirchenband und Brunch
    «Chästeilete» Erntedank und gleichzeitig Alpabzug gefeiert.
                                                                            • Kappel
                                                                            So, 27. September, 10.30 Uhr
                                                                            Ökumenischer Erntedankgottesdienst
                                                                            in der katholsichen Kirche Kappel

                                                                            Olten
                                                                            25. Oktober, 10 Uhr, Pauluskirche
                                                                            Orgel, Band, Kinderprogramm

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EDITORIAL | INHALT

                                                                                              Inhalt
Die Sonne ist ein Symbol für Gott                                                             Theologischer Beitrag:
                                                                                              Die Zeit läuft                                Seite 4
                          Liebe Leserinnen, liebe Leser
                                                                                              Dominik Maegli:
                          Es ist die Zeit der Sonnenblumen, die uns seit Wochen               Uhrmacher aus Leidenschaft                    Seite 6
                          anstrahlen und erfreuen. Sie blühen auf Feldern, in länd-
                          lichen Gärten, in naturbelassenen Wiesen und Weiden                 Anlässe | Agenda:
                                                                                              September bis November                        Seite 8
                          oder auch auf brachliegenden Baustellen. Sie strecken
                          ihre leuchtend gelben und nicht übersehbaren Köpfe                  Glockengeläut:
                          der Sonne entgegen und führen uns den täglichen Son-                Warum läuten die Glocken?         Seite 10
                          nenverlauf vor Augen. Es geschieht im direkten Zusam-
                          menspiel von Licht und Wärme. In unseren Kirchen ge-                Bücher zum Thema «Zeit»           Seite 11
   Trudy Hottiger,        hören sie als besonderer Schmuck zum Erntedankfest.
                                                                                              Umfrage zum Lockdown:
Mitglied Kirchgemein-
                          Sie stellen mit ihren leuchtenden Gesichtern die einge-             Unverhofft Zeit haben             Seite 12
derat, Leiterin Öffent-
lichkeitsarbeit
                          fangenen Sonnenstrahlen des Sommers dar.
                            Auch wir Menschen brauchen Licht und Wärme. Wer                   Jugendseite:
                                                                                              Lea Fürst                         Seite 14
                          sitzt nicht gerne einmal in der Sonne, einfach um sich
bestrahlen zu lassen? Die Sonne ist ein Symbol für Gott. Ihm dürfen wir uns hin-              Rubrik: «Das gefällt mir ...»
strecken, meditierend und betend. Und er lässt, wie es der Segen sagt, sein Ant-              Johan Post: «Unsere Kirche
litz leuchten über uns.                                                                       braucht euch alle»                Seite 16
Die Sonnenblume hat eine auffällige Mitte. Jedes einzelne der gelben Blüten-
                                                                                                «Ein jegliches hat seine
blätter ist mit dieser Mitte verbunden. Eine enge Gemeinschaft, die sich um das               Zeit, und alles Vorhaben         Evangelisch-
                                                                                                                               Kirchgemein Reformierte
                                                                                                                                                                     Kirchen-I
                                                                                                                                                                                                                 nfo
                                                                                                                                           de Olten

gemeinsame Zentrum zusammenfindet. Ein Symbol für unsere Kirche. Sich als
                                                                                                                              Ausgabe
                                                                                                                                        74 | 21. Jahrgan

                                                                                              unter dem Himmel
                                                                                                                                                        g | Agenda
                                                                                                                                                                     von Septem
                                                                                                                                                                               ber, Oktobe
                                                                                                                                                                                          r, Novem
                                                                                                                                                                                                  ber 2020

Einzelne oder als Gruppe auf Gott ausrichten und eine Richtung für das Leben                  hat seine Stunde.»
finden. Ausprobieren und erfahren, wo wir im Leben Kraft und Wärme finden.                    Prediger 3, 1
                                                                                              Foto: meo/adobe
                                                                                                                                                                                        «Ein
Ich wünsche uns allen einen sonnigen Herbst und viel Zeit zum dankbaren                                                                                                                jegliches
                                                                                                                                                                                      hat seine
Staunen.                                                                                                                                                                              Zeit»

                                             Sehr herzlich, Trudy Hottiger                                                                                                                                  1

Impressum
Die Kirchen-Info ist ein Organ für die Mitglieder der Evangelisch-Reformierten Kirchgemeinde Olten.
Herausgeber: Evang.-Ref. Kirchgemeinde Olten / Veranstaltungen und Hinweise: www.ref-olten.ch
Erscheinung: 4 x jährlich zum Quartalsende in einer Auflage von rund 7000 Exemplaren
Redaktionsadresse: Evang.-Ref. Kirchgemeinde, Gruppe Öffentlichkeitsarbeit, Jurastrasse 20, 4600 Olten, 062 212 16 26
Gruppe Öffentlichkeitsarbeit: Trudy Hottiger (Leitung, Kirchgemeinderätin), Markus Emch (Beratung/Produktion)
Matthias Baumann (Hägendorf ), Susanne Gysin (Olten), Andreas Haag (Trimbach), Ursula Rutschi (Trimbach),
Andy Wurzer (Leiter Fachstelle Jugendarbeit)
Produktion: agentur meo verlag ag | Markus Emch | Reiserstrasse 4 | 4600 Olten | info@meoverlag.ch | 062 296 16 15
Druck: Dietschi Print & Design AG | 4600 Olten

                                                                                                                                                                                                     3
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THEOLOGISCHER BEITRAG

Die Zeit läuft
Unerbittlich tickt Grossmutters Pendeluhr und sie macht mir bei
jedem Besuch deutlich: Nicht nur ihre Zeit läuft, sondern auch meine!

Wir Menschen haben viel Zeit und zugleich       hatte wenig Zeit in dieser Welt: nämlich
zu wenig davon. Das liegt daran, dass wir       nur etwa 33 Jahre. Und weil auch wir unter
sie immer nur einmal haben. Auch wenn           unserer beschränkten Zeit leiden, könnte
wir es uns manchmal sehnlichst wünschen,        es interessant sein, wie er damit umge-
wir können einen Moment nicht nochmals          gangen ist. Er könnte uns auch darin zum
erstehen lassen. Alles ist einmalig.            Vorbild werden. Er nahm sich Zeit für das
Die Bibel kennt kein Konzept der Reinkarna-     Gebet, für Menschen, die etwas von ihm
tion oder des ewigen Kreislaufes. Natürlich     wollten, für Gemeinschaft. Er nahm sich
weiss sie um den Kreislauf der wiederkeh-       aber auch Zeit, um an Hochzeiten mitzufei-
renden Jahreszeiten. Aber der Baum – wie        ern und sich einladen zu lassen. Er wusste
auch Du und ich - wird jedes Mal ein Jahr       genau, was wann dran ist. «Heute muss ich
älter, und irgendwann muss er gefällt wer-      bei dir zu Gast sein», sagte er etwa zu Zach-
den.                                            äus auf dem Baum (Lk 19,1-10).                    Die Pendeluhr tickt und tickt ...
Der Tod macht uns die Grenze unserer
Erdenzeit schmerzlich bewusst, wir sind         Der richtige Zeitpunkt
zeitlich.                                       Die neutestamentliche Sprache kennt ver-
                                                                                                  Psalm 95,7: «Heute, wenn ihr seine Stimme
In diesem Jahr haben wir die Zeit auf be-       schiedene Begriffe für Zeit: da ist zuerst
                                                                                                  hören werdet, so verstockt eure Herzen
sondere Weise erlebt. Einige hatten plötz-      einmal «Chronos», die laufende Zeit. Der
                                                                                                  nicht.»
lich sehr viel Zeit – weil sie nicht mehr ar-   Chronometer misst sie.
                                                                                                  Noch stehen wir in der Gnadenzeit: «Der
beiten konnten – andere hatten plötzlich        Dann gibt es aber auch noch den Begriff
                                                                                                  Herr verzögert nicht seine Verheissungen,
keine Zeit mehr – weil sie viel mehr arbei-     «Kairos», den richtigen Zeitpunkt. Wir ken-
                                                                                                  wie es einige für eine Verzögerung halten;
ten mussten.                                    nen das alle, es gibt den «reifen» Zeitpunkt
                                                                                                  sondern er hat Geduld mit euch und will
Das zeigt auch, dass unsere Wahrnehmung         für die Ernte oder es gibt den richtigen
                                                                                                  nicht, dass jemand verloren werde, son-
der Zeit relativ ist. Es hängt mit unserem      Zeitpunkt für eine Stelle, für etwas Neues,
                                                                                                  dern dass jedermann zur Busse finde.» (2.
Inneren zusammen, wie wir es empfinden.         für ein Projekt, das vorher lange festge-
                                                                                                  Petrus 3,9)
Das wäre schon eine erste gute Erkenntnis       sessen ist.
im Kampf gegen Zeitnot und Stress.              Jesu Kommen in die Welt war ein solcher
                                                                                                  Es gibt diese Kairosmomente also auch
                                                «Kairos», ein besonderer Zeitpunkt in der
                                                                                                  ganz persönlich für uns: Wenn wir von
Jesus und die Zeit                              Geschichte. Seither zählen wir die Jahre.
                                                                                                  Gottes Reden getroffen werden und uns
Jesus kam aus Gottes Ewigkeit in unsere         «Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen
                                                                                                  klar wird, dass jetzt ein Entscheid fällig ist.
menschliche, beschränkte Zeit hinein. Er        Sohn, von einer Frau geboren und unter
                                                                                                  Wir können solche Zeitpunkte auch ver-
                                                das Gesetz getan.» (Gal 4,4).
                                                                                                  schlafen. Manchmal gibt Gott neue Chan-
 Uwe Kaiser:                                    Bei Jesus heisst es oft, dass nun der rich-
                                                                                                  cen, manchmal ist seine Zeit vorbei.
 «Die Zeit hat                                  tige Zeitpunkt gekommen ist. Etwa als er
                                                                                                  In den vielen Möglichkeiten, die unser Le-
 auch einen                                     bei seiner ersten Predigt in Nazareth sagte:
                                                                                                  ben heute bietet, ist es umso wichtiger, zur
 farbigen                                       «Heute ist dieses alte Schriftwort vor euren
                                                                                                  rechten Zeit das Richtige zu tun. Darum ist
 Aspekt.»                                       Ohren erfüllt» (Lk 4,21) – jetzt, durch seine
                                                                                                  die Offenheit für Gottes Leitung und die In-
                                                Person. Sein Ruf zur Umkehr zu Gott und
                                                                                                  spiration durch den Heiligen Geist so wich-
                                                zur Erneuerung wird eingeführt mit «Die
                                                                                                  tig – das permanente Gebet.
                                                Zeit ist erfüllt» (z.B. Mk 1,14). Der Schreiber
 Fotos: zVg, meo/adobe
                                                des Hebräerbriefs aktualisiert den Ruf aus

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Kirchen-Info - "Ein jegliches hat seine Zeit" - Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Olten - Ref. Kirchgemeinde Olten
Die Ewigkeit
«Alles vergehet, Gott aber stehet.» (Die
güldne Sonne, Paul Gerhard RG 571,8)
Es gibt im neuen Testament noch einen
dritten Begriff für Zeit, den «Äon». Dieser
bezeichnet einerseits Zeitabschnitte oder
Epochen. Aus christlicher Sicht gibt es die
                                               Die Zeit vergeht ...
beiden grossen Epochen des alten und
des neuen Bundes. Vor Jesus Christus galt
das Gesetz als Heilsweg. Seit seinem Erlö-
                                               Meditation
sungswerk bis zu seiner Wiederkunft gilt
der neue Bund, begründet in der Gnade
                                                  Wir sind zeitliche Wesen und können doch als
Jesu Christi. In diesem Zeitabschnitt ste-
                                               Kinder und Erben des ewigen Gottes leben. Un-
hen wir jetzt.
                                               sere Lebenszeit können wir im Vertrauen auf ihn
Der Begriff «Äon» bedeutet aber auch
                                               ausrichten. «Meine Zeit steht in Gottes Händen»,
Ewigkeit. Und wenn wir uns Gedanken
                                               lesen wir in Psalm 31,16 oder anders übersetzt:
über unsere beschränkte Zeit machen,
                                               «In deine Hand befehle ich meinen Geist.».
wird die Ewigkeit umso wichtiger. Verbun-
den mit Jesus Christus erhalten wir durch
den Glauben Anteil an Gottes Ewigkeit.         Ich vertraue mich ganz Gott an: in
Was könnte das bedeuten?                       Bezug auf meine Lebenszeit und ihre
                                               beschränkte Länge . Aber auch in Be-
Einstein hat in der Relativitätstheorie den    zug auf mein Jetzt, mein Tun und
Gedanken aufgebracht, dass die Zeit bei        Lassen in diesem Moment. Und ge-
sich bewegenden Körpern (z.B. Uhren)           nauso in Bezug auf meine Vergan-
nicht immer gleich schnell läuft. Dies hat     genheit:
mich zu einem Gedanken über Gottes             Ich vertraue Gott meine Abtrünnig-
Grösse gebracht: Wenn Gott der Ursprung        keit und meine Selbstbezogenheit an
aller Dinge ist und er die Naturgesetze        und bitte um seine Vergebung. Ich
erdacht hat, könnte es dann nicht sein,        danke für alles Empfangene in Ver-
dass er auch über der Zeit steht? Gott wäre    gangenheit und Gegenwart. Und ich
keiner Vergänglichkeit unterworfen und         strecke ihm meine Zukunft hin , egal
auch nicht an die laufende Zeit gebunden!      wie lange sie noch dauert hienieden ,
Ein waghalsiger Gedanke, aber auch einer,      sie ist von seiner Hoffnung geprägt
der Grenzen sprengt.                           und hat ihr Ziel ganz bei ihm.
Paulus äussert sich in diese Richtung:
«Denn auch die Schöpfung wird frei wer-
den von der Knechtschaft (oder Sklaverei)
der Vergänglichkeit zu der herrlichen Frei-
heit der Kinder Gottes.» (Römer 8,21)
                Uwe Kaiser, Pfarrer in Olten

                                                                                              5
Kirchen-Info - "Ein jegliches hat seine Zeit" - Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Olten - Ref. Kirchgemeinde Olten
DOMINIK MAEGLI

                                                        «Zeit ist für mich etwas, das wir täglich
                                                        Dominik Maegli ist diplomierter Uhrmacher und führt mit seiner
                                                        Frau Franziska Maegli-Fuchs die Bijouterie Maegli mit Ladenge-
                                                        schäften in Olten, Solothurn und Bern.

                                                                   Dominik Maegli, Sie sind diplomierter Uhrmacher. Was faszi-
                                                                   niert Sie an Uhren?
                                                                   Es gibt neben Schmuck kaum einen anderen Gegenstand der mit
                                                                   so viel Emotionalität verbunden und von so einer starken Geschich-
                                                                   te geprägt ist wie die mechanische Uhr. Sehr oft ist der Kauf einer
                                                                    Uhr mit einem speziellen Ereignis verbunden, an das man sich dank
                                                                     dieser noch nach Jahrzehnten oder sogar Generationen erinnert.
                                                                      Und dann ist da eben auch die Geschichte, welche für mich mit
                                                                      jeder hochwertigen mechanischen Uhr wortwörtlich mit-
                                                                       schwingt. Die Geschichte der Zeitmessung, welche bis in die
                                                                       frühsten Tage der Menschheit zurückreicht, ist geprägt von
                                                                       einem unglaublichen Erfindergeist und dem bedingungslosen
                                                                        Streben nach Präzision. Dass diese kleinen, mechanischen Wun-
                                                                         derwerke auch in unserer heutigen digitalisierten Welt nichts
                                                                           von ihrer Faszination verloren haben, spricht eindeutig für
                                                                            ihre weltliche Unsterblichkeit.

                                                                            Die traditionelle Funktion einer Uhr ist die Zeit-
                                                                            messung. Zeit ist eine physikalische Grösse, die in
                                                                           Sekunden messbar ist. Aber was Zeit genau ist, da-
                                                                           rüber haben sich schon viele Philosophen den Kopf
                                                                           zerbrochen. Augustinus hat in seinen Bekenntnissen
                                                                           geschrieben: «Was also ist Zeit? Wenn niemand mich
                                                                          danach fragt, weiss ich’s, will ich’s aber einem Fra-
                                                                          genden erklären, weiss ich’s nicht.» Was ist Zeit für Sie?
                                                                          Mir geht es ähnlich wie Augustinus. Aber versuchen wir es mal
                                                                         so: Zeit ist für mich etwas, das wir täglich aufs Neue geschenkt
                                                                        bekommen. Die Zeit ist im Moment, in der wir sie erhalten,
                                                                      neutral. Es liegt an uns, was wir daraus machen und wie wir sie
                                                                     nutzen; ob wir damit etwas erschaffen, gestalten, Gutes bewirken
                                                                   oder eben nicht.

                                                                   Der Slogan Ihres Geschäfts lautet «tick different». Welche Bot-
                                                                   schaft möchten Sie damit transportieren?
                                                                   In den meisten Uhrengeschäften dieser Welt findet man oft die ge-
    Zum Familienunternehmen gehören neben der Bijouterie
                                                                   nau gleichen Uhrenmarken, auf die genau gleiche Art präsentiert.
Maegli in Olten und Solothurn auch das Uhrenfachgeschäft «Uhr-
                                                                   Bei «Uhrsachen» in Bern folgen wir eben unserem Motto «tick diffe-
sachen» und der letztes Jahr eröffnete Spezialitätenladen «KON-
                                                                   rent», in dem wir viele Spezialitäten- und Nischenmarken von meist
ZEPT Uhrsachen» in Bern. Dominik Maegli führt das Geschäft in
                                                                   unabhängigen Kreateuren präsentieren. Zusammen mit unserem
vierter Generation. Er lebt mit seiner Frau Franziska und seinen
                                                                   eher klassischen Angebot in Olten und Solothurn, ergibt sich ein
beiden Kindern Samuel und Hanna in Hägendorf.
                                                                   Produkte-Mix, den es kaum sonstwo anzutreffen gibt.

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Kirchen-Info - "Ein jegliches hat seine Zeit" - Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Olten - Ref. Kirchgemeinde Olten
aufs Neue geschenkt bekommen»

   Sie führen die Bijouterie Maegli in vierter Generation – ein Uhr zu tragen, und zum anderen will ich mich auch in meiner Freizeit
   Familienbetrieb mit Tradition. Heute leben wir in einer sich orientieren können.
   ständig wandelnden Zeit. Denken wir zum Beispiel an die
   Möglichkeiten des Internets. Wie versuchen Sie die Tradition Unsere Zeit auf Erden ist begrenzt. Der Tag hat bekannterwei-
   zu bewahren und gleichzeitig mit der Zeit zu gehen?                     se nur 24 Stunden. Wofür hätten Sie gerne mehr Zeit?
   Die Kunst ist es, aus diesen Gegensätzen eine spannende Ach … eigentlich für alles. Es gibt so viele Sachen, die ich gerne ma-
   Mischung, oder noch besser Symbiose zu erschaffen. Wir sehen uns che oder machen würde, Sachen die zu kurz kommen … Dabei die
   der Tradition verpflichtet, im Wissen darum, dass wir uns vor der sich Prioritäten richtig zu setzen ist oft eine Herausforderung.
   rasend schnell entwickelnden Digitalisierung nicht
   verschliessen dürfen. Im Gegenteil, wir müssen sie            «Die Geschichte der            König David betet im Psalm 31,16: «Meine
   dort, wo es Sinn macht, insbesondere in der Kom-         Zeitmessung, welche bis in          Zeit steht in deinen Händen.» Was bedeutet
   munikation zu unseren Kunden, nutzen und mit                                                 dieses Gebet für Sie?
   unserer Tradition und unserem Fachwissen berei-              die frühsten Tage der           Eine enorme Erleichterung und Dankbarkeit.
   chern.                                                    Menschheit zurückreicht,           Denn ich teile ganz fest den Glauben von König
                                                               ist geprägt von einem            David, dass meine Zeit in Gottes Händen steht.
   Während des Lockdowns mussten auch Ihre                                                      Das heisst für mich nicht, dass alles vorbestimmt
   Filialen schliessen. Was bedeutete das für Ihre          unglaublichen   Erfindergeist       ist und ich mich nur in seinen Händen auszu-
   Arbeit? Hatten Sie plötzlich mehr Zeit?                  und dem bedingungslosen             ruhen brauche. Aber es sagt mir, dass bei all
   In einem Betrieb mit vier Ladengeschäften und              Streben nach Präzision.»          meinem Tun jemand da ist, der weit mehr weiss
   der Verantwortung für 17 Mitarbeitende bedeutet                                              als ich überhaupt nur erahnen kann und damit
   auch ein «Lockdown» nicht völliger Stillstand. Aber                                          meiner Zeit einen Halt gibt. Dadurch kann ich
   ja, ein bisschen mehr Zeit gab es schon. Und vor allem eine andere mit Vertrauen auch in der aktuellen Zeit etwas wagen.
   Wahrnehmung der Zeit und eine grosse Dankbarkeit. Eine Dankbar-
   keit für die unglaublichen Privilegien, welche wir in der Schweiz ge- Wenn man sich voneinander verabschiedet, wünscht man sich
   niessen und für das Gottvertrauen, welches ich persönlich erleben «eine gute Zeit». Wann erleben Sie eine gute, erfüllte Zeit?
   durfte.                                                                 Hier spielen wieder die Gegensätze. Zum einen sicherlich im
                                                                           entspannten Kreis der Familie. Zum anderen alleine an diesen ganz
   Spüren Sie die wirtschaftliche Unsicherheit auch geschäft- speziellen Orten, an denen man sich Gott etwas näher fühlt. Und
   lich? Anders gefragt: Kaufen die Menschen noch Uhren?                   dann erachte ich es als grosses Privileg einen Beruf ausüben zu
   Diese Frage stellten wir uns auch. Insbesondere, da die Prioritäten dürfen, der mir Erfüllung gibt.
   in den letzten Monaten verständlicherweise neu gegliedert wur-                                                Gespräch: Pfr. Matthias Baumann
   den. Doch heute kann ich diese Frage klar mit Ja beantworten. Und
   eigentlich ist dies auch gar nicht weiter erstaunlich. Denn die Werte,                                              Bijouterie Maegli – ein
   welche eine hochwertige, mechanische Uhr verkörpet, haben sich                                                   Familienunternehmen
   durch die aktuellen Ereignisse nur noch gefestigt. Ich spreche nicht                                             mit Tradition. Hinten
   von übertriebenem Luxus, sondern von der Freude an nachhaltigen,                                                 Dominik Maegli mit
   handwerklichen und höchst emotionalen Produkten.                                                                 Ehefrau Franziska.
                                                                                                                  Vorne die Eltern Annelies
   Heutzutage wird die Zeit künstlich getrennt – zum Beispiel in                                                  und Rudolf A. Maegli.
   Arbeits- und in Freizeit. Tragen Sie in der Freizeit eine Uhr?                                                 Fotos: meo

   Auf jeden Fall. Denn zum einen ist es für mich ein Vergnügen eine

                                                                                                                                              7
Kirchen-Info - "Ein jegliches hat seine Zeit" - Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Olten - Ref. Kirchgemeinde Olten
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Kirchen-Info - "Ein jegliches hat seine Zeit" - Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Olten - Ref. Kirchgemeinde Olten
GLOCKENGELÄUT

Warum läuten eigentlich die Glocken?
Die Tradition des Glockengeläuts existiert in vielen Teilen der Schweiz und
auch in anderen Ländern – aber lange nicht in allen christlichen Regionen der
Welt. Woher kommt diese Tradition und was bedeutet sie?

Das Läuten als Ruf zum Gottesdienst wur-      Diese Funktion wurde bald auf christliche
de erst im Laufe des 5. und 6. Jahrhunderts   Gemeinden ausgedehnt. Die Glocken
bekannt und fand durch irische Wander-        sollten den Tag der Christen ordnen und sie
mönche weitreichendere Verbreitung.           zum gemeinsamen Gebet versammeln.
Als die Einsiedler sich zunehmend in          In der heutigen Schweiz wird nicht in allen
Mönchsiedlungen zusammenfanden und            Kantonen, ja nicht einmal in allen Kirchen
klösterliche Gemeinschaften gründeten,        einer Kirchgemeinde nach der gleichen
bekam die Glocke eine weitere Funktion.       «Ordnung» geläutet. Aber ein paar allge-
Sie wanderte auf einen Turm oder an eine      meine Dinge lassen sich trotzdem darü-
Wand und wurde mit dem Seil geläutet,         ber sagen: Vielerorts gibt es über den Tag
um allen ein Zeichen zu geben. Dieses         verteilt zwei bis drei sogenannte «Betzeit»
«signum dare» (lateinisch für «Zeichen ge-    -Läuten. Sie erinnern uns im Alltag daran,
ben») als Aufgabe der Glocke steht erstmals   die Zeit nicht einfach vorbeirasen zu las-
beim Mönchsvater Pachomius (4. Jahrhun-       sen, sondern ab und zu inne zu halten und
dert) in dessen Mönchsregeln. Er wollte,      vielleicht auch zu beten. Beides Dinge, die
dass das Leben in der Gemeinschaft einen      in unserer Zeit immer weniger Menschen
sinnvollen, menschendienlichen Rhythmus       bewusst tun. In früheren Zeiten kennzeich-
hatte und in einem Wechsel aus Arbeit, Ge-    nete dieses Geläut auch den Beginn der
bet und Musse geregelt war.                   Arbeitszeit am Morgen (z.B. in einer Fabrik),

                                              Läutordnung der Kirchen in der Ev.-Ref. Kirchgemeinde Olten

                                              Nebst dem Einläuten der Gottesdienste           Friedenskirche 18.30 Uhr (Winter, 19.30 Uhr
                                              und des neuen Jahres, das in all unseren        (Sommer). «Zeichenläuten», Sonntag, 7.55
                                              Kirchen stattfindet, wird zu folgenden          Uhr, Friedenskirche
                                              Zeiten geläutet:
                                                                                              Trimbach
                                              Dulliken                                        «Betzeit»-Läuten: um 7 Uhr (an Sonn- und
                                              «Betzeit»-Läuten: Montag bis Freitag: 6 Uhr,    Feiertagen 8 Uhr), 12 Uhr und 19 Uhr.
                                              12 Uhr und 18 Uhr, Samstag nur 6 und            «Endläuten» um 11 oder 17 Uhr, werktags;
                                              12 Uhr                                          das Endläuten für einen Mann beträgt drei-
                                              Sonntag einläuten: Samstag, 20 Uhr              mal eine Minute, für eine Frau zweimal eine
                                              «Endläuten»: nur auf Verlangen, werktags,       Minute und für ein Kind einmal eine Minute.
                                              10 oder 16 Uhr, es tönt für alle Verstorbenen   Bei Bestattungen mit Beginn auf dem Fried-
                                              gleich                                          hof wird nach dem allgemeinen Einläuten
                                              Hägendorf                                       noch drei Minuten mit der grössten Glocke
                                              Sonntag einläuten: Samstag, 18.30 Uhr           geläutet. Sonntag einläuten: mit der katho-
                                              Olten                                           lischen Kirche: Samstag, 17.15 Uhr
                                              (Pauluskirche und Friedenskirche)               Wangen
                         Glockenturm          «Betzeit»-Läuten: Montag bis Freitag: 12 Uhr    Sonntag einläuten: Samstag, 18 Uhr
                         der Trimbacher       und 18.25 Uhr (Winter), 19.25 Uhr (Sommer)      «Zeichenläuten»: Sonntag eine Stunde vor
                         Johanneskirche.      Sonntag einläuten: Samstag, 17.20 Uhr.          dem Gottesdienst

10
Bücher zum Thema Zeit
                                                Zum Thema «Zeit» stellt Ursula Rutschi drei ganz unterschiedliche Bücher vor,
                                                die alle in ihrer Art als Klassiker gelten.

                                                                      «MOMO» von Micha-          Sten Nadolnys vielfach preisgekrönter Best-
                                                                      el Ende, die seltsame      seller ist zugleich ein Seefahrerroman, ein
                                                                      Geschichte von den         Roman über das Abenteuer und die Sehn-
                                                                      Zeit-Dieben und vom        sucht danach und ein Entwicklungsroman.
                                                                      Kind, das den Men-         Sten Nadolny hat die Biografie des eng-
                                                                      schen die gestohlene       lischen Seefahrers und Nordpolforschers
                                                                      Zeit zurückbrachte,        John Franklin (1786-1847) zu einer subtilen
                                                                      ist in verschiedenen       Studie über die Zeit umgeschrieben.
                                                                      Ausgaben erhältlich.
                                                                                                                        «WENN DU ES EILIG
                                                Momo, ein kleines struppiges Mädchen, lebt                              HAST, GEHE LANG-
                                                am Rande einer Großstadt in den Ruinen                                  SAM», von Lothar
                                                eines Amphitheaters. Sie besitzt nichts als                             Seiwert, ISBN 978-3-
                                                das, was sie findet oder was man ihr schenkt,                           593-50895-5, Campus
                                                und eine aussergewöhnliche Gabe: sie hört                               Verlag.
                            Blick in den
                                                Menschen zu und schenkt ihnen Zeit. Doch
                            Glockenstuhl
                                                eines Tages rückt das gespenstische Heer                                 Ursprüngliches Zeit-
                            der Friedens-
                                                der grauen Herren in die Stadt ein. Sie haben                            management schulte
                            kirche.
                                                es auf die kostbare Lebenszeit der Menschen                              darin, möglichst viel
                                                abgesehen und Momo ist die Einzige, die          Zeit einzusparen, um sie für andere, wich-
die Mittagspause und den Feierabend.            der dunklen Macht der Zeitdiebe noch Ein-        tigere Dinge, frei zu haben. Dies wiederum
Symbole für unseren Lebensrhythmus sind         halt gebieten kann... Dieser Jugendbuchklas-     versprach einen schnellstmöglichen Weg
auch das Einläuten des Sonntags am Sams-        siker ist auch für Erwachsene sehr lesenswert    zum Ziel – wie z. B. mehr Produktivität und
tagabend und das Aus- und Einläuten des         und regt zum Nachdenken an!                      mehr Erfolg. Sowohl im Beruf, als auch im pri-
neuen Jahrs.                                                                                     vaten Bereich. Lothar Seiwert geht mit seiner
Mancherorts läutet die kleinste Glocke - das                          «DIE ENTDECKUNG            Aufforderung im Titel dieses Buches schein-
«Totenglöcklein» -, wenn jemand aus der                               DER LANGSAMKEIT»           bar in genau die umgekehrte Richtung.
Gemeinde gestorben ist. Je nach Ortschaft                             von Sten Nadolny,          Doch der Schein trügt. In diesem Ratgeber
erkennt man dann an diesem «Endläuten»                                ISBN 978-3-492-            legt er dar, wieso es dringend notwendig
sogar, ob es sich um einen Mann, eine Frau                            20700-3, Piper Verlag.     ist, dem ursprünglichen Zeitmanagement
oder ein Kind handelt.                                                                           etwas entgegenzusetzen und warum über-
In einigen Kirchen gibt es am Sonntag-                                Seit seiner Kindheit       dies die Produktivität und der Erfolg dadurch
morgen dann ein «Zeichenläuten», meist                                träumt John Fran-          gemehrt anstatt gemindert wird.
eine Stunde vor Beginn des normalen Got-                              klin davon, zur See zu     Die vollständig überarbeitete und aktuali-
tesdienstgeläuts. Früher war das eine Art                             fahren, obwohl er dafür    sierte Ausgabe dieses Ratgeber-Klassikers
Wecker, um die Gemeinde rechtzeitig im          denkbar ungeeignet ist, denn in allem, was       erscheint in attraktiver, frischer Optik. Lothar
Gottesdienst zu haben.                          er tut, ist er extrem langsam. Doch was er       Seiwert und Werner Tiki Küstenmacher las-
Vor dem Gottesdienst, zu Hochzeiten und         einmal erfasst hat, vergisst er nicht mehr. Er   sen Hase und Schildkröte um die Wette ren-
an kirchlichen Festtagen läutet an den mei-     geht zur Marine und erlebt den Krieg. Insge-     nen und zeigen uns, wie wir das echte gute
sten Orten das «Vollgeläut», das heisst, dass   heim aber träumt er von friedlichen Fahrten      Leben ganz ohne Kampf erreichen.
alle vorhandenen Glocken miteinander er-        auf See und von der Entdeckung der legen-
klingen.                                        dären Nordwestpassage. Als Kommandant
                              Ursula Rutschi    eines Schiffes begibt er sich auf die Suche…

                                                                                                                                           11
UMFRAGE

Unverhofft Zeit haben: Wie habt ihr den Lockdown erlebt?
Vier Beispiele aus der Kirchgmeinde Olten: ein Schüler, eine Seniorin, eine junge Familie, ein Geschäftsmann.
Fazit: Der Lockdown war nicht nur ein bedrückendes Erlebnis, sondern bot auch ganz neue Chancen.

«Kontakt mit Kollegen fehlte mir»                                                     «Manchmal half mir ein Gebet»

   Ich fand die Zeit mühsam und schwierig                                                In Anbetracht meines Alters und meiner
– viel lieber wäre ich zur Schule gegangen!                                           Lebensqualität ging es mir in diesem spe-
                                                                                      ziellem Lebensabschnitt gut. Diese Zeit er-
Es fehlte mir ein Wochenrhythmus und auch                                             möglichte es mir, den Tag in meinem Rhyth-
eine Struktur im Tag. Normalerweise, logisch                                          mus und nach meinem Befinden zu erleben,
als Schüler, ist meine Woche durch den                                                da ich ganz auf mich zurückgeworfen war.
Stundenplan vorgegeben. Nach der Schule                                               Nun musste ich keine Termine mehr wahr-
kommt dann, je nach Tag, noch der Musik-         Elia Rutschi beim Homeschooling      nehmen. Vorher hatte ich verschiedene Ak-
unterricht oder das Training bei den Ponto-                                           tivitäten ausser Haus, jetzt hiess es: «Bleiben
nieren dazu. Die Tage haben sich zwar ein                                             Sie zu Hause.»
wenig angefühlt wie Ferien, aber ich musste
ja dann doch pünktlich im Online-Unterricht                                           Mein Motto war, einen Tag nach dem andern
sein.                                                                                 zu nehmen und das Beste aus der Situation
                                                           Meine Zeit steht in        zu machen. Mit einem positiven, täglichen
Dieser Unterricht, bzw. speziell die Organisa-                                        Text und Bibelspruch versuchte ich, den Tag
tion der zu erledigenden Arbeiten, war sehr                 deinen Händen.            in Achtsamkeit zu beginnen und so meine
unterschiedlich von Lehrperson zu Lehrper-                     Psalm 31.16            positiven Gedanken zu bündeln. Das half
son. Von einer Lehrerin haben wir einen ge-                                           mir, dankbar zu sein für alles, was ich habe,
nauen Wochenplan erhalten, was sie wann                                               und das ist nicht wenig.
von uns erwartet; wir erhielten jeweils pro          Die Gegenwart ist die einzige
Woche ein Dossier mit Seitenzahlen, das wir          Zeit, die uns wirklich gehört.   Mein Vertrauen zu Gott und meine Lebens-
durcharbeiten mussten. Ein Lehrer hat zwar                                            erfahrungen gaben mir festen Halt.
                                                               Blaise Pascal
auch ein Dossier für uns hochgeladen –
aber es war mir nie ganz klar, was wir davon                                          Mit dem Telefon war ich mit Verwandten,
lösen mussten und was einfach zusätzliches                                            Bekannten und Freunden in Kontakt, regel-
Übungsmaterial war. Wieder jemand anders                                              mässig mit meiner 20-jährigen Enkelin. Es
hat mehrfach die gleichen Unterlagen in                                               war interessant zu hören, wie sie als Matu-
den verschiedenen Online-Wochenordnern                                                randin diese Zeit erlebte.
                                                          Marguerite Egger
abgelegt, und ein anderer Lehrer hatte
mehrere Wochen hintereinander auf dem                                                 Die erwachende Frühlingsnatur war eine
Wochenauftrag das Datum der gleichen                                                  Wohltat. Zu sehen, welche Kraft in der Natur
Woche – auch da wusste ich nicht, was von                                             vorhanden ist und das schöne Wetter inspi-
mir erwartet wurde. Fortlaufende Seiten-                                              rierten mich zu Dankbarkeit.
zahlen auf allen Blättern und klarere Anwei-                                          Ich habe auch viel gelesen, interessierte
sungen hätten mir sehr geholfen.                                                      mich für die Fachartikel zur Pandemie. Es
                                                                                      wurde mir nie langweilig. Natürlich gab es
Was mich sonst am meisten gestört hat war,                                            auch Tage, an denen mich die Tragweite
dass ich niemanden mehr besuchen durfte.                                              dieses Virus nachdenklich stimmte. In diesen
Der Kontakt mit meinen Kollegen fehlte mir!                                           Situationen half mir besonders ein Gebet
                                                                                      und meine Empathie für die Welt.
                  Elia Rutschi (16), Trimbach                                                          Marguerite Egger, Trimbach

12
Maeve, Alexandra, Leon

«Mit Humor und Verständnis                        «Die Zeit für einmal anders
haben wir die Zeit überstanden»                   genutzt – eine gute Erfahrung»

    Einmal gestartet, erledigten die Kinder           Es war eigenartig, als sich Mitte März der
ihre Schulaufgaben selbständig, doch ich          Terminkalender plötzlich leerte. Norma-
hatte immer Einiges zu tun mit Erklären, pas-     lerweise sind meine Tage und Abende mit
sendes Video oder richtige Tonspur starten        Sitzungen und Veranstaltungen gut gefüllt.
und abwechslungsweise Gummi, Spitzer,             Und plötzlich: alles abgesagt. Das fühlte sich
Leim, Lieblingsbleistift unter den Papieren       ambivalent an. Einerseits entspannt, ander-
auf dem Küchentisch zu finden.                    seits unwirklich und unsicher. Doch lange
                                                  blieb der Kalender nicht leer. Kaum im Ho-
Meine Arbeit verrichtete ich vor allem am         meoffice eingerichtet, füllte er sich mit Tele-
frühen Morgen und am Nachmittag, wenn             fon- und Videokonferenzen oder Webinaren.
die Kinder fertig waren mit dem Pflichtpro-       Es zeigte sich, dass ich einen Grossteil meiner
gramm, aber Anrufe kann man nicht gross           Arbeit sehr gut aus dem Homeoffice erledi-         Rolf Schmid
steuern. Gleichzeitig ein dringendes ge-          gen kann.
schäftliches Telefonat zu führen, Maeve beim      Zwar fehlten mir die persönlichen Kontakte,
Skype-Musikunterricht zu unterstützen und         doch zugegeben, die Online-Meetings wa-
dabei noch Leon zu überzeugen, doch bitte         ren oft effizienter als reale Treffen. Nicht zu-
leiser Feuerwehr zu spielen, wird mir in leb-     letzt, weil die Reisezeit wegfiel.
hafter Erinnerung bleiben. Doch mit Humor         Hatte ich unverhofft Zeit? Die Tage waren
und Verständnis von allen Beteiligten haben       weiter gut gefüllt, doch die freien Abende
                                                                                                        Argwöhnisch wacht der Mensch
wir die Zeit überstanden. Zum Glück durfte        bei der Familie waren wunderbar. Es gab
ich viele Überstunden abbauen und war auf         aber auch zusätzliche Belastungen. Unser                über alles, was ihm gehört.
diese Weise entlastet.                            4-jähriger Sohn wurde bisher an einem Tag            Nur die Zeit lässt er sich stehlen.
In der Freizeit war ich froh um die Detektiv-     durch seine Grossmutter und an zwei Tagen
aufgaben der «Waldliechtig» und die Anre-         in der Kita betreut. Von einem Tag auf den                       Linus Carl Pauling
gungen von «Reli zu Hause», falls den Kin-        andern durfte die Grossmutter nicht mehr
dern mal langweilig wurde. Uns gefiel auch,       hüten und die Kita musste schliessen. Für
                                                                                                     Es gibt nichts, wofür man Zeit findet,
dass wir uns diese Inhalte frei einteilen konn-   meine ebenfalls berufstätige Frau und mich
ten und ich so die Kinder ungestört spielen       war es eine Herausforderung, die Tage so zu           wenn man Zeit haben möchte,
lassen konnte, wenn sie einmal in ihre Fanta-     organisieren, dass wir unserem Sohn und               muss man sich welche schaffen.
siewelt abtauchten. Durch die Anregungen          dem Job gerecht wurden.
                                                                                                               Franz Leopold Ranke
hatten wir einige spannende Gespräche             Es war eine anstrengende Zeit, doch ich sehe
über den Glauben, für die ich im normalen         das positiv. Der Lockdown hat mir Zeit mit
Alltag sicher keine Zeit gefunden hätte.          meinem Sohn geschenkt. Zeit, die ich mir
                                                                                                            Denkt an das 5. Gebot,
                                                  «normalerweise» so nicht genommen hätte.
Weniger Programm ist mehr, haben wir he-                                                                   schlagt eure Zeit nicht tot.
rausgefunden. Doch wir sind trotzdem alle         Zeit hat man immer gleich viel, doch habe                          Erich Kästner
froh, hatten wir mit den Lockerungen wieder       ich sie während des Lockdowns für einmal
mehr Kontakte.                                    anders genutzt. Das war eine gute Erfahrung.
                           Alexandra Frei (35)                     Rolf Schmid, Starrkirch-Wil
                  mit Maeve (8) und Leon (6)                 Wirtschaftsförderer Region Olten

                                                                                                                                          13
GEDANKEN EINER FRISCH PENSIONIERTEN

Zeit haben und frei sein!
Welch ein Privileg! Nach einem anforderungsreichen und erfüllten Berufsleben nun seit gut einem
Jahr die Pensionierung. Noch ist nicht alles eingespielt, zum Glück: Es gilt, diese kostbare Lebenszeit
zu gestalten, Schritt für Schritt.

Auf meinem Büchergestell steht an promi-        Der Druck ist weg                               das, was ich tue, für das, was mir Sinn und
nenter Stelle das alte Büchlein des dama-       Es ist ein wunderbares Gefühl, dass die         Erfüllung geben soll. Es gibt keine Ausflüch-
ligen Zürcher Arztes Theodor Bovet: Zeit ha-    Arbeits-Verpflichtungen und der damit ver-      te mehr nach dem Motto «Die Arbeit muss
ben und frei sein. Als sehr junge Frau habe     bundene Druck weg sind. Dass ich dies als       sein, und sie gibt mir Sinn», oder «Ich muss
ich dies studiert, und es hat mich begleitet    Erleichterung erlebe, hat mich etwas er-        die Erwartungen anderer erfüllen».
durchs ganze Berufsleben, als Lehrerin, als     staunt: Ich war nämlich sehr gerne und mit      Nein, es gibt keine substantiellen automa-
Pfarrerin. Der Buchtitel bringt kurz und bün-   viel Herzblut Pfarrerin und konnte mir nicht    tischen Erwartungen mehr an mich. Das ist
dig das für mich Wesentliche auf den Punkt:     vorstellen, wie es ohne Pfarramt sein würde.    gut so, auch wenn es zeitweise ein Gefühl
Es geht darum, bewusst meine Zeit und           Jetzt also das positive Erleben, über meine     der Leere auszuhalten gilt. Ich darf selber
meine Freiheit zu leben, auch jetzt als Pen-    Zeit verfügen zu können – es ist ein Gefühl     bestimmen, womit ich meine Zeit füllen
sionierte.                                      der Freiheit, das ich jeden Tag unendlich       will – das ist wohl mein schönstes Pensio-
Ganz zuerst: Es ist ein Privileg, gesund und    schätze.                                        nierungs-Geschenk. Es bedeutet aber auch:
wirtschaftlich abgesichert das Pensionsalter                                                    Ich darf nicht nur, sondern ich muss auch
gestalten zu können. Beides ist nicht selbst-   Ich darf selber bestimmen,                      selber entscheiden, was mir wichtig ist, wo-
verständlich, und ich bin dankbar dafür. Drei   wie ich meine Zeit gestalte                     für ich meine Zeit brauchen will. Ich muss
Dinge bewegen mich darüber hinaus be-           Zugleich spüre ich, dass es nicht immer         abwägen, wie ich umgehe mit den eigenen
sonders.                                        einfach ist, nun allein zuständig zu sein für   Bedürfnissen und denjenigen anderer. Ich
                                                                                                muss – und darf! – wählen, wofür ich meine
                                                                                                Zeit einsetze.

                                                                                                «Gib mir Weisheit, gib mir Mut!»
                                                                                                Jeder Morgen beginnt mit einer Zeit der
                                                                                                Stille, der Meditation, zwar unspektakulär,
                                                                                                aber doch: ein kleiner «heiliger Augenblick».
                                                                                                Denn dieser Moment gibt mir die Gelassen-
                                                                                                heit, die offenen Fragen auszuhalten und
                                                                                                Schritt für Schritt zu beantworten: Sind jetzt
                                                                                                meine Hobbies an der Reihe, Kalligraphie,
                                                                                                Geige, das Erleben der Natur…? Ist jetzt
                                                                                                die hohe Zeit der Freundschaften? Welche
                                                                                                Priorität nimmt die Partnerschaft und das
                                                                                                «Enkelkinder»-Hüten ein? Und welches ist
                                                                                                mein übriger Beitrag an eine Welt von Mor-
                                                                                                gen? Wartet noch eine neue Herausforde-
                                                                                                rung, ein neues Engagement auf mich?
                                                                                                Wie bereits während meiner Oltner Pfarr-
                                                                                                amtszeit singe ich jeden Morgen den
                                                                                                Wunsch, die Bitte um Weisheit und um Mut.
                                                                                                Sie beide mögen mich begleiten in meinen
                                                                                                Entscheidungen für ein erfülltes und freies
                                                                                                Pensioniertenleben.
                                                                                                                           Katharina Fuhrer,
Katharina Fuhrer bei einem Ausflug an den Rheinfall. Foto zVg                                                     pens. Pfarrerin Olten Stadt

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JUGENDSEITE

Hallo zusammen!

«        Ich bins, die Lea, ein 18jähriges
         Mädchen aus Trimbach. Meist
können mich alle schon von weitem
hören, da ich singend durch die Gegend
laufe. Ich mache die Lehre zur Kleinkin-
dererzieherin. In Trimbach, Hägendorf,
Wangen und ab und zu in Olten bin ich in
den Kirchen und Jugendtreffs als helfende
Hand anzutreffen. Ihr seht mich evtl. auch
mal in einem Gottesdienst auf der Bühne,
wenn ich mit der Pharus-Band am Singen
bin. Und wisst ihr was?
Ich liebe Gott.
Gott hat mein
Leben verän-
dert und ich
möchte ihn nie
wieder missen.
Habt einen
schönen Tag
und seit
gesegnet.

P.S. Ich zeichne

         »
für mein Leben
gerne!

Text, Foto, Illustration: Lea Fürst

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RUBRIK: DAS GEFÄLLT MIR

«Unsere Kirche braucht euch alle!»
                           «                                        In unserer Kirche enga-
                                                               gieren sich viele Menschen.
                                                                                                    meinde. Eine Kirchgemeinde, die zusam-
                                                                                                    mensteht und in der sich die Mitglieder
                                                               Die Kirche lebt dank der             unterstützen und im Glauben wachsen.
                                                               Mitwirkung von Mitgliedern,          Niemand soll vergessen gehen oder den An-
                                                               die sich ehrenamtlich oder           schluss verlieren. Gott möge uns mit seinem
                                                               hauptberuflich für unsere            Segen beistehen, so dass wir unsere Aufga-
                                               Gemeinde einsetzen.                                  ben im Dienste seiner Kirchgemeinde Olten
                                               Durch Gottes Wort und Geist werden wir alle          erfüllen können.
                                               in diese Aufgaben gerufen, jeder mit seinen
                                               eigenen Gaben. Es gibt verschiedene Gaben,           Herausforderungen:
                                               und es gibt viele verschiedene Aufgaben.             Zeit ist ein wichtiges Thema, wenn es um
                                               In seinem ersten Brief an die Christen in Ko-        Freiwilligenarbeit geht. Habe ich Zeit, mich
                                               rinth (1. Kor 12, 12-31) spricht der Apostel         neben Beruf, Familie, Freunden, Hobbies und
                                               Paulus über die Kirche, die eine Gemein-             Sport ehrenamtlich zu engagieren?
  Johann Post
                                               schaft von vielen Mitgliedern ist. Sie sind alle     Die Zeit ist flüchtig – ich muss mir immer
  Mitglied des Kirchgemeinderates
                                               einzigartig. Wir brauchen einander; gemein-          wieder überlegen, was für mich wirklich
                                               sam bilden wir die Gemeinde von Christus             wichtig ist. Unser Leben und die Zeit, die
Zur Person: Johan Post, 53 Jahre,
                                               und funktionieren als seine Kirche.                  wir zur Verfügung haben sind ein Geschenk
MRI Applikationsspezialist.                    Ich wünsche mir, dass die vielfältigen Aufga-        Gottes. Wir sollten unsere geschenkte Zeit
Er wohnt in Trimbach, ist verheiratet          ben in unserer Kirchgemeinde durch viele             deshalb auch immer wieder unseren Mit-
und hat drei Kinder.                           Menschen erledigt werden. Jede Gabe und              menschen zur Verfügung stellen, für sie da
                                                                                                    sein und mit ihnen die Gemeinschaft in un-
                                                                                                                        »
                                               Aufgabe ist wertvoll.
                                               Ich wünsche mir eine lebendige Kirchge-              serer Kirche leben.

    Lieblingsorte von Johan Post: Melchsee-Frutt und Insel Texel (Niederlande).

                                                                                                    Berge und Meer
                                                                                                    Ich habe grundsätzlich zwei Lieblings-
                                                                                                    orte: die Schweizer Berge und das Meer.
                                                                                                    An beiden Orten finde ich Ruhe und kann
Melchsee-Frutt

                                                                                                    staunend die Zeit vergessen. Am Nordsee-
                                                                                                    strand auf der Insel Texel fühle ich mich sehr
                                                                                                    wohl. Strand, Ebbe, Flut, Wind, Sonne, Salz
                                                                                                    und Sand faszinieren mich, egal in welcher
                                                                                                    Jahreszeit. Kein Tag ist wie der andere; die
                                                                                                    Natur ist ständig in Bewegung.
                                                                                                    Als ich vor 25 Jahren aus Holland in die
                                                                                                    Schweiz kam, hatte ich noch nie Berge ge-
                                                                                                    sehen. Ein erster Skitag auf Melchsee-Frutt
                                                                                                    war für mich ein gewaltiges Erlebnis. Alles
                                                                                                    weiss – wie im Bilderbuch und noch viel
                                                                                      Insel Texel

                                                                                                    schöner als ich es mir vorgestellt hatte. Seit-
                                                                                                    her verbringe ich mit meiner Familie regel-
                                                                                                    mässig Winterferien in den Bergen.
                                                                                                    Ich geniesse die Aussicht auf die impo-
                                                                                                    santen Viertausender und staune stets aufs
                                                                                                    Neue darüber, wie einzigartig unser Schöp-
                                                                                                    fer die Welt gemacht hat.

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