Klimaneutrale Wärme aus Geothermie 2030 / 2050 - Antworten auf zentrale Fragen Mai 2021
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Bundesverband Geothermie GtV Service GmbH Klimaneutrale Wärme aus Geothermie 2030 / 2050 Antworten auf zentrale Fragen Mai 2021 Bundesverband Geothermie e. V. | www.geothermie.de
Inhalt Vorwort ...........01 1. Wie kann eine klimaneutrale Wärmeversorgung 2050 und der Weg dahin aussehen? ...........02 1.1 Bausteine für Technologien und Infrastrukturen ...........02 1.2 Zeitachse und Planungshorizonte ...........04 1.3 Forschungsbedarf ...........05 2. Was kann die Bundesregierung in den nächsten Jahren tun, um über die mit dem Klimaschutzprogramm 2030 bereits beschlossenen Maßnahmen hinaus Investitionen im Wärmebereich in Richtung Klimaneutralität zu lenken? ...........06 3. Wie können Planungsprozesse für eine klimaneutrale Wärmeversorgung und die dazugehörigen Infrastrukturen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene aussehen? ...........08 4. Wie können verschiedene Player aus verschiedenen Sektoren zu- sammengebracht werden und welche Aggregatoren sind notwendig? ...........09 5. Leitfragen für den Dialog Klimaneutrale Wärme ...........10 5.1 Bausteine auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung ...........10 5.2 Infrastrukturen für die Wärmewende ...........12 5.3 Leitfragen zum Emissionshandel ...........13 5.4 Leitfragen zu Steuern, Abgaben, Umlagen und Entgelte ...........13 5.5 Leitfragen zur Förderung von Markteinführung und Markterhalt ...........14 5.6 Leitfragen zu Energiegebäudestandards und ordnungsrechtlichen Aspekten ...........14 5.7 Leitfragen zur Überregionalen Infrastrukturplanung ...........15 5.8 Leitfragen zur Kommunalen Wärmeplanung ...........15 5.9 Leitfragen zur Forschung, Entwicklung, Innovation ...........15 5.10 Leitfragen zur Digitalisierung ...........17 6. Praxisbeispiel - Erdwärme Grünwald ...........18 7. Autoren ...........19 Abkürzungen ...........22
Klimaneutrale Wärme aus Geothermie 2030 / 2050 Antworten auf zentrale Fragen | Mai 2021 Vorwort Das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 ver- Der größte Anteil des Primärenergieverbrauchs in pflichtet Deutschland, seinen anteiligen Treibhaus- Deutschland entfällt auf den Wärme- und Kältemarkt gasausstoß massiv zu senken. Dazu verabschiedete (ca. 50 %). In diesen Sektor fand bisher nur ein lang- der Deutsche Bundestag u. a. das Klimaschutzgesetz, samer, weitgehend auf Biomasse begrenzter Aus- welches für verschiedene Sektoren Einsparziele fest- bau statt. Die effizienteste Form, den Wärmemarkt legte. Insgesamt plant Deutschland eine Reduktion mittels Sektorkopplung mit dem Strommarkt zu der Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 1990 verknüpfen, erfolgt über die Nutzung der geothermi- um 65 % bis 2030 und das Erreichen der bilanziellen schen Ressourcen. Oberflächennahe und Tiefe Geo- Klimaneutralität bis 2050. Dies soll vor allem durch thermie haben den geringsten Flächenbedarf pro Ki- den Ausbau erneuerbarer Energien sowie eine Steige- lowattsunde, die höchste Jahresarbeitszahl, sowie die rung der Energieeffizienz erreicht werden. Das Bun- geringsten Gestehungskosten aller EE-Technologien. desverfassungsgericht unterstrich in seinem Urteil Geothermie ist jederzeit und Jahreszeiten unabhängig vom 29. April 2021, dass eine Verlagerung von Treib- verfügbar und hat den geringsten CO2-äquivalenten hausgasminderungen in die Zukunft aufgrund von Fußabdruck pro Kilowattstunde. unterlassenen Maßnahmen nicht zulässig sei. Dies bedeutet, dass der Ausbau der Nutzung Erneuerbarer In der Broschüre „Dialog Klimaneutrale Wärme – Ziel- Energien stark beschleunigt werden muss. bild, Bausteine und Weichstellung 2030/2050“ vom Februar 2021 stellt das Bundeministerium für Wirt- Dies erfordert die zügige Transformation des ge- schaft und Energie (BMWi) zentrale Fragen für die samten Energiesystems von der Erzeugung über zukünftige nachhaltige Energieversorgung Deutsch- die Verteilung, Speicherung bis hin zur Nutzung von lands und Europas. Energieträgern. Der Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 und der Kohlenutzung bis spätestens 2038 er- Zur Beantwortung dieser Fragen spielt die Nutzung fordert weitere Alternativen in der Strom- und Wär- der geothermischen Energie aufgrund ihrer Nut- meversorgung. Da der Grad der Dekarbonisierung zungsbandbreite, der Grundlastfähigkeit und der re- außerhalb der Stromerzeugung noch niedrig ausfällt, gionalen Verfügbarkeit eine äußerst wichtige, wenn wird der Bedarf an erneuerbarer Energie stark stei- nicht sogar entscheidende Rolle. gen. Bisher werden noch über 90 % der Wohngebäude mit Kohle, Erdgas oder Erdöl beheizt. Eine zukünftig Deshalb hat der Bundesverband Geothermie e. V. vor allem inländische Energiebereitstellung aus Wind, (BVG) diese Fragen aufgegriffen und beantwortet sie Sonne oder Biomasse geht mit einem massiven Flä- in der vorliegenden Broschüre konkret. Die Fragestel- chenbedarf einher und beansprucht dadurch in zu- lungen entsprechen wörtlich denen der BMWi-Bro- nehmendem Maße die gesellschaftliche Akzeptanz. schüre. Auch die Nummerierung der Kapitel entspricht Aus diesem Grund wird derzeit auch der Import er- der dortigen Reihenfolge. Fragen, die an andere Ener- neuerbarer Energie, z. B. in Form von Wasserstoff, gieträger als der Geothermie gingen, sind ausgelas- diskutiert. Die Herkunft voraussichtlich hoher Im- sen worden. Die Broschüre wird abgerundet durch ein portmengen ist noch nicht konkret ersichtlich. Effi- eindrucksvolles, aktuelles Beispiel der kommunalen zienzbemühungen vor allem im Wärmemarkt zeigen Wärmeversorgung einer Gemeinde in Bayern. bisher noch wenig Erfolg. w 1
1. Wie kann eine klimaneutrale des Untergrundes zu gewinnen, gegebenenfalls in Strom umzuwandeln, zu speichern und an die Ver- Wärmeversorgung 2050 und braucher zu verteilen. Die heimische Erzeugung er- neuerbarer Wärme aus Geothermie, die zudem we- der Weg dahin aussehen? nig Fläche beansprucht, elektrischen Strom effizient nutzt sowie CO2-Emmissionen und Feinstaub optimal reduziert, ist ein wesentlicher Baustein für die Wär- Eine klimaneutrale Wärmeversorgung kann bis 2050 mewende, da sie nach Studien bei optimaler Entwick- durch einen Mix aus Geothermie, Solarthermie, Bio- lung im Jahr 2050 bis zu 60 % der Wärmeenergie bei- energie und PtX oft in Verbindung mit Wärmepumpen steuern könnte. realisiert werden. Gemäß einer aktuellen Studie des Umweltbundesamtes1 vom Oktober 2020 kann Tiefe Die Versorgung mit Warmwasser und Heizwärme Geothermie hierbei 118 TWh pro Jahr beitragen. Einen wird in urbanen Räumen häufig durch Fernwärme- deutlich höheren Beitrag kann die Oberflächennahe netze sichergestellt, während in ländlichen Gebie- Geothermie in Verbindung mit Wärmepumpen liefern. ten die Einzelversorgung von Gebäuden vorherrscht. Die Gestaltung von zentral gespeisten, effizienten Geothermie hat deutschlandweit ein enormes Wärmeversorgungsnetzen ist besonders in urbanen Potenzial, die Wärmewende wesentlich voranzu- Gegenden ein bestimmendes Element der Wärme- bringen. Denn unter unseren Füßen ist es überall wende. Für den ländlichen Raum ist der verstärkte warm, völlig unabhängig von Tages- und Jahreszeit Einsatz klimaneutral betriebener Wärmepumpen und meteorologischen Bedingungen. Geothermie ist für die Wärmewende maßgebend. Wärmepumpen daher grundlastfähig. In Bayern, im Oberrheintal und machen geothermische Wärme auch auf anderen in Mecklenburg-Vorpommern zeigen insbesondere Temperaturniveaus nutzbar, indem sie die Wärme kommunale Energieversorgungsunternehmen seit mit Hilfe von Strom auf ein höheres (oder im Falle über zwanzig Jahren, wie sich die Geothermie für die von Kühlung niedrigeres) Temperaturniveau bringen. Fernwärmeversorgung nutzen lässt. Auch im Ruhr- Dies gilt gleichermaßen für die Wärmeversorgung gebiet, im norddeutschen Tiefland, in Sachsen und in Einzelgebäuden wie für die Fernwärme, bei der anderen Regionen setzen Städte darauf, ihre Fern- Großwärmepumpen zum Einsatz kommen, um die wärmenetze nach und nach mithilfe der Geothermie vorhandenen Netze ineinander zu integrieren. Der zu dekarbonisieren. Zudem sind bereits zusätzliche Ausbau und die Ertüchtigung vorhandener Fernwär- Reservoire für die Mitteltiefe Geothermie identifiziert menetze ist dabei unerlässlich. worden. Und: Oberflächennahe Geothermie wird in Deutschland bereits hunderttausendfach genutzt Erdwärme kann auf unterschiedliche Weise genutzt und ist hinsichtlich Technik und Effizienz eine optimale werden. Mit der Oberflächennahen Geothermie, die Lösung, wenn keine Fernwärme zur Verfügung steht. die Erdwärme in den obersten 400 Metern bis zu einer Temperatur von ca. 20 °C nutzt, kann Wärme und Kälte gewonnen sowie gespeichert werden. Mit 1.1 Bausteine für Technologien und der Tiefen Geothermie erfolgt die Energiebereitstel- Infrastrukturen lung in der Regel über die Fluidförderung. Realisiert wird meist ein Thermalwasserkreislauf durch eine Geothermische Energie (Geothermie, Erdwärme) ist geothermische Dublette bestehend aus einer Förder- die unterhalb der Oberfläche der festen Erde gespei- und einer Injektionsbohrung. Angetrieben wird der cherte Wärmeenergie. Diese Wärme ist nach mensch- Thermalwasserkreislauf durch eine Förderpumpe und lichen Maßstäben unerschöpflich (Nachhaltigkeit). (falls nötig) durch zusätzliche Injektionspumpen. Geothermische Technologien sind geeignet, Wärme, oder bei Bedarf auch Kälte, aus verschiedenen Tiefen Bei der Tiefen Geothermie kann neben Wärme auch ab einem Temperaturniveau von über 100 °C durch 1 Sandrock , M. et al . (2020): Kommunaler Klimaschutz durch Verbesse- ein thermisches Kraftwerk Strom produziert wer- rung der Effizienz in der Fernwärmeversorgung mittels Nutzung von Niedertemperaturwärmequellen am Beispiel tiefengeothermischer den. Ab Temperaturen von 60 °C, d. h. ab Tiefen von Ressourcen. - Climate Change, 31/2020; Umweltbundesamt (Dessau). 1.000-1.500 m, ist eine direkte Nutzung der Erd- w 2
Effizienzmeister Geothermie € nachhaltig klimaneutral sektorenübergreifend wirtschaftlich grundlastfähig Gebäude- Prozess- wärme wärme Strom- Lithium- produktion produktion Li Thermal- Agrar- bad wirtschaft Foto: © Stephan Kelle , 2016 | Geovol Geothermieanlage Unterföhring • Datenquellen: Forschungsstelle für Energienetze und Energiespeicher (FENES) (2020), Agora Energiewende (2020), Fraunhofer (ISE 2020), eigene Erhebung Abb. 1: Produkte der Geothermie wärme ohne Temperaturanhebung (Wärmepumpen, Bereich der Oberflächennahen Geothermie sind rund Wärmetransformatoren) möglich. Häufig wird der 420.000 Anlagen installiert. Zukünftig soll verstärkt Zwischenbereich zwischen 400 m und 1.500 m mit die Nutzung zur Wärme- und Kälteversorgung aus- Temperaturen von 20-60 °C als Mitteltiefe Geother- gebaut werden sowie saisonale Wärmespeicherung mie bezeichnet. Fast alle Thermalbäder in Deutsch- initiiert werden. Die Nutzung von erdgebundenen land gehören in diese Kategorie; zukünftig wird dieser Wärmepumpen für Einfamilienhäuser und bei Neu- Bereich besonders für die Energiespeicherung von bauten von Büro- und Gewebekomplexen ist sofort größerem Interesse sein. umsetzbar. Erdwärme ist eine verlässliche Energiequelle. Mit ak- tuellen Technologien ist die hydrothermale Geother- mie zur Wärmenutzung voll einsatzfähig. Aktuell sind in Deutschland knapp 40 Heiz- und Kraftwerke so- wie kombinierte Heizkraftwerke (KWK) in Betrieb. Im w 3
1.2 Zeitachse und die Zahl der Geothermiebohrungen. Multi-Dubletten Planungshorizonte wie Multilateralerschließung werden einerseits den Zeitaufwand vergrößern, andererseits ist eine effek- Die Realisierung von Tiefengeothermie-Projekten tivere Platznutzung durch Clustern gegeben, so dass inklusive der Errichtung von geothermischen Heiz- in Folge die Anzahl von Standorten reduziert werden werken als auch in Zukunft die Installation von un- kann. terirdischen Wärmespeichern benötigen jeweils eine Vorlaufzeit von mindestens fünf Jahren, wovon Berücksichtigt werden muss außerdem die Integra- ca. zwei Jahre für die Explorationstätigkeit benötigt tion in ein bestehendes Fernwärmenetz oder ggf. der werden. Zubau bzw. Ausbau des Netzes. Je nachdem bedeutet dies einen erheblichen Zeitbedarf, der möglichst mit Der Zeithorizont von ca. fünf Jahren ist als grober anderen Projektabläufen zu synchronisieren ist. Richtwert zu verstehen, da er von verschiedenen Faktoren abhängt. Zum einen ist ausschlaggebend, welche genehmigungsrechtlichen Gegebenheiten am geplanten Standort anzutreffen sind. Insbesondere im urbanen Raum ist damit zu rechnen, dass auf- grund unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung und wegen starker Flächenkonkurrenz erhebliche Anfor- derungen zu einem erhöhten Zeitauswand führen. Der zweite maßgebliche Zeitaufwand entsteht durch Abb. 2: Ablaufschema für die Errichtung einer geothermischen Heizzentrale 2 Projektidee Vorstudie Machbarkeitsstudie Investitionsentscheid Exploration Übertageanlage Kosten Fündigkeit 100 % Gt1 Gt2 Produktion 0 1 2 3 4 Jahre 5 bis 30... 2 Stober, I., Fritzer, T., Obst, K. & Schulz, R. (2016): Tiefe Geothermie - Nutzungsmöglichkeiten in Deutschland. – 4. akt. Auflage, 87 Seiten; Hannover (LIAG). w 4
1.3 Forschungsbedarf • Entwicklung von Optimierungsverfahren zur Po- sitionierung und Verteilung von Sondenfeldern der Der Bundesverband Geothermie hat im Dezember Oberflächennahen Geothermie. 2020 einen aktuellen Bericht über „Stand der For- schung und Forschungsbedarf in der Geothermie“ 3 • Einbindung der Geothermie in Niedertemperatur- publiziert. Die zentralen Themen des Forschungsbe- netze (kalte Nahwärme) und deren Nutzung zur darfs werden im Folgenden genannt; weitere Details Wärme- und Kältespeicherung, einschließlich einer und Begründungen können dem Bericht entnommen Integration weiterer Energieerzeuger. werden. • Erarbeitung von Möglichkeiten des Umbaus beste- • Ein öffentlich gefördertes langfristiges projektun- hender Hochtemperaturnetze zu Niedertempera- abhängiges Erkundungsprogramm für relevante turnetzen; Anpassung der Wärmeverteilnetze an geothermische Reservoirformationen in Gebieten Abnehmer und Quellen. mit unzureichenden Untergrundinformationen. • Weiterentwicklung von Auslegungen von Erdson- • Durchführung eines öffentlich geförderten Bohr- denfeldern zur Wärmespeicherung und Wärme- programms an verschiedenen geothermisch rele- rückgewinnung. vanten Lokationen mit entsprechender Standort- Vorerkundung. • Entwicklung eines Masterplans Tiefenspeicherung als Komponente der Wärmewende, einschließlich • Optimierung von Tiefbohranlagen im urbanen von Speichern zur Rückverstromung. Bereich. • Demonstrationsprojekte für Stimulationstechniken in dichten Gesteinen. • Verbesserung von Verlässlichkeit und Effizienz der zur Fluidförderung genutzten Tiefpumpen. • Weiterentwicklung von Monitoring-Systemen (über und unter Tage). • Weiterentwicklung von markttauglichen Hochtem- peratur- und Großwärmepumpen. • Untersuchungen für eine effiziente und flexible ge- meinsame Wärme- und Kältebereitstellung. • Weiterentwicklung mitteltiefer Erdwärmesysteme zur Versorgung größerer (Bestands-) Objekte und Infrastrukturen. • Untersuchung der vorhandenen Bergbau-Infra- struktur im Hinblick auf geothermische Nutzung. 3 Forschung_Papier_2020_A4_20201217_Final_interaktiv.pdf (geothermie.de) o w 5
2. Was kann die Bundesregierung Grundlagen schaffen – Untergrundkenntnisse durch in den nächsten Jahren tun, Erkundungsprogramm ausbauen: um über die mit dem Klima- Die Kenntnisse des Untergrunds sind an vielen Orten unzureichend. Sie sind aber gerade für tiefengeother- schutzprogramm 2030 bereits mische Projekte von herausragender Bedeutung. Die systematische Erkundung des Untergrundes von beschlossenen Maßnahmen Staatsseite ist geeignet, eine Dynamik beim Ausbau der Tiefen Geothermie zu erzeugen. hinaus Investitionen im Informationen ausbauen – Wärmebereich in Richtung Einführung einer Beratungspflicht: Klimaneutralität zu lenken? Die Vorteile von geothermischen Heizsystemen müssen Bürger, Kommunen und Unternehmen kom- muniziert werden. Daher sollte eine verpflichtende Die Potenziale von tiefengeothermischer Fernwärme Beratung zur Wärmeerzeugung eingeführt werden. sowie Oberflächennaher Geothermie zur Beheizung Die Ergebnisse sollten im Energieausweis veröffent- von Gebäuden und Quartieren ermöglichen eine Wär- licht werden. Die BGR sollte für die öffentliche Daten- meerzeugung, die unabhängig von Brennstoffen und bereitstellung und Kommunikation befähigt werden. deren Schwankungen bei Preis und Verfügbarkeit ist. Die Nutzung der Wärme unter unseren Füßen trägt Wärme- und Stromprojekte entscheidend dazu bei, dass die ambitionierten Kli- absichern: maschutzziele der Bundesregierung erreicht wer- den. Wie das Umweltbundesamt errechnete, werden Tiefengeothermische Projekte sind im Betrieb güns- durch geothermische Anlagen pro Jahr schon jetzt ca. tig, in der Anfangsphase jedoch mit vergleichsweise 993.700 Tonnen CO2 eingespart. hohen Investitionskosten verbunden. Diese Finan- zierungshürden sollten über Eigenkapital stärkende Über die bisher schon beschlossenen Maßnahmen KfW-Ausfallbürgschaften und eine Fündigkeitsab- hinaus besitzen vor allem folgende Maßnahmen das sicherung in der Startphase kompensiert werden. Potenzial für eine deutliche Steigerung der Energiebe- reitstellung aus Geothermie. Wärmenetze mit Geothermie-Einspeisung stärken: Der Ausbau von Wärmenetzen und die Möglichkeiten zur Einspeisung von Erdwärme in diese Netze sollten gestärkt werden. Deshalb muss mit der Bundesför- Gerechte und an CO2-Emissionen derung effiziente Wärmenetze der Ausbau von geo- orientierte Belastung von thermisch kompatiblen Wärmenetzen verbessert Energieträgern: werden. Der Ansatz im Rahmen der Bundesförde- rung effiziente Wärmenetze, die Interdependenzen Nur mit fairen Preisen kann die Wärmewende und in Investitionen in Erzeugung und Infrastruktur zu damit die Energiewende als Ganzes gelingen. Von verankern, ist sehr zu begrüßen. Für den Ausbau der zentraler Bedeutung ist daher, dass die Klimaschä- Geothermie ist besonders wichtig, dass bisherige den von fossilen Energien sich im Endkundenpreis Förderbegrenzungen hinsichtlich Größe und Tiefe der adäquat niederschlagen. Daher sollten die Steuern Projekte aufgehoben werden und die Förderquote für und Abgaben zukünftig noch wesentlich deutlicher Erzeugungsanlagen insgesamt angehoben wird. Von an der Klima(schutz)wirkung der unterschiedlichen zentraler Bedeutung ist, die Förderung von Speichern Technologien orientiert werden. und die Netzanbindung von EE-Wärmeerzeugungs- w 6
anlagen an bestehende Wärmenetze in die Förderung Entlastung des EE-Stroms für einzubeziehen. Darüber hinaus gilt es, eine bessere Wärmepumpen und Tiefpumpen von bundesweite Erkundung des Untergrundes zur Er- EEG-Umlage und Stromsteuer: schließung geothermischer Projekte über bestehende Erschließungsgebiete hinaus sowie die Absicherung Durch EEG-Umlage und Stromsteuer, die dem Um- von Ausfallrisiken für die Geothermie in die Bundes- weltschutz dienen sollen, wird paradoxerweise eine förderung effiziente Wärmenetze zu integrieren. umweltfreundliche Technologie in ihrer Entwicklung blockiert. Insgesamt wird der Preis für den Strom für Novellierung der Erdwärmeheizungen durch Steuern und Abgaben Wärmelieferverordnung: verdoppelt; zum Vergleich: Öl und Gas werden nur zu 20-30 % belastet. Die Wärmelieferverordnung muss novelliert und die Erfordernisse der Betriebskostenneutralität gestri- Geothermie als chen werden, um Lock-in-Effekte zu vermeiden und Gebäudeheizung nutzen: klimaneutraler Fernwärme auch im Bestand einen deutlichen Schub zu verleihen. Geothermie ist Klima- und Umweltschutz. Deshalb müssen Genehmigungsverfahren für Geothermie- Geothermie auch in der Heizungen vereinfacht und vereinheitlicht werden. Der Prozesswärme nutzen: Einbau von Klima und Umwelt schädigenden Gas-, Öl- und Kohle- Heizungssystemen muss beendet werden. Geothermie bietet auch die Möglichkeit für einen Ein- satz als industrielle Prozesswärme. Deshalb ist hier Effizienzmeister eine Gleichstellung in der Förderrichtlinie zu Erneu- angemessen fördern: erbaren Energien in der Industrie als neuer Baustein mit aufzunehmen. Geothermie benötigt wenig Fläche und wandelt elekt- rischen Strom hocheffizient in Wärme um. Deshalb sollte diese Technologie auch stärker über die Bundes- förderung für effiziente Gebäude berücksichtigt wer- den, u. a. mit einer angemessenen Förderung für den Neubau. Angewandte Geophysik – LIAG, verändert Bildquelle: Leibniz-Institut für Ober flächen nahe Geoth ermie bis 40 0m Tiefe Geoth ermie von 4 00 m bis ca . 50 0 0 m w 7
3. Wie können Planungsprozesse (Grünflächen, Freizeit- und Erholungsflächen, Park- plätze etc.). Darüber hinaus sollten mögliche Stand- für eine klimaneutrale Wärme- orte auf Grundlage seismischer Untersuchungen, der Anbindung an bestehende Wärmenetze sowie versorgung und die dazuge- der Nähe zu den Verbrauchszentren geprüft werden. Dabei sollte insbesondere die Berücksichtigung der hörigen Infrastrukturen auf Geothermie bei der Erreichung städtischer Klimaziele im Wärmemarkt sowie bei der Versorgung von Neu- kommunaler, Landes- und bau- und Sanierungsquartieren untersucht werden. Bundesebene aussehen? Einen wesentlichen Bestandteil der kommunalen Wärmeplanung stellt die Abschätzung des im Rah- men der Transformation der (Fern-)Wärmeerzeu- Für die mehrjährige Entwicklung von Geothermiepro- gung realistischen und wirtschaftlich effizientesten jekten ist es essenziell, Planungssicherheit zu erlan- Technologiemixes in der Grund- und Spitzenlast dar. gen. Verzögerungen in der Umsetzung der Bundes- Wie das Beispiel München zeigt, ist die Geothermie förderung effiziente Wärmenetze haben daher die in der Lage, perspektivisch den überwiegenden Teil Konsequenz, dass für die urbane Wärmewende wich- der dekarbonisierten Fernwärmeerzeugung bereit- tige Geothermieprojekte nicht weiter vorangetrieben zustellen. Weitere Technologien, die auf Basis lokaler werden, obwohl aufgrund des Kohleausstiegsbe- Bedingungen zu untersuchen sind, sind z. B. Hoch- schlusses sowie nationaler und kommunaler Klima- temperatur-Wärmepumpen, die in Kombination mit ziele erheblicher Handlungsdruck besteht. Geothermieanlagen zum Einsatz kommen können, Biomasse und Solarthermie. Zur CO2-freien Spit- Maßnahmen, die vor Ort ergriffen werden müssen, zenlastdeckung versprechen Saisonal- bzw. Aqui- umfassen unter anderem die Erschließung von Flä- ferspeicher ein großes Potenzial. Die geologischen chen für Geothermieanlagen, Speichern, Wärme- Gegebenheiten sowie die Wirtschaftlichkeit müssen netzen und weiteren EE-Wärmeerzeugungsanlagen, jedoch im Rahmen von Forschungsprogrammen insbesondere im urbanen Raum, wo Nutzungskon- noch näher untersucht werden. kurrenzen bestehen. Hier gilt es, bei der kommunalen Wärmeplanung Strategien für die Berücksichtigung Die im Rahmen der Vorschläge zur Bundesförderung und Priorisierung von Flächen für Geothermieanla- effiziente Wärmenetze vorgesehene Aufstellung von gen im Rahmen der Flächennutzungs- und Stadtpla- Transformationsplänen stellt für die kommunale Wär- nung zu entwickeln. EE-Wärmeerzeugungsanlagen meplanung ein sinnvolles Instrument dar – sowohl in bzw. Energieerzeugungsanlagen im Allgemeinen Bezug auf die Interdependenzen zwischen Erzeugung fanden in der Flächennutzungs- und Stadtplanung und Infrastruktur sowie auch in der Abgrenzung zwi- bisher üblicherweise kaum Berücksichtigung. Mit der schen zentral über das Fernwärmenetz und dezentral Wärmewende im Zusammenhang mit kommuna- zu versorgender Gebiete. Es sollte jedoch sicherge- len Klimazielen ändert sich dies nun. Von besonderer stellt werden, dass die Aufstellung von Transforma- Bedeutung für die Aufsetzung entsprechender Pro- tionsplänen nicht zu weiteren Verzögerungen in den zesse ist eine umfassende Kommunikation mit allen Planungs- und Umsetzungsprozessen führt. beteiligten Akteuren; neben den städtischen bzw. kommunalen Referaten und Bezirksausschüssen sind dies Stadtwerke, Geothermiebetreiber, Gebäudeei- gentümer und Mieter, Entwickler und Projektplaner urbaner Quartiere, Bürgerinitiativen und betroffene Bürger. Ziel ist die Erreichung maximaler Transparenz und Akzeptanz für die Einbindung der Geothermie im urbanen Raum, u. a. hinsichtlich der benötigten Flächen, Anforderungen an die Fläche, Abstandsre- gelungen sowie Möglichkeiten zur Parallelnutzung w 8
4. Wie können verschiedene Player sorgt gleichzeitig für intelligentes Lastmanagement und trägt dazu bei, die Effizienz kleiner Stromerzeu- aus verschiedenen Sektoren gungsanlagen zu steigern. zusammengebracht werden Jenseits der Quartiersebene stellen die Kombination von Geothermieanlagen mit Hochtemperaturwärme- und welche Aggregatoren sind pumpen zur Erreichung bestimmter Temperaturni- veaus sowie die Kombination von Geothermieanlagen notwendig? mit Absorptionskälteanlagen zur Fernkälteerzeugung Lösungen über Sektorengrenzen hinweg dar. Das Prinzip der Absorptionskälte beschreibt dabei der Er- Vor allem im urbanen Raum spielt die frühzeitige Be- zeugung von Kälte durch die Nutzung überschüssiger rücksichtigung der EE-Wärmetechnologien in kom- Wärmemengen im Sommer. munalen Planungsinstrumenten eine wichtige Rolle. Wie unter Punkt 3 dargestellt, umfassen die zu beteili- genden Akteure v. a. die Vertreter der städtischen Ver- waltung, Stadtwerke und Energieversorger, Geother- miebetreiber sowie Projektplaner urbaner Quartiere. An der Entwicklung klimaneutraler Quartierskonzepte lässt sich das Zusammenwirken von Akteuren ver- schiedener Sektoren besonders gut demonstrieren. Zur Erreichung von Klimaschutzzielen in städtischen Zentren bieten Quartierskonzepte kostenoptimale und intelligente Lösungen. Synergien entstehen unter anderem durch den Ausbau von Niedrigenergiequar- tieren, die mit erneuerbarer Fernwärme - zum Beispiel aus Geothermie – kombiniert werden. Ein Beispiel ist der Münchner Stadtteil Freiham. Die gleichnamige Geothermieanlage deckt den Wärme- bedarf des neuen Stadtteils weitgehend ab und speist darüber hinaus in das Münchner Fernwärmeverbund- system ein. Die Wärme des Thermalwassers wird dabei kaskadisch genutzt. Die Einspeisung in das Fernwärmeverbundsystem erfolgt im Direktwär- metausch. Die Gebäude im Quartier werden in ei- ner zweiten Stufe mit Fernwärme auf einem sehr niedrigen Temperaturniveau versorgt. Dazu wird für Heizung und Warmwasseraufbereitung der energe- tisch optimierten Wohngebäude die Restwärme des Thermalwassers genutzt. Zudem wird ein zentraler Strom-Batteriespeicher in die Heizwerkzentrale in- tegriert. Die Anbindung an ein virtuelles Kraftwerk Abb. 3: Die Geothermie-Anlage Freiham ist ein wesentliches Element der Fernwärme-Vision der SWM. Seit Herbst 2016 deckt sie den Wärmebedarf des neu entstehenden Stadtteils Freiham und liefert Wärme in benachbarte Gebiete im Münchner Westen. w 9
5. Leitfragen für den Dialog Formationen finden sich vor allem im Alpenvorland, im Oberrheingraben, im gesamten Norddeutschen Klimaneutrale Wärme Raum sowie in zahlreichen weiteren Beckenstruk- turen Deutschlands. Allein in der wärmeintensiven Rhein-Ruhr-Region liegt das theoretisch erschließ- 5.1 Bausteine auf dem Weg zu einer bare geothermische Potenzial um den Faktor 20 über klimaneutralen Wärmeversorgung dem aktuellen Wärmebedarf. Von den erneuerbaren Energieträgern besitzt in ers- Neben der Erzeugung müssen zusätzliche Spei- ter Linie die grundlastfähige Geothermie das Potenzial chermöglichkeiten für Wärmeenergie auf mehreren zum Ersatz fossiler Energieträger bei der Erzeugung Größenskalen geschaffen werden. Die spezifische von zukünftig benötigten großen Wärmemengen. Ins- Wärmekapazität ist von Wasser deutlich höher als besondere in den Großstädten bietet sich die geother- von den meisten anderen Stoffen. Daher bieten sich mische Nutzung an, da der Flächenbedarf im urbanen nutzbare Grundwasserleiter oder wassererfüllte Raum im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energie- Hohlraumstrukturen im Untergrund im Bereich gro- trägern sehr gering ist. ßer industrieller und kommunaler Abnehmerstruk- turen in idealer Weise als saisonales Puffersystem Im oberflächennahen Bereich wird die Wärme über an. Neben Aquifer- und Erdwärmesonden-Speichern erdgekoppelte Wärmepumpen gewonnen, in der Tie- besitzen die Grubenwässer des Bergbaus ein erheb- fen Geothermie zwischen 400 m und 5.000 m haupt- liches Speicherpotential. Letztere liegen noch dazu, sächlich aus thermalwasserführenden Schichten mit industriegeschichtlich bedingt, in unmittelbarer Nähe Temperaturen zwischen 20 °C und 160 °C. Geeignete zu den großen Verbrauchern in den Metropolen, die Hydrogeothermisches Potenzial ab 20 °C Hydrogeothermisches Potenzial ab 40 °C Abb. 4 Geothermie lässt sich in Deutschland flächendeckend einsetzten. 4 4 Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (2018): Die Rolle der tiefen Geothermie bei der Wärmewende. – LIAG Positionspapier; Hannover. w 10
bisher von Wärme aus Kohle versorgt worden sind. Im Vergleich zur Wärmegewinnung aus Wasserstoff Wärmespeicher mit ausreichenden Speicherkapazi- oder PtG sind erdgekoppelte Wärmepumpen 5 bis täten sind nur im Untergrund denkbar. 8-fach effizienter 5, d. h. der Bedarf an Strom aus er- neuerbaren Energien kann entsprechend reduziert Im Bereich des Gebäudebestands hat die Oberflä- werden. Die Einspeisung von Wärme aus der tiefen chennahe und Mitteltiefe Geothermie das Potenzial, hydrothermalen Geothermie in Wärmenetze erfor- große Teile des Wärme- wie auch des Kältebedarfs dert lediglich Strom zum Betrieb der Tiefpumpen, sicherzustellen, da Erdwärmesonden unabhängig von womit hier die Leistungszahl noch einmal um eine der Geologie des jeweiligen Standortes zum Einsatz Größenordnung besser wird (Abb. 5). kommen können. Nur die Geothermie gestattet kurz- fristig ein „Ende der Verbrenner im Heizungskeller“. 5 siehe Abb. 3 in BMWi (2021): Dialog Klimaneutrale Wärme: S. 21. Effiziente Sektorkopplung mit Geothermie Tiefe Geothermie 9-30kWh Wärme Oberflächennahe Geothermie mit Wärmepumpe 3,8-6,9 kWh Wärme 1 kWh erneuerbarer Strom Power-to-Heat 0,3 kWh Wärme + 0,27 kWh Strom Power-to-Gas 0,51-0,64 kWh Wärme Datenquellen: Forschungsstelle für Energienetze und Energiespeicher (FENES) (2020), Agora Energiewende (2020), Fraunhofer (ISE 2020), eigene Erhebung Abb. 5: Im Bereich der Sektorenkopplung ist der Effizienzmeister Geothermie ein Vorreiter. Es können wesentlich höhere Jahresarbeits- zahlen erreicht werden, als bei anderen PtX- Technologien. Beispielsweise produziert die Geothermieanlage der IEP Pullach aus 1 kWh Strom ca. 16 kWh Wärme. Die Geothermieanlage der Erdwärme Grünwald schafft es auf einen Durchschnittswert von über 34 kWh Wärme aus 1 kWh Strom. w 11
Erdgekoppelte Wärmepumpen werden in großer Zahl die neu entstehenden Anlagen in räumlicher Nähe zu im dezentralen Bereich für Gebäudeheizungen einge- den bisherigen Erzeugungsstandorten (i. d. R. KWK) setzt und sind eine essentielle Komponente fast aller entstehen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Geother- Nutzungssysteme der Oberflächennahen Geother- mieanlage am Heizwerk Süd in München, mit über mie. Bei Neubauten und dem anstehenden Ersatz von 60 MW Deutschlands größte Geothermieanlage, die fossilen Heizkesseln im ländlichen Bereich müssen sie in diesem Jahr in Betrieb genommen und geothermi- die erste Priorität haben. sche Wärme für ca. 80.000 Bürger liefern wird. Kommerziell verfügbare Hochtemperatur-Wärme- Damit Wärmenetze effizient zu einer klimaneutralen pumpen oder Wärmetransformatoren können derzeit Wärmeversorgung beitragen können, müssen sie je- Wärme bis etwa 100 °C bereitstellen. Es gibt aber doch überwiegend um- und ausgebaut werden. Zur bereits Prototypen, die Temperaturen über 140 °C effizienten Integration von Wärme aus Geothermie erreichen. Mit kurzfristig praxisreifen Hochtempera- und anderen EE-Quellen sind u. a. Maßnahmen zur tur-Wärmepumpen können damit auch konventio- Temperaturabsenkung oder Netzverstärkungsmaß- nellen Fernwärmenetze mit Vorlauftemperaturen von nahmen notwendig. Zudem müssen neue Geother- ca. 130 °C bedient werden, womit auch Geothermie- miestandorte an bestehende Wärmenetze angebun- bohrungen mit geringeren Temperaturen effizient an- den werden. Insbesondere für die Versorgung von geschlossen werden können Großstädten werden Verbindungsleitungen zur An- bindung von Anlagen im Umland an städtische Wär- menetze an Bedeutung gewinnen. Der Bau solcher 5.2 Infrastrukturen für die Wärmewende Leitungen – in München beispielsweise zur Anbin- dung von Geothermieanlagen im südlichen Umland an Wärmenetz-Infrastrukturen, die in vielen Städten das städtische Wärmenetz – sind aktuell nach KWKG bereits vorhanden sind, bilden die Grundlage für die nicht förderfähig. Damit die Planungen für solche Wärmewende. Für die Einspeisung von Wärme aus dringend benötigte Netzverbindungen voranschrei- Tiefengeothermieanlagen können bestehende Wär- ten können, ist die rasche Umsetzung der Bundesför- menetze genutzt werden, insbesondere dann, wenn derung effiziente Wärmenetze (BEW) entscheidend. Abb. 6: Das neue Geothermie-Heizwerk am Energiestandort Süd in München: Die Temperaturen des Thermalwassers betragen ca. 100 °C. Durch die Geothermieanlage rückt das Ziel der Stadtwerke München, ihre Fernwärme bis 2040 zu 100 % klimaneutral und überwiegend durch tiefe Geothermie bereitzustellen, einen deutlichen Schritt näher. © SCG Architekten w 12
Vor allem im urbanen Raum stellen Wärmenetze 5.4 Leitfragen zu Steuern, Abgaben, die effizienteste Wärmeversorgung dar. Vorausset- Umlagen und Entgelte zung hierfür ist jedoch, dass der Anschlussgrad in den Fernwärmegebieten erhöht und die Fernwärme Die größten Hebel bei einer Reform staatlich indu- weiter ausgebaut wird. Zur Vermeidung von Lock-in- zierter (Strom-) Preisbestandteile (SIP) sind bei den- Effekten sind wiederum eine rasche Umsetzung der jenigen Preisbestandteilen zu finden, die quantitativ BEW, eine Novellierung der Wärmelieferverordnung am stärksten zu Buche schlagen. Bis einzelne SIP im und schärfere CO2-Preissignale erforderlich. Rahmen einer umfänglichen Reform möglicherweise ganz abgeschafft werden, sind kurzfristig zumindest Außerdem sind mit der Umstellung auf EE-Wärmeer- bestehende Ausnahmeregelungen anzupassen, um zeugungsanlagen umfangreiche Netztransformati- den Einsatz geothermischer Technologie durch die onsmaßnahmen sowie Umstellung auf Gebäudeseite hohen Strompreise nicht weiter zu behindern. (Übergabestationen) notwendig. Die geothermische Wärmeerzeugung als klimafreund- lichste Variante der Wärmeerzeugung sollte zunächst 5.3 Leitfragen zum Emissionshandel „Vorfahrt“ bei Ausnahmen von der EEG-Umlagepflicht haben. Dies ist rechtstechnisch einfach umsetzbar, Sofern neben dem EU-ETS an einem nationalen Emis- in dem etwa eine dem § 69b EEG für die Herstellung sionshandel festgehalten wird, sollte es aus Sicht der von grünem Wasserstoff vergleichbare Ausnahme- Geothermiebranche keinen nach oben gedeckelten regelung für die Herstellung von „grüner Wärme“ ge- Korridor für den Preis nationaler Emissionszertifikate schaffen wird. ab dem Jahr 2026 geben. Nur hierdurch ist sicherge- stellt, dass ein möglichst hoher Anreiz für die Markt- Ferner sollten die EEG-Umlage für Betreiber tiefen- teilnehmer entstehen kann, in geothermische Tech- geothermischer Anlagen abnahmestellenbezogen nologie zur Wärmeversorgung zu investieren. nach § 63 EEG begrenzt werden können. Es ist nicht nachvollziehbar, warum etwa eine Begrenzungsmög- Der in § 10 Abs. 2 Satz 3 Brennstoffemissionshan- lichkeit für elektrische Schienenbahnen und Busse delsgesetz (BEHG) vorgesehene Höchstpreis pro vorgesehen ist, für tiefengeothermische Wärmeer- Emissionszertifikat sollte daher gestrichen werden. zeugung aber nicht. Der § 63 Nr. 2 EEG zugrunde- Überdies sollte der dort ebenfalls vorgesehene Min- liegende Gedanke des intermodalen Wettbewerbs- destpreis zumindest über das Jahr 2026 hinaus fort- schutzes greift in beiden Fällen gleichermaßen. Für geschrieben werden, um zu verhindern, dass es – aus die Betreiber Oberflächennaher Geothermie-Anlagen welchen Gründen auch immer und ähnlich wie im EU- sollte die EEG-Umlage schnellstmöglich entfallen. ETS – über Jahre hinweg zu keinem wirksamen Preis- Zumindest sollte es aber eine EEG-Umlagefreie Ei- signal durch den nationalen Emissionshandel kommt. genversorgung für die geothermische Wärmeerzeu- gung möglich sein, etwa durch eine entsprechende Entlastungen von Verbrauchern durch hohe Kosten Weiterentwicklung von § 61c EEG. aus dem Emissionszertifikatehandel sollten stets möglichst direkt und unbürokratisch für die privaten Überdies muss Strom zur Erzeugung geothermischer Wirtschaftsteilnehmer erfolgen. Aus Sicht der Geo- Wärme nach unserem Dafürhalten zwingend von der thermiebranche erscheint hierfür das Steuersys- Stromsteuer befreit werden. Der ursprüngliche mit tem als geeignet, etwa durch die Abschaffung der dem Stromsteuergesetz (StromStG) bzw. der „ökolo- Umsatzsteuer auf geothermische Fernwärme bzw. gischen Steuerreform“ verfolgte Zweck wird bei der geothermische Technologieprodukte. Jedenfalls sind steuerlichen Belastung des für die Erzeugung von komplexe Umlagesysteme, insbesondere unter Ein- grüner Wärme verwendeten Stroms in sein Gegen- beziehung privater Wirtschaftsakteure (wie etwa der teil verkehrt. Rechtstechnisch ist eine Befreiung von Ausgleichmechanismus des EEG), zu vermeiden. der Stromsteuer für Stromverbräuche zur Erzeugung geothermischer Wärme durch eine Anpassung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG einfach möglich. w 13
Ferner ist eine Ausnahmeregelung zur KWK-Umlage- gilt die Notwendigkeit der Betriebskostenneutralität pflicht und zu sämtlichen Umlagen erforderlich, die den nicht) und der durch einen „Wärmelieferanten“ durch- Letztverbrauch von Strom zur Herstellung grüner Wär- geführten Modernisierung sollte aufgehoben werden. me auf Basis des KWKG-Umlagemechanismus belas- Bei beiden Vorgehensweisen erfolgt technisch ge- ten. Auch hier kann die Ausnahmeregelung für grünen sehen die gleiche Maßnahme: die alte Wärmeerzeu- Wasserstoff in § 27d Kraft-Wärme-Kopplungs-Geset- gungsanlage wird gegen eine moderne ausgetauscht, zes (KWKG) als Vorlage für eine einfache rechtstechni- allerdings bei einer Modernisierung durch den Eigen- sche Umsetzung dienen. tümer in der Regel von einer fossilen zu einer weiter- hin fossilen Anlage. Um die Ziele der Wärmewende zu erreichen und Lock-in-Effekte zu vermeiden, muss 5.5 Leitfragen zur Förderung von daher dringend im Rahmen des Mietrechts nachge- Markteinführung und Markterhalt bessert werden. Ein zentrales Hemmnis für die weitere Erschließung des Gebäudebestandes für die Fernwärme und damit 5.6 Leitfragen zu Energiegebäude- für die Geothermie ist die im Jahr 2013 eingeführte standards und ordnungsrechtlichen mietrechtliche Vorschrift des § 556c BGB und die Aspekten dazugehörigen Regelungen der Wärmelieferungs- verordnung (WärmeLV). Aufgrund der anhaltend Die Vermeidung von Lock-In-Effekten sollte im Mittel- niedrigen Erdgas- und Heizölpreise fällt der vom Ver- punkt eines neuen Ordnungsrechts stehen. Dazu zählt mieter anzustellende Heizkostenvergleich zwischen ein zeitnaher Stopp der Installation von fossilen Hei- der „Wärme-Eigenversorgung“ und der Wärmeliefe- zungssystemen. Der Einsatz von Wärme aus Erneuer- rung in der Praxis regelmäßig zu Lasten von umwelt- baren Energien sollte grundsätzlich Vorrang genießen freundlichen Wärmeliefervarianten aus. Damit wird und eine sozial ausgewogene Austauschpflicht von seit Jahren der Ersetzung alter Ölheizungen durch fossilen Heizungssystemen angestrebt werden. Die fossile Heizungstechnologie Vorschub geleistet. Primärenergiefaktoren sind zeitnah von der Stromgut- Wegen der langen Betriebsdauer von erneuerten fos- schrift-Methode auf die Carnot-Methode umzustellen. silen Heizungsanlagen sollte § 556c BGB schnellst- Der im GEG angelegte Anschluss- und Benutzungs- möglich dergestalt modifiziert werden, dass ein zwang an Wärmenetze mit EE-Quellen ist zu stärken. Heizkostenvergleich nicht erforderlich ist, wenn die Eine Privilegierung von Geothermie-Anlagen ist wei- Möglichkeit des Anschlusses an ein Fernwärmever- terhin in das Bundesbaugesetzbuch einzufügen. Mit sorgungsnetz mit einem perspektivisch wachsenden Hilfe einer Novellierung des Bundesberggesetzes ist Anteil erneuerbarer Wärme gegeben ist. eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für Tiefe und Oberflächennahe Geothermie möglich. Bei der Fernwärme sind die Investitionskosten – wie z. B. der Netzausbau – im Fernwärmepreis enthalten. Der ordnungsrechtliche Rahmen sollte systematisch Ein direkter Bezug zwischen Investition und Energie- angepasst werden, um den Einsatz bzw. die Verbrei- lieferung, wie dies beim Kesseltausch im Bereich de- tung geothermischer Technik zur Erzeugung von Wär- zentraler Anlagen der Fall ist, ist hier nicht gegeben. me zu unterstützten. Dies kann etwa durch folgende Da sich die über die Wärmelieferverordnung bzw. Maßnahmen geschehen: § 556c BGB gültige Betrachtung der Wärmekosten hinsichtlich der Betriebskostenneutralität immer auf Die Möglichkeiten einer geothermischen Wärmever- die zurückliegenden drei Abrechnungszeiträume be- sorgung sollten vorranging zur Deckung des vorge- zieht, ist erst nach Mitte des Jahrzehnts mit der Ein- schriebenen Anteils erneuerbarer Energien bei neuer- stellung einer entsprechenden Lenkungswirkung über richteten Gebäuden nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 GEG zum das nationale Emissionshandelssystem zu rechnen. Einsatz kommen. D. h. die Nutzung von Geothermie zur Deckung des Wärmeenergiebedarfs i. S. v. § 37 GEG Die derzeit bestehende Ungleichbehandlung zwi- könnte vorrangig sein und eine Kombination mit ande- schen einer durch den/die Eigentümer durchgeführten ren Maßnahmen nach den § 35 bis 45 GEG nur noch Modernisierung der Wärmeerzeugungsanlage (hier ergänzend stattfinden. w 14
Bestandsgebäude können in die Verpflichtung zur • Bereitstellung von Budgets für Explorationsboh- Nutzung erneuerbarer Energien grundsätzlich ein- rungen in Gebieten mit unzureichenden Unter- bezogen werden, zumindest wenn Heizungsanlagen grunddaten, erneuert werden, insbesondere infolge des Betriebs- verbots nach § 72 Abs. 1 und 2 GEG. In diesen Fäl- • freier Zugang zu bereits erhobenen Untergrund- len sollte vorrangig eine geothermische Wärmever- daten auch über das Geologiedatengesetz hinaus. sorgung geprüft werden. Dabei sollte der Anschluss an ein örtliches Fernwärmenetz verpflichtend sein, Die integrierte Planung von Wärmeinfrastrukturen zumindest wenn das Fernwärmenetz mit geothermi- verlangt zwingend die Verschneidung von verfügba- scher Wärme – aktuell oder in absehbarer Zeit – ge- ren Ressourcen mit der Wärmeabnahmedichte. Land- speist wird. karten zur Energieinfrastruktur müssen deshalb ne- ben den möglichen Quellen auch die Abnahmedichte Die in § 109 GEG vorgesehene Regelung zum kom- beinhalten. Hierfür fehlen oft hinreichend verlässliche munalen Anschluss- und Benutzungszwang sollte für Daten über Lastgänge (Wärme/Kälte), Gebäudealter, geothermisch gespeiste Fernwärmenetze gestärkt Gebäudefunktion, Sanierungsstand, etc. werden. Etwa durch Formulierung einer „Soll-Vor- schrift“ o. ä. 5.8 Leitfragen zur Kommunalen Wärme- planung 5.7 Leitfragen zur Überregionalen Infrastrukturplanung Eine kommunale Wärmeplanung ist ein Muss, denn eine dekarbonisierte und effiziente Wärmeerzeugung Für die Tiefe Geothermie existieren heute keine aus- der Zukunft muss die Potenziale vor Ort nutzen und reichenden Instrumente und Kenntnisse, um im Rah- aus einem Mix unterschiedlicher Energieträger be- men von Infrastrukturplanungen für jeden Punkt auf stehen. Die Wärmeinfrastrukturplanung muss damit der Landkarte eine belastbare quantitative Aussage ein fester Bestandteil der Bauleitplanung auf lokaler, über das nutzbare Potenzial zu machen. In der Regel regionaler und wo sinnvoll auch der überregionalen gibt es meist nur qualitative Aussagen der Kategori- Ebene werden. en „gut, weniger gut und nicht geeignet“. Die Gründe sind vielfältig und reichen von gänzlich weißen Flecken Die kommunalen Entscheider benötigen für die dar- mangels grundsätzlich fehlender Untergrunddaten, aus folgenden, technologieoffenen Ausschreibungen über noch nicht zugängliche Daten der Kohlenwasser- fachlich versierte Begleitung, Maßnahmenpläne und stoffindustrie bis hin zu fehlendem Personal bei den in Umsetzungskontrollinstrumente, um auf diesem Weg den letzten 20 Jahren zurückgestutzten geologischen die richtigen Entscheidungen treffen zu können und Landesdiensten. auch tatsächlich die Dekarbonisierungsziele erreichen zu können. Dies kann zum Beispiel über Landes- oder Um den mit Abstand effizientesten, umweltscho- Landkreisenergieagenturen erfolgen. nendsten und für eine Dekarbonisierung von Wär- menetzen am schnellsten verfügbaren Energieträger Die Verantwortung für die Errichtung von netzge- Tiefengeothermie erschließbar zu machen, muss diese bundenen Wärmeinfrastrukturen und die Versorgung Planungsunsicherheit beseitigt werden, sonst fällt das der Bürger liegt bei den Kommunen und deren Unter- Potenzial der Tiefen Geothermie aus Planungsprozes- nehmen bzw. Stadtwerken. Dabei sollte man darüber sen schnell heraus. Im Wesentlichen bedarf es dabei nachdenken, ob und wie die ggf. in mehreren Verwal- nur der Wiederbelebung bereits einmal vorhandener tungseinheiten angesiedelten Entscheidungsträger Fähigkeiten, wie (Planungsreferat, Klimaschutzreferat, Stadtwerk) besser koordiniert oder für dieses elementar wichtige • Personelle und materielle Ertüchtigung der geolo- Thema zusammengeführt werden können. gischen Landesdienste, auch mit Einbindung von wissenschaftlichen Instituten, w 15
5.9 Leitfragen zur Forschung, ter erfolgen. Die Forschungsanstrengungen für eine Entwicklung, Innovation soft EGS-Technik sollten unter dem Gesichtspunkt der Wärmewende wieder intensiviert werden. Sprunginnovationen sind nicht planbar, deshalb muss ein Energieforschungsprogramm technologieoffen Bei der Transformation und dem Ausbau der Wärme- angelegt sein und darf keine vorschnelle Festlegung versorgung müssen erneuerbare Energien die fossilen auf Lösungskonzepte oder eine Energieart vorneh- Quellen verdrängen. Wärmeversorgung ist vor allem men. Es zeichnet sich aber ab, dass elektrisch herge- eine lokale Energiebereitstellung. Deshalb müssen die stellter Wasserstoff langfristig wohl keine rentable lokalen, d. h. die kommunalen Energieversorgungsun- Option für die Wärmeversorgung darstellt. Im Ge- ternehmen durch regulatorische und fiskalische Rah- gensatz dazu können direkt genutzte erneuerbare menbedingungen gestärkt werden. Dazu zählt die Energien alleine oder in Kombination mit Wärme- Bevorzugung leitungsgebundener Wärmeversorgung pumpen einen Großteil dieser Aufgabe übernehmen. und Verbot fossiler Wärmebereitstellung bei Ersatz- Netzgebundene Wärmesysteme werden dabei zum oder Neuinstallationen. wichtigsten Infrastrukturelement der zukünftigen urbanen Wärmeversorgung. Sie werden so zu einem Gemeinsame Projekte mit Nutzung verschiedener er- Schlüsselelement für ein intelligentes und vernetztes neuerbaren Energien (Geothermie, Solarthermie, Bio- Energiemanagement im Bereich Wärme / Kälte. masse) einschließlich der Wärmespeicherung sollten stärker in den Fokus gerückt werden. Um zeitlichen Durch Anwendung neuer Bohrtechniken und falls nötig und räumlichen Disparitäten von Verbrauch und Ener- leistungsfähiger Wärmepumpen kann das Nutzungs- giebereitstellung entgegenzutreten, müssen neben potenzial geothermischer Quellen signifikant und der Erzeugung zusätzliche Speichermöglichkeiten für energieeffizient gesteigert werden. Hochtemperatur- Wärmeenergie auf mehreren Größenskalen geschaf- Wärmepumpen werden die Einspeisung geothermi- fen werden. Für wirklich leistungsstarke Speicher scher Wärme auch in konventionelle Fernwärmenetze bieten sich Aquifere im Untergrund in idealer Weise mit hohen Vorlauftemperaturen als Brückentechno- als saisonales Puffersystem an, sofern der Grund- logie ermöglichen, solange moderne Niedertempera- wasserschutz gewährleistet ist. Daneben besitzen turnetze nicht zur Verfügung stehen. Die Technologien andere Erdreichformationen in Verbindung mit Erd- der Oberflächennahen und der hydrothermalen Tiefen wärmesonden und Grubenwässer des Bergbaus ein Geothermie sind aktuell verfügbar. Planungssicherheit erhebliches Speicherpotential. und Wirtschaftlichkeit sind heute erheblich besser als noch vor einigen Jahren. Sprunginnovationen sind in Kurz- und mittelfristig schafft die Weiterentwicklung diesen Bereichen der geothermischen Wärmebereit- von Wärmepumpen und ihr Einsatz (wo nötig) eine stellung wohl nicht zu erwarten. größere Einsatzmöglichkeit von erneuerbaren Ener- gieträgern. Hochtemperatur-Wärmepumpen stei- Jedoch würde die Realisierung der EGS-Technik (En- gern die Netzvorlauftemperatur um ca. 30 bis über hanced Geothermal Systems) in der tiefen petrother- 60 Grad, wodurch sich auf der Nutzerseite erhebliche malen Geothermie einen erheblichen Sprung bedeu- Spielräume für technische Anwendungen ergeben. ten. Hier sind, wie die TAB-Studie 6 belegt, riesige Wirtschaftlich stellt der Einsatz von Großwärme- Potenziale vorhanden. Geothermische Wärme mit pumpen, grüner Kraft-Wärme-Erzeugung (einschl. Temperaturen über 100 °C könnte dann fast an jedem Nutzung der Abwärme bei H2-Elektrolyse) und von Ort in Deutschland bereitgestellt werden. EGS-Technik thermischen Speichern und Netzen eine ideale für Wärmebereitstellung hat den Vorteil, dass nicht so Schnittstelle zwischen den Wärme- und den Strom- große Durchflussmengen wie bei der Stromerzeugung systemen dar. Wärmenetzgebundene Anlagen der benötigt werden. Die erforderlichen hydraulischen Sti- Kraft-Wärme-Kopplung mit Wärmespeichern können mulationsmaßnahmen können also wesentlich sanf- dabei durch stromgeführten Betrieb eine wichtige Komponente der komplementären Stromerzeugung 6 Paschen, H., Oertel , D. & Grünwald, R. (2003): Möglichkeiten der geo- zu den volatilen, wetterabhängigen Quellen Wind und thermischen Stromerzeugung in Deutschland. - Sachstandsbericht, Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, Sonne spielen. Eine damit verbundene Digitalisierung Arbeitsbericht 84: 129 S.; Berlin (TAB). mit effizienter Sektorkopplung sowie bidirektionales w 16
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