Klimawandel in Baden-Württemberg - L Fakten - Folgen - Perspektiven

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Klimawandel in Baden-Württemberg - L Fakten - Folgen - Perspektiven
Klimawandel in Baden-Württemberg
             L Fakten – Folgen – Perspektiven

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Klimawandel in Baden-Württemberg - L Fakten - Folgen - Perspektiven
Landes und welche Bereiche unserer Gesell-         wandels durch das Umweltforschungsprogramm         müssen intensive Klimaschutzmaßnahmen
                                                                                                     schaft werden direkt und in welchem Ausmaß         BWPLUS sowie in Projekten der Landesanstalt        ergriffen werden. Klar ist aber schon jetzt,
                                                                                                     betroffen sein?                                    für Umwelt, Messungen und Naturschutz Ba-          dass die Bewältigung der Klimafolgen große
                                                                                                     Auf diese Fragen will die vorliegende Klima-       den-Württemberg (LUBW) untersucht. Im Jahr         Anstrengungen notwendig macht. Die Zusam-

     Inhalt                                                                                          broschüre Antworten geben.                         2011 startete das aktuelle Forschungsprogramm
                                                                                                                                                        Klimawandel und modellhafte Anpassung in
                                                                                                                                                                                                           menführung des aktuellen Kenntnisstandes
                                                                                                                                                                                                           zum Klimawandel in Baden-Württemberg in
                                                                                                     Das Land Baden-Württemberg hat sehr früh-          Baden-Württemberg (KLIMOPASS). Im Rah-             dieser Broschüre leistet dazu im Hinblick auf
                                                                                                     zeitig damit begonnen, den Klimawandel und         men dieses Programms werden sowohl For-            die Information der Bürgerinnen und Bürger
     Vorwort                                                                                         seine Auswirkungen zu untersuchen. Bereits         schungsprojekte zur Grundlagenforschung als        einen wichtigen Beitrag. Weiter hat der Mini-
                                                                                                     1999 wurde gemeinsam mit dem Land Bayern           auch angewandte Forschungsprojekte durchge-        sterrat die Erarbeitung einer Anpassungsstrategie
     Meteorologische Daten               Seite                                                       und dem Deutschen Wetterdienst das Koope-          führt. Mit KLIMOPASS möchte die Landesre-          an die unvermeidbaren Folgen des Klimawan-
          Globaler Klimawandel              4                                                        rationsvorhaben Klimaveränderung und Konse-        gierung auch zukünftig die Erforschung der re-     dels für Baden-Württemberg beschlossen. Die
                                                                                                     quenzen für die Wasserwirtschaft (KLIWA)           gionalen Klimaauswirkungen vorantreiben und        vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse
          Regionaler Klimawandel            6
                                                                                                     gestartet. KLIWA soll für den Zeithorizont         Wissenslücken schließen. Nun muss die For-         dienen dabei als wichtige Grundlage.
          Perspektiven für die Zukunft      8
                                                                                                     2021 bis 2050 Erkenntnisse über die möglichen      schung einen Beitrag dazu leisten, dass der Kli-
          Extremereignisse                 10                                                        Auswirkungen der Klimaveränderung auf den          mawandel und seine Folgen in der regionalen

     Klimafolgen
          Menschliche Gesundheit           12
                                                 Unser Klima                                         regionalen Wasserhaushalt entwickeln, auf
                                                                                                     denen Anpassungsmaßnahmen für die Wasser-
                                                                                                     wirtschaft basieren können.
                                                                                                                                                        und lokalen Ausprägung weiter konkretisiert
                                                                                                                                                        und die Unsicherheiten reduziert werden.
                                                                                                                                                                                                           Franz Untersteller MdL
          Wasserwirtschaft                 16    Der Klimawandel und seine Folgen sind in al-                                                           Diese vielfältigen Aktivitäten bilden die Grund-   Minister für Umwelt, Klima und Energie-
                                                 ler Munde. Den meisten ist er als ein globales      In dem Projekt Klimawandel – Auswirkungen,         lage für die vorliegende Klimabroschüre und        wirtschaft des Landes Baden-Württemberg
          Bodenschutz                      20
                                                 Problem bewusst, das die Weltgesellschaft in        Risiken, Anpassung (KLARA) wurden 2001             ermöglichen, dass wir heute schon recht gute
          Landwirtschaft                   24
                                                 diesem Jahrhundert vor große Herausforderungen      Bereiche außerhalb der Wasserwirtschaft            Aussagen über den regionalen Klimawandel in
          Forstwirtschaft                  28    stellt. Weit weniger bewusst ist, dass der Klima-   betrachtet und von 2006 bis 2010 das Forschungs-   Baden-Württemberg mit seinen Folgen treffen
          Natur- und Artenschutz           32    wandel auch regionale Konsequenzen haben            programm Herausforderung Klimawandel               können. Sie ermöglichen es auch, Bereiche zu
          Tourismus                        36    wird, in Deutschland und auch bei uns in            Baden-Württemberg durchgeführt. Im Jahr            identifizieren, in denen Anpassungsmaßnahmen
                                                 Baden-Württemberg.                                  2006 veröffentlichte das Land den Klimaatlas       notwendig werden.
          Wirtschaft                       40
                                                                                                     Baden-Württemberg, der das Klima und die

                                                                                                                                                                                                                                                                   vorwort
                                                 Welche konkreten Folgen hat der Klimawandel         Klimaentwicklung für den 30-Jahreszeitraum         Die Ergebnisse zeigen, der Klimawandel ist be-
     Ausblick                              44
                                                 bereits in Baden-Württemberg oder wird er in        von 1971 bis 2000 beschreibt. Darüber hinaus       reits Realität. Um den Klimawandel zu begrenzen
                                                 Zukunft haben? Welche Regionen unseres              wurden verschiedene Aspekte des Klima-             und auf einem beherrschbaren Maß zu halten,
     Links / Impressum                     46
03                                                                                                                                                                                                                                                             3
Klimawandel in Baden-Württemberg - L Fakten - Folgen - Perspektiven
Klima von heute                                    Klima von Morgen                                      Globale ErwÄrmung an der ErdoberflÄche (1900-2100)
                                                                                                                   Kohlendioxid, Wasserdampf und andere Treib-        Die Klimamodelle des IPCC werden an den
                                                                                                                   hausgase behindern die Wärmeabstrahlung der        umfangreichen Messdaten der Vergangenheit
                                                                                                                      Thema
              Die Temperatur
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Modellierungsergebnisse auf der Grundla-
                                                                                                                   Erde und erwärmen sie so. Je mehr dieser Gase      sorgfältig geprüft. Die heutige CO2-Konzentra-                                                                                                                                           ge der vom Klima­rat (IPCC) entwickelten
                                                                                                                                                                                                                                                                              6.0

                                                                                                                   in der Atmosphäre enthalten sind, desto dicker     tion in der Atmosphäre beträgt laut IPCC                                                                                                                                                 Emis­sionsszenarien zeigen die möglichen

                                                                                                                                                                                                                                Globale Erwärmung an der Erdoberfläche (°C)
                                                                                                                                                                                                                                                                              5.0                                                                              Entwicklungen einer globalen Erwärmung
                                                                                                                   ist das „Glas“ des Treibhauses.                    knapp 400 ppm. Sie erhöhte sich seit dem Jahr

              steigt und steigt
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               auf unserer Erde

                                                                                                                                                                      1750 um rund 30 Prozent. Der IPCC und der                                                               4.0
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Szenario mit regional ausgerichteter
                                                                                                                   Laut IPCC-Bericht 2007 haben die weltweiten        Wissenschaftliche Beirat globaler Umweltverän-                                                          3.0                                                                                  Wirtschaftsentwicklung (A2)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Szenario mit hohem Wirtschafts-
                                                                                                                   Treibhausgas-Emissionen seit dem späten 18.        derungen (WBGU) der Bundesregierung rech-                                                                                                                                                    wachstum mit fossilen und nicht-fos-
                                                                                                                                                                                                                                                                              2.0

                                                                                                                   Jahrhundert kontinuierlich zugenommen. Der         nen damit, dass bei über 450 ppm die globale                                                                                                                                                 silen Energietechnologien (A1B)

              Zwischen 1900 und 2005 ist die globale Durchschnitts-                                                                                                                                                                                                                                                                                                Globale nachhaltige Wirtschaftsent-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               meteorologische daten – globaler klimawandel
                                                                                                                                                                                                                                                                              1.0
                                                                                                                   größte Anstieg erfolgte zwischen 1970 und          Durchschnittstemperatur um über 2 °C steigen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   A1B
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   wicklung (B1)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              B1

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          A2
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Konstante Jahr-2000-Konzentration
                                                                                                                   2004. Vor der Industrialisierung lag der CO2-      wird. Die Verminderung der Treibhausgasemis-                                                            0.0
              temperatur um ca. 0,7 °C angestiegen – allein um rund                                                                                                                                                                                                                                                                                                20. Jahrhundert
                                                                                                                   Gehalt der Atmosphäre relativ konstant bei 280     sionen wird letztlich entscheidend sein. Klima-                                                         -1.0
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Quelle: IPCC 2007: AR4-WGI
              0,6 °C in den letzten 50 Jahren. Die Erwärmung könnte im                                             ppm (parts per million). Durch die Verbren-        modelle können nicht in die Zukunft sehen, sie

                                                                                                                                                                                                                                                                                       1900

                                                                                                                                                                                                                                                                                                           2000

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       2100
                                                                                                                   nung von Kohle, Öl und Gas steigt dieser Wert      können sie aber abschätzen. Dazu werden in
              Jahr 2100 in Europa sogar mehr als 6 °C betragen.                                                    immer weiter an – und mit ihm die Durch-           sogenannten Szenarien unterschiedliche Ent-
                                                                                                                   schnittstemperatur.                                wicklungen für das Bevölkerungswachstum,
              Um den drohenden Klimawandel zu untersu-           tige Klima­schutz-Maßnahmen auf den Weg ge-                                                          ökonomische Wachstum, den Einsatz ressour-            TemperaturÄNDERUNG in Europa (1980-2099)
              chen, richteten die Vereinten Nationen und die     bracht, die die Emissionen in verschiedenen       Seit der Jahrhundertwende um 1900 zeigen na-       ceneffizienter Technologien und die Emission
              Welt-Meteorologie-Organisation (WMO) be-           Bereichen bereits reduzierten. Doch die welt-     hezu alle Messreihen weltweit eine Tempera-        von Treibhausgasen mit meteorologischen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         °C    Simulierte Temperaturveränderungen für
              reits 1988 den Intergovernmental Panel on Cli-     weite Emissionszunahme konnte dadurch nicht       turzunahme von 0,7 °C. Auch extreme Wetter-        Computermodellen verknüpft. Das Resultat der                                                                                                                                       10    das späte 21. Jahrhundert (2080-2099) im
                                                                                                                                                                                                                                                                              70°N
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         7
              mate Change (IPCC) ein. In seinem aktuellen        aufgewogen werden. Die aktuellen politischen      lagen machen uns zu schaffen: 2003 litt ganz       Berechnungen des IPCC: Alle Szenarien erge-                                                                                                                                              Vergleich zum Zeitraum 1980-1999. Die
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         5
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Simulation basiert auf dem Emissionssze-

                                                                                                                                                                                                                          Temperaturentwicklung ° C
              Bericht kommt der IPCC 2007 zu dem Schluss,        Anstrengungen im Klimaschutz reichen nicht        Europa wochenlang unter Temperaturen bis zu        ben einen weiteren Temperatur­anstieg gegen-                                                            60°N
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         4
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               nario A1B.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         3,5
              dass der Klimawandel dramatischer ausfallen        aus, um den Klimawandel in den nächsten           40 °C. Mit 12,7 °C im weltweiten Durchschnitt      über heute. Wenn nicht gegengesteuert wird,                                                                                                                                        3
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         2,5   Quelle: IPCC 2007: AR4-WGI
              könnte, als bis dahin angenommen. Allein in        Jahrzehnten aufzuhalten. Aufgrund der Trägheit    waren die Temperaturen im Januar 2007 die          könnte Europa sogar im schlech­testen Falle bei                                                          50°N
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         2     Climate Change 2007: The Physical Sci-

Globaler
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         1,5   ence Basis. Working Group I Contribution
              den letzen 50 Jahren war der globale Tempera-      des Klimasystems würde sich trotz eines sofor-    wärmsten, die jemals für diesen Monat gemes-       einem Plus von über 6 °C im Jahr 2100 landen.                                                                                                                                      1     to the Fourth Assessment Report of the
                                                                                                                                                                                                                                                                              40°N
              turanstieg fast doppelt so groß wie in den letz-   tigen Emissionsstopps der Temperaturanstieg       sen wurden. 2009 war global das zweitwärmste       Der IPCC und der WBGU zeigen auch die                                                                                                                                              0,5   Intergovernmental Panel on Climate
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Change, Figure 11.5. Cambridge Universi-
              ten hundert Jahren. Zahlreiche Klimamodelle        zunächst fortsetzen. Es muss mehr getan wer-      Jahr seit 1880. Deutschland ist dabei keine Aus-   Konsequenzen für unser Leben auf der Erde                                                                                                                                                ty Press
                                                                                                                                                                                                                                                                               30°N

              zeigen, dass die Durchschnittstemperatur bei       den, da die Folgen der Klimaerwärmung die         nahme: Das letzte Jahrzehnt war das wärmste        auf: Je höher die Erwärmung ausfällt, desto stär-

                                                                                                                                                                                                                                                                                      10°W

                                                                                                                                                                                                                                                                                              0°O

                                                                                                                                                                                                                                                                                                    10°O

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  20°O

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         30°O

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                40°O
Klimawandel
4
              den derzeitigen CO2-Emissionen weiter anstei-
              gen wird. Die Politik in Deutschland, Europa
              und in vielen anderen Staaten hat zwar vielfäl-
                                                                 Lebensgrundlagen der Menschen in vielen
                                                                 Staaten aber auch die vieler Pflanzen und Tiere
                                                                 verändern und teilweise sogar bedrohen.
                                                                                                                   seit 130 Jahren.                                   ker und unbeherrschbarer sind die Folgen für
                                                                                                                                                                      unsere Lebens­grund­lagen.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           5
Klimawandel in Baden-Württemberg - L Fakten - Folgen - Perspektiven
Klimawandel heute                                   Jahresmitteltemperatur in baden-württemberg (1901-2011)                                                                                                                                                  Klimawandel morgen
                                                                                                                   Der Klimawandel ist in Baden-Württemberg in                                                                                                                                                                                                                  Die Durchschnittstemperatur wird nach den
                                                                                                                   vollem Gange: Die Jahresmitteltemperatur stieg                       10,5
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Berechnungen aller Klimaszenarien in Baden-

              Klimawandel in                                                                                       seit 1901 bis heute von rund 8 °C auf über 9 °C
                                                                                                                   an. Der größte Anstieg erfolgte dabei erst in
                                                                                                                                                                                         10

                                                                                                                                                                                         9,5
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Württemberg auch künftig weiter zunehmen,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                bis zum Jahr 2050 um 0,8 bis 1,7 °C. Die Hitze-
                                                                                                                   den letzten 30 Jahren seit 1980. Ein Beispiel                                                                                                                                                                                                                tage (Höchsttemperatur mindestens 30 °C) tre-

              Baden-Württemberg
                                                                                                                                                                                          9

                                                                                                                   verdeutlicht die Konsequenz dieser scheinbar                          8,5                                                                                                                                                                                    ten doppelt so häufig auf. Im Gegenzug gehen
                                                                                                                   geringen Änderung: In Karlsruhe herrschen                              8                                                                                                                                                                                     die Frost- und Eistage deutlich zurück.

                                                                                                                                                                       °C
                                                                                                                   heute die gleichen Temperaturen wie im fran-                          7,5                                                                                                                                            Jahresmittel
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Lineare Regression

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       meteorologische daten – regionaler klimawandel
                                                                                                                   zösischen Lyon vor 75 Jahren. Die Höchstnie-                           7
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Zum Vergleich:                          Ganz besonders betroffen ist die Rheinebene.
              Baden-Württemberg bleibt vom Klimawandel nicht ver-                                                  derschläge haben im Winter bis zu 35 Prozent                          6,5                                                                                                                                            30-jähriger Mittelwert Klimanormalpe-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                So wird die Anzahl der Sommertage z.B. in
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        riode Deutschland (1961-1990) 8,2 °C
                                                                                                                                                                                          6
                                                                                                                   zugenommen, ebenso die Zahl der Hochwas-                                                                                                                                                                                                                     Karlsruhe von derzeit knapp 60 Tagen bis Mitte
              schont: Es wurde bereits deutlich wärmer im Land, be-                                                                                                                      5,5
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        30-jähringer Mittelwert Klimanormal-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        periode Baden-Württemberg (1961-
                                                                                                                   serereignisse in den letzten 30 Jahren. Die Som-                                                                                                                                                                     1990) 8,1°C
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                des Jahrhunderts auf über 80 Tage ansteigen.

                                                                                                                                                                                                 1900

                                                                                                                                                                                                           1910

                                                                                                                                                                                                                         1920

                                                                                                                                                                                                                                   1930

                                                                                                                                                                                                                                            1940

                                                                                                                                                                                                                                                          1950

                                                                                                                                                                                                                                                                        1960

                                                                                                                                                                                                                                                                                  1970

                                                                                                                                                                                                                                                                                           1980

                                                                                                                                                                                                                                                                                                         1990

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       2000

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 2010
              sonders im Winter. Diese Entwicklung wird sich noch                                                  mer im Land sind dagegen eher trockener als                                                                                                                                                                          Daten: DWD, 2011                        Die Niederschläge im Winter werden je nach
                                                                                                                   früher. Die Zahl der Tage mit Schneedecke hat                                                                                                                                                                                                                Region um bis zu 35 Prozent zunehmen. Damit
              verstärken – mit allen Konsequenzen.                                                                 in tiefer liegenden Gebieten im Mittel um 30                                                                                                                                                                                                                 einher geht eine größere Hochwassergefahr im
                                                                                                                   bis 40 Prozent abgenommen. Die LUBW ließ                                                                                                                                                                                                                     Winter.
              Das Land Baden-Württemberg ist heute schon         künftige Entwicklung im Land erstellt. Ergeb-     die langjährigen Mess­reihen an einigen ausge-
              vom Klimawandel stark betroffen, der sich in       nis: Die Durchschnittstemperatur im Land hat      wählten Wetterstationen im Land auswerten.          Jährliche anzahl der sommer- und eistage In Karlsruhe (1878-2011)                                                                                                                                        Für den Neckar wurde z.B. ermittelt, dass ein
              Zukunft voraussichtlich noch verstärken wird.      sich im 20. Jahrhundert deutlich erhöht. Diese    Auch hier bestätigten sich die Trends des Kli-                                                                                                                                                                                                               Jahrhundert-Hochwasser bis zum Jahr 2050 um
              Dank der vom Land mit finanzierten For-            Erwärmung wird sich auch künftig fortsetzen –     mawandels. So gab es in Stuttgart im Jahr 1953                                                                                                                                                                                                               15 Prozent mehr Wasser führen könnte als bis-
                                                                                                                                                                                        120

              schungsprogramme KLIWA (Klimaveränderung           mit allen Auswirkungen auf das Wetter, Pflan-     noch 25 Eistage (Höchsttemperatur unter 0 °C)                        110                                                                                                                                                                                     her. Dementsprechend sollten neue Anlagen
                                                                                                                                                                                        100
              und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft),        zen, Tiere und auf uns Menschen. Das erste        und genauso viele Sommertage (Höchsttempe-                            90                                                                                                                                             Sommertag (       25 °C )               zum Hochwasserschutz größer dimensioniert
                                                                                                                                                                                         80                                                                                                                                             Eistag ( ≤ 0 °C )
              KLARA (Klimawandel – Auswirkungen, Ri-             Jahrzehnt im neuen Jahrtausend war in             ratur mindestens 25 °C). Bis 2009 erhöhte sich                                                                                                                                                                                                               oder bei Bedarf nachgerüstet werden. Die Zahl

                                                                                                                                                                      Anzahl der Tage
                                                                                                                                                                                         70                                                                                                                                             Linear (Sommertag)
                                                                                                                                                                                         60                                                                                                                                             (     25 °C )
              siken, Anpassung) und Heraus­­for­­derung Klima-   Deutschland die wärmste Dekade seit mindes-       die Zahl der Sommertage in Stuttgart auf 45,                          50
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                heftiger Gewitter wird voraussichtlich ebenfalls
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Linear (Eistag)

Regionaler
                                                                                                                                                                                         40
              wandel Baden-Württemberg sind umfangreiche         tens 130 Jahren. In Baden-Württemberg hat die     während die Eistage auf nur noch 15 zurückgin-                                                                                                                                                                           ( ≤ 0 °C )                          zunehmen und damit auch kleinere Flüsse und
                                                                                                                                                                                         30
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Daten: bis 2008 Stations-
              Datengrundlagen vorhanden. Allein für KLIWA        Jahresdurchschnittstemperatur um über             gen.                                                                  20
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        daten des DWD, ab 2010
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Bäche mit Hochwasser bedrohen. Insgesamt
                                                                                                                                                                                         10
              wurden über 250 Wetterstationen und rund 40        1 °C zugenommen, weltweit dagegen nur um                                                                                 0                                                                                                                                             Daten des IMK/KIT                       werden aber im Sommer die Trockenperioden

                                                                                                                                                                                               1870

                                                                                                                                                                                                        1880

                                                                                                                                                                                                                  1890

                                                                                                                                                                                                                            1900

                                                                                                                                                                                                                                    1910

                                                                                                                                                                                                                                           1920

                                                                                                                                                                                                                                                   1930

                                                                                                                                                                                                                                                                 1940

                                                                                                                                                                                                                                                                           1950

                                                                                                                                                                                                                                                                                  1960

                                                                                                                                                                                                                                                                                         1970

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  1980

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                1990

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          2000

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 2010
              Flusspegel im Land ausgewertet. Neben Daten-       ca. 0,7 °C (IPCC Vergleichszeitraum 1906-2005).                                                                                                                                                                                                                                                                wahrscheinlich häufiger auftreten und länger

Klimawandel
6
              erhebungen wurden auch Szenarien für die zu-                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      dauern.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   7
Klimawandel in Baden-Württemberg - L Fakten - Folgen - Perspektiven
Warme Sommer, milde Winter                        zahl der Sommertage                                    2040 reduziert die Klimaerwärmung die Frost-        Starkniederschläge im Sommer
                                                                                                                           In den Jahren 1971 bis 2000 gab es im Rheintal                                                           tage: Um etwa zehn Tage pro Jahr im Rhein-
                                                                                                                                                                                 +22
                                                                                                                           über 50 Sommertage im Jahr, während die mitt-                                                            und Neckartal sowie am Bodensee, um 15 bis            Abnahme

                                                                                                                              Thema
                   Mit Klimasimulationen
                                                                                                                                                                                 +20
                                                                                                                           leren und höheren Lagen des Schwarzwaldes             +18
                                                                                                                                                                                                                                    20 Frosttage in den höheren Lagen. Relativ ge-
                                                                                                                           und der Schwäbischen Alb nur zehn Sommer-             +16                                                sehen ist der Rückgang in den niedrigen Lagen
                                                                                                                           tage aufwiesen.                                       +14                                                jedoch stärker, weil es dort schon vorher weni-

                   der Zukunft auf der Spur                                                                                                                                      +12

                                                                                                                                                                                 +10
                                                                                                                                                                                                                                    ger Frosttage gab.
                                                                                                                                                                                                                                                                                          Zunahme

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           meteorologische daten – perspektiven für die zukunft
                                                                                                                           In der Zukunft (2011 bis 2040) wird die Zahl          +8
                                                                                                                           der Sommertage (Höchsttemperatur mindes-                                                                 Regen fällt seltener
                                                                                                                           tens 25 °C) landesweit zunehmen, allerdings re-                                                          aber stärker
                   Globale Klimamodelle erlauben keine Aussage zu den                                                      gional unterschiedlich: Im Rhein- und Ne­                                                                Das KIT untersuchte auch, wie wahrscheinlich
                                                                                                                           ckartal sowie am Bodensee steigt die Anzahl                                                              es ist, dass Starkregen in Baden-Württemberg
                   Klimafolgen vor Ort. Kleinräumige Simulationen schaf-
                                                                                                                           um 15 bis 20 Tage im Jahr, in den höheren La-                                                            künftig zunehmen. Um die Aussagesicherheit
                   fen hier Abhilfe und bieten eine bessere Datenbasis.                                                    gen um nicht ganz zehn Tage. Während dies für                                                            zu verbessern, wurde dabei weltweit erstmals
                                                                                                                           das Rheintal „nur“ 40 Prozent Zunahme bedeu-      Änderung der Anzahl der Sommertage ( 25 °C) zwischen   die Ensemblemethode mit hoher Auflösung             Wahrscheinlichkeit, dass im Zeitraum 2011-2040 und im Ver-
                                                                                                                                                                             1971-2000 und 2011-2040. Quelle: IMK-TRO/KIT, 2010                                                         gleich zum Zeitraum 1971-2000 sommerliche Starkniederschläge
                                                                                                                           tet, kann es in Gebieten des Schwarzwaldes                                                               verwendet. Hierfür wird eine Reihe von Simu-        zu- oder abnehmen. Quelle: IMK-TRO/KIT, 2010

                   Das Institut für Meteorologie und Klimafor-       damit genauer abschätzen, welche Folgen für           und der Schwäbischen Alb sogar doppelt so         zahl der Frosttage                                     lationen unter veränderten Bedingungen (En-
                   schung des Karlsruher Instituts für Technologie   ihr Gebiet durch den Klimawandel auf sie zu-          viele Sommertage geben. Zudem zeigt das For-                                                             semble) durchgeführt und statistisch ausgewer-      ckenen Perioden werden künftig wahrschein-
                                                                                                                                                                                 -7
                   (KIT) führte im Forschungsprogramm Heraus-        kommen können. Mögliche Anpassungsstrate-             schungsprogramm KLARA, dass es vor allem in           -9
                                                                                                                                                                                                                                    tet. Vor allem in den Mittelgebirgen stellen        licher. Insgesamt werden die Extreme in Baden-
                   forderung Klimawandel Baden-Württemberg           gien, z.B. zum Hochwasserschutz, können so            den tie­feren Lagen des Landes wie dem Ober­          -11                                                durch Starkregen verur­sachtes Hochwasser,          Würt­tem­berg zunehmen.
                                                                                                                                                                                 -13
                   eine Reihe von regionalen Klimasimulationen       zielgenauer beraten und geplant werden.               rheintal im Zeitraum 2046 bis 2055 gegenüber                                                             Hangrutsche oder Erosionen eine Gefahr dar.
                                                                                                                                                                                 -15
                   für die jüngere Vergangenheit (1971 bis 2000)                                                           den Jahren 1951 bis 2000 teilweise bis zu                                                                Die Karte zeigt, dass in bestimmten Regionen
                                                                                                                                                                                 -17
                   und die Zukunft (2011 bis 2040) durch. Dazu                                                             15 Hitzetage (Höchsttemperatur mindestens             -19
                                                                                                                                                                                                                                    des Landes die Wahrscheinlichkeit für häufigere
                   benutzten die Forscher erstmals das regionale                                                           30 °C) mehr geben wird.                                                                                  und intensivere sommerliche Starkniederschlä-
                   Klimamodell COSMO-CLM, in einer Auflö-                                                                                                                                                                           ge (blaue Flächen) in der Zukunft steigt. In ei-

Perspektiven für
                   sung von sieben Kilometern. Im Vergleich zu                                                             Ein ähnliches Bild – nur umgekehrt – ergibt                                                              nigen Gebieten bleibt sie gleich, nur in weni-
                   anderen Klimamodellen sind damit kleinräu-                                                              sich bei den Frosttagen: Die mittleren und hö-                                                           gen geht sie zurück. Die Klimasimulationen
                   migere Aussagen möglich. Obwohl solche Mo-                                                              heren Lagen in den Mittelgebirgen haben bis-                                                             deuten darauf hin, dass sich zwar die Nieder-
                   delle nur mögliche Zukunftsszenarien beschrei-                                                          her (1971 bis 2000) über 120 solcher Tage                                                                schlagsmengen innerhalb eines Jahres kaum än-

die Zukunft
8
                   ben, können die Verantwortlichen vor Ort wie
                   Kommunalverwaltungen oder Landratsämter           Feuerwehrleute errichten einen Hochwasserschutzwall
                                                                                                                           (Tiefsttemperatur unter 0 °C) gegenüber unter
                                                                                                                           80 Tagen im Rheintal. Im Zeitraum 2011 bis
                                                                                                                                                                             Änderung der Anzahl der Frosttage zwischen 1971-2000
                                                                                                                                                                             und 2011-2040. Quelle: IMK-TRO/KIT, 2010
                                                                                                                                                                                                                                    dern werden, aber dass sie sich anders verteilen.
                                                                                                                                                                                                                                    Jahre mit besonders nassen und besonders tro-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       9
Klimawandel in Baden-Württemberg - L Fakten - Folgen - Perspektiven
Kosten durch Sturm und hagel                                                                                          Wo wird der Wind gefährlich?
                                                                                                                          Schwere Hagelstürme können Gebäude, Fahr-                                                                             Die Sturmgefährdungskarte zeigt, mit welchen
                                                                                                                          zeuge und Felder massiv schädigen. In Baden-                                                                          Windgeschwindigkeiten im Mittel alle 50 Jahre
                                                                                                                           Thema
                   Heftige Stürme und                                                                                     Württemberg verursacht Hagel fast 40 Prozent
                                                                                                                          (ca. 50 Mio. Euro) aller durch Naturereignisse
                                                                                                                                                                                                                                                einmal zu rechnen ist. Hohe Windgeschwindig-
                                                                                                                                                                                                                                                keiten treten vor allem in Höhenlagen und in
                                                                                                                          bedingten Schäden an Gebäuden. Noch höher                                                                             Gelände mit stark strukturierter Oberfläche wie

                   häufiger Hagel                                                                                         sind die Gesamtkosten einzelner Winterstürme.
                                                                                                                          Allein die Schäden des Orkantiefs Lothar sum-
                                                                                                                                                                                                                                                dem Schwarzwald oder der Schwäbischen Alb
                                                                                                                                                                                                                                                besonders häufig auf. Ein hohes Schadensrisiko
                                                                                                                          mieren sich nach Bilanzen der Münchner Rück-                                                                          besteht aber erst, wenn an gefährdeten Orten
                                                                                                                                                                            Gewitter und Starkregen nehmen zu                                                                                     Waldschaden nach Wintersturm Lothar im Jahr 1999.
                                                                                                                          versicherung für Süddeutschland, Nordfrank-                                                                           eine Verwundbarkeit vorliegt, beispielsweise
                   Extreme Wetterereignisse können erhebliche Schäden                                                     reich, die Schweiz und Österreich auf insgesamt                                                                       wenn dort Gebäude oder windwurfanfällige
                                                                                                                          8,64 Milliarden Euro. Gut die Hälfte der Schä-    Sturmgefährdungskarte                                               Bäume stehen.                                     Sturmschäden in Wäldern
                   verursachen. Wird sich die Häufigkeit und Intensität von
                                                                                                                          den war versichert. Stürme mit höheren Wind-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       meteorologische daten – extremereignisse
                   Sturm, Hagel und Gewitter künftig erhöhen?                                                             geschwindigkeiten kosten überproportional            km/h
                                                                                                                                                                                                                                                Im Rahmen des Verbundprojekts RESTER              Wahrscheinlichkeit

                                                                                                                                                                               220
                                                                                                                                                                                                                                                                                                       gering
                                                                                                                          mehr Geld.                                                                                                            (Strategien zur Reduzierung des Sturmschaden-
                                                                                                                                                                               200                                                                                                                     mäßig
                                                                                                                                                                                                                                                risikos für Wälder) wurden auf der Grundlage
                                                                                                                                                                               180                                                                                                                     hoch
                   Ob der Anstieg der Häufigkeit von Unwettern        Berg­­stationen in der Vergangenheit leicht zuge-   Der interdisziplinären Forschungseinrichtung                                                                          flächiger Schäden, die infolge der Winterstürme
                                                                                                                                                                               160

                   mit dem Klimawandel zu tun hat, ist noch           nommen haben. Ebenfalls gestiegen sind die          im Bereich des Katastrophenmanagements               145
                                                                                                                                                                                                                                                Wiebke (1990) und Lothar (1999) in den Wäl-
                   nicht eindeutig belegt. Allerdings gab es in den   Häufigkeit und Intensität von Hagelstürmen.         (CEDIM) zufolge könnte ein Sturm wie Lothar          125
                                                                                                                                                                                                                                                dern Baden-Württembergs entstanden sind,
                   letzten 20 Jahren vermehrt schwere Winter-         Gebäudeversicherungsdaten für Baden-Würt-           mit nur zehn Prozent höheren Windgeschwin-           110                                                              Sturmschadenswahrscheinlichkeiten für die ge-
                   stürme, die auch Baden-Württemberg trafen.         temberg lassen erkennen, dass zwischen 1986         digkeiten die dreifachen Schäden verursachen.        90                                                               samte Waldfläche Baden-Württembergs berech-
                   Beispiele sind die Winterstürme Daria (1990),      und 2008 die Schadenssummen stark gewach-           Untersuchungen lassen vermuten, dass sich das                                                                         net. Die höchsten Sturmschadenswahrschein-
                   Vivian und Wiebke (1990), Lothar (1999), Ky-       sen sind. Die Zahl der Tage, an denen Hagel-        Sturmklima in Baden-Württemberg bis 2050                                                                              lichkeiten treten – vorausgesetzt die maximale
                   rill (2007) und zuletzt Xynthia (2010). Die da-    schäden gemeldet wurden, lag in den 1980er          nicht signifikant ändern wird. Aber auch in Zu-                                                                       Böengeschwindigkeit überschreitet 126 km/h –
                   bei aufgetretenen Böengeschwindigkeiten            Jahren bei etwa zehn pro Jahr, stieg in den         kunft müssen wir mit ähnlich schweren Stür-                                                                           vor allem dort auf, wo Nadelwald auf stark ex-
                   reichten von 150 km/h über dem Flachland bis       1990ern auf 20 an und liegt nun zwischen 30         men wie Lothar rechnen. Relativ höhere Tem-                                                                           ponierten Standorten mit wechselfeuchten Bö-
                   über 200 km/h über den Mittelgebirgsregionen.      und 40 Tagen. Ein verbessertes Wissen über          peraturen und Luftfeuchtigkeit erhöhen das                                                                            den über Buntsandstein vorkommt.
                                                                      mögliche Änderungen in der Häufigkeit und           Gewitter- und Hagelpotenzial.                                                                                         Sturmgefährdete Gebiete sind u.a. die Höhen-
                   Eine Auswertung an verschiedenen Wettersta-        Intensität von extremen Ereignissen hat damit                                                                                                                             züge des nördlichen Schwarzwalds sowie der

Extremereignisse
                                                                                                                                                                            Die Karte zeigt die sturmgefährdeten Gebiete in Baden-Württem-                                                        Sturmschadensanfälligkeit für Wälder in Baden-Württemberg auf
                   tionen im Land ergab, dass die Böengeschwin-       eine große volkswirtschaftliche und gesell-                                                           berg. Quelle: Heneka et al., Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 2006;
                                                                                                                                                                                                                                                östliche Odenwald.                                der Basis der Winterstürme Wiebke und Lothar.
                   digkeiten an Talstationen im Gegensatz zu          schaftliche Relevanz.                                                                                 Hofherr und Kunz, Clim. Res., 2010                                                                                    Quelle: Meteorologisches Institut der Universität Freiburg

10                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                11
Klimawandel in Baden-Württemberg - L Fakten - Folgen - Perspektiven
goenzephalitis) verbreiten können. Eine andere    Ebenfalls auf dem Vormarsch ist die Beifuß-Am-
                                                                                                                                                                       Zeckenart (Schafzecke) ist in die Verbreitung     brosie, eine Allergie auslösende Pflanze, die             Chancen und Risiken
                                                                                                                                                                       des Q-Fiebers, einer schweren bakteriellen In-    sich vor allem im Oberrheingebiet und im
                                                                                                                       Fakten                                                                                                                                                        für die gesundheit
              Klimawandel birgt                                                                                                                                        fektionskrankheit, involviert. Der Q-Fieber-Er-
                                                                                                                                                                       reger wird von den Zecken zunächst auf Nutz-
                                                                                                                                                                                                                         Stutt­garter Raum ausbreitet. Noch sind die
                                                                                                                                                                                                                         Kon­zentrationen der Ambrosia-Pollen niedrig.
                                                                                                                                                                       tiere wie Rinder, Schafe und Ziegen übertragen    Allerdings können zusätzliche Pollentransporte

              Gesundheitsrisiken                                                                                                                                       und kann dann vor allem durch Einatmen von
                                                                                                                                                                       kontaminiertem Staub zur Erkrankung beim
                                                                                                                                                                                                                         mit dem Wind aus Frankreich Allergiker be-
                                                                                                                                                                                                                         lasten.
                                                                                                                                                                       Menschen führen. Zukünftig muss mit wei-                                                                               Chancen
                                                                                                                                                                       teren, durch Zecken übertragenen Infektionen
              Zunehmende Hitze und Schwüle machen besonders                                                          Hitze und Schadorganismen                         wie dem Mittelmeerfleckfieber bei uns gerech-                                                                    • weniger Tage mit Kältestress
                                                                                                                     Der Mensch bevorzugt ein ausgeglichenes Kli-      net werden.
              älteren Menschen schwer zu schaffen. Der Klimawandel                                                                                                                                                                                                                        • weniger kältebedingte
                                                                                                                     ma. Im extrem heißen Sommer 2003 starben in
                                                                                                                                                                                                                                                                                         Krankheits- und Todesfälle
              kann uns darüber hinaus auch neue Krankheiten und                                                      Baden-Württemberg schätzungsweise 2000 vor

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Klimafolgen – Menschliche gesundheit
                                                                                                                     allem ältere und pflegebedürftige Menschen an
              Allergie auslösende Pflanzenarten bescheren.                                                           Folgen der Hitze! Die Ursachen der Todesfälle     Gesamtmortalitätsrate pro 100.000 Einwohner 2002-2003
                                                                                                                     waren Herzinfarkt, Erkrankungen des Herz-
              Bislang geht es uns in Baden-Württemberg            ders. Nimmt die Hitze zu, könnten in Baden-        Kreislauf-Systems, der Nieren und der Atem-
              richtig gut: Laut Statistischem Landesamt ist die   Württemberg mehr Menschen erkranken und            wege sowie Stoffwechselstörungen.
              Lebenserwartung der Bevölkerung in Baden-           früher sterben als bisher. Um das genauer zu er-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                Risiken
              Württemberg sehr hoch. Das durchschnittliche        fassen, wurden im Rahmen des Forschungsvor-        Mit steigenden Durchschnittstemperaturen
              Lebensalter der Frauen beträgt 83,3 Jahre, das      habens KLARA die Auswirkungen des Klima-           nimmt die Zahl und Verbreitung von Organis-                                                                                Gesamtmortalitätsrate in                 • mehr Tage mit Hitzestress
              der Männer 78,6 Jahre. Damit nimmt die Le-          wandels auf die witterungsbedingte Mortalität      men zu, die Krankheiten übertragen oder her-                                                                               Baden-Württemberg 2002-2003
                                                                                                                                                                                                                                                (Mrtot: statistisch registriert;
              benserwartung in Baden-Württemberg im EU-           in Baden-Württemberg untersucht.                   vorrufen können. So wurden 2008 in Baden-                                                                                  EW: Erwartungswert)
                                                                                                                                                                                                                                                                                              • mehr Hitzetote
                                                                                                                                                                                                                                                Quelle: Potsdam-Institut für
              Vergleich eine Spitzenstellung ein.                                                                    Württemberg neue Standorte der Sandmü­cke
                                                                                                                                                                                                                                                Klimafolgenforschung (PIK),

Menschliche
                                                                  Wärme liebende Krankheitsüberträger könnten        nachgewiesen. Diese blutsaugenden Insekten                                                                                                                    • neue und mehr Infektionskrankheiten
                                                                                                                                                                                                                                                2005: KLARA

              Studien des Intergovernmental Panel on Cli-         bald unsere Gesundheit gefährden. Zecken           können eine tropische Parasiteninfektion, die
                                                                                                                                                                                                                                                                                   • neue Allergie auslösende Pflanzenarten
              mate Change IPCC (2007) sowie die Ergebnisse        breiten sich weiter aus. Neue Tier- und            Leishmaniose, übertragen, die bisher in Europa
              aus KLARA und KLIWA zeigen jedoch, dass             Pflanzen­arten wandern ein. Schlimmstenfalls       nur aus dem Mittelmeerraum bekannt war. Be-

Gesundheit
                                                                                                                                                                                                                                                                                     • Abnahme der Arbeitsproduktivität
              wir Mitteleuropäer künftig mit mehr und noch        müssen wir dann sogar mit tropischen Krank-        reits sehr häufig sind bei uns Zecken, die Bor-                                                                                                                        bei extremer Hitze
              heißeren Tagen und längeren Hitzewellen rech-       heiten wie dem Chikungunya- und Denguefie-         reliose und FSME (Frühsommer-Menin-
12            nen müssen. Das trifft den Südwesten beson-         ber leben.                                                                                                                                                                                                                                                  13
Klimawandel in Baden-Württemberg - L Fakten - Folgen - Perspektiven
zahl dieser Altersgruppe mit der Auftretenshäu-    Chikungunya- und Denguefieber auch in Ba-                                                                                                                                           Im Westen viel Ambrosie
                                                        figkeit von thermischen Belastungen, erhält        den-Württemberg verbreiten. Zur Einschätzung                                                                                                                                        Aufgrund der Erhebungen und Auswertungen                    ausbreitung der beifuss-ambrosie
        Folgen/                                         man die Anfälligkeit der Bevölkerung für Hitze-    des zukünftigen Infektionsrisikos ist es von gro-
                                                                                                                                                                                                                                              Regionale                                        der Ambrosia-Meldestelle bei der LUBW las-
        Perspektiven                                    oder Kältestress. Da die Bevölkerung in Baden-     ßer Bedeutung, die Verbreitung und Popula-                                                                                         Auswirkungen                                     sen sich drei Regionen erkennen, in denen sich
                                                        Württemberg immer älter wird, erhöht sich die      tionsentwicklung von Überträgern sowie von                                                                                                                                          die Vorkommen der Allergie auslösenden Bei-
                                                        An­fäl­lig­keit der Bevölkerung um durchschnitt-   Krankheitserregern zu erfassen. Bei Ambrosia,                                                                                                                                       fuß-Ambrosie häufen. Bestände aus mehreren
                                                        lich 20 Prozent. Bis 2055 könnten daher landes-    die vor allem durch Verunreinigungen von Vo-                                                                                                                                        zehntausend Pflanzen treten vor allem zwi-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Mannheim
                                                        weit jährlich 180 bis 400 zusätzliche hitzebe-     gelfutter bei uns eingeführt wurde und sich auf-                                                                                                                                    schen Rastatt und Mannheim, im Bereich von
                                                        dingte Todesfälle auftreten, sofern keine          grund der günstigen klimatischen Bedingungen                                                                                                                                        Freiburg sowie in Stuttgart und Umgebung
                                                        Anpassungsmaßnahmen getroffen werden. Die          jetzt verbreiten kann, gilt es ebenfalls zu han-                                                                                                                                    auf.
     Künftig mehr Hitzetote                             positiven Effekte der sinkenden Zahl der Kälte-    deln. Nur in einer frühen Phase lässt sich die                                                                                  Je höher man lebt, desto besser                                                                                                                  Karlsruhe

     in Baden-Württemberg                               stress-Tage können diesen Anstieg nicht ausglei-   flächendeckende Ausbreitung solcher uner-                                                                                       Die Szenarien zeigen, dass in den tieferen und
     Im Projekt KLARA haben Wissenschaftler des         chen.                                              wünschten Einwanderer stoppen.                                                                                                  damit wärmeren Lagen Baden-Württembergs
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Stuttgart
     Potsdamer Instituts für Klimaforschung errech-                                                                                                                                                                                        mehr Menschen als in höheren Lagen durch die
     net, wie viele Baden-Württemberger zukünftig       Aus Extremereignissen                                                                                                                                                              hitzebedingten Folgen des Klimawandels ster-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Klimafolgen – Menschlichegesundheit
                                                                                                                                                                              Eine mit Blut vollgesogene Zecke

     an den gesundheitlichen Folgen des Klimawan-       klug werden                                                                                                                                                                        ben könnten. Zwischen 0 und 400 Metern Hö-                                                                                                                                Ulm

     dels sterben könnten. Dazu haben sie die ge-       Vor diesem Hintergrund und angesichts der Er-                                                                                                                                      he ist im Mittel mit jährlich 2,4 bis 3,6 zusätz-
     schätzten witterungsbedingten Todesfälle in        fahrungen aus dem Extremjahr 2003 sind An-         kälte- und wärmestress für den menschlichen körper                                                                              lichen Hitzetoten pro 100.000 Einwohnern zu
     einem Basisszenarium (1951-2000) mit denen         passungen dringend gefragt. In einer ersten                                                                                                                                        rechnen. Besonders betroffen sind die unteren
     für ein klimatologisches Folgeszenarium (2046-     Maßnahme wurde ein Hitzewarnsystem einge-                                                                                                                                          Lagen im Norden Baden-Württembergs sowie                                                                                         Freiburg
                                                                                                            Klasse         Gefühlte                   Thermisches                    Thermophysiologische Beanspruchung
     2055) verglichen. Diese Szenarien zeigen, dass     richtet, mit dem allein in Baden-Württemberg                       Temperatur °C              Empfinden                                                                            die Landkreise Emmendingen und Freiburg. In
     es bis 2055 in allen Höhenlagen deutlich mehr      rund 1400 Pflegeeinrichtungen erreicht und          -4             < - 39                     sehr kalt                      extremer Kältestress                                  Höhenlagen zwischen 400 und 800 Metern
                                                                                                            -3             - 26 bis - 39              kalt                           starker Kältestress                                                                                                                                                                                                Konstanz
     Tage mit Wärmebelastung gibt als bisher.           rechtzeitig vor entsprechenden Wetterlagen ge-                                                                                                                                     sieht es danach mit durchschnittlich 1,6 bis 2,4
                                                                                                            -2             - 13 bis - 26              kühl                           mäßiger Kältestress
     Gleichzeitig sinken in den meisten Kreisen die     warnt werden können. Langfristig müssen                                                                                                                                            zusätzlichen Todesfällen pro 100.000 Einwoh-
                                                                                                            -1             0 bis - 13                 leicht kühl                    schwacher Kältestress
     Tage mit Kältestress, allerdings nicht so stark,   Stadtplaner und Architekten klimagerechte                                                                                                                                          nern und Jahr etwas besser aus als in den tiefer
                                                                                                            0              0 bis + 20                 behaglich                      Komfort möglich
     wie die Hitzetage zunehmen.                        Städte und Gebäude planen und umsetzen.                                                                                                                                            gelegenen Gebieten. Ab 800 Metern Höhe gibt                                                                                                                              keine Angaben
                                                                                                            1              + 20 bis + 26              leicht warm                    schwache Wärmebelastung
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    < 10 Exemplare
                                                                                                            2              + 26 bis + 32              warm                           mäßige Wärmebelastung                                 es laut vorliegender Szenarien die wenigsten zu-                                                                                                                         10 bis 100 Exemplare
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    > 100 bis 1.000 Exemplare
     Daneben haben die Forscher aus Mortalitäts-        Außer der Hitze plagen uns künftig vermutlich       3              + 32 bis +38               heiß                           starke Wärmebelastung                                 sätzlichen Sterbefälle: jährlich „nur“ 1,6 bis 2
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    > 1.000 Exemplare
                                                                                                            4              > + 38                     sehr heiß                      extreme Wärmebelastung
     daten ermittelt, wie empfindlich die Bevölke-      mehr Infektionskrankheiten. Krankheitsüber-                                                                                                                                        pro 100.000 Einwohnern mehr. Diese Aussagen                                                                                                                              kleinere Bestände
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Bestandesgrößen 2009. Quelle: LUBW                       größere Bestände
     rung auf Hitze- und Kältestress reagiert. Das      tragende Zecken breiten sich weiter aus. Tro-                                                                                                                                      treffen allerdings nur dann zu, wenn keine An-
     Ergebnis: Besonders empfindlich sind Men-          pische und subtropische Schädlinge wie der Ti-     Thermische Belastungsklassen auf der Basis einer gefühlten Temperatur, die die physiologische Beanspruchung des menschlichen
                                                                                                                                                                                                                                           passungsmaßnahmen getroffen werden.                 Die Allergie auslösende Pflanze Ambrosia breitet sich aus

14   schen über 75 Jahre. Multipliziert man die An-     germoskito könnten Krankheiten wie das             Organismus berücksichtigt (verändert nach VDI, 1998). Quelle: Potsdam Institute for Climate Impact Reseach (PIK), 2005: KLARA                                                                                                                                                                                                        15
Klimawandel in Baden-Württemberg - L Fakten - Folgen - Perspektiven
Monaten Dezember bis Februar kann das Ther-        Unter Niedrigwasser leidet jedoch nicht nur die
                                                                                                                                                                      mometer sogar um bis zu 2 °C steigen. Dadurch      Binnenschifffahrt. Auch der Landwirtschaft und     Chancen und Risiken
                                                                                                                                                                      werden die ergiebigen Niederschläge, die die       der Energiewirtschaft setzen die Trockenperio-
                                                                                                                          Fakten                                                                                                                                                für die wasser-
                   Niedrigwasser im Sommer,                                                                                                                           Westwetterlagen mit sich bringen, vermehrt als
                                                                                                                                                                      Regen und nicht als Schnee niedergehen. Des-
                                                                                                                                                                                                                         den zu. Die volkswirtschaftlichen Schäden
                                                                                                                                                                                                                         durch den heißen und trockenen Sommer 2003                 wirtschaft
                                                                                                                                                                      halb treten die Flüsse wahrscheinlich immer öf-    waren größer als die einer der Hochwasserkata-

                   Hochwasser im Winter                                                                                                                               ter über die Ufer.                                 strophen an Rhein, Oder und Elbe. Durch Tro-
                                                                                                                                                                                                                         ckenheit sind viel größere Landesflächen – und
                                                                                                                                                                      Während im Winter in manchen Regionen bis          damit neben dem Wasserhaushalt auch Flora
                                                                                                                                                                      zu 35 Prozent mehr Niederschlag erwartet wird,     und Fauna – mit längerer Wirkung betroffen als                Chancen
                   Die gute Nachricht zuerst: Unser Grundwasser versorgt                                               Extremwasserstände nehmen zu                   sinken in den bis zu zehn Prozent trockeneren      durch ein Hochwasserereignis.
                                                                                                                       Die Klimasimulationen im Rahmen des KLI-       Sommern die Wasserstände. Die Wahrschein-                                                              • Baden-Württemberg bleibt reich an
                   uns noch lange mit Trinkwasser. Dennoch wird der Klima-                                                                                                                                                                                                             Grundwasser
                                                                                                                       WA-Vorhabens zeigen, dass die Temperatur bis   lichkeit einer ausgeprägt trockenen Vegetations-
                   wandel den Wasserhaushalt spürbar verändern.                                                        2050 um 0,8 bis 1,7 °C zunehmen kann. In den   periode hat sich seit 1985 versechsfacht.

                   Baden-Württemberg ist reich an Grundwasser –        ser und zur landwirtschaftlichen Bewässerung,

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Klimafolgen – Wasserwirtschaft
                   und wird es bleiben. Die Menge der jährlichen       andererseits durch die Nutzung als Kühlwasser
                   Niederschläge wird sich nach Ansicht der Kli-       für Kraftwerke sowie als Verkehrsweg für die                                                                                                                                                                      Risiken
                   maforscher wenig ändern. Was sich aber ändern       Schifffahrt. Auch der ökologische Zustand der
                   wird, ist die Niederschlagsverteilung: Schon        Gewässer und die Gewässergüte werden da-                                                                                                                                                               • Schäden durch mehr Hochwasser
                   jetzt sind die Sommer trockener und die Win-        durch beeinflusst.
                   ter feuchter als früher. Verantwortlich dafür ist                                                                                                                                                                                                       • höhere Kosten für den Hochwasserschutz

                   die Zunahme der Westwetterlagen in den Win-         Baden-Württemberg ist Partner im Kooperati-
                                                                                                                                                                                                                                                                                 • Niedrigwasser beeinträchtigt
                   termonaten, die viel Niederschlag mit sich brin-    onsvorhaben KLIWA (Klimaveränderung und
                                                                                                                                                                                                                                                                                     die Binnenschifffahrt
                   gen. Damit einher geht eine Häufung der             Konsequenzen für die Wasserwirtschaft). Hier-
                   Hochwasserereignisse in den letzten 30 Jahren.      bei sollen mögliche Auswirkungen des Klima-                                                                                                                                                                • Wasserknappheit kann zu
                                                                       wandels auf den Wasserhaushalt der einzelnen                                                                                                                                                            Kühlwassermangel bei Kern- und
                   Ein veränderter Wasserhaushalt hat unmittel-        Flussgebiete untersucht, Konsequenzen aufge-                                                                                                                                                           konventionellen Kraftwerken führen

Wasserwirtschaft
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                   bare Folgen auf die Gewässernutzung; einer-
                   seits durch die direkte Entnahme als Trinkwas-
                                                                       zeigt und Handlungsempfehlungen für die was-
                                                                       serwirtschaftliche Planung entwickelt werden.   Donau-Hochwasser in Riedlingen im Jahr 1990.                                                      Niedrigwasser in der Murg im Jahr 2006.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      17
Klimawandel in Baden-Württemberg - L Fakten - Folgen - Perspektiven
erhöht werden können. Neben den Handlungs-      den in den meisten Regionen länger andauern:       Grundwasserneubildung erwartet. Dennoch                                                                                                               peraturverhältnisse, die thermische Schichtung
                                                        strategien beim technischen Hochwasserschutz    südlich einer Linie Karlsruhe – Wertheim um        können längere sommerliche Trockenperioden,                                                                                                           und die vertikale Durchmischung.                                  Entwicklung des winterniederschlags
        Folgen/                                         kommt vor allem der Hochwasser-Vorsorge eine    mehr als 50 Prozent, nördlich dieser Linie um      wie auch heute schon, zu örtlich und zeitlich
                                                                                                                                                                                                                                       Regionale
        Perspektiven                                    besondere Bedeutung zu.                         25 bis 50 Prozent. Das ist jedoch noch nicht der   begrenzten Engpässen in der Wasserversorgung
                                                                                                                                                                                                                                       Auswirkungen                                                              Bereits jetzt ist zu beobachten, dass mit der ge-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   bis 2050
                                                                                                        schlimmste Fall: Steigt die Temperatur mehr als    führen. Um diesen Versorgungsengpässen be-                                                                                                            stiegenen durchschnittlichen Lufttemperatur
                                                        Zwangsurlaub für                                erwartet, könnten sich die Niedrigwasserabflüs-    gegnen zu können, sind eine Reihe von Maß-                                                                                                            die Temperatur des Oberflächenwassers zuge-
                                                        Binnenschiffer?                                 se und -perioden noch weitaus ungünstiger ent-     nahmen erforderlich. Dazu zählen der weitere                                                                                                          nommen hat. Für die komplexen Beziehungen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Mannheim
                                                        Während im Winter die Hochwassergefahr          wickeln. Beim Niedrigwasser-Management             Ausbau regionaler und überregionaler Verbund-                                                                                                         innerhalb des Ökosystems See kann das weit
                                                        steigt, werden die Flüsse von Juni bis Novem-   kann bereits die Niedrigwasser-Vorhersage der      lösungen und effizientere landwirtschaftliche                                                                                                         reichende Folgen haben. In den erwarteten mil-
                                                        ber deutlich weniger Wasser führen. Der Rück-   LUBW genutzt werden.                               Bewässerungsmethoden.                                                                                                                                 deren Wintern kann sich das Oberflächenwas-
     Ein Faktor für den Klimawandel                     gang ist im Südwesten und Südosten von Ba-                                                                                                                          Stabile Schichten im Bodensee                                                        ser nicht stark genug abkühlen, um bis in die                                                            Karlsruhe

     Hochwasserschutzanlagen werden häufig so di-       den-Württemberg besonders ausgeprägt. Schuld    Das Wasser                                         Im Winter dagegen können künftig längere                         Der Bodensee, Europas größter Trinkwasser-                                           untersten Schichten des Sees vordringen zu
     mensioniert, dass sie vor einem „Jahrhundert-      daran sind längere Trockenperioden. Zu den      unter unseren FüSSen                               Phasen mit ausdauernden Niederschlägen lokal                     speicher, versorgt über vier Millionen Men-                                          können. Hierdurch wird der Sauerstoffeintrag
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Stuttgart
     hochwasser“, das statistisch gesehen einmal in     fehlenden Niederschlägen kommt der Wasser-      Da sich die jährliche Niederschlagsmenge in        zu erhöhten Grundwasserständen führen. Dies                      schen mit Trinkwasser. In einem KLIWA-Pro-                                           in das Tiefenwasser behindert, der für die dort
     100 Jahren vorkommt, schützen. Die hoch auf-       verlust durch vermehrte Verdunstung in Folge    der nahen Zukunft (2021-2050) voraussichtlich      ist etwa bei der Ausweisung von Baugebieten                      jekt wurde untersucht, welche Folgen der                                             lebenden Organismen wichtig ist und die Rück-
     gelösten Klimamodelle zeigen, dass die Hoch-       der höheren Lufttemperaturen hinzu. Dadurch     wenig ändern wird, werden nur geringe Abwei-       in vernässungsgefährdeten Gebieten zu berück-                    Klimawandel auf die hydrophysikalischen Ab-                                          lösung von Nährstoffen aus dem Sediment be-                                                                                                  Ulm

     wasserabflüsse besonders im Winter an fast al-     werden die sommerlichen Niedrigwasserperio-     chungen bei der durchschnittlichen jährlichen      sichtigen.                                                       läufe im Bodensee hat. Dazu gehören die Tem-                                         einflusst.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Klimafolgen – Wasserwirtschaft
     len Flusspegeln zunehmen werden. Dies wird
     bei der Bemessung neuer Hochwasserschutzan-
     lagen berücksichtigt: Die Auswirkungen des         klimaänderungsfaktoren                                                                                                                                            Wasser- und Lufttemperaturen im und am Bodensee (1962-2010)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Freiburg
     Kli­mawandels werden bei den Berechnungen
                                                                                                                                                                          Ein Zuschlag auf den hundertjährlichen
     durch einen Lastfall Klimaänderung berücksich-                                                                                                                       Hochwasserabfluss bei der Bemessung                         13
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Verlauf der Temperaturentwicklung
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              des oberflächennahen Wassers in
     tigt. Ein Beispiel: Am Neckar bringt ein so ge-                                                                                                                      von Hochwasserschutzanlagen berück-                                                                                                                                                                                                                          Konstanz
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              der Seemitte und der Luft bei der
                                                                                                                                                                          sichtigt den möglichen Einfluss des Klima-                  12
     nanntes Jahrhunderthochwasser bis 2050 etwa                                                                                                                                                                                                                                                                                              Messstation Konstanz. Quelle:
                                                                                                                                                                          wandels. Der Freibord dient dazu, die                                                                                                                                                                                                                                                              Änderung der
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              KLIWA-Monitoringbericht 2011
                                                                                                                                                                          Überströmung von Hochwasserschutzan-                        11
     15 Prozent mehr Wasser mit sich. Dies wird bei                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Niederschlagssumme

                                                                                                                                                                                                                       Grad Celsius
                                                                                                                                                                          lagen z.B. in Folge von Wellen- und Wind-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Lufttemperatur bei Konstanz                                                                                                  in Prozent
     der Bemessung neuer Bauwerke mit dem Fak-                                                                                                                            stau zu verhindern.                                         10
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Trend 1962 bis 2010
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 2,1 – 5,0
     tor 1,15 mit einkalkuliert. Brücken werden gege-                                                                                                                                                                                                                                                                                              Trend 1947 bis 2010
                                                                                                                                                                                                                                       9                                                                                                                                                                                                                                        5,1 – 10,0
     benenfalls größer ausgelegt, Dämme und Ufer-                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Wassertemperatur bei der See-   Prozentuale Änderung der Wintersumme (Nov.-Apr.)                                            10,1 – 20,0
                                                                                                                                                                                                                                       9                                                                                                           mitte in ca. 0,5 m Tiefe        des Niederschlags. Es wurde der Zeitraum 2021 bis
     mauern so geplant, dass sie später problemlos                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 2050 in Bezug auf 1971 bis 2000 simuliert.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Gewässer (Seen)            20,1 – 30,0
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Trend 1962 bis 2010
                                                                                                                                                                                                                                       7                                                                                                                                           Quelle: LUBW, 2007: KLIWA                                       Gewässer (Flüsse)           30,1 – 50,0

                                                                                                                                                                                                                                           1945

                                                                                                                                                                                                                                                  1950

                                                                                                                                                                                                                                                         1955

                                                                                                                                                                                                                                                                1960

                                                                                                                                                                                                                                                                       1965

                                                                                                                                                                                                                                                                              1970

                                                                                                                                                                                                                                                                                     1975

                                                                                                                                                                                                                                                                                            1980

                                                                                                                                                                                                                                                                                                   1985

                                                                                                                                                                                                                                                                                                          1990

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  1995

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         2000

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                2005

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       2010
18                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           19
dings Grenzen gesetzt. Die konservierende Bo-         die jährliche Pro-Kopf-Emission an CO2 in
                                                                                                                                                                    denbearbeitung muss aufrecht erhalten werden          Deutsch­land. Böden sind aber nicht nur für       Chancen und Risiken
                                                                                                                                                                    und bei Grünlandnutzung muss z. B. auch eine          den Kohlenstoffkreislauf, sondern auch für den
                                                                                                                     Fakten                                                                                                                                                      für die böden
              Klima und Boden                                                                                                                                       Verwertung des Aufwuchses möglich sein.
                                                                                                                                                                    Moore sind ein Sonderfall: Naturnahe Moore
                                                                                                                                                                                                                          Stickstoffkreislauf bedeutend. Beispielsweise
                                                                                                                                                                                                                          entweicht aus Böden Lachgas (N2O), welches
                                                                                                                                                                    werden als weitgehend klimaneutral einge-             eine etwa 300-fach stärkere Treibhauswirkung

              im Wechselspiel                                                                                                                                       schätzt. Werden Moore intensiv landwirtschaft-
                                                                                                                                                                    lich genutzt, wird bei der Entwässerung und bei
                                                                                                                                                                                                                          als CO2 entfaltet. Der Umbruch von Grünland
                                                                                                                                                                                                                          in Ackerland setzt über den intensiven Hu-

                                                                                                                                                                                                                                                                                      Chancen
              Bodenschutz und Klimaschutz sind eng miteinander ver-                                                Kohlenstoffspeicher Boden
                                                                                                                                                                                                                                                                              • vermehrte biologische Aktivität
                                                                                                                   Weltweit bilden die Böden nach den Meeren
              bunden. Durch die Zunahme von Starkregen kann unser
                                                                                                                   den zweitgrößten Kohlenstoffspeicher. Insge-                                                                                                                 • schnellere Erwärmung des
              Boden jedoch buchstäblich den Bach hinunter gehen.                                                   samt sind in den Böden Baden-Württembergs                                                                                                                        Bodens im Frühjahr
                                                                                                                   bis in ein Meter Tiefe etwa 450 Millionen Ton-
                                                                                                                   nen organischer Kohlenstoff und damit 1651
              Böden spielen eine wichtige Rolle im Klimage-     können jedoch weit mehr als fünfzig Jahre Boden-   Millionen Tonnen CO2 gespeichert. Durch die
              schehen. Einerseits sind Böden unmittelbar von    bildung auf einen Schlag verloren gehen. Der       Bodennutzung und -bearbeitung kann die Rolle     Wildseemoor im Schwarzwald

              künftigen Klimaänderungen betroffen. Ande-        Verlust von Bodenmaterial schädigt die Boden-      der Böden im Treibhausgaskreislauf beeinflusst                                                                                                                      Risiken

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Klimafolgen – bodenschutz
              rerseits haben klimabedingte Veränderungen        fruchtbarkeit und damit den Landwirt und be-       werden. Allein durch die Umstellung auf eine     der folgenden Bodenbearbeitung ­der zuvor im          musabbau entsprechende Stickstoffvorräte und
                                                                                                                                                                                                                                                                              • Humusgehalte können sinken
              der Stoff- und Energiekreisläufe in Böden Aus-    lastet die Umwelt. Denn mit dem Bodenmate-         pfluglose Bodenbearbeitung oder mit dem          Torf gespeicherte Kohlenstoff als ­CO2 wieder frei.   damit auch vermehrt Lachgas frei. Das Ausmaß
              wirkungen auf das Klima. Denn Böden können        rial gehen erhebliche Mengen an Humus- und         Wechsel von Acker- zu Grünlandnutzung ließe                                                            der Lachgasfreisetzung wird von vielen Fak-
                                                                                                                                                                                                                                                                               • mehr Erosion bei Starkregen
              sowohl Senke als auch Quelle für klimarelevante   Nährstoffen verloren. Darüber hinaus kommt         sich der Humusgehalt bis zu einem Gleichge-      Der dominierende Moortyp in Baden-Württem-            toren wie zum Beispiel von Bodenverdich-
              Gase sein. Besonders empfindlich gegenüber        es zu Schäden außerhalb der Erosionsfläche:        wichtszustand zumindest in den oberen Boden-     berg ist das Niedermoor. Im Rahmen von Un-            tungen oder vom Bodenwassergehalt beein-          • Eintrag von Nähr- und Schadstoffen
              Nutzungs- und Klimaveränderungen sind             Gewässer können durch Nähr- und Schadstoffe        schichten und damit die gespeicherte CO2-        tersuchungen des Donaurieds wurde für das             flusst. Besonders intensiv mit organischen oder          in Gewässer und andere
              Moore und andere Böden mit einem hohen            belastet werden. Wer etwas für den Klima-          Menge erhöhen. So wurde ermittelt, dass durch    Niedermoor in einem Messzeitraum von 1951             mineralischen Düngern versorgte Böden mit              Ökosysteme durch Erosion
              An­teil an organischer Substanz.                  schutz tut, hilft also den Böden. Umgekehrt        eine pfluglose Bodenbearbeitung jährlich 1,3     bis 1990 ein durchschnittlicher Torfabbau durch       hohen Stickstoffsalden zeigen eher höhere
                                                                gilt: Wer Böden und besonders Moore schützt,       Tonnen CO2 pro Hektar, bei einer Umstellung      Entwässerung und landwirtschaftliche Nutzung          Lachgasemissionen. Mit einer an den Pflanzen-
              Die Bodenneubildung dauert lange: Rechnerisch     trägt auch zum Klimaschutz bei.                    von Acker- auf Grünlandnutzung etwa 4,9 Ton-     von 7,2 mm pro Jahr ermittelt. Das entspricht         bedarf angepassten Stickstoffdüngung können

Bodenschutz
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              entstehen pro Jahr maximal 0,1 Millimeter Bo-
              den. Bei einem extremen Niederschlagsereignis
                                                                                                                   nen CO2 pro Hektar festgelegt werden können.
                                                                                                                   Diesen Maßnahmen sind in der Praxis aller-
                                                                                                                                                                    einer jährlichen CO2-Freisetzung von etwa
                                                                                                                                                                    23 Tonnen pro Hektar: Doppelt so viel wie
                                                                                                                                                                                                                          Landwirte die Stickstofffreisetzung vermindern.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   21
führen, dass sich dieser Mineralisierungsprozess   wirtschaftungsbedingt auftreten. Daher wird                                                                                                   Ob und in welchem Maße die beschriebenen
                                                       selbst in der kalten Jahreszeit fortsetzt. Erste   im Rahmen eines KLIMOPASS-Forschungsvor-                                                                                                      Auswirkungen eintreffen, lässt sich nur mit ge-   bodenerosionsatlas
        Folgen/                                        Schätzungen besagen, dass eine Erwärmung           habens eine Methode entwickelt, mit der die
                                                                                                                                                                                                          Regionale                                     nauen Informationen zu Böden, ihrer Nutzung
        Perspektiven                                   des Klimas um zwei Grad die Humusvorräte           Wirkung beider Faktoren auf Humusmenge
                                                                                                                                                                                                          Auswirkungen                                  und den dort herrschenden Klimaeinflüssen er-
                                                       unter Grünland und Wald um 20 Prozent ver-         und -qualität untersucht werden kann.                                                                                                         mitteln. Beispiel Erosion: Hier sind natürlich
                                                       mindern würde. In Mooren wie dem Donau-                                                                                                                                                          besonders Gebiete betroffen, die jetzt schon
                                                       ried könnte der Torfabbau durch den Klima-         In weiteren Forschungsvorhaben im Rahmen                                                                                                      erosionsanfällig sind. Dazu gehören insbeson-
                                                       wandel beschleunigt werden.                        von BWPLUS und KLIWA werden die Klima-                                                                                                        dere Teile Nordbadens wie der Kraichgau oder
                                                                                                          relevanz von Mooren in Baden-Württemberg                                                                                                      das Mittlere und Südöstliche Ober­rhein-
                                                       Forschen und Handeln für                           sowie die zukünftig von Starkniederschlägen                                                                                                   Tiefland. Im Kraichgau wurden bei früheren
     Die Leistungsfähigkeit der                        den Boden                                          verursachte Bodenerosion ermittelt.                                                          Kraichgau verliert an Boden                      Untersuchungen Bodenverluste von über 80
     Böden sinkt                                       Veränderungen des Humusgehaltes von Böden                                                                                                       Die Folgen des Klimawandels wirken sich regi-    Tonnen pro Hektar und Jahr gemessen.
     Die Folgen des Klimawandels auf die baden-        können nicht nur klima- sondern vor allem be-                                                    Erosionsschaden nach sommerlichem Starkregen   onal und lokal unterschiedlich aus. Gerade bei   Ob dort künftig vermehrt Starkniederschläge
     württembergischen Böden lassen sich derzeit                                                                                                                                                       Böden ist eine standortdifferenzierte Bewer-     auftreten und damit die Erosionsgefahr weiter
     nur qualitativ beschreiben. Genaue Zahlen und                                                                                                                                                     tung der Folgen von Klimawirkungen erforder-     zunimmt, ist Gegenstand laufender Forschungs-
     lokale Prognosen fehlen, aber folgende Auswir-                                                                                                                                                    lich.                                            arbeiten.
     kungen sind wahrscheinlich:

     Wenn es künftig mehr heftige Regenfälle gibt,

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Klimafolgen – bodenshcutz
     werden besonders die erosionsanfälligen Böden
     wie zum Beispiel im Kraichgau vermehrt unter
     Wassererosion leiden. Mit dem Verlust des hu-
     mus- und nährstoffreichen Oberbodenmaterials
     sinkt auch die Leistungsfähigkeit dieser Böden.
     Auch der Humusgehalt könnte tendenziell sin-
     ken. Bei Sommertrockenheit entwässern sich
     vor allem grund- und stauwassergeprägte Böden                                                                                                                                                                                                                                                        Flächengewichteter Bodenabtrag auf Ackerflächen.         0,0 - 1,0   5,1 - 15,0
                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Abtrag in Tonnen pro Hektar und Jahr                     1,1 - 2,0   > 15.0
     stärker. Die hier bisher durch Luftabschluss                                                                                                                                                                                                                                                         Quelle: Gündra et al., 1995: Bodenerosionsatlas Baden-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   2,1 - 3,0   keine Daten
     (Überstauung) konservierte organische Sub-                                                                                                                                                                                                                                                           Württemberg, Agrarforschung in Baden-Württemberg,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   3,1 - 4,0   Mittlere Neigung auf
                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Band 24, Stuttgart
     stanz wird bei Luftzutritt schneller abgebaut.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                4,1 - 5,0   Ackerflächen > 12 Grad

     Wärmere und feuchtere Winter können dazu          Landwirtschaftlich genutzte Niedermoorfläche       Erodierter Boden auf Wirtschaftsweg                                                          Flächenhafte Bodenerosion

22                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      23
nen. Für den Bodensee-Raum wurde simuliert,       denen Weizen und Kartoffeln mit höheren
                                                                                                                                                                      wie sich das warme Wetter auf den Haupt-          CO2-Konzentrationen begast wurden, zeigten,                         Chancen und Risiken
                                                                                                                                                                      schädling Apfelwickler auswirken könnte. Seine    dass sich der Ertrag zwar verbessert, aber die
                                                                                                                       Fakten                                                                                                                                                                           für die
                 Verlierer und Gewinner                                                                                                                               Larven fressen sich durch Äpfel und anderes
                                                                                                                                                                      Kernobst. Größten Schaden richtet dabei die
                                                                                                                                                                                                                        Qualität sinkt. Denn die Eiweißgehalte der Ern-
                                                                                                                                                                                                                        teprodukte sinken. Hohe Proteingehalte sind                             landwirtschaft
                                                                                                                                                                      zweite Larvengeneration im Jahr an, die bei       besonders beim Backweizen unentbehrlich und

                 der Klimaerwärmung                                                                                                                                   steigenden Temperaturen häufiger auftritt. In
                                                                                                                                                                      Südeuropa treten sogar drei Larvengenerati-
                                                                                                                                                                                                                        bestimmen die Erlöse der Landwirte.

                                                                                                                                                                      onen auf.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Chancen
                 Ein Blick in die wärmere Zukunft: Weniger Winterweizen,                                             Der Apfel hat es schwer                          Der Anbau von spätreifenden Rebsorten war
                                                                                                                                                                                                                                                                                         • Maisanbau auch in höheren Lagen möglich
                                                                                                                     Im Obstanbau gehört der Apfelschorf zu den       noch in den 1960er Jahren auf kleine Flächen
                 mehr Mais, doch leider auch mehr Schädlinge und Krank-
                                                                                                                     gefährlichsten Krankheitserregern. Dieser Pilz   entlang des Oberrheins und in Württemberg                                                                             • spät reifende Rebensorten gedeihen
                 heiten.                                                                                             senkt die Erträge um bis zu 70 Prozent und       beschränkt. Bereits während der 1990er Jahre
                                                                                                                                                                                                                                                                                         • Anbau neuer Nutzpflanzenarten und -sorten
                                                                                                                     führt zu braunen Flecken auf dem Obst, die es    haben sich diese Gebiete ausgedehnt.
                                                                                                                     unverkäuflich machen. Wie die meisten Pilze                                                                                                                              • Ertragszuwächse bei bestimmten
                 Noch ist das industriereiche Baden-Württem-       weise trockener wird, verändert sich viel im      hat es der Apfelschorf gerne feucht und warm.    Mit dem steigenden CO2-Gehalt in der Luft er-                                                                                      Nutzpflanzen
                 berg auch ein Agrarland: Landwirte, Gärtner       Agrarsektor. Schließlich hängt das Pflanzen-      Neben regional vermehrtem Pilzbefall müssen      höht sich die Photosyntheseleistung einiger

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Klimafolgen – landwirtschaft
                 und Winzer nutzen 41 Prozent der Landesflä-       wachstum vor allem von Wärme und Wasser           die Obstbauern mit mehr Schadinsekten rech-      Kulturpflanzen. Erste Freiland-Experimente, bei   Anpassung der Weizensorten könnte Ernteverluste abmildern

                 che. Davon 58 Prozent als Ackerland und 38        ab. Schon geringe Temperaturerhöhungen kön-
                 Prozent als Grünland. Auf nur vier Prozent der    nen ganze Kulturen ins „Schwitzen“ bringen                                                         Generationsentwicklung des apfelwicklers in der bodensee-region
                 landwirtschaftlichen Nutzfläche wachsen Wein,     oder sie umgekehrt aufblühen lassen.                                                                                                                                                                                                 Risiken
                 Gemüse und Obst. Diese Sonderkulturen ver-
                                                                                                                                                                                                                                                                                          • durch Hitze/Trockenheit Ertragseinbußen
                 sprechen jedoch den höchsten Gewinn.              Das Land hat im Projekt KLARA die wahr-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                 bei empfindlichen Kulturen
                                                                   scheinlichen Veränderungen in der heimischen                                                                                                                                      Veränderung der Generationsent-             (u.a. Winterweizen) möglich
                 Mit einer Jahresdurchschnitts-Temperatur von      Landwirtschaft am Beispiel von wichtigen Kul-                                                                                                                                     wicklung beim Apfelwickler (C.
                                                                                                                                                                                                                                                     pomonella) im Gebiet Bodensee
                 über 9 °C im vergangenen Jahrzehnt und einer      turpflanzen untersuchen lassen: Mais profitiert                                                                                                                                                                              • Schädlinge können mehrmals
                                                                                                                                                                                                                                                     (Symbolgröße entspricht der
                                                                                                                                                                                                                                                     Häufigkeit der klimatisch güns-
                                                                                                                                                                                                                                                                                              jährlich auftreten, neue Schädlinge
                 Vegetationsperiode von 170 Tagen gehört der       in der Regel von höheren Temperaturen, Wei-                                                                                                                                                                                           sich etablieren
                                                                                                                                                                                                                                                     tigen Jahre für die Entwicklung
                 Südwesten schon jetzt zu den wärmsten Gebie-      zen benötigt mehr Wasser, Obst und Wein kön-

Landwirtschaft
                                                                                                                                                                                                                                                     des phänologischen Stadiums)
                                                                                                                                                                                                                                                     Quelle: Potsdam-Institut für Kli-
                 ten Deutschlands. Wenn es bei uns noch wär-       nen durch Schädlinge gefährdet werden.                                                                                                                                                                                         • bessere Bedingungen für
                                                                                                                                                                                                                                                     mafolgenforschung (PIK), 2005:
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  bestimmte Pilzkrankheiten
                 mer, aber auch zeitweise feuchter oder stellen-                                                                                                                                                                                     KLARA

24                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     25
im Bereich des Möglichen. Die Obstbauern                                                                                                                                                                                                 Welche Weinsorten wo gedeihen können, zeigt
                                                       müssen dagegen in den nächsten Jahrzehnten                                                                                                                                                                                               der sogenannte Huglin-Index. Das ist die Wär-        AnbaupotenZiale der Weinbauregionen
        Folgen/                                        mit deutlich mehr Schorfbefall rechnen, weil die
                                                                                                                                                                                                                                  Regionale                                                     mesumme über Tagesmittel- und Tagesmaxi­
        Perspektiven                                   Infektionsgefahr mit Pilzsporen im feuchteren
                                                                                                                                                                                                                                  Auswirkungen                                                  mumwerte im Zeitraum von April bis Septem-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     bis 2030
                                                       Frühjahr stark zunimmt. Der höhere Pilzdruck                                                                                                                                                                                             ber. In der Regel gilt: Je höher die Tem­pera-
                                                       könnte auch den Reben zu schaffen machen.                                                                                                                                                                                                tur­summe ist, desto mehr und spätreifende
                                                       Höhere Temperaturen fördern das Auftreten                                                                                                                                                                                                Weinsorten können die Winzer anbauen. Wäh-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Mannheim
                                                       mehrerer Generationen von Schädlingen. So ist                                                                                                                                                                                            rend der Müller-Thurgau bereits mit einem
                                                       beispielsweise beim Apfelwickler zu befürchten,                                                                                                                                                                                          Huglin-Index von 1500 auskommt, braucht ein
                                                       dass zukünftig die zweite Larvengeneration in       Maisfelder gedeihen künftig auch in höheren Lagen                                                                                                                                    Merlot 1900.
     Der Maisanteil könnte weiter                      zwei von drei Jahren zuschlägt, statt wie bisher                                                                                                                       Süden und Nordosten Pro­
     wachsen                                           in einem von fünf Jahren.                           Anstrengungen in der Pflanzenzüchtung und           Kosten für den Pflanzenschutz rechnen. Beson-                  fitieren, Winzer eventuell am                                     Seit den 1990er Jahren ist ein stabiles Ertragsni-
     Mit der Klimaerwärmung könnte der Maisanteil                                                          Neuerungen im Sortenspektrum werden An-             ders könnte es die Bio-Bauern treffen, die kei-                wenigsten betroffen                                               veau mit vergleichsweise geringen Schwan-
     im Südwesten weiter wachsen. Die Futter- und      2003 als Modell für die Zukunft?                    passungen in Fruchtfolge, Aussaat, Düngung,         ne chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmit-                   Im mittleren Rheingraben sind aufgrund des                        kungen zwischen den einzelnen Jahren zu ver-
     Energiepflanze gedeiht dann auch in bisher käl-   Einen weiteren Ausblick auf die Zukunft             Bodenbearbeitung und Pflanzenschutz not-            tel einsetzen dürfen. Hier sind Investitionen in               Wassermangels sowohl beim Mais als auch                           zeichnen. Diese geringeren Ernteverluste lassen
     teren Regionen bzw. höheren Lagen. Der Win-       könnte uns der extrem heiße Sommer 2003 ge-         wendig. Um Ertrag und Qualität zu sichern,          die Züchtung von resistenten Sorten gefragt.                   beim Winterweizen Ertragsrückgänge zu erwar-                      sich unter anderem auf weniger Spät-, Früh-
     terweizenertrag hingegen dürfte den Ergebnissen   ben. Das Landwirtschaftliche Technologiezen-        müssen wertvolle Kulturen auch verstärkt be-                                                                       ten. Im Süden und Nordosten des Landes dürf-                      und augenschädigende Winterfröste sowie auf
     von KLARA zufolge in den modellierten Lan-        trum Augustenberg hat die Erträge in ganz Ba-       regnet und bewässert werden.                                                                                       ten die Ernten dagegen besser ausfallen (Mais)                    eine aufgrund höherer Temperatursummen bes-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Klimafolgen – landwirtschaft
     desregionen um durchschnittlich 14 Prozent sin-   den-Württemberg ausgewertet. Das Ergebnis:                                                                                                                             oder nur geringfügig (Weizen) sinken. Gerade                      sere Holzreife zurückführen. Dieser Trend dürf-
     ken. Allerdings wurde im Forschungsvorhaben       Die Ernten verschlechterten sich im Vergleich       Mehraufwand                                                                                                        im Nordosten könnte sich der Anbau von Kör-                       te bis 2030 noch weiter zunehmen. Die Winzer
     KLARA der potenzielle CO2-Düngeeffekt nicht       zum Vorjahr je nach Kulturpflanze zwischen          für Pflanzenschutz                                                                                                 nermais ausdehnen. Am wenigsten dürfte der                        können künftig verstärkt auf spät reifende Reb-
     berücksichtigt. Der Extremsommer 2003 zeigte      zwölf (Winterweizen) und fast 30 (Zuckerrü-         Möglicherweise können die Landwirte den                                                                            Weinbau vom Klimawandel betroffen sein.                           sorten setzen.
     aber auch, dass der vermeintliche Konkurrenz-     ben) Prozent. Nur die Sommergerste legte            Verlust beim Winterweizen durch verstärktes
     vorteil von Mais nur realisiert werden kann,      leicht zu. Je nach Kulturpflanze und Region va-     Aussäen von Backweizen, das heißt von Sorten
     wenn die Wasserversorgung ausreichend ist.        riieren diese Ergebnisse. So wirkte sich der hei-   mit höherem Eiweißgehalt, wieder auffangen.                                                                                                                                                                                                                                                                Huglin-Index

                                                       ße Sommer im ohnehin schon warmen Land-             Ähnliches gilt beim Umstieg von Silomais (Fut-                                                                                                                                                                                                                                                                    2000
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Der Huglin-Index ist die Summe der Durchschnittstempera-                1900
     Wärme liebende Kulturen wie Soja und Son-         kreis Karlsruhe im Vergleich mit dem kühleren,      ter) auf Körnermais (Lebensmittel). Insgesamt                                                                                                                                                                                             turen zwischen April und September. Er hilft dabei, das Wein-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             1800
     nenblumen könnten ihren Flächenanteil auswei-     regenreicheren Landkreis Heidenheim viel stär-      müssen die Landwirte – nicht nur die Obstbau-                                                                                                                                                                                             baupotenzial unterschiedlicher Regionen zu beurteilen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Quelle: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), 2005:          1700
     ten, Zuckerrüben hingegen Anbauflächen verlie-    ker aus. Daher müssen die Landwirte in wär-         ern – wegen der erwarteten Zunahme von                                                                                                                                                                                                    KLARA                                                                   1600

     ren. Der Freilandanbau mancher Gemüsesorten       meren Gegenden ihre Bewirtschaftung auch            Schadinsekten und Pflanzenkrankheiten mit
                                                                                                                                                               Durch den Klimawandel geförderter und eingeschleppter
     wie Paprika, Auberginen oder Artischocken liegt   schneller an den Klimawandel anpassen. Neben        einem erhöhten Aufwand und damit höheren            Schädling im Obstbau. Drosophila suzukil (Kirschessigfliege)   Weinbauern profitieren von den Klimaänderungen: Die Anbaugebiete für spätreifende Weine breiten sich aus

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