Klimawandel und Landwirtschaft Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Entwicklung der Pflanzenproduktion in Nordrhein-Westfalen ...
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Klimawandel und Landwirtschaft Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Entwicklung der Pflanzenproduktion in Nordrhein-Westfalen www.umwelt.nrw.de www.klimawandel.nrw.de
3 Klimawandel und Landwirtschaft Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Entwicklung der Pflanzenproduktion in Nordrhein-Westfalen HINWEIS Das Projekt ist Teil der Anpassungspolitik des Landes Nordrhein-Westfalen und wurde mit Mitteln des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) finanziert. Weitere Informationen zum Thema Anpassung an den Klimawandel sowie die Anpassungsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen finden Sie im Internet unter: www.klimawandel.nrw.de
Inhalt 5 Inhalt Einführung 6 Klimawandel und Pflanzenproduktion: Wo stehen wir heute? 8 Szenarien und Projektionen: Die zukünftige Klimaentwicklung in Nordrhein-Westfalen 10 Die Methodik: Von den Ausgangsdaten zu den Prognosen 14 Die Ergebnisse: Einflüsse des Klimawandels auf den NRW-Pflanzenbau im 21. Jahrhundert 18 Generelle Trends 18 Welche Ertragserwartungen ergeben sich aus den projizierten Klimaänderungen? 20 Wie wird sich die Ertragssicherheit im Rahmen der erwarteten Klimabedingungen ändern? 23 In welchen nordrhein-westfälischen Regionen sind besondere Änderungen oder Probleme zu erwarten? 25 Schlussfolgerungen und Handlungsmöglichkeiten 26 Bodenqualität erhalten 26 Wassermangel ausgleichen 27 Sortenwahl anpassen 28 Gegen Extremereignisse absichern 29 Gute Landwirtschaftliche Praxis als Startpunkt für eine Klimawandel angepasste Pflanzenproduktion 29 Pflanzenernährung und Pflanzenschutz optimieren 30 Fazit und Ausblick 31 Anhang 33 Impressum 35
6 Einführung Einführung Der Klimawandel beeinflusst die Pflanzenproduktion weltweit – auch die Landwirtschaft in Nordrhein- Westfalen muss sich an die neuen klimatischen Bedingungen anpassen. Schmelzende Gletscher in den Alpen, extreme kret geplant ist ein Klimaschutzgesetz, das Trockenheit in den Sommern: Der Klimawandel unter anderem einen deutlichen Ausbau von hat sich von einem wissenschaftlichen Fach- erneuerbaren Energien und Maßnahmen zur thema zur Schlagzeile in den Medien und zum Steigerung der Energieeffizienz vorsieht. Bis Gegenstand internationaler Konferenzen ge- zum Jahr 2050 sollen so die CO2-Emissionen wandelt. Mit gutem Grund: Allein in den vergan- des bevölkerungsreichsten Bundeslands um genen 100 Jahren ist laut des im Frühjahr 2007 mindestens 80 Prozent reduziert werden. veröffentlichten Vierten Sachstandsberichts für Seit Anfang des Klimaänderungen des Weltklimarates IPCC die Weltweite Klimafolgen: Überflutungen in 20. Jahrhunderts globale Durchschnittstemperatur um 0,74 Grad Asien, Dürren und Hunger in Afrika haben die globalen Celsius gestiegen. Hauptursachen für die Er- Doch selbst wenn es der internationalen Staa- Durchschnittstem- wärmung sind der Ausstoß von Treibhausgasen tengemeinschaft mit vereinten Kräften gelingen peraturen deutlich zugenommen bei der Energieerzeugung und Verkehr, Brand- sollte, das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, werden rodungen von Waldflächen – aber auch Acker- einige Regionen den nicht mehr vermeidbaren bau und Viehzucht. Nur durch eine drastische Klimawandel deutlich zu spüren bekommen. So Reduktion des Ausstoßes von klimarelevanten rechnet der Weltklimarat IPCC unter anderem Gasen können der Klimawandel und seine Fol- mit einem starken Anstieg des Meeresspiegels, gen noch in einem erträglichen Rahmen gehal- dem viele dicht besiedelte Küstenregionen vor ten werden. Experten empfehlen deshalb drin- allem in Asien sowie mehrere Inseln im Pazifik gend, die globale Erwärmung auf maximal zwei zum Opfer fallen könnten. In anderen Teilen der Dunkle Wolken am Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Welt wird dagegen die Wasserknappheit zu ei- Horizont: Der Klima- Niveau zu begrenzen. Das Land Nordrhein- nem immer größeren Problem. Vor allem in den wandel wird welt- Westfalen wird hier seinen Teil durch eine Stär- schon heute sehr trockenen Gebieten Afrikas weit gravierende kung des Klimaschutzes dazu beitragen. Kon- kann das auch die landwirtschaftliche Produk- Probleme mit sich tion stark beeinträchtigen und damit die Unter- bringen. ernährung auf dem Kontinent weiter verschär- fen. Der Weltklimarat geht davon aus, dass etwa in Afrika bis zum Jahr 2020 75 bis 250 Millionen Menschen unter akuter Wasserknappheit und ihren Folgen für die Nahrungsmittelproduktion leiden werden. Klimafolgen in Nordrhein-Westfalen: Wachs- tumsbedingungen für Pflanzen ändern sich Auch Nordrhein-Westfalen ist – wenn auch nicht so stark wie andere Regionen in der Welt – von den Folgen des Klimawandels betroffen. Daher hat die Landesregierung Nordrhein-West- falen eine Strategie beschlossen, die durch eine Stärkung des Klimaschutzes einerseits dazu beitragen soll, den Klimawandel auf ein noch vertretbares Maß zu begrenzen. Andererseits gilt es, die möglichen Folgen des Klimawandels
Einführung 7 Zentrum der Landwirtschaft: Nordrhein-Westfalen frühzeitig zu erkennen, um klimabedingte Schä- Folgende Fragen wurden dabei berücksichtigt: ist einer der den begrenzen und mögliche Chancen der glo- wichtigsten balen Erwärmung nutzen zu können. Insgesamt Welche Ertragserwartungen ergeben sich Agrarstandorte 40 Projekte hat das Land Nordrhein-Westfalen aus den projizierten Klimaänderungen? Deutschlands. initiiert, um die Auswirkungen der globalen Er- wärmung auf wichtige Lebens-, Umwelt- und Wie wird sich die Ertragssicherheit im Wirtschaftsbereiche zu untersuchen, darunter Rahmen der erwarteten Klimabedingungen die Wald-, Forst- und Wasserwirtschaft, die Si- verändern? cherheit industrieller Anlagen und nicht zuletzt die Landwirtschaft – die ganz unmittelbar von In welchen nordrhein-westfälischen Boden- den Änderungen im Klimasystem betroffen ist. und Klimaräumen sind nachhaltige Änderun- gen oder Probleme zu erwarten? Durch den Klima- Denn: Trockenere Sommer oder feuchtere Win- wandel werden in ter, wie sie Experten für Nordrhein-Westfalen Diese Broschüre fasst nun die wichtigsten Er- Nordrhein-Westfalen prognostizieren, können die Wachstumsbedin- gebnisse dieser Studien zusammen (Kapitel 5) die Sommer trocke- gungen von Kulturpflanzen grundlegend verän- und stellt mögliche Maßnahmen zur Anpassung ner, die Winter feuchter dern. Das haben zwei vom Land Nordrhein- vor (Kapitel 6). In den Kapiteln 2 und 3 wird zu- Westfalen in Auftrag gegebene Studien nächst erläutert, wie sich das Klima in den letz- ergeben, in denen die Auswirkungen des künfti- ten 100 Jahren in Nordrhein-Westfalen bereits gen Klimawandels auf die Pflanzenproduktion verändert hat und wie es sich im weiteren Ver- sowie auf die Entwicklung von Schädlingen und lauf des 21. Jahrhunderts voraussichtlich noch Pilzkrankheiten wichtiger Ackerbaukulturen in verändern wird. Kapitel 4 stellt das Vorgehen Nordrhein-Westfalen untersucht wurden. (Methodik) der beiden in dieser Broschüre vor- gestellten Studien vor. Kapitel 7 fasst die Ergeb- nisse dieser Broschüre zusammen.
8 Klimawandel und Pflanzenproduktion Klimawandel und Pflanzenproduktion: Wo stehen wir heute? Mehr Schädlinge, längere Vegetationsperioden: Der Klima- wandel bringt neue Probleme, aber auch Möglichkeiten. Der Klimawandel ist in Nordrhein-Westfalen be- rhein-Westfalen (LANUV NRW), siehe: reits Realität: Seit Anfang des 20. Jahrhunderts http://www.lanuv.nrw.de/umweltindikatoren- sind die Temperaturen um 1,1 Grad Celsius an- nrw/index.php. gestiegen (siehe Abbildung 1). Aus Abbildung 1 ist außerdem eine Häufung von Jahresmitteln Ein ähnliches Bild zeichnet die Entwicklung der über zehn Grad Celsius seit den 90er Jahren Blütezeitpunkte ausgewählter Sträucher in ersichtlich. In den ersten Jahrzehnten der Beob- Nordrhein-Westfalen, welche heute – verglichen achtungsreihe wurde dies lediglich einmal, im mit den 50er Jahren – um mindestens zwei Jahr 1959, nahezu erreicht und ein einziges Mal Wochen früher eintreten (siehe Abb. 3). mit 10,1 Grad Celsius 1934 überschritten. Auch in Zukunft werden die Temperaturen in Weitere Hinweise auf den Klimawandel liefert Nordrhein-Westfalen durch den weltweit unge- die langjährige Beobachtung der nordrhein- bremsten Ausstoß von klimarelevanten Gasen Bisheriger Klima- westfälischen Pflanzen- und Vegetationsent- aller Voraussicht nach weiter steigen – darauf wandel lässt viele wicklung. Phänologische Daten, das heißt die lassen sowohl mathematisch-statistische als Pflanzen bereits langjährige Beobachtung des jahreszeitlichen auch physikalische Modelle schließen (siehe früher blühen Eintretens von Entwicklungsschritten in der dazu nachfolgendes Kapitel). Durch die fort- Natur, weisen ebenfalls auf eine Erwärmung hin. schreitende Erwärmung sind stark veränderte Wie in Abbildung 2 erkennbar, beginnt in Nord- Muster von Regen und Schneefall, häufigere rhein-Westfalen beispielsweise die Apfelblüte Extremereignisse wie Hagel, Gewitter, Stürme, heutzutage deutlich früher als noch in den 50er Dürren oder Überflutungen zu erwarten. Jahren. Agrarstandort im Klima-Umbruch: Worauf Der Beginn der Apfelblüte ist einer der nord- die NRW-Landwirtschaft reagieren muss rhein-westfälischen Umweltindikatoren, zu Nordrhein-Westfalen nimmt nach Bayern und finden im Internetangebot des Landesamtes für Niedersachsen den dritten Rang unter den Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nord- deutschen Agrarstandorten ein. Etwa 50.000 landwirtschaftliche Betriebe stellen zusammen mit mehr als 1.000 Herstellern im Bereich der Ernährungswirtschaft einen wichtigen Teil der heimischen Wirtschaft. Ungefähr die Hälfte der Abbildung 1: Jahresmittel der minimalen (Tmin), mittleren (Tmean) und maximalen (Tmax) Tagestemperaturen in Fläche von Nordrhein-Westfalen wird landwirt- Nordrhein-Westfalen im Zeitraum 1901–2008. Zusätzlich sind schaftlich genutzt, zirka 70 Prozent davon als die dekadisch gleitenden Mittel gezeigt sowie lineare Trends der Ackerland. Den höchsten Anteil an der Ackerflä- Mitteltemperatur. (Quelle: LANUV 2010, Datengrundlage: DWD) che hat Getreide. Die wichtigste Kultur ist Win- terweizen gefolgt von Mais. Die aktuellen Landnutzungen, Sorten und Fruchtfolgen sowie Anbaumethoden haben sich aus den lokalen Gegebenheiten und damit auch dem bislang herrschenden regionalen Klima entwickelt. Wenn sich mit dem Klima nun eine zentrale Grundlage der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion ändert, muss diese zwangsläufig an die neuen Gegebenheiten – zum Beispiel wärmere Sommer sowie feuchtere Winter – angepasst werden.
Klimawandel und Pflanzenproduktion 9 Tag im Jahr Für die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion 30. Mai können sich aus dem Klimawandel sowohl vor- 20. Mai teilhafte als auch negative Auswirkungen erge- ben. Als förderlich könnte sich beispielsweise 10. Mai eine durch die Erwärmung verursachte längere 30. Apr Vegetationsperiode erweisen. Unter Umstän- 20. Apr den erlaubt diese sogar den Anbau von Zweit- kulturen nach der Ernte (zum Beispiel von 10. Apr Getreide). Ebenfalls positiv auf das Pflanzen- 31. Mrz wachstum könnte sich ausgerechnet eine der Messwerte Linearer Trend Hauptursachen des Klimawandels – der An- 21. Mrz Mittelwert Referenzperiode (1961 – 1990) stieg der Kohlendioxid-Konzentration in der 11. Mrz Atmosphäre – auswirken. Der Grund: Pflanzen 1950 1957 1964 1971 1978 1985 1992 1999 2006 können höhere Kohlendioxid-Konzentrationen Abbildung 2: Der Beginn der Apfelblüte in Nordrhein-Westfalen hat sich in der Atmosphäre in stärkeres Wachstum um- in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich nach vorne verschoben. setzen („Kohlendioxiddüngung“, siehe dazu (Quelle: LANUV 2010, Datengrundlage: DWD) Kasten unten). Die genaue Wirkung von Kohlen- 120 dioxid auf die Pflanzen ist allerdings sehr kom- plex und derzeit Gegenstand wissenschaftlicher 110 18 Tage früher Untersuchungen. 100 Tage seit Jahresbeginn 90 Von Nachteil für die Pflanzenproduktion kann dagegen die mögliche Zunahme sommerlicher 80 20 Tage früher Trockenphasen oder Unwetter sein. Möglich ist 70 außerdem, dass die geänderten Klimabedin- gungen Schädlinge begünstigen, die zu höheren 60 15 Tage früher Ernteausfällen führen oder die Ertragssicher- 50 heit beeinträchtigen können. 40 1951-55 1956-60 1961-65 1966-70 1971-75 1976-80 1981-85 1986-90 1991-95 1996-00 2001-05 Welche dieser möglichen Entwicklungen eintre- ten wird oder wenn die genannten Entwicklun- Hasel Kornelkirsche Schlehe gen parallel eintreten, welchen Einfluss sie auf Abbildung 3: Blütezeitpunkte verschiedener Sträucher in NRW Ertrag und Ertragssicherheit haben, soll in die- am Beispiel von Hasel, Kornelkirsche und Schlehe. ser Broschüre beleuchtet werden. (Quelle: MUNLV 2009, Datengrundlage: DWD) INFO KOHLENDIOXIDDÜNGUNG Für die Mehrzahl der Pflanzen („C3-Pflanzen“) Pflanzenwachstum zugutekommt. Mit der Koh- wie zum Beispiel Getreide, Zuckerrüben oder lendioxiddüngung kann allerdings ein vermin- Kartoffeln stellt Kohlendioxid einen Mangelfak- derter Proteingehalt von Blättern oder Früchten tor dar. Ist mehr Kohlendioxid in der Umge- einhergehen, so dass etwa die Qualität von Fut- bungsluft verfügbar, kann von den Pflanzen terpflanzen beeinträchtigt wird. Unsicherheiten mehr Biomasse in der gleichen Zeit gebildet ergeben sich dadurch, dass die Übertragbarkeit werden. Dies wird teilweise in Gewächshäusern von Versuchsdaten in die Praxis und in die zur Produktionssteigerung genutzt. Da viele Modellrechnungen noch Gegenstand von wis- Pflanzen bei besserer Kohlendioxidversorgung senschaftlichen Untersuchungen sind. Seltener ihre Spaltöffnungen („Atemorgane“ vor allem sind Pflanzen, die wie der Mais (C4-Pflanze) der Blätter, die unter anderem der Aufnahme eine effizientere Form des Kohlendioxidstoff- von Kohlendioxid dienen) häufiger geschlossen wechsels aufweisen. C4-Pflanzen profitieren halten können, wird außerdem der verduns- deshalb in geringerem Maße von ansteigenden tungsbedingte Wasserverlust verringert, was atmosphärischen Kohlendioxidkonzentrationen bei heißem, trockenen Wetter oder Dürren dem als C3-Pflanzen.
10 Szenarien und Projektionen Szenarien und Projektionen: Die zukünftige Klimaentwicklung in Nordrhein-Westfalen Komplexe Berechnungen ermöglichen einen Ausblick auf das Klima der Zukunft – es wird wärmer und feuchter. Um einen Blick in die Zukunft der Pflanzenpro- Den hier beschriebenen Projektionsrechnungen duktion werfen zu können, muss zunächst die wurden die IPCC-Szenarien „A2“, „A1B“ und zukünftige Entwicklung des Klimas skizziert „B1“ zugrunde gelegt. Das Szenario „A2“ be- werden. Grundlage dafür sind die vom Zwi- schreibt eine eher pessimistische Entwicklung, schenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderun- also einen Anstieg der Treibhausgasemissionen gen (Intergovernmental Panel on Climate bis zum Ende des Jahrhunderts. Nach „A1B“ Change, IPCC) getroffenen Annahmen über die werden die Emissionen von Treibhausgasen bis künftige Entwicklung des Ausstoßes von Treib- Mitte des laufenden Jahrhunderts zunächst hausgasen. Eingang in diese sogenannten Emis- weiter ansteigen und danach zurückgehen. sionsszenarien finden Annahmen zu relevanten Das Emissionsszenario „B1“ geht von einem Klimaeinflussgrößen, wie die weitere Bevölke- raschen Wandel der Wirtschaftsstruktur zu rungs- und Wirtschaftsentwicklung oder der nachhaltigeren Lösungen und damit im Jahr Einsatz von fossilen und regenerativen Energie- 2100 von geringeren Treibhausgasemissionen trägern. als im Jahr 2000 aus. Klimaprojektionen: Wie das Klima der Zukunft errechnet wird Wie wird sich nun das Klima auf Basis der ge- nannten Emissionsszenarien in Nordrhein- Westfalen entwickeln? Hinweise auf diese Frage geben die sogenannten Klimaprojektionen – Berechnungen zum zukünftigen Klima, die auf den Emissionsszenarien basieren und mithilfe von globalen und regionalen Klimamodellen er- stellt werden. Da die globalen Klimamodelle für Nordrhein-Westfalen eine zu grobe Auflösung aufweisen, wurden die Ergebnisse der globalen Klimasimulationen mithilfe von statistischen und dynamischen Regionalmodellen auf die Geht es so weiter? Annahmen über den künftigen Ausstoß von Treibhausgasen sind die Basis INFO KLIMAMODELLE für Aussagen zur Zur Berechnung der NRW-Klimaprojektionen zwingend die klimatischen Verhältnisse in weiteren Klimaent- wicklung. fanden die Modelle WettReg, REMO und CLM einer veränderten Zukunft, weshalb statis- Verwendung. Diese sind Vertreter von zwei tisch erstellte Zukunftsprojektionen gewissen sehr unterschiedlichen Vorgehensweisen: Einschränkungen unterworfen sind. Statistische Modelle: Bei statistischen Dynamische Modelle: Dynamische Modelle Modellen wie WettReg wird aus der Kenntnis wie CLM und REMO bilden das Wetterge- des gegenwärtigen Regionalklimas und Mess- schehen über das Simulieren physikalischer reihen zurückliegender Ereignisse auf zukünf- Prozesse nach. Sie funktionieren im Prinzip tige klimatische Bedingungen in der Region wie globale Zirkulationsmodelle – ergänzt geschlossen. Damit repräsentieren sie nicht um Detailinformationen aus der jeweiligen Region.
Szenarien und Projektionen 11 T in ° C (1971-2000) T (2071-2100 gegen 1971-2000) 1,6 - 3,1 °C ± 0,2 °C Abbildung 4: Links: Jahresmitteltemperatur in Nordrhein-Westfalen aus Messungen des Deutschen Wetterdienstes für den Bezugszeitraum 1971–2000. Rechts: Erwärmung bis zum Zeit- raum 2071–2100 aus 39 WettReg-, 4 CLM- und 3 REMO-Simulationen. (Quelle: Straub et al. 2010) Dimensionen unseres Bundeslandes herunter- Temperaturen werden weiter steigen: gebrochen. Die Ergebnisse der Klimaprojektionen In Abbildung 4 sind die projizierten Temperatur- Klimaprojektionen Die Klimamodelle bergen große Unsicherheiten, zunahmen (ΔT) für Nordrhein-Westfalen für zeigen klimatische so dass nur unter Berücksichtigung einer aus- den Zeitraum 2071 bis 2100 gegenüber dem Verhältnisse der reichenden Anzahl von Simulationen (mit Zeitraum 1971 bis 2000 dargestellt. Die Spann- Jahre 2071 bis 2100 unterschiedlichen Emissionsszenarien, unter- breite der Temperaturzunahme über die Simu- schiedlichen Modellen und verschiedenen An- lationen der drei Regionalmodelle und der drei fangszeitpunkten) statistisch aussagekräftige Emissionsszenarien ist recht groß: Die Flächen- Ergebnisse gewonnen werden können (Straub mittel variieren zwischen 1,6 und 3,1 Grad Cel- et al. 2010). Die hier vorgestellten Ergebnisse sius (Straub et al. 2010). Fest steht in jedem wurden anhand der drei Regionalmodelle Wett- Fall: Der bereits anhand von Messwerten ver- Reg, CLM und REMO für die drei Emissionssze- gangener Jahre feststellbare Trend des Anstiegs narien „A1B“, „A2“ und „B1“ modelliert. INFO WETTER ODER KLIMA? Wetter beschreibt für ein bestimmtes Gebiet Klima veranschaulicht für ein bestimmtes die bekannten aktuellen Messgrößen wie Luft- Gebiet (z. B. „Höxter“, „Eifel“, „Deutschland“, temperatur, Luftdruck, Niederschlagsmenge, „Europa“, „Welt“) statistische Mittelwerte der Luftfeuchtigkeit, Wolkenbedeckung, Sonnen- Wetterereignisse über mindestens 30 Jahre. schein.
12 Szenarien und Projektionen Abbildung 5: Niederschlagsänderung für 2071–2100 gegenüber 1971–2000 nach WettReg (braun, 13 Simulationen), CLM (violett, 2 Simulationen) und REMO (grün, eine Simulation) als Mittelwert über die Fläche von NRW. (Quelle: Straub et al. 2010) des Jahresmittels der Lufttemperatur wird sich Jahresniederschlags zwischen knapp über null in Zukunft fortsetzen. bis zehn Prozent ab. Niederschlag Deutlicher werden die Niederschlagsänderun- Die Simulation des Niederschlagsgeschehens gen, wenn man das Sommer- und Winterhalb- ist deutlich schwieriger, da sich die Menge und jahr getrennt betrachtet (Abb. 5b und 5c). Unter Intensitäten von Niederschlägen von Ort zu Ort Berücksichtigung der drei Regionalmodelle und stark unterscheiden können. Dennoch lassen der drei Emissionsszenarien nimmt die Nieder- sich Grundtendenzen aus den Klimaprojektio- schlagsmenge in Nordrhein-Westfalen im Win- nen ablesen. Abbildung 5a zeigt die projizierten terhalbjahr zwischen neun und 24 Prozent zu. Niederschlagsänderungen für 2071 bis 2100 Für das Sommerhalbjahr zeichnet sich hinge- gegenüber 1971 bis 2000 als Jahresmittelwerte gen ein Niederschlagsrückgang zwischen null über die Fläche von Nordrhein-Westfalen. Trotz und zwölf Prozent ab (Straub et al. 2010). großer Schwankungen in den drei Regional- modellen und den drei Emissionsszenarien Darüber hinaus ist in Nordrhein-Westfalen von zeichnet sich generell eine leichte Zunahme des einer räumlich ungleichen Niederschlagsent- Gute Zeiten – schlechte Zeiten: Die höheren Tempe- raturen werden in näherer Zukunft voraussichtlich zunächst das Pflanzenwachstum fördern und höhere Erträge ermöglichen ...
Szenarien und Projektionen 13 ... in der zweiten Hälfte des 21. Jahr- hunderts wird es dagegen durch längere Trocken- perioden im Sommer häufiger zu Trockenschäden und damit zu Ertrags- ausfällen kommen. wicklung auszugehen, wobei die verschiedenen Eine räumlich hoch aufgelöste Interpretation Klimamodelle allerdings zu teilweise sehr unter- der Niederschlagsänderungen bleibt damit schiedlichen Projektionen gelangen: aufgrund der unterschiedlichen Simulations- ergebnisse problematisch (Straub et al. 2010). Die dynamischen Modelle CLM und REMO Zwei Regionen, in denen die Modellrechnungen projizieren eine Abnahme der Som- jedoch weitgehend übereinstimmen, sind das merniederschläge vor allem für die südwest- Sauer- und Siegerland: Die meisten Simulatio- lichen Regionen des Landes. Das statistische nen projizieren leicht überdurchschnittliche Modell WettReg simuliert dagegen den Niederschlagszunahmen im Jahresmittel. stärksten Niederschlagsrückgang für die nordöstlichen Regionen des Landes. Relevant für die künftige Entwicklung des Er- trags ist vor allem jedoch der Rückgang der Für das Winterhalbjahr simulieren die dyna- sommerlichen Niederschlagsintensitäten. Denn mischen Modelle die angesprochene Nieder- dieser Rückgang kann an einzelnen Standorten schlagszunahme hauptsächlich im Bereich Anpassungsmaßnahmen wie trockenheitsre- der nördlichen und südlichen Landesteile. sistentere, früher abreifende Sorten oder je Dagegen gibt das statistische Modell Wett- nach Verfügbarkeit auch Bewässerung Reg die stärkste Niederschlagszunahme im notwendig machen. Winter eher im Landesinneren an. Feuchtgebiet: In den Bergregionen des Sauerlandes wird in Zukunft mit höheren Jahres- niederschlägen gerechnet.
14 Methodik Die Methodik: Von den Ausgangsdaten zu den Prognosen Wie die Forscher des Landes Nordrhein-Westfalen künftige Erträge und Schädlingsbefall errechneten. Im vorherigen Kapitel wurden bereits einige delle, welche die Regionen Nordrhein-Westfa- grundlegende Voraussetzungen für die Modell- lens differenziert darstellen. simulation von Ertrag und Ertragssicherheit so- wie Schädlingen und Krankheiten genannt: Die Ergebnisse der regionalen Klimaprojektio- nen gingen dann in die Modellrechnungen ein, So schätzten Experten mithilfe von Emissi- mit welchen das Pflanzenwachstum sowie onsszenarien zunächst die künftige Freiset- Krankheits- und Schädlingsbefall simuliert wur- Abbildung 6: Wie Experten von zung von klimarelevanten Gasen ab. den. Abbildung 6 stellt diese Zusammenhänge den Emissionssze- schematisch dar. narien zu Aussagen Darauf aufbauend erstellten sie Klimaprojek- über Pflanzen- tionen mithilfe globaler Modelle. Darüber hinaus flossen zahlreiche weitere Para- wachstum und meter in die Modellierungen ein. Beispielhaft Schädlingsbefall Die globalen Klimaprojektionen dienten wie- seien Bodeneigenschaften, die atmosphärische gelangen (schematische derum als Grundlage für regionale Klimamo- Kohlendioxidkonzentration, Wasser- und Nähr- Darstellung). stoffversorgung oder Kulturtechniken genannt. Pflanzenwachstumsmodelle: die Berechnung zukünftiger Erträge Abbildung 7 zeigt ein vereinfachtes Schema der Modellrechnungen zur Simulation von Erträgen der Pflanzenproduktion unter sich ändernden klimatischen Bedingungen. Zunächst erfolgte die Kalibrierung der verwendeten Modelle. Hierfür wurden Simulationsläufe mit Daten zurückliegender Jahre durchgeführt und die Modellergebnisse mit den in der Realität erziel- ten Erträgen verglichen. Nachdem die Modelle so an die zu simulierenden Gegebenheiten an- gepasst worden waren, fanden die eigentlichen Modellläufe zur Simulation der Prognosejahre Verlässlicher Daten- lieferant: Die Mess- statt. daten von Wetter- stationen sind die Neben der Ertragshöhe ist die Sicherheit der Grundlage für die Erträge von großem Interesse. Als Maß hierfür Simulationen des diente die Schwankungsbreite (die Spanne der künfigen Klimas. Abweichungen vom Mittelwert) der für die ein- zelnen Jahre errechneten Simulationsergeb- nisse. Da die Rechenläufe mit unterschiedlichen Mo- dellen vergleichbare Tendenzen lieferten, dürfen die Aussagen zwar nicht als punktgenau, aber als richtungssicher angesehen werden. Die Simulationen lassen die Tendenz (Trend zu fal- lenden oder steigenden Erträgen beziehungs- weise keine Änderungen) erkennen. Allerdings
Methodik 15 ist die Aussagekraft von Durchschnittsangaben begrenzt. Wenn etwa die Temperaturen im Jahresdurchschnitt zunehmen, muss dies beispielsweise nicht bedeuten, dass es keine Boden- oder Nachtfröste im Frühjahr mehr geben wird. Deren schädigende Wirkung kann sich gegebenenfalls bei weiter fortgeschrittener Vegetation noch verschärfen. Schließlich sind weitere wichtige Parameter bekannt, die – über Jahrzehnte betrachtet – einen erheblichen Ein- fluss auf den Ertrag haben, aber in den Model- len nicht oder nur begrenzt simuliert werden können. Zu nennen sind zum Beispiel der Fort- schritt in wissenschaftsbasiertem Fachwissen, Agrartechnik, Precision Farming (teilschlagbe- zogene Landwirtschaft, die Unterschiede inner- halb eines Feldes berücksichtigt), Anbau- und Verfahrenstechnik, Züchtung sowie Arten- und Sortenwahl. Pflanzenschädlinge und -krankheiten: Beratungssystem simuliert künftigen Befall Abbildung 7 (Erläuterungen): Bei der Validierung erfolgt ein Abgleich der simulier- Die Projektionen des Befalls mit Pflanzenkrank- ten Erträge mit realen Erträgen des betrachteten Standorts; bei der Kalibrierung heiten und -schädlingen beruhen auf Simulati- werden Modellparameter verändert, um Simulationsläufe an reale Ereignisse onsläufen mit einem Pflanzenschutz-Bera- anzupassen. tungssystem. Klimadaten der Jahre 2001 bis 2050 (Messwerte von Wetterstationen und INFO PFLANZENWACHSTUMS- UND PFLANZENSCHUTZMODELLE Zur Berechnung der künftigen Erträge und DSSAT (Decision Support System for Agro- Ertragssicherheiten wurden aus einer größeren technological Transfer) ist ein Programmpaket, Anzahl möglicher Modelle die beiden Pflanzen- das neben Pflanzenwachstumsmodellen für wachstumsmodelle EPIC und DSSAT herange- unterschiedliche Kulturpflanzen weitere Pro- zogen. grammpakete wie ein Geografisches Informati- onssystem enthält. Es wurde erstmals Ende der Zur Simulation von Pflanzenkrankheiten und 1980er Jahre verwendet und fortlaufend Pflanzenschädlingen fand das Pflanzenschutz- erweitert. beratungssystem proPlant expert.classic Ver- wendung. proPlant expert.classic wurde an der Universi- tät Münster in Zusammenarbeit mit der Land- EPIC (Erosion Productivity Impact Calculator) wirtschaftskammer Westfalen-Lippe Anfang der wurde aus einem Modell weiterentwickelt, 1990er Jahre entwickelt und wird seitdem stän- welches in den 1980er Jahren den Einfluss der dig erweitert. Es handelt sich um eine Bera- Bodenerosion auf das Wachstum von Kultur- tungssoftware, welche anhand von Wetterdaten pflanzen in den USA beschreiben sollte. Es wur- und -vorhersagen die Zeiträume identifizieren de im Lauf der Zeit um Kulturarten und Einfluss- kann, zu denen Befall durch Pflanzenerreger faktoren erweitert und ist heute in der Lage, möglich ist. Es wird in Deutschland und vielen auch Klimabedingungen in ihrem Einfluss auf europäischen Ländern in der Praxis eingesetzt, verschiedene Kulturpflanzen abzubilden. um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Ackerbau zu optimieren.
16 Methodik Boden-Klima-Räume (BKR) Ackerfläche gebietstypische Hauptfruchtfolge ha % Eifel 15.985 1,5 Winterweizen-Sommergerste- Winterraps Sauerland 65.005 6,1 Winterweizen-Wintergerste- Winterraps Köln-Aachener Bucht 142.799 13,4 Winterweizen-Wintergerste- Zuckerrüben Rheinland/Südliches 338.881 31,8 Winterweizen-Wintergerste- Münsterland Silomais Ost-Westfalen/Bergisches 139.602 13,1 Winterweizen-Wintergerste- Land Winterraps Nördlicher Kreis Minden- 36.233 3,4 Wintertriticale-Wintergerste- Lübbecke Silomais Wiehengebirge 45.824 4,3 Winterweizen-Wintergerste- Winterweizen-Silomais Westfälische Bucht 239.774 22,5 Wintergerste-Silomais- Wintertriticale Teutoburger Wald/ 41.561 3,9 Winterweizen-Silomais- Eggegebirge/Tecklenburger Wintergerste-Winterraps Land Abbildung 8: Kurz- Summe BKR 1.065.664 100 - charakterisierung der Boden-Klima- Räume. (Quelle: verändert nach Rossberg et al. 2007) Simulationsergebnisse) wurden hierfür neben Ortsgenaue Prognosen: die Regionalisierung weiteren standortspezifischen Informationen der erhobenen Daten wie Feldkultur und Erregerkennzahlen herange- Räumliche Unterscheidungen wurden auf zwei zogen. Nicht von den Modellen ausgegebene Arten vorgenommen: Klimaparameter (Temperaturminimum in 5 cm Höhe, Stunden mit Niederschlag > 0,1 mm, Bei den Modellrechnungen auf Feldebene Luftfeuchtemaximum 14 h in 2 m Höhe) wurden wurden Ergebnisse von Sortenversuchen an aus früheren Messwerten abgeleitet. verschiedenen Standorten in Nordrhein- Westfalen und der nächstgelegenen Wetter- Für die meisten Erreger konnte auf bestehende station für die räumliche Differenzierung he- Prognosemodule des Pflanzenschutzbera- rangezogen. tungssystems zurückgegriffen werden. In einzelnen Fällen, zum Beispiel für die Alterna- Bei den Modellrechnungen auf Landesebene ria-Dürrflecken-Krankheit, wurden Prognose- wurden vorhandene Klima- und Bodendaten module für das Untersuchungsvorhaben neu sowie Landnutzungsinformationen zu etwa entwickelt. 100.000 „Simulationseinheiten“ (ein bis ei- nige Hektar große Gebiete mit mehr oder
Methodik 17 Abbildung 9: Lage der Boden-Klima-Räume in Nordrhein-Westfalen. weniger einheitlichen Bedingungen) ver- onseinheiten zusammengefasst. Diese Simula- schnitten. Diese können dann wiederum – tionseinheiten wurden dann einem Boden- je nach weiterem Vorgehen – zu größeren Klima-Raum (siehe Abb. 8 und 9) zugeordnet. räumlichen Einheiten wie Gebietskörper- Die Boden-Klima-Räume sind somit nicht ho- schaften (Gemeinden oder Landkreise), bes- mogen. Sie bestehen aus den (etwa hinsichtlich ser aber zu naturräumlich geprägten Boden- der Böden) räumlich differenzierten Simulati- Klima-Räumen (BKR) zusammengefasst onseinheiten mit ihren unterschiedlichen Er- werden. tragspotenzialen. Kleinräumige Feld- Der kleinräumige Maßstab der Feldversuche im Die Boden-Klima-Räume dienen der Gebiets- versuche bringen Vergleich zu den Modellrechnungen auf Lan- gliederung für das Sortenversuchswesen. Sie Erkenntnisgewinn desebene macht es möglich, Zusammenhänge orientieren sich nicht an Grenzen der Bundes- für Prognosen auf darzustellen, welche für die Simulationen auf länder. Deshalb wurden die Bezeichnungen der Landesebene Landesebene von Bedeutung sein können, dort BKR an die nordrhein-westfälischen Gegeben- aber aufgrund der höheren Datendichte nicht heiten angepasst. Die in diesem Bericht mehr auflösbar sind. verwendeten BKR werden in Abbildung 8 kurz charakterisiert und in ihrer räumlichen Lage In den Modellrechnungen auf Landesebene zueinander in Abbildung 9 dargestellt. wurden, wie oben beschrieben, Agrarflächen mit vergleichbaren Eigenschaften zu Simulati-
18 Ergebnisse Die Ergebnisse: Einflüsse des Klimawandels auf den NRW-Pflanzenbau im 21. Jahrhundert Der Klimawandel wird die Landwirte zu immer mehr Anpassungsmaßnahmen zwingen. Größte Gefahr ist langfristig die zunehmende Trockenheit im Sommer. Um die Einflüsse des erwarteten Klimawandels Die ansteigenden Kohlendioxidkonzentratio- auf die Pflanzenproduktion in Nordrhein-West- nen in der Atmosphäre bringen einen Dünge- falen abschätzen zu können, haben die For- effekt mit sich. Bei Mais, welcher als C4- scher die mit zwei regionalen Klimamodellen Pflanze einen effizienteren Kohlendioxid- projizierten künftigen Klimabedingungen in stoffwechsel als die anderen betrachteten zwei Pflanzenwachstumsmodelle und ein Pflan- Pflanzen aufweist, fällt der Ertragszuwachs zenschutzberatungssystem eingegeben. Die moderater aus. Modellrechnungen wurden für Sortenversuchs- standorte („Feldebene“) und Boden-Klima- Bis 2050 ist eher mit Ertragssteigerungen Räume („Landesebene“) vorgenommen. Zur Er- als mit Ertragseinbußen zu rechnen. Um stellung der Klimaprojektionen fanden zwei diese im vollen Umfang zu realisieren, sind Emissionsszenarien des Zwischenstaatlichen an die lokalen Gegebenheiten angepasste Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) Ver- Maßnahmen erforderlich. wendung, die für den Prognosezeitraum von un- terschiedlich intensiv ansteigenden Konzentra- Der sommerliche Rückgang der Nieder- tionen klimawirksamer Gase in der Atmosphäre schläge fällt bis 2050 noch gering aus. Häu- ausgehen. fig reicht daher – insbesondere für die Winte- rungen – der Bodenwasser- beziehungs- Da bei den meisten Modellläufen die gleichen weise Grundwasservorrat zur Versorgung der Tendenzen und die gleichen Größenordnungen Kulturen aus. Niederschlagsveränderungen des Ertrags ausgegeben wurden, werden die Er- haben damit im Zeitraum bis 2050 den ge- gebnisse als richtungssicher angesehen. ringsten Einfluss. Lediglich an einigen Stand- orten kann Bewässerung die Ertragssituation verbessern. Viel zu mähen: Generelle Trends Um gleichbleibend Als generelle Trends und Ergebnisse der Model- Nach den Projektionen für die Jahre 2071 bis gute Erträge in Nordrhein-Westfalen lierungen auf Feldebene lassen sich die folgen- 2100 wird der Rückgang der Sommernieder- zu sichern, den Punkte nennen: schläge in der zweiten Hälfte des 21. Jahr- sind in Zukunft hunderts deutlicher ausfallen, so dass länger- Anpassungs- Die insgesamt höheren Temperaturen führen fristig die Notwendigkeit von Anpassungs- maßnahmen an zu schnellerer Pflanzenentwicklung. maßnahmen neu bewertet werden muss. den Klimawandel notwendig. Den stärksten Einfluss auf die Ertragslage hat (außer bei Mais) die Kohlendioxiddün- gung. Zweitwichtigster Einflussfaktor ist die Erwärmung. Wintergetreide benötigen einen winterlichen Kältereiz, um später in der Entwicklung blü- hen zu können (Vernalisation). Die Modellsi- mulationen zeigen, dass trotz ansteigender Durchschnittstemperaturen kein Ausbleiben dieses Kältereizes in den kommenden Jahren zu befürchten ist.
Ergebnisse 19 26/8 simulierten Erntezeitpunkte des Winterweizens in Meerhof dem Jahr 2007 gegenüber. Im Jahr 2007 war der April außergewöhnlich heiß und 21/8 der Erntezeitpunkt lag nach heutigen Maßstä- ben ausgesprochen früh. Die Modellrechnungen 16/8 legen nahe, dass derartige frühe Erntezeit- Erntedatum punkte in den kommenden Jahrzehnten zuneh- 11/8 mend normal werden. Von dieser Entwicklung profitieren vor allem Grenzstandorte in den 6/8 Höhenlagen. 1/8 Fühlen sich bei höheren Temperaturen wohl: Pflanzenkrankheiten und -schädlinge 27/7 Die Simulation von Pflanzenkrankheiten und -schädlingen zeigt, dass für keinen der unter- 2011 2021 2031 2041 2051 2061 2071 2081 -2020 -2030 -2040 -2050 -2060 -2070 -2080 -2090 suchten Schädlinge ein Befallsrückgang zu erwarten ist. Abbildung 10: Der Erntezeitpunkt des Winterweizens am Standort Meerhof (Hoch- Je nach Standort können sich stark abwei- sauerlandkreis, ca. 370 m über NN) wird sich immer weiter vorverlagern. Die rote Linie markiert den durch ein heißes Frühjahr extrem frühen Erntezeitpunkt 2007. chende Verläufe des Befalls mit Krankheiten (Quelle: Burkhardt und Gaiser 2010) und Schädlingen ergeben. Die Abbildung 11 zeigt beispielhaft das simulierte Infektionsrisiko des Winterweizens durch Braunrost an zwei Standorten. Die Modellsimulationen errechne- Die Resultate decken sich mit den Modellrech- ten am Standort Eslohe (Hochsauerlandkreis) nungen auf Landesebene. Alle Ergebnisse der ein leicht ansteigendes Infektionsrisiko, das Modellrechnungen, seien es gleichbleibende Er- allerdings über den gesamten Simulationszeit- träge oder Ertragszuwächse, werden nur dann raum im unkritischen Bereich bleibt. Einen in der Praxis erzielt werden können, wenn die in etwas deutlicheren Anstieg weist der Standort den Modellen gesetzten Randbedingungen er- Elsdorf (Rhein-Erft-Kreis, Köln-Aachener Pflanzenernährung füllt sind. Dies bedeutet, dass Pflanzenernäh- Bucht) auf. Für Elsdorf zeigen die Simulations- und -schutz müssen rung und Pflanzenschutz an geänderte Klima- rechnungen außerdem während des Prognose- an verändertes bedingungen angepasst werden müssen. Der zeitraums mehrfach behandlungswürdige Klima angepasst Boden, der selbst durch den Klimawandel be- Infektionsrisiken. werden einträchtigt werden kann, muss als wesentli- cher Ertragsfaktor geschützt werden (siehe In einigen Fällen werden höhere als die bislang dazu Kapitel 6). in Nordrhein-Westfalen aufgetretenen Befallsin- tensitäten erwartet. Vergleichbare Intensitäten Frühreife Gewächse: Die Pflanzenentwick- sind allerdings aus anderen Regionen Deutsch- lung beschleunigt sich lands oder des europäischen Auslands bekannt Durch die Erwärmung werden die benötigten und dort gut beherrschbar. Temperatursummen – das heißt, die über einen bestimmten Zeitraum aufaddierten Tagesmit- Zusammenfassend birgt der Klimawandel für teltemperaturen, nach denen ein bestimmter den Pflanzenbau in Nordrhein-Westfalen sowohl Entwicklungsschritt eintritt – schneller erreicht. Risiken als auch neue Möglichkeiten. Um die Dadurch beschleunigen sich phänologische Chancen nutzen zu können und die Risiken zu Stadien. Beispielhaft ist diese schnellere Pflan- minimieren, sind Anpassungsmaßnahmen zenentwicklung anhand zweier Simulationser- erforderlich. Diese und die Gute Landwirt- gebnisse dargestellt: Die Modellrechnungen für schaftliche Praxis vorausgesetzt, sind in abseh- den Standort Meerhof ergaben, dass sich dort barer Zeit keine außergewöhnlichen Probleme im Laufe des 21. Jahrhunderts der Erntezeit- in der Landwirtschaft zu erwarten. punkt des Winterweizens um fast einen Monat nach vorn verlagert (ggf. mit der Möglichkeit, noch eine Folgefrucht anzubauen). Die Abbil- dung 10 stellt die für die Jahrzehnte bis 2090
20 Ergebnisse Abbildung 11: Simulierte Infek- tionsrisiken des Winterweizens durch Braunrost an den Stationen Elsdorf (Köln- Aachener Bucht) und Eslohe (Sauer- land) im Zeitraum 2000 bis 2050. m: Steigung der Ausgleichsgeraden (Trend), rot: behandlungs- würdige Infektions- risiken. Im Folgenden werden auf der Grundlage der Er- Welche Ertragserwartungen gebnisse beider Studien die bereits in Kapitel 1 formulierten Fragen aufgegriffen: ergeben sich aus den proji- zierten Klimaänderungen? Welche Ertragserwartungen ergeben sich aus den projizierten Klimaänderungen? Winterkulturen Die Simulationsergebnisse sind vor allem ab- Wie wird sich die Ertragssicherheit im Rah- hängig von der atmosphärischen Kohlendioxid- men der erwarteten Klimabedingungen konzentration, der Temperatur und dem jeweili- ändern? gen naturräumlichen Ertragspotenzial. Alle Simulationsrechnungen für Winterweizen In welchen nordrhein-westfälischen Regio- (Abb. 12) zeigen ohne Berücksichtigung des nen sind besondere Änderungen oder Pro- mit dem Klimawandel korrelierten Anstiegs bleme zu erwarten? der Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmo-
Ergebnisse 21 sphäre lediglich Änderungen im einstelligen können in einzelnen Boden-Klima-Räumen, vor Prozentbereich. Tendenziell können sich gering- allem durch den Düngeeffekt, nennenswerte fügige Ertragseinbußen ergeben, die allerdings Ertragszuwächse erzielt werden. Mit dem Emis- nicht statistisch abgesichert sind. Deshalb wird sionsszenario „B1“ geben die Modellrechnun- bei ausschließlicher Berücksichtigung der gen unwesentliche Ertragsänderungen bis hin Erwärmung und unter Vernachlässigung der zu Ertragszuwächsen von zwölf beziehungs- Kohlendioxiddüngung davon ausgegangen, weise 15 Prozent aus. Deutlichere Zuwächse dass im Prognosezeitraum keine nennenswer- werden für die Boden-Klima-Räume Westfäli- ten Änderungen im künftigen Winterweizen- sche Bucht, Nördlicher Kreis Minden-Lübbecke, ertrag auftreten. Rheinland/Südliches Münsterland und Sauer- land prognostiziert. Die Prognosen des dynami- Wird die bessere Kohlendioxidverfügbarkeit in schen Klimamodells liegen etwas unter denen den Simulationsrechnungen berücksichtigt, so des statistischen Modells. Eine Ausnahme ist Winterweizen Teutoburger Wald / Abbildung 12: Eggegebirge / Tecklenburger Land Mittlere relative Veränderungen der Winterweizener- Westfälische Bucht träge im Zeitraum 2021 bis 2050 im Wiehengebirge Vergleich zum Refe- Nördlicher Kreis Minden-Lübbecke renzzeitraum 1971 bis 2000, Klima- szenarien „A1B“ und Ost-Westfalen / Bergisches Land „B1“, ohne und mit Rheinland / Südliches Münsterland Berücksichtigung der Erhöhung der Köln-Aachener Bucht atmosphärischen Kohlendioxidkon- Sauerland zentration. Oben: Klimamodell WettReg. Unten: Eifel Klimamodell CLM. (Quelle: Burkhardt und Gaiser 2010) Winterweizen Teutoburger Wald / Eggegebirge / Tecklenburger Land Westfälische Bucht Wiehengebirge Nördlicher Kreis Minden-Lübbecke Ost-Westfalen / Bergisches Land Rheinland / Südliches Münsterland Köln-Aachener Bucht Sauerland Eifel
22 Ergebnisse das Sauerland, wo im dynamischen Modell mit Südliches Münsterland. Ein Teil der errechneten 16 Prozent die höchste Ertragssteigerung für Ergebnisse lässt sich durch die unterschiedli- Winterweizen im „B1“-Szenario überhaupt er- chen Modellannahmen erklären. Von Bedeu- rechnet wurde. tung für die Ertragsergebnisse waren außerdem die simulierte steigende Kohlendioxidkonzen- Die Ergebnisse des Emissionsszenarios „A1B“ tration der Atmosphäre und der simulierte Tem- (wärmer, höhere atmosphärische Kohlendioxid- peraturanstieg. konzentrationen) prognostizieren für alle BKR nennenswerte Zuwächse der Winterweizener- Die auf der Basis des statistischen Klimamo- träge von etwa zehn bis über 20 Prozent. Neue dells (WettReg) errechneten Veränderungen Erkenntnisse zur Übertragung der Ergebnisse der Silomaiserträge im Prognosezeitraum aus dem Versuchsanbau in die Praxis und deren (Abb.13) bewegen sich im einstelligen Prozent- Berücksichtigung in Modellrechnungen können bereich (bis zu zehn Prozent Zuwachs in der zu anderen Ergebnissen führen. Trotzdem er- Eifel), wenn die Kohlendioxiddüngung außer scheint ein (dann weniger intensiver) Ertragszu- Acht gelassen wird. Vier von neun Boden-Klima- wachs wahrscheinlich. Räumen könnten nach den Modellergebnissen geringfügige, statistisch nicht abgesicherte Wintergerste, Wintergerste, Triticale und Winterraps zeigen Ertragseinbußen erleiden. Die auf Grundlage Triticale und ähnliche Verläufe. Vielfach stellen sich vor allem des dynamischen Klimamodells berechneten Winterraps in den Höhenlagen (z.B. Sauerland, Eifel) Ertragsänderungen sind ähnlich, allerdings sind Ertragszuwächse ein. Wintergerste und Winter- die Effekte vor allem für die Eifel deutlich raps werden vergleichsweise früh geerntet und schwächer. Wesentliche Ertragsminderungen können von wärmeren Temperaturen profitie- durch die zugrunde gelegten zukünftigen Kli- ren, ohne die heißeren und relativ trockeneren mabedingungen sind danach für Silomais nicht Sommermonate für Wachstum und Reife zu zu erwarten. benötigen. Die Simulationsrechnungen für Körnermais Sommerkulturen ergeben ein ähnliches Bild. Zuckerrüben und Silo- und Die Ertragserwartungen für Silo- und Körner- Kartoffeln werden, wenn lediglich der Tempera- Körnermais mais wurden für das gesamte Gebiet Nord- turanstieg berücksichtigt wird, mit Änderungen rhein-Westfalens simuliert; Kartoffeln und Zu- im einstelligen Prozentbereich prognostiziert ckerrüben aufgrund ihrer besonderen (in der Nähe der Relevanzschwelle). regionalen Bedeutung nur für die Boden-Klima- Räume Köln-Aachener Bucht und Rheinland/ Teutoburger Wald / Abbildung 13: Eggegebirge / Tecklenburger Land Mittlere relative Veränderungen der Silomaiserträge im Westfälische Bucht Zeitraum 2021 bis 2050 im Vergleich Wiehengebirge zum Referenzzeit- Nördlicher Kreis Minden-Lübbecke raum 1971 bis 2000, Klimaszenarien Ost-Westfalen / Bergisches Land „A1B“ und „B1“, simuliert mit dem Rheinland / Südliches Münsterland Klimamodell Wett- Reg, mit und ohne Berücksichtigung Köln-Aachener Bucht der Erhöhung der atmosphärischen Sauerland Kohlendioxidkon- zentration. Eifel (Quelle: Burkhardt und Gaiser 2010)
Ergebnisse 23 Unter Berücksichtigung der Kohlendioxiddün- Wie wird sich die Ertrags- gung und der Klimadaten des statistischen Modells ergeben sich für Silomais leichte sicherheit im Rahmen der Ertragszuwächse im Rahmen des „A1B“-Emissi- erwarteten Klimabedingun- onsszenarios in Teilen des Münsterlandes und Ostwestfalens. Deutlichere Ertragszuwächse gen ändern? werden mit dem dynamischen Modell als Grundlage simuliert. Extremereignisse wie Starkregen, Stürme oder Hagel können lokal zu erheblichen Ertragsein- Mit dem Emissionsszenario „B1“ ergeben sich bußen bis hin zu einem Totalverlust der Ernte in den Simulationsrechnungen Ertragszu- führen. Obwohl sie bei kleinräumiger Betrach- wächse von bis zu acht Prozent. Das wärmere tung ein wesentlicher Faktor für die Ertragssi- und durch bessere Kohlendioxidversorgung cherheit sind, konnten Extremereignisse nicht gekennzeichnete Emissionsszenario „A1B“ wird berücksichtigt werden. Die Modellsimulationen, mit bis zu 13 Prozent Ertragszuwächsen simu- welche Mittelwerte über 30-jährige Beobach- liert. Ähnlich, wenn auch mit geringeren tungszeiträume ausgeben, differenzieren derart Schwankungen, stellen sich die Ergebnisse für kleinräumige und kurzzeitige Ereignisse nicht. Körnermais dar. Die bisherigen Ausführungen legen nahe, dass Zuckerrüben Zuckerrüben und Kartoffeln können im Ver- ein Temperaturanstieg grundsätzlich positive und Kartoffeln gleich zu früheren Erntejahren durch die Koh- Auswirkungen für die Pflanzenproduktion hat. lendioxiddüngung etwas höhere Erträge reali- Phasen mit extremen Sommertemperaturen sieren. Nach dem dynamischen Modell sind können allerdings für Pflanzen Stress bedeuten Ertragszuwächse vor allem in der Köln-Aache- und deren Vitalität einschränken. In Verbindung ner Bucht zu erwarten. Die errechneten Ergeb- mit Trockenheit kann dies dann gegebenenfalls nisse schwanken um die statistisch absicher- den Ertrag erheblich beeinträchtigen. Die bare Größenordnung (ca. fünf Prozent). Wahrscheinlichkeit von Extremperioden wie dem Sommer 2003 oder dem April 2007 wird Nach dem statistischen Modell weisen die bei- von den Modellen zwar ebenfalls simuliert, den Boden-Klima-Räume Rheinland/Südliches lässt sich aber nicht einem bestimmten Jahr Viel zu buddeln: Münsterland und Köln-Aachener Bucht lediglich zuordnen. Die Kartoffelerträge im Emissionsszenario „A1B“ Zuwächse über werden durch die fünf Prozent auf (zwischen acht und zehn Erwartet wird zudem eine Zunahme von Nieder- CO2-Düngung Prozent). schlagsextremen auch in den eher trockener si- voraussichtlich mulierten Sommermonaten auf Kosten der ty- steigen. pischen sommerlichen Landregen. Sowohl die Häufigkeit als auch die Niederschlagsmenge einzelner Ereignisse wie Gewitter, Starkregen oder Hagel werden künftig zunehmen. Mit wei- teren Extremereignissen wie Überschwemmun- gen, Dürren, starken Gewittern oder Stürmen ist zu rechnen. Welchen Einfluss Extremereig- nissen auf die Ertragssicherheit haben, kann je- doch an dieser Stelle nicht quantifiziert werden. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Mo- delle die Ertragsschwankungen unterschätzen. Als Maß für die Ertragssicherheit im Prognose- zeitraum wurde das Ausmaß der Abweichungen der Einzelergebnisse vom über den gesamten Projektionszeitraum gebildeten Mittelwert he- rangezogen. Die Schwankungen realer Ernten lagen im einstelligen Prozentbereich bis zirka acht Prozent für das statistische und bis zwölf Prozent für das dynamische Modell. Diese
24 Ergebnisse Abbildung 14: Streubreiten der Winterweizen- erträge als Hinweis auf die Ertragssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2050 im Vergleich zum Referenzzeit- raum 1971 bis 2000 nach Klimaszena- rien „A1B“ und „B1“, Klimamodell Wett- Reg mit Erhöhung der atmosphäri- schen Kohlendioxid- konzentration. (Quelle: Burkhardt und Gaiser 2010) Streubreiten der realen Ergebnisse früherer schen Projektionen und führen zu geringeren Jahre können zur Einschätzung der Simulati- Veränderungen in der Ertragsstabilität bei den onsergebnisse für den Zeitraum 2021 bis 2050 Simulationsrechnungen mit den Klimadaten herangezogen werden. Die Unterschiede in den aus dem dynamischen Regionalmodell. Simulationsergebnissen des Prognosezeit- raums gehen vor allem auf die unterschiedlich Sommerkulturen simulierten Sommerniederschläge zurück. Die Entwicklungen bei den Sommerkulturen werden am Beispiel des Silomaises gezeigt. Die- Winterkulturen ser weist in den beiden Szenarien keine klare Die Darstellung der Winterkulturen erfolgt bei- Tendenz auf. Silomais wies schon bei den Simu- spielhaft anhand des Winterweizens (siehe lationen der Messwerte 2000 bis 2008 eine Abb. 14). Die Modellrechnungen mit Daten aus größere Streuung (bis zu 16 Prozent) als Win- dem statistischen Modell geben für Winterwei- terweizen auf. Die Streuung steigt während des zen die größeren Streuungen in den Jahren Prognosezeitraums im Emissionsszenario „B1“ 2021 bis 2050 aus. Für das Emissionsszenario des statistischen Klimamodells weiter an. „B1“ errechneten die Simulationsläufe einen Anstieg auf bis zu 9,8 Prozent und für „A1B“ auf Die Simulationen des Silomaises in den dyna- bis zu elf Prozent. mischen Rechnungen zeigen tendenziell eine Verringerung des Ertragsrisikos im Mittel der Die Streuung der Ergebnisse realer Ernten (Si- Jahre 2021 bis 2050. Die im dynamischen Mo- mulation vergangener Jahre) liegt mit sechs bis dell gegenüber dem statistischen Modell simu- zwölf Prozent für dynamisch gewonnene Klima- lierten höheren Sommerniederschläge können daten etwas höher als in den Modellrechnungen für Silomais in fast allen Boden-Klima-Räumen mit statistisch simulierten Klimadaten (vier bis günstigere Wachstumsbedingungen schaffen, Eifel muss mit sieben Prozent). Künftig nennenswert stei- welche das Ertragsrisiko mindern. Dieses Er- steigenden Ertrags- gende Ertragsunsicherheiten wurden in den gebnis stellte sich ähnlich auch bei Winterwei- unsicherheiten Simulationen nur für den Boden-Klima-Raum zen ein (s. vorheriges Kapitel). rechnen Eifel gefunden. Die beiden Modelle bewerten den Einfluss der Sommerniederschläge unterschiedlich. Die von dem statistischen Modell ausgegebenen mögli- chen Trockenphasen, vor allem während der Kornfüllungsphase, entfallen in den dynami-
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