KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH
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Arbeitsförderungsinstitut KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH STUDIE ZUR ERARBEITUNG EINES VERGLEICHSRASTERS GESETZLICHER UND KOLLEKTIVVERTRAGLICHER REGELUNGEN ZWISCHEN TIROL UND SÜDTIROL, AUSGEARBEITET AM BEISPIEL HOTEL/GASTGEWERBE/TOURISMUS DIESE STUDIE WURDE IM AUFTRAG DES INTERREGIONALEN GEWERKSCHAFTSRATES ZENTRALALPEN IM RAHMEN EINER EURES-T-MAßNAHME ERSTELLT. MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION GD 05, EURES T. Interregionaler Gewerkschaftsrat Zentralalpen Consiglio sindacale Interregionale Alpi Centrali
Unser Dank ergeht an alle Kolleginnen und Kollegen der Südtiroler Fachgewerkschaften, mit denen wir unsere Fragen und die Ergebnisse diskutieren und vertiefen durften, insbesondere an Frau Tila Mair, Frau Christine Walzl und Herrn Remigio Servadio. Dem ÖGB Tirol sprechen wir ebenso unseren Dank aus, wobei wir den Landessekretär der HGPD, Herrn Siegfried Astl und GPA-Sekretär Herrn Gottfried Kostenzer besonders hervorheben wollen. Zu besonderem Dank sind wir Dr. Konrad Walter verpflichtet, der uns als Präsident des IGR umsichtig und geduldig zur Seite gestanden ist. Ihm gebührt das Verdienst, auf regionaler Ebene ein gewerkschaftliches grenzüberschreitendes Projekt initiiert und unterstützt zu haben, dessen Bedeutung sich uns im Laufe der Arbeit immer stärker erschlossen hat. Autoren • Werner Pramstrahler, Studium der Politikwissenschaft in Innsbruck, beschäftigt sich am Arbeitsförderungsinstitut mit der Erforschung der regionalen industriellen Beziehungen und mit der gewerkschaftsnahen Weiterbildung. E-Mail: werner.pramstrahler@afi-ipl.org • Mario V. Giovannacci, Studium der Wirtschaftswissenschaften in Trient, Master Europèen en Sciences du Travail, Forschungs- und Beratungstätigkeit am Arbeitsförderungsinstitut in den Bereichen industrielle Beziehungen, Betriebsberatung und Bilanzanalyse. E-Mail: mario.giovannacci@afi-ipl.org Impressum Herausgeber: Arbeitsförderungsinstitut, Körperschaft öffentlichen Rechts für Forschung, Bildung und Information im Bereich Arbeit Neubruchweg, 5/B/7 I-39100 BOZEN Tel.: 0039 0471. 413540 - Fax: -49 E-Mail: info@afi-ipl.org Internet: www.afi-ipl.org Beilage zu: “Dimension Arbeit - Dimensione Lavoro” Registriert beim Landesgericht Bozen unter Nr. 23/1996 s.t. Druck: Alto Adige – Bozen Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Egon Sanin Studie im Auftrag des „IGR Zentralalpen – CSI Alpi Centrali”. Unterstützt durch die Europäische Kommission, GD 05 im Rahmen einer Maßnahme in EURES-T. Die Studie ist Eigentum des Herausgebers. Nachdruck, Verwendung von Erkenntnissen, Entnahme von Tabellen und Grafiken erwünscht, aber auch auszugsweise nur unter Angabe der Quelle (Herausgeber, Autoren und Titel) gestattet.
3 KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH Inhaltsverzeichnis Kurzfassung _______________________________________________________________________4 Einführung ________________________________________________________________________5 Vergleich der Kollektivvertragsverhandlungssysteme_________________________________5 Einleitung __________________________________________________________________________5 Industrielle Beziehungen in der Region ________________________________________________8 Industrielle Beziehungen im Tourismus _______________________________________________10 Vergleichende Analyse der gesetzlichen und kollektivvertraglichen Regelungen der Arbeitsverhältnisse im Hotel- und Gastgewerbe_________________________________12 Kollektivverträge und Vertragsparteien im Hotel- und Gastgewerbe in beiden Ländern _____14 Entgelt ___________________________________________________________________________16 Arbeitszeit ________________________________________________________________________20 Ruhezeiten ________________________________________________________________________22 Ferien und Feiertagsregelung________________________________________________________23 Abfertigung _______________________________________________________________________24 Entgeltfortzahlung _________________________________________________________________25 Mutterschaft und Elternkarenz _______________________________________________________27 Gleichbehandlung__________________________________________________________________29 Bildungskarenz ____________________________________________________________________31 Literaturliste______________________________________________________________________32 AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000
4 KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH KURZFASSUNG Intention der Studie Durch den europäischen Einigungsprozess stehen die nationalen und regionalen Regulierungssysteme der Arbeitsbedingungen vor neuen Herausforderungen, die sich aus dem forcierten Standortwettbe- werb und der drohenden Tarifkonkurrenz ergeben. Die Studie zeigt, dass auf regionaler Ebene durchaus die Möglichkeit besteht, einer solchen Entwicklung durch grenzüberschreitende Kooperation der Arbeitnehmerorganisationen entgegenzuwirken. Vergleich als In der Untersuchung wird herausgearbeitet, dass der Vergleich der Instrument Kollektivvertragsverhandlungssysteme und der arbeitsrechtlichen Regelungen zwischen Tirol und Südtirol Voraussetzung dafür ist, eine aktive Interessenvertretungspolitik über Staats- und Systemgrenzen hinweg zu initiieren. Zwar unterscheiden sich das italienische und österreichische System der industriellen Beziehungen in institutionel- ler Hinsicht erheblich, allerdings existieren Einrichtungen mit analo- gen Funktionen und durchaus äquivalente Regelungen. Die Verord- nungen und Richtlinien auf europäischer Ebene verstärken diesen Anpassungsprozess und sind daher ein wichtiger Ansatzpunkt für die Entwicklung qualitativ gleichwertiger Arbeitsbedingungen. Regionale Komplementär zur europäischen Rechtsetzung existieren auf regionaler Harmonisierungs- Ebene Handlungsbereiche, die in die Zuständigkeit der lokalen Kollektiv- spielräume vertragsparteien fallen und die für die Aufwertung dieser Verhandlungs- ebene sprechen. Für eine grenzüberschreitende Kooperation und „Harmonisierung nach oben“ ergeben sich folgende vier Ansatzpunkte: 1. Ein Angleichungsspielraum besteht im Bereich der Entgeltfest- setzung. Der Tiroler wie der Südtiroler Vertrag enthalten aus Arbeitnehmersicht einige interessante Aspekte: Der Tiroler Vertrag honoriert besondere Qualifikationen der Mitarbeiter wie etwa Fremdsprachenkenntnisse; der Südtiroler Versuch, ein Landeszu- satzabkommen abzuschließen, das einen Teil der Entlohnung an lokale Produktivitäts- und Qualitätssteigerungen bindet, kann für das Tiroler Modell des umsatzorientierten Garantielohnes durch- aus Anregungen enthalten. Ein erstes Forum für Diskussionen sollte die entsprechende Arbeitsgruppe sein, die vom Südtiroler Landeszusatzkollektivvertrag vorgesehen ist. 2. Obwohl die Materie auf nationaler Ebene und zunehmend auf europäischer Ebene geregelt wird, gehört die Arbeitszeit in bei- den Regionen zu den Verhandlungsgegenständen auf lokaler Ebene. Nachdem der regionale Regelungsspielraum gering ist, sollen andere Formen der Harmonisierung zum Tragen kommen: zum einen eine Koordination durch einen verstärkten Erfahrungs- austausch gerade in diesem für die Qualität der Arbeitsbedin- gungen so wichtigen Bereich, zum anderen durch eine Erhebung der tatsächlich geleisteten und vergüteten Arbeitszeit. 3. Das im Zuge der Arbeit entstandene Raster für den Vergleich der kollektivvertraglichen und gesetzlichen Regelungen hat sich als brauchbar und ausbaufähig erwiesen. Damit ist eine erste Verstän- digungsbasis geschaffen worden, die weitere Vergleiche ermöglicht. Perspektiven 4. Die vorliegende Studie versteht sich als Aufforderung an die Nord- und Südtiroler Gewerkschaften, die europäische Herausforderung auf regionaler Ebene verstärkt wahrzunehmen. Dazu ist eine Vertiefung der hier behandelten Themen notwendig: zum einen durch grenzüberschreitende Diskussionen zur Fixierung von gemeinsamen Standards, zum anderen durch einen Austausch von „best-practice“-Regelungen in einem durch Saisonarbeit und Fluktuation gekennzeichneten Bereich des Arbeitsmarktes. AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000
5 KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH EINFÜHRUNG Die Studie „Regulierung der Arbeitsbedingungen im Tourismus. Tirol Koordination und sozia- und Südtirol im Vergleich“ versteht sich in erster Linie als Beitrag zur ler Dialog grenzüberschreitenden Koordination von Arbeitnehmerinteressen und zur Stärkung des sozialen Dialoges bei der Behandlung landes- übergreifender Fragen des Arbeitnehmerschutzes. Zudem will die Un- tersuchung einen Anstoß zur Thematisierung der Arbeitsbedingungen in einem für die Regionalökonomie zentralen Wirtschaftssektor liefern. Der Vergleich der Arbeitsverhältnisse zwischen Nachbarregionen, die Unterschiedliche zwei unterschiedlichen Systemen industrieller Beziehungen angehören, Systeme ist ein komplexes Unterfangen. Die Unterschiede zwischen Tirol und Südtirol liegen sowohl im Bereich der Akteure, der Struktur und des Modus Operandi des Kollektivvertragsverhandlungssystems sowie selbstverständlich im tatsächlichen Regelungsoutput. Ausgangspunkt der Studie ist die vergleichende Untersuchung aus- Vergleichsraster gewählter Regelungen der Arbeitsverhältnisse im Hotel- und Gast- gewerbe. Am Beispiel dieses Sektors wird ein Raster vorgestellt, mit dem Regelungen in Tirol und Südtirol komparativ untersucht und dargestellt werden können. Notwendige Vorarbeit für den spezifi- schen Teil der Studie ist ein prägnanter Vergleich der Kollektivver- tragsverhandlungssysteme beider Länder. Wir bemühen uns zudem um den Nachweis, weshalb einer forcierten tarifpolitischen Koordi- nation zwischen den benachbarten Regionen1 Tirol und Südtirol aus Arbeitnehmersicht eine besondere Wichtigkeit zukommt. Diese Einfüh- rung ist zum einen ein eigenständiger Teil der vorliegenden Studie, zum anderen dient sie dem Zweck, die unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Regelungsformen, -ebenen und -inhalte im Sektor Hotel/ Gastgewer- be/Tourismus beider Länder nachvollziehbar darzustellen. Die Konzentration auf die arbeitsrechtlichen Aspekte des Arbeitsver- Regelungen bestimmen hältnisses ergibt sich aus der Wichtigkeit dieser Regelungen für die Qualität Qualität der Arbeitsbedingungen. Sozialrechtliche Regelungen werden lediglich gestreift und am Rand behandelt. Der Bericht gliedert sich in zwei Hauptteile: Während der erste Teil in Gliederung des das jeweilige kollektivvertragliche System auf nationaler und insbeson- Berichts dere auf regionaler Ebene einführt, werden im zweiten Teil die Inhalte der kollektivvertraglichen und gesetzlichen Regelungen im Bereich Hotel/Gastgewerbe/Tourismus dargestellt. VERGLEICH DER KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGSSYSTEME EINLEITUNG Der wirtschaftliche und politische Einigungsprozess Europas übt einen Die europäische immer stärkeren Einfluss auf die nationalen und regionalen Kollektiv- Herausforderung für vertragsverhandlungssysteme aus. Die europäische Dimension besteht Gewerkschaften nicht aus einem sich vorläufig erst in Grundzügen abzeichnenden europäischen Kollektivvertragsverhandlungssystem im eigentlichen Sinne, sondern aus einer Vielzahl von Einflüssen, die sich sowohl auf den wirtschaftlichen, den institutionellen und den arbeitsrechtlichen Kontext der Kollektivvertragsverhandlungssysteme auswirken. Die europäische Herausforderung für die Arbeitnehmerorganisationen liegt darin, den grenzüberschreitenden Wettbewerb um die Lohn- 1 Auf den Begriff „Region“ sind wir aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung ausgewichen, um nicht ständig die Bezeichnungen „Bundesland Tirol“ und „Autonome Provinz Bozen – Südtirol“ verwenden zu müssen. AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000
6 KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH und Arbeitskosten zu begrenzen (Schulten 1999: 2). Somit wird die bisher primär im nationalstaatlichen Rahmen erfüllte Funktion der Gewerkschaften auf die europäische, d. h. in unserem Fall regionale und nationale Grenzen überschreitende Ebene gehoben.2 Wir gehen davon aus, dass der Harmonisierungsspielraum in institutioneller und struktureller Hinsicht zwischen Österreich und Italien und damit zwischen Tirol und Südtirol gering ist; angebracht scheint uns vielmehr eine grenzüberschreitende Verknüpfung der regionalen und nationalen Kollektivverträge, um die Gefahr von „Tarifdumping“ und eines „Harmonisierungswettlaufes nach unten“ (Schulten 1999: 2) zu verringern. Grundlegende Voraussetzung und Ansatzpunkt für Maß- nahmen in Richtung einer „Harmonisierung nach oben“ sind Kennt- nisse über die Situation in der jeweiligen Nachbarregion. Harmonisierungs- Tirol und Südtirol sind in zwei unterschiedliche Kollektivvertragsver- spielräume handlungssysteme eingebettet. Beide sind Ausdruck der jeweiligen nationalen Systeme industrieller Beziehungen, die in institutioneller Hinsicht eine Reihe von Unterschieden aufweisen. Dies gilt in erster Linie für den rechtlichen Handlungsrahmen und das System der indu- striellen Beziehungen (Giovannacci/Pramstrahler 1999). Dennoch las- sen sich Gemeinsamkeiten konstatieren: Wie in den meisten europäi- schen Ländern nimmt die nationale Branchenebene den zentralen Stellenwert ein (Burgess 1997 und WSI 1999); sie übt die „Sperrklin- kenfunktion“ für die nachgeordnete regionale und betriebliche Ver- handlungsebene aus. Der Spielraum der – wenngleich unterschiedlich entwickelten – regionalen Verhandlungsebene kann durchaus ge- nutzt werden, eine über Grenzen hinweg koordinierte Kollektiv- vertragspolitik zu betreiben. Koordination und Dies gilt umso mehr, als Koordination und Kooperation die adäqua- Kooperation testen Mechanismen der gewerkschaftlichen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sind. (Kreimer-de Fries 1999, Marginson/Schulten 1999, Schulten 1999). Aufgrund des Fehlens eines europäischen Kol- lektivvertragsverhandlungssystems weist diese Strategie zwei wichti- ge Vorteile auf: Sie ist unmittelbar umsetzbar und praktikabel. Die gesamteuropäische Ebene, die aus Verordnungen, Richtlinien und so- zialem Dialog auf Spitzenebene besteht, erhält Unterstützung „von unten“. Die Gewerkschaften werden vor Ort zu gemeinsamen tarifpo- litischen Forderungen und Mindeststandards gedrängt sowie zum institutionellen Ausbau ihrer Kooperationsstrukturen angeregt (Lecher 1999: 343). Wie ein Blick auf das Repertoire der Zusammenarbeit zeigt3, so gibt es gerade auf sektoraler und regionaler Ebene eine Reihe von Möglichkeiten: von gegenseitigem Meinungsaustausch, grenzüberschreitenden Einladungen zu Tarifverhandlungen und in Tarifkommissionen, Kooperation durch Memoranden, Abkommen und Tarifpartnerschaften. Der Spielraum auf regionaler Ebene muss ge- nutzt werden, um trotz der nach wie vor vorhandenen nationalen Un- terschiede die Koordinations- und Kooperationsmöglichkeiten über Grenzen hinweg verstärkt wahrzunehmen. Um den Handlungsspielraum der regionalen Kollektivvertragsparteien konkret aufzuzeigen, wird im nächsten Abschnitt die Einbettung der regionalen Ebene in das jeweilige nationale Kollektivvertragsverhand- lungssystem sowohl für Tirol wie für Südtirol dargestellt. 2 Wir gehen keineswegs davon aus, dass dies ein „logischer“, sich aus der gewerkschaftlichen Tradition und europäischen Einigung ergebender Prozess ist. Nationale und regionale Gewerkschaften haben durchaus andere Handlungsoptionen: Sie sind ein unverzichtbarer Partner in „Wettbewerbspakten“, die in vielen Bereichen eine „beggar my neighbour“-Politik bedeuten (Bispinck/Schulten 1999, Grote/Schmitter 1999, Hassel 1999). 3 Siehe dazu die Übersichten bei Braun/Guggenberger-Sappl 1999, Kreimer-de Fries 1999, Lecher 1999, Marginson/Schulten 1999, Zagelmeyer 1999. AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000
Übersicht 1: Die regionale Ebene im Kontext des österreichischen und italienischen Kollektivvertragsverhandlungssystems ÖSTERREICH ITALIEN Generalkollektivverträge Angelegenheiten von besonderer Wichtigkeit, die die „Interkonföderale“ Bilaterale Abkommen mit weitreichendem Geltungsbereich Gesamtheit der Arbeitnehmer betreffen Abkommen in einem Sektor (z. B. Industrie) „Accordi interconfederali“ Tripartistische „concertazione“ als Sonderform mit starkem Engagement der öffentlichen Hand Branchenkollektiv- Standardfall, branchenspezifisch Nationaler Standardfall, sektorenspezifisch vertrag, allgemeiner Trennung in Arbeiter- und Angestelltenkollektivverträge Branchenkollektivvertrag einheitliche Kollektivverträge für Arbeiter und Angestellte Kollektivvertrag Trennung in ein längerfristiges Rahmenabkommen und „contratto collettivo nazio- Trennung in ein Rahmenabkommen mit vierjähriger Laufzeit einen primär entgeltbezogenen Teil, der in der Regel alle nale di lavoro“: („parte normativa“) und in einen primär entlohnungsbezo- Jahre erneuert wird genen Teil („parte economica“) mit zweijähriger Laufzeit Lokale / regionale Ebene • Breiter Tripartismus auf zentralen Feldern der Arbeits- Lokale / regionale Ebene • Bi- und tripartistische Abkommen auf Landesebene markt-, Sozial-, Wirtschafts- und Ausbildungspolitik („contratti territoriali interconfederali“) • Pakte für Arbeit und Wirtschaft • Branchen- und sektorenspezifische Landeszusatzver- • Landeskollektivverträge: betrifft die von den Gesetzen träge („contratti territoriali integrativi / di secondo livel- und bundesweiten Kollektivverträgen übertragenen lo“): in manchen Branchen mögliche Verträge, die zu- Regelungsbereiche, fungieren in manchen Fällen (wie sätzliche produktivitätsorientierte Lohnbestandteile im Hotel- und Gastgewerbe) als Ersatz für bundeswei- und andere Regelungen nach Maßgabe des nationalen te Abschlüsse Kollektivvertrages vorsehen können (jedoch keine 7 • Lohn- und Gehaltstabellen, enthalten in manchen Doppelungen) Fällen auch unterschiedliche Angaben über die Verwen- • „Patti d’area“: territoriale regionale Entwicklungspakte dungsgruppen, in manchen Fällen enthalten die • „Contratti d’area“: lokal begrenzte Pakte zur Beschäf- Bundeskollektivverträge bereits länderspezifische tigungsförderung und Ansiedlung von Betrieben Regelungen (etwa im Handel) (Möglichkeit, Entlohnung in pejus zu derogieren, d. h. AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000 • Vom NAP vorgesehene territoriale Beschäftigungspakte Abweichung nach unten zu vereinbaren) • Tripartismus auf zentralen Feldern der Arbeitsmarkt- politik • Bilaterale sektorale Abkommen über bilaterale Einrich- tungen Betrieb • Betriebsvereinbarungen nach dem ArbVG Betriebliche Zusatzabkommen, die an die wirtschaftliche • Betriebskollektivvertrag Entwicklung des Betriebs gebunden sind („contratto azien- • firmenbezogene Verbandskollektivverträge dale integrativo“) (keine Doppelungen) und im Zuge der • Regelungsmaterien: in erster Linie vom ArbVG vorge- Verbetrieblichung der Arbeitsbeziehungen mit zusätzlichen sehen, z. T. auch vom Kollektivvertrag. Freie Betriebs- Informations- und Kontrollrechten ausgestattet werden, der vereinbarungen regeln auch nicht vom ArbVG vorgese- Rahmen wird vom nationalen Branchenkollektivvertrag KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH hene Bereiche. abgesteckt. Quelle: Eigene Zusammenstellung. © AFI/IPL
8 KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH INDUSTRIELLE BEZIEHUNGEN IN DER REGION Die Wichtigkeit der Die regionale Verhandlungsebene war traditionell eine der wenig regionalen Ebene beachteten, die Aufmerksamkeit gilt in der Regel der überbetriebli- chen (Gesamtwirtschaft/Wirtschaftsbranche) und der betrieblichen Ebene (Regalia 1997: 15). Parallel zum Rückgang der makropoliti- schen zentralistischen Steuerung, der Entstehung neuer Produk- tionssysteme und der Zunahme der politischen Regionalisierung hat auch die „mittlere“ Ebene an Relevanz gewonnen: Zuerst als bran- chen(sektoren)spezifische Arena verstanden, umfasst der Ausdruck „Mesoebene“ nunmehr auch die regionalen Systeme industrieller Beziehungen. Insbesondere in einem Sektor wie jenem des Tourismus, in dem betriebliche Vereinbarungen aufgrund der Be- triebsgröße und Saisonalität eine geringe Rolle spielen, kommt der regionalen Ebene eine besondere Bedeutung bei der Sicherung der Arbeits- und Lebensverhältnisse der Beschäftigten zu. Darüber hin- aus ist die Mesoebene ein bedeutsamer „Umschlagplatz“ für ange- botskorporatistische4 Leistungen und Maßnahmen. Die Entwicklun- gen in diesem Bereich sind umso wichtiger, als der Tourismus in bei- den Regionen sowohl hinsichtlich der Beschäftigtenzahl als auch des Bruttoinlandsproduktes eine herausragende Rolle einnimmt. Angebotskorporatis- Die regionale Handlungsebene spielt in Tirol eine wichtige Rolle. Zum mus in Tirol einen liegt deren Bedeutung wie in den anderen österreichischen Bundesländern darin, dass hier „angebotskorporatistische Dienst- leistungen“ für die Politikfelder Arbeitsmarkt, Förderung des Struk- turwandels, territoriale und infrastrukturelle Entwicklung, Technolo- gietransfer, Ökologisierung und berufliche Ausbildung zur Verfügung gestellt werden. Als permanente angebotskorporatistische Lei- stung der Tiroler Sozialpartner kann deren Engagement in der beruf- lichen Ausbildung gesehen werden. Soziale Pakte in Tirol Der Abschluss von Sozialpakten in Tirol zeigt, dass die lokale Ebene auch für diese Form sozialpartnerschaftlicher Politikarrangements an Bedeutung gewinnt. • Der ab Jänner 2000 geltende „Pakt für Arbeit und Wirtschaft“, abeschlossen im August 1999 von den Tiroler Sozialpartnern, dem Land Tirol, dem AMS, Landesschulrat, Gemeindenverband und Stadt Innsbruck, setzt sich eine nachhaltige Verbesserung der Be- schäftigungslage zum Ziel. Zwischen Land und AMS wurde ein Zusatzpakt abgeschlossen, um dauerhaft vom Arbeitsmarkt aus- geschlossenen Segmenten neue Beschäftigungschancen zu eröff- nen (ÖGB-Nachrichtendienst 2992: 10, Kurzdarstellung Pakte). • „Regionales Beschäftigungsbündnis Tiroler Oberland und Außerfern“: Dieser Pakt, der von den Sozialpartnern im Oktober 1997 abgeschlossen wurde, hat das Ziel, die Beschäftigungslage in dieser Region zu verbessern. Stellenwert der Diese Formen von „autonomer Sozialpartnerschaft“ sind jedoch in autonomen den österreichischen Bundesländern im Vergleich zur Bundesebene Sozialpartnerschaft weniger stark ausgeprägt (Schaller 1997: 902). Als Kontakt- und Austauschmedium scheinen die informellen „Tiroler Präsidentenge- spräche“ eine gewisse Rolle zu spielen. 4 Der von Franz Traxler (Traxler 1993) beschriebene Wandel vom Nachfrage- zum Angebotskorpo- ratismus zeigt sich in der abnehmenden Bedeutung der keynesianisch orientierten Einkommens- politik und im zunehmenden Engagement der Sozialpartner, gemeinsam Leistungen in verschie- denen Bereichen (Berufsausbildung, „weiche Standortfaktoren“, Strukturpolitik) anzubieten. Mittlerweile hat das Konzept in Form des Wettbewerbskorporatismus („competitive corporatism“) in die internationale Wissenschaftssprache Eingang gefunden. Die Studien über den Unterschied zwischen altem (keynesianischem) und neuem (wettbewerbsorientiertem) Korporatismus beru- hen auf diesem Konzept (siehe aus italienischer Perspektive Carrieri 1998). AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000
9 KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH Was die nicht-autonome Sozialpartnerschaft – der Einbau der Beiräte in Tirol Interessenorganisationen in den politischen Entscheidungspro- zess - auf regionaler Ebene insgesamt betrifft, so zeigt sich in Tirol grundsätzlich dasselbe Bild wie in den anderen österreichischen Bundesländern: Zum einen gibt es ein stark ausgeprägtes regionales Beiratswesen, in das die Sozialpartner eingebunden sind, zum anderen beruht die sozialpartnerschaftliche Politikakkordierung auf bundesweit zentralen Verhandlungsstrukturen. Bedeutende Ansätze einer Regiona- lisierung zeigen sich im Beiratswesen für Raumordnung, für Wirtschafts- und Arbeitnehmerförderung sowie für Ausbildungswesen. Der Einbau der Sozialpartner und anderer Institutionen erfolgt über das Begutachtungsrecht Begutachtungsrecht von Gesetzesvorlagen, das sowohl auf regionaler wie auf Bundesebene in Geltung ist. Einen Schritt zur Stärkung der regionalen Ebene bedeutet die 1994 in Regionalisierung des Kraft getretene Neuorganisation des Arbeitsmarktservice, die zu AMS einer Regionalisierung geführt hat. Nunmehr sind die Sozialpartner auf allen Ebenen der Arbeitsmarktverwaltung vertreten: im Bund, im Land und im Bezirk; die Entscheidungen über Programme, Richtlinien und Durchführungsbestimmungen für die regionale Arbeitsmarktförde- rungspolitik fallen in semiparitätischen Gremien (Schaller 1997: 905). Grundsätzlich umfasst die bi- und tripartistische lokale Ebene in Italien Tripartismus in sowohl Verwaltungseinheiten wie Regionen, Provinzen und Gemein- Südtirol: das Fehlen den, kann sich aber auch auf verwaltungsmäßig oder kollektivvertrag- expliziter sozialer Pakte lich begrenzte Gebiete beziehen. Als Akteure fungieren die lokalen Ge- werkschaftsbünde und Arbeitgeberverbände sowie die Regional- regierungen, die Inhalte reichen von den Arbeitsbedingungen und der Entwicklung des Arbeitsmarktes bis hin zu Fragen der institutionellen Regionalpolitik. Auf interkonföderaler Ebene existieren in Südtirol bi- und tripartistische Abkommen in den Bereichen Ausbildung, Betriebs- praktika, Seniorenbetreuung und Errichtung der betrieblichen Inter- essenvertretungen EGV/RSU. Insgesamt wird das Instrumentarium der „concertazione“ jedoch keineswegs in vollem Ausmaß angewandt: Es fehlen sowohl explizite Sozialpakte nach dem Muster anderer italieni- scher Regionen mit derselben institutionellen Ausgestaltung als auch „patti territoriali“. Dabei ist zu vermerken, dass die gesamtstaatlichen Sozialpakte von 1996 und 1998 die Methode der Konzertierung aus- drücklich als Regulierungsmechanismus für die Beziehungen zwischen verschiedenen Akteuren auf allen Ebenen der industriellen Beziehun- gen empfehlen und vorsehen. Koordiniertes Vorgehen der Sozialpar- teien, Abstimmung und Vereinbarung von Politikformen und –inhalten auf konzertiertem Weg erweist sich offenbar aus Sicht der Südtiroler Interessenvertretungen als weniger effizient als die Formen nicht akkor- dierter und direkter Einflussnahme auf politische Entscheidungen. Somit wird dem öffentlichen Akteur die Regulierung der Beziehungen zu den Interessenverbänden überlassen. Wird die Struktur und Logik des italienischen kollektiven Verhandlungs- Beiratswesen in systems als Maßstab angelegt, gehören die institutionalisierten tri- Südtirol partistischen Kommissionen und Beiräte in Südtirol ebenso zur „contrattazione territoriale interconfederale“. Sie sind in den meisten Fällen per Landesgesetz errichtet und betreffen in erster Linie die Bereiche Arbeitsmarkt und Ausbildung. Nachdem Südtirol im Bereich der Berufsausbildung und Arbeitsmarktverwaltung sowohl über primä- re als auch sekundäre Zuständigkeiten verfügt, gibt es einen Spielraum für die institutionelle Ausgestaltung der Kommissionen und Beiräte. Grundsätzlich sind diese jedoch der Nachvollzug gesamtstaatlicher und europäischer Vorgaben. Eine herausragende Rolle nimmt die Landesarbeitskommission mit ihren Unterkommissionen ein. AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000
10 KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH Eine potenziell sozialpartnerschaftliche Landeskommission hatte von 1972 bis 1995 Bestand: der gesetzlich vorgesehene Landeswirt- schafts- und Sozialbeirat. In ihm waren sämtliche Sozialparteien des Landes vertreten, er trat zweimal im Jahr zusammen und fungierte als „Verbändeparlament“ nach dem Muster des gesamtstaatlichen „Rates für Arbeit und Wirtschaft“ (CNEL). Den Wandel zu einem angebotskor- poratistisch orientierten Dienstleistungsbetrieb hat der Landeswirt- schafts- und Sozialbeirat nicht vollzogen. Selektive autonome Strukturell als „autonome Sozialpartnerschaft“, da ein freiwilliges Gre- Sozialpartnerschaft mium, ansonsten ein Beispiel für einen „selektiven Korporatismus“ war und ist die Sozialpartnerkommission. Diese seit Ende der 70er Jahre bestehende und aktive Kommission ist ein Abstimmungs- und Ak- kordierungsorgan für die deutsch- und ladinischsprachigen Verbände. Die Kommission hat seit dem Beginn der 90er Jahre einen Bedeu- tungsverlust erlitten und ist seit 1997 nicht mehr zusammengetreten. Südtirol bewegt sich damit gegen den europäischen und gesamtstaat- lichen Trend, der in den letzten Jahren einen starken Zuwachs sozialer Pakte und konzertativer Methoden verzeichnet. INDUSTRIELLE BEZIEHUNGEN IM TOURISMUS Bedeutung der Die sektorenspezifische regionale Verhandlungsebene spielt in Tirol wie regionalen Ebene in den anderen österreichischen Bundesländern in manchen Bereichen eine Rolle. Insbesondere im Tourismus (und in einigen anderen wenigen Bereichen) sind regionale Gehalts- und Lohntabellen üblich. Im Fall des Hotel- und Gastgewerbes regeln diese neben den Entgelthöhen, den Lohnsystemen auch Bereiche der Arbeitszeitverteilung. Regionale Lohn- und Generell sind die für die Bundesländer vereinbarten Lohn- und Ge- Gehaltstabellen haltstabellen ein Instrument, auf die regionalen Besonderheiten der Wirtschaftsbranche Bezug nehmen zu können. Exemplarisch dafür steht der Bundeskollektivvertrag für Arbeiter im Tourismus, der explizit be- stimmt, dass Änderungen der Lohnordnung die Gültigkeit der restlichen Bestimmungen des Vertrages nicht beeinträchtigen. Zudem sind auch eigene, vom Kollektivvertrag prinzipiell vorgesehene und an die regiona- le Ebene delegierte Regelungen im Bereich der Arbeitszeitbestimmun- Ersatz für die gen möglich.5 Dass die regionale Ebene in Tirol stärker als in Südtirol Bundesebene nicht nur Ergänzung, sondern geradezu Ersatz für bundesweite Ab- schlüsse sein kann, wird am Beispiel des Tourismus ersichtlich. Von 1997 – 1998 war der Tourismus einer der konfliktträchtigen Sektoren, in denen ein bundesweiter Abschluss nicht erreicht werden konnte (Gäch- ter 1997 und 1998). Die regionalen Kollektivvertragsparteien schlossen daraufhin bundeslandbezogene Landeskollektivverträge ab, in denen sowohl ein Mindestlohn als auch Lohnerhöhungen vereinbart wurden. Die „Gegenleistung“ der Gewerkschaft war eine zusätzliche Flexibilisie- rung der Arbeitszeit. Seit Mai 1999 gilt wiederum ein bundesweiter Kollektivvertrag. Die regionale Ebene in Wie es der Intention und dem „Modus Operandi“ des italienischen Sy- Südtirol stems nach 1993 entspricht, bestimmt der nationale Kollektivvertrag – in unserem Fall des Tourismus (§ 15) – die Bereiche, die Gegenstand für nachgeordnete Verhandlungen sein können (sog. „zweistufiges“ 5 Insgesamt erweist sich das Tiroler wie das gesamtösterreichische Kollektivvertrags- verhandlungssystem als hoch koordiniert: Zum einen sind in einigen Branchen wie dem Tourismus jährliche Abschlüsse auf regionaler Ebene möglich, wodurch die Kollektiv- vertragsparteien die Möglichkeit haben, eng an die Entwicklung des Sektors gebundene Vereinbarungen zu treffen, zum anderen durchlaufen sowohl die Forderungen wie die tatsäch- lichen Abschlüsse mehrere Mechanismen, die dem Ziel dienen, die gesamtwirtschaftliche Vereinbarkeit zu steigern (Traxler 1999). AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000
11 KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH Vertragsmodell). Er legt im Einklang mit dem Abkommen von 19936 fest, dass in den Betrieben ab 15 Beschäftigten Betriebsverhandlungen mög- lich sind, wobei für kleinere Betriebe „Landeszusatzabkommen“ ab- geschlossen werden können. Für die lokale Verhandlungsebene werden folgende Gegenstände bestimmt: Aus- und Weiterbildungsprogramme, Wiederqualifizierungsprogramme, Überprüfung der Ausbildungs- verträge, Lage der Arbeitszeit, Lehrlingswesen und zusätzliche (produk- tivitätsorientierte) Lohnbestandteile. Das Südtiroler Zusatzabkommen Tourismus – dem der Rahmen durch Landeszusatzvertrag den nationalen Kollektivvertrag gesetzt wird – regelt somit Aspekte des Tourismus Lehrlingswesens, Ferialverträge, Saisonszulage, befristete Arbeits- verträge und eine Reihe weiterer Materien, auf die in den Übersicht- stabellen eingegangen wird. Ein typisches Element von Zusatzverträgen fehlt zurzeit noch im Südtiroler Vertrag: die Bezugnahme auf ein produk- tivitäts- und qualitätsorientiertes Entgeltsystem. Aufgrund der techni- schen Schwierigkeiten fehlt bisher in Italien im Tourismussektor ein ter- ritoriales Abkommen mit einer diesbezüglichen Regelung, an dem sich die Südtiroler Regelung orientieren könnte. Eine der interessanten Entwicklungen im Bereich der regionalen und sek- Die Südtiroler torspezifischen Arbeitsbeziehungen stellt die „Tourismuskasse“ dar. Als Tourismuskasse bilaterale Körperschaft kollektivvertraglichen Ursprungs ist die Einrichtung – die es in geänderter Form in anderen Regionen und Sek- toren gibt – ein herausragendes Beispiel für angebots- und wettbewerbs- korporatistische Vereinbarungen in Südtirol. Die bilateralen Körper- schaften erfüllen sektorenspezifische Aufgaben auf regionaler Ebene und entlasten damit sowohl die Politik wie die öffentlichen Haushalte. Der nationale Kollektivvertrag Tourismus selbst bestimmt die Aufgaben und delegiert die genauen Modalitäten der Errichtung an die regionale Ebene. Die Südtiroler Körperschaft7 besteht seit dem Jahr 1993. Statutarisch hat sich die Körperschaft drei Hauptaufgaben gegeben, die sie komple- mentär zu den bereits bestehenden zuständigen Institutionen (z.B. Be- rufsausbildung) ausübt: Berufsbildung und die Organisation von Kursen, finanzielle Unterstützungen für Arbeitnehmer, die von vorübergehender Arbeitslosigkeit betroffen sind, finanzielle Stützung der Saisonsbeschäf- tigten, die an Berufsbildungskursen teilnehmen. Finanziert wird die Körperschaft von den Arbeitgebern und Arbeitneh- Modernisierung mern, allerdings nicht zu gleichen Teilen. Während Erstere – zusammen- industrieller geschlossen im HGV (Hoteliers- und Gastwirteverband mit einem Orga- Beziehungen nisationsgrad von 92%) – 0,30% der Bruttoentlohnung des Arbeitneh- mers einzahlen, macht der Beitrag jedes in diesen Betrieben beschäf- tigten Arbeitnehmers 0,10 aus. Die Gremien sind paritätisch zusammen- gesetzt, die Spitzenfunktionen wechseln im Zweijahresrythmus. Das Finanzvolumen beträgt pro Jahr circa 517.000 Euro. Die Tätig- keitsbereiche beziehen sich in erster Linie auf die umfassende Ausbil- dung der im Tourismus Tätigen, wobei neben beruflichen Fähigkeiten, Persönlichkeitsbildung auch Veranstaltungen über die arbeitsrechtli- chen Besonderheiten des Sektors durchgeführt werden. Den „bilateralen Körperschaften“ kommt potenziell eine wichtige Rolle bei der Schaffung moderner regionaler und sektorenspezifischer industrieller Beziehungen zu. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die in der Vergangenheit oft festgestellte Unzulänglichkeit – nicht so- zialpartnerschaftlich akkordierter Druck eines Verbandes auf die Regierung – einer stärkeren Konzertierung Platz macht. 6 Das Abkommen vom 23. Juli 1993 kann als „Verfassung“ der industriellen Beziehungen Italiens gelten. Mit dem Abkommen wurde ein zweistufiges Vertragsmodell formalisiert. Siehe dazu ausführlicher in deutscher Sprache Giovannacci/Pramstrahler (1999: 44). 7 Begründet mit lokalem Abkommen vom 18. Juni 1993. AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000
VERGLEICHENDE ANALYSE DER GESETZLICHEN UND KOLLEKTIVVERTRAGLICHEN REGELUNGEN DER ARBEITSVERHÄLTNISSE IM HOTEL- UND GASTGEWERBE
13 KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH Während sich der erste Teil der Studie mit den Regelungsinstanzen und –formen beschäftigt hat, konzentriert sich der zweite Teil auf die Regelungen im Tourismus. Zugleich liefert dieser Abschnitt ein Raster, mit dem gesetzliche und kollektivvertragliche Bestimmungen in den beiden Regionen Tirol und Südtirol komparativ dargestellt wer- den können. Damit fungiert diese Studie als Grundlage sowohl für weitere Vergleiche in anderen Sektoren als auch für eine vertiefte Aus- einandersetzung mit den Arbeitsbedingungen in Tirol und Südtirol. Im Folgenden werden die Kollektivverträge und die abschließenden Parteien sowohl auf gesamtstaatlicher wie auf regionaler Ebene auf- gezählt. Es folgt eine vergleichende Darstellung der Regelungen in ausgewählten Bereichen des Arbeitsverhältnisses: • Entgelt, • Arbeitszeit, Ruhzeiten, Ferien und Feiertagsregelung, • Abfertigung, • Entgeltfortzahlung, • Mutterschaft und Elternkarenz, • Gleichbehandlung und • Bildungskarenz. AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000
Kollektivverträge und Vertragsparteien im Hotel- und Gastgewerbe in beiden Ländern ÖSTERREICH ITALIEN Arbeiter Angestellte einheitlicher Kollektivvertrag für Arbeiter und Angestellte Vertragsbezeichnung Kollektivvertrag für Arbeiter im Kollektivvertrag für die Angestellten Nationaler Branchenkollektivvertrag für die Beschäftigten in den Tourismus- Gastgewerbe im Hotel-, Gast- und Schankgewerbe betrieben („contratto collettivo nazionale di lavoro per i dipendenti da azien- de del settore turismo“) Geltungsdauer und -be- Stand: 1982, gültig ab 1. Mai 2000 Stand: 1995, gültig ab 1. Mai 2000 national für die Mitglieder der abschließenden Vertragsparteien reich Geltungsbereich: bundesweit, Fach- Geltungsbereich: bundesweit, Fach- Vertrag vom 22. Jänner 1999 verband Gastronomie und Fach- verband Gastronomie und Fach- „normativer“ Teil: 4 Jahre verband Hotellerie der Wirtschafts- verband Hotellerie der Wirtschafts- „entgeltbezogener“ Teil: 2 Jahre kammer Österreich, Bundessektion kammer Österreich, Bundessektion Tourismus und Freizeitwirtschaft, Tourismus und Freizeitwirtschaft, Fachverband Gastronomie und Fach- Fachverband Gastronomie und Fach- verband Hotellerie; angeschlossene verband Hotellerie; angeschlossene Betriebe Betriebe gilt in der Regel ein Jahr in Bezug auf gilt in der Regel ein Jahr in Bezug auf die Lohnordnung die Gehaltsordnung 14 Vertragsparteien • Arbeitnehmer- ÖGB, Gewerkschaft Hotel, Gastge- ÖGB, GPA, Sektion Handel, Verkehr, • FILCAMS – CGIL: Federazione Italiana Lavoratori Commercio, Turismo e AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000 organisationen werbe, Persönlicher Dienst Vereine und Fremdenverkehr Servizi • FISASCAT – CISL: Federazione Italiana Sindacati Adetti Servizi Commerciali Affini e del Turismo • UILTUCS: Unione Italiana Lavoratori Turismo Commercio e Servizi • Arbeitgeber- Bundessektion Tourismus und Freizeitwirtschaft, Fachverband Gastronomie • Federalberghi: Federazione della Associazioni Italiane Alberghi e Turismo organisationen und Fachverband Hotellerie der Wirtschaftskammer Österreich • Fipe: Federazione italiana Pubblici Esercizi • Fiavet: Federazione Italiana delle Associazioni delle Imprese di Viaggio e Turismo • Faita: Federazione delle Associazioni Italiane de Complessi Turistico- KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH Ricettivo dell’Aria Aperta • Confcommercio: Conferderazione Italiana Generale del Commercio, Turismo e Servizi
TIROL SÜDTIROL Arbeiter Angestellte einheitlicher Kollektivvertrag für Arbeiter und Angestellte Vertragsbezeichnung Zusatzkollektivvertrag Arbeiter für das Gehaltsordnung für die Angestellten Territoriale Abkommen für die Betriebe im Bereich Tourismus und Gaststätten Bundesland Tirol in der Tiroler Hotellerie und Gastrono- „accordi territoriali delle aziende del settore turismo e pubblici esercizi“ Lohnordnung für die Arbeiter/innen in mie der Tiroler Hotellerie und Gastronomie Geltungsdauer und - ab 1. Mai 2000 ab 1. Mai 2000 Autonome Provinz Bozen – Südtirol, abgeschlossen am 1. Juli 1999; bereich Bundesland Tirol, Fachgruppe Ga- Bundesland Tirol, Fachgruppe Ga- Vertragsdauer: 31. Oktober 2001 stronomie sowie der Fachgruppe stronomie sowie der Fachgruppe Hotellerie in der Sektion Tourismus Hotellerie in der Sektion Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirt- und Freizeitwirtschaft der Wirt- schaftskammer Tirol angeschlosse- schaftskammer Tirol angeschlosse- ne Betriebe ne Betriebe gilt in der Regel ein Jahr in Bezug auf gilt in der Regel ein Jahr in Bezug auf die Lohnordnung die Gehaltsordnung Vertragsparteien 15 • Arbeitnehmer- • Gewerkschaft Hotel, Gastgewer- • ÖGB, GPA, Sektion Handel, • AGB/CGIL; LHFD (Allgemeiner Südtiroler Gewerkschaftsbund, Gewerk- organisationen be, Persönlicher Dienst Tirol, Verkehr, Vereine und Fremden- schaft Angestellte im Handel, Fremdenverkehr und Dienstleistungen) Landessekretariat Tirol und verkehr, Landesleitung Tirol • ASGB (Autonomer Südtiroler Gewerkschaftsbund) Vorarlberg • SGB/CISL: FISASCAT (Südtiroler Gewerkschaftsbund) AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000 • SGK/UIL: UILTUCS (Südtiroler Gewerkschaftskammer) • Arbeitgeber- Fachgruppe Gastronomie sowie Fachgruppe Hotellerie in der Sektion Hotelier- und Gastwirteverband Südtirols, Mitglied der „Federalberghi“ und organisationen Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Tirol der „FIPE“, die wiederum der „Unione Albergatori e Pubblici Esercenti“ der „Confcommercio“ angeschlossen sind, besonderer Status als provinziale Vereinigung Während die österreichischen Kollektivverträge spezifisch sind (Hotel-, Gast- und Schankgewerbe), ist der italienische Kollektivvertrag im Bereich Tourismus ein sektorenübergreifendes KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH Abkommen, das die Arbeitsbedingungen einer Reihe von Arbeitnehmern in den Bereichen Camping, Strand- und Badebetriebe, Gast- und Beherbergungsgewerbe, Cafés und Reisebüros regelt. Der persönliche Geltungsbereich der österreichischen Kollektivverträge und Lohntabellen unterscheidet zwischen Arbeitern und Angestellten. In Italien gelten Kollektivverträge für Arbeiter und Angestellte, was zudem durch die einheitliche Einstufung der beiden Arbeitnehmergruppen noch verstärkt wird.
Entgelt TIROL SÜDTIROL Bezeichnung Entgelt, Lohn (Arbeiter), Gehalt (Angestellte) italienisches Pendant: retribuzione Regelungsquellen • § 1152 ABGB • Art. 36 ital. Verfassung • Angestelltengesetz, (AngG) BGBl. 1996/262 • Art. 2099 Zivilgesetzbuch • Entgelt nach dem Ortsgebrauch bzw. Angemessenheit • nationaler Branchenkollektivvertrag Tourismus • Kollektivverträge • Landeszusatzabkommen Tourismus • Zusatzkollektivverträge (Lohn- und Gehaltstabellen) • Betriebsabkommen • Betriebsvereinbarungen und Betriebszusatzkollektivverträge Regelungsprinzipien Obwohl in Österreich (wie in Italien) der Kollektivvertrag das typische kollektive Der Art. 36 der italienischen Verfassung bestimmt die Prinzipien der Entlohnung: Instrument zur Festsetzung der Entgelthöhe ist, gibt es auch andere Rechtsquellen. Der § • Arbeitnehmer haben das Recht auf angemessene Entlohnung, 1152 ABGB bestimmt die Angemessenheit als Richtlinie für die Entgelthöhe, ebenso der • wobei sich die Angemessenheit nach der Qualität und Quantität der Arbeit richtet. § 6 des Angestelltengesetzes. Zunehmend wird in Österreich wie in Italien ein „weiter • In jedem Fall muss das Entgelt ausreichen, dem Arbeitnehmer und seiner Familie Entgeltbegriff“ verwendet, da der Arbeitsvertrag nicht bloß als Tausch von Arbeit und eine freie und würdige Existenz zu gewährleisten. Entgelt zu sehen ist. Entgeltleistungen sind auch dann zu entrichten, wenn keine Arbeits- leistung erfolgen kann. Entgelt Entgelte sind sämtliche Leistungen, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dafür erhält, dass er ihm seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Dies bedeutet, dass Bar- und Naturalentgelt darunter fallen, die Aufwandsersätze jedoch nicht. Neben den direkten Entlohnungsformen („retribuzione diretta“), die aus dem Tauschverhältnis resultieren, gibt es Sonderentgelte mit Fürsorgecharakter („retribuzione indiretta“), die in der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers wurzeln. 16 Entgeltsysteme Für die Mitarbeiter im Hotel- und Gastgewerbe gilt ein Mindestlohn in Höhe von 909,15 Euro. Grundsätzlich gilt im Hotel- und Gastgewerbe in Südtirol das Zeitlohnsystem. Lohn und Die Lohntabelle für Arbeiter/innen des Bundeslandes Tirol sieht bis zum 21.12.2000 in der Gehalt bestehen aus folgenden Elementen: Abteilung „Service“ zwei Lohnsysteme vor: • Grundentlohnung („paga base“): kollektivvertraglicher Mindestlohn, der von der • Der Garantielohn stellt ein gemischtes, auf Erfolgs- und Leistungslohn basierendes Einstufung abhängig ist. System dar. Garantielöhner haben Anspruch auf Prozentbeteiligung beim Umsatz • Kontingenzzulage („indennità di contingenza“): automatische Anpassung an die AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000 und einen garantierten Mindestbruttolohn. Basis ist die Berechnung eines prozentu- Lebenshaltungskosten, ist seit 1992 auf einem gleichbleibenden Fixbetrag einge- ellen Aufschlages auf den Konsum des Gastes. Die Umsatzprozente werden jedem froren. Die Anpassung erfolgt nunmehr in zweijährigem Abstand durch die einzelnen Arbeitnehmer nach seinen höchst persönlichen Umsätzen berechnet (sog. Erneuerung des Entlohnungsteils der Kollektivverträge. „Reviersystem“) oder nach den gemeinsamen Umsätzen der gesamten Abteilung • SLE/EDR „Sonderentlohnungselement/elemento distinto della retribuzione“: Ist eine (sog. „Tronc-System“). Die Beträge variieren je nach Betriebsgröße, wie aus der feste Zulage, die an alle Arbeitnehmer des Privatsektors ausbezahlt wird. Sie wurde Tabelle im Anhang ersichtlich wird. Das Garantielohnsystem wird eher abgebaut, mit zeitgleich mit der Abschaffung der automatischen Lohnangleichung vereinbart. der Kollektivvertragserneuerung 1998 ist im Bereich „Beherbergung“ nur mehr das • Zulage für den vertragslosen Zustand („indennità di vacanza contrattuale“): soll Festlohnsystem möglich. Arbeitnehmer vor zu langen Verhandlungen schützen. • Festlohnsystem: Das Festlohnsystem entspricht dem üblichen Zeitlohnsystem. Pro • Regionale und betriebliche Abkommen sehen zusätzliche, an die Produktivitäts- Abteilung kann nur ein Lohnsystem gelten. entwicklung des Sektors gebundene Entlohnungsbestandteile vor. Für Südtirol Die Höhe des festgelegten Mindestlohnes unterscheidet sich je nach dem gewählten System. beträgt die Summe 25,82 Euro. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Garantielohn niedriger ist als der Festlohn. Die Südtiroler KV-Parteien verhandeln über ein produktivitäts- und qualitätsorientiertes KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH Im Angestelltenbereich gilt das Festlohnsystem. Während bei den ersten beiden Beschäftigungsgruppen keine Senioritätssprünge vorgesehen sind, differiert bei den restli- lokales Zusatzabkommen. chen Beschäftigungsgruppen die Höhe der Mindestentlohnung nach Dienstjahren. Auch der Übergang von einer Verwendungsgruppe in die höhere hängt bei den Gruppen IV und V von den Dienstjahren ab.
Dienstzeitzulagen Arbeiter Angestellte Einheitliche Einstufung Arbeiter - Angestellte beschäftigte % des beschäftigte % des Der nationale Branchenkollektivvertrag sieht 6 Vorrückungen alle drei Jahre Jahre Mindestlohnes Jahre Mindestlohnes vor, sofern ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis bestanden hat. 3 101,5 10 102,5 Der Betrag richtet sich nach der Einstufung und liegt zwischen Lit. 60.000 6 103 15 105 bis 80.000. (30 - 41 Euro). 9 104,5 20 107,5 12 106 15 107,5 18 109 21 110,5 24 112 Sonderentgelte Remunerationen: Der nationale Branchenkollektivvertrag sieht vor: • Bei Arbeitern besteht eine Anwartschaft von 2 Monaten, bei • dreizehntes Monatsentgelt: Weihnachtsgeld, Angestellten fällt diese weg. Sonderregelungen für Saisonsbetriebe • vierzehntes Monatsentgelt: fällig am 30. Juni durch Zusammenzählung der Beschäftigungszeiten. • Anrecht: “Superminimi”: per Kollektivvertrag vereinbarte Überzahlungen, den öster- • Urlaubszuschuss bei Urlaubsantritt, reichischen Ist-Löhnen vergleichbar. • Weihnachtsremuneration: mit dem Novemberlohn, spätestens am 15. Dezember. • Zusätzliche Entgeltleistungen sind 17 • Überstundenzuschläge, Fremdsprachenzulage (sofern Anwendung ausdrücklich verlangt): 23,98 • Ergebnisprämien, Euro pro Monat/Sprache (Angestellte), 23,25 Euro (Arbeiter). • Gratifikationen, • Naturalien. Zusätzliche Entgeltleistungen für Arbeiter und Angestellte sind AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000 • Überstundenzuschläge, Der Südtiroler Landeszusatzvertrag sieht eine generelle Saisonszulage vor, • Nachtarbeitszuschläge, durch die Arbeitnehmer in den Genuss einer Erhöhung um 8% der kollektiv- • Fremdsprachenzuschläge, vertraglichen Entlohnungen kommen. • Gratifikationen, • Naturalien. Jubiläumszuschlag Gilt nach ununterbrochener Dienstzeit, der Bezugsbetrag ist das kollektiv- Gilt bei ununterbrochener Dienstzeit: vertragliche Mindestentgelt. • nach 10 Jahren ununterbrochenem Dienst: 1 Monatsentgelt • nach 15 Jahren ununterbrochenem Dienst: 1,5 Monatsentgelte • nach 10 Jahren 1 Monatsbezug • nach 20 Jahren ununterbrochenem Dienst: 2 Monatsentgelte • nach 15 Jahren 1,5 Monatsbezüge • nach 30 Jahren ununterbrochenem Dienst: 3 Monatsentgelte • nach 25 Jahren 2 Monatsbezüge KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH • nach 35 Jahren 2,5 Monatsbezüge • nach 40 Jahren 3 Monatsbezüge • nach 45 Jahren 4 Monatsbezüge
Die kollektivvertraglichen Mindestlöhne in Tirol und Südtirol Die Aussagekraft des Vergleiches der Entgelthöhen ergibt sich, wenn die Einstufungs- und Arbeitszeitregelungen berücksichtigt werden. Für die öster- reichischen Arbeitnehmer im Sektor Tourismus gilt ein Mindestlohn von 12.510 ATS = 909,15 Euro. (Berechnungsgrundlagen: 1 Euro = Lit. 1936,27, 1 Euro = ATS 13,76) Tirol Südtirol (Lohntabelle und Gehaltstabelle ab 1. Mai 2000) (Kollektivvertragliche Mindestlöhne ab dem Jahr 2000) ARBEITER ANGESTELLTE EINHEITLICHE EINSTUFUNG ARBEITER UND ANGESTELLTE Beherber- andere Service Küche ALLGEMEINER TEIL DES SEKTORENÜBERGREIFENDEN KOLLEKTIVVERTRAGES gung Tätigkeiten Ein- Ein- Kontingenz + nationale Mindest- „Südtiroler Min- Festlohn Garantielohn Festlohn Festlohn Festlohn Festlohn Grundlohn lokaler Zuschlag stufung stufung „SLE“ entlohnung destentlohnung“ Betriebe Betriebe < A 991,82 542,70 1534,52 25,82 1560,34 >10 Besch. 10 Besch. B 883,42 537,58 1421,00 25,82 1446,82 18 1 1364,09 1241,64 1288,15 1515,26 1041,78 1521,43 1 786,38 536,71 1323,09 25,82 1348,91 2 1212,57 1138,44 1025,79 1091,56 1370,63 985,46 1261,62 2 677,99 531,59 1209,58 25,82 1235,40 AFI/IPL - DOKUMENTATION 15/2000 3 1136,99 1095,20 1003,99 969,84 1250,36 947,67 1150,43 3 612,89 528,26 1141,15 25,82 1166,97 4 1068,67 1038,88 973,83 928,41 1129,36 909,15 1023,98 4 551,57 524,94 1076,51 25,82 1102,33 5 1003,99 953,48 923,32 978,19 1023,25 964,75 5 486,78 522,37 1009,15 25,82 1034,97 6 947,67 909,88 909,88 947,67 947,67 6 geh. 450,45 520,64 971,09 25,82 996,91 KOLLEKTIVVERTRAGSVERHANDLUNGEN IM TOURISMUS. TIROL UND SÜDTIROL IM VERGLEICH 6 436,21 520,51 956,72 25,82 982,54 7 378,38 518,45 896,83 25,82 922,65
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