Ökologische Waldwende: Wir packen an ! - Jahresrundbrief 2020 8. Stiftungs- am 12. Juni 2021 - Umweltstiftung Greenpeace

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Ökologische Waldwende: Wir packen an ! - Jahresrundbrief 2020 8. Stiftungs- am 12. Juni 2021 - Umweltstiftung Greenpeace
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                                       8. Stiftun ng
Jahresrundbrief 2020                             lu
                                       versamm i 2021
                                                  n
                                       am 12. Ju

06                 09              13
Forschung für      Friedens- und   Rückblick auf die
den Meeresschutz   Klimakampagne   Stiftungszahlen

Titelthema

Ökologische
Waldwende: Wir packen
an !
Ökologische Waldwende: Wir packen an ! - Jahresrundbrief 2020 8. Stiftungs- am 12. Juni 2021 - Umweltstiftung Greenpeace
Editorial

Liebe Stifterinnen und Stifter,
die Corona-Pandemie bestimmt noch               Bisher sind meine Stiftungskolleginnen
immer weite Bereiche unseres Lebens.            und ich zum Glück alle gesund durch
Wie viele Greenpeace-Menschen weltweit          die Krise gekommen. Wir fragen uns
arbeiten wir von zu Hause aus – und             aber oft, wie es wohl unseren Unter­
daran, unsere Themen Frieden, Natur-            stützerinnen und Unterstützern geht:
und Umweltschutz auch und gerade in             Sind alle wohlauf? Sind Sie wohlauf?
dieser Ausnahmezeit voranzubringen.             Werden wir gemeinsam am 12. Juni 2021
Der Umgang mit der Pandemie hat gezeigt,        die Stiftungsversammlung nachholen
dass ein schnelles und konsequentes             können, die wir leider in diesem Jahr
Handeln möglich ist. Genauso beherzt            absagen mussten?
müssen die Politik, Wirtschaft und wir alle
jetzt andere globale Herausforderungen          Vielleicht treffen wir uns ja nächsten
anpacken, vor allem den Klimaschutz!            Sommer in unserem „Zukunftswald
                                                Unterschönau“. Es ist natürlich zu früh,
Dank der großen Solidarität der Stiftungs-      um dazu etwas Verbindliches sagen zu
freundinnen und -freunde blicken wir auf        können. Aber bleiben wir zuversichtlich
ein überaus erfolgreiches Jahr zurück und       und hoffen auf ein großes, fröhliches
stehen finanziell sehr gut da. Dadurch          Wiedersehen 2021.
konnten wir wieder mehr als 30 Projekte
fördern oder selbst verwirklichen. Großartig!   Meine Kolleginnen und ich wünschen
Herzlichen Dank dafür!                          Ihnen von ganzem Herzen eine schöne
                                                Weihnachtszeit, und das Wichtigste:
Absoluter Höhepunkt 2020 war der Kauf           Bleiben Sie gesund!
eines Waldgebiets in Thüringen: Startschuss
für ein auf Jahrzehnte angelegtes Waldpro-      Ihre
jekt, das wir gemeinsam mit unserem Part-
ner Bergwaldprojekt e.V. realisieren wollen.
Die vergangenen extremen Sommer haben
überdeutlich gezeigt, dass wir bei der Nut-
zung unserer Wälder dringend umsteuern
müssen. Lesen Sie dazu unseren Leitartikel      Melanie Stöhr
auf den nächsten Seiten.                        Geschäftsführerin und Vorstand
Ökologische Waldwende: Wir packen an ! - Jahresrundbrief 2020 8. Stiftungs- am 12. Juni 2021 - Umweltstiftung Greenpeace
Weimar

                                                                          Erfurt
              Waldwende in                                                               Jena

              Deutschland                        Unterschönau
                                                                     Oberhof

                                                                                                                   Thüringen

Leuchtturmprojekt
Zukunftswald
Die Umweltstiftung Greenpeace            schen Wälder steht – und gerade           mehr Vorzeigebeispiele, an denen
und der Verein Bergwaldprojekt           deshalb enormes Potenzial für             sich andere Waldbesitzer*innen
sind seit September stolze Besit­        positive Veränderungen bietet!            orientieren können: „Gemeinsam
zer eines 200 Hektar großen                 Die Fehler der Forstwirtschaft,        mit unserem langjährigen​ Part-
Gebiets im Thüringer Wald.               gepaart mit der ebenfalls mensch­         ner Bergwaldprojekt e. V., der die
Damit haben wir Großes vor:              gemachten Klimakrise, rächen sich         Betreuung unseres Zukunftswalds
Es soll zu einem Vorbild für             in jüngster Zeit dramatisch: Laut         Unterschönau übernimmt, wol-
naturnahe Waldnutzung werden             dem aktuellen Waldzustandsbe-             len wir zeigen, wie eine naturnahe
und viele Nachahmer finden.              richt sind hierzulande vier von fünf      Waldnutzung aussehen kann, und
                                         Bäumen geschädigt. Allein 2018            ihren Wert für Natur und Gemein-
Zugegeben, sonderlich schön              bis 2020 wurden Waldflächen,              wohl herausstellen. So sind natur-
ist unser Wald nicht. Kein Natur­        etwa dreimal so groß wie Rügen,           nahe Wälder artenreicher, spei-
kleinod, das wir Ihnen für einen         komplett vernichtet. Vor allem            chern mehr CO₂ und erfüllen auch
Sonntagsausflug empfehlen wür-           Nadel­holz­plantagen vertrockne­          andere Funktionen wie die Bereit-
den. Das Forstgebiet „Hoher Berg“        ten, brannten nieder oder fielen          stellung von Trinkwasser besser“,
bei Unterschönau, das sich zwi-          im geschwächten Zustand dem               sagt Stiftungs­chefin Melanie Stöhr.
schen 500 und 860 Höhenmetern            Borken­käfer zum Opfer.                   „Die Verwandlung in einen gesun-
erstreckt, besteht größtenteils                                                    den Mischwald wird Jahrzehnte
aus Fichten in Monokultur. Alte          Höchste Zeit für eine                     dauern, doch wir denken bei die-
Bäume sind rar, es wurde sichtbar        Waldwende!                                sem Projekt groß und sehr lang-
zu viel abgeholzt und von Totholz        Greenpeace hat 2019 das Lö­sungs­         fristig. Auch deshalb passt es wun-
kaum eine Spur. Sie fragen sich:         papier „Wege aus der Wald­krise“          derbar zu uns!“
Warum investiert die Stiftung in         veröffentlicht und stellt als Erfolgs-         Was Dürreschäden angeht, ist
einen ökologisch verarmten Forst?        modell den Lübecker Stadtwald             un­­ser Wald bisher glimpflich da­
Ganz einfach, weil er mit seinem         vor, der seit 1994 naturnah bewirt-       von­gekommen, doch auf künftige,
stark vom Menschen geprägten             schaftet wird – und das ren­tabel.        wo­­möglich schlimmere Hitze- und
und übernutzten Zustand leider           Wir sind überzeugt: Um Verän-             Dür­re­perioden ist er nicht vor­be­
beispielhaft für die meisten deut-       derungen anzustoßen, braucht es           reitet: So fehlt durch die star­ken

Umweltstiftung Greenpeace Jahresrundbrief 2020                                                                       3
Ökologische Waldwende: Wir packen an ! - Jahresrundbrief 2020 8. Stiftungs- am 12. Juni 2021 - Umweltstiftung Greenpeace
Auflichtungen vielerorts der                Rot- und Rehwild schützen – die
 na­tür­liche „Sonnenschirm“, und              Verbissschä­den in unserem Wald-
 schwere Forstmaschinen haben                  gebiet sind leider beträchtlich.“
 den Boden verdichtet, sodass er                   In einem Langzeitmonitoring
 weniger Luft und Wasser spei-                 sollen Veränderungen und Erfolge
 chern kann. Der Mangel an Tot­                der vielfältigen Entwicklungsmaß-
 holz schadet sogar doppelt, denn              nahmen dokumentiert – und im
 das morsche Holz ist nicht nur                Sinne eines „gläsernen Walds“
 lebenswichtig für viele Pflanzen,             anderen Waldbesitzer*innen und
 Tiere und Pilze, es speichert auch            allen Interessierten jederzeit zu-
 Wasser und wirkt kühlend.                     gänglich gemacht werden. Ein
     Mit Hilfe von Freiwilligenein-            Zehntel des Gebiets wird sich
 sätzen, die das Bergwaldprojekt               selbst überlassen, um zu beob-
                                                                                                  Die starkwüchsige Fichte ist
 or­ga­nisieren wird, soll der Wald in         achten, wie es sich unbeeinflusst                mit einem Anteil von 25 Prozent
 den nächsten Jahren darin unter-              vom Menschen entwickelt.                         Deutschlands häufigster Baum.
 stützt werden, sich natürlicher zu                Grundsätzlich werden Eingriffe               Heimisch ist Picea abies im
                                                                                                kalt­feuchten Klima des hohen
 entwickeln. „Zur Steigerung der               im gesamten Wald auf ein Mini-                   Nordens und Gebirges. Zur
 biologischen Vielfalt und um die              mum reduziert, das gilt zunächst                 schnellen Holzernte wurde sie
 Anpassungsfähigkeit des Walds an              auch für die forstliche Nutzung:                 trotz­dem fast überall angebaut.

Neue Allianz für den Wald

Unser Zukunftswald Unterschönau soll Teil einer
größeren Bewegung werden, die sich zurzeit
zusammenfindet. Neben dem Bergwaldprojekt
und uns gehören ihr auch Greenpeace und andere
gleichgesinnte Organisationen an. Indem wir mit
diesem und weiteren guten Praxisb­eispielen vor-
angehen, wollen wir die nötige Waldwende in
Deutschland vorwärtsbringen. Neben Politik, Forst­
wirtschaft und -wissenschaft soll auch die breite
Öffentlichkeit angesprochen werden.
Wir halten Sie auf dem Laufenden!

   Mit Hilfe zur Selbsthilfe soll unser Wald
 natürlicher wachsen, artenreicher und
 anpassungsfähiger werden.

 den Klimawandel zu fördern, wer-              „In den kommenden Jahren dür-             Denn nur ökologisch wertvolle
 den wir standortheimische Bäu­me              fen wir nur sehr wenig Holz ent-          und stabile Wälder, die sich dyna-
 wie Buche, Eberesche, Bergahorn               nehmen. Es ist wichtig, die Bio-          misch an Umweltveränderun­     gen
 und Weißtanne pflanzen und aus-               masse im Wald zu erhöhen, so              anpassen können, sind letztlich
 säen“, kündigt der Geschäftsfüh-              stärken wir die Widerstandskraft          auch ökonomisch nachhaltig.
 rer des Bergwaldprojekts Stephen              des Ökosystems“, betont Wehner.              Mehr zum Thema unter:
 Wehner an und fügt hinzu: „Die                    Auch andere Wälder brauchen           greenpeace.de/presse/publikationen/
 jungen Bäume müssen wir gut vor               jetzt Hilfe zur Selbsthilfe – und Zeit.   wege-aus-der-waldkrise

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Ökologische Waldwende: Wir packen an ! - Jahresrundbrief 2020 8. Stiftungs- am 12. Juni 2021 - Umweltstiftung Greenpeace
OrcaLab

Hightech für den
Walschutz
Es sind Bilder, die berühren: Ein Orca-Weibchen
                                                               Orca-Wale in der Johnstone Strait
und ihr Junges schwimmen durch das flache Was­
ser. Das Kleine fällt etwas zurück. Als die Mutter
das bemerkt, stützt sie sich auf eine Flosse und             tiert – hören sie das leisere Echo entfernter Fische
wartet, bis es aufgeholt hat. Dann schwimmen sie             nicht mehr. „Das ist für die Tiere ein großes Problem“,
gemeinsam weiter. Solche spektakulären Aufnah­               sagt Walforscher Dr. Paul Spong. Doch zum Glück
men werden möglich durch die neuen Unterwas­                 gibt es das OrcaLab: Mit ihren Erkenntnissen konnten
ser-Kameras, die das OrcaLab auf Hanson Island in            Spong und sein Team geeignete Schutzzonen identifi-
Kanada dieses Jahr aufgestellt hat. Die Umweltstif­          zieren und poli­tisch mit durchsetzen. Seit einigen Jah-
tung unterstützt die kleine For­schungs­station von          ren nimmt die Zahl der Northern Residents wieder zu.
Dr. Paul Spong bereits seit über zehn Jahren.                    Obwohl in diesem Sommer keine Freiwilligen aus
                                                             dem Ausland kommen konnten, war es dennoch
Die Kameras und neuen Unterwassermikrofone, die              eine erfolgreiche Saison für die Station: Helferinnen
die Umweltstiftung mitfinanziert hat, liefern eine viel      und Helfer aus Kanada übernahmen viele Aufgaben.
bessere Qualität von Daten über die Population der           So konnte der Besuch der Walfamilien wie üblich do-
„Northern Residents“. Sie zeigen, wie die rund 300           kumentiert werden. 2020 startete auch eine vielver-
Orcas, die im Sommer durch die Johnstone Strait zie-         sprechende Kooperation des OrcaLabs mit anderen
hen, durch mehrere Faktoren gefährdet sind, die sich         Walschutz-Stationen an der Küste von British Co-
gegenseitig verstärken. Da ist zum einen der zuneh-          lumbia: Alle nutzen nun die gleichen modernen Un-
mende Schiffsverkehr mit seinem Motorenlärm, zum             terwassermikrofone, tragen ihre Daten zusammen
anderen nehmen die Lachsbestände, die Nahrungs-              und stellen sie Forscher*innen zur Verfügung. Da-
grundlage der Wale, durch Fischerei und Staudämme            durch lassen sich Einflüsse wie Unterwasserlärm für
ab. Die verbliebenen Fische können die Orcas wegen           die gesamte Region systematisch auswerten – und
des Lärms schwerer finden. Denn sie lokalisieren             neue Schutzzonen noch besser begründen.
ihre Beute mit Klicklauten. Unter dem Dröhnen der            orcalab.org
Schiffsmotoren – durch die Mikrofone gut dokumen-

  Aufgezeichnete Walrufe werden abgehört und dokumentiert.       Unsere Themenfonds
                                                                   Sie können Ihre Zustiftung einem bestimmten Zweck
                                                                 widmen. Wir freuen uns aber auch über zweckungebun­
                                                                 dene Spenden in den Allgemeinen Stiftungsfonds. Daraus
                                                                 werden auch Projekte zur Friedensforschung finanziert.

                                                                              Allgemeiner Stiftungsfonds

                                                                              Wald- und
                                                                              Biotop­­schutz Fonds

                                                                              Meeresschutz Fonds

                                                                              Artenvielfalt und
                                                                              Tierschutz Fonds

                                                                              Klimaschutz und Umwelt­
                                                                              technologie Fonds
Umweltstiftung Greenpeace Jahresrundbrief 2020                                                                            5
Ökologische Waldwende: Wir packen an ! - Jahresrundbrief 2020 8. Stiftungs- am 12. Juni 2021 - Umweltstiftung Greenpeace
Nordsee-Schiffstour
            von Greenpeace

Methan-Lecks in
100 Metern Tiefe
                                                                             Dieses und ein zweites Methan-Leck
Nur Wellen und Weite bis zum Horizont – das ist                            konnten mit Hilfe des Tauchroboters
das Ideal der Nordsee. Doch in Wirklichkeit ist das                        (Foto unten) dokumentiert werden.
Meer ein Industriepark.

Fast 700 Öl- und Gasförderanlagen stehen hier.          finanziell an der Miete für einen wichtigen Tauchro-
Durch ihren regulären Betrieb gelangt pro Jahr so       boter. Dieser kann bis zu 500 Meter tief tauchen,
viel Öl ins Wasser wie bei einem Tankerunglück. Die     beste Video- und Fotoaufnahmen liefern und pro
Förderung heizt zudem den Klimawandel an. Um auf        Tauchgang fünf Bodenproben nehmen. „Der Robo-
diese doppelte Gefahr aufmerksam zu machen, star-       ter ist enorm wichtig, um die Zustände unter Wasser
tete Greenpeace im Sommer eine Schiffstour durch        zu dokumentieren“, sagt Dr. Sandra Schöttner, Mee-
Nordsee und Nordatlantik mit der „Esperanza“ und der    resbiologin bei Greenpeace. Der Aufwand hat sich
„Rainbow Warrior“. Die Umweltstiftung beteiligte sich   gelohnt: Unter anderem konnte der Tauchroboter in
                                                        100 Metern Tiefe die Ausmaße zweier Methan-Lecks
                                                        filmen. Sie wurden vor 30 Jahren von Mobil North Sea
                                                        (heute Exxon Mobil) im britischen Gebiet verursacht,
                                                        und bis heute sprudelt das Gas dort aus zwei 15 und
                                                        50 Meter großen Kratern. Methan ist 28-mal klima-
                                                        schädlicher als Kohlendioxid, kleinere Lecks kommen
                                                        bei Bohrungen häufig vor. Greenpeace informierte
                                                        die Öffentlichkeit über diese Gefahr und forderte, die
                                                        Förderung von Öl und Gas im Nordatlantik generell
                                                        zu beenden.
                                                        greenpeace.de/themen/meere/methan-leck-der-nordsee

            Meeres­                  sonst schwer zu finden sind, wie      ein weltweites Netz von Meeres­
            forschung                den Zwergpottwal. Möglich wurde       schutzgebieten für das Leben in
                                     dies durch den Einsatz innovativer    unseren Ozeanen ist. Auch die
                                     Methoden wie der Analyse von          Aufnahmen von Unterwassermi-
Marinem Leben                        Genpartikeln aus Wasserproben.        krofonen enthüllten Bemerkens-

auf der Spur                         Das ist nur ein Ergebnis des Mee-
                                     resforschungsprogramms, das die
                                                                           wertes. Unter anderem konnten
                                                                           drei Walrufe keiner bekannten
                                     Umweltstiftung Greenpeace wäh-        Art zugeordnet werden. Die Ana-
41 Fisch- und Walarten entdeck-      rend der Greenpeace-Schiffstour       lyse der umfangreichen Daten
ten Forscherinnen und Forscher       von Pol zu Pol 2019 finanziert hat.   durch Forscher*innen dauert an.
am Tiefseeberg Vema im Süd-          Entstanden ist ein riesiger Daten-    umweltstiftung-greenpeace.de/
ostatlantik – darunter viele, die    schatz, der belegt, wie wichtig       meeresforschung-hochseeschutz

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Ökologische Waldwende: Wir packen an ! - Jahresrundbrief 2020 8. Stiftungs- am 12. Juni 2021 - Umweltstiftung Greenpeace
20 Jahre Wölfe in Deutschland                                    Das Interview

Mehr Herdenschutz!
Gesa Kluth betreibt mit Ilka Reinhardt das LUPUS-Institut für
Wolfs­monitoring und -forschung in Sachsen und begleitete die                                         Verantwortet mit
                                                                                                      ihrer Kollegin das
Wiederbesiedlung Deutschlands durch Canis lupus von Anfang
                                                                                                      Wolfsmonitoring
an. Wir haben mit der Biologin über die bisherige und aktuelle                                        in Sachsen:
Entwicklung gesprochen.                                                                               Gesa Kluth.

Frau Kluth, vor 20 Jahren grün­          Angenommen, ein Ausnahmewolf          für einen Wolf. Daher reicht es
dete sich die erste Wolfsfamilie         hat trotz gutem Herdenschutz          nicht, dass Länder einen Zaun för-
in der Lausitz. Zuletzt wurden           wiederholt Schafe gerissen und        dern, sie müssen durch Beratung
deutschlandweit 128 Rudel,               wird zum Abschuss freigegeben.        und praktische Hilfe vor Ort auch
35 Paare und 10 Einzeltiere              Wie soll man genau ihn im Feld        sicherstellen, dass er richtig einge-
gezählt. Ist die Rückkehr der            erkennen? Insofern finden wir         setzt wird. Nur so können Tierhal-
Wölfe eine Erfolgsgeschichte?            von LUPUS den pragmatischen           terinnen und Tierhalter ihre Herde
Ja, es ist großartig, wie sie sich       Ansatz des Gesetzes richtig, dass     gut schützen.
bei uns etabliert und ausgebreitet       der Abschuss eines Wolfs erfolgen
haben! Die Wölfe haben gezeigt,          darf, der kurz nach einem erneu-
dass sie dazugehören und in unse-        ten Übergriff in der Nähe auf-
rer Kulturlandschaft klarkom­men.        taucht, also in einem engen räum-
Mich fasziniert immer wieder, wie        lich-zeitlichen Zusammenhang
einige es schaffen, hunderte Kilo-       mit dem Rissereignis steht. Wurde
meter weit zu wandern. Anhand            trotzdem der falsche erwischt, und
von gesammelten Genproben kön-           die Schäden gehen weiter, braucht
nen wir ihre Wege nachvollziehen.        es eine neue einzelne Abschusser-
                                         laubnis. Dass so nach und nach ein
Der Monitoringaufwand ist hoch.          ganzes Rudel getötet wird, ist zwar
Sie haben mit Hilfe der Umwelt­          möglich, aber unwahrscheinlich.
stiftung in der Lausitz erforscht,           Wir sehen jedoch mit Sorge,
wie sich die Spurensuche effekti­        wie Interessengruppen und ein-
ver gestalten lässt. Ein zentrales       zelne Politiker*innen die Neure-
Ergebnis in Kürze?                       gelung missinterpretieren. Ihnen
Wir konnten zum Beispiel belegen,        geht es darum, mehr Wölfe schie-
dass die Chance, Wolfslosung zu          ßen zu können, anstatt den Her-
finden, von Januar bis April am          denschutz zu verbessern. Dieser
höchsten ist. Weil die Tiere dann        ist aber essenziell – es muss mehr    Sehen Sie auch in puncto Auf­
großflächig in ihren Territorien         für Herdenschutz getan werden!        klärung der breiten Bevölkerung
unterwegs sind und überall Mar-                                                noch Handlungsbedarf?
kierungen hinterlassen.                  Was schlagen Sie vor?                 Da muss ich das Kontaktbüro
                                         Beispiel Elektrozäune: Wir haben      „Wölfe in Sachsen“ loben, das
Konfliktfrei ist die Geschichte          selbst drei „Rasenmäherschafe“ zu     2004 nur dazu geschaffen wurde,
nicht, Stichwort Nutztierrisse.          Hause im Garten, geschützt durch      die Menschen in der Region zu
Am 13. März trat ein verschärf­          einen Elektrozaun. Aber bei tro-      informieren und zu beraten. Ich
tes Bundesnaturschutzgesetz              ckenem Boden klappt die Erdung        wünsche mir mehr Einrichtungen
§ 45a in Kraft, das im äußersten         nicht, und wenn hohes Gras die        dieser Art bundesweit!
Fall den Abschuss eines ganzen           Drähte berührt, ist die Spannung      umweltstiftung-greenpeace.de/
Rudels ermöglicht!                       zu niedrig – wenig abschreckend       projekte/wolfsschutz

Umweltstiftung Greenpeace Jahresrundbrief 2020                                                                         7
Ökologische Waldwende: Wir packen an ! - Jahresrundbrief 2020 8. Stiftungs- am 12. Juni 2021 - Umweltstiftung Greenpeace
Boreale Wälder in Kanada                                       setzt sich die Organisation direkt
                                                                            für bedrohte Arten wie das Ka-
                                                                            ribu ein und verklagt erfolgreich
                                                                            Provinzregierungen, wenn diese

Heimat der First                                                            staatliche Vorgaben zum Wald-
                                                                            und Artenschutz nicht umsetzen.
                                                                                Auch Greenpeace Kanada

Nations schützen                                                            setzt sich gemeinsam mit den
                                                                            First Nations für den Schutz der
                                                                            borealen Wälder ein. Die Umwelt­
Endlose, unberührte Wälder und eine einmalige Tierwelt –                    stiftung Greenpeace fördert die
das ist das Traumbild von Kanada. Doch tatsächlich werden                   Wald-Kampagne seit vielen Jah-
die borealen Wälder immer stärker zerstört durch Abholzung                  ren. In diesem Jahr wies eine von
und andere wirtschaftliche Nutzung. Ein Indikator dafür ist                 Greenpeace mitfinanzierte, viel
das Waldkaribu – ein Nationalsymbol Kanadas: Die Rentier­art                beachtete Studie das Ausmaß
ist bereits vom Aussterben bedroht.                                         der Abholzung in Kanada und
                                                                            die Auswirkungen auf das Klima
                                                                            nach. Große Brände verschär-
                                                                            fen den Effekt noch. Die riesigen
                                                                            kanadischen Wälder entwickeln
                                                                            sich dadurch vom CO₂-Speicher
                                                                            zum „Super-Emittenten“. Auch für
                                                                            den Artenschutz sind die borea-
                                                                            len Wälder essenziell: 500 Tier-
                                                                            und Pflanzenarten sind in Kanada
                                                                            vom Aussterben bedroht. Doch es
                                                                            gibt Hoffnung: Greenpeace über-
                                                                            zeugte die kanadische Regierung,
                                                                            sich bei der UN-Artenschutzkon-
                                                                            ferenz 2021 da­  für einzusetzen,
                                                                            30 Prozent der weltweiten Natur-
                                                                            flächen zu schützen. Das ist be-
                                                                            sonders bedeutsam, weil das Büro
                                                                            des UN-Artenschutzabkommens
Mit gleich zwei Projekt­förderungen   Heimat in den borealen Wäldern.       in Kanada sitzt. Der Beschluss
vor Ort hilft die Umweltstiftung      Aktuell ruft die Stiftung unter an-   wäre ein wichtiges Signal zum
Greenpeace, diesen einmaligen         derem einen National Indigenous       Schutz der Wälder – in Kanada
Lebensraum zu bewahren. Eine          Youth Forest Ambassadors Circle       und weltweit.
Schlüssel­rolle spielen dabei die     ins Leben: 25 junge Menschen aus      davidsuzuki.org
indigenen First Nations.              5 Provinzen ent­  wickeln gemein-     greenpeace.org/canada/en/story/40063
    Neu ist in diesem Jahr die        sam ihre Visionen für ihr Land und
Förderung der David Suzuki            vertreten sie öffent­lich. Außerdem
Foundation – ermöglicht durch
die groß­ zügige finanzielle Un-
                                        Die Tsleil
terstützung der „Stiftung Zukunft     Waututh Nation
Jetzt!“. Die vom Wissenschaftler      führen einen
und Um­­­welt­aktivisten David Su-    Protestmarsch
                                      gegen den Ausbau
zuki gegründete Stiftung fördert      einer Ölpipe­line
unter anderem den Kampf der           an – tausende
First Nations für ihre Landrechte     Menschen sind
                                      dabei.
und gegen die Ausbeutung ihrer

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Ökologische Waldwende: Wir packen an ! - Jahresrundbrief 2020 8. Stiftungs- am 12. Juni 2021 - Umweltstiftung Greenpeace
UN’ALTRA.                   Friedens- und Klimakampagne

 FONDI  PUBBLICI
   Tod und          PER ATTIVITÀ
            Zerstörung,
UTTIVE,
   madeCHIEDIAMO
         in Europe    AL GOVERN
ARTIRE DALLA SALUTE.
   Stell dir vor, es ist Krieg – und Europa liefert die Waffen. Dieses Szena-
   rio ist leider traurige Realität. Im Jemen beispielsweise sind Waffen des
   deutschen Konzerns Rheinmetall im Einsatz, produziert in einem Werk
                                                                                                          LA BATTAGLIA
                                                                                                          DA COMBATTERE
                                                                                                          È UN’ALTRA.
   in Italien. Greenpeace Deutschland und Greenpeace Italien haben des-                                   BASTA FONDI PUBBLICI PER ATTIVITÀ
                                                                                                          DISTRUTTIVE, CHIEDIAMO AL GOVERNO
   halb eine gemeinsame Kampagne gegen Waffenexporte gestartet – mit                                      DI RIPARTIRE DALL’ISTRUZIONE.

   besonderem Augenmerk auf Krisenregionen, in denen der Klimawandel
   gesellschaftliche Spannungen verstärkt. Die Umweltstiftung finanziert

                                                                                         LATTE CREATIVE
   eine Kampaignerstelle im italienischen Greenpeace-Büro.
       Doch kurz vor dem Start im Frühjahr traf COVID-19 Italien mit vol-
   ler Wucht. Greenpeace musste umdenken und reagierte flexibel – mit
   einer starken Plakat-Kampagne. Titel: „Healthcare not warfare“. Die For-
   derung: Militärausgaben für 2021 müssen umgewidmet werden für Ge-                                           PARTECIPA ANCHE TU SU
                                                                                                               RESTART.GREENPEACE.IT

   sundheit, Bildung und Umweltschutz. Denn das schafft wirklich Sicher-
   heit. Jetzt ist die Chance, das politisch durchzusetzen.
   greenpeace.org/italy/storia/12063
                                                                                                          LA BATTAGLIA
                                                                                                          DA COMBATTERE
                                                                                                          È UN’ALTRA.
                                                                  „Eine andere                            BASTA FONDI PUBBLICI PER ATTIVITÀ
                                                                                                          DISTRUTTIVE, CHIEDIAMO AL GOVERNO
                                                                Schlacht muss                             DI RIPARTIRE DALL’AGRICOLTURA ECOLOGICA.

                                                                geschlagen werden.
                      LA BATTAGLIA                              Keine öffentlichen
                                                                                         LATTE CREATIVE

                                                                Mittel für Kriegshand­
                      DA COMBATTERE                             lungen. Wir fordern
                                                                die Regierung auf, die
                      È UN’ALTRA.                               Gesundheit ins Visier
                                                                zu nehmen.“
                      BASTA FONDI PUBBLICI PER ATTIVITÀ
                      DISTRUTTIVE, CHIEDIAMO AL GOVERNO
                                                                Krankenwagen statt
                                                                                                               PARTECIPA ANCHE TU SU

                      DI RIPARTIRE DALLA SALUTE.                                                               RESTART.GREENPEACE.IT

                                                                Panzer, Pflanzen statt
                                                                Pistolen: Greenpeace
                                                                macht deutlich, was
                                                                wirklich zählt.
                                                                                                          L’ENERGIA
     LATTE CREATIVE

                                                                                                          DEL FUTURO
                                                                                                          È UN’ALTRA.
                                                                                                          BASTA FONDI PUBBLICI PER ATTIVITÀ
                                                                                                          INQUINANTI, CHIEDIAMO AL GOVERNO
                                                                                                          DI RIPARTIRE DALL’ENERGIA PULITA.
                                                                                         LATTE CREATIVE

                                                                                                               PARTECIPA ANCHE TU SU
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Ökologische Waldwende: Wir packen an ! - Jahresrundbrief 2020 8. Stiftungs- am 12. Juni 2021 - Umweltstiftung Greenpeace
Nuclear Free Future Award                   Jahr den Nuclear Free Future Award in der Katego-
                                                        rie „Widerstand“. Die Umweltstiftung unterstützt den
                                                        Preis mit 5.000 Euro. Der Journalist Fedor Maryasov
                                                        machte die Pläne des staatlichen Nuklearkonzerns
Unerschrockener Einsatz                                 für ein unterirdisches Endlager in Sibirien publik.

gegen Atomkraft                                         Dafür setzte ihn der Geheimdienst unter Druck, seine
                                                        Wohnung wurde durchsucht, und der Staat ermittelt
                                                        gegen ihn wegen „Extremismus“.
Wer sich in Russland gegen Atomkraft einsetzt,              Der Jurist und Professor Andrey Talevlin von
braucht Mut. Zwei Männer geben trotz Einschüch-         der Universität Tscheljabinsk engagiert sich gegen
terungen nicht auf – und erhielten dafür in diesem      Russlands Import von Atommüll, unter anderem
                                                        aus Deutschland. 2015 wurde er dafür vom Staat
                                                        als „ausländischer Agent“ eingestuft. In diesem Jahr
                                                        organisierte Talevlin gemeinsam mit anderen ei-
                                                        nen Offenen Brief an Angela Merkel und Wladimir
                                                        Putin: 47 NGOs aus Russland, Deutschland und den
                                                        Nieder­landen fordern den Stopp der Lieferungen von
                                                        abgereichertem Uran aus der Uranfabrik Urenco in
                                                        Gronau nach Sibirien.
                                                        nuclear-free.com

                                                          Die Preisträger Fedor
                                                        Maryasov und Andrey Talevlin
                                                        aus Russland

            Arche Warder

 Ein Kreis schließt sich:
„Abschied“ von der Hofstelle                                                   Zur Hofstelle gehört das Tierschau­
                                                                             haus, das die Stiftung mit einer Photo­
                                                                             voltaik-Anlage ausstatten ließ.
Im Oktober hat der Arche Warder      tig entwickelt hat und inzwischen
e. V. die zum Tierpark gehörige      finanziell solide dasteht.
Hofstelle von der Umweltstiftung         2003 retteten Greenpeace e.V.       wald in Thüringen“, sagt Stöhr.
Greenpeace erworben. Zu dem          und die Umweltstiftung den Tier-        „Wir bleiben unserem langjährigen
ehemaligen Bauernhof-Ensemble        park vor der Insolvenz. Die Stiftung    Herzensprojekt aber verbunden!“
zählen das Eingangsgebäude mit       kaufte die Hofstelle, verpachtete           Die Corona-Krise hat der Tier-
Hofladen, Büros und Quarantä-        sie an den Verein Arche Warder –        park bisher gut verkraftet, auch
nestation, das Tierschauhaus und     Zentrum für alte Haus- und Nutz-        dank der Solidarität der Stifterin-
das verpachtete Restaurant.          tierrassen e.V. und sorgte für die      nen und Stifter: Rund 60.000 Euro
    „Dieser Schritt war lange ge-    Renovierung und Instandhaltung          sind als Futterspende für die Esel,
plant, und es macht absolut Sinn,    der Gebäude. Darüber hinaus hat         Rinder, Schafe und Co. zusam-
dass die Wiesen, Weiden und die      die Stiftung das Projekt all die        mengekommen, vielen Dank da-
Hofstelle nun wieder eine Ein-       Jahre großzügig unterstützt. „Nun       für! Unterstützen Sie das Zentrum
heit bilden“, sagt Stiftungschefin   ist es an der Zeit, dass wir uns        bitte zukünftig direkt, zum Beispiel
Melanie Stöhr, erfreut darüber,      stärker anderen großen Projekten        durch eine Tierpatenschaft.
dass sich das Projekt so großar-     widmen wie etwa dem Zukunfts-           arche-warder.de

10
Scouts go Solar

Die Jugend
ist nicht zu
bremsen
                                                           Junge Scouts bei einem Solar-Workshop in Rio de Janeiro

Wer schafft es, nur per Online-Anleitung einen
Solarkocher zu bauen? Pfadfinder*innen!
                                                         „Ich habe gelernt, wie ich Sonnen­energie in mei-
Bei dem Projekt „Scouts go Solar“ der Schweizer          nem Alltag nutzen kann und wie wichtig das für die
Organisation Solafrica werden Pfadfinderleiter*in-       Umwelt ist“, berichtet ein junger Teilnehmer namens
nen aus der ganzen Welt zu Botschafter*innen für         „Ko“ (die Pfadfinder*innen haben oft Spitznamen).
die Solarenergie ausgebildet. Der von uns unter-         Solche und ähnliche Projekte fanden in 42 Ländern
stützte zentrale Lehrgang konnte zwar in diesem          statt, mit ins­gesamt 20.000 Teilnehmerinnen und
Jahr nur digital stattfinden, ebenso wie viele Pro-      Teilnehmern. „Scouts go Solar“ wurde nun auch offi-
jekte in den Ländern. Doch der Enthusiasmus der          ziell in das Umweltprogramm der Weltpfadfinderor-
jungen Menschen ist einfach nicht zu bremsen. In         ganisation aufgenommen – ein toller Erfolg. Und das
Mexiko beispielsweise organisierten sie gleich einen     Projekt wächst weiter: Wegen der großen Nachfrage
siebenwöchigen Online-Kurs und zeigten, was man          soll es in Zukunft auch Trainings auf den einzelnen
alles mit Sonnenenergie betreiben und selbst bauen       Kontinenten geben.
kann: Solar-Uhren, Solar-Kocher, sogar Solar-Kunst.      solafrica.ch/scouts-go-solar

              Überlinger Weltacker                                             weitere Milliarden Menschen er-
                                                                               nähren – wenn wir sorgsamer mit
                                                                               ihnen umgehen, weniger Essen
                                                                               wegwerfen und mehr für den ei-
Äcker der Welt auf 2.000 m2                                                    genen Teller anbauen. Uns hat die
                                                                               Sichtweise auf dieses Thema be-
Wussten Sie, dass weltweit wenige Kulturpflanzen dominieren? Allein            eindruckt, weshalb wir den Aufbau
Weizen, Mais und Reis belegen rund ein Drittel aller Anbauflächen! Idee        des gemeinnützigen Projekts un-
des „Weltackers“ ist es, die globale Agrarlandschaft im Kleinen zu zei-        ter Trägerschaft des Vereins Mer-
gen. Über 50 der wichtigsten Nutzpflanzen wurden in Überlingen am              curialis e.V. gern unterstützten.
Bodensee auf 2.000 m2 maßstabsgetreu nachgepflanzt. Teilte man das             ueberlinger-weltacker.de
Ackerland der Erde gerecht auf, würden jedem Menschen etwa 2.000 m2
für Nahrung, Genussmittel, Textilfasern et cetera zustehen. Doch der
Schauacker verdeutlicht: Die Verteilung ist nicht gerecht, es kommt auf
den Lebensstil an: Zum Beispiel beansprucht der Konsum bestimmter
tierischer Produkte viel Fläche für den Futteranbau.
    Die erste Saison war mit über 5.500 Besucher*innen ein Erfolg, ob-
wohl das Bildungsprogramm für Schulklassen coronabedingt vorwie-
gend online stattfand. Eine Botschaft, die das interdisziplinäre Projekt-
team auch kommende Saison vermitteln will: Die Äcker der Welt könnten

Umweltstiftung Greenpeace Jahresrundbrief 2020                                                                       11
Stifterhain im Schwarzwald

Streuobstprojekt
bekommt Zuwachs
Für jede neue Stifterin und jeden Stifter pflanzen wir
als Dankeschön einen Baum. Nachdem wir zwischen-
zeitlich die Arche Warder bei Kiel begrünt haben, sind
wir wieder zurück in Forbach im schönen Murgtal, wo
ab 2002 unser Streuobstprojekt Stifterhain entstand.
                                                             Zukunft pflanzen: neue Stifterbäume für unser
Nun haben wir eine angrenzende Fläche mit einem           vielfältiges Streuobstprojekt.
kleinen Altbaumbestand dazugepachtet. Seit wenigen
Wochen schlagen hier 83 Obstbäume des Stifterjahr-
gangs 2019 neue Wurzeln, darunter der Ulmer Poli-         Verein der Ziegenfreunde zur Landschaftspflege Ber-
zeiapfel, die Goldparmäne und Gellerts Butterbirne.       mersbach wie zuvor um die Pflege der Flächen. Mit
Zu Äpfeln, Birnen, Pflaumen, Kirschen und Marillen        einer Vogelschutzhecke wird das Biotop zusätzlich
gesellten sich auch einige südländische Arten wie         aufgewertet. Dank Ihrer Unterstützung bewahrt die
Mandeln und Feigen. Und neben vielen alten Sor-           Umweltstiftung Greenpeace ein nunmehr 5,4 Hektar
ten sorgen einige jüngere für Vielfalt. Revierförster     großes Stück alte und artenreiche Kulturlandschaft.
Hans-Jörg Wiederrecht kümmert sich mit seinem             umweltstiftung-greenpeace.de/projekte/stifterhain

Gemeinwohl / Finanzen

Geld wirkt.                           wir neben einer finanziellen Risi-
                                      koabwägung auch die Wirkung
                                                                                Selbst Investitionen, die so mög-
                                                                                licherweise keinen monetären
Immer!                                der Geldanlage auf Umwelt und             Gewinn erwirtschaften, sind dem-
                                      Gesellschaft berücksichtigen. Den         nach sinnvoll, da sie eine hohe
Wussten Sie, dass die Umweltstif-     Grundsatz der ethischen, sozia-           „Gemeinwohlrendite“ erzielen, die
tung Greenpeace auch als Investo-     len und ökologischen Geldanlage           sich für uns alle auszahlt. Aktuel-
rin die Umwelt schützt? Und zwar      haben wir deshalb bereits in unse-        les Beispiel ist unser Zukunftswald
durch die Anlage des Geldes, das      rer Satzung festgeschrieben. Seit         Unterschönau in Thüringen: Er
Sie uns in Form von Zustiftungen      einigen Jahren gibt es nun den            bringt zunächst einmal kein Geld,
oder Darlehen anvertrauen. Für        Begriff „Gemeinwohlökonomie“.             dafür aber einen Gewinn für Klima
uns ist es selbstverständlich, dass   Hierbei wird der „Fußabdruck“             und Artenschutz. Ein nachhaltiger
                                      bewertet, den das Handeln von Fir-        und naturnaher Umgang wird den
                                      men oder Institutionen für die All-       Wald in einigen Jahren auch wie-
                                      gemeinheit hat: Stärken sie soziale       der ökonomisch nutzbar machen.
Wenn Sie mehr über das                Absicherung und Menschenwürde,            Geld kann viel Gutes bewirken –
Thema Geldanlage mit Sinn             Erhalt der Artenvielfalt, Klimaschutz     wenn man es richtig einsetzt. Bei
wissen wollen:                        und nachhaltige Landwirtschaft?           der Umweltstiftung Greenpeace
VenGa e.V. – Verein zur               Oder schaden sie eher? Jedes wirt-        können Sie sich darauf verlassen.
Förderung ethisch-                    schaftliche Handeln muss sich am              Weitere Infos und Tipps:
nachhaltiger Geldanlagen              Nutzen für die Allgemeinheit orien-       umweltstiftung-greenpeace.de/stiftung/
venga-ev.org                          tieren und zum Wohle aller wirken.        grüne-geldanlage

12
Die Stiftungszahlen 2019                                       erhalten. Letztendlich werden unsere Projekte, aber
                                                                 auch alle Ausgaben, die den Betrieb der Stiftung erst
                                                                 möglich machen, ausschließlich mit den Erträgen und
  Oft werden wir gefragt: Was ist der Unterschied                Zinsen aus dem Stiftungskapital sowie den Stifterdar-
  zwischen Spende und Zustiftung? Welches Geld                   lehen finanziert. Gemeinsam mit Ihren Spenden müs-
  wird für den Satzungszweck der Stiftung, also für              sen wir diese zeitnah, das heißt innerhalb von zwei
  die Projekte, ausgegeben?                                      Jahren, ausgeben. Dabei verwenden wir 76 % für die
                                                                 Projekte und 24 % für das Stiftungsmanagement, z.B.
  Fundament unserer Arbeit ist das Stiftungskapital, das         für Personal, Publikationen und den Jahresabschluss.
  dank Ihrer Zustiftungen stetig wächst. Auch Erbschaf-              Das Stiftungskapital ist also der Garant für unsere
  ten und Schenkungen (z.B. Immobilien, Wertpapiere)             Zukunft. Je mehr es anwächst, umso mehr Projekte
  gehören zum Stiftungsvermögen. Wichtig ist: Das                können wir zukünftig unterstützen.
  Stiftungskapital und alle Einnahmen, die dort hinein-              Mehr Infos zu unserer Bilanz 2019 finden Sie unter
  fließen, werden nicht ausgegeben, sondern bleiben              umweltstiftung-greenpeace.de/stiftung/bilanz

                     Einnahmen zur zeitnahen Verwendung
                     § Spenden 32 %
                     § Zinsen/Erträge aus Stiftungskapital und Darlehen 37 %
                     § Projektrücklage aus Erbschaften 31 %

                     2.037.000 Euro

                                                                                                Ausgaben
                                                                                                § Unsere Projekte 76 %
                                                                                                § Ausgaben für Stiftungsmanagement 24 %

                                                                                                1.563.000 Euro

Darlehen in 2019
4.854.000 Euro
Stifterdarlehen
11.431.000 Euro                                                  Bleibt stets unangetastet!

                     Einnahmen Stiftungskapital 2019
                     § Zustiftungen 88 %
                     § Erbschaften 12 %

                     3.267.000 Euro

                     Stiftungskapital
                     21.897.000 Euro                                                          818
                                                                                              Stifterinnen und Stifter, davon
                                                                                              83 neue in 2019
Artenschutzhaus Melle

Wilde Hausgäste
willkommen!
Haben Sie ein Herz für wilde Hausgäste? Wer etwa
Schwalben, Fledermäusen und Wildbienen einen
Unterschlupf am Eigenheim oder Bürogebäude
gewähren möchte, findet dazu im niedersächsischen
Melle ein ganzes Haus voller Ideen und Tipps: Das
2020 neu errichtete Artenschutzhaus ist Herzstück
des Projekts „Artenschutz im ländlichen Siedlungs-
raum“ der Stiftung für Ornithologie und Naturschutz
(SON) und mit seinem Angebot bisher einzigartig in
Deutschland. Anhand von Gebäudeausschnitten wird
praxisnah gezeigt, wie sich Tierquartiere am Dach­
                                                           Ein Heim für Wildbienen, Hummeln, Hornissen und Co.
trauf, Giebel, an der Fassade oder auch am Kamin­
kopf installieren lassen. Bestenfalls wird Artenschutz
schon bei einer Neubau- oder Sanierungsplanung           lenbrüter, ein Staren- und Sperlingshaus sowie eine
mitbedacht. Die Umweltstiftung hat einen Teil die-       stattliche Insektennistwand (siehe Foto). Coronabe-
ser Anschauungsmodelle finanziert, die in örtlichen      dingt konnten geplante Workshops und Umwelt-
Betrieben mit Beteiligung von Jugendlichen gebaut        bildungsangebote bisher kaum stattfinden, aber die
wurden: darunter Fledermausquartiere, Nisthilfen für     SON blickt optimistisch in die Saison 2021.
Mehlschwalben, Bachstelzen und andere Halbhöh-           son-net.de/html/artenschutz.html

             Analyse zu CO₂-Schlupflöchern                                   Das Kyoto-Protokoll erlaubt es
                                                                             bisher, diesen Ausgleich anzurech-
                                                                             nen. Selbst die Aufforstung gerade
                                                                             abgeholzter Flächen wird als
Darf sich Europa freikaufen?                                                 CO₂-Einsparung anerkannt. Teil-
                                                                             weise werden für diese Projekte
Es ist ein großes Ziel: Die EU will bis 2050 ihren Treibhausgas-Ausstoß      indigene Gemeinschaften ver-
so weit senken, dass die restlichen Emissionen unter anderem durch           trieben und Landkonflikte ange-
die CO₂-Speicherung der Wälder ausgeglichen werden können. Doch              heizt. Mit einer fundierten Analyse,
es bleibt das Risiko von Schlupflöchern. Im schlimmsten Fall könnte          finanziert durch die Umweltstif-
die neue EU-Gesetzgebung beinhalten, dass sich Länder eine Emissi-           tung, zeigt Greenpeace diese
ons-Minderung „erkaufen“ können, ohne sie selbst vorzunehmen –               Risiken für die noch andauernden
durch klimarelevante Projekte außerhalb der EU.                              Verhandlungen auf und fordert:
                                                                             Die Europäer haben ihren Anteil
                                                                             am weltweiten Ausstoß von Treib-
                                                                             hausgasen mehr als verbraucht.
                                                                             Sie müssen ihre eigenen Emissi-
                                                                             onen jetzt drastisch reduzieren –
                                                                             und dies nicht auf dem Rücken der
                                                                             Natur und der Menschen im glo-
                                                                             balen Süden.
                                                                             greenpeace.de/themen/klimawandel
Neues aus der Stiftung

Heute für ein
besseres Morgen
Die ökologische Frage ist für Sophie Lampl die
Schlüsselfrage unserer Gesellschaft:​Die Progamm­
direktorin von Greenpeace Österreich ist neues Mit-
glied im Stiftungsrat.
    „Es ist mir eine große Ehre, hier meinen Beitrag zu
leisten, um zu ermöglichen, dass so viele Engagierte
heute für ein besseres Morgen sorgen.“ Die 39-Jäh-
rige entdeckte schon als Kind ihre Liebe zur Natur auf
dem Bauernhof ihrer Tante in der Steiermark und in
den umgebenden Wäldern. Jetzt liegt ihr besonders
der Nachwuchs am Herzen: „Ich würde mich sehr
                                                          Neue Stiftungsrätin: Sophie Lampl
freuen, wenn es uns gelingt, den jungen Stimmen für
Klima- und Umweltschutz mehr Gehör zu verleihen.“

                                                           Neue Namens­
Viele Wege führen zu uns                                   zustiftungen

Auch für Stiftungen gibt es eigene Ausbildungen.           Wir bedanken uns bei:
Unsere neue Referentin Kristin Patzelt hat nach ihrem
                                                           Dietmar Hein
Studium ein zweijähriges Trainee-Programm zur Stif-
tungsmanagerin absolviert. „An der Umweltstiftung          Doris und Christoph Blöcher
gefällt mir besonders die große Bandbreite an The-         Peter Mühlenbrock
men – und dass ich hier viel mitgestalten kann“, sagt
                                                           Ulrich Grillitsch
die 31-Jährige.
    Eher eine „Umsteigerin“ ist unsere neue Assistentin    Elisabeth Deppe
Verena Ziegler. Sie hat zuvor bei großen Unternehmen       Ingeborg und Karl-Heinz
im Marketing gearbeitet. Während eines Sabbaticals         Ovelgönner
reifte dann der Wunsch nach einem „Herzenspro-
                                                           Renate Rudowski
jekt“, am liebsten im Umweltschutz. Die 41-Jährige
begeistert vor allem der persönliche Kontakt mit den       Maria Schumm-Tschauder
Stifterinnen und Stiftern: „Ich finde es zudem toll, in
                                                           Tilman Dominik
einem kleinen Team zu arbeiten und zugleich ein Teil
der großen Greenpeace-Familie zu sein.“                    Anneliese Heilig-Müller
                                                           Martina und Dieter Johannes
                                                           Lothar Kühne
                                                           Karin Butz
                                                           Jörg Schnarrenberger
                                                           Karl Trinkewitz
                                                           Uwe Nimschik
                                                           Dagmar Kanz
  Neu dabei: Kristin Patzelt (li.) und Verena Ziegler
                                                           Jens Hilmer
                                                           Sieglinde Neuhaus und
Umweltstiftung Greenpeace Jahresrundbrief 2020             Dr. Wolfgang Dobbert               15
Impressum

                                                                       Umweltstiftung Greenpeace
                                                                       Hongkongstraße 10, 20457 Hamburg
                                                                       V.i.S.d.P.: Melanie Stöhr
                                                                       Telefon: 040/306 18–234
                                                                       E-Mail: info@umweltstiftung-greenpeace.de
                                                                       Website: umweltstiftung-greenpeace.de

                                                                       Text: Heike Dierbach, Nicoline Haas,
            Mata Atlântica-Tropenwald                                  Kristin Patzelt, Melanie Stöhr
            in Brasilien
                                                                       Design: Brennwert. Kommunikation mit
                                                                       Zündung, www.brennwert.design

Lebensraum für
                                                                       Druck: Druckerei Zollenspieker Kollektiv GmbH,
                                                                       www.zollenspieker.de

Tiere sichern
                                                                       Bildnachweise: Umschlag Vorderseite:
                                                                       Gordon Welters/Greenpeace; S. 2: Sabine
                                                                       Vielmo/Umweltstiftung Greenpeace; S. 3:
                                                                       Bergwaldprojekt e.V.; S. 4: Fichtenholz:
                                                                       Paul Langrock/Greenpeace; Menschen:
Knapp 15.000 Setzlinge wurden in diesem Jahr im Almada                 Bergwaldprojekt e.V.; Käfer: Michael Kunkel/
Mata Atlântica Projekt (AMAP) gepflanzt. Obwohl wegen der              Greenpeace; Frosch: Michael Loewa/
                                                                       Greenpeace; S. 5: Leah Robinson/OrcaLab;
Pandemie keine Freiwilligen mithelfen konnten, kommt die               Klaus Radetzki; S. 6: Greenpeace; Marten van
Aufforstung des Tropenwalds gut voran.                                 Dijl/Greenpeace; S. 7: Sebastian Koerner; S. 8:
                                                                       Jean-Simon Bégin; Rogue Collective; S. 9
                                                                       Greenpeace; S. 10: Gennady Shabarin/Studio
Die jungen Bäume schließen         spricht 200 Fußballfeldern) le-     Green World; Lucia Bär; S. 11: Solafrica; Isabel
Lücken zwischen Waldinseln,        ben mehrere Familienverbände        Mayer; S. 12: Bergwaldprojekt e.V.; S. 14: Volker
die viele Tiere wie das stark      von Goldkopflöwenäffchen. Der       Tiemeyer; Paul Langrock/Greenpeace; S. 15:
                                                                       Mitja Kobal/Greenpeace; Privat; Privat; S. 16:
be­d rohte Goldkopflöwen­ä ff­     Wald ist auch für Amphibien         Markus Mauthe.
chen bisher nicht überwin-         und Reptilien eines der letz-
den kön­n en. Denn von dem         ten Rückzugsgebiete. Mehr als       Stand: Dezember 2020

ur­sprüng­lichen Mata Atlântica-   50 Reptilienarten konnten hier      Gedruckt auf 100% Recyclingpapier
Tro­p enwald an der Ostküste       nachgewiesen werden. Es wäre
Brasiliens sind nur noch sieben    ein tragischer Verlust, wenn die-
bis zwölf Prozent intakt.          ses kleine Paradies abgeholzt
    Im Aktionsgebiet von AMAP      würde. Mit Hilfe einer Stifterin
sind durch den naturnahen          unterstützt die Umweltstiftung
Kakao­ anbau noch relativ viele    Greenpeace AMAP dabei, den
Waldrelikte erhalten geblieben.    Lebensraum zu sichern.                  Besuchen Sie
Doch der Anbau lohnt sich für
die Bäuerinnen und Bauern
                                      AMAP möchte auch andere
                                   Farmer in der Region für das
                                                                           uns online!
immer weniger. Viele Farmen        Thema sensibilisieren und ist           umweltstiftung-greenpeace.de
werden deshalb verkauft, die       dazu dieses Jahr der örtlichen
Waldflä­chen in lukrativere Mo-    Kakao-Kooperative beigetreten.
nokulturen umgewandelt. AMAP       Ziel ist es, Wissen über ökologi-
will das durch den Ankauf von      schen Anbau sowie über bessere
Farmen verhindern. Zwei Farmen     Kakaoqualität und -vermarktung
hat der Verein bereits erworben,   zu vermitteln. Denn damit ist es
die dritte namens „Santa Rita“     möglich, Farmen wirtschaftlich
soll bald hinzukommen. Sie ist     zu betreiben – und gleichzeitig
ökologisch besonders wertvoll:     die einmalige Artenvielfalt der
In dem 145 Hektar großen noch      Mata Atlântica zu erhalten.
bestehenden Kakaowald (ent-        amap-brazil.org

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