Spezifische Immuntherapie - Topic Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?

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Spezifische Immuntherapie - Topic Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?
Topic
         Spezifische
         Immuntherapie
         Aktuelle Fragen
         an den Allergologen
         Hyposensibilisierung
         bei Asthma bronchiale?
         Gesundheitspolitik
         Die Therapieallergene-
         Verordnung
         Umweltmedizin
         Aluminium in
         Kosmetikprodukten und
         Therapielösungen
         Elternratgeber
         Babyschwimmen

3/2014
Spezifische Immuntherapie - Topic Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?
Kompaktkurse
                                                               „Pädiatrische Allergologie“
                                                                und
                                                               „Pädiatrische Pneumologie“

                                                                Inhalte des Kompaktkurses
                                                                „Pädiatrische Allergologie“
                                                                1. Grundlagen der Allergologie
                                                                2. Prävention und Karenz
                                                                3. Allergiediagnostik
Die vier regionalen Arbeitsgemeinschaften der GPA veran­
                                                                4. Neurodermitis
stalten pro Jahr in der Regel je einen Kompaktkurs „Pädia­
trische Allergologie” und einen Kurs „Pädiatrische Pneumo­      5. Urtikaria
logie” an verschiedenen Orten in Deutschland. Jeder Kurs        6. Nahrungsmittelallergie
umfasst 20 Unterrichtseinheiten an einem Wochenende.            7. Allergische Rhinokonjunktivitis
Durch die neue Weiterbildungsordnung wurde die fach­            8. Medikamentenallergie
über­greifende Zusatzbezeichnung „Pädiatrische Allergo­         9. Insektengiftallergie
logie” neu geregelt. Von 18 Monaten Weiterbildungszeit
                                                                10. Spezifische Immuntherapie
können u. U. 12 Monate während der Facharztweiterbildung
zur Kinder- und Jugendmedizin erworben werden. Neu              11. Anaphylaxie – Notfalltherapie
eingeführt wurde zudem die Schwerpunkt- bzw. Zusatz­            12. Falldiskussionen
weiterbildung „Pädiatrische Pneumologie“ mit einer Weiter­
bildungszeit von 36 Monaten, von denen ebenfalls 12 Mo­
nate im Rahmen der Facharztweiterbildung erwerbbar sind.        Inhalte des Kompaktkurses
Die Kompaktkurse „Pädiatrische Allergologie” und „Pädia­        „Pädiatrische Pneumologie“
trische Pneumologie” wenden sich an:
                                                                1. Obstruktive Bronchitis
• Assistentinnen und Assistenten, die kurz vor der Facharzt­
  prüfung stehen und ihre Kenntnisse in diesen Bereichen        2. Asthma bronchiale
  vertiefen wollen, insbesonders wenn an ihrer Klinik hierzu    3. Interstitielle Lungenerkrankungen
  die Ausbildungsmöglichkeit nur eingeschränkt besteht,         4. Pneumonie/Pleuritis/Bronchiektasie
• Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte, die sich nieder­      5. Tuberkulose
  lassen und für ihre zukünftige Tätigkeit ihr Wissen bzgl.     6. Angeborene Fehlbildungen
  dieser Schwerpunkte vertiefen wollen,
                                                                7. Mukoviszidose
• bereits niedergelassene Kolleginnen und Kollegen, die ihr     8. Obstruktive Schlafapnoe
  Wissen wieder kompakt aktualisieren wollen,
                                                                9. GÖR und Lunge
• Kolleginnen und Kollegen, die sich in der Weiterbildung       10. Seltene Lungenerkrankungen
  Aller­gologie bzw. Pädiatrische Pneumologie befinden und
                                                                11. Funktionelle Atemstörungen
  gezielt theoretische Kenntnisse erwerben bzw. vertiefen
  wollen.                                                       12. Lungenfunktion
                                                                13. Endoskopie
Die Kompaktkurse sind einzeln oder kombiniert belegbar.
Das Curriculum der Kompaktkurse der GPA ist bundesweit          14. Inhalation
einheitlich.                                                    15. Falldiskussionen
Spezifische Immuntherapie - Topic Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?
Editorial

                Über 100 Jahre                                        folg, immerhin bei vielen Allergenen zu 70–80% und bei den In-
  Spezifische Immuntherapie –                                         sektengiftallergien zu nahezu 100%!
             eine Erfolgsstory?
             Ja, sicher, aber …                                       Dennoch sollten wir keine weiteren 100 Jahre mehr vergehen
                                                                      lassen, um unsere erfolgreiche Allergietherapieform zu opti-
                                                                      mieren, sei es bzgl. des Applikationsortes, der Adjuvanzien oder
                                                                      zum Beispiel der Möglichkeiten der SIT mit rekombinanten
                                                                      Aller­genen.

                                                                      Unaufhaltsam wird es neue Entwicklungen geben, überall –
Liebe Kollegin, lieber Kollege,                                       und so auch bei unserer Zeitschrift „Pädiatrische Allergologie in
                                                                      Klinik und Praxis“: Unsere Zeitschrift erscheint nun bald auch in
vor Ihnen liegt die Pädiatrische Allergologie zum Topic-Thema
                                                                      digitaler Form!
„Spezifische Immuntherapie (SIT)“ – der Therapieform mit dem
großen Anspruch eines kurativen Ansatzes bei allergischen Er-
                                                                      Daher ist es jetzt ein geeigneter Zeitpunkt, allen herzlich zu
krankungen. Tobias Ankermann und Peter Fischer zeigen in
                                                                      danken für diese unsere Erfolgsstory der Zeitschrift „Pädiat-
­ihrem Topic-Artikel ausführlich die Möglichkeiten und Grenzen
                                                                      rische Allergologie“, sowohl den Kolleginnen und Kollegen der
 der spezifischen Immuntherapie auf.
                                                                      ers­ten Stunde, als auch den zahlreichen Schriftleitern, Beiräten
 Praxisrelevant sind auch die Anmerkungen von Matthias Kopp
                                                                      und natürlich vor allem den Autoren der Beiträge, ohne die die-
 zur Frage SIT bei Asthma bronchiale und die Hinweise zur Dia­
                                                                      se Zeitschrift nicht möglich wäre.
 gnostik und Therapie speziell bei Insektengiftallergikern von
 ­Johannes Forster und Radvan Urbanek.
                                                                      Besonders danken wir dem Verlag Wurms & Partner, der mit
  Die SIT hat sicher ihre nachweisliche immunologische Wirkung
                                                                      großem Engagement und Herzblut die „Pädiatrische Allergolo-
  bei atopischen Patienten – wie Albrecht Bufe in seinem Über-
                                                                      gie“ all die Jahre mitgetragen und zu diesem Erfolg wesentlich
  sichtsartikel sehr anschaulich darstellt. Sicher weniger Allergen
                                                                      beigetragen hat.
  wäre notwendig, wenn wir den optimalen Präsentationsweg
  des Therapieallergens an das Immunsystem fänden, zum Bei-           Viel Spaß beim Lesen im vorliegenden Heft „Spezifische Immun-
  spiel mit einer Injektion in ein Erfolgsorgan des Immunsystems,     therapie“! Die bald neu erscheinende Leitlinie zum Thema SIT
  den Lymphknoten.                                                    wird unsere vorliegenden Beiträge sicher nochmal „amtlich“ be-
                                                                      stätigen.
Aufgrund der aktuellen Diskussion hat das Paul-Ehrlich-Insti-
tut (PEI) eine Stellungnahme zur unbedenklichen Verwendung            Mit freundlichen kollegialen Grüßen
von Aluminium als Adjuvanz bei der subkutanen Spezifischen
Immuntherapie (SCIT) veröffentlicht. Thomas Lob-Corzilius und
Ulrich Umpfenbach stellen die Fakten zur Aluminiumbeigabe
zu den Hyposensibilisierungslösungen, die Grundlage der PEI-­
Stellungnahme sind, dar und weisen kritisch auf die gängige           Dr. Armin Grübl
und grenzwertig hohe Verwendung von Aluminium bei Kosme-
tika und Deodorantien hin.

Endlich nach vielen Jahren vorwiegend nicht-Evidenz-basier-
ter Medizin im Bereich der SIT wurden mit dem Inkrafttreten der
Therapieallergene-Verordnung (TAV) die bisher gängigen Indivi-          Die „Pädiatrische
dualrezepturen auf Therapieallergene nur zur Behandlung von
seltenen Allergien beschränkt. Es wird dennoch noch ein weiter          Allergologie“ wird digital
Weg sein und viel Zeit vergehen bis die vom PEI postulierte TAV         Vielleicht erinnern Sie sich, wie viele Briefe und Zeitschriften Sie noch
umgesetzt sein wird. Frank Friedrichs kommt in seinem Artikel           vor einigen Jahren nach der Rückkehr aus dem Urlaub in Ihrer Praxis
dazu zu einem sehr nachdenklichen Fazit. Die Hoffnung, dass             vorfanden. Und heute? Die meisten Briefe, Neuigkeiten, Zeitschriften
sich dadurch die unzureichende Evidenz für die Wirksamkeit der          und sogar Bücher finden wir heute in unserem elektronischen Brief-
SCIT bei Kindern und Jugendlichen in den nächsten 15 Jahren             kasten vor. Natürlich kann man Artikel aus Heften herausreißen, in
                                                                        Klarsichthüllen stecken und in Ordnern verschwinden lassen. Manch-
grundsätzlich ändern könnte, ist wohl eher gering.
                                                                        mal findet man ihn sogar nach einigen Jahren noch einmal wieder.
                                                                        Wie viel einfacher ist es doch, ein Stichwort in eine Suchfunktion
Die große ärztliche Erfahrung mit der Spezifischen Immunthe-            einzugeben und sofort die relevanten Texte auf seinem Bildschirm zu
rapie und die vielen – zugegeben leider nur kleineren – Studien         sehen! Die GPA schreitet auf diesem Weg voran. Zukünftig werden
mit Kindern und Jugendlichen werden uns aber weiterhin mo-              Sie die Zeitschrift „Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis“ auch
tivieren, diese kurative Therapiemethode allergischer Erkran-           als e-journal erhalten!
                                                                                                         Quelle: GPA-newsletter vom 21.05.2014
kungen nach wie vor anzuwenden – mit entsprechendem Er-

Pädiatrische Allergologie ∙ 17 ∙ 3/2014                                                                                                             3
Spezifische Immuntherapie - Topic Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?
Spezifische Immuntherapie - Topic Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?
Inhalt

3 Editorial                                                                                        Leitlinie
Topic SIT                                                                                         26 Bienen- und Wespengiftallergie bei Kindern
6 Spezifische Immuntherapie (SIT, Hyposensibilisierung)                                            Gesundheitspolitik
  im Kindesalter
     Voraussetzungen, Indikationen, Kontraindikationen und praktische                             28 Die Therapieallergene-Verordnung (TAV)
     Durchführung.                                                                                      Was bedeutet sie für die Hersteller, für die Patienten, für die Kinder- und
                                                                                                        Jugendärzte?
13 Was passiert bei der SIT im Immunsystem?
     Die Funktionsmechanismen der Spezifischen Immuntherapie                                       Umweltmedizin
                                                                                                  30 Aluminium in Kosmetikprodukten und
17 Aktuelle Fragen an den Allergologen                                                               Therapielösungen
     Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?                                                        Wie und wo wird dem Körper Aluminium zugeführt? Wie groß sind die Risiken?

     Die Wissenschaftlichen Arbeitsgruppen der GPA
                                                                                                  32 Bücher/Magazin
19 WAG Impfen und Allergien
     Der pneumologische Fall
                                                                                                   Tagungen
20 Tachypnoe bei Kleinkind                                                                        34 Einladung zum 9. Deutschen Allergiekongress
     Neue Immundefekte (10)                                                                       36 Einladung zur 28. Jahrestagung der AGPAS
22 Schwerer kombinierter Immundefekt (SCID) bei
   Störung des Folatstoffwechsels                                                                  Elternratgeber
                                                                                                  37 Babyschwimmen – nützlich oder riskant?
     Differenzialdiagnosen des Atopischen Ekzems (9)
24 Wiskott-Aldrich-Syndrom (WAS)                                                                  39 Termine
                                                                                                      Das Titelbild dieser Ausgabe malte Mia Rosenzweig
  IMPRESSUM                                                                                           (8 Jahre) aus Karlsruhe.
  Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis, 17. Jg./Nr. 3
  Herausgeber: Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e.V., Rathausstr. 10, 52072 Aachen, Tel. 0241 9800-486, Fax 0241 9800-259,
  E-Mail: gpa.ev@t-online.de, Web: www.gpaev.de
  Verlag: WURMS & PARTNER Public Relations GmbH, Öschweg 12, 88079 Kressbronn, Web: www.wurms-pr.de. Verlagsleitung: Holger Wurms.
  Schriftleitung: Prof. Dr. Albrecht Bufe, Universitätsklinik Bergmannsheil, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum, Fax 0234 3024-682, E-Mail: albrecht.bufe@rub.de;
  Dr. Armin Grübl, Kinderklinik München-Schwabing, Klinik und Poliklinik f. Kinder- und Jugendmedizin der TUM, Kölner Platz 1, 80804 München, E-Mail: Armin.Gruebl@lrz.tum.de;
  PD Dr. Ernst Rietschel, Klinik für Kinder und Jugendliche der Universitätsklinik Köln, Kerpener Str. 62, 50924 Köln, Fax 0221 478-3330, E-Mail: ernst.rietschel@uk-koeln.de;
  PD Dr. Christian Vogelberg, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Fetscherstr. 74, 01307 Dresden, E-Mail: Christian.Vogelberg@uniklinikum-dresden.de
  Ressortschriftleiter: Dr. P. J. Fischer, 73525 Schwäbisch Gmünd (Elternratgeber); Prof. Dr. J. Forster, St.-Josefskrankenhaus, 79104 Freiburg (Leitlinien); Dr. F. Friedrichs,
  52072 Aachen (Gesundheitspolitik); Prof. Dr. M. Kopp, UKSH Campus Lübeck, 23538 Lübeck (Fragen an den Allergologen); Dr. Th. Lob-Corzilius, Kinderhospital Osnabrück,
  49082 Osnabrück (Umweltmedizin); PD Dr. H. Ott, Kathol. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, 22149 Hamburg (Pädiatrische Dermatologie); Prof. Dr. J. Seidenberg, Elisabeth-
  Kinder­krankenhaus, 26133 Oldenburg (Pädiatrische Pneumologie); Prof. Dr. V. Wahn, Charité Campus Virchow, Klinik m. S. Pädiatrische Pneumologie und Immunologie,
  13353 Berlin (Pädiatrische Immunologie)
  Redaktion: Ingeborg Wurms M.A., Öschweg 12, 88079 Kressbronn, Tel. 07543 93447-0, Fax 07543 93447-29, E-Mail: info@wurms-pr.de
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  Anzeigenleitung: Holger Wurms, Tel. 07543 93447-0, Fax 07543 93447-29. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 16 vom 1.1.2014.
  Erscheinungsweise: Die Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis erscheint vierteljährlich jeweils am Beginn des Quartals.
  Bezugspreise: Einzelheft: 12,50 €, Jahresabonnement: 36,00 €, Jahresabonnement für Studenten (bei Vorlage einer Bescheinigung) 27,00 € (jeweils zuzügl. Versandkosten).
  Für Mitglieder der vier regionalen pädiatrisch-allergologischen Arbeitsgemeinschaften ist das Abonnement im Mitgliedsbeitrag enthalten.
  Druck: F&W Mediencenter GmbH, 83361 Kienberg
                                                                                                            Gedruckt auf Papier aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern
  ISSN: 1435-4233                                                                                                                und kontrollierten Quellen. www.pefc.de

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Spezifische Immuntherapie - Topic Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?
Topic

Spezifische Immuntherapie
(SIT, Hyposensibilisierung)
im Kindesalter
T. Ankermann, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Klinik für Allgemeine Pädiatrie*
P.J. Fischer, Praxis für Kinder- und Jugendmedizin, Schwäbisch Gmünd*
*beide Autoren haben zu gleichen Teilen an der Erstellung des Manuskriptes mitgewirkt

                  Definition                            Wertigkeit der Therapieelemente zur Behandlung allergischer Erkrankungen
   Der Begriff spezifische Immunthera­
pie (SIT, Synonyme: Hyposensibilisierung,
Allergieimpfung, Desensibilisierung) be­
zeichnet die Gabe von möglichst hohen
Dosen spezifischer standardisierter und
charakterisierter Allergene mit dem Ziel,
die allergenspezifische Immunantwort
auf das definierte Allergen zu beeinflus­
sen. Die SIT gilt über 100 Jahre nach den
ersten Berichten durch Holbrook Curtis
(1900) [16] und Leonard Noon (1911) [20]
zurzeit weiterhin als einzige Behandlung
mit sowohl Effekt auf die Symptomlast als
auch Einfluss auf die Krankheitsprogres­             Abb. 1: Wertigkeit der Therapieelemente zur Behandlung allergischer Erkrankungen (modifiziert nach Nigge-
sion allergischer Erkrankungen.                      mann B [19]).

                  Indikation
                                                                                              Indikation zur SIT
    Gesicherte Indikationen bei Kindern                Konsens bei:
sind vor allem die allergische Rhinitis/Rhi­
nokonjunktivis, Asthma bronchiale und                  n    Allergischer Rhinokonjunktivitis
die Insektengiftallergie mit systemischen              n    Intermittierendem bzw. geringgradig persistierendem Asthma bronchiale
Reaktionen [1, 7, 18]. In Diskussion befin­            n    Insektengiftallergie (Hymenopteragiftallergie)
det sich der Einsatz der SIT bei Patienten
mit atopischer Dermatitis [9] und bei Pa­              In Diskussion (zurzeit nicht als Indikation allein gesehen) bei:
tienten mit oralem Allergiesyndrom [15]                n    Atopischer Dermatitis
(s. Tab.1). Voraussetzung sind der Nach­               n    Pollenassoziierter Nahrungsmittelallergie
weis einer IgE-vermittelten Sensibilisie­              n    Nahrungsmittelallergie
rung (durch Analyse spezifischer IgE-An­
                                                       n    Verstärkten Lokalreaktionen und ausschließlich die Haut betreffenden
tikörper oder Haut-Prick-Test), ein eindeu­                 systemischen Reaktionen bei Insektengiftallergie (Hymenopteragiftallergie)
tiger Zusammenhang zwischen Sensibili­
sierung und klinischen Symptomen, die                Tab. 1: Erkrankungen, bei denen eine Spezifische Immuntherapie (SIT, Hyposensibilisierung) mit Allergenen
Verfügbarkeit untersuchter Allergenex­               bei Kindern indiziert ist (modifiziert nach Ankermann T [3]).

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Spezifische Immuntherapie - Topic Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?
trakte mit einem Wirksamkeitsnachweis
für die jeweilige Erkrankung und die Un­              Voraussetzungen zur Durchführung einer spezifischen Immuntherapie
möglichkeit bzw. die fehlende Effektivi­
tät einer Allergenkarenz (s. Tab. 2) [3, 18].
                                                             (SIT, Hyposensibilisierung) mit Allergenen bei Kindern
   Eine gute Wirksamkeit der SIT ist für die      n Nachweis einer IgE-vermittelten Sensibilisierung (Nachweis spezifischer IgE-Antikörper oder
genannten Erkrankungen bei Kindern ins­             Haut-Prick-Test)
besondere für Pollenallergien und Insek­          n Eindeutiger Zusammenhang der nachgewiesenen Sensibilisierung mit klinischer Sympto-
tengiftallergien, weniger für Milbenaller­          matik (in Einzelfällen auch eindeutiger Zusammenhang zwischen Sensibilisierung und
gien und noch weniger für Schimmelpilz­             Ergebnis einer Provokation – nasal, konjunktival, bronchial – mit spezifischem Allergen)
allergien belegt. Die Wertigkeit der ver­         n Unmöglichkeit einer adäquaten Allergenkarenz
schiedenen Therapieelemente zur Be­               n Verfügbarkeit standardisierter bzw. qualitativ hochwertiger Allergenextrakte
handlung von allergischen Erkrankungen            n Ausreichende Compliance bzw. Therapieadhärenz zu erwarten
stellt Abbildung 1 dar (modifiziert nach
                                                  n Wirksamkeitsnachweis der SIT für die gegebene klinische Erkrankung mit dem zur Anwen-
Niggemann B [19]).                                  dung geplanten Präparat
                                                  n Bei subkutaner SIT (SCIT) Alter ≥ 3 Jahre*
            Kontraindikationen
                                                  n Bei sublingualer SIT (SLIT) Alter ≥ 4 Jahre*
   Als Kontraindikationen gelten bei Kin­         *siehe Text, Zulassung für das jeweilige Präparat beachten
dern ein nur teilweise oder unkontrol­
liertes Asthma bronchiale (FEV1< 70 %),         Tab. 2: Voraussetzungen zur Durchführung einer spezifischen Immuntherapie (SIT, Hyposensibilisierung) mit
schwere akute Autoimmunerkrankungen,            Allergenen bei Kindern (modifiziert nach Kleine-Tebbe et al. 2009 [18]).
Immundefizienz und akute Inflammati­
onssyndrome, akute maligne Erkran­
kungen, Therapie mit β-Blockern und                              Kontraindikationen für eine spezifische Immuntherapie
ACE-Hemmern und kardiovaskuläre Er­                              (SIT, Hyposensibilisierung) mit Allergenen bei Kindern*
krankungen mit konsekutivem Risiko bei
                                                  n Teil- oder unkontrolliertes Asthma bronchiale mit einer FEV1 < 70 % des Sollwertes trotz
Epinephringabe (s. Tab. 3, Übersicht zur In­        ­adäquater Pharmakotherapie
dikation und Kontraindikation bei Anker­
                                                  n Schwere akute Autoimmunerkrankungen
mann T [3]). Die Sicherheit und Effektivität
einer SIT konnte in mehreren klinischen           n Immundefizienz, erworben und angeboren
Untersuchungen bei Kindern ab dem Al­             n Akute Inflammationssyndrome/Infektionen
ter von 3 Jahren gezeigt werden [10, 12].         n Maligne Erkrankungen mit aktuellem Krankheitswert
Für kleinere Kinder liegen nur sehr weni­         n Therapie mit β-Blockern und ACE-Hemmern
ge systematische Daten vor. Argumente,
                                                  n Kardiovaskuläre Erkrankungen mit konsekutivem Risiko bei Epinephringabe
bei Kindern vor dem Alter von 3 Jahren
keine SIT durchzuführen, sind zum Bei­            n Unzureichende Compliance/Adhärenz
spiel, (1) dass allergische Erkrankungen          n Bei sublingualer Applikation (SLIT): Entzündungen der Mundhöhle mit schweren Symptomen
mit eindeutiger klinischer Korrelation zwi­       n Beginn einer SIT nicht in der Schwangerschaft
schen Allergenexposition und klinischem           * in Einzelfällen kann eine SIT bei sorgfältiger Abwägung potenzieller Risiken und Vorteile auch bei Vorliegen
Bild in dieser Altersgruppe seltener als bei        von den genannten Kontraindikationen möglich sein
älteren Kindern sind, (2) dass unter einer
SIT vor dem Alter von 3 Jahren anaphylak­       Tab. 3: Kontraindikationen für eine spezifische Immuntherapie (SIT, Hyposensibilisierung) mit Allergenen bei
tische Reaktionen ungleich schwerer zu          Kindern (modifiziert nach Kleine-Tebbe et al. 2009 [18]).
erkennen sind und (3) dass bei der sub­
kutanen Applikationsform (SCIT) die wie­        Jahren begonnen werden. Für die sublin­                    krankung mit dem zur Anwendung ge­
derholten Injektionen in diesem Alter ei­       guale Gabe (SLIT) liegen methodisch gu­                    planten Präparat dar (s. Tab. 2). Als Krite­
ne größere Traumatisierung darstellen.          te Daten zu Untersuchungen ab dem Al­                      rien für die Wirksamkeit werden ein ver­
Bei schweren Reaktionen, z.B. bei Reakti­       ter von 4 Jahren vor [24].                                 minderter Medikamentenverbrauch, Re­
onen nach Insektenstichen mit schweren                                                                     duktion der Symptomlast und präventive
systemischen Reaktionen, und besonde­                      Auswahl der Präparate                           Effekte (Verringerung von Neusensibilisie­
rer Exposition sind diese Bedenken bzw.                                                                    rungen, Reduktion der Krankheitslast im
potenzielle Risiken gegenüber den Vor­            Ein Kriterium für die Indikationsstel­                   Langzeitverlauf) gesehen [5, 8]. Für jedes
teilen abzuwägen und im Einzelfall kann         lung stellt der Wirksamkeitsnachweis                       einzelne Präparat sollte dies im Einzelfall
eine Therapie schon vor dem Alter von 3         der SIT für die gegebene klinische Er­                     geprüft werden. Eine echte Vergleichbar­

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Spezifische Immuntherapie - Topic Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?
Topic

keit von verschiedenen Präparaten und
somit auch Applikationswegen (sublingu­                Aufklärung über Vor- und Nachteile der spezifischen Immuntherapie
al, transmukosal, subkutan) ist aufgrund                                  im Kindes- und Jugendalter
des Fehlens von methodisch korrekten
Vergleichsuntersuchungen nicht mög­                                  Vorteile                                           Nachteile
lich. Viele klinische Studien basieren auf         ✓ Einzige kausale Behandlung von Aller-             ✘ Verstärkte Lokalreaktion möglich.
einer Auswertung der Daten per Protokoll             gien.                                             ✘ Allergische Allgemeinreaktionen
und nicht auf der heute für Therapiestu­           ✓ Besseres Ansprechen im Kindesalter                  (Urtikaria, Asthma, Anaphylaxie) nicht
dien als Standard geltenden intention-               zu erwarten.                                        auszuschließen.
to-treat-Analyse [6]. Die vorhandenen kli­         ✓ Bessere klinische Wirksamkeit ver-                ✘ Zeitintensive Therapie.
nischen Untersuchungen sind bei Kindern              glichen mit der medikamentösen The-               ✘ Wiederholte Injektionen oder tägliche
im Hinblick auf Patientenkollektive (Alter,          rapie beim Heuschnupfen.                            Einnahme erforderlich.
Mono- oder Polysensibilisierung), Studi­           ✓ Verbesserung der Lebensqualität.                  ✘ Keine Garantie für Therapieerfolg.
endesign, Verblindung (lokale Nebenwir­            ✓ Vermeidung weiterer Sensibilisie-                 ✘ Neusensibilisierungen und Etagen-
kungen!), Dosis (auch kumulative Dosis),             rungen möglich.                                     wechsel nicht immer vermeidbar.
Allergene, Therapiedauer, Parameter zur            ✓ Vermeidung des Etagenwechsels                     ✘ Häufig weiterhin Erfordernis einer be-
Beurteilung der Symptomlast, verwende­               möglich.                                            gleitenden Pharmakotherapie.
te objektive Messparameter (z.B. Provoka­          ✓ Die SCIT reduziert Asthmasymptome
tion), Frequenz der Applikation so unter­            und den Bedarf an Asthmamedika-
schiedlich, dass ein Vergleich der Präpa­            menten.
rate und Applikationswege nicht sicher             ✓ Nachhaltige Wirkung nach Beendi-
möglich ist.                                         gung der Therapie nachgewiesen.
   In der in Kürze zu erwartenden neuen
Leitlinie zur SIT wird diesen Fakten Rech­    Tab. 4: Aufklärung über Vor- und Nachteile der spezifischen Immuntherapie (modifiziert nach Fischer PJ und
nung getragen und eine Bewertung und          Friedrichs F [13]).
Auswahl des verwendeten Präparates zur
SIT anhand der wissenschaftlichen Evi­        lassenes Produkt, das zur Hälfte aus einer             von Friedrichs F auf S. 28). Häufig kom­
denz und individuellen Bedürfnisse des        Gräserpollenmischung und zur Hälfte aus                men daher sogenannte parallele Hypo­
Patienten gefordert. Immer noch disku­        einer Baumpollenmischung besteht, be­                  sensibilisierungsbehandlungen zum Ein­
tiert werden Adhärenz und Compliance          inhaltet dagegen eine Mischung zweier                  satz, d.h. Injektionen an beiden Armen am
einer überwiegend außerhalb von Arzt-         kaum kreuzreagierender, nicht homolo­                  selben Tag. Die geltende Leitlinie emp­
Patienten-Kontakten durchgeführten SIT        ger Allergene. Der Majorallergengehalt                 fiehlt zwischen der ersten und zweiten
(e.g. sublinguale SLIT bzw. transmukosale     der Gräser bzw. der Frühblüher beträgt                 Injektion einen Abstand von 15 Minuten.
orale SIT). In einer kürzlich publizierten    in diesem Fall 50 % der üblichen Einzeldo­             Nach der zweiten Injektion muss der Pa­
Real-Life-Studie aus den Niederlanden er­     sis. Dies kann unter Umständen zur Un­                 tient weitere 30 Minuten im Aufsichtsbe­
reichten lediglich 7 % der SLIT- und 27 %     terdosierung der einzelnen Allergenan­                 reich des Arztes bleiben [18].
der SCIT-Patienten die empfohlene Be­         teile führen, besonders wenn in der Pol­                  Perenniale und saisonale Allergene
handlungsdauer von 3 Jahren [17]. Zur         lensaison eine weitere Reduktion der In­               sollten auch aufgrund pharmazeutischer
Wirksamkeit der SLIT bei Asthma bronchi­      jektionsmenge erforderlich wird.                       Inkompatibilitäten niemals in einer Sprit­
ale sowie zur Verhinderung eines Etagen­         Eine besondere Herausforderung ist                  ze gemischt werden!
wechsels und von Neusensibilisierungen        die SIT bei poly­aller­gischen (gemeint
liegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt kei­       sind nicht polysensibilisierte) Patienten.                     Aspekte der praktischen
ne ausreichenden Daten vor.                   Zur Erreichung einer möglichst hohen                               Durchführung der
                                              kumulativen Dosis sollte soweit möglich
                                                                                                        spezifischen Immuntherapie (SIT)
          Allergenmischungen                  auf die Mischung unterschiedlicher Aller­
                                              gengruppen verzichtet werden [14]. Die                    Die Indikationsstellung und Durchfüh­
    Eine Mischung von verschiedenen Al­       Therapieallergene-Verordnung (TAV) be­                 rung einer spezifischen Immuntherapie
lergenen sollte vermieden werden. Eine        grenzt zudem die Möglichkeiten der Ver­                setzt allergologische Kenntnisse und Er­
„Gräsermischung“ stellt allerdings im al­     ordnung einer SIT mit mehreren Aller­                  fahrungen sowie Kenntnisse über aller­
ler­gologischen Sinne keine Mischung dar.     genen [11] und schließt bereits jetzt die              gologische und anaphylaktische Notfall­
Es handelt sich um homologe Allergene,        individuelle Verordnung von Mischun­                   situationen und das Vorhalten einer Aus­
d.h. verwandte Allergene mit ähnlicher        gen, welche Süßgräser, frühblühende                    rüstung zur Behandlung solcher Reakti­
Struktur, welche sehr häufig untereinan­      Bäume, Hausstaubmilben, Bienen- und                    onen voraus (Übersicht zu potenziellen
der Kreuzreaktionen auslösen. Ein zuge-       Wespengift enthalten, aus (siehe Beitrag               Nebenwirkungen der SIT bei Urbanek R

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Spezifische Immuntherapie - Topic Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?
[23], Übersicht zur praktischen Durchfüh­               die ganzjährige Therapie wohl die besten      zungsbehandlung). Bei den meisten Pa­
rung bei Fischer PJ [13]).                              Langzeitergebnisse [18]. Ganzjährig vor­      tienten kann die Allergendosis bis auf die
   Eine SIT soll erst nach ausführlicher Be­            kommende Allergene sollten perennial          vom Hersteller empfohlene Erhaltungs­
ratung der Eltern und des Patienten un­                 verabreicht werden.                           dosis gesteigert werden. Treten nicht to­
ter Berücksichtigung der Behandlungs­                      Die SCIT wird mit einer niedrigen An­      lerierbare Nebenwirkungen auf, wird die
alternativen und der möglichen Vor- und                 fangsdosis begonnen, die auch bei stark       höchste noch tolerierte Dosis weiterge­
Nachteile erfolgen (s. Tab. 4). Ein schrift­            reagierenden Patienten erfahrungsge­          spritzt.
liches Einverständnis der Erziehungs­                   mäß zu keiner allergischen Reaktion führt.       Vor jeder Injektion wird der Patient be­
berechtigten oder des Jugendlichen ist                  Unter Berücksichtigung der individuellen      fragt [18]:
nicht erforderlich. Die erfolgte Aufklärung             Verträglichkeit wird dann sukzessive auf      n Bestehen aktuelle allergische oder
sollte aber in der Patientendokumentati­                die sogenannte Erhaltungsdosis gestei­            andere relevante Beschwerden wie
on festgehalten werden [4]. Hilfreich sind              gert. Üblicherweise erfolgen die Injekti­         Fieber, reduziertes Allgemeinbefin­
schriftliche Anweisungen, in denen diese                onen nach dem Standardschema in der               den o.ä.? Insbesondere Asthmatiker
Aspekte nochmals erläutert werden. Ein­                 Steigerungsphase in wöchentlichen Ab­             sollten gezielt nach Atemwegsbe­
schränkungen sportlicher Betätigung am                  ständen. Bei den Allergoiden ist die Er­          schwerden gefragt werden, da bei in­
Tag der Injektion bei der SCIT, Vorgehen                haltungsdosis mit 4 bis 7 Injektionen,            stabilem oder unzureichend behan­
bei Impfungen und Infekten u.a. sollten                 d.h. in 3 bis 6 Wochen erreicht, bei un­          deltem Asthma das Risiko einer All­
den Patienten und deren Eltern in ad-                   modifizierten Allergenen nach dem kon­            gemeinreaktion steigt.
äquater Form mündlich und schriftlich                   ventionellen Standardschema in drei bis       n Werden Medikamente neu oder in
dargelegt werden. Non-Compliance ist                    vier Monaten. Soll die Erhaltungsdosis            veränderter Dosierung genommen?
ein großes Problem in der Durchführung                  schneller erreicht werden, können ver­        n Wurde eine Schutzimpfung vorge­
der SIT. Entscheidend für den Therapieer­               kürzte Schemata (Cluster-, Rush-, Ultra­          nommen?
folg ist die mehrjährige Kooperation des                rush-Schema) verwendet werden, bei de­        n Wie wurde die letzte Injektion vertra­
informierten Patienten.                                 nen die Injektionen in engeren Abstän­            gen?
                                                        den bis zu mehrmals täglich verabreicht          Diese Fragen können bereits bei der
                       SCIT                             werden. Allerdings ist jeweils darauf zu      Patientenanmeldung von der Medizi­
                                                        achten, ob für Kinder und Jugendliche         nischen Fachangestellten (MFA) bzw.
   Den prinzipiellen Ablauf der Kurzzeit­               hierfür eine Zulassung vorliegt.              vom Klinikpersonal gestellt werden. Auch
therapie, der präsaisonalen und der ganz­                  Bei der Kurzzeittherapie ist mit Errei­    das Injektionsintervall kann vorab von der
jährigen (perennialen) Therapieform zeigt               chen der Erhaltungsdosis die Behand­          MFA überprüft werden, da bei Überschrei­
Tab. 5. Alle drei Therapieformen konn­                  lung für die jeweilige Saison beendet. Bei    ten evtl. eine Dosisreduktion erforderlich
ten Therapieeffekte zeigen. Direkte Ver­                der präsaisonalen und der ganzjährigen        wird. Der Arzt sollte sich jedoch vor der
gleichsdaten liegen nur in sehr begrenz­                Therapie wird die Behandlung mit der Er­      Injektion ein eigenes Bild vom Zustand
tem Umfang vor. Jedoch zeigt aufgrund                   haltungsdosis bzw. der individuell tole­      des Patienten machen und im Bedarfsfall
der höheren kumulativen Gesamtdosis                     rierten Höchstdosis fortgeführt (Fortset­     den Patienten untersuchen und entschei­
                                                                                                      den, ob die Allergeninjektion verschoben
                                                                                                      werden muss. Bei Patienten mit Asthma
                                                                                                      bronchiale sollte bei vermuteter unzurei­
                                      Therapieformen bei SCIT                                         chender Asthmakontrolle eine Lungen­
                                                                                                      funktionsprüfung (Spirometrie) erfolgen.
   Kurzzeittherapie                                                                                   Alternativ kommt eine Peak-Flow-Mes­
   4 bis 7 Injektionen vor Beginn der saisonalen Beschwerden.                                         sung in Betracht, deren Ergebnisse jedoch
                                                                                                      weniger sensitiv sind und sehr vom ver­
   Präsaisonale Therapie                                                                              wendeten Gerät abhängen. Ein unkon­
   Beginn der Therapie rechtzeitig vor der Pollensaison, wöchentliche Injektionen während der Stei-   trolliertes Asthma ist eine Kontraindika­
   gerungsphase, monatliche Injektionen mit der Erhaltungsdosis bis zum Beginn der Pollensaison.      tion für eine SIT (s.o.).

   Ganzjährige (perenniale) Therapie                                                                              Injektionstechnik
   Bis zu 16 wöchentliche Injektionen während der Steigerungsphase, dann monatliche Injektionen
   mit der Erhaltungsdosis. Bei saisonalen Allergenen wird je nach Symptomen des Patienten und           Die Allergeninjektion stellt eine ärzt­
   der Fachinformation des Herstellers ggf. die Erhaltungsdosis während der Beschwerdesaison          liche Tätigkeit dar und darf nicht de­
   reduziert.                                                                                         legiert werden [13]. Vor der Injektion
                                                                                                      sollten noch einmal die eindeutige Zu­
Tab. 5: Therapieformen bei SCIT (modifiziert nach Fischer PJ und Friedrichs F [13]).                  ordnung des Präparates zum Patienten

Pädiatrische Allergologie ∙ 17 ∙ 3/2014                                                                                                       9
Spezifische Immuntherapie - Topic Hyposensibilisierung bei Asthma bronchiale?
Topic

und die korrekte Dosis überprüft werden.
Es wird eine 1-ml-Spritze mit Feingraduie­
                                                       Injektionstechnik bei der subkutanen spezifischen Immuntherapie (SCIT)
rung bis 0,01 ml mit einer Injektionsnadel
Größe 14–18 mit kurzem Anschliff, Länge
mindestens 25 mm, verwendet. Die Na­
del sollte nach dem Aufziehen der The­
rapielösung gewechselt werden, um Lo­
kalreaktionen zu vermindern. Die Injek­
tion erfolgt vorzugsweise ca. handbreit
über dem Olekranon an der Streckseite
des Oberarms streng subkutan in eine
abgehobene Hautfalte in einem Winkel
von 45°, bei ausgeprägtem Unterhautfett­
                                                                                                      Richtig!
gewebe müssen ein steilerer Winkel und
eine ausreichend lange Nadel gewählt
werden (s. Abb. 2). Zuvor wird aspiriert,
bei einem Injektionsvolumen von 1 ml
evtl. ein zweites Mal. Eine zu oberfläch­
liche Injektion kann zu vermehrten Lo­
kalreaktionen, eine zu tiefe Injektion zu
einem zu schnellen Abfluten des Aller­
gens mit unerwünschten Allgemeinre­
aktionen führen.
   Nach der Injektion und dem Entfernen
der Nadel sollte der Stichkanal kurze Zeit                             Zu flache und oberflächliche Injektion (begünstigt Lokalreaktionen).
mit einem Tupfer komprimiert werden,
um den Rückstrom von Allergenlösung
zu vermeiden. Wird nur ein Allergenex­
trakt verwendet, ist es üblich, bei jeder
Injektion den Arm zu wechseln, um einer
Granulombildung am Injektionsort vorzu­
beugen. Prinzipiell können SCIT und SLIT
auch kombiniert werden [22].

              Dokumentation
   Das Präparat, die Allergendosis, der In­
                                                                             Adipöser Patient (steilerer Injektionswinkel erforderlich).
jektionsort und die Injektionszeit werden
auf Dokumentationsbögen oder in der              Abb. 2: Injektionstechnik bei der subkutanen spezifischen Immuntherapie (SCIT). Grafik: Prof. B. Niggemann
Praxissoftware dokumentiert.

            Nachbeobachtung                           Verhalten am Tag der Injektion                        scheidung zu beachten. Jüngere Kinder
                                                                                                            sollten von einem Erwachsenen beglei­
   Nach der Injektion muss der Patient              Kurz vor der Injektion und für den Rest                 tet werden [18].
noch mindestens 30 Minuten unter ärzt­           des Tages sind Augmentationsfaktoren
licher Kontrolle bleiben, bei zwei Injekti­      für allergische Reaktionen (z.B. starke                                   Verhalten bei
onen auch nochmals 30 Minuten nach der           körperliche Anstrengung, Saunabesuch,                             Flaschenwechsel, Infekten und
zweiten. Der Patient soll instruiert werden,     Alkoholgenuss) zu vermeiden. Jugend­
                                                                                                                 verlängerten Injektionsintervallen
alle auf eine allergische Reaktion verdäch­      liche ab 14 Jahren erscheinen nicht sel­
tigen Symptome dem Praxispersonal zu             ten alleine zur SCIT. Dies sollte mit den                    Die Empfehlungen in den Fachinfor­
melden. Nach der Beobachtungszeit wird           Eltern abgesprochen sein. Viele Faktoren                   mationen zur evtl. Dosisreduktion bei
die Injektionsstelle kontrolliert und die Ver­   (Stadt- oder Landumgebung, Entfernung                      Verwendung einer neuen Flasche in der
träglichkeit dokumentiert. Dies kann durch       zur Wohnung, Reife, Verfügbarkeit eines                    Erhaltungsphase, beim Überschreiten
eine erfahrene MFA geschehen [18].               Mobil-Telefons usw.) sind bei dieser Ent­                  der Injektionsintervalle, bei Pollen-SCIT

10                                                                                                                      Pädiatrische Allergologie ∙ 17 ∙ 3/2014
während der Pollenzeit und bei Infekten      schleimhaut, größeren chirurgischen Ein­                   wünschten Begleitreaktionen ist eine
sind für die einzelnen Präparate unter­      griffen der Mundhöhle und Asthmaexa­                       Prämedikation mit einem Antihistamini­
schiedlich. Bei vielen Präparaten ist eine   zerbationen sollte die Einnahme unter                      kum möglich. Systemische Reaktionen
Dosisreduktion zu Beginn einer neuen         Berücksichtigung der Gebrauchsinfor­                       sind trotz dieser Prämedikation nicht aus­
Flasche nicht erforderlich. Bei einer SCIT   mation unterbrochen werden [2]. Nach                       geschlossen.“ [18]
mit Pollenallergen kann bei Patienten oh­    einer Einnahmepause von mehr als 7–14
ne aller­gische Symptome die Allergendo­     Tagen sollte die Dosis je nach Fachinfor­                           Schutzimpfungen unter SIT
sis in der Pollenzeit unverändert belassen   mation reduziert werden.
werden, wenn der Patient die SCIT gut                                                                   Der Abstand zwischen Allergen-Injekti­
toleriert. Bei leichten Infekten ohne Fie­            Antihistaminikum vor SIT                          on und einer planbaren Schutzimpfung
ber und unbeeinträchtigtem Allgemein­                                                                   sollte mindestens eine Woche betragen.
befinden können die Injektionen im ge­          Bei Patienten mit lokalen oder syste­                   Planbare Schutzimpfungen sollten da­
wohnten Abstand verabreicht werden.          mischen Nebenwirkungen im Rahmen                           her in der Erhaltungsphase der SCIT in
Nach akuten fieberhaften Infektionen         einer SIT stellt sich die Frage, ob diese                  der Mitte zwischen zwei vierwöchent­
sollte die nächste Injektion frühestens      unerwünschten Reaktionen durch vorhe­                      lich durchgeführten Allergen-Injekti­
eine Woche nach Gesundung des Kindes         rige Gabe eines Antihistaminikums ver­                     onen durchgeführt werden. Sofort not­
erfolgen [13,18].                            hindert oder zumindest abgeschwächt                        wendige Schutzimpfungen wie Tetanus
                                             werden können. Die Wirksamkeit der SIT                     nach Verletzungen können und sollen je­
                     SLIT                    wird durch die Einnahme eines Antihista­                   derzeit verabreicht werden. Dies dürfte
                                             minikums nicht beeinträchtigt.                             allerdings bei nach STIKO regulär durch­
   Die meisten Präparate für die sublingu­                                                              geimpften Kindern und Jugendlichen nur
ale Immuntherapie (SLIT) werden täglich      n Gegen eine Prämedikation mit einem                       selten erforderlich werden. Bei der SLIT
und ganzjährig verabreicht. Ein Hersteller      Antihistaminikum spricht, dass hier­                    kann die Impfung in der Regel ohne Un­
empfiehlt eine prä-/cosaisonale Behand­         durch frühe Symptome als Hinweis                        terbrechung der Behandlung durchge­
lung: Die Behandlung beginnt 4 Monate           auf eine systemische Reaktion mas­                      führt werden (Fachinformation beachten).
vor der Saison und wird nach Ende der           kiert werden könnten.
Pollensaison beendet.                                                                                                 Dauer der Therapie
   Die erste Dosis wird bei den Hochdo­      n Für die Gabe bei ausgewählten Pati­
sispräparaten immer unter ärztlicher Kon­       enten spricht, dass hierdurch die Häu­                  Die empfohlene Therapiedauer bei einer
trolle einschließlich 30 Minuten Nachbe­        figkeit schwerer systemischer Reakti­                   SIT mit Inhalationsallergenen beträgt drei
obachtungszeit verabreicht. Bei der einen       onen vermindert und bei mehr Pati­                      bis fünf Jahre [18]. Die Beurteilung des
Gras-Tablette wird sofort mit der Erhal­        enten die Allergenmenge bis zur emp­                    Therapieerfolges kann nur anhand kli­
tungsdosis begonnen, bei der anderen            fohlenen Erhaltungsdosis gesteigert                     nischer Parameter wie Besserung der
erfolgt die Aufdosierung über drei Tage.        werden kann [10, 21].                                   Symptome bzw. der Lungenfunktion so­
Für die Tropfenpräparate existieren un­                                                                 wie Reduktion des Medikamentenver­
terschiedliche Aufdosierungsschemata.          Die derzeit noch gültige Leitlinie                       brauchs erfolgen, verwertbare immuno­
Bereits die zweite Dosis kann bei guter      kommt daher zum Schluss: „Bei uner­                        logische Parameter hierfür sind nicht vor­
Verträglichkeit zu Hause gegeben wer­
den. Tropfenpräparate bieten die Mög­
lichkeit, bei problematischer Verträglich­                      Wie lange bei Inhalationsallergie hyposensibilisieren?
keit eine niedrigere Erhaltungsdosis als
die empfohlene zu wählen.                       Nach zwei Jahren kein Effekt
   Die Tablette bzw. die Tropfen werden         n    Diagnose überprüfen, nochmalige Diagnostik erwägen.
möglichst nüchtern und jeweils zur glei­
                                                n    Neue oder veränderte Allergenbelastung in Betracht ziehen.
chen Tageszeit unter die Zunge gegeben
und sollen dort für möglichst für 2–3 Mi­       n    Bei eindeutiger Diagnose und guter Adhärenz Therapie abbrechen.
nuten verbleiben, bevor der Speichel
hinuntergeschluckt wird. Innerhalb der          Nach drei Jahren guter Therapieerfolg
ersten 5 Minuten nach Verabreichung             n    Nach Aufbrauchen der Packung Therapie beenden.
soll der Patient nicht trinken oder Zähne
putzen. Bei Auffälligkeiten muss der Arzt       Nach drei Jahren Symptombesserung, aber noch störende Restsymptomatik
kontaktiert werden. Bei fieberhaften Er­        n    SIT fortsetzen, evtl. Frequenz oder Dosis ändern.
krankungen, akuten Entzündungen oder
Verletzungen der Mund- oder Rachen­          Tab. 6: Wie lange bei Inhalationsallergie hyposensibilisieren? (modifiziert nach Fischer PJ und Friedrichs F [13])

Pädiatrische Allergologie ∙ 17 ∙ 3/2014                                                                                                                    11
Topic

handen. Auch Pricktest und sIgE bleiben                          Hymenoptera. Voraussetzungen sind die                         Interessenkonflikt
bei Therapieende bei den meisten Pati­                           Sicherung einer IgE- vermittelten Sensi­                      Tobias Ankermann hat Referentenho­
enten positiv („immunologische Narbe“).                          bilisierung, die Sicherung der klinischen                     norare für Vorträge und Fortbildungen
Eine Studie bei Kindern mit Asthma, die                          Relevanz des Allergens, die Unmöglich­                        von Allergopharma, Bencard, Infecto­
eine Hausstaubmilben-SCIT über drei                              keit oder Unwirksamkeit der Allergen­                         Pharm, HAL-Allergie, Novartis und Ther­
bzw. fünf Jahre erhielten, fand drei Jah­                        karenz, die Verfügbarkeit eines gut un­                       moFischer Scientific erhalten.
re nach Therapieende bis auf eine leicht                         tersuchten Präparates und die Sicherung                       Peter J. Fischer hat Referentenhonorare
erhöhte FEV1 in der fünf Jahre behan­                            einer ausreichenden Therapieadhärenz                          von Allergopharma und Novartis sowie
delten Gruppe keine signifikanten Un­                            insbesondere bei der SLIT über den meh­                       Reisekostenzuschüsse von Novartis er­
terschiede im Therapieerfolg [22]. Wird                          rere Jahre dauernden Therapiezeitraum.                        halten.
eine SIT mit einer Mischung nicht homo­                          Zur Wirksamkeit der SLIT bei Asthma
loger Allergene in einer Spritze (z.B. 50 %                      bronchiale sowie zur Verhinderung                             PD Dr. med. Tobias Ankermann
Gräser- und 50 % Birkenpollen) durchge­                          eines Etagenwechsel und von Neusen­                           Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,
führt, muss in der Regel länger als drei                         sibilisierungen liegen zum gegenwär­                          Campus Kiel, Klinik für Allgemeine Pädia­
Jahren therapiert werden. In der Praxis                          tigen Zeitpunkt keine ausreichenden                           trie, Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel
hat sich das in Tabelle 6 dargestellte Vor­                      Daten vor. Kontraindikationen sind ein                        E-Mail: ankermann@pediatrics.uni-kiel.de
gehen bewährt.                                                   instabiles, schweres bzw. unkontrol­
                                                                 liertes Asthma bronchiale und Erkran­                         Dr. med. Peter J. Fischer
              Zusammenfassung                                    kungen, die zu unvorhergesehenen                              Kinder- und Jugendarzt, Allergologie ∙
                                                                 Effekten einer SIT führen können so­                          Kinderpneumologie ∙ Umweltmedizin
Eine Indikation für eine SIT besteht                             wie Medikamente oder Bedingungen,                             Mühlbergle 11
bei Kindern mit allergischer Rhinitis/                           die die Notfalltherapie von Komplika­                         73525 Schwäbisch Gmünd
Rhinokonjunktivitis, Asthma bronchiale                           tionen einer SIT abschwächen können.                          E-Mail: Peter.J.Fischer@t-online.de
und bei der Insektengiftallergie mit syste­                      Die Durchführung sollte durch Ärzte mit
mischen Reaktionen nach Stichen durch                            allergologischen Kenntnissen erfolgen.

                                                                                         Literatur
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                                                                 [18] Kleine-Tebbe J, Bufe A, Ebner C et al. (2009) Leit-
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12                                                                                                                                         Pädiatrische Allergologie ∙ 17 ∙ 3/2014
Immunologie:

Was passiert bei der SIT
im Immunsystem?
Albrecht Bufe, Ruhr-Universität Bochum

                  Einleitung
   Klassische Impfungen zur Verhütung
von Infektionskrankheiten stellen die
erste Begegnung des Immunsystems
mit dem jeweiligen Antigen dar, gegen
das immunisiert und geschützt werden
soll. Im Unterschied dazu besteht die Er­
krankung vor einer spezifischen Immun­
therapie mit Allergenen schon, eine Im­
munisierung, sprich Sensibilisierung hat
bereits stattgefunden. Die spezifische Im­
muntherapie will damit eine Toleranzre­
aktion des Immunsystems wieder her­
stellen.
   Die Jahrzehnte lange Erfahrung zeigt,
dass eine solche Toleranz gegenüber
den Auslösern einer Allergie nur durch
regelmäßige und hoch dosierte Exposi­
tion des Immunsystems mit dem jeweils
spezifischen Antigen/Allergen zustande        Abb. 1
kommt, gegen welches eine Sensibili­
sierung besteht. Dabei scheinen zusätz­      system entweder über die Subkutis (SCIT)   mandibulären und die parabronchialen
lich zu den Allergenen Adjuvanzien er­       oder über die Schleimhaut (SLIT) präsen­   LK [3]. Die Allergene kommen auf zwei
forderlich zu sein, um die Immunreakti­      tiert (Abb. 1).                            Wegen dorthin:
on in Richtung Toleranz beeinflussen und        Die Allergenextrakte diffundieren zu­      1) Sie werden beim sensibilisierten Pa­
verstärken zu können.                        nächst in das lokale Gewebe und werden     tienten an freie IgE- oder IgG-Antikörper
                                             dort von verschiedenen Zellen erkannt      gebunden. Die so gebildeten Komplexe
                Was ist die SIT?             und teilweise aufgenommen [1]. Die Ge­     aus Allergen und IgE/IgG (Antikörper-
                                             schwindigkeit dieser Reaktion hängt von    Aller­genkomplexe) binden über das Fc-
   Bei der SIT werden in der Regel Ex­       der Dosis und der Zusammensetzung          Fragment eines Antikörpers an die je­
trakte als Gemische aus Allergenquellen      der Extrakte ab, insbesondere wenn es      weiligen Rezeptoren: die IgE-Allergen­
verwendet. Diese werden vorher anhand        sich um Depot-Präparate handelt, die       komplexe an die hochaffinen IgE-Rezep­
von Referenzextrakten auf die allergene      nur langsam in der Subkutis freigesetzt    toren auf Mastzellen, auf Eosinophilen
Aktivität standardisiert und gegebenen­      werden [2]. Normalerweise findet man       und auf lokalen dendritischen Zellen (z. B.
falls chemisch modifiziert. Mittlerweile     die Allergene nach der Aufnahme in den     Langerhans-Zellen) [4]; die IgG-Allergen­
können auch einzeln gereinigte Allergene     lokalen Lymphknoten wieder. Das sind       komplexe an Fc-γ-Rezeptor tragende Zel­
zur Therapie verwendet werden.               für den Oberarm die axillären LK und die   len [5], das sind vor allem DCs und orts­
   Die Substanzen werden dem Immun­          Milz, für die Mundschleimhaut die sub­     ständige Makrophagen.

Pädiatrische Allergologie ∙ 17 ∙ 3/2014                                                                                        13
Topic

                                                                                  Von den IgE-Allergenkomplexen weiß
                       Es werden blockierende IgG-Antikörper                   man, dass sie von den DCs phagozytiert
                                                                               und dann intrazellulär in die LK transpor­
                        mit Spezifität für Allergene gebildet.                 tiert werden.
                                                                                  2) Die Proteine wandern gelöst oder
                                                                               als Komplexe durch die afferenten
                                                                               Lymphgefäße direkt in den LK, um dort
                                                                               von den DCs oder B-Zellen aufgenom­
                                                                               men zu werden. Es konnte gezeigt wer­
                                                                               den, dass auch lokal in der Schleimhaut
                                                                               Allergen-spezifische B-Zellen existieren,
                                                                               die dort IgE produzieren [6].
                                                                                  Die Allergendosis, die über die Ex­
                                                                               trakte zu den DCs und den LK kommt, ist
                                                                               um ein Vielfaches höher als bei der nor­
                                                                               malen Allergenexposition. Es wird ver­
                                                                               mutet, dass dieser Umstand einerseits
                                                                               sicherstellt, dass auch genug Allergen in
                                                                               die LK kommt, um eine Aktivierung der
                                                                               jeweiligen Zellen im Sinne einer Booste­
                                                                               rung auszulösen. Andererseits konnte ge­
                                                                               zeigt werden, dass die hohe Dosis Anti­
                                                                               gen eher eine Immuntoleranz denn eine
                                                                               Verstärkung der Hyperreagibilität herbei­
                                                                               führt [7]. Werden die Allergene direkt in
Abb. 2                                                                         den LK appliziert, kann der schützende
                                                                               Mechanismus der Immuntherapie auch
                                                                               mit wesentlich geringeren Mengen an
                                                                               Antigen erreicht werden [8]. Dies spricht
                                                                               dafür, dass der Transport aus der Periphe­
         Adjuvanzien in den Extrakten verstärken den Effekt der Aktivierung.
                                                                               rie in die LK von entscheidender Bedeu­
                                                                               tung ist.

                                                                                          Wie wirkt die SIT?
                                                                                  Mehrere Mechanismen werden disku­
                                                                               tiert, die erklären sollen, wie die spezi­
                                                                               fische Immuntherapie eine Toleranzin­
                                                                               duktion erreicht:

                                                                               Es werden blockierende IgG-Antikör-
                                                                               per mit Spezifität für Allergene gebil-
                                                                               det.
                                                                                  Die Spezifitäten der Antikörper sind
                                                                               teilweise neu für den Patienten, teilwei­
                                                                               se werden vorhandene Allergen-spezi­
                                                                               fische B-Zellen reaktiviert [9]. Die so pro­
                                                                               duzierten IgG-Antikörper enthalten eine
                                                                               Fraktion, die in der Lage ist, die Bindung
                                                                               der immer wieder neu entstehenden IgE-
                                                                               Allergenkomplexe an ihrer Bindung an
                                                                               die B-Zellen und DCs zu hindern [5]. Die­
                                                                               se Antikörper werden als blockierende
Abb. 3                                                                         Antikörper bezeichnet und lassen sich in

14                                                                                     Pädiatrische Allergologie ∙ 17 ∙ 3/2014
standardisierten Assays nachweisen [10].
Der Anstieg dieser blockierenden Anti­
körper korreliert teilweise mit dem Erfolg
                                                   Lokal werden Botenstoffe freigesetzt, die anti-inflammatorisch wirken.
der Therapie. Dies trifft nicht zu, wenn die                 Die lokalen Entzündungszellen werden inhibiert.
gesamte Fraktion der IgG- und IgG4-Anti­
körper bestimmt und mit dem klinischen
Erfolg korreliert wird. Der Anstieg der
IgG-Antikörper ist vor allem Ausdruck für
die Re-Immunisierung durch den Extrakt
und für die Tatsache, dass ausreichend
Allergen gegeben wurde.

Adjuvanzien in den Extrakten verstär-
ken den Effekt der Aktivierung der DCs
und damit die Produktion der IgG-Anti­
körper. Mittlerweile weiß man, dass das
häufig verwendete Aluminiumhydroxid
in den Zellen durch Aktivierung des In­
flammasoms in den Zellen wirkt und so­
mit direkt oder indirekt zur B-Zell-Akti­
vierung beiträgt [11].

Lokal werden Botenstoffe freigesetzt,
die anti-inflammatorisch wirken.
   Die Aktivierung der lokalen DCs durch
das Allergenextrakt kann zur Freisetzung       Abb. 4
von Zytokinen und Mediatoren führen
[12]. Durch die Allergenextrakte werden
die DCs getriggert, insbesondere IL-10
und TGF-β freizusetzen. Beide Zytokine
                                                                Es werden T-regulatorische Zellen gebildet.
können lokal anti-inflammatorisch wir­
ken und die Proliferation von T-Zellen in­
hibieren. Gleichzeitig trägt die Produk­
tion von IL-10 zur Verstärkung der oben
beschriebenen IgG- im Verhältnis zur IgE-
Antikörper-Produktion durch die B-Zellen
bei. Bei der Gabe von Allergenextrakten
beobachtet man im Allgemeinen erst
den Anstieg der IgE-Fraktion, die dann im
Laufe der Zeit langsam wieder abnimmt
[4]. Der Anstieg der IgG-Fraktion bleibt
konstant, kann aber nach Absetzen der
Therapie wieder abfallen. Bei Gabe von
reinen Allergenen ohne weitere Zusätze
steigt die IgE-Fraktion interessanterwei­
se während der Therapie nicht an [13].

Die lokalen Entzündungszellen wer-
den inhibiert.
   Die lokal freigesetzten Zytokine tragen
neben der Reduktion der lokalen T-Zell-
Antwort auch zur Abschwächung der Ak­
tivität von lokalen Mastzellen und ande­
re Effektorzellen wie Eosinophilen bei [4].    Abb. 5

Pädiatrische Allergologie ∙ 17 ∙ 3/2014                                                                                     15
Topic

Dabei ist unklar, ob dies auf direkte Ein­
wirkung durch die Mediatoren oder indi­                                                          Literatur
rekt durch die allgemeine Abschwächung
                                               [1] Bagnasco M, Mariani G, Passalacqua G, Motta          [9] Reisinger J, Horak F, Pauli G, van Hage M ,
der lokalen Entzündungsreaktion zustan­
                                               C, Bartolomei M, Falagiani P, Mistrello G, Cononica      Cromwell O, Konig F, Valenta R, Niederberger V.
de kommt.                                      GW. Absorption and distribution kinetics of the ma-      Allergen-specific nasal IgG antibodies induced by
                                               jor Parietaria judaica allergen (Par j 1) administered   vaccination with genetically modified allergens are
                                               by noninjectable routes in healthy human beings.         associated with reduced nasal allergen sensitivity.
Es werden T-regulatorische Zellen ge-
                                               J Allergy Clin Immunol 1997; 100: 122–129.               J Allergy Clin Immunol 2005; 116: 347–354.
bildet.
                                               [2] Bagnasco M, Altrinetti V, Pesce G, Caputo M,         [10] Passalacqua G, Durham SR. Allergic rhinitis
   Langfristig kann die SIT durch stete        Mistrello G, Falagiani P, Canonica GW, Passalac-         and its impact on asthma update: Allergen im-
Gabe der Allergene zur Aktivierung der         qua G. Pharmacokinetics of Der p 2 allergen and          munotherapy. J Allergy Clin Immunol 2007; 119:
T-regulatorischen Zellen (Tregs) beitra­       derived monomeric allergoid in allergic volunteers.      881–891.
                                               Int Arch Allergy Immunol 2005; 138: 197–202.
gen [14]. Die in den Lymphknoten ge­                                                                    [11] Martinon F, Mayor A, Tschopp J. The Inflam-
                                               [3] Novak N, Allam JP. Mucosal dendritic cells           masomes: Guardians of the Body. Ann Rev Immu-
bildeten und induzierbaren Tregs (i-           in allergy and immunotherapy. Allergy 2011; 66:          nol 2009; 27: 229–265.
Tregs) wandern zurück in die Schleimhaut       22–24.
                                                                                                        [12] Allam JP, Wurtzen PA, Reinartz M, Winter J,
und sorgen durch Freisetzung von IL-10         [4] Akdis M, Akdis CA. Mechanisms of allergen-           Vrtala S, Chen KW, Valenta R, Wenghoefer M,
und TGF-β für die Abschwächung der lo­         specific immunotherapy. J Allergy Clin Immunol           Appel T, Gros E, Niederhagen B, Bieber T, Lund K,
kalen Entzündung. Diese Effekte sind erst      2007; 119: 780–789.                                      Novak N. Phl p 5 resorption in human oral mucosa
                                                                                                        leads to dose-dependent and time-dependent
nach sechs Monaten Therapie zu messen,         [5] Nouri-Aria KT, Wachholz PA, Francis JN, Ja-
                                                                                                        allergen binding by oral mucosal Langerhans cells,
                                               cobson MR, Walker SM, Wilcock LK, Staple SQ,
konnten aber bisher nicht konsistent in        Aalberse RC, Till SJ, Durham SR. Grass pollen
                                                                                                        attenuates their maturation, and enhances their
allen Studien bestätigt werden.                                                                         migratory and TGF-beta 1 and IL-10-producing
                                               immunotherapy induces mucosal and peripheral
                                                                                                        properties. J Allergy Clin Immunol 2010; 126:
                                               IL-10 responses and blocking IgG activity. J Immu-
                                                                                                        638–6U5.
                                               nol 2004; 172: 3252–3259.
Die Affinität der IgE-Antikörper soll                                                                   [13] Jutel M, Jaeger L, Suck R, Meyer H, Fiebig H,
während der SIT abnehmen.                      [6] Takhar P, Smurthwaite L, Coker HA, Fear DJ,
                                                                                                        Cromwell O. Allergen-specific immunotherapy with
                                               Banfield GK, Carr VA, Durham SR, Gould HJ.
   Einige Studien weisen darauf hin, dass                                                               recombinant grass pollen allergens. J Allergy Clin
                                               Allergen drives class switching to IgE in the nasal
                                                                                                        Immunol 2005; 116: 608–613.
die Affinität der Interaktion von IgE-An­      mucosa in allergic rhinitis. J Immunol 2005; 174:
tikörpern mit ihren Rezeptoren während         5024–5032.                                               [14] Akdis M, Verhagen J, A Taylor A, Karamloo F,
                                                                                                        Karagiannidis C, Crameri R, Thunberg S, Deniz G,
der SIT abnimmt [10]. Dadurch kann es          [7] Blaser K, Akdis CA. Interleukin-10, T regulatory
                                                                                                        Valenta R, Fiebig H, Kegel C, Disch R, Schmidt-
                                               cells and specific allergy treatment. Clin Exp Aller-
mittelfristig ebenfalls zu einer Abnahme       gy 2004; 34: 328–331.
                                                                                                        Weber CB, Blaser K, Akdis CA. Immune responses
der Allergenität einer auslösenden Sub­                                                                 in healthy and allergic individuals are characterized
                                               [8] Martinez-Gomez JM, Johansen P, Erdmann               by a fine balance between allergen-specific T
stanz kommen.                                  I, Senti G, Crameri R, Kundig TM. Intralymphatic         regulatory 1 and T helper 2 cells. J Exp Med 2004;
                                               Injections as a New Administration Route for             199: 1567–1575.
                                               Allergen-Specific Immunotherapy. Int Arch Allergy
   Zusammenfassend bleibt festzustel­          Immunol 2009; 150: 59–65.
len, dass die SIT nicht als eine sympto­
matische Behandlung, sondern als kau­
sale Therapie zu verstehen ist, weil sie die
Immunreaktion der Patienten modifiziert
und dafür sorgt, dass diese Modifikati­
onen weit über das Ende der Therapie im
Sinne einer Vakzination bestehen bleiben
können. Die entsprechenden immunolo­
gischen Effekte können teilweise bereits
sehr früh (einige Tage bis Wochen nach
Beginn) gemessen werden.

Prof. Dr. med. Albrecht Bufe
Experimentelle Pneumologie
Ruhr-Universität Bochum
Bergmannsheil Universitätsklinik
Bürkle-de-la-Camp Platz 1
44789 Bochum
E-Mail: albrecht.bufe@rub.de
www.ruhr-uni-bochum.de/homeexpneu

16                                                                                                                     Pädiatrische Allergologie ∙ 17 ∙ 3/2014
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