Konzeption für den Bereich Wohnen - Wohnstätten
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Vorwort Wohnheim An den Unteren Eichen Liebe Leserinnen, liebe Leser, w ohnen heißt zu Hause sein: So war und ist zogen. Zu dieser Zeit war eine kleine Wohngruppe in normal und anders rücken in den Hintergrund. Statt der Grundgedanke unserer Konzeption für unmittelbarer Nachbarschaft zu Menschen ohne Be- Abgrenzung lenkt Inklusion den Blick auf persönliche 9 Wohnplätze die Wohnheime der Lebenshilfe Schweinfurt. hinderung noch eine Ausnahme. Begegnung und gegenseitige Bereicherung. Aus- Ziel ist es bis heute, Menschen mit Behinderung ein gehend von der individuellen Verschiedenheit eines Wohnangebot zu machen, in dem sie Geborgenheit Neben den stationären Wohnangeboten hat die Le- jeden Einzelnen, muss es auch unterschiedliche An- und Schutz, Privatheit und Eigenständigkeit in einer benshilfe Schweinfurt im Jahr 1987 als eine der ersten gebote zum Wohnen und Leben geben. Rechtliche überschaubaren Gemeinschaft erleben können. Nor- Einrichtungen in der Behindertenhilfe mit dem beglei- Grundlage dieser Wohnangebote ist das bayrische malisierung, Individualisierung, Selbst- und Mitbe- teten Wohnen als ambulante Wohnform begonnen. Pflege- und Wohnqualitätsgesetz. stimmung waren und sind unsere Leitlinien. Wohnen Mehr als 20 Menschen mit Behinderung erhielten soll die Entwicklung jedes Einzelnen unterstützen und schon damals individuelle Hilfen für ein selbstbe- Vor Ihnen liegt das Ergebnis eines Prozesses der Über- die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. stimmtes und weitgehend normales Leben in der ei- bzw. Neubearbeitung der bisherigen Konzeption für genen Wohnung. Mit diesen Erfahrungen wurde der den Bereich Wohnen. Unsere Absicht war es, den Wenn wir uns unsere Wohnheime anschauen, dann Grundstein für den erheblichen Ausbau der ambulan- Bereich Wohnen in seiner Vielschichtigkeit differen- finden wir Wohngruppen, die in verschiedenen Stadt- ten Hilfen im Bereich Wohnen in den vergangenen ziert zu betrachten und konkret zu beschreiben. Da- teilen angesiedelt sind. Sie sind im wahrsten Sinne zehn Jahren gelegt. bei haben wir im Text der Einfachheit halber darauf des Wortes gemeindenah integriert, in der Nähe von verzichtet, Bewohnerinnen und Bewohner sprachlich Geschäften, Ärzten und öffentlichen Einrichtungen Der früher vorrangige Gedanke des Schützens, des zu unterscheiden und stattdessen konsequent die gelegen und haben eine gute Anbindung an den öf- Betreuens und Erziehens ist im Bereich Wohnen der männliche Wortform im Sinne geschlechtsneutraler fentlichen Nahverkehr. Wie sich gezeigt hat, ist das Diskussion über Themen wie Selbstbestimmung, Mit- Gattungsbegriffe gewählt. Unsere Konzeption soll ein ausgesprochen positiver Beitrag zur Integration bestimmung, Teilhabe und Gleichberechtigung von auch Handlungsauftrag und Orientierung für unsere und Normalisierung der Lebenswelt von Menschen Menschen mit Behinderung gewichen. Zusätzlich Bewohner, für Eltern und Angehörige sowie für un- mit Behinderung. gilt seit 2009 in Deutschland die UN-Behinderten- sere Mitarbeiter sein. Sie soll die Haltung der Lebens- rechtskonvention. In ihr werden konkrete Forderun- hilfe Schweinfurt deutlich machen und beschreiben. Die Lebenshilfe Schweinfurt hat im Jahr 1972 in gen formuliert, wie Teilhabe und Inklusion umgesetzt Oberndorf in der Zeppelinstraße 4 ihr erstes Wohn- werden sollen. Inklusion als Weiterentwicklung des Schweinfurt, November 2012 heim für Menschen mit Behinderung eröffnet. Da- Integrationsgedankens ist der Versuch, Ausgrenzung mals sind acht Mitarbeiter einer unserer Werkstätten zu vermeiden und Vielfalt zu bejahen. Kategorien für behinderte Menschen in dieses Wohnheim einge- wie schwach und stark, Mehrheit und Minderheit, 4 5
Inhaltsverzeichnis 2. Personenkreis und Wohnangebote 3. Mitarbeiter in Wohneinrichtungen 2.1 Wohn- und Betreuungsangebote im stationären Bereich S. 16 3.1 Führungsverständnis S. 31 2.2 Betreuungsangebote 3.2 Berufsgruppen S. 32 im ambulanten Bereich S. 25 3.3 Aufgaben S. 32 3.4 Anforderungen S. 32 3.5 Personalentwicklung S. 35 3.6 Personalplanung S. 35 1. Wohnen heißt zu Hause sein S. 8 3.7 Mitarbeitervertretung S. 35 4. Wie wir unseren Auftrag erfüllen 7. Kontaktadressen der 4.1 Leitlinien und Ziele S. 37 Verwaltung und 4.2 Hilfebereiche S. 41 Wohnhäuser S. 58 4.3 Formen der Unterstützung S. 46 5. Mitwirkung in Wohneinrichtungen 6. Qualitätssicherung und Zusammenarbeit 5.1 Mitwirkung und Mitbestimmung mit externen Stellen von Bewohnern S. 51 5.2 Zusammenarbeit mit Eltern, 6.1 Qualitätssicherung S. 55 Angehörigen, gesetzlichen 6.2 Zusammenarbeit mit Betreuern S. 52 externen Stellen S. 56 6 7
M enschen mit Behinderung haben Anspruch auf ein eigenes Zuhause. Es muss selbstver- ständlich sein, dass sie einen gesellschaftlich als normal empfundenen Lebensweg verfolgen und im Erwachsenenalter ihr Elternhaus verlassen können. Ein Zuhause bedeutet nicht nur Unterkunft, Verpfle- gung und Versorgung, sondern soll auch Schutz, Pri- vatheit und Geborgenheit bieten sowie Eigenständig- keit und Gemeinschaft ermöglichen. Menschen mit Behinderung sollen so normal wie möglich leben kön- nen und dazu jede Hilfe erhalten, die sie brauchen. Aus dieser Forderung ergibt sich die Notwendigkeit eines vielfältigen Wohnangebotes. Unterkunft, Versorgung und Verpflegung • Das Wohnheim/die Wohnung soll nicht den Cha- rakter eines Sonderbaus, zum Beispiel einer Klinik, haben, sondern wohnlich sein. • Das Wohnheim/die Wohnung ist integriert in den Stadtteil bzw. in das Dorf. Es besteht Kontakt zu 1. den Nachbarn in unmittelbarer Umgebung. Wohnen heißt • Die räumliche Nähe zur örtlichen Infrastruktur (Einkaufsmöglichkeiten, Stadtbusverbindung, zu Hause sein Apotheke, Arztpraxis usw.) ist gegeben. • Jeder Bewohner hat das Recht auf ein Einzelzimmer. 8 9
1. Wohnen heißt zu Hause sein • Das Wohnheim/die Wohnung soll mit Blick auf Geborgenheit • Eigenständigkeit wird unterstützt, indem Bewoh- die Beeinträchtigungen seiner Bewohner gestaltet • Die räumliche Nähe zur Familie und der Bezug zur nern Möglichkeiten geboten werden, sich in ver- sein. Das meint zum Beispiel Barrierefreiheit für Heimat fördern das Empfinden, „gut aufgeho- schiedenen Bereichen fortzubilden. Rollstuhlfahrer, Handläufe für Senioren, räumliche ben“ zu sein. Orientierungshilfen und anderes mehr. • Für Bewohner besteht die Möglichkeit, innerhalb • Das Gefühl von Geborgenheit entsteht durch das der Wohnangebote der Lebenshilfe Schweinfurt • In Wohnheimen sind Gemeinschaftsräume vor- Zusammenleben in überschaubaren, stabilen und umzuziehen. Neben dem Wunsch des Betreffen- handen, wie zum Beispiel ein Wohnzimmer, eine funktionierenden Beziehungen. den sollen dabei der Entwicklungsstand und die Küche, ein Garten, eine Terrasse oder Abstellräu- aktuelle Lebenssituation berücksichtigt werden. me, um persönliche Gegenstände unterzustellen. • Geborgenheit meint auch Sicherheit und Schutz Beispielsweise kann ein Bewohner in eine eigene vor Gefahren und Einschränkungen durch Perso- Wohnung ziehen und dort ambulant betreut wer- • Das Wohnheim bietet eine Versorgung gemäß nen und/oder Institutionen. den, wenn er vorher die entsprechenden Fähig- aktuellen Standards, wie zum Beispiel einen Te- keiten eingeübt hat. lefonanschluss mit Flatrate, Kabelfernsehen und auf Wunsch einen eigenen Internetanschluss. Eigenständigkeit • Die Möglichkeiten jedes Einzelnen, sich auszu- • Eigenständigkeit meint in erster Linie, möglichst drücken und mitzuteilen, müssen im Hinblick auf • Im Wohnheim werden für die Bewohner sämtli- unabhängig von fremder Hilfe den eigenen Alltag größtmögliche Eigenständigkeit bewusst beach- che notwendigen Pflegehilfsmittel zur Verfügung zu gestalten. tet und unterstützt werden. Dies kann zum Bei- Wohnheim Roßbrunnstraße gestellt, sofern sie nicht von anderen Leistungs- spiel durch verschiedene Formen der Unterstütz- trägern finanziert werden. • Eigenständigkeit wird gezielt gefördert. Es geht ten Kommunikation geschehen. aber nicht nur darum, bestimmte Fähigkeiten • Bewohner verpflegen sich soweit wie möglich weiterzuentwickeln (z. B. der selbstständige Um- • Jede Unterstützung der Mitarbeiter in der Pflege 12 Wohnplätze selbstständig und erhalten dabei in dem für sie gang mit Geld), sondern auch darum, bestimmte zielt darauf ab, dass der Bewohner die Körper- notwendigen Maß Unterstützung. Im Wohnheim Fähigkeiten zu erhalten. pflege so weit wie möglich eigenständig durch- werden Bewohner beim Einkaufen und Kochen führen kann. aktiv miteinbezogen. • Die Förderung von Eigenständigkeit berücksich- tigt Themen der persönlichen Entwicklung (z. B. • Die Mitarbeiter achten darauf, dass durch die • Medizinische Verpflegung, zum Beispiel Diätessen Ablösung vom Elternhaus, Beziehung zu einem pflegerischen Maßnahmen die eigenständige All- und Sondennahrung, wird bei Bedarf im Wohn- Partner, Kinderwunsch, Ruhestand, Umgang mit tagsgestaltung des Bewohners nicht bzw. mög- heim vorgehalten. Krankheit und Altersgebrechlichkeit, Sterben). lichst wenig beeinträchtigt wird. 10 11
1. Wohnen heißt zu Hause sein Wohnheim Gartenstadtstraße Privatheit der Intimsphäre durch Mitarbeiter gegeben. Eine kommunalen Infrastruktur, am Verkehr, an sportli- In den Ambulant Unterstützten Wohnformen ist äußerst sensible und einfühlsame Vorgehenswei- chen, kulturellen oder religiösen Veranstaltungen Privatheit in der eigenen Wohnung Normalität. Im se ist hier erforderlich. Dies beinhaltet auch ge- sowie an Freizeit- oder Erholungsmaßnahmen Wohnheimbereich müssen strukturelle Bedingungen zieltes Nachfragen beim Betroffenen. von Vereinen, Kirchengemeinden oder anderen 23 Wohnplätze geschaffen werden, um Privatheit zu gewährleisten: öffentlichen Trägern. • Partnerschaften, Beziehungen und Sexualität • Die Wohnheim-Bewohner verfügen über ein ei- können erlebt und gelebt werden. Eine sensib- • Das Zusammenleben in einer Wohngruppe wird genes Zimmer, in das sie sich bei Bedarf jederzeit le Begleitung erfolgt durch Mitarbeiter und auf durch gemeinsame Vereinbarungen geregelt. Da- zurückziehen können. Der Privatbereich des Be- Wunsch durch externe Beratungsstellen. rüber hinaus werden Respekt, gegenseitige Wert- wohners ist vom Gemeinschaftsbereich (Küche, schätzung und ein rücksichtsvoller Umgang mitei- Essbereich, Aufenthaltsraum) räumlich abge- • Bewohner werden beim Ausüben privater Interes- nander vermittelt. trennt. Der Bewohner kann sein Zimmer individu- sen und Hobbys auf Wunsch unterstützt. ell ausstatten und gestalten. • Bei der Zusammensetzung einer Wohngemein- • Bewohner können sich an Mitarbeiter, aber auch schaft haben die Gemeinschaftsmitglieder ein • Die Privatsphäre des Einzelnen wird von Mitarbei- an weitere Vertrauenspersonen mit privaten An- Mitspracherecht (Bewohner von Wohngemein- tern und Mitbewohnern geachtet und geschützt. liegen und Themen wenden. schaften haben das Recht, sich vor Einzug eines Mitbewohners für oder gegen den Neuen bzw. • Durch das Schaffen entsprechender Rahmenbe- die Neue auszusprechen). dingungen (z. B. eigener Telefonanschluss oder Gemeinschaft mobiles Telefon) kann der Bewohner ungestört • Die Bewohner werden darin unterstützt, ein Ge- Gespräche führen. fühl der Zugehörigkeit zur Wohngruppe, zur Offenheit nach außen Nachbarschaft, zum Wohnblock und zum Stadt- • Bei Freizeitangeboten für eine Bewohnergemein- • Das private Eigentum des Bewohners wird respek- teil zu entwickeln. schaft besteht kein Gruppenzwang. tiert und geachtet. • Durch die räumliche Nähe zu Familie und Freun- • Das Wohnheim steht auch Besuchern offen, • Die Intimsphäre des Einzelnen (z. B. beim An- und den werden soziale Bezüge aufrechterhalten. wenn diese von den Bewohnern eingeladen wer- Auskleiden, bei der Körperpflege) wird von Mit- den. Besucher können auch über Nacht oder über bewohnern und Mitarbeitern beachtet und ge- • „Mitleben“, „Mitbewegen“, „Mitspielen“, „Mit- das Wochenende bleiben. In Einrichtungen des wahrt. Je mehr ein Bewohner auf Pflegeleistungen gestalten“, „Mitsprechen“, „Mitarbeiten“: Ge- Gruppenwohnens muss Besuch angemeldet und angewiesen ist, umso mehr sind Einschränkungen meinschaft entsteht auch durch Teilhabe an der von der Gruppe toleriert sein. 12 13
1. Wohnen heißt zu Hause sein • Bewohner werden aktiv darin unterstützt, die Infrastruktur vor Ort (Geschäfte, Banken, Ärzte, Apotheken usw.) zu nutzen. • Bewohner werden aktiv darin unterstützt, immer wieder neu mit Nachbarn in Kontakt zu treten, um in den nachbarschaftlichen Bezügen einge- bunden zu sein und zu bleiben. • Bewohner werden aktiv darin unterstützt, am Stadtteil- oder Dorfleben teilzunehmen, kulturelle Angebote zu nutzen und sich ins Gesellschaftsle- ben einzubringen. • Bewohner werden ermutigt und darin unterstützt, Neues auszuprobieren. Sowohl das Ausprobieren von Neuem als auch zunehmende Offenheit nach außen führen dazu, dass Schutzräume abgebaut werden: Menschen mit Behinderung werden dann mitunter auch vermehrt mit negativen ge- sellschaftlichen Gegebenheiten, wie zum Beispiel Abwertungsprozessen oder Gleichgültigkeit, kon- 2. frontiert. Nichtsdestotrotz sollten neue Erfahrun- gen in erster Linie als Chance zur Weiterentwick- lung betrachtet werden. Personenkreis und Wohnangebote 14 15
2. Personenkreis und Wohnangebote 2.1 Wohn- und Betreuungsangebote im stationären Bereich I m Bereich Wohnen der Lebenshilfe Schweinfurt • Motivation des Interessenten, einen Wohnplatz Steht ein Wohnplatz zur Verfügung, sollte ein Besuch können erwachsene Menschen mit Behinderung ein zu erhalten im entsprechenden Haus erfolgen. Der Interessent Zuhause finden, wenn ihr individueller Hilfebedarf und seine Angehörigen bzw. gesetzlichen Vertreter in den vorhandenen Wohnformen abgedeckt werden • Sicherstellung der Kostenübernahme sowie die Bewohner und Mitarbeiter lernen sich ken- kann. Wir bieten differenzierte Wohnmöglichkeiten, nen. Danach wird ein Termin zum Probewohnen ver- die sich an den unterschiedlichen Bedürfnissen von Der Interessent (oder sein gesetzlicher Vertreter) einbart, das nach Abschluss gemeinsam ausgewertet Menschen mit Behinderung orientieren. stellt telefonisch oder schriftlich eine Anfrage an die wird. Die Entscheidung, wann und wo die Aufnahme Wohnstättenleitung der Lebenshilfe Schweinfurt. Da- erfolgen wird, trifft die Wohnstättenleitung. Das Auf- nach wird ihm ein „Antrag auf Vormerkung für einen nahmeverfahren externer Besucher in eine Senioren- 2.1 Wohn- und Betreuungsangebote Wohnheimplatz“ zugesandt. Dieser muss ausgefüllt tagesgruppe entspricht dem Aufnahmeverfahren für an die Wohnheimleitung zurückgeschickt werden. ein Wohnheim/Wohnpflegeheim. im stationären Bereich Der Antrag ist für beide Seiten rechtlich nicht bin- Aufnahmeverfahren und -kriterien dend, d. h. der Interessent ist nicht verpflichtet, einen Kriterien für eine Aufnahme in ein Wohnheim, ein angebotenen Wohnplatz anzunehmen. Er hat aller- Wohnen in einem Wohnheim Wohnpflegeheim oder eine Seniorentagesgruppe der dings auch keinen Rechtsanspruch auf einen Wohn- In einem Wohnheim leben erwachsene Frauen und Lebenshilfe Schweinfurt sind: heimplatz. Aufgrund der begrenzten Anzahl von Männer gemeinsam als Wohngemeinschaft. Die Wohnheimplätzen kann die Lebenshilfe Schweinfurt Wohnheime befinden sich in verschiedenen Stadttei- • Es besteht eine geistige, körperliche und/oder keine Aufnahmegarantie aussprechen. len Schweinfurts und Hammelburgs, auch in Fuchs- Wohnheim Neutorstraße psychische Behinderung. stadt haben wir ein Wohnheim. Unsere Wohnheime Um den Interessenten kennenzulernen, vereinbart die sind durchweg in die Nachbarschaft eingebettet und • Besuch einer Werkstatt für behinderte Menschen zuständige Fachbereichsleitung einen ersten Termin, nutzen die Infrastruktur vor Ort. Eine gute Erreich- 10 Wohnplätze (WfbM) oder einer anderen Tagesstruktur in der Regel in Form eines Hausbesuchs. Hierbei wer- barkeit von Einkaufsmöglichkeiten, eine gute Versor- den wichtige persönliche Informationen zum Interes- gung mit Ärzten und eine gute Anbindung an den • regionaler Bezug (Wohnort) zu unserer Einrich- senten in schriftlicher Form aufgenommen. öffentlichen Nahverkehr sind bei allen Wohnheimen tung: Die Anfragen aus dem Einzugsbereich unse- der Lebenshilfe Schweinfurt gegeben. rer Schweinfurter und Hammelburger Werkstät- Die Lebenshilfe Schweinfurt ist bemüht, einen passen- ten werden vorrangig berücksichtigt. den Wohnplatz anzubieten. Hierbei spielen u. a. die Die Gemeinschaftsräume können und sollen von den Altersstruktur und Zusammensetzung einer Wohn- Bewohnern mitgestaltet werden. Das eigene Zimmer • Dringlichkeit, weil eine häusliche oder ambulante gruppe sowie die räumlichen Gegebenheiten (ist Bar- ist ein privater Bereich, der entsprechend geachtet Betreuung nicht (mehr) möglich ist. rierefreiheit nötig?) des Wohnheimes eine Rolle. wird. Auch hier ist Gestaltungsfreiheit gegeben. 16 17
2. Personenkreis und Wohnangebote 2.1 Wohn- und Betreuungsangebote im stationären Bereich Die Wohngruppe versorgt sich selbst. Das meint, dass Beispiel für den Tagesablauf in einem Wohnheim jedes Wohnheim einen eigenen Etat hat und diesen für Lebensmittel, Getränke, Putzmittel etc. verwen- Ab 5.45 Uhr werden die Bewohner im Rahmen des mor- Gegen 18.00 Uhr wird gemeinsam zu Abend gegessen. det. Es wird gemeinsam eingekauft, gekocht, sauber gendlichen Ablaufs geweckt. Wenn notwendig, erhalten Anschließend räumt der Küchendienst die Küche auf und gemacht, aufgeräumt und Wäsche gewaschen. Jeder sie Begleitung und Hilfestellung bei der Morgenhygiene. spült ab. Nach dem Abendessen und den jeweiligen Diens- Bewohner soll sich – so gut es ihm möglich ist – mit Anschließend werden die planmäßigen Dienste verrichtet ten ist Zeit für Spiele, Fernsehen, spazieren gehen oder seinen Fähigkeiten einbringen und mithelfen sowie (Frühstücksvorbereitung, Kaffee kochen, Tisch decken). andere Freizeitgestaltungen. Je nach Hilfebedarf werden Verantwortung übernehmen. die Bewohner bei der Körperpflege unterstützt. Ab 6.30 Uhr wird im Gruppenraum gemeinsam gefrühstückt Der Gruppenalltag wird von einem Mitarbeiterteam sowie die Brotzeit für die Arbeit hergerichtet. In dieser Zeit Gegen 22.00 Uhr beginnt die Nachtruhe und die Bewohner unterschiedlicher Professionen begleitet. Von ihm er- werden auch verordnete Medikamente ausgegeben. ziehen sich in ihre Zimmer zurück. Die Bewohner gehen halten die Bewohner individuelle Hilfestellungen in selbstständig zu Bett oder erhalten die jeweils erforderli- Form von Anleitung, Begleitung, Unterstützung oder Ab 7.00 Uhr verlassen die Bewohner das Haus. Je nach che Unterstützung. Sollte ein Bewohner in der Nacht Hil- auch durch die Übernahme einer Tätigkeit. Ein wich- Fähigkeiten erfolgt der Weg zur Arbeit zu Fuß, mit einem fe benötigen, ist grundsätzlich immer ein Mitarbeiter im Wohnheim Zeppelinstraße (erstes Wohnheim der tiger Grundgedanke im Wohnheim ist es, dass sich Fahrdienst, dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln. Wohnheim als Nachtbereitschaft anwesend. jedes Gruppenmitglied so weit wie möglich selbst ver- sorgen und seine Fähigkeiten und Kompetenzen ein- Lebenshilfe Schweinfurt), 10 Wohnplätze Vormittags wird das Wohnheim von einer professionellen Am Wochenende und an arbeitsfreien Tagen gibt es keine bringen soll. Wo Hilfe benötigt wird, wird diese von Reinigungskraft gereinigt. einheitliche Weckzeit. Bewohner, die Medikamente erhal- Mitarbeitern gegeben. Das kann beim Anziehen sein ten, werden geweckt, damit sie pünktlich versorgt werden. oder bei der Körperpflege, bei der Wäschepflege oder Ab 16.00 Uhr treffen die Bewohner nach ihrem Arbeitstag beim Einkaufen von persönlichen Dingen. wieder im Wohnheim ein. Es besteht die Möglichkeit, Kaf- Zwischen 8.00 Uhr und 11.00 Uhr wird das Frühstück ange- fee zu trinken, außerdem wird die Gestaltung des weiteren boten. Die Tagesgestaltung wird geplant. Der Schwerpunkt Der Speiseplan wird mit allen gemeinsam bespro- Tagesablaufs besprochen. Jetzt ist Zeit für ein Gespräch, liegt am Wochenende auf Freizeitgestaltung (Ausflüge, chen und festgelegt. Ebenso werden z. B. in Grup- es muss ein Einkauf erledigt oder ein Bewohner muss zum Kino, Kegeln, Besuche in anderen Wohnheimen), Erholung penbesprechungen Dienste und Aufgaben sowie die Arzt begleitet werden. sowie Förderung im hauswirtschaftlichen Bereich. Hier gemeinsamen Freizeitaktivitäten geplant und organi- werden die Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner ent- siert. Jeder Bewohner kann an Freizeitaktivitäten der Ab 17.00 Uhr wird mit den Vorbereitungen für das gemein- sprechend berücksichtigt. Wohngruppe teilnehmen oder seine eigenen Interes- same Abendessen begonnen. Die Bewohner wechseln sich sen verfolgen und/oder etwas alleine oder mit seinen regelmäßig bei den hauswirtschaftlichen Tätigkeiten (Kü- Einige Bewohner fahren am Heimfahrwochenende zu ihren Freunden unternehmen. chendienst, Wäschedienst) ab. Angehörigen nach Hause. 18 19
2. Personenkreis und Wohnangebote 2.1 Wohn- und Betreuungsangebote im stationären Bereich Wohnheim Hoefelstraße Das Miteinander in einer größeren Gruppe bringt es Die Aufnahme in ein Wohnheim ist auf unbestimm- Wenn kein anderer geeigneter Wohnheimplatz an- mit sich, dass es immer aufs Neue gilt, Kompromis- te Dauer angelegt. Es wird ein Wohn- und Betreu- geboten werden kann, kann es zur Kündigung des se zu schließen. Dies geht nicht ohne Auseinander- ungsvertrag abgeschlossen. Wenn es der Bewohner Wohn- und Betreuungsvertrags durch die Lebenshilfe 12 Wohnplätze setzungen oder Meinungsverschiedenheiten. Auch wünscht und die Betreuung im jeweiligen Wohnheim Schweinfurt kommen. Die Wohnstättenleitung ist in ist es wichtig, anderen gegenüber Toleranz zu üben möglich ist, so kann er bis an sein Lebensende dort einer solchen Krisensituation verpflichtet, das für den und Konflikte in einer angemessenen Form zu klären. wohnen. Besteht der Wunsch, das Wohnheim zu Bereich Wohnen zuständige Mitglied des Vorstands Manchmal gelingt das nur schwer, ein anderes Mal wechseln, so ist dies ebenfalls möglich und es wird bei der Entscheidung einzubeziehen. Falls der Wohn- gelingt es dann wieder sehr gut. In einer Wohnge- einvernehmlich mit dem Bewohner, dem gesetzlichen und Betreuungsvertrag gekündigt wird, bemüht sich meinschaft zu leben, kann also auch anstrengend Vertreter und der Lebenshilfe Schweinfurt versucht, die Lebenshilfe Schweinfurt, gemeinsam mit den Ver- sein. Daher ist es immer möglich, sich von der Ge- einen geeigneten Wohnplatz zu finden. tragspartnern einen geeigneten Wohnheimplatz in meinschaft zurückzuziehen, um alleine zu sein und einer anderen Einrichtung zu finden. seine Ruhe zu haben. Wenn der Betrieb eines Wohnheims eingestellt wird oder die Betreuung und Pflege im Wohnheim fach- Besuche sind gerne gesehen. Das gilt sowohl für El- lich nicht mehr geleistet werden kann (in der Regel, Wohnen in einer betreuten Wohngruppe tern, Verwandte und gesetzliche Betreuer als auch für weil sich gravierende gesundheitliche Veränderungen Immer wieder gibt es erwachsene Menschen mit Be- Freunde und Freundinnen. des Bewohners ergeben haben), wird der Wohn- und hinderung, die ihr Leben selber in die Hand nehmen Betreuungsvertrag geändert. Dann werden die An- und in einer eigenen Wohnung leben möchten. Die In vielen Wohnheimen wird einmal im Jahr eine Ur- gehörigen/gesetzlichen Betreuer von der Wohnstät- umfassenden Hilfen, die in einem Wohnheim rund laubsreise gemeinsam mit den Bewohnern geplant tenleitung informiert. In gemeinsamen Gesprächen um die Uhr gegeben werden, wollen nicht (mehr) in und durchgeführt. In allen Wohnheimen werden zwischen den Vertragspartnern soll ein Weg gesucht Anspruch genommen werden. Das Leben in den ei- jahreszeitliche Feste und Feiertage entsprechend den werden, wie die Lebenshilfe Schweinfurt den ver- genen vier Wänden wird als Freiheit, als Zuwachs an Wünschen der Bewohner gestaltet und begangen. änderten Anforderungen des Bewohners begegnen Eigenständigkeit und sozialem Status empfunden. In Auch persönliche Feiern wie Geburtstage sind wie- kann. Wenn der veränderte Hilfebedarf in einem an- aller Regel lassen sich solche Interessenten ambulant derkehrende Ereignisse in unseren Wohnheimen. deren unserer Wohnheime fachlich begleitet werden unterstützen (siehe auch Kapitel 2.2: Betreuungsan- kann, werden wir einen Umzug anbieten. Das kann gebote im ambulanten Bereich). Muss ein Bewohner zum Arzt und benötigt dabei Un- zum Beispiel dann der Fall sein, wenn ein Bewohner terstützung, wird er von einem Mitarbeiter begleitet. aus Altersgründen ein Wohnheim mit Pflegebad und Mancher aber scheut den Schritt ins ambulant un- Sollte ein Bewohner einmal krank werden und muss Aufzug benötigt. Der Umzug in ein anderes Wohn- terstützte Wohnen. Meist steht hierbei die Sorge im das Bett hüten, so wird eine Betreuung vor Ort im heim setzt voraus, dass ein angepasster Wohn- und Mittelpunkt, allein bzw. mit wenig Hilfe nicht zu- Wohnheim durch unsere Mitarbeiter erfolgen. Betreuungsvertrag abgeschlossen wird. rechtzukommen. Es kann aber auch sein, dass eine 20 21
2. Personenkreis und Wohnangebote 2.1 Wohn- und Betreuungsangebote im stationären Bereich Anfallserkrankung oder anderes das Leben in einer wie die eigene Persönlichkeit zu entfalten. In die- Wohnheimen im Krankheitsfall genutzt werden, so- Wohngemeinschaft sinnvoller erscheinen lassen. sem Zuhause wird jeder Mensch entsprechend seiner fern ein Verbleib im Wohnheim nicht erforderlich ist. Wohnheim Herdgasse Bedürfnisse dabei unterstützt, eine größtmögliche Für diesen Personenkreis bieten wir betreute Wohn- Selbstständigkeit im Rahmen seiner Möglichkeiten Die Tagesbetreuung findet in eigens dafür vorgesehe- 18 Wohnplätze gruppen an: In Wohnungen, die in räumlicher Nähe zu entwickeln. Es werden tagesstrukturierende Maß- nen Räumlichkeiten statt. Diese sind entweder an ein zu einem Wohnheim liegen, können sich Wohnge- nahmen mit gezielten Förderungen in verschiedenen Wohnheim angegliedert oder befinden sich an zen- meinschaften in einem vereinbarten Umfang unter- Lebensbereichen sowie außerhäusliche Aktivitäten tralen Orten innerhalb des Stadtgebiets, um nachbar- stützen lassen. In der Regel ist täglich ein Mitarbeiter durchgeführt, die eine Teilhabe am kulturellen und schaftliche Kontakte sowie die Teilnahme am öffentli- der Lebenshilfe Schweinfurt in der Wohngruppe vor gesellschaftlichen Leben ermöglichen. chen Leben zu ermöglichen. Ort, in der Nacht besteht eine telefonische Rufbereit- schaft zu dem nahe gelegenen Partnerwohnheim. An Die Senioren werden in Gruppen von 8 bis 12 Perso- den Aktivitäten des Partnerwohnheimes können die Kurzzeitplätze in einem Wohnheim nen werktags in der Zeit von 8 bis 16 Uhr umfassend Bewohner der betreuten Wohngruppe teilnehmen. In einzelnen Wohngruppen steht ein Zimmer zur betreut. Hier erfahren sie Struktur, Sicherheit und Kurzzeitunterbringung zur Verfügung. Menschen Orientierung. Im Rahmen der fachlich qualifizierten mit Behinderung, die zu Hause bei ihren Angehöri- Begleitung werden alltägliche Versorgung und Pfle- Wohnen in einem Wohnpflegeheim gen leben und deren Betreuungsperson zum Beispiel ge geleistet sowie eine Vielzahl von Beschäftigungen Unsere Wohnpflegeheime bieten mit kleinen Wohn- aufgrund von Krankheit, Kur oder Urlaub ausfällt, und Freizeitaktivitäten in der Gruppe und außer Haus gruppen von 6 bis 8 Personen ein Zuhause für er- können für eine begrenzte Zeit dort aufgenommen angeboten. Körper und Geist werden dabei aktiviert wachsene Menschen mit schwerer geistiger und werden. Kurzzeitplätze bieten darüber hinaus auch und bestehende Fähigkeiten und Fertigkeiten erhal- körperlicher Behinderung. Wenn die Pflege oder Be- die Gelegenheit, den Alltag in einer Wohngruppe ten. Darüber hinaus werden die Senioren auch an- treuung eines schwerbehinderten Angehörigen in der kennenzulernen, zum Beispiel zur Vorbereitung einer geregt, Neues auszuprobieren und zu erleben. Um Familie nicht mehr möglich ist bzw. eine Loslösung Wohnheimaufnahme. soziale Bezüge zu erhalten und zu fördern, werden vom Elternhaus ansteht, bietet das Wohnpflegeheim Kontakte zur Familie, zu ehemaligen Arbeitskollegen eine Perspektive. Das Angebot umfasst eine pflegeri- und anderen Senioren innerhalb und außerhalb der sche und pädagogische „Rund-um-die-Uhr“-Betreu- Tagesbetreuung im Alter Lebenshilfe Schweinfurt gepflegt. ung, die einen individuellen Lebensstil außerhalb des Die Tagesbetreuung steht Bewohnern aus den Wohn- Elternhauses ermöglicht. heimen oder den Ambulant Unterstützten Wohn- Die eigene Lebensgeschichte mit ihren Höhen und formen zur Verfügung, die das Rentenalter erreicht Tiefen wird im Rahmen der Biografiearbeit aufgegrif- Das Wohnpflegeheim bietet Geborgenheit und haben oder vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausschei- fen, ebenso erfahren die Senioren Unterstützung in Schutz, aber auch die Möglichkeit, Fähigkeiten so- den. Das Angebot kann auch von Bewohnern aus den der Auseinandersetzung mit den Themen „Älterwer- 22 23
2. Personenkreis und Wohnangebote 2.2 Betreuungsangebote im ambulanten Bereich Wohnpflegeheim Falkenring den“, „Krankheit“ sowie „Sterben und Tod“. Für den Vordergrund tritt und im Rahmen des Gruppenwoh- eine Auflösung des Heimvertrages und/oder ein Ein- Bereich Senioren gibt es eine eigene Konzeption. nens nicht mehr tragbar ist. Ebenso verhält es sich mit richtungswechsel angestrebt. In letztem Fall wird sei- anhaltendem extrem herausforderndem Verhalten, tens der Lebenshilfe Schweinfurt intensiv eine alter- 12 Wohnplätze gepaart mit erheblicher Selbst- und Fremdgefähr- native Wohn- und Betreuungsform gesucht. Grenzen im stationären Bereich dung. Selbstgefährdung besteht beispielsweise auch Prinzipiell ist in den Wohnheimen der Lebenshilfe bei dauerhaftem Betäubungsmittelmissbrauch. Schweinfurt ein Verbleib bis zum Lebensende mög- 2.2 Betreuungsangebote im lich. Treten bei einem Bewohner im Laufe seines Le- Ist eine dauerhafte Versorgung des Bewohners außer- ambulanten Bereich bens Veränderungen auf, die einen veränderten/er- halb der Betreuungszeiten der Wohnheime notwen- höhten Hilfebedarf zur Folge haben, wird zunächst dig, so ist dies ebenso wenig leistbar wie der perma- Wohnen in einer eigenen Wohnung versucht, diesen Bedarf intern abzudecken. nente Einschluss eines Bewohners oder eine ständige Erwachsene Menschen mit geistiger und mehrfacher Nachtwache (ausgenommen Wohnpflegebereich). Behinderung sollen so normal wie möglich leben kön- Es kommt jedoch vor, dass für einzelne Bewohner auf- nen. Und sie haben – wie jeder andere auch – An- grund der Veränderung ihrer persönlichen Situation Einzelne Bewohner, bei denen bereits bei Aufnahme spruch auf ein eigenes Zuhause. Um dies zu realisie- (z. B. Notwendigkeit einer geschlossenen Unterbrin- die Motivation, in einer stationären Einrichtung zu ren, bieten die Ambulant Unterstützten Wohnformen gung) am bestehenden Wohnplatz eine fachgerechte leben, gering oder nicht vorhanden ist, können die (AUW) der Lebenshilfe Schweinfurt differenzierte Begleitung nicht mehr möglich ist. In den vorvertrag- Betreuungsleistung verweigern bzw. ablehnen. Wird Formen der Hilfe an. Sowohl für relativ selbstständi- lichen Informationen sowie im Wohn- und Betreu- ein Bewohner beispielsweise wiederholt vermisst, hält ge Bewohner der Wohnheime als auch für behinderte ungsvertrag werden für jeden Wohnbereich Kriterien sich nicht an Absprachen und Gemeinschaftsregeln Menschen von außerhalb, deren individueller Hilfebe- benannt, die für die jeweilige Wohnform (Wohnheim, oder zeigt dissoziales Verhalten, so ist ein Verbleib in darf ambulant abgedeckt werden kann, stehen diese Wohnpflegeheim, Senioren) Grenzen darstellen. einem Wohnheim auf Dauer nicht möglich. Angebote offen. Menschen mit Behinderung leben hierbei als Mieter einer Wohnung alleine, als Paar Beispielsweise ist eine Grenze in der Betreuung er- Sollten alle internen Maßnahmen zur Anpassung an oder in einer Wohngemeinschaft. reicht, wenn einem Bewohner behandlungspflege- den veränderten Pflege- und Betreuungsbedarf nicht rische Maßnahmen verordnet werden, deren Durch- greifen, alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten Die Mitarbeiter der AUW stärken die vorhandenen führung eine spezielle fachliche Qualifizierung des ausgeschöpft sein und dauerhaft ein unzumutbarer Potenziale und tragen so zu einem möglichst selbst- Personals erfordert, die im Wohnbereich der Lebens- Leidensdruck beim betreffenden Bewohner selbst ständigen Leben bei. An Abenden und Wochenen- hilfe Schweinfurt nicht vorgehalten werden kann. und/oder seinen Mitbewohnern sowie eine Überfor- den werden für die Bewohner zudem Freizeit- und Eine weitere Grenze kann die psychische Behinderung derung des betreuenden Personals bestehen, wird Gemeinschaftsprojekte angeboten, wie zum Beispiel eines Bewohners sein, wenn diese dauerhaft in den möglichst im Einvernehmen mit allen Betroffenen ein Stammtisch und ein Sonntagsfrühstück. 24 25
2. Personenkreis und Wohnangebote 2.2 Betreuungsangebote im ambulanten Bereich Wohnheim Neue Gasse, Vorderseite Das Leistungsangebot der AUW umfasst Beratung, Ist die Grundsatzfrage des Personenkreises geklärt, der Hilfebedarf, Stunden können reduziert wer- Begleitung, Bildung, Förderung und Assistenz. Es zielt wird Art und Umfang des Hilfebedarfs geprüft, der den bis hin zu einer vollständigen Selbstständig- darauf ab: sich über alle Lebensbereiche erstrecken kann. Dies keit ohne weitere fachliche Hilfe. geschieht im persönlichen Austausch mithilfe von 21 Wohnplätze • ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben in Fragebögen, die sich aus dem Gesamtplanverfahren • Erhöhung der Hilfebedarfe: Durch Krankheit oder der eigenen Wohnung zu ermöglichen. (Berichts- und Planungsverfahren in Bayern) ableiten. aus Altersgründen entwickeln sich im Laufe der Diese müssen an den zuständigen Kostenträger gleich- Zeit höhere Hilfebedarfe, die eine intensivere Be- • die uneingeschränkte Teilhabe am gesellschaftli- zeitig mit einem formlosen Antrag auf Leistungen für gleitung erforderlich machen. Wenn der Bedarf chen Leben zu fördern. Ambulant Unterstützte Wohnformen weitergeleitet durch ambulante Unterstützung trotzdem nicht werden. Der Sozialhilfeträger überprüft anschließend mehr abgedeckt werden kann, wird eine statio- • die Persönlichkeitsentwicklung zu stärken. auch die Vermögens- und Einkommenssituation des näre Betreuung erforderlich. Interessenten. Einkommensabhängig kann es zu einer • Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten. Selbstbeteiligung kommen. • Beziehungsarbeit: Erfolgreiche Arbeit im ambu- lanten Bereich ist in hohem Maße von einer po- Erkennt der Bezirk den Hilfebedarf an, findet ein sitiven Beziehung zwischen Personal und Klienten Aufnahmeverfahren Erstkontakt mit den zuständigen Unterstützern statt geprägt. Klare Regeln und Vertrauen spielen da- Der Interessent stellt telefonisch oder schriftlich eine und die Unterstützung kann im festgelegten Rahmen bei eine große Rolle, findet die eigentliche Arbeit Anfrage an die Leitung der AUW. Daraufhin wird ein beginnen. Bei Selbstzahlung kann die Unterstützung doch im Wesentlichen in der Wohnung und damit Termin vereinbart und die Leitung der AUW trifft sich ohne Antragstellung an einen Kostenträger nach der der Privatsphäre der Unterstützung suchenden mit der interessierten Person, eventuell auch mit ih- Hilfebedarfsplanung direkt erfolgen. Menschen statt. Sie brauchen die Einsicht und rem gesetzlichen Betreuer, mit bisherigen Unterstüt- Akzeptanz des persönlichen Hilfebedarfs. Das zern oder Wohnheimmitarbeitern. Nach Möglichkeit AUW-Personal benötigt neben vielfältigen Fach- findet dieses Treffen in den Räumen der AUW statt. Verlauf und Grenzen kenntnissen vor allem Einfühlungsvermögen und Dabei müssen zunächst Art und Umfang der Behin- Im Bereich der AUW gehen Klienten aufgrund unter- Geduld, um in einem guten Miteinander mit den derung geklärt werden, weil davon Unterstützungsart schiedlicher Potenziale, Wünsche, körperlicher und Klienten das bestmögliche Ergebnis zu erreichen. und -umfang, aber auch die Finanzierung durch einen psychischer Entwicklungen sowie äußerer Einflüsse Kostenträger abhängen. Unter Umständen kann die- ganz unterschiedliche Wege: • Mangelnde Kooperation: Manchmal ist eine Zu- se Frage erst bei weiteren Treffen und nach Prüfung sammenarbeit zwischen Klient und AUW-Personal aussagekräftiger Unterlagen (Schwerbehindertenaus- • Verselbstständigung und Eigenständigkeit: Im erschwert oder am Ende gar nicht mehr möglich. weis, Gutachten, Arztberichte usw.) geklärt werden. Laufe einer positiven Entwicklung verringert sich Gründe hierfür können auf Seiten des Klienten 26 27
2. Personenkreis und Wohnangebote 2.2 Betreuungsangebote im ambulanten Bereich sein: psychische Erkrankungen, fehlende Offen- Der Schritt in eine Wohntrainingsmaßnahme ist eine heit und Motivation, Diskrepanz zwischen Selbst- bedeutsame Veränderung im Leben des Betreffenden und Fremdwahrnehmung oder äußere Einflüsse und zugleich eine Übergangsphase: Hier vollzieht sich (z. B. Freunde und Verwandte, Statusgründe). der Wechsel von der umfassenden Betreuung und Be- gleitung hin zu einer Lebensweise mit mehr Eigenver- • Beendigung der Unterstützung: Der Klient bzw. antwortung und Eigenständigkeit. sein gesetzlicher Betreuer kündigt den AUW-Ver- trag und bricht die Zusammenarbeit ab. Die Wohntrainingsmaßnahme ist in der Regel auf ein Jahr befristet. Bei Nichterreichen der notwendigen Selbstständigkeit kann ein Wohnplatz im stationären Wohntraining Bereich unserer Wohnheime angeboten werden. Die Wohntrainingsmaßnahme hat zum Ziel, alleine oder mit anderen in der eigenen Wohnung oder in einer Wohngemeinschaft im Rahmen der AUW leben Das persönliche Budget zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Kli- Behinderte Menschen können beim zuständigen So- ent in einer selbst gemieteten Wohnung dabei unter- zialhilfeträger anstelle von Dienst- und Sachleistun- stützt, sich lebenspraktisch und persönlich weiterzu- gen ein Budget (Geldbetrag) beantragen, um ihren entwickeln. Gegebenenfalls kann dies auch zu zweit persönlichen Hilfebedarf abzudecken. Sie entschei- Wohnheim Neue Gasse, Rückseite oder in einer Gruppe geschehen. den so selbst, welche Hilfen für sie am besten sind, welcher Dienst und welche Person zu dem von ihnen Wichtige Kriterien für eine Aufnahme in das Wohn- gewünschten Zeitpunkt eine Leistung erbringen soll. training sind vor allem Motivation und Kooperations- Hierfür erhalten sie einen festen monatlichen Geldbe- bereitschaft. Kompetenzen im lebenspraktischen Be- trag, den sie selbst verwalten und abrechnen. reich sowie hauswirtschaftliche Grundkenntnisse und grundlegende Fähigkeiten in der Körperpflege sind Die Lebenshilfe Schweinfurt als Leistungserbringer im Voraussetzung. Außerdem müssen Interessenten in Bereich AUW kann die Unterstützung in enger Ab- der Lage sein, in der Nacht ohne Hilfe auszukommen. stimmung mit dem behinderten Menschen erbringen Von Anfang an gibt es am Abend und am Wochen- und abrechnen. Dementsprechend kann das persön- ende Phasen ohne fachliche Unterstützung durch das liche Budget helfen, so zu leben, wie man es möchte. Personal der Lebenshilfe Schweinfurt. Für den Bereich AUW gibt es eine eigene Konzeption. 28 29
3.1 Führungsverständnis D ie Art und Weise, wie geführt wird, wirkt sich unmittelbar auf die Qualität der Dienstleistung und damit auf die Lebensqualität unserer Be- wohner aus. Führungskräfte müssen sich von Werten leiten lassen, tragen Verantwortung und gehen mo- tiviert und engagiert als Vorbild voraus. Sie schaffen den Rahmen dafür, dass sich Bewohner, Eltern, An- gehörige, gesetzliche Betreuer und Mitarbeiter ange- nommen und verstanden fühlen. Das Führungsverständnis im Bereich Wohnen lei- tet sich mittelbar aus dem Leitbild der Lebenshilfe Schweinfurt ab. Hier wird unter anderem benannt, dass Menschen mit Behinderung eine Heimat ange- boten werden soll, sie sollen in die Gesellschaft in- tegriert, in ihrer Persönlichkeit und Selbstständigkeit gefördert und unterstützt werden. Diese Ziele zu ver- wirklichen, ist Aufgabe von Führung und Aufgabe al- ler Mitarbeiter. Unser Führungsverständnis geht von einem kooperativen Führungsstil auf der Basis gegen- seitiger Wertschätzung und gegenseitigen Vertrauens 3. aus. Mitarbeiter nehmen ihre Verantwortung für die gemeinsamen Ziele wahr und können dabei ihr eige- Mitarbeiter nes Potenzial entfalten und weiterentwickeln. Leitung schafft die Bedingungen und Strukturen, um die Mit- in Wohneinrichtungen arbeiter in die Lage zu versetzen, diese gemeinsame Leistung zu vollbringen. Die gesamte Organisation kann somit als ein lernendes und lebendiges System begriffen werden. 30 31
3. Mitarbeiter in Wohneinrichtungen 3.2 - 3.4: Berufsgruppen, Aufgaben, Anforderungen 3.2 Berufsgruppen ungs- und Bezugspersonen über einen möglichst • wertschätzende Grundhaltung Im Bereich Wohnen der Lebenshilfe Schweinfurt sind langen Zeitraum begleiten, entstehen Vertrauen und die unterschiedlichsten Berufsgruppen beschäftigt: Verlässlichkeit. • persönliche Reife Erzieher, Heilerziehungspfleger, Heilerziehungspflege- helfer, Sozialpfleger, Kinderpfleger, Sozialpädagogen, Zu den Anforderungen an die Fachkräfte gehören: • Selbstreflexion und adäquater Umgang mit Kritik Diplom-Pädagogen, Pflegefachkräfte, therapeutische Fachkräfte, Hauswirtschafts- und Reinigungskräfte. • pädagogische Fachkenntnisse, z. B. Erstellen ei- • Belastbarkeit, konstruktiver Umgang mit Krisen- Aber auch berufsfremde Mitarbeiter aus dem nicht nes persönlichen Entwicklungs- oder Förderplans, situationen sozialen Bereich finden einen Arbeitsplatz in der Ein- Methodenkompetenz etc. richtung als sogenannte Betreuungshelfer. • Motivation, Engagement • medizinische Fachkenntnisse bei Pflegefachkräf- ten und/oder Gruppenleitungen, z. B. Dekubitus- • gut funktionierende Zeiteinteilung 3.3 Aufgaben versorgung, Umgang mit Diabetes etc. Ausgangs- und zugleich Mittelpunkt der Betreu- • Bereitschaft zur Weiterentwicklung ungstätigkeit ist stets der Bewohner in seinem in- • psychologische Kenntnisse, z. B. im Umgang mit dividuellen Sein. Die Aufgaben der Mitarbeiter sind zusätzlichen psychiatrischen Krankheitsbildern, • Herzenswärme und Einfühlungsvermögen Wohnheim Nikolaus-Hofmann-Straße sehr vielschichtig. In erster Linie geht es darum, für Persönlichkeitsprozessen, gruppendynamischen den Einzelnen ein Zuhause zu schaffen. Dies gelingt Prozessen etc. Daneben werden von Mitarbeitern im Gruppendienst mit Wertschätzung, Zuwendung und Nähe und den noch hauswirtschaftliche Fähigkeiten, Fähigkeiten in vielfältigsten Formen der Unterstützung in den ver- Zu den Anforderungen an Betreuungshelfer gehören: der Grundpflege, sachgerechter Umgang mit Geld, schiedenen Lebensbereichen, wie sie in Kapitel 4.3 Teamfähigkeit und rechtliches Grundwissen im Be- genannt sind. • pädagogische Grundkenntnisse nach entspre- reich Behindertenhilfe erwartet. chender Einarbeitungszeit 14 Wohnplätze 3.4 Anforderungen • Kenntnisse über Behinderungs- und Krankheits- Funktion der Hausgruppenleiter Eine an den Bedürfnissen der Menschen mit Behin- bilder und den adäquaten, professionellen Um- Durch die dezentrale Wohnform kommt der Haus- derungen orientierte Betreuung erfordert von den gang mit diesen gruppenleitung eine besondere Rolle zu. Die Haus- Mitarbeitern ein hohes Maß an fachlichen und per- gruppenleitung hat die Verantwortung für pädago- sönlichen Kompetenzen. Durch eine hohe Kontinui- Zu den persönlichen und sozialen Anforderungen an gische und organisatorische Belange im Haus und tät, d. h. wenn Mitarbeiter die Bewohner als Betreu- alle Mitarbeiter gehören: bildet die Schnittstelle für Bewohner, Eltern, gesetzli- 32 33
3. Mitarbeiter in Wohneinrichtungen 3.5 - 3.7: Personalentwicklung und -planung, MAV che Betreuer, Mitarbeiter und die Einrichtungsleitung. 3.5 Personalentwicklung • Teilnahme an Gremien wie z. B. Teambesprechun- Die Hausgruppenleitung ist Kollege und Leitung in Personalentwicklung umfasst alle Maßnahmen, die gen, Hausleiterrunden etc. einer Person. Dies in sich zu vereinen, erfordert eine die Handlungs- und Problemlösekompetenzen sowie hohe soziale Kompetenz. die Lernfähigkeit der Mitarbeiter erhalten und weiter- entwickeln. Ziel ist die Sicherung von Qualität ausge- 3.6 Personalplanung hend von den Bedarfen der Bewohner, den Strukturen Die Personalplanung umfasst die Planung des notwen- Funktion der Fachbereichsleiter der Lebenshilfe Schweinfurt sowie den Bedürfnissen digen Personalbedarfs, der Personalausstattung und Jede Wohngruppe ist einem Fachbereich und einem der Mitarbeiter. Maßnahmen der Personalentwick- des Personaleinsatzes. Das Ziel der Personalplanung Fachbereichsleiter zugeordnet. Vorrangige Aufga- lung werden auf allen Ebenen durchgeführt. ist es, Personal bereitzustellen, das die Betreuung in be der Fachbereichsleitung ist es, die zugeordneten quantitativer und qualitativer Hinsicht bestmöglich Wohngruppen in pädagogischen, pflegerischen und Die Maßnahmen der Personalentwicklung für den Be- absichert. Der Personaleinsatz in den Wohnhäusern organisatorischen Fragestellungen zu begleiten und reich Wohnen umfassen: wird computergestützt geplant und geht von den Be- gegebenenfalls zu steuern. Dies beinhaltet beispiels- dürfnissen und Hilfebedarfen der Bewohner aus. weise die Beratung, Anleitung und Unterstützung der • gründliche Einarbeitung Mitarbeiterteams, aber auch Krisenintervention, die Koordination von Neuaufnahmen, das Überprüfen • Probezeit- und Befristungsgespräche 3.7 Mitarbeitervertretung der Dienstplanung und des Dokumentationswesens Für den Bereich Wohnen gibt es eine gewählte Mitar- sowie das Erheben des Hilfebedarfs der Bewohner • Zielvereinbarungsgespräche beitervertretung (MAV). Die MAV hat eine beratende, Wohnheim Schelmsrasen und vieles mehr. vermittelnde und gestaltende Funktion im Dialog zwi- • Fort- und Weiterbildungen (intern und extern) schen den Mitarbeitern und der Dienststellenleitung. 13 Wohnplätze Funktion des Fachdienstes • betriebliches Eingliederungsmanagement Aufgaben der MAV sind unter anderem: Für alle Wohngruppen gibt es einen übergreifenden Fachdienst, der vorrangig für die sozialadministra- • Ausbildungsplätze mit entsprechender Anleitung • Ansprechpartner zu sein für die Mitarbeiter. tiven Vorgänge rund um das Wohnen zuständig ist. Dies beinhaltet beispielsweise das Abschließen von • Vergabe von Positionen nach Stärken/Interessen • Sorge zu tragen für die Einhaltung der arbeits-, Wohn- und Betreuungsverträgen bei Neuaufnahmen, sozial- und dienstrechtlichen Bestimmungen. die Kostenklärung und -sicherung, Kontakte zu Kran- • Supervision ken- und Pflegekassen, weiteren Behörden und ande- • Maßnahmen anzuregen, die zu einer Verbesse- res mehr. • Projektarbeit und Sonderaufgaben rung der Arbeitsbedingungen führen. 34 35
4.1 Leitlinien und Ziele W ohnen in seiner Gesamtheit stellt ein zen- trales Lebensfeld dar. Übergeordnete Prin- zipien der Betreuung und Begleitung von Menschen mit Behinderung sind für uns: Normalisierungsprinzip Normalisierung bedeutet, dass Menschen mit Be- hinderung so normal wie möglich leben sollen. Das heißt, dass Menschen mit Behinderung dort wohnen, wo auch andere Menschen wohnen, so leben, wie auch andere Menschen leben, das unternehmen, was auch andere Menschen unternehmen. Individualisierungsprinzip Individualisierung meint, das Augenmerk auf die Persönlichkeit und Lebenssituation des Einzelnen zu 4. richten, um Unterstützung zu geben, die auf den Einzelnen abgestimmt ist. Im Zusammenleben mit Nachbarn, mit Lebenspartnern oder Mitbewohnern Wie wir unseren in einer Wohngemeinschaft setzt das Individualisie- rungsprinzip voraus, dass persönliche Interessen des Auftrag erfüllen Einzelnen verstanden, ernstgenommen und respek- tiert werden. Auf der Grundlage dieser respektvollen Haltung werden gemeinsam Wege gesucht, Eigenin- teressen zu verwirklichen. Nicht alles, was der Einzel- ne will, ist immer durchsetzbar. Auch die Interessen anderer Menschen im nahen und weiteren Lebens- 36 37
4. Wie wir unseren Auftrag erfüllen 4.1 Leitlinien und Ziele umfeld wollen berücksichtigt sein und Kompromisse der Bewohnergruppe unternommen werden soll, Kultur selbst- und mitbestimmten Zusammenlebens. Wohnheim Karl-Fichtel-Straße müssen gefunden werden. einzelne Mitbewohner nicht mitkommen möch- Menschen mit Behinderung müssen häufig darin un- ten und dadurch der Ausflug auszufallen droht. terstützt werden, selbst zu entscheiden. Durch eine Für Mitarbeiter bedeutet dies: Sie bauen Beziehungen gezielte Hilfestellung (Informationen zur Verfügung zu den Bewohnern, deren Familien und engen Ver- • Im Zusammenleben mit einem Lebensgefährten stellen, Wahlmöglichkeiten anbieten, alternative Ver- 17 Wohnplätze trauten auf und pflegen diese mit dem Ziel eines sta- kann es zu Streit kommen, zum Beispiel wenn ei- haltensweisen entwickeln und einüben, Bedürfnisse bilen und verlässlichen Miteinanders. Mitarbeiter wür- ner den anderen ausnutzt. aktiv abfragen usw.) werden die Selbst- und Mitbe- digen die Lebensgeschichte der einzelnen Bewohner, stimmungspotenziale gestärkt. sind für sie da, nehmen sich Zeit für ihre Anliegen und suchen mit ihnen immer wieder neu den Dialog. Indi- Selbst- und Mitbestimmungsprinzip Die Wahlmöglichkeiten müssen ganz zentrale Belan- viduelle Unterstützung berücksichtigt auch die Frage, Selbstbestimmung heißt, so weit wie möglich selbst ge des Alltags umfassen (Wohnen, Arbeit, Freizeit). wie viel oder wenig Schutz der Einzelne benötigt. und unabhängig von anderen über das eigene Le- Bei jeder Person sind Entscheidungsräume gegeben, ben entscheiden zu können. Selbstbestimmung heißt die es zu nutzen gilt. Wenn behinderte Menschen die Individualisierungsprozesse führen unweigerlich zur auch, Verantwortung für sich und sein Handeln zu Erfahrung machen, dass sie über kleinste alltägliche stets neuen Abwägung eigener Interessen und der übernehmen. Selbstbestimmung ist immer relativ und Belange bestimmen können (z. B. Kaffee oder Kakao Interessen anderer Personen. Die Interessen können nicht absolut. Grenzen der Selbstbestimmung sind trinken), werden sie auch die Kompetenz und das Be- sich dabei widersprechen, auch Sachzwänge können die Selbstbestimmung und die Rechte anderer sowie dürfnis entwickeln, mehr und mehr Dinge aktiv selbst Eigeninteressen entgegenstehen und bringen Kon- die Selbst- und Fremdgefährdung. Dies gilt auch für zu entscheiden. flikte mit sich, die begleitet werden müssen. Menschen mit schwerer Behinderung. Eltern, gesetzliche Betreuer und wichtige Bezugs- Einige Beispiele: Mitbestimmung meint, dass Menschen mit Behinde- personen werden bei der Stärkung einer selbst- und rung über Belange, die sie betreffen, soweit wie mög- mitbestimmten Lebensweise ihrer behinderten Ange- • Beim Zusammenleben in Mietwohnungen kön- lich mitbestimmen können, z. B. bei Urlaubsmaßnah- hörigen/Betreuten miteinbezogen. Wie beim Individu- nen eigene Interessen im Konflikt mit den Inter- men, bei der Gestaltung von Gemeinschaftsräumen, alisierungsprinzip fordert Selbst- und Mitbestimmung essen der Nachbarschaft stehen, etwa wenn ein durch die Wahl des Haussprechers und Heimbeirats. die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen und Haustier angeschafft oder die Hausordnung nicht Interessen. Die eigene Position einzubringen, zu be- beachtet wird. Für Mitarbeiter bedeutet dies konkret, die Haltung haupten, zu verteidigen, zu verändern, wieder neu eines wertschätzenden Begleiters einzunehmen. Eine einzufordern usw. führt mitunter auch zu Spannun- • Beim Zusammenleben in einer Wohngemeinschaft respektvolle Beziehungsgestaltung und das Ernstneh- gen und Konflikten, die ausgehalten und begleitet können Konflikte auftreten, wenn ein Ausflug mit men des Gegenübers sind Voraussetzungen für eine werden müssen. 38 39
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